Düsseldorfer Bündnis gegen Depression DIE MELANCHOLIE Patiententag 3. März 2007 Gesichter der Depression und Behandlungsmöglichkeiten Stich von A. Dürer (1471-1528) W. Gaebel Klinik und Poliklinik für Psychiatrie und Psychotherapie der Heinrich-Heine-Universität Rheinische Kliniken Düsseldorf Bergische Landstr. 2 40629 Düsseldorf „RELIGIÖSE MELANCHOLIE“ DEPRESSION … …ist nicht Ausdruck von Willensschwäche oder Labilität, sondern eine behandlungsbedürftige Krankheit, die jeden treffen kann. Sie gehört zu den so genannten affektiven psychischen Störungen. Der Begriff kommt von lat. „deprimere“ = herunter-, niederdrücken Akut Im Genesungsstadium Burrows & Schumacher, Doktor Diamonds Bildnisse von Geisteskranken (1979) 1 Depression ein zunehmendes gesundheitspolitisches Problem 20001 Rang DEPRESSION IN ZAHLEN 2020 (Schätzungen)2 1 Untere Atemwegsinfektionen Ischäm. Herzerkrankungen 2 Perinatale Einflüsse Unipolare Depression 3 HIV/AIDS Verkehrsunfälle 4 Unipolare Depression Cerebrovaskuläre Erkrankungen 5 Durchfallerkrankungen COPD ! ! Gesamtprävalenz: ca 15% (340 Mio) Frauen erkranken doppelt so häufig wie Männer ! Häufig: Körperliche Symptome DALYs=disability-adjusted life-years (Summe der Lebensjahre, die infolge vorzeitiger Mortalität oder Versehrtheit verloren gehen) 1 World Health AD, eds. Boston: Harvard University Press; 1996. 2 Murray CJL, Lopez AD, eds. Boston: Harvard University Press; 1996. KRANKHEITSSPEKTRUM UND HÄUFIGKEIT PSYCHISCHER STÖRUNGEN KRANKHEITSSPEKTRUM UND HÄUFIGKEIT PSYCHISCHER STÖRUNGEN Der Bundes - Gesundheitssurvey (GHS-MHS) 12-Monatsprävalenz nach Diagnose (Wittchen et al. 2001) DSM-IV Diagnosen Psychotische Drogen Alkohol Zwangsstörungen In Mill. der Bevölkerung 2,6 0,6 3,7 Substanzstörungen 2,11 Affektive Störungen 5,82 0,7 0,3 1,3 Essstörungen Bipolare Dysthymie 4,5 Depression Phobien GAE 8,3 12,6 2,5 2,3 Panikstörungen Somatoforme Angststörungen 6,92 11,0 0 2 4 6 8 10 12 14 % 2 Stationäre Aufnahme-Diagnosen (ICD-10) der Rheinischen Kliniken Düsseldorf 2001-2006 % 30,0 STATIONÄRE BEHANDLUNG DEPRESSIVER STÖRUNGEN Rheinische Kliniken Düsseldorf 2001 (N = 5100) 2002 (N = 5303) 2003 (N = 5371) 2004 (N = 5630) 2005 (N = 5671) 2006 (N = 5660) 25,0 20,0 1600 1400 1200 Anzahl 15,0 10,0 1000 800 600 5,0 400 200 0,0 F0 F1 F2 F3 F4 F5 F6 F7 F8 F9 sonstige F 0: Organische, einschließlich symptomatischer psychischer Störungen F 1: Psychische und Verhaltensstörungen durch psychotrope Substanzen F 2: Schizophrenie, schizotype und wahnhafte Störungen F 3: Affektive Störungen F 4: Neurotische-, Belastungs- und somatoforme Störungen F 5: Verhaltensauffälligkeiten mit körperlichen Störungen und Faktoren F 6: Persönlichkeits- und Verhaltensstörungen F 7: Intelligenzminderung F 8: Entwicklungsstörungen F 9: Verhaltens- und emotionale Störungen mit Beginn in der Kindheit und Jugend Sonstige: weitere bzw. nicht näher bezeichnete psychische oder sonstige Störungen (z.B. neurologische Erkrankungen) SUIZIDRATEN INFOLGE DEPRESSIVER STÖRUNGEN 0 2000 2001 2002 2003 F31.3, F31.4, F31.5, F32, F33, F34 JÄHRLICHE KOSTEN DER DEPRESSION IN DEN USA: 43.7 MRD. $ 23.8 Mrd. $ infolge reduzierter Produktivität (55%) Zwei Drittel der depressiven Patienten weisen Suizidgedanken auf 10% - 15% der depressiven Patienten begehen Suizid Kaplan & Sadock (1991) 2004 Jahr 7.5 Mrd. $ durch depressionsbezogenen Suizid (17%) 12.4 Mrd. $ durch direkte Behandlung (28%) Greenberg et al. (1993) 3 Der Begriff "Depression" "Depression" DIAGNOSE DEPRESSION "Depression" "Depression" Symptome des depressiven Syndroms Kognition Depressives Syndrom Antrieb Somatisches Befinden Symptom traurige Verstimmung + weitere Beschwerden = depressives Syndrom Syndrom depressives Syndrom + Leiden und Beeinträchtigung von klinischer Bedeutsamkeit + Kriterien für Schweregrad und zeitliche Dauer Diagnose = depressive Störung Symptome des depressiven Syndroms Beeinträchtigung von Seele, Geist und Körper Affekt traurige Verstimmung = Stimmungsqualität Affekt Gedrückte Stimmung Ängste Freudlosigkeit Gefühllosigkeit Entfremdungsgefühl Interesselosigkeit Innere Leere Innere Unruhe, Agitation Passivität Verlangsamung/Hemmung Antrieb Kognition Entscheidungsunfähigkeit Minderwertigkeitsgefühle Schuldgefühle Misstrauen Pessimismus Lebensüberdruss/ Suizidgedanken Schweregefühl Gewichtsveränderungen Konzentrationsdefizit Grübelneigung Kreisdenken Kopfschmerzen Körperschmerzen Druckgefühle (Kopf, Brust) Missempfindungen/Schmerzen Kreislaufstörungen Verdauungsbeschwerden Übelkeit Schlaf- und Appetitstörungen Libidoverlust Somatisches Befinden 4 SYMPTOME DER DEPRESSION NACH ICD-10 (I) SYMPTOME DER DEPRESSION NACH ICD-10 (II) Andere häufige Symptome Hauptsymptome Konzentration Gedrückte Stimmung Selbstwertgefühl Interessen- / Freudlosigkeit Schuldgefühl Antriebsstörung Hemmung / Unruhe Selbstschädigung 2 oder 3 Hauptsymptome müssen vorhanden sein Schlafstörung Dauer: mindestens 2 Wochen Appetitminderung 2 - 4 Symptome müssen vorhanden sein Depressionstest SYMPTOME DER DEPRESSION NACH ICD-10 (III) Somatisches Syndrom Interessenverlust / Anhedonie Mangelnde Gefühlsbeteiligung Frühmorgendliches Erwachen Morgentief Psychomotorische Hemmung / Agitation (objektiv) Appetitverlust Gewichtsverlust (5% des vergangenen Monats) Libidoverlust 1. 2. 3. 4. 5. 6. 7. 8. 9. 10. 11. 12. 13. 14. 15. 16. 17. 18. Ich verrichte meine Tätigkeiten langsam. Ich sehe hoffnungslos in die Zukunft. Ich kann mich schwer auf das lesen konzentrieren. Ich habe an meinem Leben kein Vergnügen und keine Freude mehr. Ich habe Schwierigkeiten, Entscheidungen zu treffen. Ich habe das Interesse an Dingen verloren, die mir sonst wichtig waren. Ich fühle mich traurig, niedergeschlagen und unglücklich. Ich bin unruhig und laufe ziellos hin und her. Ich fühle mich müde und erschöpft. Es kostet mich große Mühe, einfache Dinge zu erledigen. Ich habe Schuld auf mich geladen und verdiene Bestrafung. Ich fühle mich als Versager. Ich fühle mich innerlich leer, wie abgestorben. Ich habe Schlafstörungen (schlafe zu wenig, zu viel oder unruhig). Ich überlege mir, wie ich mich umbringen könnte. Ich fühle mich gefangen und eingeschlossen. Ich fühle mich depressiv, auch wenn schöne Dinge passieren. Ich habe ohne Diät abgenommen. Mindestens 4 Symptome müssen vorhanden sein 0 1 2 3 4 5 0 1 2 3 4 5 0 1 2 3 4 5 0 1 2 3 4 5 0 1 2 3 4 5 0 1 2 3 4 5 0 1 2 3 4 5 0 1 2 3 4 5 0 1 2 3 4 5 0 1 2 3 4 5 0 1 2 3 4 5 0 1 2 3 4 5 0 1 2 3 4 5 0 1 2 3 4 5 0 1 2 3 4 5 0 1 2 3 4 5 0 1 2 3 4 5 0 1 2 3 4 5 trifft überhaupt nicht zu trifft sehr stark zu nach Goldberg I; www2.netdoktor.de/teste_dich_selbst/goldberg.asp, Stand Juli 2006 5 „EISBERG“ - PHÄNOMEN Depressive Patienten in psychiatrischer Praxis DEPRESSIONEN IN DER ALLGEMEINARZT-PRAXIS Nicht erkannt 52% Depressive Patienten in primärärztlicher ambulanter Praxis Erkannt 48% Watts (1966) Diagnostisches und therapeutisches Defizit behandlungsbedürftige Depressionen in hausärztlicher Behandlung als Depression diagnostiziert Ca. 4 Mio 2,4-2,8 Mio 1,2-1,4 Mio. suffizient behandelt nach 3 Mon. compliant 240-360 Tausend 100-160 Tausend HINDERUNGSGRÜNDE FÜR DIE ERKENNUNG DEPRESSIVER STÖRUNGEN Stigma Larvierte Depression Komorbide somatische Erkrankung Stillschweigende Absprache Zeitmangel 60-70% 30-35% 6-9% 2,5-4% Unzureichende Ausbildung Optimierungsspielraum durch Fortbildung und Kooperation mit Hausärzten modifiziert nach Hegerl U, Kip A, Wege aus der Depression, Kompetenznetz Depression; 2002. 6 SCHWEREGRADE DER DEPRESSION NACH ICD-10 DAS AFFEKTIVE SPEKTRUM Schwere depressive Episode mit psychotischen Symptomen 3 Hauptsymptome und > 4 andere Symptome Symptome sind besonders ausgeprägt und (meist) somatisches Syndrom und Wahn FORMEN DEPRESSIVER STÖRUNGEN I Psychotische Depression FORMEN DEPRESSIVER STÖRUNGEN II Dysthymia Somatische Depression Atypische Depression Postpartale Depression Saisonale affektive Störung Rezidivierende Depression Bipolare Störung, depressive Episode Gemischtes Angst-Depressions-Syndrom Reaktive depressive Störung Subklinische Depression 7 DIFFERENTIALDIAGNOSE Normale Trauerreaktion ENTSTEHUNG UND VERLAUF Anpassungsreaktion Angststörung Depression im Rahmen einer anderen psychischen Erkrankung Demenz ENTSTEHUNG UND VERLAUF DEPRESSIVER STÖRUNGEN I Gesteigerte Gesteigerte Vulnerabilität Vulnerabilität durch durchTraumata Traumata ininder derKindheit Kindheit Genetische Genetische Disposition Disposition (EZ (EZ50 50--80% 80% Konkordanz) Konkordanz) ENTSTEHUNG UND VERLAUF DEPRESSIVER STÖRUNGEN II Psychotherapie Psychotherapie ++ Soziotherapeie Soziotherapeie Somatische SomatischeFaktoren Faktoren z.B. z.B.Infekte, Infekte,Reserpin Reserpin Psychische Psychische oder oderphysische physische Stressoren Stressoren Neurobiologische Störung z.B. Transmitter-Imbalance Depressivität Depressivität Depression Depression (d.h. (d.h.psychisches psychisches Leiden, Leiden,soziale soziale Beeinträchtigung) Beeinträchtigung) Psychische PsychischeFaktoren Faktoren z.B. z.B.Überforderungen, Überforderungen, Verlusterlebnisse Verlusterlebnisse Antidepressiva Jahre Monate Psychotherapie Psychotherapie ++ Soziotherapeie Soziotherapeie 8 ÄTIOLOGIE DER DEPRESSION Genetische Disposition Persönlichkeitsfaktoren: Introversion, Angstneigung Auslenkung der Neurotransmittersysteme Aktuelle psychosoziale Belastungen Scheidung oder Trennung Tod des Ehepartners Belastende oder traumatische Erfahrungen Verlusterlebnisse Erlernte Hilflosigkeit Katecholaminhypothese Serotoninhypothese Physikalische Einwirkungen (z.B. Lichtentzug) RISIKOFAKTOREN DEPRESSIVER STÖRUNGEN Andere schwerwiegende belastende Ereignisse Depression in der Eigen- oder Familienanamnese Substanzmissbrauch Neuroendokrinologische Hypothese Mangel an sozialer Unterstützung Körperliche Erkrankungen Depressive Symptomatik emotional / kognitiv / somatisch 4 A (n=2397) p = 0.06 Relative Risks + 95% CI Relative Risks + 95% CI RELATIVES RISIKO FÜR HERZTOD BEZOGEN AUF DAS AUSMAß DEPRESSIVER SYMPTOME MIT (A) UND OHNE (B) HERZERKRANKUNG 3 2 1 4 B (n=450) p = 0.04 Unipolare depressive Störung 3 2 Bipolare affektive Störung 1 0-2 3-7 8-15 16-23 >24 (n=650) (n=840) (n=586) (n=211) (n=110) BIPOLARE VERSUS UNIPOLARE DEPRESSIVE STÖRUNGEN* 0-2 3-7 8-15 16-23 >24 (n=86) (n=153) (n=123) (n=61) (n=27) Brenda et al., Arch Gen Psychiatry/Vol 58 (2001) * Zusätzlich euthyme Zwischenphase, nicht eingezeichnet 9 VERLAUF DEPRESSIVER STÖRUNGEN I Genesung Wiedererkrankung Rückfall 50% der Patienten mit einer majoren depressiven Störung durchleben eine Episode Symptome Syndrom 30% der Patienten werden chronisch depressiv x Rückfall x Normalzustand ng icklu Entw törung der S Schwere der Symptomatik Remission VERLAUF DEPRESSIVER STÖRUNGEN II 20% der Patienten weisen einen rezidivierenden Verlauf auf Zeit Adaptiert nach Kupfer (1991) BEHANDLUNGSZIELE Behandlung BEHANDLUNGSMÖGLICHKEITEN DER DEPRESSION Minimieren des Rückfall-/Wiedererkrankungsrisikos Reduktion/Remission von Symptomen Wiederherstellen der Rollenfunktionen 10 BEHANDLUNGSPHASEN Genesung Schlafentzug x x Rückfall Antidepressive Pharmakotherapie Wiedererkrankung Rückfall Normalzustand Lichttherapie Response Symptome Elektrokrampftherapie (EKT) Syndrom Transkranielle Magnetstimulation (TMS) ng icklu Entw törung der S Schwere der Symptomatik Remission BEHANDLUNGSOPTIONEN Behandlungsphasen Vagusnervstimulation Akut (6-12 Wochen) Erhaltungstherapie (4-9 Monate) Psychotherapie Rezidivprophylaxe (1 od. mehr Jahre) Soziotherapie Zeit Adaptiert nach Kupfer (1991) Einteilung neuerer Antidepressiva Entwicklung der Antidepressiva 1950er 1960er Phenelzin Imipramin Isocarboxazid Clomipramin Tranylcypromin Nortriptylin Amitriptylin Desipramin 1970er Maprotilin Amoxapin 1980er Fluoxetin Sertralin Paroxetin Fluvoxamin Citalopram Bupropion 1990er Nefazodon Mirtazapin Venlafaxin Reboxetin Abkürzung Klasse Substanz RIMA reversible MonoaminoxidaseA-Inhibitoren Moclobemid SSRI selektive SerotoninWiederaufnahmehemmer Sertralin, Fluoxetin, Citalopram, Paroxetin NaSSA noradrenerge und spezifisch serotonerge Antidepressiva Mirtazapin SNRI selektive NoradrenalinWiederaufnahmehemmer Reboxetin SSNRI selektive Serotonin- und Noradrenalin-Wiederaufnahmehemmer Venlafaxin, Duloxetin 2000er Escitalopram Duloxetin Modifiziert nach Möller HJ, Müller W, Rüther E; Moderne Antidepressiva,Georg Thieme Verlag Stuttgart-New York 2002. 11 WIRKMECHANISMEN DER ANTIDEPRESSIVA NEUROBIOLOGISCHE WIRKFAKTOREN DER THERAPIE MIT ANTIDEPRESSIVA Vermehrte Verfügbarkeit von Neurotransmittern im synaptischen Spalt Therapiebeginn KRITERIEN FÜR DIE WAHL EINES ANTIDEPRESSIVUMS Tage Neurotrophe Funktion Neurogenese? Wochen – Monate ( Jahre ?) INDIKATIONEN FÜR EINE PROPHYLAKTISCHE MEDIKAMENTÖSE THERAPIE DER UNIPOLAREN DEPRESSION Zu erwartende Compliance Alter > mehr als 3 depressive Episoden oder Lebensstil Somatische Begleiterkrankungen (z.B. Herzerkrankung) > 2 depressive Episoden + Familiäre Belastung mit affektiver Erkrankung Schwere Krankheitsepisoden Psychiatrische Begleiterkrankungen Rasches Wiederauftreten der 2. Episode Therapieresponse in der Vorgeschichte Spätes Ersterkrankungsalter (> 50 Jahre) 12 PSYCHOTHERAPIE: INDIKATIONEN PSYCHOTHERAPIE: VERFAHREN Leichte bis mittelschwere Störung Verhaltenstherapie Fehlen psychotischer Anteile Kognitive Therapie Anhaltende psychosoziale Probleme in der Vorgeschichte und im weiteren Verlauf Interpersonelle Therapie Psychodynamische Kurztherapie Partnertherapie PHARMAKOTHERAPIE VS KOGNITIVE VERHALTENSTHERAPIE BEI SCHWER DEPRESSIVEN AMBULANTEN PATIENTEN Eine Meta-Analyse von 4 randomisierten Vergleichsstudien PSYCHOTHERAPIE IN KOMBINATION MIT ANTIDEPRESSIVA Nur partielle Response auf Antidepressiva 16 HAMD 12 Score nach Therapie 8 Persönlichkeitsstörungen Aktuelle psychosoziale Probleme 4 Verhinderung von Rückfällen 0 Rush et al. (N=26) Murphy et al. (N=22) Pharmakotherapie Hollon et al. (N=68) Elkin et al. (N=53) Pooled (N=169) Kognitive Verhaltenstherapie Robert J. DeRubeis, Lois A. Gelfand, Tony Z. Tang, Anne D. Simons Am J Psychiatry 1999; 156: 1007 - 1013 13 WIRKSAMKEIT VON KOMBINATIONSTHERAPIEN am Beispiel der Depression PHARMAKOTHERAPIE UND PSYCHOTHERAPIE BEEINFLUSSEN PSYCHISCHE VORGÄNGE – ABER WIE? Unterschiedliche Wirkorte von CBT und Paroxetin bei Patienten mit Depressionen Rückfallraten in Prozent innerhalb von 3 Jahren IPT + Nortriptylin Visiten + Nortriptylin IPT + Placebo Visiten + Placebo 0% 10% 20% 30% 40% 50% 60% 70% 80% 90% 100% Goldapple et al., Arch Gen Psychiatry 2004; 61:34-41g Reynolds CR 3rd et al., JAMA 1999;281:39-45 Elektrokrampftherapie - Indikationen NEUE SOMATOTHERAPEUTISCHE TECHNOLOGIEN IN DER PSYCHIATRIE Schwere/wahnhafte Depression Hohes Suizidrisiko Medikamentöse Kontraindikationen Mangelnde medikamentöse Response • • • • Vagusnerv-Stimulation Repetitive transkranielle Magnetstimulation Psychochirurgie Tiefenhirnstimulation 14 DEPRESSIVE ERKRANKUNGEN UND STIGMA STIGMATISIERUNG VERHINDERT DIAGNOSE UND THERAPIE Unterschätzung der Krankheitsschwere und des oft lebensbedrohlichen Charakters depressiver Erkrankungen Negative Krankheitskonzepte und Einstellungen in der Bevölkerung Depression wird häufig nicht als behandlungsbedürftige Krankheit angesehen, sondern als persönliches Versagen gewertet NEGATIVE EINSTELLUNGEN GEGENÜBER DEPRESSIV ERKRANKTEN UMFRAGEERGEBNISSE ZUR BEHANDLUNG VON PSYCHISCHEN STÖRUNGEN Depressiv Erkrankte … Großbritannien n = 1.737 Zustimmung (%) Gefahr für andere 22,9 Unberechenbar 56,4 Schwierig, mit ihnen zu reden 62,1 Anders als Andere 42,6 Selbst schuld 12,8 Müssten sich zusammenreißen 18,6 Nicht behandelbar 16,0 Werden nie gesund 23,2 AL = alte Bundesländer NL = neue Bundesländer Crisp et al. 2000 Angermeyer MC et al., in: Remschmidt H (Hg.), Praxis der Psychotherapie mit Kindern und Jugendlichen. Dt. Ärzteverlag, Köln, 1998, S. 17-33. 15 EINSCHÄTZUNG: MÖGLICHKEITEN DER DEPRESSIONSTHERAPIE FRAGE 9: Wenn man etwas gegen eine Depression tun möchte, gibt es mehrere Möglichkeiten. Welche der folgenden Möglichkeiten halten Sie für sehr geeignet (3), mittelmäßig geeignet (2) oder ungeeignet (1) ? EINSCHÄTZUNG VON DEPRESSION ALS KRANKHEIT UND SOZIALE DISTANZ Angaben in % eine Psychotherapie machen 8,6 89,5 zum Psychotherapeuten gehen 8,4 89,3 18,6 mit Freunden sprechen zum Arzt gehen 5,4 viel Sport machen autogenes Training 75,1 19,4 6,7 6,8 keine Angabe / Auskunft 78,5 ungeeignet 33,4 59,5 32,0 59,2 in den Urlaub fahren 15,7 36,8 47,0 mittelmäßig geeignet Arzneimittel gegen Depressionen nehmen 12,6 40,8 45,8 sehr geeignet eine Lichttherapie machen 13,7 zum Heilpraktiker gehen 18,5 33,2 34,6 41,0 36,0 p Depression ist keine richtige Krankheit -0,123 < 0,0001 Wer eine Depression hat, ist selber daran schuld -0,180 < 0,0001 Sich zusammenreißen, um D. loszuwerden -0,152 < 0,0001 Ohne äußere Unterstützung hilflos ausgeliefert 0,054 0,0285 Depression ist eine Erkrankung wie z.B. Asthma oder Diabetes 0,063 0,0113 -0,187 < 0,0001 21,8 sich zusammenreißen 51,6 33,4 Schokolade oder etwas Süßes essen Schlaf- und Beruhigungsmitteln nehmen 52,2 32,4 60,6 r2 Summenscore 14,8 31,5 14,2 7,7 BASIS: N= 1.631 Einschätzung von Depression als Krankheit korreliert mit geringerer sozialer Distanz Bevölkerungsbefragung Düsseldorf/Essen, Nov. 2005 Bevölkerungsbefragung Düsseldorf/Essen, Nov. 2005 PERSÖNLICHE ERFAHRUNGEN MIT DEPRESSION UND SOZIALE DISTANZ Sind Sie oder jemand, den Sie kennen, jemals wegen Depressionen behandelt worden? 14,0 12,0 m=10,0 mittel Hauptziele • Aufklärung der Öffentlichkeit und bestimmter Zielgruppen • Früherkennung und optimierte Behandlung • Vernetzung der Hilfeangebote Summenscore 16,0 10,0 DÜSSELDORFER BÜNDNIS GEGEN DEPRESSION m=10,8 sd=2,9 sd=3,2 8,0 Zielgruppen 6,0 4,0 2,0 0,0 t-Test: p <= 0,0001 ja nein Befragte ohne persönliche Erfahrung mit Depressionen weisen eine höher soziale Distanz auf • Allgemeine Bevölkerung • Haus- und Fachärzte • Pflegefachkräfte • Eltern, Lehrer, Seelsorger… Bevölkerungsbefragung Düsseldorf/Essen, Nov. 2005 16 ZUSAMMENFASSUNG Hohe Morbidität, weltweite Verbreitung Vielfach unerkannt, unzureichende Behandlung Assoziiert mit erhöhter Mortalität (Suizid, kardiale Komplikationen) Verbunden mit hohen (indirekten) Kosten Zunehmende Erkenntnis der neurobiologischen Grundlagen Vielfältige Möglichkeiten wirksamer Behandlung Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit! 17