Wintersemester 2006/07 Zählen und Zahlbereiche Zweite Klausur: Lösungen Aufgabe 1 Die Addition in N unterliegt unter anderem den folgenden Regeln: (A1) Für alle `, m, n ∈ N gilt (` + m) + n = ` + (m + n). (A2) Für alle m, n ∈ N gilt m + n = n + m. Man zeige nur unter Verwendung von diesen Regeln, dass (a + b) + (c + d) = (d + b) + (c + a) für alle a, b, c, d ∈ N. Lösung Es gilt (A1) (a + b) + (c + d) = (A1) = (A1) = (A2) = a + (b + (c + d)) (A2) a + ((b + c) + d) = a + ((c + b) + d) (A1) a + (c + (b + d)) = (a + c) + (b + d) (A2) (b + d) + (a + c) = (d + b) + (c + a) . Zweite Klausur 2006/07: Lösungen 2 Aufgabe 2 Die Addition in Z unterliegt den folgenden Regeln: (A1) Für alle `, m, n ∈ Z gilt (` + m) + n = ` + (m + n). (A2) Für alle m, n ∈ Z gilt m + n = n + m. (A3) Für jedes m ∈ Z ist 0 + m = m. (A4) Zu jedem m ∈ Z gibt es eine eindeutige Zahl −m ∈ Z mit −m + m = 0. (T) Für jedes m ∈ Z mit m 6= 0 ist (mindestens) eines von m und −m in N. Seien m, n ∈ Z; dann wird die Zahl m + −n mit m − n bezeichnet und es gilt Folgendes: Lemma 1 Seien m, n ∈ Z; dann ist m − n die eindeutige Zahl k ∈ Z mit m = n + k: Es gilt also m = n + (m − n) und ist k ∈ Z eine Zahl mit m = n + k, so ist k = m − n. Man zeige nur unter Verwendung von Lemma 1 und (A1), dass (a − p) + ((b − a) + (q − b)) = (c − p) + (q − c) für alle a, b, c, p, q ∈ Z. Lösung Nach Lemma 1 gilt p + (a − p) = a, a + (b − a) = b und b + (q − b) = q und daraus ergibt sich, dass p + ((a − p) + ((b − a) + (q − b))) (A1) = (p + (a − p)) + ((b − a) + (q − b)) = a + ((b − a) + (q − b)) (A1) = (a + (b − a)) + (q − b) = b + (q − b) = q , d.h. p + ((a − p) + ((b − a) + (q − b))) = q. Daraus folgt nach Lemma 1 (mit k = (a − p) + ((b − a) + (q − b))), dass (a − p) + ((b − a) + (q − b)) = q − p. Ferner ist nach Lemma 1 p + (c − p) = c und c + (q − c) = q und damit ist (A1) p + ((c − p) + (q − c)) = (p + (c − p)) + (q − c) = c + (q − c) = q . Zweite Klausur 2006/07: Lösungen 3 Nach Lemma 1 (mit k = (c − p) + (q − c)) ist also (c − p) + (q − c) = q − p und daher ist (a − p) + ((b − a) + (q − b)) = q − p = (c − p) + (q − c) . Aufgabe 3 Beim Lösen dieser Aufgabe darf man lediglich die Regeln (M1) Für alle `, m, n ∈ Z gilt (`m)n = `(mn). (M2) Für alle m, n ∈ Z gilt mn = nm. (M3) Für alle m ∈ Z ist 1 · m = m. für die Multiplikation in Z zusammen mit der folgenden Information benutzen: Lemma 2 Für m, n ∈ Z gilt mn 6= 0 genau dann, wenn m 6= 0 und n 6= 0. Ein Bruch ist ein Ausdruck der Form m/n mit m, n ∈ Z und n 6= 0. Brüche m/n und p/q heißen äquivalent, und wir schreiben dann m/n ≈ p/q, wenn mq = pn. Die folgenden Aussagen fassen die Beziehung zwischen Brüchen und rationalen Zahlen zusammen: (Q1) Jedem Bruch m/n wird eine rationale Zahl zugeordnet, die mit [m/n] bezeichnet wird. (Q2) Für Brüche m/n und p/q gilt [m/n] = [p/q] genau dann, wenn m/n ≈ p/q. (Q3) Zu jeder rationalen Zahl r gibt es einen Bruch m/n mit r = [m/n]. (Q4) Jede ganze Zahl ist auch eine rationale Zahl. (Q5) Für jedes n ∈ Z ist n = [n/1]. Seien m/n und p/q Brüche; das Produkt (m/n)(p/q) von m/n und p/q wird definiert durch (m/n)(p/q) = (mp)/(nq) . Lemma 3 Seien a/b, c/d, m/n, p/q Brüche mit a/b ≈ m/n und c/d ≈ p/q. Dann gilt (a/b)(c/d) ≈ (m/n)(p/q). Zweite Klausur 2006/07: Lösungen 4 Seien r und s rationale Zahlen; nach (Q3) gibt es dann Brüche m/n und p/q mit r = [m/n] und s = [p/q]. Das Produkt rs von r und s wird definiert durch: rs = [(m/n)(p/q)] . Nach Lemma 3 macht dies einen Sinn: Sind a/b und c/d weitere Brüche mit r = [a/b] und s = [c/d], so gilt nach (Q2), dass a/b ≈ m/n und c/d ≈ p/q, damit ist nach Lemma 3 (a/b)(c/d) ≈ (m/n)(p/q) und daraus ergibt sich nach (Q2), dass [(a/b)(c/d)] = [(m/n)(p/q)]. Die Definition von rs hängt also nicht davon ab, welche Brüche man wählt, um r und s darzustellen. Seien r, s ∈ Q mit rs = 1. Nach (Q3) gibt es dann m, n ∈ Z mit n 6= 0, so dass r = [m/n]. Man zeige, dass m 6= 0 und s = [n/m]. Hinweis: Nach (Q3) gibt es p, q ∈ Z mit q 6= 0, so dass s = [p/q]. Man zeige zunächst, dass nq = mp. Lösung Nach (Q3) gibt es p, q ∈ Z mit q 6= 0, so dass s = [p/q] und daraus folgt nach (Q5), dass [1/1] = 1 = rs = [(m/n)(p/q)] = [(mp)/(nq)]. Damit ist nach (Q2) 1/1 ≈ (mp)/(nq), d.h. 1(nq) = (mp)1, und daher ist nq (M3) (M2) (M3) = 1(nq) = (mp)1 = 1(mp) = mp . Da aber n 6= 0 und q 6= 0, ist nach Lemma 2 mp = nq 6= 0 und daraus ergibt sich nach Lemma 2, dass m 6= 0. Da nach (M2) mp = pm, ist ferner pm = nq und also ist p/q ≈ n/m. Nach (Q2) ist dann s = [p/q] = [n/m]. Zweite Klausur 2006/07: Lösungen 5 Aufgabe 4 In dieser Aufgabe darf man lediglich Folgendes über die natürlichen Zahlen verwenden: (P0) Die Menge N der natürlichen Zahlen enthält die Zahl 1 und zu jedem n ∈ N gibt es einen Nachfolger s(n). (P1) Für alle n ∈ N ist 1 6= s(n). (Die Eins ist kein Nachfolger.) (P2) Für alle m, n ∈ N mit m 6= n ist s(m) 6= s(n). (Verschiedene Zahlen haben verschiedene Nachfolger.) (P3) Es gilt das Prinzip der vollständigen Induktion: Für jedes n ∈ N sei P(n) eine Aussage. Nehme an: () Es gilt P(1). (?) Ist n ein Element von N, für das P(n) gilt, so gilt auch P(s(n)). Dann gilt P(n) für jedes n ∈ N. Natürliche Zahlen kann man addieren; die Summe von m und n wird mit m + n bezeichnet. Die Addition unterliegt den folgenden Regeln: (a0) Für alle m ∈ N gilt m + 1 = s(m). (a1) Für alle m, n ∈ N gilt m + s(n) = s(m + n). Man zeige: Für alle m, n ∈ N ist n 6= m + n. Hinweis: Man betrachte für jedes n ∈ N die Aussage P(n): Es gilt n 6= m + n für alle m ∈ N. Lösung Für jedes n ∈ N sei P(n) die Aussage: Für jedes m ∈ N ist n 6= m + n. () Nach (P1) und (a0) ist 1 6= s(m) = m + 1 für alle m ∈ N, und folglich gilt P(1). (?) Sei n ein Element von N, für das P(n) gilt und also ist n 6= m + n für jedes m ∈ N. Nehme nun an, dass s(n) = m + s(n) für ein m ∈ N. Nach (a1) ist dann s(n) = m + s(n) = s(m + n) und daraus folgt nach (P2), dass n = m + n. Dies ist aber nicht möglich, da P(n) gilt und damit ist s(n) 6= m + s(n) für alle m ∈ N, d.h. P(s(n)) gilt. Nach dem Prinzip der vollständigen Induktion gilt nun P(n) für alle n ∈ N. Für alle m, n ∈ N ist also n 6= m + n.