Wintersemester 2007/08 Zählen und Zahlbereiche Klausur: Lösungen Aufgabe 1 Die Addition und Multiplikation in N unterliegen unter anderem den folgenden Regeln: (M2) Für alle m, n ∈ N gilt mn = nm. (D) Für alle ℓ, m, n ∈ N ist ℓ(m + n) = ℓm + ℓn. (KA) Für alle m, n, p ∈ N mit m + p = n + p ist m = n. (KM) Für alle m, n, p ∈ N mit pm = pn ist m = n. Seien a, b, c ∈ N mit (a + b)c = (a + c)b . Man zeige nur unter Verwendung von den Regeln (M2), (D), (KA) und (KM), dass c = b. Hinweis: Man zeige zunächst, dass ca = ba. Lösung Es gilt (M2) (D) (M2) (a + b)c = c(a + b) = ca + cb = ca + bc und (M2) (D) (a + c)b = b(a + c) = ba + bc und folglich ist ca + bc = (a + b)c = (a + c)b = ba + bc . Damit ist nach (KA) ca = ba und also gilt auch (M2) (M2) ac = ca = ba = ab . Daraus ergibt sich nach (KM), dass c = b. Klausur 2007/08: Lösungen 2 Aufgabe 2 Die Addition und die Differenz in Z unterliegen unter anderem den folgenden Regeln: (A1) Für alle p, q, r ∈ Z ist (p + q) + r = p + (q + r). (d1) Für alle p, q ∈ Z gilt p = q + (p − q). (d2) Sind p, q, r ∈ Z mit p = q + r, so ist r = p − q. (d3) Für alle p, q ∈ Z gilt p = (p − q) + q. (d4) Sind p, q, r ∈ Z mit p = r + q, so ist r = p − q. Man zeige nur unter Verwendung von diesen Regeln, dass ((a − b) + (b − c)) + (c − d) = (c − d) + (a − c) für alle a, b, c, d ∈ Z. Hier darf man nicht benutzen, dass p − q = p + −q. Hinweis: Man behandle die linke und die rechte Seite der Gleichung getrennt. Lösung Es gilt (A1) (((a − b) + (b − c)) + (c − d)) + d = (d3) = (A1) = (d3) = ((a − b) + (b − c)) + ((c − d) + d) ((a − b) + (b − c)) + c (a − b) + ((b − c) + c) (d3) (a − b) + b = a und folglich ist nach (d4) ((a − b) + (b − c)) + (c − d) = a − d . Ferner gilt (A1) (d1) (d1) d + ((c − d) + (a − c)) = (d + (c − d)) + (a − c) = c + (a − c) = a und damit ist nach (d2) (c − d) + (a − c) = a − d . Daraus ergibt sich, dass ((a − b) + (b − c)) + (c − d) = a − d = (c − d) + (a − c) . Klausur 2007/08: Lösungen 3 Aufgabe 3 Ein Bruch ist ein Ausdruck der Form m/n mit m, n ∈ Z und n 6= 0. Brüche m/n und p/q heißen äquivalent, und wir schreiben dann m/n ≈ p/q, wenn mq = pn. Die folgenden Aussagen fassen die Beziehung zwischen Brüchen und rationalen Zahlen zusammen: (Q1) Jedem Bruch m/n wird eine rationale Zahl zugeordnet, die mit [m/n] bezeichnet wird. (Q2) Für Brüche m/n und p/q gilt [m/n] = [p/q] genau dann, wenn m/n ≈ p/q. (Q3) Zu jeder rationalen Zahl r gibt es einen Bruch m/n mit r = [m/n]. (Q4) Jede ganze Zahl ist auch eine rationale Zahl. (Q5) Für jedes n ∈ Z ist n = [n/1]. Seien m/n und p/q Brüche; die Summe (m/n) + (p/q) von m/n und p/q wird definiert durch (m/n) + (p/q) = (mq + pn)/(nq) . Lemma 1 Seien a/b, c/d, m/n, p/q Brüche mit a/b ≈ m/n und c/d ≈ p/q. Dann gilt (a/b) + (c/d) ≈ (m/n) + (p/q). Seien r und s rationale Zahlen; nach (Q3) gibt es dann Brüche m/n und p/q mit r = [m/n] und s = [p/q]. Die Summe r + s von r und s wird definiert durch: r + s = [(m/n) + (p/q)] . Nach Lemma 1 macht dies einen Sinn: Sind a/b und c/d weitere Brüche mit r = [a/b] und s = [c/d], so gilt nach (Q2), dass a/b ≈ m/n und c/d ≈ p/q, damit ist nach Lemma 1 (a/b) + (c/d) ≈ (m/n) + (p/q) und daraus ergibt sich nach (Q2), dass [(a/b) + (c/d)] = [(m/n) + (p/q)]. Die Definition von r + s hängt also nicht davon ab, welche Brüche man wählt, um r und s darzustellen. Seien m/n und p/q Brüche; das Produkt (m/n) · (p/q) von m/n und p/q wird definiert durch (m/n) · (p/q) = (mp)/(nq) . Lemma 2 Seien a/b, c/d, m/n, p/q Brüche mit a/b ≈ m/n und c/d ≈ p/q. Dann gilt (a/b) · (c/d) ≈ (m/n) · (p/q). Klausur 2007/08: Lösungen 4 Seien r und s rationale Zahlen; nach (Q3) gibt es dann Brüche m/n und p/q mit r = [m/n] und s = [p/q]. Das Produkt rs von r und s wird definiert durch: rs = [(m/n) · (p/q)] . Nach Lemma 2 macht dies einen Sinn: Sind a/b und c/d weitere Brüche mit r = [a/b] und s = [c/d], so gilt nach (Q2), dass a/b ≈ m/n und c/d ≈ p/q, damit ist nach Lemma 2 (a/b) · (c/d) ≈ (m/n) · (p/q) und daraus ergibt sich nach (Q2), dass [(a/b) · (c/d)] = [(m/n) · (p/q)]. Die Definition von rs hängt also nicht davon ab, welche Brüche man wählt, um r und s darzustellen. Beim Lösen dieser Aufgabe darf man lediglich die Aussage (d1) Für alle Brüche m/n, p/q gilt (m/n + 1/1) · (p/q) ≈ (m/n) · (p/q) + p/q über die Addition und Multiplikation von Brüchen zusammen mit der Information aus dem Vorspann benutzen. Man zeige: Für alle r, s ∈ Q gilt (r + 1)s = rs + s . Lösung Seien r, s ∈ Q; nach (Q3) gibt es Brüche m/n und p/q mit r = [m/n] und s = [p/q]. Ferner ist nach (Q4) und (Q5) 1 = [1/1]. Nach der Definition von der Addition in Q ist r + 1 = [m/n + 1/1] und da r + 1 = [m/n + 1/1] und s = [p/q] ist nach der Definition von der Multiplikation (r + 1)s = [(m/n + 1/1) · (p/q)] . Genauso ist rs = [(m/n) · (p/q)], und da rs = [(m/n) · (p/q)] und s = [p/q], ist dann rs + s = [(m/n) · (p/q) + p/q] . Nach (d1) ist aber (m/n + 1/1) · (p/q) ≈ (m/n) · (p/q) + p/q und folglich ist nach (Q2) [(m/n + 1/1) · (p/q)] = [(m/n) · (p/q) + p/q]. Also ist (r + 1)s = [(m/n + 1/1) · (p/q)] = [(m/n) · (p/q) + p/q] = rs + s . Klausur 2007/08: Lösungen 5 Aufgabe 4 In dieser Aufgabe darf man lediglich Folgendes über die natürlichen Zahlen verwenden: (P0) Die Menge N der natürlichen Zahlen enthält die Zahl 1 und zu jedem n ∈ N gibt es einen Nachfolger s(n). (P1) Für alle n ∈ N ist 1 6= s(n). (Die Eins ist kein Nachfolger.) (P2) Für alle m, n ∈ N mit m 6= n ist s(m) 6= s(n). (Verschiedene Zahlen haben verschiedene Nachfolger.) (P3) Es gilt das Prinzip der vollständigen Induktion: Für jedes n ∈ N sei P(n) eine Aussage. Nehme an: (⋄) Es gilt P(1). (⋆) Ist n ein Element von N, für das P(n) gilt, so gilt auch P(s(n)). Dann gilt P(n) für jedes n ∈ N. Natürliche Zahlen kann man addieren; die Summe von m und n wird mit m + n bezeichnet. Die Addition unterliegt den folgenden Regeln: (a0) Für alle m ∈ N gilt m + 1 = s(m). (a1) Für alle m, n ∈ N gilt m + s(n) = s(m + n). Man zeige: Es gilt s(m) + n = m + (1 + n) für alle m, n ∈ N. Hinweis: (1) Für jedes n ∈ N betrachte man die Aussage P(n): Für alle m ∈ N gilt s(m) + n = m + (1 + n). (2) Es gilt m + (1 + 1) = s(s(m)) für alle m ∈ N, da (a0) (a1) (a0) m + (1 + 1) = m + s(1) = s(m + 1) = s(s(m)) . (3) Man zeige zunächst: Für alle m, n ∈ N gilt m + (1 + s(n)) = s(m + (1 + n)). Klausur 2007/08: Lösungen 6 Lösung Für jedes n ∈ N sei P(n) die Aussage: Es gilt s(m) + n = m + (1 + n) für alle m ∈ N. (⋄) Für alle m ∈ N gilt (a0) (a1) (a0) (a0) m + (1 + 1) = m + s(1) = s(m + 1) = s(s(m)) = s(m) + 1 , d.h. s(m) + 1 = m + (1 + 1) für alle m ∈ N, und damit gilt P(1). (⋆) Sei n ein Element von N, für das P(n) gilt; also ist s(m) + n = m + (1 + n) für alle m ∈ N. Dann gilt (a1) (P(n)) s(m) + s(n) = s(s(m) + n) = s(m + (1 + n)) (a1) (a1) = m + s(1 + n) = m + (1 + s(n)) für jedes m ∈ N, und dies zeigt, dass P(s(n)) gilt. Nach dem Prinzip der vollständigen Induktion gilt nun P(n) für alle n ∈ N. Es gilt also s(m) + n = m + (1 + n) für alle m ∈ N für jedes n ∈ N, und damit gilt s(m) + n = m + (1 + n) für alle m, n ∈ N.