2014-1 Biologie – erhöhtes Anforderungsniveau

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Biologie – erhöhtes Anforderungsniveau (Thüringen): Abiturprüfung 2014
Aufgabe 1: Genetik, Zellbiologie, Stoffwechsel, Ökologie
Teil A
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BE
Im Juni 2013 wurde in Texas eine Schauspielerin festgenommen, die im Mai Briefe an den US-Präsidenten Obama und den Bürgermeister von New York, Bloomberg,
mit dem Gift Rizin verschickt haben soll. Rizin ist das Gift der Rizinusstaude (Ricinus communis).
1.1 Rizin beeinflusst die Funktionsfähigkeit von Ribosomen.
Beschreiben Sie den Vorgang der Translation.
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1.2 Rizin bindet an die Ribosomen und setzt die Geschwindigkeit der Translation erheblich herab.
Entwickeln Sie eine begründete Vermutung, warum bei Personen, die eine tödliche
Dosis Rizin aufgenommen haben, erst nach 36 bis 72 Stunden der Tod eintritt.
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1.3 Ermitteln Sie eine Basensequenz der DNA für das Gen, das die ersten drei Aminosäuren des Rizins codiert.
Fertigen Sie eine beschriftete Skizze vom Bau des DNA-Doppelstrangs für die
vorgegebene Aminosäuresequenz an.
Ausschnitt aus der Primärstruktur des Rizins:
Met – Ser – Ala–…
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Code-Sonne (die Codons
sind von innen nach außen
zu lesen)
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1.4 Auch bei der Rizinusstaude treten Mutationen auf.
Erläutern Sie Auswirkungen auf Struktur und Wirksamkeit des Rizins:
– bei einem Austausch der achten Base in der DNA.
– bei einem Austausch der neunten Base in der DNA.
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Zwischen Zellen und deren Umgebung finden Stofftransporte statt. Für die Aufnahme und Abgabe mancher Stoffe benötigen Zellen Energie.
2.1 Fertigen Sie eine beschriftete Skizze eines Mitochondriums an. Erläutern Sie an
einer Struktur dieses Organells den Zusammenhang von Bau und Funktion.
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2.2 Erläutern Sie das Prinzip der aeroben Energiefreisetzung in der Zelle.
Geben Sie die Summengleichung für die Zellatmung an.
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2.3 Der Stängel einer Löwenzahnblüte wird außen von einer Schicht dickwandiger
Epidermiszellen begrenzt. Darunter liegt Gewebe, dessen Zellen vergleichsweise
dünnwandig sind.
Führen Sie folgendes Experiment durch:
Schneiden Sie zwei Blütenstängel des Gemeinen Löwenzahns, Taraxacum officinale, am unteren Ende kreuzweise ca. 4 cm ein.
Stellen Sie einen Stängel mindestens 5 Minuten in ein Gefäß mit destilliertem
Wasser und den anderen in ein Gefäß mit konzentrierter Zuckerlösung.
Kreuzweises Einschneiden eines
Stängels der Löwenzahnblüte
Erklären Sie Ihre Versuchsergebnisse.
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2.4 Liposomen sind mit Wasser gefüllte Kugeln, deren Hülle ausschließlich aus Phospholipidmolekülen besteht.
Liposom
In einem Experiment wurde der Transport von Glucose in eine lebende Zelle und
in ein Liposom untersucht.
Die Ergebnisse sind in der folgenden Grafik dargestellt.
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Lösung
Teil A
r 1.1 Denken Sie daran, dass Sie hier nur die Vorgänge bei der Translation und nicht auch
r
den Ablauf der Transkription beschreiben sollen.
Der Begriff Translation umfasst alle Vorgänge der eigentlichen Proteinbiosynthese, also
die Umsetzung der Nukleotidsequenz der mRNA in eine Aminosäuresequenz, die die
Primärstruktur der Proteine darstellt. Bei der Translation kommt es zur konkreten Umsetzung des genetischen Codes in eine materielle Struktur.
Zu Beginn der Translation verbindet sich die mRNA nach dem Verlassen des Zellkerns
mit den beiden Untereinheiten eines Ribosoms. Im Zytoplasma liegen tRNA-Moleküle
vor, die durch Schleifenbildung eine kleeblattartige Struktur aufweisen. Spezielle Enzyme (tRNA-Aminoacyl-Synthetasen) lagern je nach Schleifenform der tRNA an diese unterschiedliche Aminosäuren an. Damit ist gewährleistet, dass für alle möglichen mRNACodons entsprechende Aminosäuren zur Verfügung stehen. Zu den Stopp-Codons existieren keine passenden tRNA-Moleküle.
Die Umsetzung des mRNA-Codes beginnt mit der Bildung eines Proteinbiosynthesekomplexes aus den beiden Untereinheiten eines Ribosoms und dem Startcodon der
mRNA (AUG), das die Aminosäure Methionin codiert. Dieser Komplex initiiert die weiteren Vorgänge. In der benachbarten Zone des Ribosoms dockt an das nächste Triplett
der mRNA in 3'-Richtung eine komplementäre tRNA an und das Methionin wird durch
eine Peptidbindung mit der von der tRNA transportierten Aminosäure verknüpft. Die
tRNA-Moleküle werden abgelöst und können wieder Aminosäuren aufnehmen. Diese
Vorgänge wiederholen sich unter stetigem Wachstum der Peptidkette bis zu einem
Stopp-Codon (UGA, UAA oder UAG). Hier bricht die Translation ab und das Protein
löst sich vom Ribosom.
r 1.2 Die zu entwickelnde Vermutung (Hypothese) sollte neben der relativ lange Zeit bis zum
Einsetzen der Wirkung auch einbeziehen, warum das Gift letztendlich tödlich wirkt.
r
Rizin ist ein relativ starkes Gift. Die in wenigen Samen der Rizinuspflanze enthaltene
r
Giftmenge kann bereits tödlich sein. Während der beiden Weltkriege wurde in mehreren
r
Ländern der Einsatz als Biowaffe in Erwägung gezogen.
r
Rizin bindet an Ribosomen und setzt die Translationsgeschwindigkeit stark herab. Das
bedeutet, dass die Bildung von Proteinen nicht vollständig gestoppt wird, sondern eingeschränkt weiter abläuft. Da Proteine im Stoffwechsel aber ständig abgebaut werden,
reicht die noch gebildete Proteinmenge nicht aus, um den Bedarf dauerhaft zu decken,
und somit nimmt die Menge der dem Organismus zur Verfügung stehenden Proteinmoleküle stetig ab. Deshalb wird erst nach einiger Zeit eine kritische Menge unterschritten,
was prinzipiell die zeitverzögerte Giftwirkung erklärt.
Proteine wirken als Enzyme stoffwechselregulierend. Wenn ihre Konzentration allmählich abnimmt, kommt es in den abgestimmten Enzymwirkketten zu Unregelmäßigkeiten
und schließlich zum Zusammenbruch des gesamten Systems. Dem Organismus kann somit beispielsweise weniger Energie zugeführt werden und die reduzierte Menge an Verdauungsenzymen liefert eine immer geringere Menge an Nährstoffen. Der Vorgang der
Proteinbiosynthese selbst läuft durch den zunehmenden Enzymmangel ebenfalls immer
langsamer ab, sodass die Proteinmenge zusätzlich reduziert wird. Auch der Mangel an
Struktureiweißen führt zu einer langsamen Zerstörung von Zellen, da abgebaute Proteine nicht mehr ersetzt werden können.
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