1 Klausur zu Analysis und Wahrscheinlichkeitsrechnung AI 2 WS 2014/15, 21.01.2015 Prof. Dr. Hans-Jürgen Steens Name: Vorname: Matrikelnummer: Die Klausur besteht aus 23 Aufgaben. Es sind maximal 200 Punkte (121 + 79) zu erreichen. Teilnehmer des Studienganges medizinische Informatik bearbeiten ausschlieÿlich den Analysisteil (Aufgaben 1 - 15) Es sind alle Hilfsmittel zur selbständigen Bearbeitung erlaubt. Sie werden zeitlich nicht alle Aufgaben bearbeiten können. Konzentrieren Sie sich deshalb auf diejenigen Aufgaben, die Ihnen liegen. Markieren Sie bitte die Aufgaben, die Sie bearbeitet haben. Aufgabe Punkte 1 8 Aufgabe Punkte 16 15 2 8 17 8 3 6 4 15 18 10 5 4 19 8 6 8 20 10 7 10 21 10 8 7 22 8 9 6 10 5 23 10 11 8 12 6 13 13 14 7 15 10 2 1. Teil Analysis Basics Aufgabe 1: (8 Punkte) Wie ändern sich die Datenstrukturen im Übergang von den natürlichen zu den ganzen, zu den rationalen, zu den reellen Zahlen und zu den komplexen Zahlen? Bei welchem Übergang haben wir den gröÿten Sprung bzgl. der zur Implementierung der Zahlen theoretisch benötigten Datenstrukturen? Welche Eigenschaften fehlen den komplexen Zahlen, die alle anderen Zahlenarten besitzen? Unendliche Folgen Aufgabe 2: (8 Punkte) i) Beschreiben Sie eine unendliche Folge, die zwei (verschiedene) Häufungspunkte besitzt. ii) Können sie auch eine monotone unendliche Folge mit zwei Häufungspunkten konstruieren? (Begründung) iii) Gibt es auch eine unendliche Folge, die alle(!) reellen Zahlen als Häufungspunkte besitzt? Aufgabe 3: (6 Punkte) Betrachten Sie folgede induktiv denierte Folge: { an = 1 n = 1; ln(1 + an−1 ), n > 1. Zeigen Sie, dass diese Folge konvergiert und berechnen Sie den Grenzwert. Hinweis: Zeigen Sie induktiv, dass die Folge nach unten beschränkt ist (welche untere Schranke kommt hier in Frage?). Zeigen Sie dann, dass die Folge monoton fallend ist. Sie dürfen benutzen, dass der Logarithmus eine monoton wachsende und eine stetige Funktion ist. Aufgabe 4: (15 Punkte) Zeigen Sie, dass folgende Folgen konvergieren und berechnen Sie die Grenzwerte: √ a) an = b) an = c) an = d) 2n 1+ 1 −1 2n √ n2 + 3n − n (2n + 3)3 8n3 + 4 ( )n 4 an = 1 + , 2n )n ( 8 an = 1 + , 3n ( x )n an = 1 + 2n Hinweis zu d): Benutzen Sie bei der letzten Folge, dass an = √ a2n ist. 3 Aufgabe 5: (4 Punkte) Zeigen Sie, dass die Folge an = 2n n! eine Nullfolge ist. Hinweis: Sie können dies auf zwei Weisen zeigen. Entweder Sie nden durch geeignete Abschätzungen eine Majorante, von der wir schon wissen, dass Sie eine ∑∞ 2n Nullfolge ist. Oder Sie betrachten die unendliche Reihe n=0 n! und zeigen, dass diese Reihe konvergiert, woraus notwendig folgt, dass die Folge der Summanden eine Nullfolge sein muss. Unendliche Reihen Aufgabe 6: (8 Punkte) Die sog. PartitionsFunktion eines linearen Oszillators in der Physik ergibt sich zu Q= ∞ ∑ e−}ω(n+1/2)/kT . n=0 Wir brauchen hier nur zu wissen, dass }, ω, k, T für uns positive konstante reelle Zahlen sind. Aufgabe: Berechnen Sie den Grenzwert der unendlichen Reihe, d.h. berechnen Sie Hinweis: Erkennen Sie in Sie aus Q Q Q. das Muster einer bekannten konvergenten Reihe, die e−}ω/2kt aus den einzelnen nach Ausklammern des gemeinsamen Faktors Summanden extrahieren können. (Wenden Sie also die Regeln der Bruchrechnung und Potenzrechnung an.) Aufgabe 7: (10 Punkte) Analysieren Sie mit dem Minoranten bzw. dem Majorantenkriterium, welche der folgenden Reihen konvergiert und welche divergiert: ∑∞ 1 2 log(n) ∑∞ n! b) n=0 2n n ∑∞ 1 c) n=0 1 + n3 ∑∞ 1 d) . n=0 √ n(2 + n) a) n=2 Hinweis zu a): Wie verhält sich der Wert von log(n) im Vergleich zu n? 4 Aufgabe 8: (7 Punkte) Analysieren Sie mit dem Wurzel oder mit dem Quotientenkriterium, welche der folgenden Reihen konvergiert und welche divergiert. ∑∞ 1 (log(n))n ∑∞ n! b) n=0 n n ∑∞ x2n+1 n c) n=0 (−1) · (2n + 1)! a) n=2 (x beliebig, aber fest gewählt) Hinweis zu c): Benutzen Sie das Quotientenkriterium und erkennen Sie im Quotienten einen Ausdruck, der gegen eine bekannte Funktion konvergiert, so dass Sie für den Quotienten eine klare Aussage darüber erhalten, ob er irgendwann endgültig kleiner einem q<1 ist. Aufgabe 9: (6 Punkte) Berechnen Sie die Taylorentwicklung x 3 ex um den Nullpunkt bis zur 3. Näherung. Hinweis: Sie können (mit vertretbarem Aufwand) die Taylorentwicklung klassisch berechnen oder mit geeigneten Überlegungen sehr schnell zu einer Lösung kommen. Grenzwerte Aufgabe 10: (5 Punkte) Existiert der Limes lim x→0 sin x x ? Begründen Sie Ihre Antwort. (Es gibt mehrere unterschiedliche gute Begründungen.) Aufgabe 11: (8 Punkte) Betrachten Sie folgenden Beweis, dass jede (an einem Punkt Funktion f f stetig ist (am Punkt dierenzierbar ⇒∗ ⇒∗∗ ⇒∗∗∗ ∗∗∗∗ ⇒ x0 ) dierenzierbare x0 ): f (x) = f (x0 ) + f0 (x − x0 ) + o(x − x0 ) lim f (x) = lim f (x0 ) + lim f0 (x − x0 ) + lim o(x − x0 ) x→x0 x→x0 x→x0 x→x0 lim f (x) = f (x0 ) + 0 + 0 = f (x0 ) x→x0 f ist stetig. Begründen Sie jeweils die mit Sternen gekennzeichneten Folgerungspfeile. 5 Dierentialrechnung Aufgabe 12: (6 Punkte) Zeigen Sie mit dem Mittelwertsatz der Dierentialrechnung, dass die Logarithmusfunktion ln(x) eine streng monoton wachsende Funktion ist. Aufgabe 13: (13 Punkte) Bilden Sie die Ableitung folgender Funktionen: a) f (x) = x4 + 5x2 c) x2 − 1 x+1 √ 4 f (x) = x7 d) f (x) = sin(x) · cos(x) b) e) f) f (x) = sin(x) cos(x) 3x2 − 4 f (x) = √ x(x2 − 4) f (x) = Aufgabe 14: (7 Punkte) Beweisen Sie nur unter Benutzung des Sachverhaltes, dass zahlige n, dass (√ )′ n x = (xn )′ = nxn−1 für ganz- 1 √ n n xn−1 Hinweis: Wir hatten einmal auf eine analoge Weise mit der Kettenregel zeigen können (unter Benutzung der Ableitung der e-Funktion), dass Aufgabe 15: (10 Punkte) Bilden Sie die Stammfunktionen folgender Funktionen: a) b) ∫ ∫ ∫ sin(x)dx x4 + 2x3 − x + 7dx 1 dx x−a ∫ sin x d) dx cos x ∫ x e) xe dx ∫ x √ f) dx a − x2 c) ln(x) = 1/x. 6 2. Teil Wahrscheinlichkeitsrechnung Elementare Ereignisse Aufgabe 16: (15 Punkte) Zwei Würfel werden einmal geworfen. i) Man berechne die Wahrscheinlichkeit dafür, dass man die folgenden Augenkombinationen erhält: a) auf (wenigstens) einem Würfel zwei Augen, b) auf wenigstens einem Würfel drei Augen, c) eine gerade Augensumme, d) eine durch drei teilbare Augensumme, e) eine Augensumme, die gröÿer ist als sieben, f ) eine Augensumme, die kleiner ist als zehn, g) eine Augensumme, die eine Primzahl ist. Hinweis: wir haben es hier mit 36 Elementarereignissen zu tun, da die Würfel unterscheidbar sind. ii) Skizzieren Sie die Verteilungsfunktion fallsvariablen X F (x) = pr(X < x), die sich aus der Zu- ergibt, die die Gesamtaugenzahl der beiden Würfel liefert. iii) Wieviele Elementarereignisse haben sie beim Würfeln mit 3 ununterscheidbaren Mikroteilchen, die wie eine Münze zwei Seiten besitzen? Wie hoch sind Wahrscheinlichkeit dieser jeweiligen Elementarereignisse? Aufgabe 17 (Chips in feindlicher Umgebung): (8 Punkte) Speicherchips können in radioaktiver Umgebung so beeinusst werden, dass einzelne Bits umgeschossen werden können. Die Wahrscheinlichkeit für ein einzelnes −14 Bit, innerhalb einer Zeiteinheit umgeschossen zu werden, betrage 10 . Eine Spei13 chereinheit bestehe aus 10 Terabits, als 10 Bits. Frage: Wie wahrscheinlich ist es, dass in der bereenden Zeiteinheit geschossen werden (k k Bits um- ∈ N)? Hinweis: Sie können hier die Poissonverteilung ansetzen. Aufgabe 18 (Aus Algorithmen und Datenstrukturen): (10 Punkte) i) Wie groÿ ist die Wahrscheinlichkeit, dass eine Hash-Funktion mit gleichmäÿiger Werteverteilung zwischen den Hashindizes 1 bis N genau k von einer Gesamtmenge von M verschiedenen Schlüsseln ein und denselben Index zuweist? ∗ ii) Wie lässt sich diese Wahrscheinlichkeit durch eine Poissonverteilung darstellen, wenn man M/N = α als sog. load factor einführt? 7 Bedingte Wahrscheinlichkeiten Aufgabe 19: (8 Punkte) Seien A1 , A2 , A3 lichkeitsfunktion Ereignisse eines Wahrscheinlichkeitsraumes mit der Wahrschein- p. Zeigen Sie, dass gilt: p(A1 ∩ A2 ∩ A3 ) = p(A1 ) · p(A2 |A1 ) · p(A3 |A1 ∩ A2 ). A, B Hinweis: Die bedingte Wahrscheinlichkeit zweier Ereignisse p(A ∩ B) p(A|B) = . Setzen Sie ausgehend p(B) von B und A3 in die Rolle von A. hiervon zunächst ist deniert durch A1 ∩ A2 in die Rolle Aufgabe 20: (10 Punkte) Sehen Sie eine Möglichkeit, das Ergebnis von Aufgabe 3 zu verallgemeinern und induktiv zu beweisen? Aufgabe 21: (10 Punkte) Zeigen Sie, dass bei unabhängigen Ereignissen ren Ereignisse A und B A und B auch die komplementä- unabhängig sind. Hinweis: Zwei Ereignisse sind unabhängig genau dann, wenn Benutzen Sie auch die Gleichung p(A) = 1 − p(A) p(A∩B) = p(A)·p(B). etc. Aufgabe 22: (8 Punkte) Gegeben seien 3 Urnen: Die erste Urne enthält 4 rote und 6 weiÿe Kugeln. Die zweite Urne enthält 3 rote und 1 weiÿe Kugel. Die dritte Urne enthält 2 rote und 4 weiÿe Kugeln. Aus einer zufällig ausgewählten Urne wird eine Kugel zufällig gezogen. Wie groÿ ist die Wahrscheinlichkeit, dass die Kugel aus der ersten Urne gezogen wurde, wenn sie rot ist? Hinweis: Benutzen Sie die Bayessche Formel. 8 Statistische Analysen Aufgabe 23: (10 Punkte) Wir betrachten einen Wahrscheinlichkeitsraum mit 6 Elementarereignissen Ω = {e1 , e2 , e3 , e4 , e5 , e6 }. Die Wahrscheinlichkeiten dieser Elementarereignisse mögen folgende Wert haben: pr(e1 ) pr(e2 ) pr(e3 ) pr(e4 ) pr(e5 ) pr(e6 ) Sei 1/2 1/10 1/10 1/20 1/8 1/8 X:Ω→R X(e1 ) X(e2 ) X(e3 ) X(e4 ) X(e5 ) X(e6 ) eine Zufallsvariable mit den Funktionswerten: 4 5 7 8 10 1 Berechnen Sie den Mittelwert (Erwartungswert) E(X) und Varianz E((X−E(X)2 )dieser Zufallsvariablen. Hinweis: Für eine Zufallsvariable Y ist E(Y ) = ∑ i pr(ωi ) · Y (ωi ).