1.3 Zahlbereiche und algebraische Struktu- ren

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Lineare Algebra I – WS 2015/16
1.3
c Rudolf Scharlau
23
Zahlbereiche und algebraische Strukturen
Dieser Abschnitt stellt überall benutzte algebraische Grundbegriffe bereit: zunächst den Begriff der Verknüpfung auf einer Menge als Verallgemeinerung der üblichen Rechenoperationen, dann die Begriffe Gruppe, Ring, kommutativer Ring mit Einselement, Einheiten (invertierbare
Elemente) in Ringen, sowie den Begriff eines Körpers. Wichtige Beispiele algebraischer Strukturen (neben den ganzen, rationalen und reellen
Zahlen) liefert das Rechnen mit Resten“ ganzer Zahlen (sog. mod-m”
Addition und mod-m-Multiplikation). Eine vertiefte Behandlung dieser
Struktur (es handelt sich um einen kommutativen Ring mit m Elementen) wird im nächsten Abschnitt gegeben (Stichwort: Restklassen).
Definition 1.3.1 Eine Verknüpfung auf (oder in) einer Menge M ist
eine Vorschrift, die je zwei Elementen x und y aus M (unter Beachtung
der Reihenfolge) ein weiteres Element z von M zuordnet.
Als Notation für das Ergebnis z der Verknüpfung verwendet man die
Bezeichnung
z = x · y, x ∗ y, x ◦ y, x y, x + y, x ⊕ y, o.ä..
Das Zeichen · bzw. ∗, ◦, , +, ⊕, . . . nennen wir Verknüpfungssymbol.
Bemerkung 1.3.2 Eine Verknüpfung auf einer Menge M ist dasselbe
wie eine Abbildung M × M → M . Diese wird in diesem Zusammenhang
in der Form
(x, y) 7→ x · y oder x ∗ y, x ◦ y, x y, x + y, x ⊕ y
oder ähnlich geschrieben.
Definition 1.3.3 Eine Verknüpfung ∗ heißt assoziativ, falls für alle a, b, c ∈
M gilt:
(a ∗ b) ∗ c = a ∗ (b ∗ c) .
Sie heißt kommutativ, falls für alle a, b ∈ M gilt:
a ∗ b = b ∗ a.
Beispiele 1.3.4
(1) (Z, +), (N, +), (Z, ·), . . .. Die gewöhnliche Addition und Multiplikation von Zahlen sind assoziative und kommutative Verknüpfungen.
(2) Sei X eine beliebige Menge. Betrachte
M = Abb X := {f | f : X → X Abbildung}
f ◦ g = Hintereinanderausführung von f und g,
f nach g“.
”
Diese Verknüpfung ist assoziativ:
f ◦ (g ◦ h) = (f ◦ g) ◦ h für alle f, g, h ∈ M
(3) Sei X = {1, 2}. Dann kann man die Menge M der Abbildungen ohne großen Aufwand vollständig hinschreiben: M = {f1 , f2 , f3 , f4 },
wobei
f1 = 11 22 , f2 = 12 21 , f3 = 11 21 , f4 = 12 22 .
(In der ersten Zeile stehen die Elemente des Definitionsbereiches,
darunter jeweils das Bild.)
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Definition 1.3.5 Es sei M eine Menge und · eine Verknüpfung auf M .
Ein Element e ∈ M heißt neutrales Element für die Verknüpfung, falls
für alle x ∈ M gilt
e · x = x · e = x.
Bemerkung 1.3.6 Bei gegebener Verknüpfung kann es höchstens ein
neutrales Element e geben. Man sagt also: e ist das neutrale Element.
Beweis: Sei e0 ein weiteres neutrales Element. Dann gilt
e · e0 = e0
e · e0 = e
(weil e neutral ist, mit x = e0 )
(weil e0 neutral ist, mit x = e).
Also ist e = e0 .
Beispiele 1.3.7
(1) Die Verknüpfung + auf N, Z, Q, R hat 0 als neutrales Element.
0+x=x+0=x
(2) Die Verknüpfung · auf N, Z, Q, R hat 1 als neutrales Element.
1·x=x·1=x
(3) Abb X = {f | f : X → X Abbildung} mit der Verkettung “f ◦ g”
als Verknüpfung hat als neutrales Element die identische Abbildung idX : es gilt idX ◦f = f ◦ idX = f für alle f ∈ Abb X.
Zur Bezeichnungsweise: Wenn das Verknüpfungssymbol + ist, heißt das
neutrale Element immer Null, Schreibweise 0; bei Vektoren auch 0 oder
~0 (Nullvektor).
Der folgende Begriff ist grundlegend für alle Gebiete der Mathematik,
in denen algebraische Methoden verwendet werden (Lineare Algebra,
Geometrie, Zahlentheorie und weitere).
Definition 1.3.8 Eine Gruppe ist eine Menge G zusammen mit einer
Verknüpfung · auf G, so dass folgende drei Axiome gelten:
(G1) Die Verknüpfung ist assoziativ.
(G2) Es gibt ein neutrales Element e.
(G3) Zu jedem Element a ∈ G gibt es ein b ∈ G, so dass
a · b = b · a = e.
Falls zusätzlich die Verknüpfung kommutativ ist, so heißt auch die Gruppe kommutativ oder abelsch 4 .
Bemerkung 1.3.9 (Eindeutigkeit des inversen Elementes, Rechenregeln)
Es sei G eine Menge und · eine assoziative Verknüpfung auf G mit neutralem Element e.
a) Es gibt bei gegebenem a ∈ G höchstens ein b ∈ G mit a·b = b·a = e.
Falls es existiert, wird es mit a−1 bezeichnet und heißt das Inverse
zu a.
4 nach
Niels Henrik Abel, 1802–1829, norwegischer Mathematiker
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b) Für die Inversenbildung gelten die Rechenregeln
(a−1 )−1 = a und (a · b)−1 = b−1 · a−1 für alle a, b ∈ G.
c) Wenn die Verknüpfung als + geschrieben wird, heißt b das Negative
von a, Bezeichnung −a (statt a−1 ).
Beispiele 1.3.10 (Gruppen)
(1) (N, +) ist keine Gruppe, weil sowohl neutrales Element als auch
Inverse fehlen.
(2) (N0 , +, 0) und (Z r {0}, ·, 1) besitzen jeweils ein neutrales Element,
sind aber keine Gruppen.
(3) (Z, +), (Q, +), (R, +), (Q r {0}, ·), (R r {0}, ·) sind abelsche Gruppen.
(4) Vorschau: wenn K ein beliebiger Körper ist und n ∈ N, so ist die
Menge GLn (K) der invertierbaren n × n-Matrizen über K eine
Gruppe mit der Matrixmultiplikation als Verknüpfung, bezeichnet
als allgemeine lineare Gruppe vom Grad n über K (siehe Folgerung
2.6.9).
Weitere Beispiele von Gruppen sehen wir in den folgenden Sätzen 1.3.11
und 1.3.19.
Satz 1.3.11 Es sei X eine beliebige Menge. Setze
Per X = {f | f : X → X, f bijektiv} ⊆ Abb X .
Dann ist Per X mit der Komposition von Abbildungen als Verknüpfung
eine Gruppe. Neutrales Element ist die identische Abbildung idX . Das
inverse Element zu f ∈ Per X ist die Umkehrabbildung f −1 von f .
Speziell für X = {1, 2, . . . . , n} schreibt man kurz
Sn := Per{1, 2, . . . . , n},
die sog. symmetrische Gruppe vom Grad n.
Bemerkung Insbesondere für endliches X heißen bijektive Abbildungen
von X in sich selbst auch Permutationen von X, daher die Abkürzung
Per X.
Es ist nicht schwierig, die Anzahl aller Permutationen von {1, 2, . . . , n}
zu bestimmen. Das Ergebnis ist wie folgt:
Satz 1.3.12
|Sn | = n! = n · (n − 1) · (n − 2) · . . . · 2 · 1
Wir führen nun noch eine besonders zweckmäßige Schreibweise für Permutationen ein, die sogenannte Zykelzerlegung (Zerlegung in Zyklen).
Definition 1.3.13 Ein Zyklus oder Zykel in der Gruppe Sn ist eine Permutation ρ der Gestalt
i1 7→ i2 7→ i3 7→ . . . 7→ i` 7→ i1
für eine `-elementige Teilmenge {i1 , . . . , i` } ⊆ {1, . . . , n}. Notation:
ρ = (i1 , i2 , . . . , i`−1 , i` ) .
Die Zahl ` heißt auch die Länge des Zykels.
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Beispiele
ρ2 =
1
3
ρ1 =
1
2
2
1
4
2
3
4
2 3
, 1 7→ 2 7→ 3 7→ 1 , ρ1 = (1, 2, 3)
3 1
5
, 3 7→ 4 7→ 2 7→ 1 7→ 3 , ρ2 = (3, 4, 2, 1) = (1, 3, 4, 2).
5
Beispiel für ein Element σ ∈ S4 , das kein
1 2 3
σ=
2 1 4
Zyklus ist
4
.
3
Satz 1.3.14 Jede Permutation kann man in ein Produkt von elementfremden Zyklen zerlegen, und zwar eindeutig bis auf die Reihenfolge der
Faktoren.
1 2 3 4 5
Beispiel π =
operiert wie folgt:
3 4 5 2 1
1 7→ 3 7→ 5 7→ 1
2 7→ 4 7→ 2.
Also gilt π = (1, 3, 5) ◦ (2, 4). Entsprechend gilt für das dritte Beispiel
unter 1.3.13: σ = (1, 2) ◦ (3, 4).
Weitere wichtige Beispiele von Gruppen ergeben sich aus dem ‘Rechnen
mit Resten’. Wir beziehen uns hier auf die Division mit Rest aus Satz
1.2.3.
Definition 1.3.15 (mod-m-Addition und -Multiplikation)
Es sei Zm := {0, 1, . . . , m − 1}, also die Menge aller möglichen Reste
modulo m. Auf Zm betrachten wir die beiden Verknüpfungen +m und
·m definiert durch
x +m y
x ·m y
:= (x + y) mod m
:= (x · y) mod m
Wir nennen sie Addition bzw. Multiplikation modulo m, kurz mod-mAddition, mod-m-Multiplikation.
Die Verknüpfungstafeln für m = 5:
+5
0
1
2
3
4
0
0
1
2
3
4
1
1
2
3
4
0
2
2
3
4
0
1
3
3
4
0
1
2
4
4
0
1
2
3
·5
0
1
2
3
4
0
0
0
0
0
0
1
0
1
2
3
4
2
0
2
4
1
3
3
0
3
1
4
2
4
0
4
3
2
1
·6
0
1
2
3
4
5
0
0
0
0
0
0
0
1
0
1
2
3
4
5
2
0
2
4
0
2
4
3
0
3
0
3
0
3
4
0
4
2
0
4
2
Die Verknüpfungstafeln für m = 6:
+6
0
1
2
3
4
5
0
0
1
2
3
4
5
1
1
2
3
4
5
0
2
2
3
4
5
0
1
3
3
4
5
0
1
2
4
4
5
0
1
2
3
5
5
0
1
2
3
4
5
0
5
4
3
2
1
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Die Verknüpfungstafeln für m = 7:
+7
0
1
2
3
4
5
6
0
0
1
2
3
4
5
6
1
1
2
3
4
5
6
0
2
2
3
4
5
6
0
1
3
3
4
5
6
0
1
2
4
4
5
6
0
1
2
3
5
5
6
0
1
2
3
4
·7
0
1
2
3
4
5
6
6
6
0
1
2
3
4
5
0
0
0
0
0
0
0
0
1
0
1
2
3
4
5
6
2
0
2
4
6
1
3
5
3
0
3
6
2
5
1
4
4
0
4
1
5
2
6
3
5
0
5
3
1
6
4
2
6
0
6
5
4
3
2
1
Wir machen einige Beobachtungen zur Addition: Die Tafel für +m hat in
allen Fällen eine offensichtliche zyklische Struktur“: jede Zeile enthält
”
die Elemente 0 bis m − 1 in der gleichen Reihenfolge, wobei man nach
m − 1 wieder mit der 0 beginnt; die jeweils nächste Zeile entsteht aus der
vorigen, indem man um eins nach links schiebt. All dieses folgt direkt
aus der Definition. Insbesondere enthält jede Zeile eine Permutation der
Zahlen 0 bis m − 1: jede dieser Zahlen kommt genau ein mal vor.
Man kann anhand dieser Beispiele vermuten und auch allgemein zeigen, dass (Zm , +m ) immer eine Gruppe ist. Für die Multiplikation gibt
es verschiedene Einschränkungen und Hindernisse. Bevor wir dieses weiter diskutieren, wollen wir zunächst systematisch berücksichtigen, dass
wir auf der Menge Zm zwei Verknüpfungen definiert haben, die in einem
gewissen Zusammenhang zueinander stehen, wie man es von den üblichen Zahlbereichen Z, Q, R (und weiteren) kennt. Hierzu gibt es folgende
Definition:
Definition 1.3.16 Ein Ring ist eine Menge R zusammen mit zwei Verknüpfungen + und · , genannt Addition und Multiplikation, für die folgendes gilt:
(R1) (R, +) ist eine abelsche Gruppe.
(R2) die Verknüpfung · ist assoziativ
(R3) (Distributivgesetze)
a · (x + y) = a · x + a · y
(a + b) · x = a · x + b · x
für alle a, b, x, y ∈ R .
Meistens wird von einem Ring zusätzlich verlangt, dass er ein neutrales Element bzgl. der Multiplikation besitzt. Ein solches Element heißt
Einselement oder kurz Eins und wird mit 1R oder einfach 1 bezeichnet. Ein Ring heißt kommutativ, falls die Multiplikation kommutativ ist:
a · b = b · a für alle a, b ∈ R.
Beispiele 1.3.17
Alle folgenden Strukturen sind Ringe mit Einselement. Alle außer (6)
(für n ≥ 2) sind kommutativ.
(1) (Z, +, ·) die ganzen Zahlen mit der üblichen Multiplikation und
Addition;
Pn
(2) R[x] die Menge aller Polynome f (x) = j=0 aj xj , n ∈ N, aj ∈ R
mit der üblichen Addition und Multiplikation (siehe auch (4));
√
√
(3) Z[ 2] := {x + y 2 | x, y ∈ Z} mit der üblichen Addition und
Multiplikation reeller Zahlen;
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(4) F(M, R) die reellwertigen Funktionen auf einer beliebigen Menge
M , mit der üblichen Addition und Multiplikation von Funktionen
(f + g)(x) = f (x) + g(x), (f · g)(x) = f (x) · g(x) für alle f, g ∈
F(M, R);
(5) (Q, +, ·), (R, +, ·),(C, +, ·), die rationalen, reellen bzw. komplexen
Zahlen; siehe auch die folgende Definition 1.3.18 sowie das Unterkapitel 1.4.
(6) Vorschau: die Menge der n × n-Matrizen über einem beliebigen
Körper K.
Bei (3) muss man sich vor allem überlegen, dass das Produkt zweier
solcher
√ Zahlen wieder
√ von derselben Bauart ist. Dieses gilt allgemeiner
für d anstelle von 2, für irgendeine feste Zahl d ∈ Z, die kein Quadrat
in Z ist. Siehe auch die Definition eines Unterrings unter 1.3.28.
Wenn man den Begriff eines Ringes benutzt, kann man die Definition
der aus der gegebenenfalls schon aus der Analysis bekannten Körper
sehr kurz hinschreiben.
Definition 1.3.18 Ein Körper ist ein kommutativer Ring mit Einselement, in dem jedes von Null verschiedene Element ein Inverses bezüglich
der Multiplikation besitzt.
Nun können wir die wesentlichen Eigenschaften der Addition und Multiplikation modulo m in folgendem Satz festhalten:
Satz 1.3.19 Für jedes m ∈ N ist (Zm , +m , ·m ) ein kommutativer Ring
mit Einselement.
Beweisskizze: Wir stellen zunächst fest, dass 0 ∈ Zm ein neutrales Element für die Addition +m ist, und 1 ∈ Zm ein neutrales Element für die
Multiplikation ·m . Weiter sieht man sofort, dass die beiden Verknüfungen kommutativ sind. Ferner liegt für jedes a ∈ Zm r {0} das Element
m − a wieder in Zm , und es erfüllt die Eigenschaften des Inversen für die
Addition:
a +m (m − a) = (a + (m − a)) mod m = m mod m = 0.
Für den Rest des Beweises muss man die beiden Assoziativgesetze und
das Distributivgesetz überprüfen. Man könnte dieses mit einigen Hilfsüberlegungen direkt anhand der Definitionen durchführen. Einen transparenteren Beweis, der allerdings mehr Theorie benutzt (die Begriffe Rest”
klasse” und Homomorphismus”) werden wir am Schluss des Unterkapi”
tels 1.5 geben.
Wir kehren zu den obigen Verknüpfungstafeln zurück. Die Struktur der
Tafeln für die Multiplikation mod m ist komplizierter als bei der Addition. Wir schauen im Augenblick nur auf die Frage der Permutation. In
vielen Fällen ist die Zeile zu a ∈ Zm , d.h. die Liste der Vielfachen a ·m x,
eine Permutation von m = 5 und m = 7 für alle Zeilen. Bei m = 6 haben
wir für a = 2, 3, 4 keine Permutation.
Wir fragen uns für allgemeines m: Für welches a ∈ {0, 1, . . . , m − 1}
ist die a-Zeile der Verknüpfungstafel eine Permutation von {0, 1, . . . , m−
1}? Wenn das so ist, kommt insbesondere die 1 vor, d.h. die Gleichung
a ·m x = 1 ist lösbar. Aus der Tatsache, dass wir in einem Ring arbeiten,
genauer aus dem Assoziativgesetz der Multiplikation folgt, dass auch die
Umkehrung gilt: Sobald die 1 in der a-Zeile auftaucht, ist bereits die
Zeile eine Permutation. Wir entwickeln diesen Sachverhalt, der diverse
Anwendungen hat, gleich in allgemeinen Ringen.
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Definition 1.3.20 Ein Element a eines Ringes R mit Einselement heißt
invertierbar, oder Einheit, falls ein x ∈ R existiert mit
a · x = 1 = x · a.
(d.h., a besitzt ein Inverses bezüglich der Multiplikation im Sinne des
Axioms (G3) aus 1.3.8 bzw. gemäß 1.3.9).
Bezeichnung:
R∗ := {a ∈ R | a ist Einheit} .
Die obige Bemerkung 1.3.9 ist auf die Multiplikaton in einem Ring anwendbar und zeigt: Das Element x ist bei gegebenem a eindeutig bestimmt. Das Element x heißt das Inverse von a; Bezeichnung: x =: a−1 .
Wieder gelten die Rechenregeln (a−1 )−1 = a und (a · b)−1 = b−1 · a−1 .
Beispiele 1.3.21
(1) Die invertierbaren Elemente des Ringes Z sind lediglich 1 und −1.
√
√
(2) In dem obigen
√ Ringes√ist 2 nicht invertier√ Beispiel Z[ 2] eines
bar, aber 1+ 2 ist es, denn (1+ 2)(−1+ 2) = 1, und der zweite
Faktor liegt wieder √
im betrachteten Ring. Klar ist, dass dann auch
alle Potenzen (1 + 2)m , m ∈ Z und ihre Negativen invertierbar
sind. In der Zahlentheorie zeigt man, dass man so alle invertierbaren Elemente erhält; das ist aber etwas schwieriger einzusehen.
(3) Die invertierbaren Elemente des Polynomrings R[x] sind die konstanten Polynome ausser der Null. Das zeigt man unter Benutzung
des Grades von Polynomen.
Wir formulieren und beweisen nun allgemein die oben an Beispielen beobachtete Kennzeichnung von invertierbaren Elementen:
Satz 1.3.22 Ein Element a eines Ringes R mit Einselement ist invertierbar genau dann, wenn die Abbildung
La : R → R, x 7→ a · x
bijektiv ist.
Der folgende Satz klärt für beliebiges m, welche Elemente im Ring Zm
invertierbar sind.
Satz 1.3.23 Für m ∈ N ist ein Element a ∈ Zm genau dann invertierbar, wenn a und m teilerfremd sind:
Z∗m = {a ∈ Zm | ggT(a, m) = 1} .
Beweis: (⇐=) Wenn a und m teilerfremd sind, so gibt es nach dem Satz
1.2.13 ganze Zahlen x, y ∈ Z mit
1 = ggT(a, m) = xa + ym.
Es folgt 1 = (xa + ym) mod m = xa mod m = (x mod m) ·m a also ist
a invertierbar mit Inversem x0 := x mod m.
(=⇒) Wenn umgekehrt a ∈ Z∗m ist, gibt es ein x ∈ Zm mit x ·m a = 1.
Es gibt also ein Vielfaches ym von m mit xa + ym = 1. Dann muss aber
offensichtlich der ggT von a und m gleich 1 sein.
Beispiel Die invertierbaren Elemente in Z6 sind die nicht durch 2 oder
3 teilbaren Zahlen in Z6 , also 1 und 5, wie oben schon aus der Verknüpfungstafel abgelesen wurde. In Z10 sind 1, 3, 7, 9 invertierbar.
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Bemerkung 1.3.24 Die Einheiten (invertierbaren Elemente) eines Ringes R mit 1 bilden bezüglich der Ringmultiplikation eine Gruppe, die sog.
Einheitengruppe R∗ von R. Speziell für Zm spricht man von der primen
Restegruppe Z∗m , genauer (Z∗m , ·m ).
Besonders interessant und wichtig ist der Fall, dass m = p eine Primzahl
ist: dann kann der ggT von a und p nur 1 oder p sein, und für alle
Elemente a ∈ Zp außer der Null muss er 1 sein, d.h. a ist invertierbar.
Dieses beweist den folgenden Satz.
Theorem 1.3.25 Für jede Primzahl p ist (Zp , +p , ·p ) ein Körper.
Zum Schluss dieses Abschnitts beschäftigen wir uns mit Teilstrukturen“
”
einer Gruppe oder eines Ringes. Das sind Teilmengen, die selbst wieder
die entsprechende Struktur tragen.
Definition 1.3.26 (Untergruppe)
Es sei (G, ∗) Gruppe mit neutralem Element und H ⊆ G eine Teilmenge
von G. Dann heißt H Untergruppe von G, genauer von (G, ∗), falls die
folgenden drei Bedingungen erfüllt sind.
(UG1) Für alle x, y ∈ H gilt x ∗ y ∈ H
(man sagt, H ist abgeschlossen unter der Verknüpfung).
(UG2) e ∈ H
(UG3) Für alle x ∈ H gilt x−1 ∈ H
(d.h. H ist abgeschlossen unter Inversenbildung).
Bemerkung 1.3.27 Wenn H eine Untergruppe von G ist, kann die
Einschränkung der Verknüpfung von G × G auf die Teilmenge H × H als
Abbildung H × H → H, also als Verknüpfung auf H aufgefasst werden.
H zusammen mit dieser Verknüpfung ist selbst wieder eine Gruppe.
Hier ist der entsprechende Begriff für Ringe.
Definition 1.3.28 (Unterring)
Es sei (R, +, ·) ein Ring und S ⊆ R eine Teilmenge von R. Dann heißt S
Unterring oder Teilring von R, genauer von (R, +, ·), falls die folgenden
Bedingungen erfüllt sind:
(UR1) S ist Untergruppe von (R, +).
(UR2) Für alle x, y ∈ S gilt x · y ∈ S
(d.h. S ist abgeschlossen unter Multiplikation).
Bemerkung 1.3.29 Bemerkung 1.3.27 gilt analog: Jeder Unterring ist”
”
selbst ein Ring.
Viele Beispiele von Ringen entstehen als Unterringe im Sinne der letzten
Definition und Bemerkung, z.B. oben unter 1.3.17 (3). Etwas allgemeiner
gilt:
Beispiel 1.3.30 Für jede natürliche Zahl d ∈ N ist
√
√
Z[ d] := {x + y d | x, y ∈ Z}
ein Teilring der reellen Zahlen (R, +, ·).
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