GYNEMEDIA Zusammenfassung Ziel dieser Studie war es, die klinischen Schwangerschaftsraten nach der Kultivierung von humanen Embryonen in einem sogenannten einfach optimierten Medium (Gynemed GM 501 IVF) oder in verschiedenen anderen kommerziell erhältlichen Medien zu vergleichen. Dabei wurde die Laborroutine für alle eingesetzten Medien inkl. des GM 501 IVF beibehalten. Lediglich bei der Auswahl der Patienten waren zwei Einschlusskriterien zu beachten. Insgesamt wurden 806 Behandlungszyklen (450 in GM 501 IVF und 356 in der Kontrollgruppe) aus 13 Arbeitsgruppen erfasst. Es zeigte sich, dass die klinische Schwangerschaftsrate bei der Kultivierung in Gynemed GM 501 IVF der in den kommerziell erhältlichen Medien kultivierten Embryonen des jeweiligen Labors entsprach. Dieses Ergebnis zeigt, dass die Kultivierung in einem einfach optimierten ready to use Medium, in dem von der Zygote bis zur Blastozyste kultiviert werden kann, ähnliche Schwangerschaftsraten erreicht werden konnten, wie in den Kultivierungsmedien, die in der Routine der jeweiligen Zentren eingesetzt wurden. Einleitung Die Entwicklung von Kultivierungsmedien in der Reproduktionsmedizin wurde von zwei Philosophien beeinflusst. Die Entwicklung von sequentiellen Medien beruht auf dem Prinzip „Back to the nature“. Hierbei wurden Medien entwickelt, die dem unterschiedlichen Milieu im Eileiter und in der Gebärmutter entsprechen. Im Rahmen dieser Vorstellung bleibt jedoch nicht berücksichtigt, dass zwischen Eileiter und Gebärmutter ein Flüssigkeitsaustausch und damit eine Vermischung stattfindet. Somit befindet sich der Embryo in einem Mikromilieu, dass sich in der Zusammensetzung nicht klar definieren lässt und wahrscheinlich dynamisch variiert. Weiterhin ist die Entnahme dieser Flüssigkeiten und die Stabilisierung der Komponenten bis zur Analyse technisch problematisch. Zusätzlich kann der Wechsel des Mediums während der Kultivierung für den Embryo zu Stress führen, da er einerseits durch die plötzliche Änderung der Zusammensetzung des Mediums seinen Stoffwechsel adaptieren muss und anderseits vom Embryo produzierte positiv wirkende Substanzen, wie z.B. Wachstumsfaktoren verdünnt werden. Die andere Entwicklung, nämlich die der einfachen optimierten Medien beruht auf der Philosophie „Den Embryo wählen lassen“. Grundlage der Entwicklung eines solchen „computer-optimized-medium“ ist ein mathematisches Modell, mit dem es möglich ist, simultan die Kombination und Konzentration der verschiedenen Komponenten zu optimieren. An Hand der Überlebensrate von Mäuseembryonen zeigt sich, welche Substanz in welcher Konzentration die ideale Zusammensetzung des Mediums darstellt. Ein solches Medium hat alle Komponenten, die ein Embryo bei der Kultivierung von Tag 1 bis Tag 5 braucht (Summers und Biggers, 2003, Biggers et al 2005). KSOM ist ein Anfang der 90-ger Jahre von der Arbeitsgruppe Biggers et al., in Boston entwickeltes Medium beruhend auf der Philosophie „Let the embryo choose“. SOM in KSOM steht für „Simplex Optimization Medium“. Im Rahmen weiterer Optimierungen wurde dem auf diese Weise entstandenen Medium noch KCL hinzugefügt. So entstand der Name KSOM. Die Weiterentwicklung zu KSOMAA beruht auf dem Zusatz von essentiellen bzw. nicht essentiellen Aminosäuren (Biggers, 2005). Gynemed GM 501 IVF ist ein neues modifiziertes KSOMAA. Bei der Entwicklung des GM 501 hat Herr PD Dr. Schneider aus Bad Münder die neuesten Erkenntnisse bezüglich der Zusammensetzung der Medien bei der Kultivierung von humanen Embryonen vom Vorkernstadium bis zur Blastozyste berücksichtigt. Material und Methoden Die Einschlusskriterien für diese Studie waren, dass die Patientin bei Behandlung jünger als 37 Jahre musste und im Vorfeld nicht mehr als 2 mal erfolglos behandelt wurde. Die Verteilung der Patientinnen in die Studiengruppe GM 501 IVF und in die Kontrollgruppe wurde den Zentren überlassen. Insgesamt setzten 12 Arbeitsgruppen in Deutschland und zwei Arbeitsgruppen in Österreich das Medium Gynemed GM 501 IVF vom Januar 2005 bis April 2006 ein. Es wurde die klinische Schwangerschaftsrate von 806 Behandlungszyklen (450 in GM 501 and 356 in der Kontrollgruppe) erfasst. Es gab keine Vorgaben bezüglich des Einsatzes des Mediums, so dass alle Arbeitsgruppen das Medium unter ihren spezifischen Routinebedingungen im Labor einsetzten. Der Embryotransfer erfolgte zwischen Tag 2 und Tag 5. Neben der Kultivierung der Zellen in Gynemed GM 501 IVF erfolgte die Kultivierung der Gameten und Embryonen der Kontrollgruppe in Medien von Medicult, Vitrolife oder KB Biosystems/Sage. Ergebnisse Die klinische Schwangerschaftsrate nach der Kultivierung in Gynemed GM 501 IVF und in der Routine eingesetzten Medien ist mit 39% und 38% bezogen auf die Follikelpunktionen ähnlich. Bezogen auf den Embryotransfer ist die klinische Schwangerschaftsrate mit 41% in GM 501 IVF und 40% in den Routine-Medien ebenfalls sehr ähnlich. Schwangerschaftsrate Schwangerschaftsrate bei Kultivierung in GM 501 IVF oder in der Routine eingesetzten Medien 50% 45% 40% 35% 30% 25% 20% 15% 10% 5% 0% 41% 39% SSR/FoPu SSR/ET Gynemed GM 501 IVF 40% 38% SSR/FoPu SSR/ET In der Routine eingesetzte Medien Abbildung 1: Schwangerschaftsrate nach der Kultivierung in GM 501 IVF oder einem in der Routine eingesetztem Medium. Wie in der Tabelle 1 zu sehen ist, beträgt die Transferrate in beiden Gruppen 95%. Anzahl Zyklen Anzahl TransferTransfers rate % Anzahl SS SS/Pu % SS/ET % GM 501 481 456 95 % 187 39 % 41 % Kontrolle 370 351 95 % 140 38 % 40 % Tabelle 1: Anzahl der Behandlungszyklen, Transfers und klinische Schwangerschaftsraten bei der Kultivierung in GM 501 IVF oder einem in der Routine eingesetztem Medium Diskussion Diese Ergebnisse zeigen, dass unter Verwendung von Gynemed GM 501 IVF Medium die gleiche klinische Schwangerschaftsrate möglich ist. Die Auswertung aller Datensätze zeigte zudem, dass in 13 der 14 Arbeitsgruppen das Gynemed GM 501 IVF nicht nur bei den Patientinnen, die den oben genannten Einschlusskriterien entsprachen, eingesetzt wurde. Insgesamt sind bis April 2006 schon 653 Behandlungszyklen durchgeführt worden. Damit sind bei 172 Zyklen die Embryonen in Gynemed GM 501 IVF kultiviert worden, bei denen die Patientin älter war als 36 Jahre und/oder vorangegangen mehr als 2 mal erfolglos behandelt wurde. Die Schwangerschaftsrate in dieser Gruppe betrug 31% (54/172) pro Follikelpunktion. Biggers und Racowsky (2002) zeigten, dass die embryonale Entwicklung humaner Zygoten zur Blastozyste in KSOMAA im Vergleich zu sequentiellen Medien keine signifikanten Unterschiede aufweisen. Stecher et al. (2005) zeigten ebenfalls, dass die Verwendung eines einfach optimieren Mediums (Global One) keinen nachteiligen Effekt auf die embryonale Entwicklung von humanen Zygoten hat. Bei insgesamt 135 Behandlungszyklen konnten sie bei der Kultivierung der Embryonen in Global One, ebenfalls ein einfach optimiertes Medium, eine Schwangerschaftsrate von 49% erreichen und bei der Kultivierung in sequentiellem Medium der Fa. Vitrolife eine Schwangerschaftsrate von 41%. In der Studie von Aoki (2005) wurde die Entwicklung humaner Embryonen und die Schwangerschaftsraten verglichen, wenn die Embryonen in vier verschiedenen Medien kultiviert wurden. Auch hier zeigte sich, dass die embryonale Entwicklung bei der Kultivierung in Global One gleich oder sogar besser war als bei zur Kultivierung in den sequentiellen Vergleichsmedien. Die klinischen Schwangerschaftsraten waren in allen vier Kultivierungsmedien nicht signifikant unterschiedlich. Greenblatt et al (2005) kam bei dem Vergleich der Medien Global One der Fa. Live Global und G1/G2 der Fa. Vitrolife ebenfalls zu dem Ergebnis, dass die embryonale Entwicklung in Global One besser war als bei der Kultivierung in G1/G2 der Fa. Vitrolife und die Schwangerschaftsraten vergleichbar waren. Ein wesentlicher Beitrag für die adäquate Entwicklung der humanen Embryonen ist in dem Zusatz von Aminosäuren zum Medium zu sehen. Ho et al. (1995) konnte an murinen Embryonen zeigen, dass sich die Entwicklung von Embryonen in KSOM, welches mit Aminosäuren supplementiert war, sich nicht von der in vivo unterschied. Zu den gleichen Ergebnissen kamen Biggers et al. (2000) in ihren Untersuchungen, die zeigten, dass der Zusatz von Aminosäuren zum Medium einen positiven Effekt auf die Entwicklung zur Blastozyste hatte. Auch Rinaudo et al., (2004) konnte bei der Kultivierung von Mäuseembryonen in KSOMAA eine höhere Teilungsrate, eine frühere Cavitation und ein früheres Hatching beobachten im Vergleich zur Kultivierung in Whitten`s Medium ohne Aminosäuren. Jedoch geriet die Aminosäure Glutamin in Verdacht einen nachteiligen Effekt auf die embryonale Entwicklung zu haben, da sie chemisch instabil ist und beim Zerfall zu möglicherweise toxischen Ammonium-Verbindungen führt. Gardner et al. (2003) verglichen die Entwicklung humaner Embryonen bei der Kultivierung in G1/G2 oder KSOMAA. Dabei zeigte sich, dass bei der Kultivierung in G1/G2 sich mehr lebensfähige Blastozysten entwickelten im Vergleich zur Kultivierung in KSOMAA. Er vermutete als Ursache die Anreicherung von Ammonium-Verbindungen, bedingt durch den Zerfall der Aminosäure Glutamin. Seiner Meinung nach ist es daher notwendig, das Medium nach 48 Stunden zu wechseln, so dass die Kultivierung in einem einfach optimieren Medium hier keine Vorteile bieten würde. Die von Gardner et al. (2003) vermutete toxische Wirkung des Glutamins konnte jedoch von anderen Arbeitsgruppen nicht bestätigt werden. Summers et al. (2005) verglichen die Entwicklung von murinen Embryonen zu Blastozysten und Feten, die entweder in einem Medium kultiviert wurden mit der doppelten Menge Glutamin als normal üblich oder in einem Medium mit der stabileren Verbindung Glycyl-L-Glutamin. Trotz messbarer Anteile an AmmoniumVerbindungen im Medium in Abhängigkeit von der Zeit, konnten sie keine Auffälligkeiten in der fetalen Entwicklung der Mäuse feststellen. Lediglich die Entwicklung zur Blastozyste war in dem Medium mit der stabilen Verbindung Glycyl-L-Glutamin geringfügig besser. Eine andere Möglichkeit die Entstehung von toxischen Ammmonium-Verbindungen zu verhindern ist die Aminosäure Glutamin durch das wesentlich stabilere Peptid AlanylGlutamin zu ersetzen (Summers et al. 2005). Deshalb wurde in Gynemed GM 501, um mögliche toxische Wirkungen durch die Amonium-Verbindungen zu vermeiden, von Anfang an die Aminosäure Glutamin durch die hitzestabilere Verbindung Na-Alanyl-Glutamin ersetzt. Einen weiteren Hinweis darauf, dass ein einfach optimiertes Medium eine adäquate Entwicklung der Embryonen unterstützt, gaben die Untersuchungen über die Genexpression in Mäuseblastozysten von Rinaudo et al. (2004). Sie untersuchten mit Hilfe der Oligonucleotid Micro-Array Technik die GenExpression von Mäuse-Blastozysten, die entweder in Whitten`s Medium oder KSOMAA kultiviert wurden mit dem Gen-Expressionsmuster von in vivo entstandenen Blastozysten. Dabei zeigte sich, dass in Whitten`s Medium kultivierte Embryonen in 114 Genen (1,28% des Genoms) ein fehlerhaftes Expressionsmuster zeigten, dagegen in KSOMAA nur 29 Gene betroffen waren. Die Kultivierung in sequentiellen Medien bietet den Vorteil, sich ändernde Ansprüche des Embryos zu berücksichtigen und evtl. entstandene negativ wirkende Substanzen durch den Wechsel des Medium zu verdünnen (Gardner und Lane, 2004). Jedoch zeigte sich, dass weder Glucose noch EDTA in adäquaten Konzentrationen die frühe Entwicklung der Embryonen behindert (Summers et al., 2003, Biggers et al., 2005). Auch der Wechsel des Mediums, um ggf. entstandene negativ wirkende Substanzen zu verdünnen, führte zu keiner besseren Entwicklung der Embryonen. Aus diesen Ergebnissen schlossen Biggers et al. (2005), dass sequentielle Medien keinen Vorteil für die in vitro Entwicklung von murinen Embryonen bieten. Biggers und Racowsky (2002) zeigte ebenfalls, dass ein Wechsel des Mediums für eine adäquate Entwicklung humaner Embryonen nicht nötig ist. Neben einer guten Schwangerschaftsrate ist in der heutigen Zeit eine Kosten-Nutzen-Analyse von sehr großer Bedeutung. Greenblatt et al. (2005) verglich die Kosten für die Kultivierung der Embryonen in Global One der Fa. Live Global und G1/G2 der Fa. Vitrolife Dabei zeigte sich, dass die Kosten für das sequentielle Medium um das vierfache höher waren, als die Kosten für das einfach optimierte Medium. Zusammenfassend lässt sich sagen, dass sich bei der Kultivierung von Embryonen in Gynemed GM 501 IVF die gleichen Schwangerschaftsraten erzielen lassen wie bei der Kultivierung in anderen kommerziell erhältlichen Medien. Neben der vergleichbaren Schwangerschaftsrate zeichnet sich Gynemed GM 501 IVF durch eine gute und anwenderfreundliche KostenNutzen-Kalkulation aus, weil es durch die ready-to-use Formulierung einfach in der Anwendung ist. Es ermöglicht die Kultivierung der Embryonen in nur einem Medium von der Zygote bis zur Blastozyste. Ein weiterer nicht zu vernachlässigender Vorteil von Gynemed GM 501 IVF ist die lange Haltbarkeit von 6 Monaten, die gerade in Zeiten schwankender Patientenaufkommen die Logistik und damit verbundene Kosten für das Labor vereinfacht und überschaubar hält. Literaturverzeichniss Aoki V.W.: Reprod Biomed Online (2005) 10(5):600-6 Comparison of four media types during 3-day human IVF embryo culture Biggers J. D., McGinnis L.K., Raffin M.: Biol Reprod (2000), 63(1):281-293 Amino acids and preimplantation development of the mouse in protein-free potassium simplex optimized medium Biggers J.D., Racowsky C.: Reprod Biomed online (2002), 5 (2):133-140 The development of fertilized human ova to the blastocyst stage in KSOMAA medium: is a two step protocol necessary? 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