Institut für Kommunikationswissenschaft Theoretische Grundannahmen der Kultivierung Erste Überlegungen zu psychologischen Prozessen Methoden: Befragung – Constanze Roßmann Wintersemester 2005/2006 Florian Murbäcker, Anca Popescu, Camilla Prini 1 Institut für Kommunikationswissenschaft Theoretische Grundlagen der Kultivierungshypothese 1967 George Gerbner et al. untersuchten im Rahmen des „Cultural Indicators Project“ an der Universität von Pennsylvania die langfristigen Auswirkungen der Medien auf grundlegende Vorstellungen der Rezipienten von der sozialen Wirklichkeit. Ausgangspunkt: Im US-Fernsehen werde sowohl in Bezug auf nonfiktionale als auch auf fiktionale Inhalte ein einheitliches Weltbild vermittelt. Annahme: Das Weltbild der Rezipienten ist von den nicht mit der Wirklichkeit übereinstimmenden Fernsehinhalten stärker geprägt, als von der Realität selbst. 2 Institut für Kommunikationswissenschaft Psychologische Prozesse im Rahmen der Kultivierung Hawkins und Pingree (1990) unterscheiden fünf Subprozesse in Bezug auf Kultivierung: • • • Informationsverarbeitung • • Einflüsse der Sozialstruktur Kritische Haltung dem Fernsehen gegenüber Direkte Erfahrung bzw. andere Quellen, die Medienbotschaften bestätigen oder widerlegen Kultivierung durch spezifische Inhalte und selektive Nutzung 3 Institut für Kommunikationswissenschaft Informationsverarbeitung Individuelle kognitive Fähigkeiten Potter (1986): Korrelation zwischen der Dauer der TV-Nutzung und Wahrnehmung der Realität bei Personen, die Fernsehinhalte für ein wirklichkeitsgetreues Abbild der Realität halten. 4 Institut für Kommunikationswissenschaft Informationsverarbeitung Individuelle kognitive Fähigkeiten Tamborini, Zillman und Bryant (1984): Priming-Prozess: Bei häufiger Fernsehnutzung sind Informationen aus dem Fernsehen kognitiv leicht abrufbar, und da die Menschen sich auf Basis der am leichtesten zugänglichen Quellen ihr Urteil bilden, beruht die Beurteilung der Realität häufig auf Fernsehinhalten. 5 Institut für Kommunikationswissenschaft Informationsverarbeitung Abrufbarkeit aus dem Gedächtnis Shrum und O’Guinn (1993): Der Zugriff auf Informationen aus dem Gedächtnis bildet einen Schlüsselfaktor für den Einfluss des Fernsehens auf die Wahrnehmung der sozialen Realität. Menschen brauchen nur wenige Informationen, um sich ein Urteil zu bilden. Vielseher aktualisieren Informationen ständig, haben darauf schnelleren Zugriff und werden dadurch stärker kultiviert. 6 Institut für Kommunikationswissenschaft Informationsverarbeitung Abrufbarkeit aus dem Gedächtnis Shrum (1996): Die Abrufbarkeit aus dem Gedächtnis wird von weiteren Faktoren beeinflusst: • frequency of presentation • recency of presentation • vividness • distinctiveness 7 Institut für Kommunikationswissenschaft Informationsverarbeitung Involvement Pingree (1983): Kultivierungseffekte sind bei passiven Rezipienten mit low involvement besonders ausgeprägt. Involvement: “intellectual and emotional participation during message reception“ Perse (1990): Zwei Dimensionen des Involvement: orientation: “marks the direction of the cognitive-emotional processing” intensity: “marks the depth of the processing” 8 Institut für Kommunikationswissenschaft Kritische Haltung dem Fernsehen gegenüber Kritischer Rezipient kritische Beurteilung von Fernsehbotschaften Hawkins und Pingree (1980, 1981): Aktives Verarbeiten und Involvement können Kultivierungseffekte verhindern („critical consumption“). Aber: Rezipienten sind häufig nicht in der Lage, Informationen und ihre Quellen aktiv zu bewerten, was Kultivierungseffekte nach sich zieht. 9 Institut für Kommunikationswissenschaft Kritische Haltung dem Fernsehen gegenüber Quellenzuordnung Glaubwürdigkeit der Quelle Mares (1996): Zwei Hypothesen fiction-to-news-confusions: verstärken Kultivierungseffekte news-to-fiction-confusions: verringern Kultivierungseffekte 10 Institut für Kommunikationswissenschaft Direkte Erfahrung und andere Quellen Persönliche Erfahrung Bei der Wirklichkeitskonstruktion spielen eigene Erfahrungen der Zuschauer, ihr persönliches Umfeld, ihre vorhandenen Einstellungen sowie andere Massenmedien eine Rolle und fungieren als Filter. 11 Institut für Kommunikationswissenschaft Direkte Erfahrung und andere Quellen Hawkins und Pingree (1982): Drei Faktoren: • Bestätigung der Botschaft durch Erfahrungen aus der realen Welt, andere Quellen und Vorwissen (resonance) • • Widerlegung durch verlässlichere und häufiger genutzte Quellen Mainstreaming: Fernsehen überlagert und absorbiert den Einfluss anderer, die Weltsicht prägender Faktoren. 12 Institut für Kommunikationswissenschaft Einflüsse der Sozialstruktur Rothschild: Gruppeninteraktion stellt ein breites Spektrum an Alternativen zu den Medieninformationen bereit. 13 Institut für Kommunikationswissenschaft Kultivierung durch spezifische Inhalte und selektive Nutzung Hawkins und Pingree (1980): Man kann zwischen Kultivierung durch Vielsehen und Kultivierung durch Nutzung spezifischer Inhalte unterscheiden. 14 Institut für Kommunikationswissenschaft Kultivierung als zweistufiger Prozess? Hawkins und Pingree: Zwei-Komponenten-Modell: First-order measures: • Abbildung demographischer Strukturen im Fernsehen und in der Wirklichkeit Second-order beliefs • Wertevorstellungen basieren auf first-order measures 15 Institut für Kommunikationswissenschaft Vielen Dank für die Aufmerksamkeit! 16