Internationale Klassifikation und Leitlinien

Werbung
Internationale Klassifikation und Leitlinien:
Was verändert sich für die
Suchtbehandlung?
27. Heidelberger Kongress
des Fachverbandes Sucht e.V.
26. Juni 2014
Anil Batra, Tübingen
Prof. Dr. A. Batra, Sektion Suchtmedizin und Suchtforschung – Universitätsklinik Tübingen
Agenda
Klassifikationssysteme:
● Von ICD 10 über DSM-5 zu ICD 11
Leitlinien
● Eckpunktepapier Verhaltenssucht der DGPPN
● Aktueller Stand der S3 Leitlinienentwicklung
Fazit: Was ändert sich für die Suchttherapie?
Prof. Dr. A. Batra, Sektion Suchtmedizin und Suchtforschung – Universitätsklinik Tübingen
Prof. Dr. A. Batra, Sektion Suchtmedizin und Suchtforschung – Universitätsklinik Tübingen
DSM 5
Titel: („Diagnostic and Statistical Manual of Mental
Disorders 5“)
Herausgeber: „American Psychiatric Association“
(APA)
Entwicklungszeit: 14 Jahre (seit 1999)
Erscheinungsdatum: 18. Mai 2013
Ziele:
● Erhöhung der klinischen Nutzbarkeit
● Hinzunahme neuer Diagnosen bzw. Zusammenlegung
alter Diagnosen
Prof. Dr. A. Batra, Sektion Suchtmedizin und Suchtforschung – Universitätsklinik Tübingen
DSM 5 - Neuerungen
Umbenennung der Kategorie von „substanzbezogene
Störungen“ (substance-related disorders) in „Sucht und
verwandte Störungen“ (addiction and related disorders)
Vereinigung der bisherigen Diagnosen „Missbrauch“ und
„Abhängigkeit“ zur gemeinsamen Kategorie „Substance
use disorder“
Kriterien: statt „Probleme mit dem Gesetz“ („empirisch
unbrauchbar“) ist Craving neu aufgenommenes Kriterium
Störungsdiagnose mit zwei Cutoffs: Einteilung in „mild“ (2-3),
„moderat“ (4-5) und „severe“ (mind. 6 Kriterien erfüllt)
Neu: Cannabis-Entzugssyndrom
Prof. Dr. A. Batra, Sektion Suchtmedizin und Suchtforschung – Universitätsklinik Tübingen
Kriterien
1.
Wiederholter Substanzgebrauch, der zum Versagen bei
wichtigen Verpflichtungen in der Schule, bei der Arbeit
oder zu Hause führt.
2.
Wiederholter Substanzgebrauch in Situationen, in denen
es aufgrund des Konsums zu einer körperlichen
Gefährdung kommen kann.
3.
Fortgesetzter Substanzgebrauch trotz ständiger oder
wiederholter sozialer oder zwischenmenschlicher
Probleme
4.
Toleranzentwicklung charakterisiert durch ausgeprägte
Dosissteigerung oder verminderte Wirkung unter derselben
Dosis
5.
Prof. Dr. A. Batra, Sektion Suchtmedizin und Suchtforschung – Universitätsklinik Tübingen
Kriterien
5.
Entzugssymptome oder deren Linderung bzw. Vermeidung
durch Substanzkonsum
6.
Einnahme der Substanz in größeren Mengen oder länger
als geplant
7.
Anhaltender Wunsch oder erfolglose Versuche, den
Substanzgebrauch zu verringern oder zu kontrollieren.
8.
Hoher Zeitaufwand für Beschaffung und Konsum der
Substanz oder um sich von ihren Wirkungen zu erholen
9.
Aufgabe oder Einschränkung wichtiger Aktivitäten
aufgrund des Substanzkonsums
10. Fortgesetzter Konsum trotz körperlicher oder psychischer
Probleme
11. Craving, das starke Verlangen nach der Substanz
Prof. Dr. A. Batra, Sektion Suchtmedizin und Suchtforschung – Universitätsklinik Tübingen
Dimensionale Sucht?
Vorteile des dimensionalen Diagnosekonzepts für
Substanzstörungen:
a) entspricht empirischer Befundlage, dass die
Kriterien für beide Störungen auf einem
Schweregradkontinuum liegen;
b) verhindert, dass Personen mit
Substanzproblemen, die weder die Kriterien für
Missbrauch noch für Abhängigkeit voll
erfüllen, durch das diagnostische Raster fallen
(„diagnostic orphans“)
Prof. Dr. A. Batra, Sektion Suchtmedizin und Suchtforschung – Universitätsklinik Tübingen
Prof. Dr. A. Batra, Sektion Suchtmedizin und Suchtforschung – Universitätsklinik Tübingen
Neue Suchtkategorie: Glücksspiel
Aus “pathologischem Spielen” (DSM-IV,
Impulskontrollstörung) wird “gestörtes Spielen“ („disordered
gambling“) in DSM 5, Kategorie „addiction and related
disorders“
9 Diagnosekriterien
mind. 5 Kriterien während der letzten 12 Monate
DSM-5 Kriterien
–
–
–
–
–
Starke Eingenommenheit
Steigerung der Einsätze
Wiederholte erfolglose Versuche, das Spielen zu kontrollieren,
einzuschränken oder aufzugeben
Unruhe und Gereiztheit beim Versuch, das Spielen einzuschränken
Spielen als Flucht vor Problemen oder dysphorischer Stimmung
Prof. Dr. A. Batra, Sektion Suchtmedizin und Suchtforschung – Universitätsklinik Tübingen
Glücksspiel - Diagnostik
DSM-5
– Wiederaufnahme des Spielens nach Geldverlust
– Lügen gegenüber Dritten, um das Ausmaß der
Problematik zu vertuschen
– Gefährdungen oder Verlust wichtiger Beziehungen, des
Arbeitsplatzes oder von Zukunftschancen
– Hoffnung auf Bereitstellung von Geld durch Dritte
Reilly , C., & Smith, N. (2013). The Evolving Definition of Pathological
Gambling in the DSM-5. National Center of Responsible Gaming, 1-6.
Prof. Dr. A. Batra, Sektion Suchtmedizin und Suchtforschung – Universitätsklinik Tübingen
Nicht aufgenommen:
Onlinespiel‐bezogene Störung (Internet Gaming Disorder)
Section III: „conditions for further study“,
Forschungskategorie:
Die Symptome dieser Störung beziehen sich nur auf
Onlinespiele, die kein Glücksspiel beinhalten. Die
Internetnutzung für erforderliche Aktivitäten innerhalb
eines Unternehmens oder Berufs ist nicht
eingeschlossen; und die Symptome der Störung beziehen
sich auch nicht auf andere Freizeitnutzung des Internets
oder sozialen Internetgebrauch. Gleichermaßen wird die
Nutzung von Onlinepornographie ausgeschlossen.
Prof. Dr. A. Batra, Sektion Suchtmedizin und Suchtforschung – Universitätsklinik Tübingen
„Internet Gaming Disorder“ – Diagnosekriterien
9 Diagnosekriterien
mind. 5 Kriterien während der letzten 12 Monate
Andauernde Beschäftigung mit Internet- bzw.
Online-Spielen.
Psychologische Entzugssymptome bei verhinderter
Nutzung der Online-Spiele (z. B. Gereiztheit,
Ängstlichkeit, Aggressivität).
Toleranzentwicklung mit dem Bedürfnis, zunehmend
Zeit für Online-Spiele aufzubringen.
Erfolglose Versuche, das Online-Spielen zu beenden
oder zu begrenzen.
American Psychiatric Association. (2013). Diagnostic and statistical manual of mental disorders
(5th ed.). Arlington, VA: American Psychiatric Publishing.
Prof. Dr. A. Batra, Sektion Suchtmedizin und Suchtforschung – Universitätsklinik Tübingen
„Internet Gaming Disorder“ – Diagnosekriterien
Verlust des Interesses an früheren Hobbies oder
Aktivitäten als Folge des Online-Spielens.
Andauerndes exzessives Online-Spielen trotz des
Wissens um die psychosozialen Probleme.
Täuschen von Familienmitgliedern oder Therapeuten
in Bezug auf das wirkliche Ausmaß des OnlineSpielens.
Gebrauch der Online-Spiele, um negativen Emotionen
zu entfliehen oder um diese zu lindern.
Gefährdung oder Verlust von wichtigen Beziehungen,
Beruf, Ausbildung oder Karriere-Möglichkeiten wegen
des Online-Spielens.
American Psychiatric Association. (2013). Diagnostic and statistical manual of mental disorders
(5th ed.). Arlington, VA: American Psychiatric Publishing.
Prof. Dr. A. Batra, Sektion Suchtmedizin und Suchtforschung – Universitätsklinik Tübingen
Pros und Cons bzgl. der Änderung
NIMH
Mangel an Validität
DGPPN
Psychotherapeutenkammer NRW
Allen Frances
Prof. Dr. A. Batra, Sektion Suchtmedizin und Suchtforschung – Universitätsklinik Tübingen
Bedenken und Kritik bzgl. der Änderung
DGPPN
Der Begriff „Sucht“ („Addiction“) wird trotz der – so früher
empfundenen – Stigmatisierung wieder eingeführt
Klassifizierungsprinzip entlang der verschiedenen
psychotropen Substanzen verliert Gewicht, im Vordergrund
stehen gemeinsame psychische und physische Phänomene
Prof. Dr. A. Batra, Sektion Suchtmedizin und Suchtforschung – Universitätsklinik Tübingen
Stellungnahme der DGPPN, 15.04.2013
Auszug: „Wann wird seelisches Leid zur Krankheit?“ Zur Diskussion
um das angekündigte Diagnosesystem DSM-V
hier: „Kulturabhängig wird Alkoholkonsum zur Krankheit“
Die neue Krankheitsdiagnose werde durch
Hinzufügen „weicher“ Kriterien kulturabhängig
erweitert.
Z.B. wiederholter Alkoholkonsum, der zur
Unterlassung von Verpflichtungen bei der Arbeit, in
der Schule oder zu Hause führt; wiederholter
Konsum trotz wiederholter sozialer oder
zwischenmenschlicher Probleme; hoher
Zeitaufwand für die Beschaffung der Substanz.
Bereits bei Auftreten von zwei solchen Merkmalen
innerhalb eines 12-Monats-Zeitraums liege die
„Substanzgebrauchsstörung“ vor.
Prof. Dr. A. Batra, Sektion Suchtmedizin und Suchtforschung – Universitätsklinik Tübingen
Stellungnahme der DGPPN, Maier, 15.04.2013
„Kulturabhängig wird Alkoholkonsum zur Krankheit“
Kritisch sei einzuwenden, dass bspw. das wiederholte
Bedürfnis, Alkohol in einem Land zu konsumieren, in dem
dies nicht erlaubt ist, zur Diagnose einer
Substanzgebrauchsstörung hinreichen kann:
● Kriterium wiederholter sozialer Probleme durch wiederholten Konsum
erfüllt, da Alkoholkonsum in diesem Land generell verboten ist und
zur Bestrafung führen kann;
● aufgrund des Verbots der Substanz kommt es zudem zu einem
hohen Zeitaufwand für die Beschaffung der Substanz.
● Kommt noch ein anhaltender Wunsch nach Alkoholkonsum hinzu,
dann sind die diagnostischen Kriterien schon erfüllt.
Prof. Dr. A. Batra, Sektion Suchtmedizin und Suchtforschung – Universitätsklinik Tübingen
Stellungnahme der DGPPN, Maier, 15.04.2013
„Kulturabhängig wird Alkoholkonsum zur Krankheit“
Konsequenz der Absenkung der diagnostischen
Schwellen: Grenze zwischen dem Auftreten
sozialer Probleme im Umgang mit Substanzen wie
Alkohol und einer eigentlichen
Alkoholabhängigkeit wird verwischt
Pro: Menschen mit problematischem Konsum
finden leichter Zugang zum Hilfesystem
Con: regionale Differenzen in der Stigmatisierung
einzelner Substanzen führen zu unterschiedlicher
Bewertung einer krankheitsrelevanten
„Substanzgebrauchsstörung“.
Prof. Dr. A. Batra, Sektion Suchtmedizin und Suchtforschung – Universitätsklinik Tübingen
Stellungnahme der DGPPN, Maier, 15.04.2013
„Kulturabhängig wird Alkoholkonsum zur Krankheit“
Die Einführung neuer Diagnosen psychischer Störungen und
die Ausweitung der Grenzen von bereits bestehenden
psychischen Störungen kann zu einer Medikalisierung von
Problemen unserer Gesellschaft und damit in der Konsequenz
auch zu einer Vernachlässigung der medizinischen
Versorgung von Menschen mit schweren psychischen
Krankheiten führen.
Die resultierenden Leistungsansprüche bei einer solchen
Ausweitung gefährden eine gerechte Verteilung der ohnehin
begrenzten Ressourcen und Behandlungsmöglichkeiten zu
Ungunsten schwerst psychisch erkrankter Menschen.
Eine (dann notwendige) Ausdehnung der finanziellen und
personellen Ressourcen sei nämlich nicht zu erwarten.
Prof. Dr. A. Batra, Sektion Suchtmedizin und Suchtforschung – Universitätsklinik Tübingen
Psychotherapeutenkammer NRW
Anstieg der Prävalenzzahlen von suchtbezogenen
Störungen in Folge des niederschwelligeren und erweiterten
Suchtbegriffs wird erwartet (Substanz- und
Verhaltenssüchte)
Häufigere bzw. frühere Diagnosestellung Æ neue
Interventionsformen?
Gezielte Kurzinterventionen bei milder bis moderater
Problematik
Die Prävention schwerwiegender Ausprägung rückt in den
Fokus, diese müsste sich für eine Kostenübernahme nicht
bereits entwickelt haben
Steigende Relevanz der Psychotherapie und ambulanten
Motivationsbehandlung
Kiszkenow, http://www.ptk-nrw.de/
Prof. Dr. A. Batra, Sektion Suchtmedizin und Suchtforschung – Universitätsklinik Tübingen
Allen Frances
Allen Frances (Leiter der AG DSM-IV) initiierte eine Petition
gegen das Erscheinen von DSM 5, weil er fürchtete, dass
das neue Standardwerk zur Hyperinflation psychischer
Krankheiten führe, besonders bei Kindern und Jugendlichen.
Hauptkritikpunkte:
● inhaltlich-methodische Aspekte,
● Mangelnde Reliabilität und Validität und
● Störungen im Prozess der DSM-5-Entwicklung (z.B.
wurden externe wissenschaftliche Reviews und die
sogenannten Field Trials nicht wie geplant vollendet)
● Übermäßige „Psychiatrisierung“ beziehungsweise
„Medikalisierung“ von „normalen Problemen“ (ADHS,
Trauerreaktion)
● „Neue Diagnosen sind gefährlicher als Medikamente.“
Prof. Dr. A. Batra, Sektion Suchtmedizin und Suchtforschung – Universitätsklinik Tübingen
Kommentar zur Sucht
Wonderful News: DSM-5 Finally Begins Its
Belated and Necessary Retreat
Science, 05.04.2012
"Why combine substance abuse with
substance dependence under the rubric of
addictive disorders when this confuses their
different treatment needs and creates
unnecessary stigma for many young people
who will never go on to "addiction"?"
Prof. Dr. A. Batra, Sektion Suchtmedizin und Suchtforschung – Universitätsklinik Tübingen
Wie positioniert sich ICD 11?
Befindet sich in der
ICD-11 Beta Phase
Wird 2017 erwartet
Zu Erwarten sind:
- Glücksspielsucht
- Sammelkategorie
„weitere
Verhaltenssüchte“ inkl.
Internetgaming
Prof. Dr. A. Batra, Sektion Suchtmedizin und Suchtforschung – Universitätsklinik Tübingen
Zusammenfassung: Mögliche Nachteile
eines dimensionalen Suchtbegriffes
Stigmatisierung oder Entstigmatisierung?
„Overinclusive“? Erweiterung der Störungskategorie auf
Grenzfälle
Verwässerung des neurobiologischen Konstruktes –
Stärkung der psychischen Dimensionen
Optimalere Nutzung der vorhandenen Kapazitäten vs.
Überforderung der gegebenen Ressourcen
Diagnostische Öffnung = therapeutische Schwierigkeit
oder der Weg zu einer differentiellen Therapieplanung?
Muss die Forschung zur Sucht neu geschrieben werden?
Prof. Dr. A. Batra, Sektion Suchtmedizin und Suchtforschung – Universitätsklinik Tübingen
II. Leitlinien
Aktuelle Leitlinienentwicklung in Deutschland
Eckpunktepapier Verhaltenssüchte der
DGPPN v. 27.02.2013
S3 Leitlinie Alkohol 2014
S3 Leitlinie Tabak 2014
Prof. Dr. A. Batra, Sektion Suchtmedizin und Suchtforschung – Universitätsklinik Tübingen
„Verhaltenssüchte“ - Eckpunktepapier DGPPN
Problematische
Verhaltensweisen
im Fokus der Sucht:
● pathologisches
Glücksspiel
● Internetabhängigkeit /
exzessiver
Computergebrauch
● exzessives Kaufen
● zwanghafte
sexuelle Aktivitäten
● Adipositas
Prof. Dr. A. Batra, Sektion Suchtmedizin und Suchtforschung – Universitätsklinik Tübingen
Eckpunktepapier DGPPN 02/2013
„Das Abhängigkeitspotential,
die Gesundheitsrisiken, die
schweren sozialen und
beruflichen Folgen … stehen
denen von
substanzbezogenen Süchten
in nichts nach.“
Pathologisches Kaufen,
exzessives Sexualverhalten
und Aspekte von Adipositas
können in Einzelfällen
Suchtcharakter annehmen,
allerdings reichen die
Forschungsbefunde noch nicht
für eine Eingruppierung in die
Verhaltenssüchte aus.
Prof. Dr. A. Batra, Sektion Suchtmedizin und Suchtforschung – Universitätsklinik Tübingen
Wachsende Bedeutung von Leitlinien
Leitlinien sind eines der wichtigsten Instrumente des
Qualitätsmanagements.
Dabei ist die Integration von Leitlinien in
Qualitätsmanagementprogramme die effektivste
Leitlinien-Implementierungsmaßnahme.
Die Berücksichtigung evidenzbasierter Leitlinien in
vertragsärztlichen Versorgungsprogrammen
(Disease Management und hausärztliche
Versorgung) ist durch das SGB V gesetzlich
vorgeschrieben.
Ollenschläger et al., 2007
Prof. Dr. A. Batra, Sektion Suchtmedizin und Suchtforschung – Universitätsklinik Tübingen
1. Historie: S2-Leitlinie „Substanzbezogener Störungen“
2000 – 2006:
Entwicklung der S2-Leitlinie „Diagnostik, Screening
und Behandlung substanzbezogener Störungen“ im
Rahmen der AWMF (Schmidt, Gastpar, Falkai & Gäbel, 2006).
Federführung : Deutsche Gesellschaft für Suchtforschung und –
therapie (DG-Sucht) und Deutsche Gesellschaft für
Psychiatrie, Psychotherapie und Nervenheilkunde
(DGPPN).
Experten und Inhalt: 41 Experten aus Wissenschaft und Praxis,
20 Fachgesellschaften,
9 Arbeitsgruppen: Alkohol, Tabak, Medikamente,
Opioide, Cannabis, andere illegale Drogen.
Schmidt, L.G., Gastpar, M., Falkai, P., Gäbel, W. (2006).
Evidenzbasierte Suchtmedizin. Behandlungsleitlinie Substanzbezogene Störungen. Deutscher Ärzte Verlag
30
1. Historie: S2-Leitlinie „Substanzbezogener Störungen“
¾Keine der S2-Leitlinien wurde innerhalb eines 5Jahres-Zeitraums aktualisiert.
¾Die Behandlungsempfehlungen haben aufgrund
von mangelnder Aktualität ihre Gültigkeit
verloren und wurden im Leitlinienregister der
AWMF gelöscht.
¾Derzeit existiert keine gültige AWMF-Leitlinie
zum Screening, der Diagnostik und der Therapie
von tabak-, alkohol- und anderen
substanzbezogenen Störungen.
31
2. Ziele – die S3 Leitlinie
• Aktualisierung der Behandlungsempfehlungen
zu alkohol- und tabakbezogenen Störungen
(„Update“).
• Verbesserung der Methodik von Qualitätsstufe 2
(S2) auf Qualitätsstufe 3 (S3) („Upgrade“).
32
3. Wer verwaltet die Leitlinien?
www.leitlinien.net
Gesamtzahl Leitlinien
(03/2009):
(gemeinsame LL mehrerer Fachgesellschaften werden nur 1 mal gezählt)
S1
S2
S3
476
111
60
Gesamtzahl Leitlinien
(03/2014):
3.1 Standards: Stufenklassifikation der AWMF
Stufenklassifikation der
AWMF
Für den
Anwenderkreis
repräsentative
Entwicklergruppe
Systematische
Evidenzbasierung
(Recherche, Auswahl,
Bewertung der Literatur)
Strukturierte
Konsensusfindung
(Formale Technik)
nein
nein
nein
ja
nein
ja
nein
ja
nein
ja
ja
ja
S1
Handlungsempfehlungen von
Expertengruppen
S2k
Konsensbasierte
Leitlinie
S2e
Evidenzbasierte Leitlinie
S3
Evidenz- und
konsensbasierte
Leitlinie
Kopp, Encke & Lorenz (2002)
34
3.1 Standards: Für Anwenderkreis repräsentative
Entwicklergruppe
35
3.1 Standards: Interaktionsregeln
Unabhängiger Moderator
Methodisches Wissen
Spezifische klinische Frage
Patient
Patient
Forschung
(wiss.
Evidenz)
Therapeut
Therapeut
gegensätzliche Standpunkte klären
Angehöriger
Angehöriger
Praxis
(Klinisches
Werturteil)
Nutzen und Schaden der Intervention abwägen 36
3.2 Zusammensetzung der Leitliniengruppe
Konsensusgruppe
Steuergruppe
60 Fachgesellschaften, Patientenvertretungen, Experten und 9 Fachgesellschaften
andere Delegierte
Mitwirkende
Alkohol: 7 Arbeitsgruppen
Tabak: 6 Arbeitsgruppen
‐> 70 Wissenschaftler, Kliniker und Betroffenenvertreter
Hoch, Batra & Mann (2012)
37
Koordinationsteam und Steuergruppe
Deutsche Gesellschaft für Suchtforschung und Therapie (DG-Sucht) (K. Mann)
Deutsche Gesellschaft für Psychiatrie, Psychotherapie und Nervenheilkunde
(DGPPN) (A. Batra)
Berufsverband für Kinder- und Jugendpsychiatrie, Psychosomatik und Psychotherapie, Bundesarbeitsgemeinschaft der Leitenden Klinikärzte für Kinder- und
Jugendpsychiatrie, Psychosomatik und Psychotherapie (BAG), Deutsche Gesellschaft für Kinder- und Jugendpsychiatrie, Psychosomatik und Psychotherapie
(DGKJP) (R. Thomasius)
Bundesdirektorenkonferenz (BDK) Verband leitender Ärztinnen und Ärzte der
Kliniken für Psychiatrie und Psychotherapie (G. Reymann)
Deutsche Gesellschaft für Psychologie (DGPS) (G. Bühringer)
Deutsche Gesellschaft für Suchtmedizin (DGSM) (J. Reimer)
Deutsche Gesellschaft für Suchtpsychologie (DGSPS) (M. Klein)
Prof. Dr. A. Batra, Sektion Suchtmedizin und Suchtforschung – Universitätsklinik Tübingen
Leitlinienprojekt „Suchterkrankungen“
Fachgesellschaften
Prof. Dr. A. Batra, Sektion Suchtmedizin und Suchtforschung – Universitätsklinik Tübingen
2.1
development process (2010-2014)
3.2.2S3-Guidelines
Arbeitsgruppen
Alkoholleitlinie
1.
Diagnose und Dokumentation
(Wurst)
Tabakleitlinie
1. Diagnose und Dokumentation
(Batra)
2.
Kurzinterventionen (Rumpf)
2. Motivation, Kurzinterventionen
und harm reduction (Kröger)
3.
Pharmakotherapie (Schäfer,
3. Psychotherapie (Batra)
Wodarz)
4. Pharmakotherapie (Batra)
4.
Komorbidität (Beutel, Preuss)
5.
Spezielle Populationen (Thomasius)
5. Alter, Geschlecht, Komorbidität
(Mühlig)
6.
Post-akut Interventionen (Missel,
6. Setting (Ratje)
Koch)
7.
Setting (Weissinger, Günthner)
40
3.3 Systematischer Reviewprozess
Klinische Fragestellungen (Alkohol: n=22; Tabak: n=29)
Delphi Prozess
Ja
Systematische Reviews (Alkohol: n=28; Tabak: n=55)
SIGN Checkliste
SR, Meta-Analysen, RCTs (Alkohol: n=2213; Tabak: n=3650)
Methodologische Checkliste
Behandlungsempfehlungen
(Alkohol: n=120; Tabak: n=81)
Level of Evidence (LoE), Empfehlungsstärke (A, B, O)
5. Publikationen
Verfügbarkeit:
vorauss.
Ende 2014!
Hoch, Batra & Mann (2012)
5. Geplante Publikationen der S3-Leitlinie
● Langversion der Leitlinien
● Kurzversion der Leitlinien
● Englische Version der Kurzversion
● Methodenreport
● Version für Patienten und Angehörige
● „Kitteltaschenversion“ für Behandelnde
43
Problem der Leitlinie
Orientierung an ICD 10
Keine Anpassung an DSM-5
ICD 11 noch im Dunkel der Entstehung
Datenbasis umfasst Studien mit Suchtbegriff
aus DSM IV und ICD 10
Prof. Dr. A. Batra, Sektion Suchtmedizin und Suchtforschung – Universitätsklinik Tübingen
Die Arbeit ist damit nicht getan!
Leitlinien müssen in
Qualitätsmanagementprogramme einfließen
„Die „Wirksamkeit“ einer Leitlinie ist
entscheidend davon abhängig, dass die
Anwender sich deren Empfehlungen zu eigen
machen, diese für die eigenen Bedürfnisse
adaptieren und in internes
Qualitätsmanagement integrieren.“
Ollenschläger et al., 2007
Prof. Dr. A. Batra, Sektion Suchtmedizin und Suchtforschung – Universitätsklinik Tübingen
Mögliche Auswirkungen der Leitlinien
Transparente Empfehlungen für Patienten
Ausrichtung an aktuellen fachlichen Standards
Standardisierung der Routine in der ärztlichen und
psychologischen Unterstützung
Kostenersparnis
Verbesserung der Qualität
Definition von Qualitätsindikatoren?
Prof. Dr. A. Batra, Sektion Suchtmedizin und Suchtforschung – Universitätsklinik Tübingen
Herunterladen