SCHLAF UND SCHLAFSTÖRUNGEN INFORMATIONEN UND (SELBST-) BEHANDLUNGSSTRATEGIEN Dr. med. Diana Amann-Griengl Assistenzärztin für Psychiatrie und Psychotherapie 05.04.2016 St.Gallische Psychiatrie-Dienste Süd: Psychiatrie-Zentrum Werdenberg-Sarganserland, Trübbach Dr.med. Amann-Griengl Seite 1 Schlaf und Schlafstörungen Basis-Wissen Schlaf S. 3-24 Schlaf-Phasen S. 6-10 Mythen und Ängste S. 25-38 Diagnostik, Anamnese, Schlaftagebuch S. 39-47 Ursachen (sekundäre Insomnien) S. 48-58 Parasomnien S. 59-64 Schlafstörungs-Modelle S. 65-75 Behandlung, Interventionen S. 76-122 Medikamente S. 92-101 Zusammenfassung S. 123-130 Literatur: * Gassmann D. in: Margraf: Lehrbuch der Verhaltenstherapie; Störungen im Erwachsenenalter (Band 2), 3. Aufl., 2008, Springer Verlag * Margraf: Lehrbuch der Verhaltenstherapie; Materialien (Band 4), 2012, Springer Verlag * Riemann: Ratgeber Schlafstörungen (zu Fortschritte der Psychotherapie), 2004, Hogrefe Verlag * Berger, Riemann: Handbuch des normalen und gestörten Schlafs, 1992, Springer Verlag * Erlacher D. in: Zeitschrift für Sportpsychologie, 19 (1), 4-15, 2012, Hogrefe Verlag 05.04.2016 St.Gallische Psychiatrie-Dienste Süd: Psychiatrie-Zentrum Werdenberg-Sarganserland, Trübbach Dr.med. Amann-Griengl Seite 2 Welche Erwartungen haben Sie an den Schlaf? (Auszug aus: Margraf, Lehrbuch der Verhaltenstherapie, Band 4) 05.04.2016 St.Gallische Psychiatrie-Dienste Süd: Psychiatrie-Zentrum Werdenberg-Sarganserland, Trübbach Dr.med. Amann-Griengl Seite 3 Übersicht: Wie ist eine Schlafstörung definiert? Über Monate (bis Jahre) anhaltend • • • • • • Einschlafstörungen Durchschlafstörungen frühmorgendliches Erwachen Wenig erholsamer Schlaf Parasomnien (Alpträume, Schlafwandeln, nächtliches Hochschrecken, Zähneknirschen...) Schlaf-Wach-Rhythmus-Störungen UND längerfristige negative Folgen tagsüber (Objektive!) Konzentrations- und Leistungseinbussen, Gereiztheit, Ängstlichkeit, Depressivität, Erschöpfung, ausgeprägte Tagesschläfrigkeit (Hypersomnie) ! Schlafstörungen sind ein häufiges Problem in Industrieländern ! 50% aller Menschen konsumieren bewusst schlaffördernde Substanzen (Benzodiazepine, Alkohol/Cannabis als «Schlafmittel» oder Substanzen wie Baldrian, Hopfen, usw.) 05.04.2016 St.Gallische Psychiatrie-Dienste Süd: Psychiatrie-Zentrum Werdenberg-Sarganserland, Trübbach Dr.med. Amann-Griengl Seite 4 Basis-Wissen Schlaf: Innere Uhr 05.04.2016 • Wir verbringen einen Drittel unseres Lebens im Schlaf. • Der Schlaf-Rhythmus wird reguliert von der «inneren Uhr», sie ist abhängig vom Licht. Ausserdem beeinflusst der Schlaf der vorhergehenden Nächte den Schlaf-Rhythmus. • Unsere innere Uhr ist auf einen 25-Stunden-Tag ausgerichtet – sie wird jeden Tag ein wenig «nachkorrigiert» (durch den 24hLicht/Dunkel-Wechsel). • Auch tagsüber reguliert die innere Uhr den Tagesrhythmus mit einem Wechsel zwischen Müdigkeit und Wachheitsgefühl alle 4 Stunden. Babys haben ausgeprägte 4-h-Wach-/Schlafrhythmen. St.Gallische Psychiatrie-Dienste Süd: Psychiatrie-Zentrum Werdenberg-Sarganserland, Trübbach Dr.med. Amann-Griengl Seite 5 Basis-Wissen Schlaf: Was passiert eigentlich, wenn wir schlafen? 05.04.2016 St.Gallische Psychiatrie-Dienste Süd: Psychiatrie-Zentrum Werdenberg-Sarganserland, Trübbach Dr.med. Amann-Griengl Seite 6 Was geschieht in den Schlafphasen? Die Leichtschlaf-Phase www.jetlog.com • Die Einschlafphase (Phase 1), das „Dösen“, ist der Übergang vom Wachzustand zum Schlaf. Er geht über in die Leichtschlaf-Phase. • Optimal zum Einschlafen ist eine mittlere Körpertemperatur. • Ein entspannter Zustand vor dem Schlafengehen ist Voraussetzung für ungestörtes Einschlafen, denn die Leichtschlaf-Phase reagiert sehr empfindlich auf Störungen durch Stress. • Typisch in der Leichtschlaf-Phase (Phase 1 und 2) sind Muskelzuckungen, denn die Entspannung einzelner Muskelgruppen läuft in unterschiedlichen Zeitabständen ab. Durch die plötzliche Absenkung des Blutdrucks im Innenohr wird der Gleichgewichtssinn kurzfristig getäuscht – der Einschlafende glaubt, ins Bodenlose zu fallen. • In der zweiten Nachthälfte erhöht der Körper normalerweise die Ausschüttung der Stress-Hormone (Kortisol, Adrenalin, …) leicht. Sie erhöhen den Leichtschlaf-Anteil auf Kosten des Tiefschlafs. Damit wird das Erwachen am Morgen nach der zweiten Nachthälfte erleichtert und eingeleitet. • Starker Stress und Anspannung führen beim Menschen (tags und nachts gleichermassen) zu anhaltender Stress-Hormon-Ausschüttung. Zu hohe Stress-Hormon-Spiegel tagsüber können auch nachts den Tiefschlaf erheblich unterdrücken (stattdessen findet zu viel Leichtschlaf statt). • Ist der Stress kurzfristig, kann es zu vorübergehenden (harmlosen) Schlaf-Störungen in dieser Schlafphase kommen. Ist der Stress aber chronisch und erheblich, werden die Tiefschlaf-Phasen langfristig immer wieder neu vom Stress-System (Sympathikus) gestört und unterdrückt! 05.04.2016 St.Gallische Psychiatrie-Dienste Süd: Psychiatrie-Zentrum Werdenberg-Sarganserland, Trübbach Dr.med. Amann-Griengl Seite 7 Was geschieht in den Schlafphasen? Die Tiefschlaf-Phase www.jetlog.com • Zu Beginn des nächtlichen Schlafes findet sehr rasch (nach 30 Minuten) ein Übergleiten vom leichten Schlaf (Phase 1 und 2) in den tiefen Schlaf (Phase 3 und 4) statt. • In den Tiefschlaf-Phasen erfolgt die intensivste Erholung für Körper und Psyche. • Atmung, Blutdruck und Herzfrequenz sinken, die Muskulatur entspannt sich. Die Tiefschlafphase ist bedeutsam für Prozesse des Immunsystems. • Bei Kindern werden Wachstumshormone in der ersten Tiefschlafphase intensiv ausgeschüttet; im Erwachsenenalter nur noch in geringen Mengen. • • Tiefschlaf-Phasen können nur dann ungestört stattfinden, wenn das Entspannungs-System (Parasympathikus) aktiviert und das StressSystem (Sympathikus) stark gehemmt ist. Zu hohe Mengen Stress-Hormone (Adrenalin, Kortisol, Noradrenalin…) , die vor oder während des Schlafens durch Sympathikus-Aktivität ausgeschüttet werden, verkürzen den Tiefschlaf. 05.04.2016 Wenn wir stark gestresst, unruhig und angespannt sind, wird nachts der Tiefschlaf zu Gunsten des Leichtschlafs reduziert. Kurzfristig kompensiert der Körper dies automatisch in den Folgenächten durch Verlängerung der Tiefschlafphasen. Langfristig nimmt bei anhaltendem Stress aber die Erholsamkeit des Schlafes ab, weil der Tiefschlaf immer wieder aufs Neue gestört wird. Das führt langfristig zu Schlafstörungen! St.Gallische Psychiatrie-Dienste Süd: Psychiatrie-Zentrum Werdenberg-Sarganserland, Trübbach Dr.med. Amann-Griengl Seite 8 Was geschieht in den Schlafphasen? Die REM-Phase • Die REM-Phase tritt etwa alle 90 bis 120 Minuten auf und führt zu einer Aktivierung des Gehirns. Sie verhindert, dass das Gehirn und der Körper auf ein zu tiefes Aktivitätsniveau («Winterschlaf») absinken. • In der REM-Phase beschleunigen sich Hirnaktivität, Atem und Herzschlag, es kommt zu Erektionen / erhöhter vaginaler Durchblutung. Die Muskulatur bleibt trotz der Aktivierung verschiedener Organe gehemmt («Schlaflähmung»). So wird verhindert, dass der Schlafende seine Träume real ausführt. • Durch die starke Muskelhemmung entsteht das unangenehme Erleben in Alpträumen, sich nicht so rasch wie üblich bewegen zu können oder gelähmt zu sein – damit wird die Panik im Alptraum verstärkt. • • Im REM-Schlaf werden Informationen verarbeitet und Gedächtnisinhalte gespeichert. Bei verschiedenen Demenzen sind die REM-Phasen gestört. In Träumen werden Alltagsereignisse verarbeitet. Ob Träume jedoch hierfür eine notwendige Voraussetzung sind, ist nicht geklärt. 05.04.2016 www.jetlog.com • Nach Ablauf der intensiven Tief- und Leichtschlafphasen zu Beginn der Nacht nehmen die REM-Phasen in der zweiten Nachthälfte zu. Der Tiefschlaf reduziert sich in der zweiten Nachthälfte deutlich. Das erklärt, warum ein Schlafender in der Anfangsphase seines nächtlichen Schlafes schwerer zu wecken ist, als in der zweiten Nachthälfte oder zum frühen Morgen hin. St.Gallische Psychiatrie-Dienste Süd: Psychiatrie-Zentrum Werdenberg-Sarganserland, Trübbach Dr.med. Amann-Griengl Seite 9 In welchen Schlafphasen treten die verschiedenen Störungen auf? http://www.dr-schreibers.at 05.04.2016 St.Gallische Psychiatrie-Dienste Süd: Psychiatrie-Zentrum Werdenberg-Sarganserland, Trübbach Dr.med. Amann-Griengl Seite 10 Welchen Einfluss haben die Schlaf-Phasen auf meine Schlaf-Qualität? Die Erholsamkeit des Schlafs ist vor allem abhängig von • einem ausreichend hohen Anteil an Tiefschlaf-Phasen (=Schlaf-Qualität), aber deutlich weniger abhängig von der Anzahl geschlafener Stunden pro Nacht! • der Schlaf-Phase, in der man sich während des Aufwachens befindet: Aufwachen aus einer Leichtschlaf-Phase führt zu einem Gefühl von Erholung. Wichtig zu wissen! Der Körper kompensiert ein Schlafdefizit automatisch in den nachfolgenden Nächten durch Einbau von zusätzlichem Tiefschlaf-Anteil! Die Gesamt-Schlafdauer wird also in den Nächten nach einem Schlafmangel zeitlich nicht viel länger. Dafür wird der Schlaf viel effizienter (mehr erholsamer Tiefschlaf pro Nacht) 05.04.2016 St.Gallische Psychiatrie-Dienste Süd: Psychiatrie-Zentrum Werdenberg-Sarganserland, Trübbach Dr.med. Amann-Griengl Seite 11 Sind die Schlaf-Phasen bei Schlaf-Störungen verändert? Ja. Chronisch Schlafgestörte haben meist weniger Tiefschlaf-Anteil pro Nacht als Gesunde! Chronisch Schlafgestörte fühlen sich meist erschöpfter und müder (nach gleich vielen Stunden Schlaf wie Gesunde). Chronisch Schlafgestörte brauchen länger, um ein SchlafDefizit nach einer «schlechten Nacht» auszugleichen und sich wieder erholt zu fühlen. WARUM? 05.04.2016 St.Gallische Psychiatrie-Dienste Süd: Psychiatrie-Zentrum Werdenberg-Sarganserland, Trübbach Dr.med. Amann-Griengl Seite 12 Kann man seine Tiefschlaf-Phasen nachhaltig stören und hemmen? • Ungünstiges Verhalten • Verkürzung der Tiefschlaf-Phasen und Unterdrückung der REM-Phasen durch Benzodiazepine. Unterdrückung der REM-Phasen durch die meisten schlafanstossenden Medikamente (Antidepressiva usw.) Lange Wach-Liege-Zeit im Bett, Zeitpunkt des Aufwachens, fehlende Bewegung, fehlende Aufwach-Regelmässigkeit, zu wenig Tageslicht, zu viel Nachtlicht… • Übermässige Anspannung (Hyper-Arousal) Wenn fast jeder Tag ein «AusnahmeZustand» mit viel Stress und Anspannung darstellt, kann längerfristig der fehlende Schlaf nicht durch eine Verlängerung der Tiefschlaf-Phasen kompensiert werden, weil der Stress die TiefschlafPhasen immer wieder neu stört. Anspannung (Sympathikus-Stress-System) führt zur Unterdrückung von Tiefschlaf-Phasen! Je mehr Stress-Hormone, desto grösser die Anspannung, desto höher die «Weckbarkeit» und «Wachheit» – sowohl tags wie auch nachts. 05.04.2016 Fast alle Schlaf-Medikamente • Unregelmässige Schlafzeiten Wichtig hierbei ist der Zeitpunkt des AUFSTEHENS und nicht der Zeitpunkt des Zu-Bett-gehens! Der Körper hat eine grosse Toleranz gegenüber unregelmässigem Zu-Bett-Gehen und kann dies mit einer gewissen Regulierung der üblichen Schlafphasen-Dauer kompensieren. Es gibt jedoch WENIG Toleranz bei stark unterschiedlichen und wechselnden AufwachZeiten! Wenn man regelmässig zum selben Zeitpunkt aufsteht, erwacht man ausserdem gewohnheitsmässig in der Leichtschlaf-Phase. St.Gallische Psychiatrie-Dienste Süd: Psychiatrie-Zentrum Werdenberg-Sarganserland, Trübbach Dr.med. Amann-Griengl Seite 13 Ich möchte wieder so lange schlafen, wie vor 20 Jahren… geht das? Nein. Das Schlafprofil verändert sich altersabhängig deutlich. Während beim Neugeborenen etwa ein 4-StundenSchlaf-Rhythmus über den 24-Stunden-Tag erkennbar ist, kommt es ab dem ersten Lebensjahr tagsüber nur noch zu zwei Schlafepisoden. Ab dem dritten Lebensjahr tritt tagsüber meist nur noch ein Mittagsschlaf auf, der ab der Schulzeit ganz entfällt. Erwachsene schlafen in der Regel nur nachts. Dies hat weniger mit biologischen Faktoren, sondern in erster Linie mit unserem Arbeitsleben zu tun. Die Schlafmuster unterscheiden sich auch in verschiedenen Gesellschaften und Kulturen. Bei älteren Erwachsenen ab dem Rentenalter nimmt der Tagschlaf zu, der Tiefschlaf nachts ist störanfälliger und reduziert. 05.04.2016 St.Gallische Psychiatrie-Dienste Süd: Psychiatrie-Zentrum Werdenberg-Sarganserland, Trübbach Dr.med. Amann-Griengl Seite 14 Ich möchte so lange schlafen, wie vor 20 Jahren… geht das? (aus: Riemann, Ratgeber Schlafstörungen) 05.04.2016 St.Gallische Psychiatrie-Dienste Süd: Psychiatrie-Zentrum Werdenberg-Sarganserland, Trübbach Dr.med. Amann-Griengl Seite 15 Ich möchte so tief und erholsam schlafen, wie vor 20 Jahren… geht das? (aus: Riemann, Ratgeber Schlafstörungen) Nein. Nicht nur die SchlafWach-Rhythmik verändert sich mit dem Alter, sondern auch die Zusammensetzung der Schlaf-Phasen (SchlafArchitektur). Neugeborene verbringen die Hälfte der Schlafzeit im REMSchlaf, beim Erwachsenen sinkt der REM-Anteil auf 20%. Beim jungen Erwachsenen beträgt der Tiefschlaf etwa ein Fünftel der Schlafzeit und sinkt beim Älterwerden (ab dem 40. Lebensjahr) auf sehr niedrige Werte ab. Mit zunehmendem Alter wird der Schlaf als generell flacher, störbarer und weniger erholsam wahrgenommen. 05.04.2016 St.Gallische Psychiatrie-Dienste Süd: Psychiatrie-Zentrum Werdenberg-Sarganserland, Trübbach Dr.med. Amann-Griengl Seite 16 Ich möchte so tief und erholsam schlafen, wie vor 20 Jahren… geht das? (aus: Riemann, Ratgeber Schlafstörungen) 05.04.2016 St.Gallische Psychiatrie-Dienste Süd: Psychiatrie-Zentrum Werdenberg-Sarganserland, Trübbach Dr.med. Amann-Griengl Seite 17 Wieviel Schlaf braucht der Mensch? 7.5 Stunden durchschnittliche Schlafdauer pro Nacht in Europa; 5 bis 10 Stunden (individuell) pro Nacht ist normal. • «Kernschlaf» (insgesamt 4 bis 5 Stunden) = Summe der Tief- und REM-Phasen; langfristig unverzichtbar! • «Mantelschlaf» = Summe der Leicht-Schlaf-Phasen; genetisch vorbestimmt (0 bis 5 h). Bestimmte Varianten des Gens ABCC9 führen zu deutlich reduzierter Schlafdauer. Das selbe Gen spielt auch eine Rolle bei der Entstehung von Herzerkrankungen und Diabetes. Nachgeholt wird NUR fehlender «Kernschlaf»: Nach einer durchwachten Nacht schläft man in der folgenden Nacht nicht doppelt so lang, sondern etwa 1-2 Stunden länger (Tiefschlaf ) Erst dann wird der fehlende REM-Schlaf nachgeholt (REM-Schlaf ) Fehlender «Mantelschlaf» wird dagegen NIE nachgeholt. Auch «Vorschlafen» ist physiologisch nicht möglich. 05.04.2016 St.Gallische Psychiatrie-Dienste Süd: Psychiatrie-Zentrum Werdenberg-Sarganserland, Trübbach Dr.med. Amann-Griengl Seite 18 Wieviel Schlaf möchte der Mensch? • Langfristig nötig sind mindestens 5 Stunden Schlaf pro Nacht, um körperlich und psychisch einigermassen stabil zu funktionieren. • Das heisst aber noch nicht, dass man sich bei dieser Stundenzahl wirklich wohl fühlt – insbesondere nicht genetische «Langschläfer». • Das Erholungs-Gefühl ist nicht in erster Linie von der Schlaf-Dauer, sondern vor allem von der Schlaf-Qualität abhängig! Ausschlaggebend sind: • Ausreichend Tiefschlaf pro Nacht • Aufwachen in der Leichtschlaf-Phase 05.04.2016 St.Gallische Psychiatrie-Dienste Süd: Psychiatrie-Zentrum Werdenberg-Sarganserland, Trübbach Dr.med. Amann-Griengl Seite 19 Basis-Wissen Schlaf • Mit ungünstigem Verhalten kann man nachts den Schlaf beeindruckend nachhaltig stören und verzögern. • Schlafgestörte fühlen sich nach einer (nahezu) schlaflosen Nacht am nächsten Tag müde und elend; trotzdem können sie den fehlenden Schlaf tagsüber nicht nachholen. • ! Schlafgestörte haben auch tagsüber eine sehr hohe Anspannung ! Es kommt tags und nachts zu grosser Müdigkeit, aber tiefer Schläfrigkeit. Schwere Schlaf-Defizite kompensiert der Körper in den folgenden Nächten durch vermehrten Tiefschlaf – auch bei chronischen Schlafstörungen! Aber bei Dauer-Stress gelingt die Kompensation weniger gut: Der anhaltende Stress stört den Tiefschlaf jede Nacht aufs Neue! Der ständige Wechsel von Schlaflosigkeit und teilweiser Kompensation ist quälend, frustrierend und belastend – und ermüdend! 05.04.2016 St.Gallische Psychiatrie-Dienste Süd: Psychiatrie-Zentrum Werdenberg-Sarganserland, Trübbach Dr.med. Amann-Griengl Seite 20 Wieviel Zeit hält der Mensch aus ohne zu schlafen? Der «Weltrekord» im Schlafentzug beim Menschen liegt bei 11 Tagen, (264 Stunden), aufgestellt von einem amerikanischen 17-jährigen Studenten (R. Gardner). Der Proband musste aktiv am Einschlafen gehindert werden, es trat wiederholt Sekundenschlaf auf. In diesem Experiment zeigte sich, dass die Konzentrations- und geistige Leistungsfähigkeit bereits nach zwei Nächten ohne Schlaf erheblich eingeschränkt waren. Nach Abschluss des Experimentes ging der Proband schlafen. Was denken Sie – wie lange? 05.04.2016 St.Gallische Psychiatrie-Dienste Süd: Psychiatrie-Zentrum Werdenberg-Sarganserland, Trübbach Dr.med. Amann-Griengl Seite 21 Wieviel Zeit hält der Mensch aus ohne zu schlafen? Schlafdauer in der ersten nachfolgenden Nacht: 14 Stunden. Schlafdauer in der zweiten nachfolgenden Nacht: 10 Stunden. Ab der dritten Nacht stellte sich beim Probanden bereits seine individuelle Schlafdauer von ca. 7.5 Stunden wieder ein. Seine Leistungs- und Konzentrationsfähigkeit waren nicht beeinträchtigt. Weitere Studien wiesen ähnliche Resultate auf. Bei keinem Probanden traten nach der Schlaflosigkeit längerfristig medizinische oder psychische Probleme auf. Allerdings kam es während der Experimente zu erheblichen Konzentrations- und Wahrnehmungsstörungen und Störungen der Gedächtnisleistung. Diese waren zwei Tage nach Beendigung des Experiments vollständig reversibel. 05.04.2016 St.Gallische Psychiatrie-Dienste Süd: Psychiatrie-Zentrum Werdenberg-Sarganserland, Trübbach Dr.med. Amann-Griengl Seite 22 Wie lange Zeit hält der Mensch aus ohne zu schlafen? Bei sämtlichen Versuchspersonen waren Leistungsfähigkeit sowie ein normaler Schlafrhythmus nach 1 bis 2 Nächten ohne FolgeSchäden wieder hergestellt – trotz extrem langem Schlafentzug. Aber Schlafgestörte haben oft jedes Vertrauen in die Fähigkeit des Körpers, fehlenden Schlaf zuverlässig nachzuholen, verloren. 05.04.2016 St.Gallische Psychiatrie-Dienste Süd: Psychiatrie-Zentrum Werdenberg-Sarganserland, Trübbach Dr.med. Amann-Griengl Seite 23 Schlaf-Wach-Zyklus, Schlaf-Entzug: Auf- und Abbau des Schlaf-Drucks (nach Borbély 1982) 05.04.2016 St.Gallische Psychiatrie-Dienste Süd: Psychiatrie-Zentrum Werdenberg-Sarganserland, Trübbach Dr.med. Amann-Griengl Seite 24 Mythen und Fakten: Stört ein Schlafmangel das Immunsystem? (aus: Saper et al. 2005) Nicht erwiesen. Zwischen Schlaf und Immunsystem besteht bei verschiedenen Tierarten ein enger Zusammenhang. Beim Menschen konnte NICHT nachgewiesen werden, dass bei Schlafstörungen häufiger Infekte oder Immunschwächen auftreten. Was beim Menschen erwiesen ist: Kortisol ist Teil der Immun-Antwort und beeinflusst das Immunsystem auf komplexe Weise - es wird am stärksten im Schlaf nachts (gegen 5 Uhr) ausgeschüttet Trotzdem führen Schlafstörungen beim Menschen nicht zu vermehrten Infekten. 14.04.2016 St.Gallische Psychiatrie-Dienste Süd: Psychiatrie-Zentrum Werdenberg-Sarganserland, Trübbach Dr.med. Amann-Griengl Seite 25 Mythen und Fakten: Macht Schlafmangel dick? • Ja. Während des Schlafs werden Stoffwechselprozesse sowie Hungerund Sättigungs-Regelkreise gesteuert. (GhrelinAppetit, LeptinSättigung) • Schlafstörungen erhöhen nachweislich bereits nach wenigen Wochen das Risiko für Übergewicht. Studien zeigen: Bei Verkürzung des Schlafs auf zwei Drittel der normalen Schlaf-Dauer: • KEINE Veränderungen von Ghrelin und Leptin (!) • KEINE Veränderungen von Energieverbrauch und Aktivität • ABER: durchschnittlich um 600 kcal pro Tag gesteigerte Kalorien-Aufnahme Erhöhung des Risikos für Übergewicht bei reduzierter absoluter Schlaf-Dauer: • 73% erhöhtes Risiko für Übergewicht bei 4 Stunden durchschnittlicher Schlafdauer • 50% erhöhtes Risiko für Übergewicht bei 5 Stunden durchschnittlicher Schlafdauer • 23% erhöhtes Risiko für Übergewicht bei 6 Stunden durchschnittlicher Schlafdauer Die Zusammenhänge, Ursachen und Regelkreise sind unklar – aber die Korrelation zwischen Schlafdefizit und gesteigerter Kalorienaufnahme ist nachgewiesen! 14.04.2016 St.Gallische Psychiatrie-Dienste Süd: Psychiatrie-Zentrum Werdenberg-Sarganserland, Trübbach Dr.med. Amann-Griengl Seite 26 Mythen und Fakten: Der Schlaf vor Mitternacht ist am gesündesten Nein. «Gesund» sind die Tiefschlaf-Phasen für körperliche und geistige Erholung und die REM-Schlaf-Phasen für mentale Verarbeitung und Erinnerungsspeicherung. Die wichtigen Tiefschlaf-Phasen treten beim ungestörten Schlaf früh nach dem Einschlafen auf – unabhängig davon, wie spät es beim Einschlafen war. • • Wenn man um 22.00 Uhr ins Bett geht, erfolgen die intensiven Tief-Schlaf-Phasen tatsächlich vor Mitternacht. Wenn man allerdings erst um 2.00 Uhr zu Bett geht, dann finden diese TiefschlafPhasen entsprechend erst nach Mitternacht statt. Sie sind aber genau gleich erholsam oder «gesund». Bei fortgesetzter kompletter Tag-Nacht-Umkehr ist die Schlafqualität jedoch deutlich schlechter und der Tiefschlaf langfristig tatsächlich eingeschränkt (siehe nachfolgende Seiten). 05.04.2016 St.Gallische Psychiatrie-Dienste Süd: Psychiatrie-Zentrum Werdenberg-Sarganserland, Trübbach Dr.med. Amann-Griengl Seite 27 Mythen und Fakten: Ein Schläfchen zwischendurch ist bei Schlafstörungen sinnvoll! Nein. Der Schlafdruck (= Einschlaf-Drang) baut sich nach einer gewissen Anzahl Stunden Wachzeit automatisch immer stärker auf. Eine wichtige Rolle spielt die körpereigene Substanz Adenosin, die sich während der Wach-Zeit im Gehirn ansammelt und ab einer bestimmten Menge starken Schlafdrang auslöst. Ein Gegenspieler des Adenosins ist: Koffein. Je länger wir am Stück wach bleiben, um so mehr Schlafdruck baut sich auf! Schläft man dagegen ein, wird der Schlafdruck sehr schnell schon im ersten Schlafzyklus fast vollständig abgebaut. Mittagsschlaf ist gesund - aber nur sinnvoll bei ungestörtem Schlaf. 05.04.2016 St.Gallische Psychiatrie-Dienste Süd: Psychiatrie-Zentrum Werdenberg-Sarganserland, Trübbach Dr.med. Amann-Griengl Seite 28 Mythen und Fakten: Wein oder Bier sind brauchbare Schlafmittel Nein! Leider raten Angehörige oder sogar Ärzte, bei Schlafstörungen abends Alkohol zu trinken. Das ist grundlegend falsch! Gerade der Verzicht auf Alkohol ist eine wichtige Strategie bei Schlafstörungen. • • • Alkohol macht zwar müde und wirkt • schlafanstossend, aber nur kurz nach dem Konsum. Während des Schlafs wird der Alkohol langsam abgebaut. • Durch den nächtlichen AlkoholAbbau kommt es zu gegenteiligen körperlichen Begleiterscheinungen: Aktivierung des Stress-Systems, Schwitzen, beschleunigter Puls, Störung der Tiefschlaf-Phasen. Bei jüngeren Menschen ist von Natur aus noch genug Tiefschlaf vorhanden, diese Aktivierung wird (ohne aufwachen) kompensiert. 05.04.2016 Ab einem Alter von 40 Jahren führt die vegetative Gegenregulation jedoch zum nächtlichen Erwachen. Dies passiert unabhängig davon, ob eine Alkoholabhängigkeit vorliegt. Bei Alkoholabhängigkeit ist der Effekt noch stärker ausgeprägt: „Mini-Entzug“ mit Alpträumen, Schwitzen, Herzrasen, Erwachen zwischen 3.00 und 4.00 Uhr. St.Gallische Psychiatrie-Dienste Süd: Psychiatrie-Zentrum Werdenberg-Sarganserland, Trübbach Dr.med. Amann-Griengl Seite 29 Mythen und Fakten: Es ist gefährlich, wenn man zu wenig schläft Akut: nein Chronisch: ja, abhängig von den Aktivitäten • Lange anhaltender Schlafentzug: Es kommt zu Konzentrationsstörungen und Verlangsamung der Reaktionszeit, insbesondere bei sich wiederholenden, monotonen Tätigkeiten (Autofahren!). • • Der Schlaf zeigt auch bei Menschen mit Schlafstörungen eine ausgesprochen homöostatische Tendenz, d. h. ein Schlafmangel wird in den folgenden Nächten zumindest teilweise wieder kompensiert. Kurzfristiger Schlafentzug: führt subjektiv zwar zu deutlicher Beeinträchtigung der psychischen Befindlichkeit und Wachheit, jedoch nur in seltenen Fällen zu einer objektiven Leistungsminderung oder Gefährdung der Betroffenen. 05.04.2016 St.Gallische Psychiatrie-Dienste Süd: Psychiatrie-Zentrum Werdenberg-Sarganserland, Trübbach Dr.med. Amann-Griengl Seite 30 Mythen und Fakten: Ich werde depressiv, wenn ich zu wenig schlafe Diese Beobachtung widerspricht den wissenschaftlichen Erkenntnissen. • Schlafentzug ist der kurzfristig wirksamste Stimmungsaufheller überhaupt (und ist eine mögliche Behandlungsstrategie bei Depression!) • Wenn aber der Schlaf bei chronischer Schlafstörung über viele Stunden nicht herbeigeführt werden kann, führt dies zu negativen Gefühlen wie Ohnmachts-Erleben, Verzweiflung, Frust und Resignation. Auch nächtliche Grübeleien, Sorgen und Ängste können zu depressiver und niedergeschlagener Stimmung beitragen. • • 05.04.2016 Die meisten Menschen in einem ausgesprochen euphorischen oder verliebten Zustand schlafen übrigens nur wenige Stunden – als problematisch wird dies selten erlebt. St.Gallische Psychiatrie-Dienste Süd: Psychiatrie-Zentrum Werdenberg-Sarganserland, Trübbach Dr.med. Amann-Griengl Seite 31 Mythen und Fakten: Nach dem Erwachen merke ich jeweils sofort, ob ich gut und genug geschlafen habe Nein, diese Annahme ist falsch. Ob ein Mensch sich nach dem Aufwachen erholt fühlt oder nicht, hängt primär davon ab, in welcher Schlaf-Phase er erwacht. Aufwachen während einer Leichtschlaf-Phase führt zu Erholungs-Erleben. Erwachen während Tiefschlaf-Phasen führt dagegen zu Erschöpfungsgefühlen. Ob Schlafdauer und Schlafqualität der letzten Nacht ausreichend waren, lässt sich direkt nach dem Aufwachen nicht beurteilen. Erschöpfungsgefühle und Leistungsfähigkeit verändern sich im Tagesverlauf ausserdem oft erheblich, auch abhängig von den Alltags-Aktivitäten. 05.04.2016 St.Gallische Psychiatrie-Dienste Süd: Psychiatrie-Zentrum Werdenberg-Sarganserland, Trübbach Dr.med. Amann-Griengl Seite 32 Mythen und Fakten: Mit meinem Schlaf stimmt etwas nicht, wenn ich nicht träume Nein, diese Annahme ist falsch. • Wissenschaftliche Untersuchungen zeigen, dass 10–15% der Bevölkerung nach dem Aufwachen sich nicht an Träume erinnert. Dennoch träumen auch diese Menschen. • Träume finden hauptsächlich während der REM-Phase statt. Wenn man (optimalerweise) in einer Leichtschlaf-Phase erwacht, kann man sich an Träume oft nicht mehr erinnern. Erwacht man während der REM-Phase, sind Träume meist lebhafter in Erinnerung. 05.04.2016 St.Gallische Psychiatrie-Dienste Süd: Psychiatrie-Zentrum Werdenberg-Sarganserland, Trübbach Dr.med. Amann-Griengl Seite 33 Mythen und Fakten: Wenn ich schlecht geschlafen habe, bin ich deutlich weniger leistungsfähig Diese Aussage ist in dieser Form falsch. • Leistungsfähigkeit und Schlaf hängen zwar zusammen, aber nicht direkt und vor allem nicht kurzfristig! • Langfristig nimmt die Leistungsfähigkeit messbar ab: Die Konzentration bei monotonen Aufgaben sinkt, es passieren Flüchtigkeitsfehler. Allerdings sinkt in der Regel bei chronischem Schlafmangel zuerst die Motivation zur Leistung und erst im weiteren Verlauf tatsächlich auch die Leistungsfähigkeit. • Kurzfristig entstehen kaum objektiv messbare Leistungseinbussen – trotz subjektiv hohem Leidensdruck und grosser Müdigkeit – und mitunter kompensatorischem Schonverhalten. 05.04.2016 St.Gallische Psychiatrie-Dienste Süd: Psychiatrie-Zentrum Werdenberg-Sarganserland, Trübbach Dr.med. Amann-Griengl Seite 34 Mythen und Fakten: Wenn mein Kleinkind nachts ständig weckt, habe ich zu wenig Tiefschlaf Diese Aussage ist falsch. • • • Langfristig hat der Tiefschlaf Priorität; dies ist ein biologischer Schutzmechanismus. Wenn ein Tiefschlafbedürfnis vorhanden ist, so sorgt die Biologie dafür, dass dieses so bald wie möglich befriedigt wird; der Tiefschlaf wird in den kommenden Nächten intensiviert. Und trotzdem: ungünstiges Verhalten (z.B. sich nachts stark ärgern / sorgen) kann den nachfolgenden Tiefschlaf immer wieder neu verzögern oder stören. Wiederholte Zyklen mit häufigem Erwachen, starker Anspannung und Tiefschlaf-Störungen mit verzögerter Erholung können sehr quälend sein. 05.04.2016 St.Gallische Psychiatrie-Dienste Süd: Psychiatrie-Zentrum Werdenberg-Sarganserland, Trübbach Dr.med. Amann-Griengl Seite 35 Mythen und Fakten: Wiederholtes nächtliches Erwachen ist eine Schlafstörung Diese Aussage ist falsch. • Der normale Schlaf wird zwei bis sieben Mal von sehr kurzem Erwachen unterbrochen (jeweils zum Ende eines Schlafzyklus). • In der Regel wird dieses Erwachen nur erinnert, wenn es länger dauert als vier Minuten. • Die kurzen, häufig nur 1 Minute dauernden Aufwachphasen sind ganz normal (sie nehmen im Alter deutlich zu) und werden normalerweise nicht erinnert. • Gerade in der zweiten und weniger "tiefen" Nachthälfte erleben schlafgestörte Menschen das Kurz-Erwachen und die dazwischen liegenden Leichtschlafphasen aber häufig als durchgehende Wachperiode. • Mitunter führen Sorgen und Ärger über das Aufwachen zu einer übermässigen Stress-Hormon-Ausschüttung: aus dem Erwachen wird eine längere Wach-Phase. 05.04.2016 St.Gallische Psychiatrie-Dienste Süd: Psychiatrie-Zentrum Werdenberg-Sarganserland, Trübbach Dr.med. Amann-Griengl Seite 36 Mythen und Fakten: Schlafstörungen sind vererbbar Die Aussage ist in dieser Form falsch. • Richtig ist: es gibt genetisch festgelegte Unterschiede bei der Ausschüttung und Verarbeitung der Stress-Hormone (HHA-Achse) und Neurotransmitter (verschiedenartige SerotoninRezeptoren u.a.). • Manche Menschen reagieren also schneller und stärker auf Stress als andere. Dabei kommt es zu unterschiedlicher Neigung zu Depressionen, Schlafstörungen und anderen Stress-Folge-Erkrankungen. • Unsere «innere Uhr» ist genetisch (Gen ABCC9 u.a.) beeinflusst: Es gibt Früh- und Spät-Typen sowie Kurz- und Lang-Schläfer. • Wichtig ist: Es gibt «typische» erlernte Schlafmuster in verschiedenen Familien das sind (oft negative) Einstellungen und Verhaltensweisen, die von den Eltern übernommen (aber nicht etwa vererbt) werden. Diese erlernten negativen Muster können korrigiert und umgelernt werden. Sie sind nicht genetisch festgelegt. 05.04.2016 St.Gallische Psychiatrie-Dienste Süd: Psychiatrie-Zentrum Werdenberg-Sarganserland, Trübbach Dr.med. Amann-Griengl Seite 37 Mythen und Fakten: Für gesunden Schlaf muss man abends immer zur selben Zeit schlafen zu gehen. Diese Aussage ist nur teilweise richtig. • Regelmässigkeit ist wichtig – aber es kommt auf ein regelmässiges AUFWACHEN an. • Der Zeitpunkt des Zu-Bett-Gehens spielt keine Rolle. Sinnvoll und wichtig ist es, erst bei ausreichend Schlafdruck (= Schläfrigkeits-Gefühl) zu Bett zu gehen. • Regelmässiges Aufstehen fördert ein zuverlässiges Schläfrigkeitsgefühl am Abend und wirkt Einschlaf-Störungen entgegen. • Regelmässigkeit dient nicht der «Gesundheit» des Schlafes, sondern unterstützt vor allem das Aufwachen während der optimalen Schlaf-Phase (Leichtschlaf-Phase) und damit das Erholungsgefühl. • «Gesund» ist der Schlaf dann, wenn insgesamt ausreichend TiefschlafPhasen und REM-Phasen vorhanden sind. Der Zeitpunkt des Einschlafens spielt dabei keine grosse Rolle. 05.04.2016 St.Gallische Psychiatrie-Dienste Süd: Psychiatrie-Zentrum Werdenberg-Sarganserland, Trübbach Dr.med. Amann-Griengl Seite 38 Was will der Arzt von Ihnen wissen? Anamnese bei Schlafstörungen I • • • • • Bett-Zeiten: Wann gehen Sie zu Bett? Wann stehen Sie auf? Wie viele Stunden verbringen Sie im Bett (auch an freien Tagen)? Wie war es früher? Schlaf-Qualität: Wie lange brauchen Sie zum Einschlafen? Ist der Schlaf erholsam? Können Sie durchschlafen? Wachen Sie zu früh auf? Wie viele Stunden schlafen Sie tatsächlich pro Nacht? Störung: Wann hat die Störung angefangen? Gab es Auslöser? Was haben Sie damals unternommen? Umgang mit der Störung: Was machen Sie, wenn Sie nicht schlafen können? Welche Gefühle und Gedanken haben Sie in den Wach-Phasen? Was befürchten Sie, sind die Folgen Ihrer Schlafstörung? Wie hat sich Ihr Alltag seit der Störung verändert? Und der Alltag Ihrer Angehörigen? Medikamente: Nehmen Sie Medikamente? Haben diese langfristig geholfen? Mussten Sie die Dosis erhöhen? Wollen Sie die Medikamente absetzen? 05.04.2016 St.Gallische Psychiatrie-Dienste Süd: Psychiatrie-Zentrum Werdenberg-Sarganserland, Trübbach Dr.med. Amann-Griengl Seite 39 Was will der Arzt von Ihnen wissen? Anamnese bei Schlafstörungen II • • • • • • Befinden tagsüber: Legen Sie sich am Tag hin? Können Sie den Schlaf nachholen? Wie fühlen Sie sich am Tag? Sind Sie müde? Sind Sie schläfrig? Ist Ihre Leistung oder Stimmung verändert? Körperliche Schlafstörung: Schnarchen Sie? Wurde Ihre nächtliche Atmung je untersucht? Haben Sie Kribbelgefühle in den Beinen, wenn Sie sich ruhig hinsetzen/legen? Behandlung: Welche Erwartungen haben Sie an eine Behandlung? Wie soll das Endergebnis aussehen? Störung: Wann hat die Störung angefangen? Gab es Auslöser? Was haben Sie damals unternommen? Sonstige Beschwerden: Leiden Sie an weiteren psychischen Erkrankungen / Störungen? Sonstige Substanzen: Nehmen Sie Substanzen oder Medikamente ein, die den Schlaf beeinflussen (Listen)? 05.04.2016 St.Gallische Psychiatrie-Dienste Süd: Psychiatrie-Zentrum Werdenberg-Sarganserland, Trübbach Dr.med. Amann-Griengl Seite 40 Diagnostik Anamnese und Schlaf-Beobachtung • Anamnese: Ihr Behandler wird Ihnen solche oder ähnlich detaillierte Fragen zu Ihrer Schlafstörung stellen, um eine gezielte Behandlung Ihrer Störung planen zu können. • Schlaf-Tagebuch: Es gibt keine bessere Methode, diese vielen Informationen zu ermitteln, als (mindestens während zwei Wochen!) genaue Beobachtungen der Schlafgewohnheiten zu machen und diese im Schlaf-Protokoll festzuhalten. So können auch komplexe oder weniger offensichtliche Zusammenhange erkannt werden. Das Ausfüllen erfordert je 5 Minuten morgens und abends. 05.04.2016 St.Gallische Psychiatrie-Dienste Süd: Psychiatrie-Zentrum Werdenberg-Sarganserland, Trübbach Dr.med. Amann-Griengl Seite 41 Schlaf-Tagebuch (empfohlen während gesamter Behandlung) Voraussetzung für Diagnose und Behandlung von Schlafstörungen 05.04.2016 • Wenn wir den Schlaf beurteilen, denken wir meist nur an die sehr schlechten Nächte. An die darauf folgenden kompensatorischen viel besseren Nächte erinnern wir uns aber meist nicht. • Es ist für die Beobachtung der tatsächlichen Schlafdauer wichtig, subjektive Eindrücke so zeitnah wie möglich zu notieren. Wurde die Protokollierung mehrere Stunden vergessen, bitte diese Spalte auslassen. • Wichtig ist: nicht mit der Stoppuhr / Uhr versuchen, den Schlaf zu messen (führt zu Verstärkung der Störung). Bitte die Zeitdauer nur schätzen, das ist ausreichend zuverlässig / genau. St.Gallische Psychiatrie-Dienste Süd: Psychiatrie-Zentrum Werdenberg-Sarganserland, Trübbach Dr.med. Amann-Griengl Seite 42 Schlaf-Tagebuch (empfohlen während gesamter Behandlung) • Die Schlaf-Störung ist nicht eine Störung der «Nacht», sondern sie ist eine «Störung des Tags und der Nacht». • Eine Einschätzung des Befindens am Tag ist daher genau so wichtig, wie die Einschätzung der Schlaf-Qualität in der Nacht. • Eine ständig erhöhte Anspannung (= Hyper-Arousal) tagsüber verhindert in der Nacht einen erholsamen Schlaf! • Anhand der Protokolle können globale Eindrücke («jede Nacht schlecht») kritisch überprüft und regelhafte Muster («von Sonntag auf Montag am schlimmsten») sowie aufrechterhaltende Faktoren besser erkannt werden. 05.04.2016 St.Gallische Psychiatrie-Dienste Süd: Psychiatrie-Zentrum Werdenberg-Sarganserland, Trübbach Dr.med. Amann-Griengl Seite 43 Schlaf-Tagebuch online Version bkkvorort.onlineschlaflabor.de 05.04.2016 St.Gallische Psychiatrie-Dienste Süd: Psychiatrie-Zentrum Werdenberg-Sarganserland, Trübbach Dr.med. Amann-Griengl Seite 44 Objektivität und negativ verzerrte Wahrnehmung: ein Hinweis zum Schlaf-Tagebuch www.schlaflabor-saletu.at • Gemäss Studien nehmen Gesunde die Leichtschlaf- und mittleren Schlafphasen subjektiv als «Schlaf» wahr – Schlafgestörte dagegen als «Wach-Zeit». • Es kommt bei Schlafstörungen zu einem Hyperfokus auf die negativen Aspekte (Müdigkeit, Schlaflosigkeit, Gereiztheit usw.). Gelegentliche kompensatorische «gute Nächte» werden nicht als solche wahrgenommen. • Durch den chronisch erhöhten Stress wird bei Schlafgestörten die initiale Tiefschlafphase unterdrückt: über eine Zeitdauer von 1-2 Stunden (!) findet kein Tiefschlaf statt, sondern stattdessen nur eine nicht-erholsame leichte bis mittlere Schlaftiefe. Die Patienten erleben dies subjektiv als «wach». • Gegen vier Uhr kommt es häufig zur völligen Erschöpfung, gefolgt von ein bis zwei kompensatorischen (unauffälligen) Tiefschlafphasen. Die Patienten schlafen, aber erinnern sich meist nicht an diese späten ungestörten Schlaf-Phasen. 05.04.2016 St.Gallische Psychiatrie-Dienste Süd: Psychiatrie-Zentrum Werdenberg-Sarganserland, Trübbach Dr.med. Amann-Griengl Seite 45 Basis-Wissen Schlafstörung: Definition! Haben Sie eine Schlafstörung? Schlechte Schlafqualität und Schlafmenge Einschlaf- und/oder Durchschlafstörungen und/oder Früherwachen UND Signifikantes Leiden was bedeutet das? • • • • • 05.04.2016 Mindestens drei mal wöchentlich Während mindestens drei Monaten …bei ausreichender Gelegenheit für Schlaf Keine andere schlafstörende Erkrankung gleichzeitig Keine schlafstörenden Substanzen/Drogen /Medikamente gleichzeitig St.Gallische Psychiatrie-Dienste Süd: Psychiatrie-Zentrum Werdenberg-Sarganserland, Trübbach Dr.med. Amann-Griengl Seite 46 Wie wird der Schweregrad einer Schlafstörung ermittelt ? • Das Ausmass einer Schlafstörung kann anhand diagnostischer Fragebogen ermittelt werden. • Diese Fragebogen beruhen auf Selbstbeobachtung und dienen als Anhaltspunkte für den Schweregrad, aber liefern keine gesicherten Diagnosen. • Sie helfen bei der Diagnostik und dienen der Verlaufskontrolle. 05.04.2016 St.Gallische Psychiatrie-Dienste Süd: Psychiatrie-Zentrum Werdenberg-Sarganserland, Trübbach (Auszug aus: Margraf, Lehrbuch der Verhaltenstherapie, Band 4) Dr.med. Amann-Griengl Seite 47 Welche Erkrankungen und Störungen können eine Schlafstörung auslösen? Es gibt organisch (körperlich) bedingte Schlafstörungen. Um die Schlafstörung zu beheben, müssen die ursächlichen Erkrankungen behandelt werden. Eine Verbesserung der Schlafqualität durch gezielte Massnahmen ist aber zu jederzeit möglich und kann zu einer positiven Wechselwirkung führen. • • • • • • 05.04.2016 Hormonelle Störungen (Schilddrüse usw.); Therapie: Medikamentös Periodische Beinbewegungen, „unruhige Beine“ (Restless Legs) und Parkinson; Therapie: Medikamentös Schlafapnoe (nächtliche Atemstillstände) Therapie: CPAP Maske Narkolepsie / Kataplexie (u.a. neurologische Erkrankungen) Therapie: Medikamentös (Stimulanzien) und spezifische Therapien Organisch krankhaft erhöhtes Schlafbedürfnis (z.B. bei Epilepsie): spez. Therapien Chronische Schmerzen; Therapie: multimodal inkl. Psychotherapie St.Gallische Psychiatrie-Dienste Süd: Psychiatrie-Zentrum Werdenberg-Sarganserland, Trübbach Dr.med. Amann-Griengl Seite 48 Schlafstörungen bei schweren psychiatrischen Erkrankungen (aus: Riemann, Ratgeber Schlafstörungen) 05.04.2016 • Depressionen, Manien, Psychosen und Demenzen spielen eine grosse Rolle beim Auslösen von Schlafstörungen. • Bei akuten Psychosen (wahnhafte Ängste, Wahrnehmungsstörungen) sind stark dämpfende Medikamente anfangs unverzichtbar. Später ist die Wiederherstellung des SchlafRhythmus wichtig. • Bei den Demenzen kommt es zum Abbau und Verfall geistiger Funktionen und häufig zu schweren Schlafstörungen mit Tag-Nacht-Umkehr. Therapie: wenig Medikamente, feste Tagesstruktur, kein Tagschlaf, Tagesaktivitäten steigern, Sonnenlicht-Exposition. St.Gallische Psychiatrie-Dienste Süd: Psychiatrie-Zentrum Werdenberg-Sarganserland, Trübbach Dr.med. Amann-Griengl Seite 49 Schlafapnoe = kurze Atemstillstände! Organisch (körperlich) bedingte Schlafstörung • Infolge Verlegung der Atemwege kommt es zu etwa 10 Sekunden dauernden Atemstillständen. Folge: Erstickungsgefühl und Schreckreaktion, aufwachen, Luft schnappen, wieder einschlafen – mehrere 100 Mal pro Nacht! Meist besteht zusätzlich sehr starkes Schnarchen. http://www.einfach-gesund-schlafen.com Ursache: Behinderung der oberen Atemwege. Abklärung: Schlaflabor. Therapie: nachts CPAP Maske (Überdruck-Maske) 05.04.2016 • Die Weckreaktionen zerstückeln den Schlaf, es kommt zu massiver Tagesmüdigkeit, Sekundenschlaf und Einschlafen während des Tages. • Die Betroffenen haben meist das Gefühl, „nachts gut durchzuschlafen“. Die Schlafstörung wird oft nicht vom Patienten selbst, sondern von Bett-Partnern bemerkt. • Durch das wiederholte nächtliche Hyper-Arousal kommt es zu körperlichen Stress-Folge-Erkrankungen (Bluthochdruck, Herzrhythmus-störungen). St.Gallische Psychiatrie-Dienste Süd: Psychiatrie-Zentrum Werdenberg-Sarganserland, Trübbach Dr.med. Amann-Griengl Seite 50 Schnarchen: Krankheit oder nicht? Behandelbar oder nicht? Schnarchen allein ist keine Krankheit. • Ist das Schnarchen allerdings unregelmässig und mit kurzzeitigen Störungen oder Stillständen der Atmung verbunden, ist dies ein Warnzeichen (für eine Schlafapnoe!) und die Symptomatik sollte im Schlaflabor abgeklärt werden. • Gegen das Schnarchen gibt es bislang keine effektive Therapiemethode. • Positiv bei dieser Symptomatik wirkt sich folgendes aus: - Verzicht auf Alkohol - Gewichtsreduktion - Schlaf in Seitenlage - Stärken der Mund/Gaumen-Muskulatur (Didgeridoo spielen) 05.04.2016 St.Gallische Psychiatrie-Dienste Süd: Psychiatrie-Zentrum Werdenberg-Sarganserland, Trübbach Dr.med. Amann-Griengl Seite 51 Restless Legs (nächtliche Unruhe der Beine) • Restless Legs tritt oft zusammen mit der Störung nächtliche periodische Beinbewegungen auf. • Nachts im Bett oder in weichen Sesseln (bei Ruhe und Wärme) kommt es zu einem Bewegungsdrang in den Beinen, verbunden mit Unruhe, Kribbeln, Jucken oder Schmerzen. • Die Unruhe wird so stark, dass die Betroffenen aufstehen und herumgehen, sich die Beine massieren oder Wechselbäder nehmen. Die Beschwerden gehen meist gegen drei bis vier Uhr nachts zurück. • Oft ist nicht nur das Einschlafen schwierig, sondern der Schlaf ist durch nächtliche Zuckungen in den Beinen chronisch gestört (ständige Aufwach-Reaktionen). • Die Störung kann organisch bedingt sein (durch Eisenmangel, Nierenerkrankungen, Schwangerschaft) – oder sie tritt idiopathisch (ohne verursachende Erkrankung) auf. • Therapie: Parkinson-Medikamente (Dopamin-Agonisten). Sie unterdrücken den Bewegungsdrang und die periodischen Beinbewegungen. Die Behandlung ist aber symptomatisch, d.h. nach Absetzen der Medikamente tritt die Beinunruhe wieder auf. Falls Mangel: Eisen oder Magnesium-Substitution 05.04.2016 St.Gallische Psychiatrie-Dienste Süd: Psychiatrie-Zentrum Werdenberg-Sarganserland, Trübbach Dr.med. Amann-Griengl Seite 52 Abklärung körperlicher Ursachen bei Schlafstörungen (Auszug aus: Margraf, Lehrbuch der Verhaltenstherapie, Band 4) 05.04.2016 St.Gallische Psychiatrie-Dienste Süd: Psychiatrie-Zentrum Werdenberg-Sarganserland, Trübbach Dr.med. Amann-Griengl Seite 53 Gibt es weitere (nicht krankheitsbedingte) Ursachen für Schlaflosigkeit? Stimulierende und schlafstörende Substanzen • Leichte Stimulanzien: Koffein (Kaffee, Red Bull) Tein (Teeblättern) Theobromin (Schokolade), Tabak (grössere Mengen) In grossen Mengen teils erheblich stimulierend! • Mittelstarke Stimulanzien: Bestimmte Medikamente wie SSRI, Bupropion • Starke Stimulanzien: Bestimmte Medikamente wie Methylphenidat, Modafinil Drogen wie Amphethamin, XTC, Kokain, Crystal Meth • Alkohol: Zunächst kurzfristig sedierend und einschlaffördernd. Später durch den nächtlichen Alkoholabbau aber erhebliche stimulierende Wirkung samt Arousal in den frühen Morgenstunden typisches Früherwachen! 05.04.2016 St.Gallische Psychiatrie-Dienste Süd: Psychiatrie-Zentrum Werdenberg-Sarganserland, Trübbach Dr.med. Amann-Griengl Seite 54 Können auch nicht-stimulierende Medikamente den Schlaf stören? Ja! Prüfen Sie den zeitlichen Zusammenhang zwischen Auftreten einer Schlafstörung und dem Beginn einer neuen Medikation! • Schlafmittel (!) wie Benzodiazepine (früher auch Barbiturate) Ursprünglich verordnet zur Therapie der Schlafstörung, tragen nach kurzer Zeit aber bereits zum Erhalt der Schlafstörung bei. Schlafstörungen als mögliche Nebenwirkung auch bei folgenden Medikamenten-Klassen: • • • • • • • 05.04.2016 Bestimmte Blutdruck-Medikamente (b-Blocker) Bestimmte Asthma-Medikamente Bestimmte Hormon-Präparate: Thyroxin, Steroide, … Bestimmte Antibiotika: Gyrasehemmer Bestimmte Anti-Dementiva: Piracetam Bestimmte Diuretika („Entwässerung“) Antriebssteigernde Antidepressiva (MAO-Hemmer, SSRI, SNRI) St.Gallische Psychiatrie-Dienste Süd: Psychiatrie-Zentrum Werdenberg-Sarganserland, Trübbach Dr.med. Amann-Griengl Seite 55 Störungen des Schlaf-Wach-Rhythmus: Ungleichgewicht zwischen innerer Uhr und Realität • Die innere Uhr ist abhängig von bestimmten Hormonen und vom hell-dunkelWechsel. Dunkelheit führt zur Ausschüttung von Melatonin, das uns schläfrig macht. • Das Stress-Hormon Kortisol sinkt abends ab und steigt frühmorgens stark an (fördert das Aufwachen). Die Körpertemperatur sinkt gegen Abend ab und ist in der Mitte der Nacht am tiefsten. • Die Zeit zwischen drei und sechs Uhr nachts ist am schlechtesten geeignet für komplizierte Tätigkeiten und es passieren prozentual am meisten Fehler und Unfälle während dieses Zeitraums! • Schichtarbeiter oder Menschen mit häufigem Jet-Lag sind gezwungen, längerfristig gegen ihre innere Uhr zu leben. Das führt dazu, dass der Schlaf tagsüber dauerhaft weniger erholsam ist: Tiefschlafphasen werden immer wieder gestört. • Die normalerweise stattfindende «Erholung» durch Tiefschlaf-Kompensation ist bei Schichtarbeit wiederholt und dauerhaft beeinträchtigt. • Weitere vornehmlich am Tag vorhandene Störfaktoren verschlechtern den Schlaf zusätzlich: Tag-Licht, Geräusche, Störungen (Telefon, Erledigungen, soziale Aktivitäten etc.) 05.04.2016 St.Gallische Psychiatrie-Dienste Süd: Psychiatrie-Zentrum Werdenberg-Sarganserland, Trübbach Dr.med. Amann-Griengl Seite 56 Auswirkungen von Nacht- und Schichtarbeit? • Es ist nicht dauerhaft möglich, die innere Uhr vollständig an Nachtschichten anzupassen, u.a. da die Lichtintensität des künstlichen Lichts in der Nacht nie die Lichtstärke der Sonne erreicht und die Hell/Dunkel-Regulation verschiedener Hormone gestört wird. • Nachtdienste sollen daher so verträglich wie möglich gestaltet werden: Nachtschichten nicht länger als 5 Tage am Stück Empfohlen werden generell kurze Schichten: 1-2 Nächte, dann Wechsel zu Tagdienst Bei häufig wechselnden Schichten empfiehlt sich Vorgehen nach Uhrzeigersinn: Früh Tag Spät Nacht-Schicht (nicht umgekehrt) Schlafmittel sind ausgeschlossen, da diese meist eine Sedierung über die (oft verkürzte) Schlafdauer hinaus bewirken. • 05.04.2016 Bei anhaltenden Schlafstörungen durch Schicht/Nacht-Dienst: Wechsel in den Tagdienst manchmal unumgänglich (arbeitsmedizinische Abklärungen). St.Gallische Psychiatrie-Dienste Süd: Psychiatrie-Zentrum Werdenberg-Sarganserland, Trübbach Dr.med. Amann-Griengl Seite 57 Auswirkungen von (häufigem) Zeitzonen-Wechsel und Jet-Lag • Rhythmus-Verschiebungen durch Flüge in andere Zeitzonen verursachen erhebliche Schlafstörungen, da sich die innere Uhr abrupt an einen neuen Hell-Dunkel-Rhythmus anpassen muss. • Am Ankunftsort ist es sinnvoll, sich so rasch wie möglich intensivem Sonnenlicht auszusetzen (raschere Anpassung an neue Zeitzone). • Bei Flügen nach Westen: Während des Flugs nicht schlafen. Am Ankunftsort erst gegen 11 Uhr nachts zu Bett gehen – auch wenn die innere Uhr nun mehrere Stunden «vorgeht». • Bei Flügen nach Osten: Nach Möglichkeit im Flugzeug schlafen, da der Tag subjektiv «verkürzt» wird. Eventuell bereits einige Tage vor dem Flug früher aufstehen als üblich. • Medikamentöse Unterstützung: Melatonin-Analoga (Agomelatin). Die Substanz entspricht dem körpereigenen «Dunkel-Hormon», das schlafanstossend wirkt und normalerweise nur bei Dunkelheit ausgeschüttet wird. 05.04.2016 St.Gallische Psychiatrie-Dienste Süd: Psychiatrie-Zentrum Werdenberg-Sarganserland, Trübbach Dr.med. Amann-Griengl Seite 58 Was sind Parasomnien? 05.04.2016 • Unerwünschte und unangemessene (aber meist ungefährliche) Verhaltensauffälligkeiten, die aus ungestörtem Schlaf heraus auftreten. • Im Kindesalter treten Parasomnien aufgrund einer vorübergehenden Reifestörung des Gehirns auf, sind nicht pathologisch und in der Regel harmlos. • Anhaltende Parasomnien im Erwachsenenalter können den Schlafprozess wiederholt unterbrechen, so dass der Schlaf dauerhaft nicht mehr erholsam ist. St.Gallische Psychiatrie-Dienste Süd: Psychiatrie-Zentrum Werdenberg-Sarganserland, Trübbach Dr.med. Amann-Griengl Seite 59 Was sind Parasomnien? • Parasomnien im Erwachsenenalter sind meist komplex und müssen ärztlich abgeklärt (zugrunde liegende Epilepsie) und ggf. behandelt werden. • Einteilung der Parasomnien: – Aufwachstörungen: Schlafwandeln, Aufschrecken, … – Schlaf-Wach-Übergangs-Störungen: Zucken, Sprechen im Schlaf, … – REM-Störungen: Alpträume, Narkolepsie,… – Sonstige: Zähneknirschen, Einnässen, Schnarchen,… 05.04.2016 St.Gallische Psychiatrie-Dienste Süd: Psychiatrie-Zentrum Werdenberg-Sarganserland, Trübbach Dr.med. Amann-Griengl Seite 60 Parasomnien: Behandlung von Alpträumen • Alpträume treten im REM-Schlaf und gehäuft in der zweiten Nachthälfte auf. Sie dauern wenige Minuten bis zu einer halben Stunde und enden meist mit Aufschrecken, wonach man in der Regel sofort wach, orientiert und noch voller Angst ist. • Ursachen: unverarbeitetes Tagesgeschehen, frühere traumatisierende Erlebnisse, Stress, psychische Probleme, aber auch physische Probleme, Drogen oder bestimmte Medikamente. • • In der Kindheit gehäuft auftretend. Im Fokus steht die Behandlung der zugrunde liegenden Ängste und Belastungen: Stressbewältigungsstrategien, Entspannungsverfahren wie die Progressive Muskelentspannung oder Autogenes Training. • Bei anhaltenden Alpträumen ist Psychotherapie zum Abbau der Ängste und Behandlung von Traumatisierungen notwendig. • Unabhängig von einer Psychotherapie sind IRT (Imagery Rehearsal Therapy) und Luzides Träumen zwei Techniken, um den Inhalt von Alpträumen direkt zu beeinflussen. 05.04.2016 St.Gallische Psychiatrie-Dienste Süd: Psychiatrie-Zentrum Werdenberg-Sarganserland, Trübbach Dr.med. Amann-Griengl Seite 61 Parasomnien: Behandlung von Alpträumen Luzides Träumen In einem luziden Traum (Klartraum) ist dem Träumer der Zustand des Träumens eindeutig bewusst. Klarträume werden von den meisten Menschen allenfalls zufällig und sporadisch erlebt. Diese Technik kann aber erlernt werden. Dadurch lernt der Träumende, aktiv in das Traumgeschehen einzugreifen. So werden nicht nur die eigenen Handlungen im Traum kontrollierund veränderbar, sondern auch die Traum-Umgebung und Handlungen weiterer Traumfiguren, was bei wiederholten Alpträumen eine sehr grosse Entlastung darstellen kann. IRT (Imagery Rehearsal Therapy) Ziel des IRT ist es, die sich wiederholenden „Alptraumdrehbücher“ zu verändern. Man geht davon aus, dass durch die häufige Wiederholung der (individuell unterschiedlichen) typischen Alptraum-Inhalte der Leidensdruck deutlich verstärkt wird. Je häufiger ein bestimmter Inhalt (z.B. Flucht, Fallen, Bedrohung, usw.) geträumt wird, um so eher wird er auch gefestigt („eingeübt“) und in Zukunft noch häufiger wiederholt werden. Dieses persönliche „Alptraumdrehbuch“ soll daher (tagsüber) aktiv verändert werden, so dass mit der Zeit ein positiv-gefärbter nicht-belastender Traum entsteht. Diesen alternativen Traum-Inhalt übt man tagsüber jeden Tag ca. 15-20 Min ganz bewusst und möglichst detailreich ein. 05.04.2016 St.Gallische Psychiatrie-Dienste Süd: Psychiatrie-Zentrum Werdenberg-Sarganserland, Trübbach Dr.med. Amann-Griengl Seite 62 Parasomnien: Behandlung des Schlafwandelns Bei wiederholtem Schlafwandeln im Erwachsenenalter müssen zunächst schwerwiegende neurologische Störungen (wie Epilepsie oder fehlende Schlafhemmung im REM-Schlaf) ausgeschlossen werden. Beim «reinen» Schlafwandeln ohne neurologische Störungen ist in den meisten Fällen keine Therapie nötig, da es im Alltag kaum zu Beeinträchtigungen kommt. Hilfreich bei Schlafwandeln sind folgende Massnahmen: • • • • • • 05.04.2016 Auf eine sichere Umgebung achten, gefährliche Gegenstände entfernen, Türen und Fenster zusperren. Schlafwandler nicht wecken, um Verwirrung / Desorientierung zu vermeiden. Schlafwandler behutsam zum Bett zurückzuführen. Regelmässiger Schlaf-Rhythmus: Schlafdefizite begünstigen Schlafwandeln. Entspannungsverfahren (PMR, Autogenes Training) sind hilfreich. Suggestions- und Hypnose-Therapien weisen gemäss Studienlage gute Erfolge bei Schlafwandeln auf. St.Gallische Psychiatrie-Dienste Süd: Psychiatrie-Zentrum Werdenberg-Sarganserland, Trübbach Dr.med. Amann-Griengl Seite 63 Parasomnien: Behandlung von Zähneknirschen und Pavor Nocturnus (nächtliches Aufschrecken) Pavor Nocturnus • • • • Entspannungsverfahren (PMR, Autogenes Training) sind hilfreich. Hypnose und Suggestionstherapie weisen Erfolge auf. Versuchsweise: Wiederholtes Unterbrechen des Schlafmusters, indem der Betroffene jeweils kurz vor dem Zeitpunkt geweckt wird, zu dem der Pavor Nocturnus normalerweise auftritt. Ist der Pavor Nocturnus mit starken Ängsten oder anderen psychischen Problemen am Tag verbunden, ist eine Psychotherapie sinnvoll. Zähneknirschen • • 05.04.2016 Hinter automatischen Bewegungen wie wiederholten Kauoder Schmatz-Bewegungen oder anderen Bewegungsabläufen im Schlaf können in manchen Fällen kurze epileptische Anfälle (sogenannte Petit-MalAnfälle) stecken; dies sollte neurologisch abgeklärt werden. Bei wiederholtem nächtlichen Zähneknirschen ist eine zahnärztlich angepasste Bissschiene nötig, um Zahnschäden zu vermeiden. St.Gallische Psychiatrie-Dienste Süd: Psychiatrie-Zentrum Werdenberg-Sarganserland, Trübbach Dr.med. Amann-Griengl Seite 64 Primäre Insomnie = Schlafstörung ohne (organische / substanzbedingte) Ursache (Auszug aus: Margraf, Lehrbuch der Verhaltenstherapie, Band 4) • • • • Diese Form der Schlafstörung ist am häufigsten: es liegt keine erkennbare Ursache vor. Patienten schildern oft eine jahrelange und massive Beeinträchtigung des Schlafs. Häufig kommt es zu einer gedanklichen Fixierung auf die Schlafstörung. Das ganze Leben (und das von anderen) wird auf die Störung ausgerichtet. Häufig werden über Jahre hinweg Schlafmittel eingenommen, was risikoreich ist und die Störung aufrecht erhält. 05.04.2016 • Schlafstörungen werden oft nicht ärztlich/psychotherapeutisch behandelt, obwohl es verschiedene langfristig sehr wirksame nicht-medikamentöse Therapie-Strategien gibt. St.Gallische Psychiatrie-Dienste Süd: Psychiatrie-Zentrum Werdenberg-Sarganserland, Trübbach Dr.med. Amann-Griengl Seite 65 Modell der Insomnie: Wechselspiel zwischen psychologischen und physiologischen Faktoren http://www.allgemeinarzt-online.de 05.04.2016 St.Gallische Psychiatrie-Dienste Süd: Psychiatrie-Zentrum Werdenberg-Sarganserland, Trübbach Dr.med. Amann-Griengl Seite 66 Wann wird gestörter Schlaf zur „Schlaf-Störung“? • Unter psychischer Belastung und in Stress-Situationen ist es normal, ab und zu schlecht zu schlafen (und am Tag müde zu sein). Das ist eine unangenehme vorübergehende Schlaflosigkeit, aber noch keine Schlafstörung. • Manchmal kommt es aber im Verlauf zu einer Verselbständigung (Chronifizierung) der Schlaflosigkeit. Die Betroffenen beklagen: gestörte Konzentration, subjektiv eingeschränkte Leistungsfähigkeit, gedrückte Stimmung, Gereiztheit, Müdigkeit und körperliche Beschwerden (Kopfschmerzen usw.) • Obwohl die Stress-Situation längst vorbei ist, können die Betroffenen trotzdem über Monate nicht mehr ein- und durchschlafen, was zu Befindlichkeitsstörungen und teils objektiven Einschränkungen am Tag führt. WIE KOMMT ES ZU DIESER CHRONIFIZIERUNG? 05.04.2016 St.Gallische Psychiatrie-Dienste Süd: Psychiatrie-Zentrum Werdenberg-Sarganserland, Trübbach Dr.med. Amann-Griengl Seite 67 Drei-Faktoren-Modell der Schlafstörung: 1. Faktor: VERANLAGUNG Bestimmte Veranlagungen machen uns anfällig für Schlafstörungen. Diese Neigung zu Schlafstörungen kann genetisch oder durch äussere Einflüsse festgelegt sein und meist wenig beeinflussbar sein. Andere prädisponierende Einflüsse dagegen sind erlernt und können auch wieder «umgelernt» werden. Beispiele für Veranlagung und äussere Umstände • • • • • • • • • 05.04.2016 Geschlecht (Frauen häufiger betroffen) Alter (je älter, um so häufiger) Organische Erkrankungen (Schlafapnoe, Narkolepsie, Epilepsie, Parkinson…) Gesundheitszustand (Drogen, Alkohol, Fettleibigkeit, Essverhalten, …) Genetische Fähigkeit, Stress zu verarbeiten (Stress-Hormon-Regulation...) Psychische Störungen (Depressionen, Traumata, Manie, somatoforme Störungen…) Unregelmässige Schlaf-/Aufwach-Zeiten (Schicht-Arbeit, Zeitzonenwechsel, Kleinkinder) Persönlichkeitsstil (ängstlich-depressiv; ständige «Alarm-Bereitschaft», Stress-Niveau) Ungünstige Lern-Erfahrung (familiäre «Schlafmuster», ungünstige Überzeugungen) St.Gallische Psychiatrie-Dienste Süd: Psychiatrie-Zentrum Werdenberg-Sarganserland, Trübbach Dr.med. Amann-Griengl Seite 68 Drei-Faktoren-Modell der Schlafstörung: 2. Faktor: UNMITTELBARER AUSLÖSER Schlafstörungen beginnen meist mit einem deutlich wahrnehmbaren Auslöser, der den Schlaf beeinträchtigt. Dieser Auslöser würde bei den meisten Menschen zu einer vorübergehenden Störung des Nachtschlafs führen – aber nicht automatisch zu einer langfristigen Schlafstörung. Der akute Auslöser selbst ist meist nur kurz vorhanden. Beispiele für AKUTE Auslöser: • • • • • • • Störende Reize: Lärm, Licht, Hitze, Kälte, Juckreiz, Schmerz… Fremde / ungewohnte Umgebung (Verunsicherung oder fehlende Gewöhnung): Fremdes Bett, fremdes Zimmer Akuter psychischer Stress (Zeitdruck, Hektik, Anspannung, Wachsamkeit) Akuter emotionaler Stress (Streit, Konflikte, negative Gefühle, Sorgen, Ängste) Akuter körperlicher Stress (starke körperliche Anspannung / Überlastung) Kurzfristige Störung des Schlaf-Rhythmus (Nachtdienste usw.) Einnahme bestimmter Medikamente, Drogen, Alkohol WIE KOMMT ES JETZT ABER ZUR CHRONIFIZIERUNG? 05.04.2016 St.Gallische Psychiatrie-Dienste Süd: Psychiatrie-Zentrum Werdenberg-Sarganserland, Trübbach Dr.med. Amann-Griengl Seite 69 Drei-Faktoren-Modell der Schlafstörung: 3. Faktor: AUFRECHTERHALTUNG Für eine langfristige Schlafstörung braucht es dauerhaft aufrechterhaltende Bedingungen. Erst diese machen aus einigen schlaflosen Nächten mit der Zeit eine echte Schlafstörung. Der ursprüngliche Auslöser spielt bei der Chronifizierung längst keine Rolle mehr. Beispiele für aufrechterhaltende Bedingungen • • • 05.04.2016 Anhaltendes Hyper-Arousal Dauer-Stress, chronische «Kampf-oder-Flucht»-Reaktion, übermässige Wachsamkeit Ungünstige Konditionierung «im-Bett-liegen» = «hellwach-sein», «jetzt ist nach 3 Uhr, das heisst: ich kann definitiv nicht mehr einschlafen» Schädliche Überzeugungen «wenn ich jetzt nicht sofort schlafe, werde ich verrückt» oder: «ich muss jetzt sofort schlafen» oder: «ich muss all den verpassten Schlaf komplett nachholen» St.Gallische Psychiatrie-Dienste Süd: Psychiatrie-Zentrum Werdenberg-Sarganserland, Trübbach Dr.med. Amann-Griengl Seite 70 Teufelskreise (aus: Margraf, Lehrbuch der Verhaltenstherapie, Band 4) 05.04.2016 St.Gallische Psychiatrie-Dienste Süd: Psychiatrie-Zentrum Werdenberg-Sarganserland, Trübbach Dr.med. Amann-Griengl Seite 71 Modell der Schlafstörung: Am Tag und in der Nacht (aus: Margraf, Lehrbuch der Verhaltenstherapie, Band 4) 05.04.2016 St.Gallische Psychiatrie-Dienste Süd: Psychiatrie-Zentrum Werdenberg-Sarganserland, Trübbach Dr.med. Amann-Griengl Seite 72 VÖLLIG ERSCHÖPFT versus BESTFORM Schwarz-Weiss-Denken bei Schlafstörungen Chronisch Schlafgestörte nehmen ihre Aufmerksamkeit, Wachheit und Leistungsfähigkeit meist als massiv eingeschränkt wahr. Die Einschränkungen werden als täglich und pausenlos vorhanden wahrgenommen. Eine Differenzierung findet nicht mehr statt. Ist die Leistung tatsächlich jeden Tag gleich stark eingeschränkt? Ist die Leistung jeden Tag durchgehend eingeschränkt? Reduziert sich das Tief nur auf bestimmte Stunden? Ist die eingeschränkte Leistungsfähigkeit oder die erhöhte Erschöpfung auch von anderen Menschen feststellbar? 05.04.2016 Ist die Wachheit tatsächlich reduziert (und die Schläfrigkeit oder Einschlafneigung erhöht) oder besteht eher ein Gefühl chronischer Müdigkeit und Erschöpfung? Wirkt sich diese Erschöpfung auf die Leistungsfähigkeit aus? Sind die Einschränkungen objektivierbar? St.Gallische Psychiatrie-Dienste Süd: Psychiatrie-Zentrum Werdenberg-Sarganserland, Trübbach Dr.med. Amann-Griengl Seite 73 Einstellungen gegenüber dem Schlaf Menschen mit Schlafproblemen messen dem ungestörten Schlaf viel mehr Bedeutung bei als Menschen ohne Schlafprobleme. • Schlafgestörte konzentrieren sich sehr auf den Vorgang des Einschlafens Sie versuchen meist, den Schlaf bewusst herbei zu führen oder zu erzwingen. Gerade dadurch wird der Schlaf in der stress-empfindlichen Einschlafphase noch stärker gestört und die Einschlaf-Störung verstärkt. • Schlafgestörte bewerten die Wirkung des Schlafes einer einzelnen Nacht als unangemessen hoch. • Unser Körper kommt problemlos kurzfristig mit weniger als acht Stunden Schlaf aus. Die Müdigkeit am Tage hängt nur bedingt mit der Gesamt-Schlafmenge der vorangegangenen Nacht zusammen. Wesentlich wichtiger sind die Schlafqualität und der Zeitpunkt des Aufwachens. 05.04.2016 St.Gallische Psychiatrie-Dienste Süd: Psychiatrie-Zentrum Werdenberg-Sarganserland, Trübbach Dr.med. Amann-Griengl Seite 74 Gesteigerte Tages-Schläfrigkeit (Primäre Hypersomnie) (Auszug aus: Margraf, Lehrbuch der Verhaltenstherapie, Band 4) Eine erhöhte Tagesschläfrigkeit bedeutet: • • Reduktion der Wachheit und Aufmerksamkeit Erhöhter Einschlafdrang tagsüber Falls Tagesschläfrigkeit auftritt, ist dies keine eigenständige Störung, sondern eine mögliche Folge des chronisch nicht-erholsamen NachtSchlafes. Tagesschläfrigkeit führt zu Konzentrations-Störungen und zwingendem Einschlaf-Drang in monotonen Situationen. Das alte Einteilungsschema in die beiden Kategorien Hypersomnie und Insomnie ist überholt, da Hypersomnie eine Folge der Insomnie ist. 05.04.2016 St.Gallische Psychiatrie-Dienste Süd: Psychiatrie-Zentrum Werdenberg-Sarganserland, Trübbach Dr.med. Amann-Griengl Seite 75 BEHANDLUNGS-ÜBERSICHT Spezifische Behandlungs-Strategien 1. 2. 3. 4. 5. 6. Restriktion der Zeit im Bett [Schlaf-Restriktion (neues Verfahren)] Spezifische Informationen (z.B. diese Unterlagen!) Entspannungsübungen (zuerst tags, später nachts) ERST DANN Schlaf-Medikamente ausschleichen Steigerung der körperlichen Aktivität unter Tags (erhöht Tiefschlaf-Phasen und Schlafqualität!) 7. Stimulus-Kontrolle (Konditionierung / Lernerfahrung auflösen) 8. Gedanken-Umstrukturierung: dysfunktionale Annahmen, Mythen und Märchen über den Schlaf erkennen und verändern 9. Schlafhygiene-Massnahmen anpassen, sofern individuell sinnvoll Unverzichtbar für Diagnostik und Behandlung: Schlafprotokoll! 05.04.2016 St.Gallische Psychiatrie-Dienste Süd: Psychiatrie-Zentrum Werdenberg-Sarganserland, Trübbach Dr.med. Amann-Griengl Seite 76 Intervention: Restriktion der Bett-Zeit Wirksamste Behandlungsmassnahme! • Die Bett-Zeit wird auf die durchschnittliche Schlafzeit der letzten zwei Wochen (gemäss Protokoll) beschränkt. nicht unter 4.5 Stunden («Kernschlaf» langfristig nicht unterschreiten!) • Ziel ist eine Schlafeffizienz von mindestens 85% (85% der im Bett verbrachten Zeit wird geschlafen) • Der Schlafdruck wird erhöht: Der Einschlaf-Zeitpunkt ist flexibel und abhängig von der Schläfrigkeit; der Aufweck-Zeitpunkt ist dagegen fix. Die festgelegte Bett-Zeit soll nicht überschritten werden. Eine Unterschreitung (z.B. bei Einschlafstörung) ist egal: verpasste Schlafzeit nicht nachholen! Bleiben Sie weiterhin bei der vereinbarten Bett-Zeit. • Nach mindestens 5 «effizienten» Nächten wird schrittweise die Bett-Zeit um 30 Minuten verlängert (bis ca. 7.5 Stunden / Nacht erreicht sind). • Die Bettzeit-Restriktion ist eine der effizientesten Behandlungsmethoden (Erfolge bereits nach 2-3 Wochen) und steht bei vielen Patienten an erster Stelle im Behandlungsplan. Sie ist anstrengend – lohnt sich aber sehr! 05.04.2016 St.Gallische Psychiatrie-Dienste Süd: Psychiatrie-Zentrum Werdenberg-Sarganserland, Trübbach Dr.med. Amann-Griengl Seite 77 Intervention: Schlaf-Wach-Rhythmus-Strukturierung (die mildere Variante) Die Rhythmus-Strukturierung ist eine abgeschwächte Form der Bett-Zeit-Restriktion. Für manche Patienten ist die sehr effiziente Bett-Zeit-Restriktion mit zu grossen Ängsten verknüpft. Die Rhythmus-Strukturierung ist dagegen für die meisten (auch älteren) Patienten problemlos anwendbar. • Nur bei ausgeprägter Müdigkeit / Schläfrigkeit zu Bett gehen. • Morgens regelmässig immer zur gleichen Zeit aufstehen (Wecker!), unabhängig von der Dauer des Nachtschlafs. Dies gilt auch für das Wochenende (maximal eine Stunde länger schlafen). • Keine Nickerchen am Tag (Mittagschlaf, TV-Schlaf, usw.). Hinweis: Mittagsschlaf ist stressreduzierend und senkt das Risiko für Infarkte. Bei Schlafstörungen aber schadet er mehr, als er nutzt, weil der Schlafdruck stark reduziert wird und zum Einschlafen nicht mehr ausreicht Stress! • Bei langen Bett-Zeiten und geringer Schlafdauer die Bett-Zeit insgesamt verkürzen (später zu Bett, früher aufstehen). Ausgedehnte Bett-Zeiten senken den Einschlafdruck erheblich. Maximale Bett-Zeit: 7 Stunden. • Bewusster Verzicht auf Schon-Verhalten (z.B. sich vermehrt hinlegen, kein Sport mehr, Verzicht auf soziale Aktivitäten, Selbstmitleid, Krankheitsgewinn, Jammern, Mitmenschen zur Rücksichtnahme und Schon-Verhalten bewegen …) 05.04.2016 St.Gallische Psychiatrie-Dienste Süd: Psychiatrie-Zentrum Werdenberg-Sarganserland, Trübbach Dr.med. Amann-Griengl Seite 78 Intervention: INTENSIVE SLEEP RETRAINING 24 Stunden Kurzzeit-Therapie! NEUES VERFAHREN für Patienten mit nachgewiesener Insomnie (Harris, 2007; 2012) • Vorbereitung: maximal 5 Stunden Schlaf in der Nacht davor • Schlaflabor: Innerhalb von 24 Stunden erfolgen 50 Einschlafversuche in Abständen von jeweils 30 Minuten • Die Patienten werden 3 Minuten nach jedem Einschlaf-Versuch wieder geweckt (und gefragt, ob sie geschlafen haben). • Die Patienten müssen bis zum Ende des Intervalls (noch ca. 25min) wach bleiben. Dann erfolgt der nächste Einschlaf-Versuch (mit erneutem Wecken). • Es besteht auch die Möglichkeit, diese Therapie ausserhalb des Schlaflabors durchzuführen: Smartphone App SleepQ (in jedem Intervall erklingt ein Ton, der quittiert werden muss, sonst wird man mit lautem Ton geweckt). ZIELE Führt zur Erfahrung, immer wieder (problemlos) einzuschlafen Verbesserung Einschlaf-Latenz; Abbau kognitiver Verzerrungen Gibt direktes Feedback über die Fehlwahrnehmung des Schlafes bei Insomnie BEURTEILUNG Sehr kurze, aber intensive und nachhaltige Therapie; «Lektion des Lebens» 05.04.2016 St.Gallische Psychiatrie-Dienste Süd: Psychiatrie-Zentrum Werdenberg-Sarganserland, Trübbach Dr.med. Amann-Griengl Seite 79 Hyper-Arousal: Stress-System und EntspannungsSystem chronisch im Ungleichgewicht http://www.medtronicrdn.com 05.04.2016 St.Gallische Psychiatrie-Dienste Süd: Psychiatrie-Zentrum Werdenberg-Sarganserland, Trübbach Dr.med. Amann-Griengl Seite 80 Chronisches Hyper-Arousal Schlafgestörte sind vermehrt angespannt und gestresst, sowohl in der Nacht als auch am Tag! Das Stress-System (Sympathikus) ist Tag und Nacht chronisch überaktiv! • Gründe im «aussen» • Stress, Zeitdruck • Arbeitsbelastung • Ärger, Streit, Konflikte • Gründe im «innen» • negative (Selbst-)Bewertung • Fokussieren auf Schlaflosigkeit • negative Erwartungshaltung • UNGLEICHGEWICHT – Stress und Entspannung Pause, Entspannung fehlt («Sympathikus-BREMSE fehlt») Hobby, Freizeitgestaltung fehlt («Parasympathikus-AKTIVIERUNG fehlt») 05.04.2016 St.Gallische Psychiatrie-Dienste Süd: Psychiatrie-Zentrum Werdenberg-Sarganserland, Trübbach Dr.med. Amann-Griengl Seite 81 Was ist das Problem beim Hyper-Arousal? STRESS-System: Kampf-Flucht-Totstellreflex LANGRFRISTIG ENTSPANNUNGS-System: Verdauung-Schlaf LANGFRISTIG KÖRPERLICH - Herzschlagrate, Atemfrequenz und Hautleitfähigkeit - Wachsamkeit Stress-Hormone später Stress-Erkrankungen (hormonelle Regulationsstörung) - Schlaf-Phasen-Änderung! Tiefschlaf reduziert, Leichtschlaf erhöht! Aktivität im Gehirn (EEG) allgemein PSYCHISCH Tendenz zum Grübeln und sich sorgen Exzessiver Fokus auf Schlaflosigkeit Arousal, Ärger, Anspannung • Das EntspannungsSystem (Parasympathikus) ist nicht etwa «krank» oder «kaputt». Ohne störende Einflüsse würde es sehr gut funktionieren. 05.04.2016 • Das Problem ist die Störung durch ein dauerhaft zu stark aktiviertes STRESS-System (Sympathikus) • Die Voraussetzung für ungestörten Schlaf ist aber ein ungestörtes, nicht-unterdrücktes Entspannungs-System. • ! Wenn das Stress-System abends also nicht runterfährt, kann das Entspannungssystem nicht aktiviert werden! St.Gallische Psychiatrie-Dienste Süd: Psychiatrie-Zentrum Werdenberg-Sarganserland, Trübbach Dr.med. Amann-Griengl Seite 82 Hyper-Arousal am Tag reduzieren: Stress-Ampel (aus: Margraf, Lehrbuch der Verhaltenstherapie, Band 4) Wie kann ich Stress früh genug erkennen? Wie kann ich Stress vorbeugen? Was kann ich beeinflussen, und was nicht? Wie gehe ich mit Stress und Stressoren um, die ich NICHT beeinflussen kann? 05.04.2016 St.Gallische Psychiatrie-Dienste Süd: Psychiatrie-Zentrum Werdenberg-Sarganserland, Trübbach Dr.med. Amann-Griengl Seite 83 Hyper-Arousal, Anspannung und innere Unruhe Das Stress-System kann durch alltägliche Belastung übermässig aktiviert werden. Folge ist eine erhöhte Ausschüttung von Stress-Hormonen (Kortisol, Adrenalin, Noradrenalin) erhöhte Wachheit, Wachsamkeit Vermeiden Sie kurz vor dem Einschlafen: Cool Down vor dem Zubettgehen! Ruhe und Entspannung Abend-Rituale Gezielte Übungen ZEIT LASSEN 05.04.2016 • Intensive körperliche Aktivität Intensiv-Sport, körperliche Arbeit unter Zeitdruck,… • Stark aktivierende konzentrierte oder hochemotionale Tätigkeit PC-Games, Thriller, Steuererklärung, Lernen für Prüfungen, intensive Vorbereitungen und Planungen… • Stimulierende Substanzen Koffein, Kokain, Methylphenidat, Bupropion,… St.Gallische Psychiatrie-Dienste Süd: Psychiatrie-Zentrum Werdenberg-Sarganserland, Trübbach Dr.med. Amann-Griengl Seite 84 Interventionen: Entspannungsübungen Ständiger Stress und starke Anspannung tagsüber führen dazu, dass man nachts nicht abschalten kann. Folgen sind gedankliche Unruhe (Grübeln, Gedankenkreisen) und körperliche Anspannung (Herzrasen, Schwitzen, Muskelspannung). Um die Anspannung zu senken, ist es wichtig, bereits tagsüber für Pausen und Entspannung zu sorgen, um das Anspannungsniveau bis zum Abend wieder abzusenken. Regelmässiges Üben (am Tag!) ist nötig. Erfolgversprechende Massnahmen: • • • • 05.04.2016 Körperliche Entspannungstechniken (Progressive Muskelrelaxation, Yoga, Biofeedback, KlangschalenMassage…) Geistige Entspannungstechniken (Ruhebild, Phantasiereisen, Meditation, Gebete) Realistische Tagesplanung (orientiert am Möglichen statt am Nötigen) Pausen und Abwechslung bei den Tätigkeiten einplanen St.Gallische Psychiatrie-Dienste Süd: Psychiatrie-Zentrum Werdenberg-Sarganserland, Trübbach Dr.med. Amann-Griengl Seite 85 Interventionen: Ruhebild und Phantasiereise Ruhebild und Phantasiereise sind Techniken, um abends vor dem Schlafen gedanklich besser abschalten zu können. Negative Gedanken und Grübeleien können das Einschlafen und Durchschlafen stören. Diese «Macht der Gedanken» kann man allerdings auch nutzen, indem man positive oder angenehme Gedanken entgegensetzt. • • • 05.04.2016 Schöne Erinnerungen oder Vorstellungen (z.B. Ferien, Blumenwiese, Märchenwelt, Sonnenuntergang, Bergsee…) Bilder mit angenehmer Charakter, die Ruhe vermitteln Ausgestaltung dieser Bilder zu einer «Reise» durch die imaginierte Landschaft HINWEISE • Keine reale oder lebende Personen • Keine hektischen schnellen Aktivitäten • Keine Vorstellungen, die an Belastungen des Alltags oder Probleme erinnern St.Gallische Psychiatrie-Dienste Süd: Psychiatrie-Zentrum Werdenberg-Sarganserland, Trübbach Dr.med. Amann-Griengl Seite 86 Interventionen: Ruhebild und Phantasiereise Das Ruhebild sollte vor dem inneren Auge mit allen Sinnesqualitäten imaginiert werden – so detailreich und intensiv wie möglich! Was können Sie im Ruhebild sehen, hören, fühlen, riechen und schmecken? Stellen Sie sich die Jahreszeit vor. Wie ist das Wetter? Die Temperatur? Geräusche? Spüren Sie, wie angenehm die Vorstellung ist. Was ist zu beachten? • • • • 05.04.2016 Die Vorstellungskraft ist nicht bei allen Menschen gleich stark ausgeprägt, sie lässt sich aber durch Übung stärken. Ruhebilder sollten für mindestens zwei Wochen tagsüber geübt werden. Erst wenn man die Technik beherrscht, sollte sie nachts eingesetzt werden. Es ist hilfreich, mehrere entspannende Ruhebilder und einige Notizen dazu zu haben. Eine Kombination mit anderen, z.B. körperlichen Entspannungsverfahren kann die Wirkung verstärken. St.Gallische Psychiatrie-Dienste Süd: Psychiatrie-Zentrum Werdenberg-Sarganserland, Trübbach Dr.med. Amann-Griengl Seite 87 Intervention Entspannungstechnik: Progressive Muskelrelaxation (aus: Margraf, Lehrbuch der Verhaltenstherapie, Band 4) 05.04.2016 St.Gallische Psychiatrie-Dienste Süd: Psychiatrie-Zentrum Werdenberg-Sarganserland, Trübbach Dr.med. Amann-Griengl Seite 88 Intervention Entspannungstechnik: Progressive Muskelrelaxation (aus: Margraf, Lehrbuch der Verhaltenstherapie, Band 4) WICHTIG Zunächst nur im Sitzen und nur tagsüber üben! Dann vor dem Schlafengehen, aber auch im Sitzen – nie im Bett! 05.04.2016 St.Gallische Psychiatrie-Dienste Süd: Psychiatrie-Zentrum Werdenberg-Sarganserland, Trübbach Dr.med. Amann-Griengl Seite 89 Intervention Entspannungstechnik: 45 Übungen (aus: www.zeitblueten.com) • • • • • • • • • • • • • 05.04.2016 Blickpunkt Zungenentspannung Blitz-Entspannung Das gekünstelte Lächeln Luft anhalten Nackenmassage Einschlaf-Yoga Schwer wie Blei Schnelle Entspannung im Sitzen Sinnliche Entspannung Muskeln an- und entspannen Der Bussard Stress, fall ab • Sonnengruss • 4 effektive Atemübungen • Progressive Muskelrelaxation (kurz/lang) • Body-Scan • Entspannung für die Augen • Regen • Spannung entspannen • Festgeschraubt • Ich bin ein Baum • Das Pendel • … St.Gallische Psychiatrie-Dienste Süd: Psychiatrie-Zentrum Werdenberg-Sarganserland, Trübbach Dr.med. Amann-Griengl Seite 90 Schlaf-Medikamente und schlaffördernde Substanzen Substanzgruppe Wirkstoff und Handelsname Benzodiazepine («Valium-Abkömmlinge») Triazolam (Halcion©), Lorazepam (Temesta©), Lormetazepam (Noctamid©), Midazolam (Dormicum©), Bromazepam (Lexotanil©) Abhängigkeitspotential! Nebenwirkungen! Tiefschlaf-Unterdrückung! Z-Substanzen (Benzodiazepin- Zolpidem (Zoldorm© Stilnox©), Zopiclon (Imovane©) Rezeptor-Wirkstoffe) Etwas weniger Nebenwirkungen als Benzodiazepine ebenfalls Abhängigkeitspotential! Tiefschlaf-Unterdrückung! Antidepressiva Trimipramin (Surmontil©), Doxepin (Sinquan©), Amitriptylin (Saroten©), Mirtazapin (Remeron©), Trazodon (Trittico©) Nebenwirkungen u. Toxizität (teilw. Gewichtszunahme, Mundtrockenheit etc….) Unterdrückung der REM-Phasen (ausser Trimipramin) Antipsychotika Pipamperon (Dipiperon©), Levomepromazin (Nozinan©) Quetiapin (Seroquel©) Nebenwirkungen! (teilw. Gewichtszunahme, Mundtrockenheit etc….) Können Schlafphasen ebenfalls beeinflussen Antihistaminika Diphenhydramin (Benocten©), Doxylamin (Sanalepsi©) Alkoholderivate Chloralhydrat (Nervifene©) Pflanzliche Stoffe Baldrian, Hopfen, Melisse, … Endogene Substanzen Melatonin Agomelatin (Valdoxan©), L-Tryptophan (körpereigene Substanzen) 05.04.2016 Nebenwirkungen! Können Schlafphasen ebenfalls stören! Toleranzentwicklung innert 2-3 Tagen, rascher Wirkverlust! Abhängigkeitspotential! Toleranzentwicklung innert weniger Tage und Vergiftungsgefahr bei Überdosis! Keine einheitlichen Substanzklassen verschiedene Wirkmechanismen! Wirkungsgrad gering Bei Jet-Lag wirksam. Bei anderen Insomnien geringer Wirkungsgrad St.Gallische Psychiatrie-Dienste Süd: Psychiatrie-Zentrum Werdenberg-Sarganserland, Trübbach Dr.med. Amann-Griengl Seite 91 Schlaf-Medikamente Schnelle Lösung? Sinnvolle Lösung? • Verschiedene Medikamente verringern kurzfristig deutlich Ein- und Durchschlafprobleme. • Keines dieser Medikamente beseitigt die Ursachen der Störung oder bringt langfristige Verbesserung. • Im Gegenteil: Benzodiazepine führen langfristig zu einer Verschlechterung des physiologischen (natürlichen) Schlafes. Auch die meisten der «off-label» zum Schlafen eingesetzten Antidepressiva oder Antipsychotika beeinträchtigen die Schlafphasen. • Benzodiazepine und Z-Substanzen führen zu einem raschen Wirkverlust, zu Dosissteigerung und später zu einer Abhängigkeit. Eine Abhängigkeit tritt bei Diazapem nach etwa 6 Wochen auf, bei Triazolam nach 10 Tagen. Nach etwa 3 Monaten Einnahme sind 25% aller Patienten abhängig von Benzodiazepinen. 05.04.2016 St.Gallische Psychiatrie-Dienste Süd: Psychiatrie-Zentrum Werdenberg-Sarganserland, Trübbach Dr.med. Amann-Griengl Seite 92 Wirkungsverlust von Benzodiazepinen (aus: Margraf, Lehrbuch der Verhaltenstherapie, Band 4) 05.04.2016 St.Gallische Psychiatrie-Dienste Süd: Psychiatrie-Zentrum Werdenberg-Sarganserland, Trübbach Dr.med. Amann-Griengl Seite 93 Benzodiazepine siehe auch für weiterführende Infos: http://www.pharmazeutische-zeitung.de/?id=29053 • Benzodiazepine sind klassische Schlafmittel. Sie führen zu einer körperlichen Gewöhnung – und nach etwa vier Wochen zu Wirkverlust und Dosissteigerung. • Bei jahrelanger Einnahme nehmen Schlafdauer und Schlafqualität trotz ständiger Dosissteigerung ab und können schlechter werden als vor Beginn der Medikation! • Das Schlafmittel verbessert den Schlaf nur subjektiv. Im Schlaflabor zeigt sich, dass Tiefschlaf und «Traumschlaf» (REM) unterdrückt / vermindert werden. • Je höher die Dosis, desto stärker sind die Nebenwirkungen: Schwindel, Konzentrationsprobleme, Kopfschmerzen, Gedächtnis-störungen, Beeinträchtigung des Atemzentrums, Muskel-Erschlaffung (Rückenschmerzen!), Sturzgefahr, Inkontinenz, paradoxe Reaktion, signifikant erhöhtes Demenz-Risiko (BMJ 2012; 345: e231) • Insbesondere langwirksame Präparate verursachen einen Hang-over und beeinträchtigen die Fahr- und Arbeitsfähigkeit. • Bei abruptem Absetzen kommt es zur Absetz-Insomnie falscher Schluss: «Ohne Benzos schlafe ich gar nicht mehr!» es kommt zur fortgesetzten Einnahme, trotz Wirkungsverlust! 05.04.2016 St.Gallische Psychiatrie-Dienste Süd: Psychiatrie-Zentrum Werdenberg-Sarganserland, Trübbach Dr.med. Amann-Griengl Seite 94 Benzodiazepin-Wirkung: was passiert in den Nervenzellen? www.what-when-how.com Benzodiazepine und Alkohol machen süchtig und «wirken» mit der Zeit weniger stark: Toleranzentwicklung und Dosissteigerung! 05.04.2016 • Der körpereigene Stoff «GABA» wird im Gehirn von einer Nervenzelle zur nächsten übertragen und hemmt die benachbarten Nervenzellen: GABA beruhigt, macht müde, löst Angst – in vernünftigem Ausmass. • Benzodiazepine greifen an der GABA-Andockstelle (Rezeptor) an und VERSTÄRKEN die hemmende Wirkung von GABA erheblich: man wird sehr müde. (GABA muss hierfür ausreichend im Körper vorhanden sein). • Alkohol (Ethanol) wirkt ebenso: er verstärkt die körpereigene GABAWirkung und wirkt (kurzfristig) beruhigend und angstlösend! St.Gallische Psychiatrie-Dienste Süd: Psychiatrie-Zentrum Werdenberg-Sarganserland, Trübbach Dr.med. Amann-Griengl Seite 95 Benzodiazepin-Abhängigkeit: was passiert in meinem Gehirn? • • Benzodiazepine hemmen die Aktivität fast aller Nervenzellen im Gehirn, indem Benzodiazepine die Wirkung der körpereigenen Hemm-Substanz «GABA» verstärken. Die Anwesenheit von GABA ist hierfür zwingend nötig. Die Folge dieser GABA-Verstärkung ist: Verlangsamung, Müdigkeit und Rückgang von Angst und psychischer Erregung. • Langfristig, d.h. nach einigen Wochen (!) passiert im Körper aber eine Gegenregulation: durch die starke medikamentöse Hemmung «von aussen» produziert der Körper jetzt immer weniger eigene Hemmstoffe (GABA), also weniger körpereigene beruhigende Substanzen. • Ausserdem versucht sich der Körper vor der «Überschwemmung» durch die übermässige medikamentöse Ermüdung/Beruhigung zu schützen, indem er nach einigen Wochen einfach die «Andock-Stellen» der Benzodiazepine (Rezeptoren an den Nervenzellen) stärker abbaut! • Beide Prozesse führen dazu, dass die Benzodiazepine als Schlafmittel bereits nach einigen Wochen weniger wirksam werden – trotz unveränderter Dosis! Das führt meist zu einer Dosis-Steigerung und damit zu einem Teufelskreis der Abhängigkeit und vermehrten Nebenwirkungen. 05.04.2016 St.Gallische Psychiatrie-Dienste Süd: Psychiatrie-Zentrum Werdenberg-Sarganserland, Trübbach Dr.med. Amann-Griengl Seite 96 Schlaf-Medikamente Wozu sind sie denn überhaupt da? • Ein sinnvoller Einsatz von Schlafmedikamenten besteht NUR in kurz anhaltenden Störungen und Krisen. • Schlafmittel helfen, kurzfristige belastende Situationen zu überbrücken / zu erleichtern: • Kurzfristige emotionale Belastung: akute Trauer-, Trennungs- oder Konfliktsituationen, psychische Krisen und Ausnahmezuständen usw. • Kurzfristiger Stress: besondere Herausforderungen oder Zeitdruck in Arbeitssituationen, erhöhte Anspannung vor Prüfungen, usw. • Kurzfristige «Ausnahmesituationen»: vor einer Operation, nach einer traumatischen Erfahrung, usw. Empfehlung: Prüfen Sie – «werde ich die Medikamente länger als 3-4 Wochen brauchen?» Wenn ja – ist das die falsche Lösung für Ihr Problem! Erkundigen Sie sich bei Ihrem Arzt nach Nebenwirkungen, Abhängigkeitspotential und Schlafphasen-Störung der Medikamente! Stoppen Sie nach 3 Wochen die Einnahme! 05.04.2016 St.Gallische Psychiatrie-Dienste Süd: Psychiatrie-Zentrum Werdenberg-Sarganserland, Trübbach Dr.med. Amann-Griengl Seite 97 Einnahme von Schlaf-Medikamenten: Die ungeschönte Realität Die vorgenannten Empfehlungen stehen in krassem Gegensatz zur klinischen Praxis: • Patienten mit chronischer Insomnie nehmen oft über Jahre hinweg Schlafmittel (Benzodiazepine) ein. • Trotz Wirkungsverlust und Dosissteigerung werden diese Benzodiazepine weiter eingenommen, weil die Patienten glauben, ohne Medikamente überhaupt nicht mehr schlafen zu können. Beim Auftreten einer Schlafstörung ist es am sinnvollsten, anstelle von Medikamenten von Beginn an verhaltenstherapeutische Strategien und schlafhygienische Massnahmen zu befolgen, um die Schlafstörung zu beseitigen. Eine zusätzliche Medikation wird nicht empfohlen, weil Medikamente sofort zu anscheinend mühelosem Ein- und Durchschlafen führen – aber nur eine (!!) kurzfristige (!!) Verbesserung bringen. Es ist nachvollziehbar, dass dann für die Patienten nur wenig Motivation für das Umsetzen längerfristiger (und anstrengender) Massnahmen besteht. 05.04.2016 St.Gallische Psychiatrie-Dienste Süd: Psychiatrie-Zentrum Werdenberg-Sarganserland, Trübbach Dr.med. Amann-Griengl Seite 98 Schlaf-Medikamente in Reserve – sinnvolle Strategie? NICHT empfohlen! Viele Schlafgestörte versuchen jeden Abend aufs Neue für einmal ohne Medikation auszukommen – mit dem Resultat, Stunden später verzweifelt und frustriert spät nachts doch noch ein Bedarfs-Medikament einzunehmen. Das ist die falsche Strategie! Die Einnahme spät nachts führt am nächsten Tag zu einem Hangover und zu Einschränkungen bei Fahrtüchtigkeit und Leistungsfähigkeit. Das «bekämpfte» negative Ereignis (Schlafstörung) ist ja sowieso bereits eingetreten, das Medikament gegen Schlafstörungen kommt ohnehin schon zu spät. Andere Patienten versuchen, 2 bis 3 Nächte ohne Medikamente durchzuhalten um in der folgenden Nacht mit Medikamenten «endlich mal eine gute Nacht sicherzustellen». Dies fördert enorm eine psychische Abhängigkeit (durch Konditionierung). Ausserdem wird der Schlafdruck homöostatisch reguliert: nach 2 bis 3 schlechten Nächten ist ohnehin eine gute Nacht zu erwarten! Wird ausgerechnet jetzt ein Medikament genommen, wird dies fälschlicherweise dem Medikament zugeschrieben. EMPFEHLUNG: Wenn Sie schon Medikamente einnehmen, dann: konsequent vor dem Schlafengehen, regelmässig und für einen begrenzten Zeitraum. Ausnahme: Bedarfsmedikation bei kurzfristigen belastenden Ereignissen. 05.04.2016 St.Gallische Psychiatrie-Dienste Süd: Psychiatrie-Zentrum Werdenberg-Sarganserland, Trübbach Dr.med. Amann-Griengl Seite 99 Benzodiazepin-Abhängigkeit (low dose / high dose): Absetzen unter ärztlicher Anleitung! • Bei Abhängigkeit kann das abrupte Absetzen von Benzodiazepinen zu erheblichen Entzugssymptomen führen: Schlaflosigkeit (= Absetz-Insomnie), Reizbarkeit, Herzrasen, Bluthochdruck, innere Unruhe. Diese Entzugssymptome sind störende vorübergehende Beschwerden über einige Wochen und führen NICHT zu einer langfristigen Schlafstörung. Viele Patienten ertragen die Symptome nicht, sondern greifen bei Schlafstörungen verzweifelt nach wenigen Tagen erneut zu Medikamenten. • Neben der körperlichen Gewöhnung kommt es meist auch zu einer psychischen Abhängigkeit: Man befürchtet, ohne Hilfe einer Tablette nie mehr schlafen zu können. Diese Annahme ist falsch. • Um die Gefahr von Entzugssymptomen oder Krampfanfällen beim Absetzen zu minimieren, sollte das Medikament schrittweise reduziert werden. • Die Abbauschritte werden individuell und abhängig von der bisherigen Dosis und der Entzugssymptomatik festgelegt. Der Abbau sollte nicht zu rasch, aber auch nicht zu langsam erfolgen. • Üblicherweise wird alle 1 bis 2 Wochen die Dosis um etwa 25% reduziert (Ausnahme: erster Reduktionsschritt beträgt etwa 50% der ursprünglichen Dosis). 05.04.2016 St.Gallische Psychiatrie-Dienste Süd: Psychiatrie-Zentrum Werdenberg-Sarganserland, Trübbach Dr.med. Amann-Griengl Seite 100 Intervention: Bewegung zur Verbesserung der Schlafqualität • Medikamente wirken nur kurze Zeit. Verhaltensänderungen wirken langfristig, aber erst mit Verzögerung. Dagegen stellt regelmässige Bewegung eine sehr rasch wirksame Behandlungsmöglichkeit dar und senkt das Stress-Niveau unmittelbar! • Studien zeigen: Nach körperlicher Belastung steigt unmittelbar die Gesamt-Schlafzeit und der Anteil der Tiefschlafphasen nimmt zu. Die Zeit zwischen Einschlafen und erster REM-Phase nimmt ab. Einschlafphase und REM-Phase werden kürzer. (Kubitz, Landers, Petruzzello & Han, 1996). 14.04.2016 St.Gallische Psychiatrie-Dienste Süd: Psychiatrie-Zentrum Werdenberg-Sarganserland, Trübbach Dr.med. Amann-Griengl Seite 101 Intervention: Bewegung verbessert die Schlafqualität • Studien (Urponen et al., 1988) mit sportlichen vs. unsportlichen Teilnehmern zeigen bei den Sportlern eine bessere subjektive Schlafqualität, kürzere Einschlafdauer und weniger Schlafunterbrechungen. • Schlaflabor-Studien: Bereits eine einmalige körperliche Aktivität bewirkt geringe bis moderate Verbesserungen in verschiedenen Schlaf-Variablen. • Studie (King et al., 1997): Teilnehmer: Patienten mit mittelgradiger Insomnie Intervention: 30 Min. Bewegung 3 bis 4 Mal pro Woche über einen Zeitraum von 16 Wochen Effekt: Signifikante Verbesserungen der subjektiven Schlafqualität, Einschlaflatenz und Gesamtschlafdauer 05.04.2016 St.Gallische Psychiatrie-Dienste Süd: Psychiatrie-Zentrum Werdenberg-Sarganserland, Trübbach Dr.med. Amann-Griengl Seite 102 Intervention: Bewegung verbessert die Schlafqualität • Studie (Erlacher et al., 2012): (aus: Erlacher et al., 2012): Intervention: 3 mal wöchentlich 60 Min. Nordic Walking während sechs Wochen. Effekt: Moderate bis starke Verbesserungen der allgemeinen Schlafqualität, ausserdem kürzere Einschlafzeiten, eine Zunahme der Gesamtschlafzeit und weniger Schlafunterbrechungen. Die Schlafeffizienz erreichte nahezu die Norm. Die Verbesserungen waren auch drei Monate nach Beendigung der Intervention immer noch nachweisbar. Siehe auch: http://www.researchgate.net/profile/Klaus_Blischke/public ation/259195065_Schlaf_und_Sport._Motorisches_Gedch tnis_Wettkampfleistung_und_Schlafqualitt/links/0046353a 4375c56f75000000.pdf?origin=publication_detail 05.04.2016 St.Gallische Psychiatrie-Dienste Süd: Psychiatrie-Zentrum Werdenberg-Sarganserland, Trübbach Dr.med. Amann-Griengl Seite 103 Konditionierung und De-Konditionierung …und die Folgen für den Schlaf! • Viele schlafgestörte Menschen machen im Bett gewohnheitsmässig verschiedenste andere Tätigkeiten als schlafen: im Bett lesen, essen, fernsehen, telefonieren, Notebook nutzen, gamen oder arbeiten, lernen... • Schlafgestörte verbringen mehr Zeit im Bett als Schlaf-Gesunde. Dahinter steht oft der Wunsch, durch längere Bett-Zeit etwas mehr Schlaf zu bekommen. • ABER: Je mehr Zeit im Bett verbracht wird, um so tiefer wird der Schlafdruck. Das führt zu einer Verschlechterung des Schlafes. • Zudem kommt es zu einer De-Konditionierung: «BETT» ist nicht mehr gleich «schlafen» (Konditionierung beim Gesunden) sondern neu: «BETT» gleich alles mögliche ausser schlafen, Hauptsache hellwach – mit entsprechend viel Frust, Leid, Angst und Verzweiflung. Gesunder Mensch: Bett (Stimulus) = Müdigkeits-Anfall, Schlafdruck Schlafgestörter: Bett (Stimulus) = hellwach, extrem angespannt, verzweifelt 05.04.2016 St.Gallische Psychiatrie-Dienste Süd: Psychiatrie-Zentrum Werdenberg-Sarganserland, Trübbach Dr.med. Amann-Griengl Seite 104 Intervention: Stimulus-Kontrolle (NUR) für Patienten mit De-Konditionierung • ! Verwenden Sie das Bett nur zum Schlafen ! KEINE anderen Aktivitäten im Bett ausser schlafen, Ausnahme sind sexuelle Aktivitäten. • Gehen Sie erst dann ins Bett, wenn Sie schläfrig sind. Schläfrig ist etwas anderes als müde (Schlafgestörte fühlen sich fast immer müde). • KEINE längeren Wachphasen im Bett verbringen. Nach 20-minütiger Wachphase verlassen Sie das Bett wieder. Gehen Sie bei gedämpftem Licht einer angenehmen Tätigkeit nach. Kehren Sie erst ins Bett zurück, wenn Sie wirklich schläfrig sind. Gelingt das Einschlafen noch immer nicht, verlassen Sie das Bett wieder, bis Sie schläfrig sind. • Stehen Sie morgens regelmässig zur gleichen Zeit auf, auch am Wochenende. • Bleiben Sie morgens nach dem Aufwachen NICHT im Bett liegen. Legen Sie sich auch tagsüber nicht ins Bett. • KEINE Nickerchen am Tag (Mittagsschlaf, TV-Schlaf, Kino-Schlaf…) 05.04.2016 St.Gallische Psychiatrie-Dienste Süd: Psychiatrie-Zentrum Werdenberg-Sarganserland, Trübbach Dr.med. Amann-Griengl Seite 105 Denkverzerrungen und Ängste führen zu ungünstigem Verhalten Negative und verzerrte Annahmen sind typisch bei Schlafstörungen. Diese Grundannahmen sind auch tagsüber sehr belastend und verstärken Stress und Anspannung und damit die Schlafstörung. • Die Dauer der Schlafzeit wird von Schlafgestörten im Gegensatz zu den Gesunden unterschätzt und die Dauer der Wachzeit überschätzt. • Verzerrte Wahrnehmung der Konsequenzen: «massive» Konzentrations- und Leistungsschwächen, Stimmungsschwankungen, katastrophale Folgen… Die subjektiv erlebte Beeinträchtigung ist gross, die objektiv feststellbare Beeinträchtigung ist dagegen gering. • Dies führt zu ungünstigem Verhalten wie zur «Schonhaltung»: Sehr früh oder unter Tags zu Bett gehen, sich keine Anstrengungen zumuten, abends nicht mehr ausgehen (keine sozialen Aktivitäten mehr), chronisch erlebte Beeinträchtigung, «Krankheitsverhalten». • Die geringe körperliche Bewegung (teils wegen Schonhaltung) und verlängerte Bett-Zeit verschlechtern die Schlafqualität noch weiter. 05.04.2016 St.Gallische Psychiatrie-Dienste Süd: Psychiatrie-Zentrum Werdenberg-Sarganserland, Trübbach Dr.med. Amann-Griengl Seite 106 Intervention: Kognitive Techniken Man unterscheidet verschiedene Typen schlafbehindernder Gedanken: 1. 2. 3. Belastung durch realistische Probleme, die gelöst werden sollten Allgemeines Grübeln, alltägliche Gedanken oder «unlösbare» Probleme, von denen in der Nacht keine Distanzierung gelingt Die Schlafstörung selber: Verzerrte negative Annahmen über den eigenen Schlaf Verstärkung von Anspannung und Angst. Drei Techniken, um diese Gedanken loszuwerden: 1. SYSTEMATISCHES PROBLEM-LÖSEN bei «realistischen Problemen» Wer sich nachts mit seinen Alltags-Problemen beschäftigt, sollte eine klar definierte Problemlöse-Zeit am Tag einführen, um nachts loslassen zu können. Probleme sind in der Regel nachts nicht lösbar, werden überbewertet oder verzerrt. Die Frage lautet: «Kann/muss ich das Problem jetzt im Bett lösen?» Wenn nein: Problemlöse-Zeit für den folgenden Tag festlegen: • Beschreiben Sie das Problem und legen Sie die Ziele fest • Brain-Storming: welche Lösungsmöglichkeiten gibt es? • Bewerten Sie die gefundenen Lösungen nach deren Realisierbarkeit • Entscheiden Sie sich für die sinnvollste Lösung • Legen Sie konkrete Handlungsstrategien und –schritte fest • Legen Sie einen Handlungsplan fest • Bewerten Sie das Ergebnis 05.04.2016 St.Gallische Psychiatrie-Dienste Süd: Psychiatrie-Zentrum Werdenberg-Sarganserland, Trübbach Dr.med. Amann-Griengl Seite 107 Intervention: Kognitive Techniken 2. GRÜBEL-STOP bei Gedankenkreisen und «unlösbaren Problemen»! Viele Menschen leiden daran, alltägliche störende Gedanken vor dem Einschlafen nicht «abschalten» zu können. Grübeln und Gedankenkreisen sind aber ineffizient und belastend. Es gibt Grübel-Stop-Methoden, um damit umzugehen: auch diese sollten zuerst tagsüber geübt und erst dann nachts eingesetzt werden. • Sobald Sie das Grübeln / Gedankenkreisen bemerken: sich ein STOP-Schild vorstellen. Leise dazu STOP sagen. • Gedankeninhalte in der Vorstellung aktiv «wegsperren»: z.B. in einen imaginären Schrank oder Tresor verbannen • Gedankeninhalte konkret ins aussen verlagern: z.B. nachts in einem Notizbuch den Gedanken aufschreiben und eine «Grübelzeit» für den Folgetag festlegen, um sich damit mit klarem Kopf zu beschäftigen. • Angenehme Vorstellungen dem Grübeln entgegen setzen (Ruhebild, Phantasiereise) 3. UMSTRUKTURIERUNG der Gedanken bei dysfunktionalen Annahmen! Oft ist die Schlafstörung selbst Hauptinhalt nächtlicher Grübeleien. Viele der Ängste sind wissenschaftlich nicht haltbar und beruhen auf Volksmythen oder falschen Annahmen. Mithilfe eines Schlafprotokolls können Sie Einblick gewinnen, ob die von Ihnen vermuteten oder befürchteten Zusammenhänge zutreffen. Mithilfe verschiedener Fragebögen können verdeckte schlafbezogene Ängste und Fehlannahmen erkannt werden. 05.04.2016 St.Gallische Psychiatrie-Dienste Süd: Psychiatrie-Zentrum Werdenberg-Sarganserland, Trübbach Dr.med. Amann-Griengl Seite 108 Ungünstige Annahmen über den Schlaf Typische Denkverzerrungen • • • • • • • • Ich brauche 8 Stunden Schlaf, um mich erholt zu fühlen und tagsüber ausreichend gut zu funktionieren. Wenn ich in der Nacht nicht die richtige Menge Schlaf bekomme, muss ich das wieder aufholen, indem ich tagsüber schlafe oder bei nächster Gelegenheit erheblich länger schlafe. Ich befürchte, dass eine chronische Schlaflosigkeit ernste Folgen für meine körperliche Gesundheit haben wird. Ich befürchte, dass ich die Kontrolle über meine Schlaffähigkeit verlieren könnte. Wenn ich eine Nacht schlecht schlafe, weiss ich, dass sich dies äusserst negativ auf meine Aktivitäten am nächsten Tag auswirkt. Damit ich munter bin und tagsüber gut funktioniere, ist es viel besser, eine Schlaftablette zu nehmen, als eine schlechte Nacht zu riskieren. Wenn ich mich am Tage reizbar, niedergeschlagen oder ängstlich fühle, liegt das (nur) daran, dass ich die Nacht davor schlecht geschlafen habe. Wenn ich eine Nacht schlecht geschlafen habe, weiss ich, dass es meinen Schlafrhythmus in der ganzen Woche durcheinander bringen wird. 05.04.2016 St.Gallische Psychiatrie-Dienste Süd: Psychiatrie-Zentrum Werdenberg-Sarganserland, Trübbach Dr.med. Amann-Griengl Seite 109 Ungünstige Annahmen über den Schlaf Typische Denk-Verzerrungen • • • • • • • • Ohne einen angemessenen Nachtschlaf kann ich am nächsten Tag nicht normal funktionieren. Ich kann nie voraussagen, ob ich diese Nacht guten oder schlechten Nachtschlaf haben werde. Ich bin nicht in der Lage, mit all den negativen Konsequenzen gestörten Schlafs fertig zu werden. Wenn ich mich müde fühle, keine Energie habe oder einfach am Tag nicht richtig funktioniere, dann liegt das gewöhnlich daran, dass ich die Nacht davor schlecht geschlafen habe. Ich glaube, dass Schlaflosigkeit im wesentlichen das Resultat eines chemischen Ungleichgewichts ist. Ich glaube, dass Schlaflosigkeit meine Fähigkeit ruiniert, das Leben zu geniessen, und mich davon abhält, das zu tun, was ich gerne möchte. Die einzig zuverlässige Lösung für Schlaflosigkeit sind Medikamente. Damit ich mich in den Folge-Nächten nach einer schlechten Nacht einigermassen erholen kann, schränke ich soziale oder familiäre Verpflichtungen ein, melde mich bei der Arbeit krank oder gehe überhaupt nicht mehr aus dem Haus. 05.04.2016 St.Gallische Psychiatrie-Dienste Süd: Psychiatrie-Zentrum Werdenberg-Sarganserland, Trübbach Dr.med. Amann-Griengl Seite 110 Ungünstige Annahmen über den Schlaf (Auszug aus: Margraf, Lehrbuch der Verhaltenstherapie, Band 4) 05.04.2016 St.Gallische Psychiatrie-Dienste Süd: Psychiatrie-Zentrum Werdenberg-Sarganserland, Trübbach Dr.med. Amann-Griengl Seite 111 Schlafbezogene Ängste (Auszug aus: Margraf, Lehrbuch der Verhaltenstherapie, Band 4) 05.04.2016 St.Gallische Psychiatrie-Dienste Süd: Psychiatrie-Zentrum Werdenberg-Sarganserland, Trübbach Dr.med. Amann-Griengl Seite 112 Schlafassoziierte Selbstbeobachtung (aus: Margraf, Lehrbuch der Verhaltenstherapie, Band 4) 05.04.2016 St.Gallische Psychiatrie-Dienste Süd: Psychiatrie-Zentrum Werdenberg-Sarganserland, Trübbach Dr.med. Amann-Griengl Seite 113 Schlafbezogenes Sicherheitsverhalten (Auszug aus: Margraf, Lehrbuch der Verhaltenstherapie, Band 4) 05.04.2016 St.Gallische Psychiatrie-Dienste Süd: Psychiatrie-Zentrum Werdenberg-Sarganserland, Trübbach Dr.med. Amann-Griengl Seite 114 Gedankenkontrolle (Auszug aus: Margraf, Lehrbuch der Verhaltenstherapie, Band 4) 05.04.2016 St.Gallische Psychiatrie-Dienste Süd: Psychiatrie-Zentrum Werdenberg-Sarganserland, Trübbach Dr.med. Amann-Griengl Seite 115 Alternative hilfreiche Gedanken bei schlafbezogenen Ängsten und Selbstbeobachtung • • • • • • • • Ich brauche nicht 8 Stunden Schlaf, um zu funktionieren. Kurzfristig ist der Mensch auch nach einer komplett schlaflosen Nacht leistungsfähig. Wenn mein Körper jetzt gerade nicht schlafen will, braucht er offenbar jetzt auch gerade keinen Schlaf. Er wird sich den Tief-Schlaf zuverlässig holen, wenn er ihn dann braucht. Ich habe immer wieder festgestellt, dass ich tagsüber nach einer oder mehreren schlechten Nächten zwar müde, aber absolut leistungsfähig war. Die vielen Stunden ohne Schlaf müssen glücklicherweise nur zu einem kleinen Teil nachgeholt werden. Mein Körper regelt das Nachholen von allein durch vermehrten Tiefschlaf in den folgenden Nächten. Ich muss mir keine Sorgen darüber machen. Ich nutze die Zeit, in der ich jetzt nicht schlafe, um mich zu entspannen, mich auszuruhen und mich ein wenig zu erholen. Ausruhen tut mir gut. Ich geniesse die Zeit im Bett. Ich gönne meinem Körper die Erholung durch ungestörte Schlafphasen und gönne es mir daher auch, ohne Schlaf-Medikamente einzuschlafen. Kurzfristiger Schlafentzug hebt die Stimmung, manche Menschen fühlen sich sogar euphorisch (eine Therapieform bei Depression). 05.04.2016 St.Gallische Psychiatrie-Dienste Süd: Psychiatrie-Zentrum Werdenberg-Sarganserland, Trübbach Dr.med. Amann-Griengl Seite 116 Alternative hilfreiche Gedanken bei schlafbezogenen Ängsten und Selbstbeobachtung • • • • • • Die Spannbreite der benötigten Schlafdauer liegt individuell unterschiedlich zwischen 5 bis 10 Stunden. Zudem gibt es bei jedem auch individuelle Schwankungen, auch gute Schläfer haben schlechte Nächte. Meine Leistungsfähigkeit ist nicht nur vom Schlaf, sondern auch von anderen Faktoren abhängig. Auch nach einer schlechten Nacht habe ich bisher gute Leistungen erbracht. Ich habe bereits wiederholt bemerkt, dass andere Leute an meiner Stimmung gar nicht bemerken, ob ich gut oder schlecht geschlafen habe. Sich über die Schlaflosigkeit zu ärgern oder zu verzweifeln, hilft nicht. Das macht zusätzlichen Stress und stört das Einschlafen noch mehr. Ich bleibe jetzt ruhig liegen, entspanne mich und geniesse die Ruhe. Ich kann mich darauf verlassen: Der Schlaf kommt, wenn ich ihn brauche. Es gibt gute und schlechte Nächte. Jetzt warte ich mal ab, entspanne mich und denke an mein Ruhebild. Diese Nacht kann immer noch eine gute Nacht werden. Eine schlechte Nacht ist auch keine Katastrophe. Und auch eine durchwachte Nacht ist keine Katastrophe. Mein Körper wird sich von selbst wieder erholen. 05.04.2016 St.Gallische Psychiatrie-Dienste Süd: Psychiatrie-Zentrum Werdenberg-Sarganserland, Trübbach Dr.med. Amann-Griengl Seite 117 Alternative hilfreiche Gedanken bei Grübeln, Sorgen und Ängsten • • • • • Ich mache mir jetzt Sorgen und ängstige mich. In der Nacht kann ich diese Probleme aber nicht lösen. Ich schreibe die Sorgen auf und verschiebe sie auf morgen. Zu diesem Zeitpunkt kümmere ich mich um die Probleme. Jetzt muss ich mich nicht mehr darum kümmern. Die Sorgen sind zwar da, aber sie belästigen mich jetzt nicht. Ich sehe, wie sie ganz klein werden, während ich mich innerlich von meinem Alltag entferne. Ich sehe, wie ich immer weiter weg reise und meine Sorgen und Ängste immer kleiner werden. Ich reise so weit weg, dass ich am Schluss mein Haus, meine Stadt, mein Land und den Kontinent kaum noch erkennen kann, bis ich nur noch den Erdball sehe. Ich schliesse die Sorgen und Ängste in eine dicke Schublade oder einen Tresor ein und reise dann in Gedanken zu meinem persönlichen inneren sicheren Ort. Ich schaue mir diesen Ort an, die Farben, Düfte und Klänge, die Geborgenheit und Sicherheit. Ich gönne mir Erholung und Entspannung. Ich mache eine Entspannungsübung, damit ich ruhiger und gelassener werde und der Schlaf leichter kommen kann. So werde ich mich morgen erholt und ausgeschlafen fühlen. 05.04.2016 St.Gallische Psychiatrie-Dienste Süd: Psychiatrie-Zentrum Werdenberg-Sarganserland, Trübbach Dr.med. Amann-Griengl Seite 118 Intervention: Umstrukturierung der Gedanken (Auszug aus: Margraf, Lehrbuch der Verhaltenstherapie, Band 4) 05.04.2016 St.Gallische Psychiatrie-Dienste Süd: Psychiatrie-Zentrum Werdenberg-Sarganserland, Trübbach Dr.med. Amann-Griengl Seite 119 …und das SCHLAFHYGIENE – REGELWERK (kleine Auswahl!) • • • • • • • • • • • • • • • • • Nach dem Mittagessen keine koffeinhaltigen Getränke mehr (Kaffee, Schwarztee, Cola, Eistee, Energy Drinks…) Alkoholkonsum reduzieren oder einstellen; keinesfalls als Schlafmittel einsetzen Auf Appetitzügler verzichten (häufige Nebenwirkung: Schlafstörungen!) Keine schweren Mahlzeiten mehr als drei Stunden vor dem Zubettgehen Vor dem Zubettgehen allmähliche Verringerung geistiger und körperlicher Aktivitäten Persönliches Einschlafritual Angenehme Atmosphäre im Schlafzimmer (kein TV; angenehme Temperatur, dunkel) Nachts nicht auf die Uhr schauen, Glockenschläge nicht zählen Regelmässige Aufstehzeiten auch an freien Tagen Tagesschlaf vermeiden; keinesfalls Tagesschlaf nach 15.00 Uhr Bettliegezeit beschränken auf durchschnittliche individuelle Schlafdauer! Nach 19 Uhr nicht mehr rauchen Keine körperliche übermässige Anstrengung nach 18.00 Uhr Zeitliche Pufferzone zwischen normalen Alltags-Aktivitäten und Zubettgehen einplanen Kein helles Licht, wenn Sie nachts wach sind und aufstehen Morgens nach dem Aufstehen mindestens eine halbe Stunde helles Tageslicht Täglich 30-60 Minuten Bewegung und so weiter… und so weiter… und so weiter… 05.04.2016 St.Gallische Psychiatrie-Dienste Süd: Psychiatrie-Zentrum Werdenberg-Sarganserland, Trübbach Dr.med. Amann-Griengl Seite 120 Allgemeine SCHLAFHYGIENE-Massnahmen spielen in der individuellen Behandlung die kleinste Rolle • Schlafhygiene-Massnahmen sind allgemeine Empfehlungen bei Ein- und Durchschlafstörungen unterschiedlichster Art. Sie sind zwangsläufig nicht spezifisch und sie widersprechen sich auch teilweise. • • Es müssen bei weitem nicht alle Schlafhygiene-Regeln umgesetzt werden, um eine bestimmte Schlafstörungen zu beheben – sondern die richtigen. WICHTIG ist eine Analyse Ihrer persönlichen auslösenden und aufrechterhaltenden Bedingungen der Schlafstörung und die gezielte Therapie. • 05.04.2016 Schlafhygiene-Massnahmen können – wenn sie gezielt und bewusst eingesetzt werden – helfen, um das Einschlafen zu erleichtern und die Schlafqualität zu verbessern. St.Gallische Psychiatrie-Dienste Süd: Psychiatrie-Zentrum Werdenberg-Sarganserland, Trübbach Dr.med. Amann-Griengl Seite 121 ZUSAMMENFASSUNG Schlafphasen, innere Uhr und Bett-Zeiten • Unser Körper folgt einer inneren Rhythmik mit Aktivitätsphase (Tag: 17 – 18 Stunden) und Ruhephase (Nacht: 7 – 8 Stunden). • Der Körper stellt sich auf diesen Wechsel ein und reguliert verschiedene innere Prozesse: So gibt es bestimmte Hormone, die während der Ruhephase produziert und in der Aktivitätsphase abgebaut werden und umgekehrt. • Schwierigkeiten bekommt unser Körper, wenn diese «innere Uhr» durcheinander gerät. • Besonders deutlich merkt man dies bei der Reise in eine andere Zeitzone. Auch Schichtarbeit (Nachtschicht) kann zu einer Störung der inneren Uhr führen. • Eine weniger offensichtliche Störung der inneren Uhr geschieht, wenn dem Körper zu wenig deutlich signalisiert wird, ob er sich gerade in der Aktivitäts- oder in der Ruhephase befindet. Unregelmässige und zu lange Bettzeiten sind die Hauptursache. 05.04.2016 St.Gallische Psychiatrie-Dienste Süd: Psychiatrie-Zentrum Werdenberg-Sarganserland, Trübbach Dr.med. Amann-Griengl Seite 122 ZUSAMMENFASSUNG Empfehlungen Bett-Zeiten und Schlafphasen (Auszug aus: Margraf, Lehrbuch der Verhaltenstherapie, Band 4) 05.04.2016 St.Gallische Psychiatrie-Dienste Süd: Psychiatrie-Zentrum Werdenberg-Sarganserland, Trübbach Dr.med. Amann-Griengl Seite 123 ZUSAMMENFASSUNG Konditionierung und Lernprozesse • Menschen sind zwar sehr komplexe Wesen, aber bestimmte Lernprozesse funktionieren dann doch erstaunlich einfach. • Unser Körper lernt, zwei Dinge im Gedächtnis automatisch zu verknüpfen. Wenn das passiert ist, ergibt sich das «eine» automatisch, wenn das «andere» gegeben ist. Man nennt dies Konditionierung. • Bei Menschen ohne Schlafprobleme ist die Schlafumgebung in der Regel mit «einschlafen» verbunden. Es besteht also eine enge Verbindung zwischen «Bett» und «schlafen». • Bei Menschen mit Schlafproblemen ist diese Verbindung oft nicht mehr vorhanden. Vielmehr gehen sie todmüde ins Bett – und kaum sind sie im Bett, sind sie sofort wieder hellwach. • Das ist eine ungünstige Konditionierung: «Bett» = «wach sein»! • Um diesen ungünstigen Lernprozess rückgängig zu machen, sollten Sie sich an folgende Regeln halten: 05.04.2016 St.Gallische Psychiatrie-Dienste Süd: Psychiatrie-Zentrum Werdenberg-Sarganserland, Trübbach Dr.med. Amann-Griengl Seite 124 ZUSAMMENFASSUNG Empfehlungen zur De-Konditionierung (Auszug aus: Margraf, Lehrbuch der Verhaltenstherapie, Band 4) 05.04.2016 St.Gallische Psychiatrie-Dienste Süd: Psychiatrie-Zentrum Werdenberg-Sarganserland, Trübbach Dr.med. Amann-Griengl Seite 125 ZUSAMMENFASSUNG Alternative Annahmen über den Schlaf (Auszug aus: Margraf, Lehrbuch der Verhaltenstherapie, Band 4) 05.04.2016 St.Gallische Psychiatrie-Dienste Süd: Psychiatrie-Zentrum Werdenberg-Sarganserland, Trübbach Dr.med. Amann-Griengl Seite 126 ZUSAMMENFASSUNG Checkliste / generelle Empfehlungen (Auszug aus: Margraf, Lehrbuch der Verhaltenstherapie, Band 4) 05.04.2016 St.Gallische Psychiatrie-Dienste Süd: Psychiatrie-Zentrum Werdenberg-Sarganserland, Trübbach Dr.med. Amann-Griengl Seite 127 ZUSAMMENFASSUNG Checkliste / generelle Empfehlungen (Auszug aus: Margraf, Lehrbuch der Verhaltenstherapie, Band 4) 05.04.2016 St.Gallische Psychiatrie-Dienste Süd: Psychiatrie-Zentrum Werdenberg-Sarganserland, Trübbach Dr.med. Amann-Griengl Seite 128 Web-Adressen www.schlafgestoert.de www.sleephomepages.org www.fatigatio.de www.bds-web.de 05.04.2016 St.Gallische Psychiatrie-Dienste Süd: Psychiatrie-Zentrum Werdenberg-Sarganserland, Trübbach Dr.med. Amann-Griengl Seite 129 Gelassenheit Gott gebe mir die Gelassenheit, Dinge hinzunehmen, die ich nicht ändern kann und den Mut Dinge zu ändern, die ich ändern kann und die Weisheit, das eine vom anderen zu unterscheiden (R. Niebuhr) 05.04.2016 St.Gallische Psychiatrie-Dienste Süd: Psychiatrie-Zentrum Werdenberg-Sarganserland, Trübbach Dr.med. Amann-Griengl Seite 130 Schlafen Sie gut! Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit! 05.04.2016 St.Gallische Psychiatrie-Dienste Süd: Psychiatrie-Zentrum Werdenberg-Sarganserland, Trübbach Dr.med. Amann-Griengl Seite 131