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Grundriß der
Augenheilkunde
Mit einem Repetitorium für Studenten
Begründet von F. Schieck
Fortgeführt von E. Engelking
16. neu bearbeitete Auflage von
w. Leydhecker
Mit 285 zum Teil farbigen Abbildungen
in 356 Einzeldarstellungen
Springer-Verlag
Berlin Heidelberg GmbH 1972
Professor Dr. ERNST ENGELKING
Heidelberg, Kapellenweg
Professor Dr. WOLFGANG LEYDHECKER
Direktor der Universitäts-Augenklinik
im Kopfklinikum Würzburg
ISBN 978-3-540-05825-0
ISBN 978-3-662-07607-1 (eBook)
DOI 10.1007/978-3-662-07607-1
Das Werk ist urheberrechtlich geschützt. Die dadurch begründeten Rechte,
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oder ähnlichem Wege und der Speicherung in Datenverarbeitungsanlagen
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Die Wiedergabe von Gebrauchsnamen, Handelsnamen, Warenbezeichnungen usw. in diesem Werk berechtigt auch ohne besondere Kennzeichnung
nicht zu der Annahme, daß solche Namen im Sinne der Warenzeichen- und
Markenschutz-Gesetzgebung als frei zu betrachten wären und daher von
jedermann benutzt werden dürften.
© by Springer-Verlag Berlin Heidelberg 1972.
Ursprünglich erschienen bei Springer-Verlag Berlin Heidelberg New York 1972
Library of Congress Catalog Card Number 72-80473.
Herstellung: Universitätsdruckerei H. Stürtz AG, 8700 Würzburg.
Vorwort zur 16. Auflage
Die 15. Auflage war trotz ihrer Höhe rasch vergriffen. In der
16. Auflage sind mißverständliche Ausdrucksweisen, Irrtümer und Druckfehler möglichst beseitigt. Fortgelassen
habe ich das ausführliche Verzeichnis der Blindenschulen,
und statt dessen angegeben, wo diese und andere wichtige
Informationen zur Blindenfürsorge zu beziehen sind.
Der Student braucht bei der Fülle des Examenswissens
ein "Paukbuch", das die didaktischen Vorzüge mancher
Skripten ohne deren Nachteile (keine oder schlechte Abbildungen, sachliche Fehler) bringt. Deshalb wurden viele
Abbildungen hinzugefügt oder durch bessere ersetzt. Das
farbige Unterlegen soll besonders wichtige Textstellen stärker einprägen. Meist am Ende jeden Abschnittes sind außerdem Stichworte im Telegrammstil farbig unterlegt, die die
Selbstkontrolle des Lernenden erleichtern mögen. Sie sind
keine vollständige Zusammenfassung und enthalten keine
Hinweise auf bereits vorher unterlegte Textstellen oder ausführliche Erklärungen. Das Sachverzeichnis wurde überarbeitet. Es kann ebenso wie das Repetitorium dem Examenskandidaten helfen, sein Wissen zu überprüfen.
Ich danke Kollegen und Studenten herzlich für die fördernde und wohlwollende Kritik und bitte auch weiterhin
um Verbesserungsvorschläge. Dem Verlag danke ich für das
Eingehen auf meine Wünsche bei der Überarbeitung des
Werkes.
Würzburg, Juli 1972
W.
LEYDHECKER
Aus dem Vorwort zur 15. Auflage
Der Zweck dieses kurzen, von SCHlECK begründeten Buches,
blieb unverändert: Dem Studierenden und dem praktischen
Arzt soll ein Leitfaden gegeben werden, um sich mit den
wichtigsten Fragen der Augenheilkunde vertraut zu machen.
Was ist wichtig? Besonders wichtig sind Krankheiten,
deren Verkennen eine Gefahr für das Leben oder das Sehvermögen bildet oder die durch die Übertragbarkeit andere
Menschen gefährden. Wichtig sind ferner Krankheiten, die
besonders häufig sind und die der Nichtaugenarzt deshalb
kennen soll, oder die der praktische Arzt selbst behandeln
kann, wenn kein Facharzt erreichbar ist, sowie Augenveränderungen, die dem praktischen Arzt bei dem Erkennen von
Allgemeinleiden nützen können. In jedem Kapitel habe ich
mich bemüht, nach einer kurzen Schilderung der normalen
Anatomie das Wichtigste zuerst zu bringen, wenn es möglich
war. Der Text der 15. Auflage wurde fast völlig neu geschrieben.
Würzburg, Juli 1968
W. LEYDHECKER
Inhaltsverzeichnis
Die Augenheilkunde . . . . . . . . .
Das Sehorgan . . . . . . . . . . . .
Der intraokulare Flüssigkeitswechsel .
Die Untersuchungsmethoden des Auges
Objektive Untersuchungsmethoden.
Subjektive Untersuchungsmethoden
Die Brechkraft und die Refraktion
Die Akkommodation . . . . . . . .
Die Erkrankungen der Lider. . . . .
Störungen der Stellung und Beweglichkeit.
Entzündungen der Lider . . . .
Die Erkrankungen der Tränenorgane
Die Erkrankungen der Bindehaut. .
Entzündungen der Bindehaut
Ursachen von Bindehautentzündungen
Die Erkrankungen der Hornhaut .
Verletzungen . . . . . . .
Hornhautentzündungen . . .
Degenerative Veränderungen .
Anomalien der Größe und Wölbung der Hornhaut
Die Erkrankungen der Lederhaut.
Die Erkrankungen der Linse. . .
Erworbene Starformen . . . .
Katarakt bei Stoffwechselleiden
Katarakt bei Verletzungen
Katarakt bei Augenleiden
Angeborene Starformen
Star bei Jugendlichen
Therapie . . . . . . .
Operationen . . . . .
Allgemeines zur Operation
Die Erkrankungen der Iris und des Corpus ciliare.
Die Entzündung der Iris (Iritis)
Die Erkrankungen der Aderhaut . . . . . . . .
1
2
10
10
11
20
33
46
48
50
52
57
60
62
63
74
76
79
88
89
91
92
95
98
98
99
99
100
101
102
103
106
108
115
VIII
Die Pupille
119
122
Der Glaskörper . . . . . . .
Die Erkrankungen der Netzhaut
123
Ablösung der Netzhaut (Amotio oder Ablatio
128
retinae) . . . . . . .
Tumoren. . . . . .
132
Zirkulationsstörungen
134
Degenerationen
142
Entzündungen
144
Verletzungen .
147
Mißbildungen.
148
Die Erkrankungen des Sehnerven.
148
156
Die Erkrankungen der Sehbahn
159
Das Glaukom . . . . .
165
Sekundäre Glaukome . . .
166
Primäre Glaukome . . . .
Hydrophthalmie, kindliches Glaukom
178
180
Die Orbita
182
Entzündungen . . . . .
Endokriner Exophthalmus
183
Augenmuskellähmung (Strabismus paralyticus) .
184
Unterschiede zwischen Begleitschielen und Augenmuskellähmung . . . . . . .
192
193
Schielen (Strabismus concomitans)
201
Entwicklungsgeschichte des Auges
Die Mißbildungen des Auges
202
204
Erbliche Augenleiden . . . . . .
Die Verletzungen des Auges . . .
205
Begutachtung und Berufskrankheiten
208
Fürsorge für Blinde und Schwachsichtige
213
Repetitorium, Examensfragen
215
Sachverzeichnis . . . . . .
225
Die Augenheilkunde
Die Augenheilkunde bietet einige Besonderheiten. Die Feinheit und Empfindlichkeit des Organs verbieten Derbheit bei der
Untersuchung und Behandlung. Das Auge
ist klein, bei vielen Operationen trägt der
Arzt vergrößernde Sehhilfen oder blickt
durch das Operationsmikroskop. Man
könnte das Operieren mit einer Feinmechaniker-Arbeit vergleichen, wenn nicht
die seelische Belastung fUr Patient und
Arzt so groß wäre. Die Untersuchung der
durchsichtigen Teile erfolgt im optischen
Schnitt des Spaltlampenlichtes mit dem
Untersuchungsmikroskop. Den Augenhintergrund sieht man bei der üblichen
Betrachtung mit dem Augenspiegel bereits
16fach vergrößert, mit dem Untersuchungsmikroskop noch weit größer. In
der Hornhaut erkennt der Arzt ohne
weiteres Nerven, in der Retina Kapillaren. Diese ganz regelmäßig erhobenen
Befunde im mikroskopischen Bereich kennen andere Fächer der Medizin nicht.
Die Schönheit der Strukturen erfüllt
den Betrachter mit Ehrfurcht vor der
Natur. Die Möglichkeit, so klare Befunde
zu erheben, veranlaßt ihn zu exaktem
Beobachten und genauem ätiologischem
und therapeutischem Denken. Die vielleicht kostbarsten Quadratmillimeter des
Körpers sind die beiden Fovere cent rales. Der hohe Wert des Auges legt dem
Arzt eine besonders große Verantwortung
auf. Das therapeutische Risiko ist
groß. Ohne angewandte Psychologie,
ohne TaktgefUhl kann man nicht Augenarzt sein.
Wer Augenkranke operiert, muß Nervosität, Ärger oder Angst beherrschen
können. Es genügt nicht, das "Auge eines
Adlers, das Herz eines Löwen und die
Hand einer Frau" zu haben. Hinzukommen müssen die Kenntnis der Anatomie
und Physiologie, richtiges Abwägen und
Voraussehen aller Risiken, stete Übung,
Geschicklichkeit, die Ruhe eines Stoikers
und die Sicherheit eines Scharfschützen,
vor allem aber: Mitempfinden mit dem
Kranken, dessen Wohl allein entscheidend
ist. Nur dann bleibt man bescheiden und
läßt sich nicht von der Eitelkeit des Fingerfertigen lenken, der mehr wagt, als für den
Kranken zu gewinnen ist. Die Operation
des Auges betrifft den ganzen kranken
Menschen und seine Familie.
Mit der Gesamtmedizin ist die Augenheilkunde innig verflochten. Viele Allgemeinleiden bewirken Augenveränderungen. Diagnose und Therapie des Augenarztes fUhren ihn so täglich über sein Fach
hinaus. Von den 12 Hirnnerven sind 6 am
Auge und seinen Hilfsorganen beteiligt.
Dadurch ist die Verflechtung mit der Neurologie besonders eng. Das Auge ist ja
ein vorgeschobener Gehirnteil. Mit der
Hals-Nasen-Ohrenheilkunde bestehen enge Beziehungen wegen der Nebenhöhlen,
die dicht an das Auge heranreichen, mit
der Dermatologie wegen der häufigen
Erkrankungen der Lidhaut und Bindehaut, mit der inneren Medizin wegen der
Augenbeteiligung bei vielen Krankheiten.
Der Wissenschaftler wird zum Studium
des Auges vieler weiterer Wissensgebiete
2
bedürfen: Der Physiologie, Chemie, Physik, Optik, Immunologie, Histologie, Psychologie und Statistik, um nur einige zu
nennen.
So betrachtet, ist die Augenheilkunde
ein faszinierendes, klares und ästhetisches
Arbeitsgebiet im Schnittpunkt vieler Wissenschaftszweige, das man nie auslernt, das
große Verantwortung und tiefe Freude
bringt, wenn man dem Kranken helfen
kann.
Das Sehorgan
Das Sehorgan besteht aus den beiden
Augen mit ihren Schutz- und Hilfsorganen,
aus den Sehbahnen und Sehzentren. Der
Augapfel enthält als wichtigsten Teil des
Sehorgans die lichtempfindliche Netzhaut.
Sie ist ein nach vorn geschobener Hirnteil mit mehreren hintereinandergeschalteten Neuronen. Die adäquaten Reize
sind elektromagnetische Wellen von etwa
400 bis 800 mll. Bei jeder Blickrichtung ist
den einzelnen Netzhautstellen ein bestimmter Ort im Raum zugeordnet: sie
haben einen Raumwert. Die räumliche
Unterscheidung und Ordnung der durch
das einfallende Licht bedingten Sinneseindrücke nennen wir Sehen.
Der Augapfel enthält bildentwerfende
und bildaufnehmende Organe. Zu den
ersteren rechnen die brechenden Medien:
Hornhaut und Linse. Das bildaufnehmende Organ ist die Netzhaut (Retina).
In ihr wird der physikalische Reiz mittels
photochemischer Prozesse in einen nervösen Reiz umgewandelt. Der ihn weiterleitende Sehnerv (N ervus opticus, anatomisch richtiger: Fasciculus opticus), das
Chiasma nervorum, die Tractus optici
und intracerebralen Bahnen über den
Thalamus opticus und die Gratioletsche
Sehstrahlung bis in die Hinterhauptsrinde
Das Sehorgan
bilden die nervöse Leitung. Hier, im Sehzentrum, befinden sich die Substrate der
bewußten Lichtempfindung. Eine Anzahl
übergeordneter Bahnen, die von hier ausgehen und das Sehzentrum mit anderen
Hirnteilen verbinden, sorgen für die weitere Verarbeitung der optischen Eindrücke
und ihre Einordnung in den Gesamtkomplex der Erfahrung (psychische Leitung).
Jeder überschwellige Lichtreiz, der zur
Hirnrinde gelangt, hinterläßt wahrscheinlich in ihren Zentren gewisse dauernde
Veränderungen (Engramme).
Der Augapfel erhält seine Gestalt durch
eine kugelf6rmige Hülle festen Bindegewebes, die vorn von der durchsichtigen
Hornhaut (Cornea), im übrigen von der
weißen Lederhaut (Sklera) gebildet wird.
Die Hornhautkrümmung hat einen etwas
kürzeren Radius (8 mm=42 dpt) als die
übrige Bulbuskapsel, so daß die Cornea
wie ein Uhrglas der Bulbuswandung eingefügt ist. An ihrem Rand befindet sich
deshalb eine seichte Rinne (Limbus corneae). Der horizontale Durchmesser der
durchsichtigen Hornhaut (nicht etwa mit
dem Krümmungsdurchmesser zu verwechseln!) beträgt etwa 11,5 mm (Normalwerte 10-13 mm), die sagittale Achse des
normalen Auges etwa 24 mm.
Das Auge des Neugeborenen, obwohl bereits
relativ sehr weit entwickelt, ist gegenüber dem des
Erwachsenen viel kürzer. Seine Achsenlänge beträgt
nur etwa 17 mm. Hornhaut und Linse sind entsprechend stärker gewölbt. Trotzdem ist das Neugeborenenauge in der Regel hypermetrop, auch wenn es
später emmetrop oder myop wird. Der Hornhautdurchmesser bei Neugeborenen beträgt 8-10 mm
(wichtig ftir die Diagnose der Hydrophthalmie I).
Hinter der Cornea liegt die vordere
Augenkammer, die begrenzt wird von der
Hornhauthinterfläche, dem Kammerwinkel, der Irisvorderfläche und, im Bereich
der schwarzen Pupille, der Linsenvorderfläche (Abb.1-3).
Der funktionell wichtige Kammerwinkel befindet sich dort, wo die Hornhaut-
Der Augapfel
3
Nc t7haUI
KammerwInkel
!
Hilllerc __
"1
~
<'
Vordere.
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Pupille __
und d<lhilUcr Aderhaut
_. ______ Zon"la
Schncrvenpapille __ ------
Glaskörpcrraum
Cornea I'"
-"-,_ Sk lera
Abb. 1. Waagrechter schematischer Durchschnitt durch den linken Augapfel, von oben gesehen
Abb. 2. Temporale Hälfte des rechten Augapfels (nach einem Lehrmodell. Die Linse ist nicht durchschnitten).
Lb Linsenaufhängebänder, zirkulär um den Linsenrand angeordnet ; R Regenbogenhaut; L Linse; P Pupille;
H Hornhaut; Vk vordere Augenkammer; G innerer, vom Glaskörper ausgefüllter Hohlraum; Lh Lederhaut;
A Aderhaut; N Netzhaut (daz,wischen Pigmentschicht); S Sehnerv; SE Sehnerveneintritt; F Stelle des schärfsten
Sehens (Fovea)
4
Das Sehorgan
Abb.3. Vorderabschnitt des menschlichen Auges mit Kammerwinkel. Vergleiche das gonioskopische Bild
Abb. 223! Links oben Hornhaut, deren Peripherie von Sklera überdeckt ist. Die Lücken in der Sklera sind
Venen des intraskleralen Plexus, durch die das Kammerwasser abfließt. Die Hornhaut ist innen von einem
Endothel ausgekleidet. Das Endothel endet zusammen mit der Descemetschen Membran in einer Verdickung,
die man gonioskopisch als Schwalbesche Linie sieht. Hierauf folgt zum Kammerwinkel hin ein im Schnitt
dreieckiger spongiöser Körper, das Trabeculum corneosclerale. Durch dessen Lücken sickert das Wasser in
den Schlemmschen Kanal und von hier aus in Venen des intraskleralen Plexus. Die hintere Wand des Kammerwinkeis wird von der Iris gebildet, die der Linsenvorderfläche lose aufliegt. Das Linsenepithel reicht bis in die
Äquatorgegend. Die Linse ist mit den Zonulafasern an den Ziliarfortsätzen und den Tälern zwischen den Ziliarfortsätzen aufgehängt. Am Ziliarkörper unterscheidet man die meridionalen Fasern des Brückeschen Muskels
und die zirkulären Fasern des Müllerschen Muskels
rückfläche zur Iris umbiegt. Er ist unseren
Blicken entzogen, weil die weiße Lederhaut vorn etwas auf Kosten der durchsichtigen Hornhautoberfläche übergreift
und den Kammerwinkel verdeckt. Die
UmschlagsteIle der Hornhaut zur Iris
wird vom Trabeculum corneo-sclerale ge-
bildet. Dem Kammerwinkel entlang und
von diesem durch das Trabekelwerk getrennt zieht in den tieferen Lagen
der Hornhaut-Lederhautlamellen der
Schlemmsche Kanal. Er bildet einen ringförmigen Sinus. Das Kammerwasser fließt
durch die schwammähnlichen Trabekel in
Der Augapfel
Abb.4. Mikroskopischer Flachschnitt durch das
Trabekelwerk, schematisiert, nach TRONCOSO. Durch
die Lücken des schwammähnlichen Gewebes fließt
das Kammerwasser ab
Sklera -,:;:;;;;;=;.
Ziliarfonsätze
Linsen- -+-+-_
hinterfläche
Hinterer Pol
der Linse
Abb. 5. Corpus ciliare und Linse von rückwärts.
(Nach EISLER)
5
den Schlemmschen Kanal und verläßt
ihn über 20-30 Abflußkanälchen, die
teils in den tiefen intraskleralen Venenplexus, teils in oberflächliche Bindehautvenen münden.
Irishinterfläche, Processus ciliares,
Zonula Zinnii und Linsenvorderfläche
begrenzen die hinter der Ebene der Regenbogenhaut gelegene hintere Augenkammer.
Vordere und hintere Augenkammer sind
mit durchsichtigem Kammerwasser geflillt, das von hinten durch die Pupille in
die vordere Augenkammer übertritt, denn
die Irisfläche liegt der Linsenkapsel nur
ganz lose auf. Der Pupillenrand gleitet
beim Pupillenspiel auf der Linsenvorderfläche hin und her.
Die Linse selbst liegt hinter der Pupille
in der tellerförmigen Grube des Glaskörpers und ist in den Tälern zwischen den
Ziliarfortsätzen und in der Pars plana des
Corpus ciliare befestigt. Die Zonulafasern
gehen von der Pars plana sowie von den
Tälern zwischen den Ziliarfortsätzen aus.
Die Linse stellt einen kristallklaren Körper
dar, dessen Brechungsindex größer ist als
der des Kammerwassers und des Glaskörpers und überdies von außen nach
innen zunimmt. Läßt durch Kontraktion
des Ziliarmuskels der Zug der Zonulafasern auf die Linse nach, dann wölbt sich
diese infolge ihrer eigenen Elastizität, und
ihre Brechkraft nimmt zu. Linse und
Zonula bilden die Scheidewand zwischen
Glaskörperraum und Augenkammer. Die
Linse hat keine Blutgefaße und keine
Nerven.
Der Raum hinter der Linse wird vom
festflüssigen Gel des Glaskörpers eingenommen, das in ein feines Gerüstwerk eingebettet ist. Der Brechungsindex des Glaskörpers entspricht ungefahr dem des Vorderkammerwassers (1,3). Der Glaskörper
(Corpus vitreum) hat folgende Begrenzungen: vorn die Linsenhinterfläche und die
rückwärtigen Fasern des Authängebandes
der Linse, weiter nach hinten zunächst ein
6
schmales Stück Corpus ciliare, das von
rudimentärer Netzhaut überzogen ist und
dann die Innenfläche der Netzhaut samt
Sehnervenscheibe.
Die Netzhaut (Retina) ist entwicklungsgeschichtlich als eine bläschenfOrmige Ausstülpung des Gehirns angelegt
(primäre Augenblase), die dann von vorn
her einsinkt und somit zu einer Duplikatur
(Augenbecher) wird. Die innere Zellage
bildet später die eigentliche Netzhaut, die
äußere das Pigmentepithel (Abb. 175,
S.125). Die Netzhaut entwickelt sich zu
einem vielzelligen komplizierten Organ,
das der Aufnahme der Lichtreize dient.
Das Pigmentepithel bleibt einschichtig
und haftet als Pigmentzellenbelag fest an
der Innenfläche der zwischen Netzhaut
und Lederhaut liegenden Aderhaut. Die
beiden Blätter der Duplikatur, Netzhaut
und Pigmentepithel, verwachsen nicht miteinander, sondern liegen lose aneinander.
Das zu wissen ist für das Verständnis der
Netzhautablösung (S. 128) wichtig. Nur
nahe dem Corpus ciliare, wo die Sinneszellen aufhören (Ora serrata), verschmelzen beide Blätter miteinander, indem
auch die Netzhaut zu einer einschichtigen
Epithellage wird, die sich mit dem Pigmentepithel verbindet. So überzieht die
rudimentäre Netzhaut in doppelter Epithellage im vorderen Augenabschnitt die
ganze Innenoberfläche des Corpus ciliare
(Pars ciliaris retinae) und die Rückfläche
der Iris (Pars iridica retinae). Im Gebiete
des Corpus ciliare ist die als Fortsetzung
der Netzhaut geltende innere Epithellage
unpigmentiert, an der Irisrückfläche dagegen pigmentiert, so daß hier also zwei
pigmentierte Zellagen aufeinanderliegen
(von Pigment durchsetzte rudimentäre
Netzhaut und Netzhautpigmentepithel);
darüber befinden sich die radiär verlaufenden Fasern des M. dilatator pupillae.
Die Netzhautnervenfasern fließen auf
der Sehnervenscheibe (Papilla nervi optici)
zum Sehnerven zusammen, der durch die
Das Sehorgan
Löcher der Siebplatte (Lamina cribrosa
sclerae) den Augapfel verläßt.
Regenbogenhaut (Iris), Strahlenkörper
(Corpus ciliare) und Aderhaut (Chorioidea)
bilden eine zusammenhängende Haut
(Tunica vasculosa oder Tractus uvealis,
kurz: Uvea). Am weitesten nach vorn liegt
die aus Vorder- und Hinterblatt zusammengesetzte Iris; sie scheidet die vordere
Augenkammer von der hinteren und bildet
als Umgrenzung der Pupille die Blende
des optischen Systems. Mit ihrem Pupillenrand schleift sie auf der Linsenvorderfläche, mit ihrer Wurzel, die den Kammerwinkel begrenzt, geht sie ohne scharfe
Absetzung in den Strahlenkörper über.
Dieser hat im Querschnitt annähernd
dreieckige Gestalt, die sich bei eintretender Akkommodationsanspannung ändert. Seine Fortsätze (Processus ciliares)
sind Erhebungen, die an der Rückfläche
des Organs speichenartig angeordnet sind
und nach der Linse zu vorspringen (Abb. 3).
Von den Tälern zwischen den Ziliarfortsätzen spannt sich das Linsenaujhängeband, die Zonula Zinnii, hinüber zur Linsenkapsel, auf der es sich mit einer Faserreihe vorn, mit einer anderen hinten anheftet. Treten durch die Kontraktion der
an der Basis des Dreiecks liegenden Muskulatur des Corpus ciliare die Fortsätze
mit ihren Kuppen näher an den Linsenäquator heran, dann erschlafft das Aufhängeband und die Linse wölbt sich stärker
(s. Abb.64, S.47). Die vordere Kammer
wird dabei etwas flacher. Gleichzeitig verengt sich die Pupille (Naheinstellungsreaktion), und endlich werden durch die
meridionalen Fasern des Ziliarmuskels
auch die vorderen Teile der Aderhaut
angespannt und etwas nach vorn gezogen.
Außerdem sondern die Epithelzellen des
Strahlenkörpers (also die Zellen der rudimentären Netzhaut) das Kammerwasser
ab. Weiter rückwärts wird das Corpus
ciliare flacher; seine Pars plana geht in die
Aderhaut über.
7
Das Blutgefäßsystem
Die Iris dient als Blende, der Strahlenkörper als Träger des Akkommodations-
Das Blutgefäßsystem (Abb. 6). Die arterielle Gefäßversorgung der Orbita und be-
organes sowie als Quelle des Kammerwassers.
Die Aderhaut ist innen, zur Netzhaut
hin, von einem straffen Häutchen, der
Lamina vitrea, begrenzt, der das Pigmentepithel der Retina aufsitzt. An die Lamina
vitrea schließt sich zunächst die Choriocapillaris an, welche die äußeren Schichten
der Netzhaut ernährt, sodann die Schicht
der mittleren und größeren Gefäße. Durch
die Zellagen der Suprachorioidea mit ihren
Lymphräumen ist die Aderhaut mit der
Lederhaut verbunden.
Die Linse ist zwischen vorderer Augenkammer und Glaskörper mit ihrem Aufhängeband befestigt, das an den Tälern der
Ziliarfortsätze ansetzt und in die Linsenkapsel übergeht. Linse samt Zonula bilden
daher die Scheidewand zwischen Augenkammer und Glaskörperraum (s. Abb.l, 2
und 3).
Der Augapfel ist in das orbitale Fettgewebe eingebettet, das von den Augenmuskeln und einem System feiner Bindegewebsstränge durchsetzt wird. Diese umgeben insbesondere die Lederhaut mit
einer zarten Fascienhülle, die sich von der
Duralscheide des Sehnerven aus als eine
Art Kapsel (Tenonsche Kapsel) nach vorn
erstreckt. Hier geht sie in die Muskelscheiden über, sendet aber auch Fasern bis
in die Conjunctiva bulbi, zur Fascia tarsoorbitalis und - als Ligamenta capsularia
oder Retinacula oculi - zur Periorbita.
Muskulatur, Fascienapparat und orbitales
Fett halten den Bulbus schwebend und
beweglich in seiner Lage. Während hinten
und seitlich die Schädelknochen den Raum
der Orbita umschließen, ist er nach vorn
durch die Lider, insbesondere die Lidknorpel und das von ihnen zum knöchernen Orbitalrande ziehende Septum
orbitale begrenzt.
Über die Lage der Tränenorgane wird
S.57 berichtet.
sonders des Augapfels geschieht durch die
Äste der A. ophthalmica, die aus der Carotis interna stammt und mit dem N. opticus
durch das Foramen opticum des Keilbeins
in die Augenhöhle gelangt.
Das venöse Blut des Augapfels und der
Augenhöhle wird im wesentlichen durch
die V. ophthalmica abgeftihrt, die durch
die Fissura orbitalis superior mit dem Sinus
cavernosus in Verbindung steht. Nach
vorn hin bestehen Anastomosen mit den
Gesichtsvenen, so daß ein Furunkel von
Oberlippe oder Naseneingang zur Thrombose des Sinus cavernosus führen kann.
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Abb. 6. Blutgefäße des Auges. (Nach TH. LEBER)
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