Altered Nuclear Transfer, Genom-Metaphysik und das Argument der

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Altered Nuclear Transfer, Genom-Metaphysik
und das Argument der Potentialität.
Die ethische Schutzwürdigkeit
menschlicher Embryonen in vitro
von Christoph Rehmann-Sutter
Es stehen gegenwärtig eine Reihe von Vorschlägen für eine „ethisch unkontroverse“
Herstellungsmethode menschlicher embryonaler Stammzellen zur Debatte. Sie reichen von der Verwendung nicht entwicklungsfähiger (defekter) Embryonen aus der
In-vitro-Fertilisation (IVF), der künstlichen Herstellung nicht entwicklungsfähiger
embryoähnlicher Wesen (z.B. Parthenoten), über die schonungsvolle Entnahme von
Blastomeren aus lebensfähigen 8-Zell-Embryonen mit anschließendem Embryotransfer, die genetische Manipulation des zum Kerntransfer verwendeten Zellkerns
bis zum Transfer eines Patienten-Zellkerns in eine tierische Eizelle. Es sind zwei
Vorschläge, denen in der Diskussion eine besondere Bedeutung zugemessen wurde:
die Entnahme von Blastomeren aus einem lebensfähigen Embryo und anschließender Embryotransfer ( blastocyst transfer method, BTM ) sowie der Transfer eines genetisch veränderten Nukleus ( altered nuclear transfer, ANT ). BTM wurde in einem
Schwerpunktheft des American Journal of Bioethics diskutiert.1 Die ANT-Methode ist
von einem Gutachten für das Kompetenznetzwerk Stammzellforschung NRW 2 vor dem
Hintergrund der Regelungen in Deutschland und aus allgemeiner ethischer Perspektive hervorgehoben worden, weil sie verspricht, mit dem für Embryonenschutz
zentralen Potentialitätsargument kompatibel zu sein. Es handelt sich genauer um
den Vorschlag von Rudolf Jaenisch und anderen, mittels einer gentechnologisch
bereits in den Vorgängerzellen des Kerntransferembryos induzierten Entwicklungshemmung – z.B. des Ausschaltens des für die Nidation notwendigen Cdx2-Gens –
die „Potentialität“ des Embryos zu eliminieren.3
Das Potentialitätsargument spielt aber auch für die Einschätzung des moralischen
Status der betroffenen Embryonen oder Embryo-ähnlichen Wesen in den anderen
vorgeschlagenen Verfahren eine zentrale Rolle. Im Fall von BTM wird es unter
anderem um eine ethische Bewertung des Risikos gehen, das dem Embryo durch die
frühe Zell-Entnahme trotz allem zugefügt wird. Die Methode ist mit der Embryobiopsie zu Zwecken der Präimplantationsdiagnostik vergleichbar, bei der gewisse
1
2
3
LIAO 2005 und die open peer commentaries im selben Heft, 17-32.
ACH, SCHÖNE-SEIFERT, SIEP 2006.
MEISSNER, JAENISCH 2006; VOGEL 2005.
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352 Christoph Rehmann-Sutter
Erfahrungen über die Risiken des Eingriffs (Störung der Embryonalentwicklung
oder längerfristige Beeinträchtigungen) vorliegen. BTM kann aber nur innerhalb
einer rechtlichen Regelung überhaupt in Betracht kommen, welche eine „fremdnützige“ Embryobiopsie zu Zwecken der Forschung (nicht zum Zweck der Diagnostik) zulässt. Dieses Szenario ist zumindest für Deutschland und die Schweiz
unrealistisch.4 Sie wird aus diesem Grund in diesem Papier nicht weiter diskutiert.
Dem Vorschlag der genetisch induzierten Depotenzierung hingegen kommt eine
besondere Bedeutung zu, weil er tendenziell mit der im deutschen Embryonenschutzgesetz (ESchG) festgesetzten Idee des Schutzes wegen Totipotenz vereinbar ist. Ich
möchte mich deshalb ihm besonders zuwenden. ANT geht von der bemerkenswerten Voraussetzung aus, dass es ein ausschlaggebender Unterschied sei, ob das
Genom des Embryos in der Lage ist, die Entwicklung bis zum Kind zu steuern oder
nicht. Es wäre ja auch möglich, die mittels Kerntransfer erzeugten Embryonen
durch ein gesetzliches Verbot der Übertragung in den Uterus einer Frau, also durch
Maßnahmen in der Umgebung des Embryos, davon abzuhalten, sich über das Stadium der Blastozyste hinaus zu entwickeln. Vom Ergebnis her wären solche Kontextveränderungen identisch, sie hätten aber offensichtlich nicht dieselbe Legitimierungswirkung in Bezug auf den moralischen Status des Embryos. Eine von außen
gesetzte Entwicklungshemmung verändert den moralischen Status nicht, weil dieser
als eine intrinsische Eigenschaft des Embryos angesehen wird. Die vorgeschlagene
Strategie stellt hingegen darauf ab, dass der Embryo dann ethisch anders eingeschätzt werden könnte, wenn ihn seine inneren Voraussetzungen, genauer seine
Gene, davon abhalten, sich weiter als bis zur Blastozyste zu entwickeln.
Darin stecken eine Reihe von ethisch relevanten Voraussetzungen, die ich aufzeigen und zur Diskussion stellen möchte. Es sind zwei ernsthafte Schwierigkeiten, die
heute mit jedem auf dieser Form des Potentialitätsarguments beruhenden Embryonenschutz verbunden sind. Diese Schwierigkeiten betreffen die vorausgesetzte
Genomtheorie (als genetisches Programm) und die Modallogik (die Wirklichkeit
einer Möglichkeit). Die ontologische Funktion des Genoms, die sich mit seiner
Beschreibung als „genetisches Programm“ oder „blueprint“ verbindet, ist eine starke metaphysische Voraussetzung, die sich einerseits kaum als verbindlich ausweisen
lässt5, die aber andererseits auch mit der molekularbiologischen Evidenz in Konflikt
kommt. Diese Schwierigkeiten sind nicht identisch mit den häufiger diskutierten
Einwänden gegen das Potentialitätsargument, z.B. mit dem, dass es auch zu einem
Schutz von Spermien und Eizellen führen müsste, bevor sie zu einem Embryo
fusionieren. Einwände dieser Art lassen sich m.E. überzeugend entkräften, indem
4
5
Die Empfehlungen der beiden die jeweilige Regierung beratenden nationalen Ethikkommissionen der Schweiz und Deutschlands (NATIONALER ETHIKRAT 2003 und
NEK-CNE 2005) sehen trotz empfohlener Aufhebung des Verbots der Präimplantationsdiagnostik keine solche Möglichkeit vor.
Vgl. SCHÖNE-SEIFERT 2003.
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Altered Nuclear Transfer, Genom-Metaphysik und das Argument der Potentialität 353
man die Potentialität in einem genügend aktiven und zielbezogenen Sinn auffasst.6
Eine dritte Voraussetzung, die ich als schwierig ansehe, betrifft die Methode der
Schutzbegründung grundsätzlich, also nicht nur die Wahl der Potentialität als Kriterium. Ich möchte nicht für selbstverständlich hinnehmen, dass die Begründung des
ethischen (im Gegensatz zum rechtlichen) Schutzes von Embryonen auf dem Weg der
Feststellung von schutzrelevanten Eigenschaften M und der Subsumtion unter eine
Schutznorm erfolgen muss, wonach allen Wesen, die M sind, Schutzrechte im Sinn
der Menschenwürde zuerkannt werden müssen.7 Ich werde im letzten Abschnitt
einen alternativen Weg der Statusbegründung skizzieren, der den Umweg über die
logische Subsumtion vermeidet und von der Anerkennung als primordialem Akt
ausgeht.
1. Prämissen des Potentialitätsarguments
Ich nehme die von Damschen und Schönecker vorgeschlagene Fassung des Potentialitätsarguments zum Ausgangspunkt, die sich in Form des folgenden Syllogismus
schreiben lässt8:
(1) Jedes Wesen, das potentiell M ist, hat WürdeM.
(2) Jeder menschliche Embryo ist ein Wesen, das potentiell M ist.
Also:
(3) Jeder menschliche Embryo hat WürdeM.
„M“ist eine Abkürzung für diejenigen Eigenschaften oder Fähigkeiten (moralische
Autonomie, Kognition, Präferenzen, Interessen, Selbstbewusstsein, Beziehungsfähigkeit, Verletzbarkeit, Gottesebenbildlichkeit etc.), von denen man annimmt, dass
sie die Würde eines Menschen begründen. Welche es konkret sind, unterscheidet
sich zwischen weltanschaulichen und ethischen Traditionen. Ihre Konkretisierung
6
7
8
Vgl. WIELAND 2003.
Diese Problemformulierung wurde im (sehr klärenden) Band DAMSCHEN, SCHÖNECKER
2003a von den Herausgebern zur Diskussion der sogenannten SKIP-Argumente (Spezies-, Kontinuitäts-, Identitäts- und Potentialitätsargument) vorgegeben.
DAMSCHEN, SCHÖNECKER 2003b, 5. Vgl. auch WIELAND 2003, 149. Der Syllogismus
von LEIST 1990, 84, bezieht die Würde auf „potentiell erwachsene Menschen“, was mir
ungünstig scheint, weil selbstverständlich auch Kinder eine eigenständige menschliche
Würde haben, unabhängig davon, dass sie potentiell erwachsene Menschen sind. Der
Bezug auf potentiell erwachsene Menschen würde notgedrungen zur problematischen
Konsequenz führen, dass ein Kind mit einer Krankheit, die es davon abhält, jemals
erwachsen zu werden, keine Menschenwürde hätte.
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354 Christoph Rehmann-Sutter
kann für diese Untersuchung offen bleiben. „WürdeM“ ist eine Würde, die starke
Schutzrechte wie das Lebensrecht umfasst.
Die zu diskutierende Verbindung von Würde mit dem potentiellen Vorhandensein von M liegt in der ersten Prämisse. Wenn diese etabliert ist, sind die zweite
Prämisse und die Konklusion unproblematisch: Die zweite Prämisse sagt explizit,
was im Begriff des menschlichen Embryos enthalten ist, nämlich dass er ein Wesen
in der Frühphase der Entwicklung ist, das im Begriff ist, sich im Sinn des menschlichen Entwicklungsweges fortzuentwickeln.9 Die Konklusion ist zweifellos ein korrekter logischer Schluss. Seine Wahrheit ist davon abhängig, dass die Prämissen
zutreffen.
Betrachten wir also die erste Prämisse: „Jedes Wesen, das potentiell M ist, hat WürdeM.“ Es handelt sich um das Potentialitätsprinzip. Formal gesehen ist es ein propositionaler Satz, bestehend aus einem Subjekt („ein Wesen, das potentiell M ist“),
einem Prädikat („hat WürdeM“) und dem Allquantor („jedes“). Welche Kriterien
bestimmen nun die Wahrheit oder Falschheit dieses Prinzips? Um diese Frage zu
beantworten, ist eine genauere Analyse der einzelnen Teile dieser Relation nötig.
Wenig Probleme bereitet der Allquantor. Er ist notwendig, um die Verbindung
eines Wesens, das potentiell M ist, mit der WürdeM nicht von zusätzlichen, unausgesprochenen Bedingungen oder von Willkür abhängig zu machen. Das potentielle
M-Sein allein reicht aus, um die WürdeM immer zu besitzen. Deshalb muss die Norm
für alle Wesen gelten, die potentiell M sind.
Das Prädikat „hat WürdeM“ hingegen wirft eine zentrale ethische Frage auf.
Wenn es darum geht zu entscheiden, ob eine Würde, die starke Schutzrechte wie das
Lebensrecht umfasst, anerkannt werden muss oder nicht, ist gleichzeitig außer
Betracht, ob es andere Formen der Würde des Embryos gibt, die Respekt und
Schutz verlangen, aber dennoch nicht mit der „Menschenwürde“ gleichzusetzen
sind. Die Potentialität im Potentialitätsprinzip bezieht sich auf ein Konzept der
Anerkennung als Mitglieder der Moralgemeinschaft, das nur zwei Zustände kennt:
Dabeisein oder Nichtdabeisein. Dies kann nicht für selbstverständlich hingenommen werden, weil ein gradualistisches Konzept der Würde des Embryos ebenfalls
denkbar ist und in der Diskussion eine Rolle spielt.
Die Hauptschwierigkeit liegt jedoch im Subjekt des Potentialitätsprinzips: „ein
Wesen, das potentiell M ist“. Um zu verstehen, was damit gemeint sein kann, ist der
Modalbegriff ‚potentiell‘ ausschlaggebend. In der modalen Logik werden gewöhnlich zwei Operatoren verwendet: ‘ = „es ist möglich, dass“, und = „es ist notwendig, dass“. Es ist offensichtlich, dass der hier gemeinte Sinn des Modalbegriffs
‚potentiell‘ mit dem Modaloperator der Möglichkeit nicht ausgedrückt werden kann.
Wenn w die Aussage ist: „ein Wesen ist potentiell M“, so ist es offensichtlich falsch,
die Potentialität durch die Möglichkeit zu ersetzen, d.h.:
9
GILBERT, TYLER, ZACKIN 2005, 266, definieren Embryo als „term used to describe the
conceptus during the first 8 weeks of gestation, the time when cells differentiate and
organ systems begin to form“.
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Altered Nuclear Transfer, Genom-Metaphysik und das Argument der Potentialität 355
w z ‘ (das Wesen ist M)
„Es ist möglich, dass das Wesen eine moralrelevante Eigenschaft oder Fähigkeit
hat“, bedeutet nicht dasselbe wie zu sagen, „das Wesen hat diese Eigenschaft oder
Fähigkeit potentiell“. Denn die Möglichkeit besagt lediglich, dass die betreffende
Aussage in mindestens einer von allen möglichen Welten zutrifft.10 Um dem Wesen,
für das w zutrifft, Würde zuzusprechen, ist jedoch notwendig anzunehmen, dass die
moralrelevante Eigenschaft oder Fähigkeit diesem Wesen in dieser Welt zukommen
werden (oder können). Die Aussage einer bloßen Möglichkeit (in einer der möglichen Welten) reicht deshalb nicht aus, um den Schutz des Wesens als ein Wesen,
dem die Eigenschaften oder Fähigkeiten „potentiell“ zukommen, zu begründen.
Es muss mit der Aussage, „ein Wesen ist potentiell M“ deshalb gemeint sein, dass
der Möglichkeit eine Wirklichkeit in dieser Welt, d.h. für dieses Wesen hier zukommt.
Mit diesem Zwischenergebnis lässt sich schon erklären, weshalb einige Einwände
gegen das Potentialitätsargument, die es ad absurdum treiben würden, nicht verfangen: Das Kronprinzenargument und das Gametenargument. Das Kronprinzenargument besagt, die Tatsache, dass ein menschliches Wesen potentiell die Eigenschaften hat, die ihm die Königswürde verleihen, müsse aktuell noch nicht als ein
mit diesen Rechten ausgestattetes Wesen angesehen werden. Das liegt aber daran,
dass es eine Regel gibt, die vorsieht, dass zu einer Zeit nur eine einzige Person im
Lande Königin oder König sein kann. Weiter ist die Königswürde ein sozial, von
außen zugeschriebener Sonderstatus, dem keine innere Potentialität ‚für dieses
Wesen hier‘ zukommt. Unvorhersehbare Dinge könnten bewirken, dass jemand
anders oder gar niemand König wird (z.B. könnte die Monarchie abgeschafft werden). Das Gametenargument ist ähnlich gebaut. Es besagt, dass jemand, der dem
Potentialitätsargument zur Begründung des moralischen Status von Embryonen
Vertrauen schenkt, auch der Ei- und Samenzelle, die zu einem Embryo verschmelzen, die Schutzrechte zuerkennen müsste, weil diese genauso wie der Embryo
potentiell Mensch sind.11 Die Gametenfusion könne ethisch nur als einer der verschiedenen Entwicklungsschritte angesehen werden. Dieses Argument greift deshalb nicht, weil die Kontinuität zwischen Gameten und Embryo erst retrospektiv
etabliert werden kann. Im Voraus, ‚für dieses Wesen hier‘, besteht sie nicht, und es
liegt deshalb im Bereich des Zufalls, ob aus einem bestimmten Spermium oder
einem bestimmten Ei ein Embryo wird, und wenn ja, welcher. Die Wahrscheinlichkeit, dass dies für eine bestimmte Gametenzelle eintritt, ist zudem sehr klein. Es ist
deshalb plausibler, davon auszugehen, dass Ei- und Samenzellen zu den Bedingungen gehören, die zu der Entwicklung eines Embryos notwendig sind, nicht aber als
Wesen, denen eine innere Potenz innewohnt, Mensch zu werden.
10
11
Einen sehr knappen Überblick über die Grundlagen gegenwärtiger Modallogik gibt
FORBES 1995. Die Semantik möglicher Welten geht zurück auf die Arbeiten von Saul
Kripke.
LOCKWOOD 1988, diskutiert von GÓMEZ-LOBO 2004.
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356 Christoph Rehmann-Sutter
Schöne-Seifert12 unterscheidet zwischen verschiedenen Intensitätsstufen von
Potentialität, mit zunehmender Plausibilität für die Begründung des Embryonenschutzes: Potentialität als (1) notwendige Bedingung für die Realisierung eines
Wesens mit M, (2) Vorstufe-Sein für ..., (3) aktive inhärente Kraft und (4) aktive
wesenhafte Kraft, die zur Entwicklung des Kindes führt. Nur die letzte Form der
Potentialität setzt eine „moralisch neutrale ontologische Grenze“13 und lässt es zu,
eindeutig zwischen dem „Erzeugungspotential“ von Gameten oder Vorkernstadien
und dem „Entwicklungspotential“ von Embryonen zu unterscheiden. In der Terminologie von Damschen/Schönecker14 geht es um Potentialität (i) als logische Möglichkeit (Possibilität), (ii) als Wahrscheinlichkeit (Probabilität) und (iii) als dispositionelle Möglichkeit (aktuales Vermögen). Nur die letztere ist in der Lage, die bekannten Abgrenzungsprobleme zu vermeiden. Sowohl das Ergebnis der Analyse von
Schöne-Seifert als auch dasjenige von Damschen/Schönecker ist mit meiner Hypothese konvergent, dass die Potentialität etwas sein muss, das ‚für dieses Wesen hier‘
gilt. Es muss die ontologische Bestimmung eines Wesens vorausgesetzt werden können, das die Anlagen hat, M zu entwickeln.15
Wenn wir den spezifischen Kontext der embryonalen Entwicklung berücksichtigen, in welchem die Begründung durch Potentialität Sinn ergeben soll, so werden
zwei weitere Anforderungen offensichtlich: Die fragliche Potentialität soll (1) über
einen Prozess in der Zeit hinweg (diachrone Potentialität) gelten, und sie betrifft (2)
die Genese der aktualen Fähigkeiten oder Eigenschaften M im Laufe der Entwicklung
ihrer organischen Voraussetzungen ( genetische Potentialität). Eine dritte Forderung
ergibt sich daraus, dass der Schutz für den Embryo gelten soll, nicht erst für das
Wesen in einer späteren Phase seiner Entwicklung: Die fragliche Potentialität muss
deshalb (3) im Embryo gegenwärtig sein, d.h. sie muss eine Art Präsenz haben, die
den Schutz bereits zu diesem Zeitpunkt fordert. Die spätere Aktualität umfasst
zweierlei: Die dispositionelle Aktualität im simultanen Sinn (die schlafende Person
könnte jederzeit aufwachen) und die volle Aktualität im Sinn der Ausübung (Praxis).
12
13
14
15
SCHÖNE-SEIFERT 2003.
Ibid., 177.
DAMSCHEN, SCHÖNECKER 2003c, 224-227.
Die Argumentation von WIELAND 2003 läuft darauf hinaus, die Lebensrechte allen
Wesen zuzuerkennen, die eine „dispositionelle Moralfähigkeit“ aufweisen. Der Kreis der
Wesen, die dazu gehören, müsse möglichst weit gezogen werden, damit bei der Abgrenzung keine diskriminierenden Vorentscheide gefällt werden („größtmögliche Entscheidungsferne“, ibid., 164). Aus diesem Grund der Universalisierbarkeit gehören bereits die
Embryonen als solche Wesen dazu, die eine Disposition (Anlage) zur Entwicklung der
Moralfähigkeit aufweisen. Wielands Argument für den Embryonenschutz ist aber überraschenderweise gar kein potentialitätstheoretisches, sondern eines der Universalisierung. Die Potentialität kommt bei ihm vor, um den Zusammenhang zwischen dispositioneller Moralfähigkeit und aktualer Moralfähigkeit für alle Wesen, die zum Anerkennungskreis gehören, zu begründen, nicht aber, um die Ausdehnung dieses Kreises zu
plausibilisieren.
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Altered Nuclear Transfer, Genom-Metaphysik und das Argument der Potentialität 357
Für beide Stufen der Aktualität muss im Embryo bereits eine Anlage vorliegen, die
dort qua dispositione in der Konstitution des Embryos zur Zeit des fraglichen Schutzes real vorliegt und nicht nur begrifflich konstruiert wird. Ich spreche in diesem
Sinn von einer transitiven Potentialität.16 Sie bewirkt, dass die Fähigkeit, in der
Zukunft nach vielen Entwicklungsschritten ein Wesen zu werden, welches M ist,
bereits in der Gegenwart ein Anrecht auf einen Schutzstatus begründet. Im Gegensatz dazu stellt eine in transitive Potentialität eine Anlage dar, die sich inkrementell,
d.h. von Entwicklungsstadium zu Entwicklungsstadium entfaltet. Mit anderen
Worten: Transitiv ist der Übergang von einem Stadium A zu einem Stadium B zu
einem Stadium C dann, wenn bereits in Stadium A Stadium C ontologisch angelegt
ist oder, falls nominalistisch argumentiert wird, wenn Stadium C von Stadium A aus
direkt antizipiert werden kann.
Damit hat sich das theoretische Problem des Potentialitätsarguments auf eine
ontologische Ebene verlagert. Ein funktionierendes Potentialitätsargument für den
Embryonenschutz muss annehmen, dass die Potentialität im Embryo diachron, genetisch (im Sinn von hervorbringend) und transitiv gegeben ist. Es muss daher ein hinreichend überzeugender „Link“ gefunden werden, ein Prinzip, das diachron, genetisch und transitiv wirkt und das so zwischen der Fähigkeit, in der Zukunft M zu
werden, und dem zu fordernden gegenwärtigen Schutzstatus desselben Wesens eine
notwendige Verbindung schafft. Welche Prinzipien stehen hierfür zur Verfügung?
Historisch wurde zu genau diesem Zweck auf die Seele als metaphysisches Prinzip
Bezug genommen, das die Materie im Embryo formt und organisiert.17 Darin manifestierte sich eine teleologische Naturauffassung, die im aristotelischen Denken –
zumindest in der dominanten Auslegung – im Begriff der entelecheia beheimatet war:
das In-sich-Tragen des Zieles der Entwicklung.18 Diese Auffassung bildet auch den
naturphilosophischen Hintergrund der offiziellen Lehre der katholischen Kirche, die
sich auf die Befruchtung als Anfang des personalen Lebens festgelegt hat. Wie kann
das aber heute begründet werden, ohne auf eine so offensichtlich voraussetzungsreiche Metaphysik oder auf ein Dogma des Glaubens Bezug zu nehmen?
Ich lasse drei gegenwärtige Vertreter des Potentialitätsarguments zu Wort kommen. Alfonso Gómez-Lobo:
„Let us look at the facts. A well-formed, healthy human embryo can and, if all
goes well [...], will develop into an adult of the species. Why? Because he or she
possesses within the appropriate cytoplasmic context the full complement of 46
chromosomes, including either the XY or the XX combination. The potentiality
16
17
18
Den Begriff verdanke ich Mario Kaiser.
Der Arzt Thomas Fienus hat um 1620 behauptet, die Seele müsse unmittelbar nach der
Empfängnis präsent sein, um die Materie des Körpers zu organisieren (GILBERT,
TYLER, ZACKIN 2005, 38, mit Verweis auf eine Arbeit von DeMarco; zum Seelenbegriff
in der gegenwärtigen Ethik vgl. REHMANN-SUTTER 2005, Kap. 9).
PICHT 1987.
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358 Christoph Rehmann-Sutter
to become a male or female human adult is due to the biological program contained in the genome.“19
Otfried Höffe:
„Was Kritiker als ‚bloßen Zellhaufen‘ abtun wollen, trägt von Anfang an, als
befruchtete Eizelle mit dem doppelten Chromosomensatz, das volle genetische
Programm für die Entwicklung eines Menschen in sich. Das Programm liegt tatsächlich rundum vor, in seiner notwendigen und zureichenden Gestalt. [...] das
volle Lebensprogramm des Menschen ist nicht schon der voll entfaltete Mensch
selbst. Das Programm beinhaltet aber etwas grundlegend anderes, [...] nämlich bis
zu den Wurzeln mehr als beispielsweise die Potentialität eines Marmorblocks für
eine Statue. [...] Die befruchtete Eizelle entwickelt sich dagegen von innen heraus
durch einen vom Früh-Embryo selbst gesteuerten Lebensprozess.“20
Gregor Damschen und Dieter Schönecker:
„Unter einem ‚lebendigen menschlichen Körper‘ verstehen wir das menschliche
materielle Substrat, das als eine selbständige, aus sich heraus lebende und sich
gemäß einem eigenen individuellen menschlichen Genom organisierende und
replizierende Einheit Träger aktualer oder potentieller Eigenschaften ist (oder
diese Eigenschaften hat), aufgrund derer wir Menschen unter den Schutz des
Tötungsverbotes stellen: die M-Eigenschaften. [...] Und in der Tat ist ja jeder
Embryo spätestens nach der Vereinigung der Vorkerne und nach dem Einsetzen
der genetischen Selbststeuerung genau solch eine sich gemäß einem individuellen
menschlichen Genom organisierende Einheit.“21
Es sind offenbar die Chromosomen (das Genom, das genetische Programm), die
dieselbe Funktion erfüllen zur Begründung der Potentialität des Embryos wie die
Seele im älteren metaphysischen Denken: Das Genom steuert den Lebensprozess
und organisiert den Embryo als Einheit in seiner Entwicklung zum Kind und zum
Erwachsenen. Nur scheint dem genetischen Entwicklungsprogramm im Gegensatz
zur Seele eine naturwissenschaftliche Faktizität zuzukommen („Let us look at the
facts“). Gómez-Lobo geht in seiner Identifikation des Genoms mit der Persönlichkeit sogar so weit, dass er den Embryo wegen seiner XY- oder XX-Kombination im
Chromosomensatz nicht mit „it“, sondern ‚politically correct‘ mit „he or she“
anspricht.
Normentheoretisch leuchtet ein Rekurs auf das genetische Programm durchaus
ein. Die Auffassung eines „genetischen Programms“ erfüllt nämlich offensichtlich
19
20
21
GÓMEZ-LOBO 2004, 201.
HÖFFE 2002, 137 f.
DAMSCHEN, SCHÖNECKER 2003c, 236 f.
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Altered Nuclear Transfer, Genom-Metaphysik und das Argument der Potentialität 359
die Bedingungen der diachronen, genetischen und transitiven Verbindung zwischen
Potentialität und Aktualität von M, die oben gefordert wurden. Diachron ist sie aufgrund der Tatsache der Entwicklung als Prozess in der Zeit. Genetisch ist sie, weil
die Fähigkeiten oder Eigenschaften M in der Entwicklung aktual hervorgebracht
werden. Transitiv ist sie, weil die genetische Information in Form der Nukleotidsequenz der DNA in den Chromosomen der Zygote bereits vorliegt und M daher
bereits qua informatione zu diesem Zeitpunkt am Anfang der Entwicklung präsent ist.
Das Genom erfüllt somit metaphysisch-ontologische Funktionen, denen in früheren
Epochen andere Begriffe (wie der Begriff der Seele) zugeordnet wurden.
Die Stellung der Theorie vom genetischen Programm in der Begründung des
Embryonenschutzes ist zentral. Die vorher vorgestellten begriffsanalytischen Überlegungen und logischen Verknüpfungen lassen nur eine Aussage von der Form zu:
Wenn der Embryo Träger potentieller M-Eigenschaften/Fähigkeiten ist, dann kommt
ihm Schutz zu. Ob er es aber tatsächlich ist, kann nur entschieden werden, indem
man auf seine Konstitution verweist.22 Man muss einen Begriff davon haben, was
den Embryo zu seiner Entwicklung befähigt. Die molekulare Genetik bietet sich
dafür in hervorragender Weise an.
Damit stellen sich in nüchterner Betrachtung aber zwei neue Fragen. Erstens:
Lässt der molekularbiologische Befund diese metaphysische Deutung überhaupt
zu?23 Zweitens: Wie steht es um die Plausibilität dieser Auslegung der metaphysischen Implikationen der Genetik als genetisches Programm? Gibt es allenfalls auch
andere, alternative Deutungsmuster des molekularbiologischen Befundes? Wenn es
die gibt, dann müsste sich die Theorie des genetischen Programms gegen diese auch
argumentativ rechtfertigen lassen.
2. Genomtheorien
Die Auffassung, dass die DNA im Körper des Embryos ‚wie ein Programm‘ funktioniere, das ihn bei der Ausführung der Entwicklungsschritte steuere, beruht auf
einer Reihe von Voraussetzungen. Ich nenne deren drei, die mir vordringlich
erscheinen:
(1) Die DNA (oder die Information in ihrer Nukleotidsequenz) hat ein ontologisches Privileg, d.h. die Wechselwirkungen, die mit ihr zustande kommen, sind
kategorial anders zu bewerten als die Wechselwirkungen zwischen anderen
22
23
Darauf weisen Damschen/Schönecker (ibid., 236) zu Recht hin.
Es ist natürlich eine metaphysische, keine naturwissenschaftliche Aussage, denn die
potentiellen Eigenschaften, von denen der Embryo Träger sein soll, lassen sich erst
objektiv festhalten, sobald sie wirklich geworden sind.
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360 Christoph Rehmann-Sutter
Molekülen, Faktoren und Prozessen, die den Organismus und seine Umgebung auszeichnen. Die DNA hat den Status eines organizer molecule, einer primär aktiven Substanz. Die anderen Dinge sind Mittel, Voraussetzungen oder
notwendige Bedingungen.
(2) Genetische Information ist ursprünglich die Nukleotidsequenz des Genoms.
(3) Strukturen (innerzelluläre Strukturen, die Differenzierung von Geweben und
Organen etc.) und Fähigkeiten (zur Reaktion auf bestimmte Umwelteinflüsse,
zum Handeln und Denken usw.) sind Ergebnisse der Verwirklichung einer
Art von Instruktionen, die in Form von DNA-Sequenzen in den Chromosomen vorliegen.
Die Idee, das Genom mit einem Programm zu vergleichen und seine Funktion mit
diesem Vergleich gleichzeitig im Ganzen auch in umfassender Weise zu erklären,
geht auf Ideen der Molekularbiologen Jacques Monod und François Jacob, welche
die regulatorischen Gene entdeckt haben, sowie des Evolutionstheoretikers Ernst
Mayr in den Jahren um 1960 zurück.24 Abgesehen von der Metapher des Programms (eines Computers) stehen die Ideen jedoch in Kontinuität mit den Erwartungen an die Funktion der Chromosomen, die der Biologe Friedrich Weismann
bereits um 1890 formuliert hatte („Architekturplan“ für die Entwicklung eines
Organismus).
In den 1980er Jahren hat die Molekularbiologie begonnen, die Funktion von einzelnen Genen während der Entwicklung im Detail zu studieren. Eine eigene Forschungsrichtung, die genetische Entwicklungsbiologie (developmental genetics ), entstand
und konnte viele Erfolge erzielen. Z.B. wurden sogenannte Homeobox-Gene entdeckt, die für die Zuteilung von Zellen zu gewissen Entwicklungspfaden zuständig
sind. Das Gen ey bei drosophila melanogaster kann beispielsweise im Verlauf der Umbildung der Larve zur Fliege eine Geweberegion veranlassen, eine Entwicklungskaskade in Gang zu setzen, die zur Herausbildung von Facettenaugen führt.25 So
sehr einzelne Gene Steuerungsrollen übernehmen können, die sich auch experimentell demonstrieren lassen, so stark scheinen aber gleichzeitig diese Fähigkeiten
der Gene vom Kontext abhängig zu sein. Dies ist ein zweiter Bereich von Ergebnissen, die bemerkenswert sind. Dasselbe Gen beispielsweise, das in einem Kontext
(Imaginalscheiben bei der Metamorphose) die Ausbildung von Augen auslösen
kann, wird auch zu einer anderen Zeit an einem anderen Ort im selben Organismus
exprimiert, aber dort mit einer völlig anderen Funktion.26
Die Molekularbiologie kennt heute eine ganze Reihe von Phänomenen, die mit
der Interpretation des Genoms als genetisches Programm nicht kompatibel sind und
eine andere Lesart nahe legen. Ich nenne einige: alternative splicing (die gleichen open
24
25
26
Vgl. die wissenschaftshistorische Arbeit von KAY 2000, zu François Jacobs Porgrammkonzepten auch REHMANN-SUTTER 2003.
HALDER, CALLAERTS, GEHRING 1995; GEHRING 1998.
HALDER, CALLAERTS, GEHRING 1995.
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Altered Nuclear Transfer, Genom-Metaphysik und das Argument der Potentialität 361
reading frames der DNA werden zu unterschiedlicher mRNA und kodieren verschiedene Proteine), trans-splicing (nicht alle für eine mRNA verwendeten Exons liegen
auf dem gleichen Strang der DNA-Doppelhelix), überlappende Gene (dieselben
DNA-Regionen werden im Rahmen verschiedener Gene verwendet), alternative reading frames (die Tripletts des genetischen Codes werden um eine oder zwei Stellen
verschoben abgelesen), antisense transcripts (mRNA, die umgekehrt gelesen wird),
mRNA editing (nachträgliche Sequenzveränderung der RNA vor der Proteinsynthese), selektive Methylierung der DNA-Nukleotide („Programmierung“ des
Genoms durch die Zellen), sowie eben die multiple, ortspezifische Funktion von
Genprodukten.27 Wie die relativ geringe Zahl von Genen des menschlichen
Genoms (im Vergleich zu einer mehrfach höheren Zahl von Proteinen im menschlichen Proteom) zeigt, sind derartige Phänomene, die eine multiple Verwendung der
DNA erlauben, nicht die seltene Ausnahme, sondern in höheren Organismen eher
der Normalfall.
Die Idee des genetischen Programms muss voraussetzen, dass das Genom die
Instruktionen enthält, die zur Entwicklung in allen zukünftigen Entwicklungsstadien
notwendig ist. Dies ist naturwissenschaftlich unglaubwürdig, denn es ist kaum vorstellbar, wie die gut 30.000 Gene, welche das menschliche Genom bekanntlich auszeichnen, diese Informationsmenge enthalten sollen.28
Wie müsste dann aber die Rolle des Genoms gedacht werden, wenn nicht als
Programm? Ich möchte eine mögliche alternative theoretische Deutung skizzieren,
ohne zu behaupten, dass sie die einzig mögliche ist. Sie kann gewonnen werden,
indem zunächst Alternativen direkt zu den Prämissen in der Programmtheorie formuliert werden:
(1) Die DNA hat kein ontologisches Privileg. DNA ist ebenso wie alle anderen
Bestandteile und Prozesse der Zellen als Teil eines Organismus anzusehen
und unterscheidet sich nur durch die spezielle Art ihrer Interaktionen.
(2) Genetische Information ist die für die Entwicklungsschritte konkret ausschlaggebende Information. Sie liegt nicht schon vor in Form von Nukleotidsequenzen, sondern wird im Verlauf der konkreten Interaktionen zwischen
DNA, Zellen und Umgebung, im Entwicklungsgang erzeugt. Genetische
Information hat selbst eine Ontogenese und eine Zeit (und einen Ort) des
Auftretens, nach der sie wieder vergeht.
27
28
Vgl. einschlägige Lehrbücher, auch GILBERT, TYLER, ZACKIN 2005, Ch. 14; REHMANNSUTTER 2002.
Es ist übrigens nicht möglich, das Potentialitätsprinzip durch den Verweis auf den
Gesamtorganismus zu retten (nicht die DNA, sondern der gesamte Organismus enthält
die Information zur Entwicklung), denn dafür müsste unterstellt werden, dass der
Organismus die Information für zukünftige Entwicklungsstadien im transitiven Sinn
enthält.
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362 Christoph Rehmann-Sutter
(3) Strukturen und Formen des Organismus sind nicht nur das Ergebnis von
informierten Entwicklungsschritten, sondern sie treten auch als Ursachen zur
Erklärung weiterer Entwicklungsschritte in Erscheinung.
Diese Art der Interpretation der Rolle der DNA im Organismus nenne ich systemische
Genomik.29 Das Genom wird als ein Datenspeicher der Zellen aufgefasst30, der diese
nicht instruiert, der aber zur Herausbildung der konkreten Information in Entwicklungsschritten in komplexer Weise benutzt wird. Die Regelmäßigkeit des Entwicklungsgangs (z.B. von der Zygote zur Larve zur Metamorphose zur Fliege) wird nicht
als vierdimensionale Realisierung einer in DNA-Sequenzen eindimensional vorhandenen Vorschrift aufgefasst, sondern als eine Folge von Schritten, die je aus den
vorhergehenden Schritten erklärbar sind. Die Logik der regelmäßigen Abfolge ist
nicht eine programmierte, sondern, mit einem Wort des Molekularbiologen Gunther
S. Stent31, eine „historische“ Logik, in der Schritte nicht von Anfang an vorausbestimmt und als genetische Information kodiert vorgeschrieben sind. Es ist vielmehr eine emergente Regelmäßigkeit, die als Leistung des Organismus anzusehen ist,
indem er sich Schritt für Schritt aus der jeweiligen Ausgangslage neu instruiert.
Die systemische Genomik versucht, möglichst nahe am naturwissenschaftlichen
Erkenntnisstand zu bleiben und die molekularen Mechanismen ernst zu nehmen,
welche in den Zellen und im Verbund der Zellen zur Hervorbringung von Strukturen führen. Entsprechend müssten die einzelnen Elemente dieser Interpretation
verändert und angepasst werden, sobald wesentliche neue molekularbiologische
Erkenntnisse gewonnen sind. Dabei ist es ein Anliegen, mit dem metaphysischen
Ideenrepertoire möglichst sparsam und gleichzeitig transparent umzugehen. Denn
auch eine systemische Deutung kann nicht von sich behaupten, sie sei frei von
Metaphysik. Sie bleibt zwar möglichst nahe an der empirischen Evidenz, geht aber
begrifflich doch in einem bedeutenden Aspekt über sie hinaus, indem sie nämlich
einen theoretischen Rahmen zur Verfügung stellt, in welchem die empirischen Evidenzen sinnvoll zusammenhängen und der für die philosophische Frage nach dem
‚Wesen‘ der Entwicklung (und damit für die normative Ethik) anschlussfähig ist. Die
Theorie des Systems enthält eine Vorstellung der folgenden Art: Das Lebewesen ist
zu beschreiben als ein dynamischer Zusammenhang von Teilen, Prozessen und
Strukturen, der in der Lage ist, unter den Gegebenheiten der Welt ‚Selbst‘ von
29
30
31
Eine wesentliche Inspirationsquelle dafür ist der developmental systems approach, den Susan
Oyama 1985 vorgeschlagen hat (vgl. NEUMANN-HELD 1999; OYAMA, GRIFFITHS, GRAY
2001), aber auch Ideen aus der „strukturalistischen“ Tradition (WEBSTER, GOODWIN
1982; WEBSTER, GOODWIN 1996), die eine eigenständige kausale Rolle von Strukturen
und strukturierten Prozessen betonen, sowie die Ansätze der Epigenetik (JABLONKA,
LAMB 1995). Sie können in eine neue Synthese der Genomtheorie jenseits des Programmkonzepts einfließen.
SARKAR 2006.
STENT 1981.
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Altered Nuclear Transfer, Genom-Metaphysik und das Argument der Potentialität 363
‚Nichtselbst‘ zu unterscheiden und durch selektive Interaktion einen regelhaften
Prozess weiterzuführen, dessen prozessuale Identität gerade durch den Wandel der
Struktur erhalten bleibt.32
Jeder Entwicklungszustand enthält gemäß der systemischen Auffassung der
DNA ein unmittelbares Potential (im Sinn der Kausalität) zur Herausbildung des
jeweils nächsten Schrittes. In mittelbarer Form (im Sinn der Möglichkeit) kann man
sagen, enthalte jeder Entwicklungszustand auch das Potential für alle darauf folgenden Schritte. Denn der Organismus ist offenbar in der Lage, diese späteren Schritte
auszuführen, sobald er in seinem Entwicklungsgang dorthin gelangt. Diese mittelbare
Potentialität ist zwar immer noch diachron und genetisch, aber – und das ist der
wesentliche Punkt – sie ist im Rahmen einer systemischen Interpretation nicht als
transitive, sondern als intransitive Potentialität aufzufassen. Es ist nicht so, dass die
später folgenden Schritte im gegenwärtigen Entwicklungszustand „vorgesehen“
oder „angelegt“ wären, d.h. es muss nicht angenommen werden, dass für die später
folgenden Schritte die Information schon von Anfang an vorliegt. Es führt kein
direkter Weg von Entwicklungsstadium A zu Entwicklungsstadium C unter Auslassung des (kausal entscheidenden) Entwicklungsstadiums B.
Für den Embryo bedeutet dies Folgendes: Der Embryo ist gemäß der systemischen Genomik nicht als ein Wesen aufzufassen, in dem die Information für das
Kind-Sein oder das Erwachsen-Sein schon präsent ist und das im Verlauf seiner
Entwicklung bis dorthin, wenn er nicht darin gehindert wird, diese Information in
Wirklichkeit umsetzt. Der Embryo ist vielmehr ein entwicklungsfähiges Wesen, das
in der Lage ist, weitere Entwicklungsschritte zu vollziehen und durch komplexe
Interaktionen mit DNA und Umgebung die Informationen fortlaufend zu generieren, die für einen regelmäßigen Entwicklungsgang notwendig sind. Der Embryo ist
somit im Rahmen einer systemischen Genomik ein Wesen mit einem erstaunlichen
Potential zur Entwicklung, aber nicht ein Wesen, in dem die Information für das
Entwicklungsziel schon vorhanden wäre. Bezogen auf den menschlichen Embryo:
Er ist ein entwicklungsfähiges menschliches Wesen, das in der Lage ist, die Informationen fortlaufend interaktiv zu generieren, die nötig sind, um zu einem Fötus
und zu einem Kind zu werden. Der menschliche Fötus ist in dieser Beschreibung
aber nicht ein Wesen, das die Information für den Fötus oder für das Kind in sich
trägt und nur noch zur Entfaltung bringt.
Die systemische Genomik denkt, wenn überhaupt teleologisch, nach dem Modell
einer Praxis-Teleologie, aber nicht nach dem Modell der Poiesis-Teleologie.33 Die
32
33
Vgl. MATURANA 1982. Ich behaupte entgegen Maturana (und Hegel) nicht, dass es die
Abgrenzung des Selbst vom Nichtselbst ist, das die Identität des Wesens konstituiert,
sondern lege den Schwerpunkt auf die Weiterführung des eigenen Prozesses. Die
Abgrenzung gegen das Nichtselbst ist dafür eine Strategie, nicht das zentrale Konstituens, die aber Flexibilitäten zulässt.
Vgl. zu dieser Unterscheidung REHMANN-SUTTER 1996; REHMANN-SUTTER 2004;
REHMANN-SUTTER 2006.
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364 Christoph Rehmann-Sutter
Poiesis-Teleologie geht davon aus, dass ein Entwicklungsziel im Keim schon vorhanden ist und dass die Entwicklung als ein zielgerichteter Prozess der Produktion
aufgefasst wird, der zur Herausbildung der Zielstruktur führt. Praxis-Teleologie hingegen setzt als Ziel den Sinn des Prozesses an, analog zu einer „Praxis“ im aristotelischen Sinn: eine Handlung, die um des Vollzugs willen ausgeübt wird. Die Entwicklungsprozesse des Embryos, Fötus, Kindes, Erwachsenen, überhaupt aller
Lebewesen, sind in diesem Modell Prozesse, die in sich selbst sinnvoll sind und in
dieser intrinsischen Sinnhaftigkeit das „Leben“ des Wesens darstellen. Es ist mir
wichtig festzuhalten, dass die Kritik an der Programmgenomik und die entsprechende Kritik am Potentialitätsprinzip im Embryonenschutz nicht auf eine
Demontage des ethischen Wertes des Embryos hinausläuft, sondern auf eine alternative Auffassung von der Struktur der ethischen Anerkennung (s. Abschn. 4).
Nun möchte ich mich einigen Schwierigkeiten zuwenden, die aus der für das
Potentialitätsprinzip charakteristischen Verwendung von Modalbegriffen entstehen.
3. Logik von Modalkategorien
Auf die Aporie, die sich aus der Auffassung der Möglichkeit als ‚Angelegtsein zu
etwas‘ ergibt, hat bereits Nicolai Hartmann hingewiesen:
„Das Mögliche als eigentliche Dynamis ‚zu etwas‘, oder Angelegtsein ‚auf etwas‘,
setzt ein Vorbestehen des ‚Etwas‘ voraus, auf das es angelegt ist. Da dieses Vorbestehen kein Realsein ist, so muss es entweder von anderer Seinsweise sein oder
gar kein Sein haben. Im letzteren Fall ist es illusorisch, im ersteren überschreitet
es die Seinssphäre (die des Realen), um deren Modi es sich handelt. In beiden
Fällen aber kann es nicht innerhalb der realen Welt ein Seiendes ‚neben‘ dem
Wirklichseienden sein.“34
Man müsste es infolgedessen als ein Halbseiendes auffassen, das „ungreifbar zwischen Sein und Nichtsein schwebt“.35 Die fragwürdige Konstruktion einer Sphäre
des Halbseienden hat auch Konsequenzen für die Auffassung vom Werden, solange
man es als Übergang vom Nichtsein ins Sein versteht. Werden, so verstanden, ist
dann eigentlich unmöglich. Denn das Übergehen selbst, das Werden, wäre als Übergang des Halbseienden ins Seiende aufzufassen, d.h. als eine „durchgehende Seinsform des Realen“.36
34
35
36
HARTMANN 1966, 9.
Ibid., 9.
Ibid., 9.
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Altered Nuclear Transfer, Genom-Metaphysik und das Argument der Potentialität 365
Angewendet auf den Embryo bedeutet dies: Im Embryo wäre in der ungreifbaren
Sphäre des Halbseienden das Kind, der erwachsene Mensch, zu dem der Embryo
wird, bereits real da und vorausgesetzt. Die Entwicklung vom Embryo zum Kind
und vom Kind zum Erwachsenen wäre nicht als Werden im Sinn des Übergangs
vom Nichtsein ins Sein (des Kindes, des Erwachsenen) zu denken, sondern als ein
durchgehendes Realsein in verschiedenen Abstufungen des Unwirklichen, aber doch
Realseienden. Der erwachsene Mensch müsste im Kind genauso bereits als Halbseiender vorbestehen wie das Kind (und der Erwachsene) im Embryo. Das müsste
auch für die Zukunft unseres eigenen Lebens gelten: In unserem Körper wären alle
vor uns liegenden Lebensstadien (das Alter) halbseiend bereits real. Wir könnten
nicht eigentlich werden, was wir noch nicht sind, sondern das Leben wäre ein fortgesetztes Verwirklichen von bereits halbseiend Vorgegebenem.
Hartmann vermutet, dass diese Schwierigkeiten Konsequenzen metaphysischer
Voraussetzungen sind, die mit der teleologischen Metaphysik des Mittelalters verknüpft sind, „also künstliche, selbstgemachte Aporien darstellen“37 und somit auch
durch eine Klärung dieser Voraussetzungen behoben werden können. Ein Schritt zu
dieser Klärung ist heute die Offenlegung der vorausgesetzten Genom-Metaphysik.
Die Aporie kann behoben werden, wenn der Programm-Genomik die stillschweigende Ausschließlichkeit genommen wird. Dann wird es offensichtlich, aufgrund
welcher Wahl der theoretischen Voraussetzungen die Schwierigkeiten eingehandelt
worden sind. Wenn zudem die naturwissenschaftliche Plausibilität einer solchen
Programm-Genomik gering ist und Alternativen zur Verfügung stehen, wird die
Aporie selbst zu einem Argument für die Wahl der einen oder anderen Alternative.
Eine weitere Klärung ist aber, wie Hartmann vorschlägt, bei den Modalkategorien
selbst nötig. Er führt die Unterscheidung ein zwischen zwei verschiedenen Gruppen
von Modalmodi, den relationalen und den fundamentalen. Die relationalen Modi
sind auf die fundamentalen bezogen:
„Unmöglichkeit, Möglichkeit und Notwendigkeit sind relativ auf Wirklichkeit
und Unwirklichkeit. Darum eben sind Wirklichkeit und Unwirklichkeit die Fundamentalmodi.“38
Hartmann nennt diesen Zusammenhang zwischen relationalen und fundamentalen
Modalmodi das ‚modale Grundgesetz‘. Darin scheint mir eine plausible Behauptung
zu liegen. Denn die relationalen Modalmodi (unmöglich, möglich, notwendig etc.)
lassen sich auf Aussagen oder Vorstellungen, auf mögliche Eigenschaften von
etwas, auf mögliche Ereignisse usw. beziehen und bringen verschiedene Grade von
Wahrscheinlichkeit von ihnen zum Ausdruck (von unmöglich bis sicher), während
die fundamentalen Modalmodi (wirklich, unwirklich) zum Ausdruck bringen, ob
37
38
Ibid., 10.
Ibid., 66.
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366 Christoph Rehmann-Sutter
etwas ist oder nicht ist. Die Wahrscheinlichkeiten würden keinen Sinn machen,
ohne die Kategorien des Wirklichen und Unwirklichen, auf die sie sich beziehen.
Ohne mich hier auf die weiteren Aspekte der Hartmann’schen Theorie einlassen
zu können, möchte ich für unseren Zusammenhang folgende Hypothese ableiten:
Die Programm-Genomik operiert mit einer Realannahme der Notwendigkeit und
verwechselt insofern Möglichkeit mit Aktualität. Die genetische Information, die sie
als Information für die Entstehung des Kindes und des Erwachsenen versteht, liegt
wirklich (wirkend) vor. Die Entstehung des Kindes und des Erwachsenen wird als
notwendig angesehen (sofern die äußeren Bedingungen es erlauben und keine Entwicklungsstörungen auftreten), weil die Faktoren dieser Notwendigkeit (die Gene)
real sind. Die Möglichkeit wird somit als Realpotenz aufgefasst. Eine reale Potenz
erweist sich aber, wenn man sie zergliedert, als contradictio in adiecto. Die SystemGenomik sieht auch eine Potenz in jedem Entwicklungsstadium, nämlich die
Potenz, in geordneter Weise den jeweils nächsten Schritt hervorzubringen. Dies ist
dann aber nicht als eine transitive Potenz aufzufassen, in der eine Realpotenz der
Entwicklungsziele (Kind, Erwachsener etc.) konstruiert werden müsste. Insofern
vermeidet die System-Genomik die modallogischen Widersprüche, in die sich die
Programm-Genomik verstrickt.
Wie ist aber im Kontext der System-Genomik die Potentialität des Werdens eines
Embryos in modallogischen Kategorien aufzufassen? Die Entität Embryo ist dabei,
sich zu entwickeln, und befindet sich auf dem Weg, nach Abschluss der Schwangerschaft zu einem Kind zu werden. Diese Aussage betrifft zunächst eine reale Folge
von Schritten oder von Teilprozessen. Jeder dieser Schritte ergibt sich aus dem vorherigen durch eine Fortsetzung der in jenem wirksamen Prozesse. Ein Schritt führt
mit anderen Worten zum nächsten durch die in ihm vorliegende Konstellation von
Wirkfaktoren. Das Entwicklungssystem ist (in staunenerweckender Komplexität
und Präzision) so gebaut, dass es in der Lage ist, aus einem Schritt in den nächsten
überzugehen und dabei eine emergente Regelmäßigkeit an den Tag zu legen, die,
wenn sie nicht gestört wird und wenn die äußeren Voraussetzungen gegeben sind,
tatsächlich zur Entwicklung des Kindes und des erwachsenen Menschen führt.
Unsere Blickrichtung bei der Erklärung dieser Entwicklung bleibt immer retrospektiv. D.h. wir bemühen uns, die Entwicklung naturwissenschaftlich zu erklären, wenn
wir schon wissen, auf welche Organismusformen sie normalerweise hinausläuft. Die
Aufgabe für die molekulare Erklärung der Entwicklung besteht gerade darin, die
Ziele der Entwicklung nicht im Embryo schon vorauszusetzen oder die Ziele in
jenen hineinzuprojizieren, sondern die Mechanismen aufzuweisen, die zu ihrer Realisierung führen.
Insofern kann man sagen, auch die System-Genomik spreche von einer Tendenz
jedes Entwicklungsschrittes, in den nächsten überzugehen. Diese Tendenz ist ebenfalls eine modale Kategorie, die gemäß Hartmann bei den relationalen Modi einzureihen ist, weil sie sich auf die Wirklichkeit des nächsten Schrittes bezieht. In
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Altered Nuclear Transfer, Genom-Metaphysik und das Argument der Potentialität 367
aristotelischen Begriffen ist diese Tendenz als eine dynamis 39 aufzufassen: als eine Art
Kraft, die über den aktuellen Zustand der Wirklichkeit des Organismus hinausweist,
mit anderen Worten, als ein ‚Vermögen‘ oder eine ‚aktive Potentialität‘.
Jede Gegenwart eines sich-entwicklenden Organismus ist insofern transzendent, als
sie eine Tendenz in sich enthält, über sich hinauszuführen und eine neue Gegenwart
hervorzubringen. Diese Transzendenz, die auch dem menschlichen Embryo
zukommt, ist aber nicht auf die Realisierung des Kindes oder des Erwachsenen
bezogen, sondern auf zweierlei: erstens auf die emergent-regelmäßige Hervorbringung des jeweils nächsten Schrittes und zweitens auf die Weitergabe der Fähigkeit
des Entwicklungssystems zur Ausübung dieser Transzendenz. Auch die neue
Gegenwart des Organismus, die als Ergebnis des ‚nächsten Schrittes‘ wirklich wird,
hat wiederum die Fähigkeit zur Weiterentwicklung. Das entwicklungsfähige System
gibt sozusagen sich selbst in den nächsten Entwicklungszustand weiter, wiederum
als entwicklungsfähiges System.
4. Werden im Prozess und die Anerkennung
Die System-Genomik fasst die Entwicklung eines Embryos zum Fötus und zum
Kind, wie ausgeführt, nicht im präformationistischen Sinn als eine ‚Entfaltung‘ (was
einen vorangehenden ‚eingewickelten‘ Zustand impliziert), sondern als ein Werden
auf, im eigentlichen Sinn als Übergang vom Nichtsein ins Sein. Die Idee vom genetischen Programm hingegen suggeriert ein Vorsein (oder Halbsein) der gesamten
zukünftigen Entwicklungsfolge in Form von genetischer Information und fasst die
Entwicklung als Umsetzungsvorgang auf, in dem die Instruktionen des genetischen
Programms verwirklicht werden. Entwicklung wäre demgemäß ein Prozess der
Verwirklichung von genetischer Information und nicht ein Werden im eigentlichen
39
Aristoteles, Metaphysik, Buch IX, 1045b 33-35, fragt nach den Prinzipien der Veränderung im Seienden im Sinn des Vermögens (dynamis ), der Wirklichkeit (entelecheia ) und des
Werks (ergon ). Diese Kategorienreihe unterschiedet sich von derjenigen Hartmanns
darin, dass sich alle Begriffe auf Aspekte des Seins beziehen. Auch dynamis ist wirklich,
nicht bloß auf eine Wirklichkeit, die möglich ist, bezogen. Die traditionelle AristotelesLektüre hat im Begriff entelecheia meistens das Anwesendsein des Entwicklungsziels
gesehen. Dass dies nicht so sein muss (und zu Problemen der Textinterpretation führt),
zeigen REHMANN-SUTTER 1996, Kap. 5, und MOYA 2000. Entelecheia kann bei Aristoteles (in der Metaphysik und in De Anima ) plausibler aufgefasst werden als das Selbst-ZielSein des Entwicklungsprozesses. Entsprechend wäre dynamis die Tendenz eines Entwicklungsschrittes, den nächsten hervorzubringen, nicht irgendeine zauberhafte vitalistische Kraft, die auf die Adultform hinzielt. Aristoteles selbst kann m.E. nicht als Referenz für die Programm-Metaphysik herangezogen werden, sondern gibt vielmehr Anregungen für die weitere ontologische Ausarbeitung der Systemsicht.
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368 Christoph Rehmann-Sutter
Sinn. Die dabei unterstellte Existenz der genetischen Information als Information
für die gesamte zukünftige Entwicklungsfolge hat sich als eine eigentlich ‚dogmatische‘ Prämisse erwiesen, deren Bevorzugung gegenüber Alternativen begründungspflichtig ist. Diese Begründung wird durch die Tatsache erschwert, dass die behauptete ‚Existenz der Information für die gesamte zukünftige Entwicklungsfolge im
Genom‘ naturwissenschaftlich nicht gedeckt ist.
Der Embryo wird also ein Kind; er wird ein Wesen, das M ist. Das Werden ist
gemäß der systemischen Sicht, der ich nun den Vorzug gebe, als ein Werden im
Prozess aufzufassen. In diesem wird der Organismus des Embryos nicht als statische Struktur mit Funktionen beschrieben, sondern als ein materiell strukturierter
Prozess, der in jedem Prozessschritt das Vermögen enthält, über sich hinauszuführen und dabei gleichzeitig auch das Vermögen zur Entwicklung weiterzugeben. Die
Regelmäßigkeit (und Programmhaftigkeit, wenn man so will40) ist eine ermergente
Eigenschaft des dynamischen Systems. Es gibt keine transitive Verbindung des
Embryos zum Kind über die Entwicklungsstadien hinweg. Aber gleichzeitig ist das
Entstehen des Kindes aus der sukzessiven Weiterführung des Prozesses nicht kontingent. Ein Kind entsteht, wenn die inneren und äußeren Bedingungen stimmen. Eine
Potentialität des Embryos für das Kind, also für das Wesen, das M ist, kann nur ex
negativo unterstellt werden. Ein menschlicher Embryo kann z.B. kein Kätzchen bilden und keinen Fisch. Es kann nur ein menschliches Kind daraus werden (sofern
die Entwicklung bis dorthin weitergehen kann). Die Potentialität ex negativo kann
aber offensichtlich noch nicht ausreichen, um WürdeM zu begründen. Denn sonst
wären tatsächlich auch Samen- und Eizellen schützenswert: Sie können sich ja auch
zu nichts anderem entwickeln als zu einem menschlichen Wesen. Die Tatsache, dass
etwas nicht-zufälligerweise zu einem Menschen werden kann, ergibt keine Notwendigkeit, zu einem Menschen zu werden, und es lässt sich daher auch keine ethische
Pflicht aus ihr ableiten, das Wesen in seinem Werden nicht zu stören oder es darin
zu unterstützen. Wie kann ein ethischer Schutz menschlicher Embryonen dann aber
überhaupt begründet werden?
Ein alternativer ethischer Approach, den ich hier nur skizzieren kann, geht davon
aus, dass der moralische Status nicht nur zwei Zustände kennen muss (Sache oder
40
Evelyn Fox Keller spricht nach der Kritik an der Programm-Genetik doch von einem
Programm der Entwicklung, aber nicht eines Programms, das in Form von DNASequenzen vorliegt, sondern als irreduzible Regelmäßigkeit der Entwicklung des
gesamten Organismus: „[...] the program consists of, and lives in, the interactive complex make up of genomic structures and the vast network of cellular machinery in which
those structures are embedded. It may even be that this program is irreducible – in the
sense, that is, that nothing less complex than the organism itself is able to do the job.“
(KELLER 2000, 100 f.) Der Begriff des Programms suggeriert aber doch die Existenz
einer Vor-Schrift, die der Entwicklung vorausliegt, was von ihr im Rahmen der systemischen Genomik gerade bestritten wird. Deshalb ziehe ich es vor, den Programmbegriff fallen zu lassen.
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Altered Nuclear Transfer, Genom-Metaphysik und das Argument der Potentialität 369
Person), wie das im bisher diskutierten Potentialitätsargument vorausgesetzt wird.
Es ist möglich zuzulassen, dass der moralische Status etwas sein kann, das wächst
und an Intensität gewinnt, wie auch der Embryo oder Fötus sich entwickelt.41 In der
Konsequenz dieser begrifflichen Öffnung des Statuskonzepts für eine graduelle
Wahrnehmung entstehen für die philosophische Begründung zwei Aufgaben: Erstens muss der Zeitpunkt während der Entwicklung bestimmt werden, von dem an
die Gesellschaft verpflichtet ist, das Wesen in den Kreis der Personen aufzunehmen
und ihm die entsprechenden Rechte eines Menschen zuzuerkennen. Dieser Zeitpunkt sollte so gewählt werden, dass die Anerkennung des Kindes als Subjekt von
Menschenrechten nicht willkürlich erfolgt oder an bestimmte, vom anzuerkennenden Wesen selbst zu erfüllende Leistungen (wie z.B. erkennbare mentale Fähigkeiten) geknüpft wird. In den meisten modernen Rechtssystemen ist es die Geburt,
die eine objektiv erkennbare, neue Beziehung zwischen dem Kind und der Gesellschaft schafft und den Beginn der eigenen Rechtspersönlichkeit des Kindes markiert. In diesem Begründungsschritt haben Argumente des kantianischen Typs ihren
Ort: Die Menschenwürde muss bedingungslos ‚allen‘ Menschen zukommen. Vom
Beginn der Fähigkeit zu einem leiblich selbständigen Leben an, der durch das Ereignis der Geburt markiert ist, muss ein menschliches Wesen bedingungslos in die
Gemeinschaft der Gleichen aufgenommen werden.
Zweitens besteht die Aufgabe, den moralischen Status der frühesten Embryonen
zu beschreiben, den Anfangspunkt einer Wachstumskurve, die zur Geburt führt.
Faktisch bestehen in der Gesellschaft unterschiedliche Auffassungen vom Status
dieser Frühembryonen. Sie reichen von der Einschätzung als bloßes Material, das
höchstens kostbar ist, bis zur Anerkennung als Platzhalter für die Person, die daraus
wird. Die Frage ist, welche Art der Würde mit ethischen Argumenten plausibilisierbar ist. Eine Möglichkeit dafür bietet die Potentialität des Embryos, wie sie im
Rahmen der System-Genomik beschrieben wurde: Diejenigen Wesen, die sich in der
Weise der doppelten Transzendenz als entwicklungsfähiges System auf dem Weg
befinden, ein Menschenkind zu werden, verdienen es genau aus dem Grund, dass
sie diesen Weg durch ihre eigene Kraft zur Entwicklung, in organischer Aktivität
beschreiten, von uns Erwachsenen mit Respekt und Würde behandelt zu werden. Es
ist trotz aller naturwissenschaftlichen Erklärung durch Gene und Moleküle stets ein
Wunder des menschlichen Lebens, das sich in jedem einzelnen sich-entwickelnden
menschlichen Embryo zeigt. Wir haben zu diesen Wesen eine besondere Beziehung,
weil sie auf dem Weg sind, Menschen zu werden. Durch den Akt der Anerkennung,
der sich in der Wahrnehmung einer Würde des Embryos manifestiert, geben wir
dieser besonderen Beziehung auf der Ebene von Normen, Regeln und Werten einen
Raum.
41
Die Schweizerische Nationale Ethikkommission im Bereich Humanmedizin hat in ihrer Stellungnahme zur Forschung an menschlichen Embryonen und Föten diese Ansicht vertreten (NEK-CNE 2006).
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370 Christoph Rehmann-Sutter
Das Verhältnis der Feststellung, dass Embryonen Wesen sind mit diesen
beschriebenen Eigenschaften (dass sie auf dem Weg sind, Menschen zu werden,
dass sie diesen Weg Schritt für Schritt vollziehen und in jedem der Schritte nicht nur
den nächsten, sondern auch die dynamis zur Weiterentwicklung hervorbringen), zum
Akt der Anerkennung als Wesen mit normativ relevanter Würde kann nicht das
einer Subsumtion und darauf folgender Deduktion sein. Denn die beschriebenen
Eigenschaften sind Naturtatsachen, die als solche nichts normativ Verbindliches
enthalten. Es wäre ein naturalistischer Fehlschluss, aus ihnen die Schutzwürdigkeit
abzuleiten. Die beschriebenen Eigenschaften stellen aber die faktischen Grundlagen
dar für eine Beziehung des Embryos zu uns selbst. Embryonen sind aktiv sich-entwickelnde Wesen, auf dem Weg, Menschen ‚wie du und ich‘ zu werden. Das Bestehen dieser Beziehung ist ein Grund, sie im normativen Sinn als Träger einer eigenen
intrinsischen Würde anzuerkennen. Das Anerkennen (nicht ein Deduzieren) ist aber
ein Akt, der das normativ relevante Verhältnis hervorbringt und gestaltet. Es ist ein
genuiner Akt, möchte ich sagen, weil er in Ausübung unserer Fähigkeit der Verantwortung ein ethisches Verhältnis schafft. Die Feststellung der objektiven Verhältnisse und die Argumente im Rahmen der systemischen Metaphysik sind Anlass zu
diesem Akt der Anerkennung: Sie zwingen uns nicht logisch dazu, ihn auszuführen,
nehmen ihn auch nicht schon vorweg, sondern geben uns Grund, die Beziehungsfähigkeit auszuüben, die unsere eigene menschliche Würde auszeichnet. Sie ist
unsere Antwort auf diese spezielle Entwicklungsfähigkeit des Embryos.
5. Konklusion
Die Strategie des altered nuclear transfer zur Eröffnung eines ‚ethisch unkontroversen‘
Weges zur Herstellung menschlicher embryonaler Stammzellen beruht auf mehreren
Voraussetzungen, die sich bei genauer Betrachtung als problematisch herausstellen.
Erstens ist die Form des Potentialitätsarguments, auf dessen Umgehung die Strategie aus ist, auf eine Fundierung in einer bestimmten Genom-Metaphysik angewiesen, die hier Programm-Genomik genannt wurde. Diese muss jedoch Behauptungen
über das Vorbestehen von genetischer Information für alle zukünftigen Entwicklungsstadien bereits im Genom jedes Embryos machen, die naturwissenschaftlich
nicht gestützt sind. Zudem führt sie in eine modallogische Aporie, zu deren
Umschiffung eine Sphäre von Halbseiendem angenommen werden muss, was wenig
plausibel ist. Der Ansatz verwechselt, vereinfacht gesagt, Möglichkeit mit Wirklichkeit.
Eine alternative Konzeption der ontologischen Grundlagen der Genomik, die
dem Denken der molekularen Entwicklungsbiologie näher steht, wurde in Begriffen
eines systemischen Ansatzes skizziert. Sie lässt das Potentialitätsdenken nur in einer
verwandelten Form zu, nämlich als nicht-transitive Potentialität, die das Vermögen
jedes Entwicklungsschrittes zur Hervorbringung des nächsten Schrittes und die
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Altered Nuclear Transfer, Genom-Metaphysik und das Argument der Potentialität 371
gleichzeitige Selbsterhaltung des entwicklungsfähigen Systems beinhaltet. Diese
Form des Potentialitätsdenkens eröffnet die Möglichkeit einer ethischen Beziehung
der Würde und des Respekts zu menschlichen Embryonen als Wesen, die aktiv auf
dem Weg sind, zu einem Kind zu werden.
Vor diesem Hintergrund erscheint mir die Strategie des altered nuclear transfer kaum
als empfehlenswert. Sie vermeidet eine kritische Diskussion der genannten metaphysischen Voraussetzungen (eine Kritik des Gen-Mythos) und nimmt die etablierten Standardargumente des Embryonenschutzes lediglich unkritisch auf. Weil mit
dem altered nuclear transfer eine zweifache genetische Veränderung der Zellen verbunden ist (Cdx2 aus- und wieder einschalten), die je mit möglichen Nebenwirkungen verknüpft sind und grundsätzlich zusätzliche Risiken für diejenigen zukünftigen
Patientinnen und Patienten beinhalten, denen die Zellen dereinst als Heilmittel
implantiert werden sollen, scheint mir eine skeptische Haltung angezeigt. Das von
Forscherseite vorgeschlagene Verfahren ist opportunistisch, um innerhalb einer als
nicht gesprächsbereit erlebten moral community durch ein vorauseilendes Eingehen
auf die Argumente der Gegner faktische Akzeptanz zu erzeugen. Eine Auseinandersetzung mit den metaphysischen Anfangsgründen der Genomik und mit den damit
verbundenen Voraussetzungen der Ethik der Embryonenforschung könnte aber
weiterführend und fruchtbar sein. Wie sich zeigte, verfällt sie nicht einem moralischen Nihilismus, sondern führt zu einer ethisch begründbaren Beziehung des
Respekts.
Acknowledgment: Diese Arbeit verdankt ihre Entstehung der Plenarsitzung der
Ethisch-Rechtlich-Sozialwissenschaftlichen Arbeitsgemeinschaft des Kompetenznetzwerks Stammzellforschung NRW am 7. November 2005 in Düsseldorf zum Gutachten
von Johann Ach, Bettina Schöne-Seifert und Ludwig Siep. Dem weiteren Kreis
meiner Forschungsgruppe, speziell Mario Kaiser, danke ich für anregende Hinweise
nach einer ausführlicheren zweiten Fassung des Vortrags in Basel.
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ACH, J.S., SCHÖNE-SEIFERT, B., SIEP, L. (2006): Totipotenz und Potentialität: Zum moralischen Status von Embryonen bei unterschiedlichen Varianten der Gewinnung humaner embryonaler Stammzellen. Gutachten für das Kompetenznetzwerk Stammzellforschung NRW, in
diesem Jahrbuch auf den Seiten 261-321.
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Hamburg.
DAMSCHEN, G., SCHÖNECKER, D. (Hg.) (2003a): Der moralische Status menschlicher
Embryonen. Pro und contra Spezies-, Kontinuums-, Identitäts- und Potentialitätsargument,
Berlin, New York.
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372 Christoph Rehmann-Sutter
– (2003b): Argumente und Probleme in der Embryonendebatte – ein Überblick, in: DAMSCHEN, G., SCHÖNECKER, D. (Hg.): Der moralische Status menschlicher Embryonen. Pro und contra Spezies-, Kontinuums-, Identitäts- und Potentialitätsargument, Berlin, New York, 1-7.
– (2003c): In dubio pro embryone. Neue Argumente zum moralischen Status menschlicher
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