Inflation: Ursachen, Wirkungen und mittelfristiger Ausblick

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Inflation: Ursachen, Wirkungen und mittelfristiger Ausblick
Wir lassen die Wirtschaftskrise hinter uns! Steht nun die große Inflationswelle bevor?
Nach fünf negativen Quartalen wird die Eurozone im laufenden 3. Quartal 2009 die Rezession hinter
sich lassen können. Viele positive Anzeichen signalisieren uns, dass das Schlimmste überstanden zu
sein scheint. Und das gilt auch für Österreich. Während bis dato von einem Rückgang der Wirtschaft
im Ausmaß von -4,2% für 2009 ausgegangen wurde, rechnet die Österreichische Nationalbank nun
mit einem Schrumpfen in Höhe von -3,5 bis -3,8%. Die zahlreichen Bemühungen der Europäischen
Zentralbank und der heimischen Bundesregierung beginnen merkbar zu greifen.
Was uns jedoch bereits jetzt klar sein muss: Der Weg der Wirtschaftserholung fällt holprig aus. Zu
groß sind die Belastungen, die sich aus dem aktuellen wirtschaftlichen Umfeld für die mittelfristigen
wirtschaftlichen Aussichten ergeben. Allen voran sind es die schwierigen Arbeitsmarktbedingungen
und der stark belastete Budgethaushalt. Beide Themen werden die heimische Wirtschaft auch
mittelfristig belasten. Die heimischen Prognoseinstitute WIFO, IHS und OeNB sehen das
Wirtschaftswachstum in 2010 nur um Plus/Minus Null pendeln. Im Vergleich mit dem 10-JahresDurchschnittswachstum (Zeitraum von 1997 bis 2007: ca. 2,5% in Österreich vs. 2,0% in der
Eurozone) stellt das natürlich eine sehr magere Wachstumsrate dar. Erst in 2011 wird mit einem
deutlich positiven Bruttoinlandsprodukt gerechnet.
Bei der Preisentwicklung ist Entwarnung angesagt – und das ist eine sehr gute Nachricht für die
heimischen Verbraucher in 2009 und 2010. Die Inflationsrate wird bereits im Herbst den negativen
Bereich verlassen und nur langsam ansteigen. Im Gesamtjahr 2009 könnte die Inflationsrate somit
unter 0,5% zu liegen kommen – so niedrig wie noch nie zuvor seit der Einführung des Euro. Auch für
2010 sieht die Europäische Zentralbank keine Gefahr einer ausufernden Inflationsrate. Ganz im
Gegenteil: Gemäß der jüngsten Schätzung werden sich die Preise stabil in einer Bandbreite von 0,8
bis 1,6% im Jahresdurchschnitt 2010 bewegen. Aufgrund der nach wie vor gedämpften Nachfrage
besteht keine Gefahr stark steigender Preise. In solch einem Umfeld bewegen sich auch die Zinsen
nur moderat. Für Sparer heißt es daher, dass das Zinsumfeld auch in 2010 relativ niedrig bleibt. Die
Europäische Zentralbank wird erst im 2. Halbjahr 2010 beginnen, den Leitzinssatz von derzeit 1%
anzuheben.
Aufgrund verstärkter Kundenanfragen und teilweise panischer Berichterstattung möchten wir jedoch
an dieser Stelle etwas ausführlicher zum Thema Preisentwicklung und Budgetdefizite Stellung
nehmen. Folgende Fragen werden sowohl theoretisch als auch praktisch analysiert:
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Wie entsteht Inflation?
Welche aktuellen Gefahren gehen von der Preisentwicklung aus?
Inflation und Staatsverschuldung – besteht ein unmittelbarer Zusammenhang?
Wie entsteht Inflation?
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Nachfragesog-Inflation
Wenn die Nachfrage nach Gütern und Dienstleistungen das im Inland mit den vorhandenen
Produktionskapazitäten erstellbare Angebot übersteigt, steigen in der Folge die Preise an
(Konsument ist Verursacher der Inflation). Die Nachfragesteigerung kann auch durch die
gestiegene Nachfrage der Unternehmen nach Investitionsgütern und Arbeitskräften
hervorgerufen werden. Die Preise der Produktionsgüter steigen, da das Angebot an Gütern,
die mit den Investitionsgütern hergestellt werden, noch niedriger ist (Unternehmer ist
Verursacher der Inflation).
¾
Kostendruck-Inflation
Unternehmer geben die Kosten, welche sie selbst tragen müssen – allen voran: Löhne und
Gehälter sowie Rohstoffkosten – an die Endabnehmer/Konsumenten weiter. Durch gestiegene
Löhne steigen die Lohnkosten je produziertes Stück. Werden die Löhne stärker angehoben
als die Arbeitsproduktivität, erhöhen sich die Lohnstückkosten. Die Kostenzunahme wird an
die Verbraucher in Form gestiegener Preise weitergegeben.
Stand: 4. September 2009
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Importierte Inflation
Steigen auf dem Weltmarkt die Preise für Rohstoffe (Energie, Metalle, Agrar), wirken sich
diese Verteuerungen auf die in Österreich produzierten Endgüter und damit auf das
inländische Preisniveau aus. Je nachdem in welcher Wettbewerbssituation sich der jeweilige
Unternehmer befindet, wird er versuchen, diese Kosten auf den Endverbraucher
überzuwälzen. Dadurch steigen die Preise inländischer Güter an und das allgemeine
Preisniveau steigt.
¾
Monetäre Inflation
Wenn die Geldmenge stärker zunimmt als die Gütermenge, entsteht Inflation. Unter den
langfristigen möglichen Inflationsursachen finden sich vor allem die Geldmengenexpansion
und ihre Auswirkungen auf die Inflation, ebenso wie Überschussliquidität und Kreditüberhang
als mögliche Quellen von Vermögenspreisinflation und Finanzkrisen.
Welche aktuellen Gefahren gehen von der Preisentwicklung aus?
Preise sind das Ergebnis aus Angebot und Nachfrage auf einem beliebigen Markt. Steigt das
allgemeine Preisniveau für die Güter des Bedarfs, so können wir uns heute weniger Güter um
denselben Geldbetrag leisten als früher. Der Wert des Geldes wird daran gemessen, welche
Gütermengen man für eine bestimmte Geldsumme kaufen kann.
Der Ursprung des Wortes Inflation (lateinisch; inflare = aufblähen) deutet auf eine wichtige
Voraussetzung anhaltender Preisanstiege hin, nämlich die Aufblähung der Geldmenge. Das bedeutet,
dass die Geldmenge in einer Volkswirtschaft auf längere Sicht anhaltend schneller zunimmt als die
Gütermenge, weshalb der Geldwert fällt. Das Ausmaß der Änderung des Preisniveaus wird durch
Preisindizes gemessen. Der Impuls zu einer Preissteigerung kann von der Nachfrage- oder der
Angebotsseite ausgehen.
Inflationsradar Österreich
2009
Trends
2010
2011
kurzfristig
2012
mittelfristig
Nachfragesog-Inflation
BIP, %-Änd. Vorjahr, real
-4,00%
+/- 0%
1,90%
Ü
1,60%
-0,60%
-0,20%
Ü
-42,70%
13,40%
4,60%
Ö
-4,30%
-5,80%
Ü
Ö
Kostendruck-Inflation
Arbeitnehmerentgelt, %-Änd. Vorjahr, real
Im portierte Inflation
Ölpreisentwicklung, %-Änd. Vorjahr
Monetäre Inflation
Budgetsaldo, in % des BIP
LE GENDE : E influssfaktor wirkt ….
nicht inflationstreibend
leicht inflationstreibend (W irkung im Folgejahr)
inflationstreibend (im laufenden Jahr)
Datenque llen : Pape r Makro -Rahmenbedingu ngen Öste rreich /CEE, August 2009
Nachfragebedingte Preisanstiege sehen wir im derzeitigen makroökonomischen Umfeld bis inkl. 2011
als nicht inflationstreibend an. Auch die Kostendruckinflation kann als Preistreiber basierend auf den
jüngsten Schätzungen der realen Entwicklung der Arbeitnehmerentgelte auf Sicht der nächsten Jahre
ausgeschlossen werden. Dieser Prognose zugrunde liegen die auch mittelfristig schwierigen
Arbeitsmarktbedingungen. Die Rohstoffpreisentwicklung (Basis für die importierte Inflation) wird
aufgrund der Bestrebungen, Rohstoffpreisspekulationen behördlich einzudämmen (siehe CFTC =
Commodity Futures Trading Commission, US-Rohstoffbehörde) aus heutiger Sicht nicht mehr so
große Schwankungen aufweisen wie das noch im Vorjahr der Fall war.
Vor diesem Hintergrund bleibt aus heutiger Sicht als möglicher mittelfristiger Inflationstreiber die
monetäre Inflation als größter Risikofaktor in unserem Inflationsradar. Inflation ist eine Geldentwertung
und im Moment werden Unsummen an Geld in Problemstaaten, marode Banken und Unternehmen,
etc. investiert. Dieses Summen könnten mittelfristig eine Geldentwertung vorantreiben.
Stand: 4. September 2009
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Inflation und Staatsverschuldung – besteht ein unmittelbarer Zusammenhang?
Angesichts der steigenden Staatsverschuldung stellt sich die Frage, ob Verschuldung an sich
automatisch Inflation auslöst. Während das Defizit in 2008 noch knapp 9,5 Mrd. EUR betrug, dürfte
sich die österreichische Verschuldung des öffentlichen Sektors Ende 2012 auf mehr als 13 Mrd. Mrd.
EUR belaufen.
Staatsverschuldung und Inflation haben zunächst kurzfristig wenig miteinander zu tun. Weitet die
Notenbank die Geldmenge potenzialorientiert aus, kann auch eine höhere Staatsverschuldung die
Verbraucherpreise nicht in die Höhe treiben. Als bestes Praxisbeispiel dafür dient Japan: Schon seit
1993 klettern die Defizite im Staatshaushalt, von 2000 bis 2005 lag die Defizitquote im Schnitt bei 7%
des BIP. Die zusätzlichen Kredite, die die Regierung aufnahm, haben die Staatsverschuldung von
knapp 74 % des BIP 1993 auf zuletzt rund 180% in die Höhe getrieben. Trotzdem blieb die Inflation
gering, von 1999 bis 2005 sank das Preisniveau sogar. Die Banken hielten sich bei der Vergabe neuer
Kredite zurück, die Geldmenge wuchs kaum noch.
Dass höhere Staatsschulden – anders als in Japan – trotzdem häufig mit höherer Inflation
einhergehen, liegt daran, dass Zentralbanken die Staatsschulden „monetisieren“. Sie kaufen vom
Staat emittierte Anleihen und stellen der Regierung so frisches Geld zur Verfügung. Die zusätzliche
Liquidität treibt dann die Preise in die Höhe. Solange sich die Wirtschaft in der Krise befindet und die
Banken sich bei der Kreditvergabe zurückhalten, hat diese Geldschöpfung keine inflationstreibende
Wirkung. Doch sobald die Konjunktur anzieht, muss eine Notenbank das zusätzliche Geld aus der
Wirtschaft abziehen, um einen Anstieg der Inflation zu verhindern. Nun wird befürchtet, dass
Regierungen weltweit die Notenbanken unter Druck setzen könnten, ihre Zinsen niedrig zu halten und
mehr Inflation zu akzeptieren, denn höhere Geldentwertung verringert die reale Schuldenlast des
Staates. Allerdings: Langfristig nutzt dem Staat höhere Inflation nicht viel. Sie treibt die Zinsen am
Kapitalmarkt in die Höhe – und macht neue Kredite teurer.
Zusammenhang hoher heimischer Staatsschulden & Inflationsentwicklung in den Folgejahren
Ein Blick in die Historie zeigt uns, dass in Österreich seit den 70iger Jahren auf zwei Phasen hoher
Budgetdefizite (1988 und 1996) mit einem Nachlauf von rund 5 Jahren auch die Inflationsrate deutlich
gestiegen ist – auf ein Ausmaß von 3 bis 4% in der Spitze. Die Inflationsraten verharrten in diesen
beiden Perioden maximal 12 Monate nahe ihren Höchstständen, da die Notenbank jeweils steuernd
eingriff. Umgelegt auf das aktuelle makroökonomische Umfeld sehen wir kurzfristig (2010/11) die
Inflationsgefahr als extrem gebannt (siehe Inflationsradar Seite 2). Mit einer kontinuierlich
ansteigenden Inflationsrate bis auf die Niveaus der Jahre 1993 und 2001 (dh. 3-4%) ist im Extremfall
in 2012/13 zu rechnen.
Österreich: Budgetsaldo und Inflationsrate im Vergleich
8
-8
Prognosewerte 2010-2012:
Pfeile nicht durchgezogen
7
-7
Inflationsrate, %-Änd. Vorjahr
6
-6
Budgetsaldo in % des BIP
Inflations-Trendkanal seit 1977 - Oberseite
Prognose 2009: -4,3%, 2010: -5,8%
-5
5
-4
4
-3
3
-2
2
Inflationstrend seit 1977
rückläufig
-1
1
0
0
Budgetsaldo, in % des BIP, invertiert
Inflationsrate
1
Inflations-Trendkanal seit 1977 - Unterseite
-1
2
78
80
82
84
86
88
90
92
94
96
98
00
02
04
06
08
10
12
Source: Reuters EcoWin
Stand: 4. September 2009
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Wer bislang dachte, die Notenbanken hätten im abgelaufenen Jahr ihre größte Herausforderung in der
Nachkriegszeit gemeistert, könnte bald schon eines Besseren belehrt werden: Als noch weitaus
schwieriger und delikater wird sich erweisen, die geschaffene Liquidität zum richtigen Zeitpunkt und in
der richtigen Dosierung wieder abzuschöpfen. Beginnen die Währungshüter damit zu früh, riskieren
sie den Aufschwung vorzeitig abzuwürgen. Handeln sie zu spät, riskieren sie einen
konjunkturdämpfenden Inflationsanstieg. Eine heikle Mission, die es zu bewältigen gilt.
Wir halten Sie darüber natürlich auf dem Laufenden!
Dr. Martina Schweitzer, CEFA
Treasury/Volkswirtschaftliche Analyse
Telefon: +43-5-1700-95442
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Stand: 4. September 2009
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