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Aus dem Department Chirurgie
Klinik für Allgemein- und Viszeralchirurgie des
Universitätsklinikums Freiburg i. Br..
Studie über die Therapie von neuroendokrinen Pankreastumoren im
postoperativen Verlauf nach chirurgischer Resektion
INAUGURAL-DISSERTATION
zur
Erlangung des Zahnmedizinischen Doktorgrades
der
Medizinischen Fakultät der
Albert-Ludwigs-Universität Freiburg i.Br.
Vorgelegt 2016
von Malte Middendorf
geboren in Bergisch Gladbach
Dekanin:
Gutachter:
Jahr der Promotion:
Prof. Dr. Kerstin Krieglstein
1.
2.
Prof. Dr. Uwe Wittel
Prof. Dr. Alexander Hoetzel
2017
1
Inhalt
1. Einleitung .......................................................................................................................... 4
1.1 Historische Entwicklung der neuroendokrinen Tumore .................................................... 4
1.2 Zellursprung und Tumormarker ....................................................................................... 5
1.3 Terminologie.................................................................................................................... 5
1.4 Epidemiologie .................................................................................................................. 7
1.5 Lokalisation ..................................................................................................................... 7
1.6 Pathogenese Pankreastumor .......................................................................................... 7
1.7 Diagnostik ......................................................................................................................11
1.8 Therapie .........................................................................................................................13
1.9 Fragestellung..................................................................................................................23
2. Patientenauswahl und Methodik ..............................................................................24
2.1 Patientenauswahl ..................................................................................................24
2.2 Methodik................................................................................................................24
3. Ergebnisse .....................................................................................................27
3.1. Umfang .......................................................................................................27
3.2 Ergebnisse für nicht funktionell aktive neuroendokrine Pankreastumore ......29
3.3 Postoperativer Verlauf ..................................................................................39
3.4. Erstes Rezidiv .............................................................................................42
3.5 Zweites Rezidiv ............................................................................................45
3.6. Drittes Rezidiv .............................................................................................48
3.7. Rezidive (allgemein) ....................................................................................49
3.8 Schlussdaten................................................................................................55
3.9 Ergebnisse für funktionell aktive neuroendokrine Pankreastumore ...............56
3.10 Postoperativer Verlauf ................................................................................60
3.11. Erstes Rezidiv ...........................................................................................61
3.12. Zweites Rezidiv .........................................................................................62
3.13. Schlussdaten.............................................................................................62
4. Diskussion.............................................................................................63
4.1 Patienten .............................................................................................63
4.2 Operation ............................................................................................65
4.3 Rezidive ..............................................................................................68
4.4 Zusammenfassung ..............................................................................74
5. Literaturverzeichnis ......................................................................75
Danksagung .......................................................................87
2
Abkürzungen:
Amine Precursor
APUD - Zellen
Uptake and Decar-
5 –JÜ
boxylation - Zellen
UAW
Unerwünschte Arzneimittelwirkungen
ASA
Neuroendokrine NeGEP-NEN
oplasien des gastroenteropankreati-
NEC
PNET
VHL
MEN
ZES
CgA
VIP
Neuroendokriner Tumor
Neuroendokrines
Karzinom
Neuroendokrine
Pankreastumore
Von Hippel Lindau
Mulitple endokrine
Neoplasie
Zollinger Ellison
Syndrom
Chromogranin A
Vasoaktives Polypeptid
bensrate
American Society of
Anesthesiologists
European Neuroen-
ENETS
docrine Tumor
Society
schen Systems
NET
5 Jahres Überle-
UICC
AJCC
WHO
Tumor RR
KHK
Union internationale
contre le cancer
American Joint
Committe on Cancer
World Health Organisation
Tumor response rate
Koronare Herzkrankheit
RFS
Relaps free survival
PD
Progressive disease
PR
Partielle Remission
SD
Stable disease
Nicht funktionelle
NFPT
neuroendokrine
Pankreastumore
VGEF
Vascular endothelial
growht factor
TTP
Pyloruserhaltende
PPPD
partielle Pankrea-
mTor
tikoduodenektomie
SSTR
SIRT
Somatostatinrezeptor
Selektive interne Radiotherapie
Time to tumor progression
Mammalian target of
rapamycin
Peptidrezeptorba-
PPRT
sierte Radionuklidtherapie
RFTA
Radiofrequenzthermoablation
3
1. Einleitung
1.1 Historische Entwicklung der neuroendokrinen Tumore
Bereits 1838 erfolgte wahrscheinlich die erste Beschreibung eines neuroendokrinen Tumors
durch Merling. Hierbei handelte es sich um einen kleinen Tumor der Appendix, der auch von
Beger 1882 in ähnlicher Weise beschrieben wurde. Ein Drüsenpolyp im Ileum, der vermutlich
ein neuroendokriner Tumor war, wurde von Langhans 1867 beobachtet. Im Jahr 1888 beschrieb Lubarsch einen multipel auftretenden Tumortyp im Ileum, der dem von Beger glich,
zudem stellte er eine Beziehung zu den Lieberkühn-Krypten fest(Klöppel and Heitz 1981).
Der in der Folge von Siegfried Oberndorfer geprägte Begriff „Karzinoide Tumore“ (1907) sollte
das karzinomähnliche Wachstum der von ihm im Dünndarm entdeckten Tumore charakterisieren, welches aber weniger aggressiv als das gewöhnliche Karzinomverhalten war(Oberndorfer
1907). Die dadurch entstandene Abgrenzung der Karzinoide von den Karzinomen diente dem
Ziel die Karzinoide als eigene Tumorentität darzustellen.
Huebschmann vermutete 1910, dass die Karzinoide von den enterochromaffinen Zellen, den
Kultschitzky-Zellen (die eigentlich nach Haidenhain benannt werden müsste, da er es war, der
sie erstmals in den Fundusdrüsen des Hundes beschrieb(Heidenhain 1870)) abstammen. Dies
wurde durch den Nachweis der Argentaffinität der enterochromaffinen Zellen und der Karzinoide („Argentaffinome“) 1914 durch Gosset und Masson bewiesen(Klöppel and Heitz 1981).
Im Jahr 1930 teilte Cassidy die erste Beobachtung eines Karzinoidsnydroms mit. Erneute Beachtung fand der Bericht 20 Jahre später, als die endokrinologische Symptomatik der Karzinoide eindeutig erkannt wurde. Dies gelang durch die Isolierung und Synthese des Serotonins,
welches in den Kultschitzky-Zellen lokalisiert werden konnte(Klöppel and Heitz 1981, Rapport
et al 1948).
Seit 1965 kommt es zu einem exponentiellen Anstieg der Hormonentdeckungen aufgrund von
Fortschritten in der proteinchemischen Analyse, wodurch weitere Peptide und die ursächliche
Bedeutung von Serotonin für die Pathophysiologie des Karzinoids-Syndroms entdeckt werden
konnten(Feldman 1978).
Die ersten Tumore der endokrinen Zellen des Pankreas wurden von Nicholls(Nicholls 1902)
und Fabozzi(Fabozzi 1903) beschrieben (1902). Zunächst wurden diese Tumore als Inselzelltumore von den Karzinoiden abgegrenzt, erst durch die Aufnahme des Inselorgans des
Pankreas in das System der „hellen Zellen“ von Feyrter wurde diese Trennung aufgehoben.
Da dieses System auch die enterochromaffinen Zellen, die oben beschriebenen Ursprungszellen der Karzinoide, beinhaltete, hatte Feyrter eine gemeinsame zelluläre Basis für die endokrinen Pankreastumore und die Karzinoide geschaffen(Feyrter 1938).
4
1.2 Zellursprung und Tumormarker
Die Zellen der neuroendokrinen Tumore sind dem System der disseminierten neuroendokrinen
Zellen zuzuordnen. Diese sind aus Feyrters „hellen Zellen“ und Pears „APUD-Zellen“ (Amine
Precursor Uptake and Decarboxylation) hervorgegangen(Klöppel and Heitz 1981). Durch die
phänotypische Verwandtschaft mit neuralen Zellen bezüglich der Expression von bestimmten
Proteinen wie Synaptophysin, Chromogranin A und neuronenspezifische Enolase (NSE)
kommt die Bezeichnung „neuroendokrin“ zustande. Neuroendokrine Zellen exprimieren im Zytoplasma unabhängig von der zellspezifischen Hormonaktivität Synaptophysin und NSE. Synaptophysin kommt in allen neuroendokrinen Zellen als vesikuläre Granula vor und NSE ist
eine ƔƔ-Isoform des Enzyms Enolase, ebenfalls spezifisch für neuroendokrine Zellen. Durch
seine Lokalisation als Bestandteil der Membran der meisten neurosekretorischen Granula ist
die Expression von Chromogranin A abhängig vom Hormongehalt der Zelle und der damit
verbundenen Anzahl dieser Granula(Heitz et al 1991, Klöppel et al 2004). Gemeinsam mit
Synaptophysin, welches ebenfalls eine hohe Spezifität besitzt, hat sich der Einsatz von Chromogranin A als Tumormarker bewährt und ist gerade für den postoperativen Verlauf hilfreich.
1.3 Terminologie
Da die von Oberndorfer geprägten Karzinoide nicht allein im Dünndarm, sondern auch in anderen Bereichen beschrieben worden waren, unterteilten Williams und Sandler 1963 die Karzinoide nach embryologischen Gesichtspunkten: Es wurde zwischen Vorderdarm- („foregut“:
Lunge, Magen, Duodenum, oberes Jejunum und Pankreas), Mitteldarm- („midgut“: hinteres
Jejunum, Ileum, Appendix, Zökum) und Enddarm – Karzinoide („hindgut“: Kolon und Rektum)
unterschieden(Klöppel et al 2004, Williams and Sandler 1963).
Die WHO-Klassifikation von 1980 führte den Begriff „Karzinoide“ ein und unterteilte sie in
enterochromaffine (EC-Zell-), Gastrin (G-Zell-) und nicht näher spezifizierte „Karzinoide“,
konnte damit aber der biologischen Heterogenität nicht gerecht werden.
Auch, wenn die neuroendokrinen Neoplasien des „gastroenteropankreatischen Systems“ (GEP-NEN) selten sind, spielen sie heutzutage doch eine wichtige Rolle. Durch die
fortlaufende Weiterentwicklung der Diagnosemöglichkeiten und dem steigenden Wissen zu
deren biologischen Verhalten im Vergleich zu früher, nimmt ihre Bedeutung in der Diagnostik
von Tumoren zu. Um der Entwicklung gerecht werden zu können, musste bei der großen klinischen Vielfalt eine einheitlichere Klassifikationsmöglichkeit gesucht werden.
So wurde in der WHO-Klassifikation von 2000 der Begriff des neuroendokrinen Tumors
(NET) und des neuroendokrinen Karzinoms (NEC) eingeführt(Pasaoglu et al 2015). Hier
wurde nun zwischen vier Tumorformen unterschieden:
5
1a:
Hochdifferenzierter neuroendokriner Tumor mit eher benignem Verhalten
1b.
Hochdifferenzierter neuroendokriner Tumor mit unbekanntem Verhalten
2:
Hochdifferenziertes neuroendokrines Karzinom mit niedrig malignem Verhalten
3:
Niedrigdifferenziertes neuroendokrines Karzinom mit hoch malignem Verhalten
Ende 2010 erschien die neue WHO-Klassifikation für GEP-NEN, welche die Terminologie und
die Einschätzung der NET noch einmal etwas verändert. Sie geht davon aus, dass, gleichgültig
wie gut die neuroendokrine Neoplasien (NEN) auch differenziert sind, alle das Potenzial zu
einem malignen Verhalten besitzen(Rindi et al 2010). Vielmehr wird nun auf die histologische
Differenzierung, die proliferative Aktivität, Größe, Ausdehnung und der Zusammenhang zu
Symptomen geschaut, um die Dignität einschätzen zu können.
Die bisherige Einteilung der ersten zwei Untergruppen wird nun unter dem Begriff des neuroendokrinen Tumors (NET) zusammengefasst. Unterschieden wird mittels des proliferationsbasierten Gradings G1 (Ki67/MIB1-Index ≤ 2%) oder G2 (Ki67/MIB1-Index > 2-20%).
Die Nomenklatur des Neuroendokrinen Karzinoms (NEC) bleibt nur noch den gering differenzierten neuroendokrinen Neoplasien G3 (Ki67/MIB1-Index >20%) vorbehalten. Diese werden noch einmal in einen kleinzelligen und großzelligen Subtyp unterteilt. Zusätzlich zum Grading wird die Klassifikation durch eine lokalisationsbezogene TNM-Einteilung nach ENETS
(European Neuroendocrine Tumor Society) ergänzt(Rindi et al 2006). Aufgrund dieser Einteilung kann das individuelle Metastasierungsrisikos des jeweiligen NETs und damit auch die
Prognose, abgeschätzt und die passende Behandlungsstrategie bestimmt werden (Tabelle 1).
Aufbauend auf der TNM-Einteilung erfolgte sowohl von der ENETS als auch von der International Union for Cancer Control (UICC) mit dem American Joint Cancer Committe (AJCC) und
der World Health Organization (WHO)(Edge et al 2010, Klöppel et al 2010, Strosberg et al
2012) eine Stadieneinteilung wie in Tabelle 2 dargestellt.
Tabelle 1 Klassifikation und Metastasierungsrisiko pankreatischer NEN nach WHO Klassifikation (2010) und ENETS-TNMEinteilung(Klöppel 2013)
KLASSIFIKA-
DIFFERENZIERUNG
TION
GRÖßE,
LOKALISATION,
METASTASIERUNGS-
AUSBREITUNG
RISIKO
NET, G1, T1,
Hoch differenziert
Bis zu 2cm Ø
Minimal
N0, M0
G1 (<2% Ki67)
Keine Angioinvasion
(benignes Verhalten)
Intermediäre Größe (2-4 cm
NET, G2, T1,
Hoch differenziert
Ø)
N0, M0
G2 (>2-5% Ki67)
Ohne oder mit Angioinvasion
NET, G1/G2,
T2/T3, N0/1,
M0/1
NEC, G3
JEDES T, N, M
Hoch differenziert
G1 oder G2 (<2-20% Ki67)
Niedrig differenziert vom großzelligen oder kleinzelligen Typ
( >20%)
Gering
(benignes oder niedrigmalignes Verhalten)
4 cm Ø und mehr oder Infil-
Erheblich
tration angrenzender Or-
(niedrig-malignes Verhal-
gane und / oder Metastasen
ten)
Größe und Ausdehnung beliebig
Hoch-malignes Verhalten
6
Tabelle 2 Stadieneinteilung für neuroendokrine Tumore nach ENETS und UICC/AJCC
STADIUM
ENETS
STADIUM
UICC/AJCC/WHO 2010
STADIUM I
T1 , N0, M0
STADIUM IA
T1, N0, M0
STADIUM IIA
T2, N0, M0
STADIUM IB
T2, N0, M0
STADIUM IIB
T3, N0, M0
STADIUM IIA
T3, N0, M0
STADIUM
T4, N0, M0
STADIUM IIB
T1-T3, N1, M0
Jedes T, N1, M0
STADIUM III
T4, jedes N, M0
Jedes T, jedes N, M1
STADIUM IV
Jedes T, jedes N, M1
IIIA
STADIUM
IIIB
STADIUM IV
1.4 Epidemiologie
Die Inzidenz der neuroendokrinen Tumore hat in den letzten Jahrzehnten stark zugenommen.
Ein US-amerikanisches „Surveillance, Epidemiology and End Results“(SEER) Programm zeigt
in einem Zeitraum von 1973 bis 2004 eine Zunahme der NETs von 1,09/100,000 auf
5,25/100,000 Einwohner. Bei neuroendokrinen Pankreastumoren (PNETs) lag sie 2004 bei
0,32/100,000(Yao, Hassan, et al 2008). Auch bei einer in Europa durchgeführten Studie von
Niederle et al. aus dem Jahr 2010 konnte eine ähnliche Inzidenz für PNETs von 0,25/100,000
festgestellt werden. Außerdem konnte eine gleichmäßige Verteilung der gut differenzierten
GEP-NEN bei Männern und Frauen aufgezeigt werden, sowie ein überwiegendes Auftreten
zwischen dem 50. und 70. Lebensjahr. Nur die NET der Appendix wurden häufiger bei Frauen,
bei einem Altersgipfel von 40 Jahren und sogar im Kindesalter beobachtet(Niederle et al 2010).
1.5 Lokalisation
Die GEP-NEN konnten nach einer Untersuchung aus dem Jahr 2010 am Häufigsten im Magen
(22,8%) lokalisiert werden, gefolgt von der Appendix (20,7%), dem Jejunum/Ileum (15,4%),
dem Rektum (15,4%), dem Pankreas (11,6%), dem Kolon (7,0%) und dem Duodenum (5,6%).
Die verbleibenden 1,5% verteilen sich auf Ösophagus und Gallengangsystem(Niederle et al
2010).
1.6 Pathogenese Pankreastumor
Die NETs des Pankreas stellen eine seltene, wenngleich auch klinisch wichtige Form der Pankreasneoplasien dar. PNETs können aus den endokrinen Tumorsyndromen, Multiple endokrine Neoplasie 1 (MEN 1) und weiteren seltenen Syndromen wie Von-Hippel-Lindau-Syndrom, Morbus-Von-Recklinghausen (Neurofibromatose-1) und tuberöse Sklerose entstehen(Alexakis et al 2004, Francalanci et al 2003, Jiao et al 2011).
Bemerkenswert ist, dass 60% weniger Mutationen in PNETs vorkommen als in Pankreaskarzinomen. Außerdem sind die bei duktalen Pankreaskarzinomen veränderten Gene, wie das
7
Onkogen KRAS, der TGF-ß-Signalweg, CDKN2A und TP53, seltener in PNETs mutiert (hier
finden sich dafür Veränderungen in MEN 1, DAXX, ATRX und Genen im mTOR Signalweg).
Die häufigsten endokrinen Tumore des Pankreas sind maligne, sie sind jedoch hoch differenziert (NET). Davon funktionell aktiv sind ungefähr 50% der Tumore, die Quellenangaben hierzu
sind nicht ganz einheitlich. Niedrig differenzierte Tumore (NEC) verursachen seltener ein hormonelles Syndrom(Kent et al 1981, Klöppel et al 1998, 2007).
Funktionell aktiv beschreibt die Eigenschaft des Tumors bestimmte Hormone wie Insulin, Gastrin, Glukagon oder vasoaktives intestinales Polypeptid (VIP) zu sekretieren und damit charakteristische Syndrome zu verursachen, wie z.B. das Whipple-Syndrom, das Zollinger-EllisonSyndrom oder das Verner-Morrison-Syndrom(Klöppel et al 1998, 2003). Die Tumore werden
entsprechend ihrer Hormonsekretion Insulinome, Glukagonome oder VIPome bezeichnet.
1.6.1 MEN - 1 – Syndrom
Eines der Tumorsyndrome aus denen PNETs hervorgehen können, ist die multiple endokrine
Neoplasie (MEN). Bereits 1954 vermutete Wermer ein vererbtes Tumorsyndrom, welches
sich durch das Auftreten von Neoplasien der Nebenschilddrüsen (primärer Hyperparathyreodismus), der Inselzellen des Pankreas (PNET) und der Adenohypophyse kennzeichnet(Wermer 1954). Nach seinem Erstbeschreiber wird es deswegen auch Wermer-Syndrom genannt. Weitere typische Tumore sind die Nebennierentumore und die neuroendokrinen Tumore der Lunge, des Thymus und des Vorderdarms, meist multilokulär(Machens et al 2007).
Diagnostiziert wird die multiple endokrine Neoplasie durch den Nachweis der Keimbahnmutation des Menin-Gens auf Chromosom 11q13(Chandrasekharappa et al 1997). Sie gilt als wahrscheinlich, wenn bei zwei der typischen oben genannten Organen ein endokriner Tumor nachgewiesen werden kann. Familienmitglieder mit Nachweis der Mutation, aber ohne Tumor, werden als Mutationsträger bezeichnet.
Die häufigste Manifestation zeigt sich im primären Hyperparathyreoidismus (pHPT) (50100%). Bereits ab einem Alter von 18 Jahren lassen sich hier Hyperkalzämien diagnostizieren(Benson et al 1987). Die nächst häufigere Organmanifestation findet sich in pankreatikoduodenalen neuroendokrinen Tumoren mit einer Prävalenz von bis zu 50%, wobei diskutiert wird,
ob nicht sogar höhere Prozente bei MEN-1-pNET wahrscheinlich sind(Langer et al 2004).
Denn es konnte durch Autopsiestudien gezeigt werden, dass bei jedem MEN1-Patient präneoplastische Läsionen in dem Pankreas vorhanden waren. Da diese die häufigste Todesursache bei Patienten mit multiplen neuroendokrinen Neoplasien darstellt und die Tumore häufig
multilokal vorkommen, ist die Diagnose und die Therapie von besonderer Bedeutung(Doherty
et al 1998). Die meisten Tumore stellen sich als nicht funktional dar (40-80%).
8
1.6.2 Insulinom
Das Insulinom ist mit 40-60% der häufigste hormonell aktive Tumor des Pankreas, gekennzeichnet durch die Sekretion von Insulin. Bei Frauen kommt es etwas häufiger vor (60%) und
es konnte in allen Altersgruppen nachgewiesen werden. Die höchste Inzidenz lag aber in der
Altersgruppe zwischen 40-60 Jahren. Meist treten Insulinome als benigne, solitäre Tumore in
Pankreaskopf – oder Schwanzbereich auf, in 10% der Fälle können sie auch maligne sein.
Der Durchmesser der benignen Insulinome misst häufig nicht mehr als 1-2cm, maligne Formen
sind meist größer. Bei 10% kommt es zu einer Multilokalität (oft im Rahmen einer MEN-1).
Lokalisationen außerhalb des Pankreas sind sehr selten(Chr. Donow et al 1990, Kent et al
1981, Service et al 1991).
Als Leitsymptom des Insulinoms gilt die Hypoglykämie, welche durch die Whipple-Trias definiert ist:
1.Plasma-Glukose-Konzentrationen < 40mg/dl
2.Symptome der Hypoglykämie und
3.Reversibilität der Symptome durch Glukosegabe.
Hinweise sind vor allem neuroglykopenische Symptome (Seh-, Denk-, Sprachstörungen etc.),
die nach Ausschluss anderer Grunderkrankungen und medikamentöser Ursachen auf ein Insulinom deuten. Wird im Vorfeld durch die Sozialanamnese des Patienten eine Tätigkeit im
Gesundheitswesen festgestellt, so muss beim Vorliegen der Symptome mit erhöhter Wahrscheinlichkeit auch an eine selbst induzierte Senkung des BZ-Spiegels gedacht werden: eine
Hypoglycaemia factitia.
1.6.3 Gastrinom
Gastrinome sind die zweithäufigsten funktionell aktiven Tumore des Pankreas. Sie finden sich
allerdings häufiger im Duodenum als in der Bauchspeicheldrüse(Klöppel and Anlauf 2007). Da
sie Gastrin produzierende Tumore sind, verursachen Gastrinome das Zollinger-Ellison Syndrom (ZES). Dieses wurde von Zollinger und Ellison 1955 als eigenständige Krankheit erkannt
und durch die folgende Symptomtrias beschrieben:
1. rezidivierende, peptische Ulkuskrankheit
2. exzessive Magensäuresekretion
3. ein nicht-insulinproduzierender Pankreastumor(Zollinger and Ellison 1955).
Beim ZES werden häufig sporadische Gastrinome beobachtet, die sowohl im Pankreas als
auch im Duodenum auftreten können. Bei MEN-1 Patienten dagegen werden häufiger die multilokalen Gastrinome beobachtet, welche hauptsächlich im Duodenum lokalisiert sind(Chr.
Donow et al 1990, Christian Donow et al 1991).
Wenn Gastrinome im Pankreas lokalisiert sind, dann mehrheitlich im Kopf und mit einer Größe
über 2cm(Christian Donow et al 1991). Stabile et al. beschreibt ein anatomisches Dreieck, in
9
dem ein hoher Prozentsatz der Gastrinome lokalisiert ist. Es wird begrenzt durch den Pankreaskopf – das Duodenale C – den distalen Choledochus(Stabile et al 1984).
1.6.4 Glukagonom
Obwohl der Terminus „Glukagonom“ es vermuten lässt, sagt er nichts über die funktionelle
Aktivität eines immunhistologisch als glukagonproduzierend identifizierten Tumors aus. Meist
werden sie als Zufallsbefund bei Routineuntersuchungen oder im Rahmen eines MEN-1
Screenings entdeckt, da sie nicht funktionell aktiv sind.
Wenn in den seltenen Fällen durch die Tumorsekretion von Glukagon das typische Glukagonomsyndrom verursacht wird, sind diese meist maligne und können eine beträchtliche Größe
von bis zu 10cm erreichen. Bevorzugt sind sie im Pankreasschwanz lokalisiert. Das Glukagonomsyndrom definiert sich dabei aus einer Kombination verschiedener Symptome: Diabetes
mellitus, nekrolytisches migratorisches Erythem, Anämie und Gewichtsverlust(Ruttman et al
1980, Vinik et al 2000, McGavran et al 1966).
1.6.5 VIPom und sonstige Tumore
Das durch Verner und Morrison 1958 zuerst beschriebene und nach ihnen benannte Krankheitsbild wird durch vasoaktives intestinales Polypeptid (VIP) sezernierende Tumore (VIPome)
hervorgerufen(Verner and Morrison 1958). Es ist durch exzessive wässrige Diarrhöen gekennzeichnet, verbunden mit Hypokaliäme und Achlorhydrie, daher auch die alternative Bezeichnung WDHH-Syndrom (watery diarrhoea, hypokalemia, hypochlorhydria). Ungefähr die Hälfte
der Tumore ist maligne und im Pankreas lokalisiert, der Altersgipfel liegt zwischen dem 40.
und 60. Lebensjahr. Sie sind sehr selten, können aber wie Glukagunome große Durchmesser
erreichen und innerhalb eines MEN-1-Syndroms auftreten(Krejs et al 1978, Long et al 1981).
Zu den weiteren seltenen Tumoren mit hormonellen Syndrom gehören das Kortikotrophinom
(Cushing-Syndrom)(Heitz et al 1981), der GHRF-NET (growth hormone releasing factor; Akromegalie)(Berger et al 1984), das Kalzitoninom (Durchfälle und/oder Hyperkalzämie)(Fleury
et al 1998, Heitz et al 1981) und das Serotoninom (Karzinoidsyndrom)(La Rosa et al 2011).
Sehr selten sind Fälle von Somatostatinomen beschrieben worden, dies liegt zudem auch
schon einige Jahre zurück(Krejs et al 1979).
In den oben genannten Tumoren lassen sich zur Diagnose immunhistologisch die entsprechenden Hormone nachweisen.
1.6.6 Nicht funktionelle neuroendokrine Tumore des Pankreas
Die nicht funktionellen neuroendokrinen Pankreastumore (NFPT) machen je nach Quelle
zwischen 40-70% der neuroendokrinen Pankreastumore aus. Der Großteil von ihnen ist im
Pankreaskopf lokalisiert und weist Tumorgrößen von über 3cm auf(Fendrich et al 2007, Ito et
10
al 2007). Bei Studien wurden 40 - 90% der NFPT als maligne eingestuft. Kriterium hierfür ist
eine vorhandene Metastasierung oder eine Organinfiltration. Je nach Studienauswahl ist eine
Geschlechtergruppe stärker betroffen, wahrscheinlich ist die Verteilung aber ausgeglichen
(Gullo et al 2003, Ito et al 2007, Kent et al 1981, Metz and Jensen 2008, Niederle et al 2010).
Das mittlere Alter bei der Diagnose liegt bei 55 Jahren. Da die NFPT keine spezifischen Symptome verursachen (vergleichbar mit denen der exokrinen Pankreastumore), werden Beschwerden erst durch die Größe des Tumors ausgelöst. Zu den unspezifischen Beschwerden gehören z.B. abdominelle Beschwerden (Übelkeit, Erbrechen und Diarrhö), Gewichtsverlust, oder
ein Ikterus sowie in manchen Fällen auch ein Diabetes Mellitus(Gullo et al 2003, Liang et al
2004)
Je nach anatomischer Lage verursachen die Tumore dabei unterschiedliche Symptome. Bei
NFPT im Pankreaskopf kann es durch Obstruktion des intrapankreatisch verlaufenden Gallengangs zu einem Ikterus oder durch Nervirritation zu Rückenschmerzen kommen.(Kouvaraki et
al 2005, Liang et al 2004)
Die genaue Ursache der Entstehung von NFPT konnte noch nicht endgültig geklärt werden,
Risikofaktoren wie Rauchen, Alkohol und Diabetes konnten nicht gezeigt werden(Gullo et al
2003).
Es kann aber im Rahmen von autosomal-dominant vererbten Syndromen wie MEN-1 und VHL,
die aufgrund von Keimbahnmutationen im MEN-Gen (Chromosom 11q13) bzw. VHL-Gen
(Chromosom 3p25-26) entstehen, vorkommen(Lonser et al 2003, Metz and Jensen 2008,
Whaley et al 1994).
1.7 Diagnostik
Die klinischen Symptome, die oft schon frühzeitig bei funktionell aktiven Tumoren auftreten
können, machen eine rechtzeitige Diagnose mit Klärung der Ursache nötig. Nach der biochemischen Analyse und Diagnose erfolgen dann die Tumorlokalisation sowie die histologische
Sicherung.
1.7.1 Biochemische Analyse
Bei Verdacht auf Insulinom besteht die biochemische Diagnostik in einem Fastentest, der entweder über 72 Stunden oder bis zum Auftreten von durch Hypoglykämie induzierte Neuroglukopenie andauert. Liegen beim Abbruch des Tests Insulinkonzentrationen ≥ 3-6 µU/ml und CPeptid-Konzentrationen ≥ 0,2nmol/l bei Glukosekonzentrationen ≤ 45mg/dl vor, spricht dies für
das Vorliegen eines Insulinoms(van Bon et al 2009). Bilden sich die Symptome der Neuroglukopenie nach Glukosegabe wieder zurück, ist die Whipple Trias nachgewiesen.
Liegt der Verdacht auf das Zollinger-Ellison-Syndrom (Gastrinom) vor, sollte zunächst das
Nüchtern-Serumgastrin bestimmt werden. Der Nachweis einer Säurehypersekretion muss bei
11
gleichzeitiger Hypergastrinämie erbracht werden. Eine Hypergastrinämie allein würde eher für
eine Achlorhydrie, wie sie bei Typ-A-Gastritis vorkommt, sprechen. Weil quantitative Säurebestimmungen heute nicht mehr durchgeführt werden, muss alternativ eine endoskopische Bestimmung des pH-Wertes des Magensafts erfolgen (Gastrinom <2). Zusätzlich lässt sich der
Sekretintest durchführen, bei dem 2-10 Minuten nach Sekretingabe eine „paradoxe“ Freisetzung von Tumorgastrin beobachtet werden kann (Sensitivität:94%)(Berna et al 2006, Poitras
et al 2013).
Die anderen funktionell aktiven Tumore werden durch die Bestimmung der für die jeweilige
Symptomatik verantwortlichen Hormone im 24-Stunden-Sammelurin diagnostiziert: VIP (vasokatives Intestinalpeptid) beim Verner-Morrison-Syndrom, Glukagon beim Glukagonom-Syndrom(Rinke and Arnold 2014).
NETs sind in der Lage eine große Anzahl an Hormonen, Proteinen und Glykoproteinen zu
produzieren. Wichtigste Vertreter sind Chromogranin A (CgA), neuronenspezifische Enolase,
ß-hCG und pankreatisches Polypeptid (PP)(de Herder 2007, Klöppel et al 1986).
CgA ist zurzeit der sensitivste Tumormarker, bei NFPT ist der Wert bei 60-100% der Patienten
im Serumspiegel erhöht. Allgemein lässt sich mit einer Sensitivität und Spezifität von 70-100%
mittels CgA ein neuroendokriner Pankreastumor nachweisen(Klöppel et al 1986, Kouvaraki et
al 2005, Norton et al 1986).
Ohne zwischen funktionell aktiven und inaktiven PNET zu unterscheiden, scheint die Höhe
des CgA-Spiegels im Serum mit der Größe des Tumors zu korrelieren. Außerdem ist der Wert
für die postoperativen Verlaufskontrollen nützlich. Normale CgA-Werte sprechen mit einer
Spezifität von 85% für Tumorfreiheit(de Herder 2007, Metz and Jensen 2008).
1.7.2 Bilddiagnostik
Da funktionelle Tumore zum Zeitpunkt der Diagnose oft kleiner sind als die nicht funktionellen
Tumore, ist die Diagnosestellung hier häufig schwieriger. Es stehen verschiedene bildgebende
Verfahren zur Lokalisationsdiagnostik zur Verfügung:
Ultraschall:
Die Untersuchung mit Hilfe des transabdominellen Ultraschalls (US) ist für große Tumore gut
geeignet, nicht aber bei sehr kleinen Läsionen. Zudem ist die Erfolgsquote sehr von der Erfahrung des Untersuchers abhängig(Tan and Tan 2011). Anders ist es bei der Endosonographie
(EUS). Aufgrund der Nähe zum Pankreas lassen sich hiermit auch kleinere Tumore nachweisen, was gerade bei Patienten mit MEN-1 von Bedeutung ist. Es werden hierbei Sensitivitätswerte zwischen 80-90% erreicht(Rösch et al 1992). Die intraoperative Sonographie (IOUS)
dient vor allem der Lokalisation von kleinen funktionellen Tumoren sowie von Lebermetastasen.
12
CT (Computertomographie):
Durch die Weiterentwicklung der Computertomographie können dank Multi-Detektor CT
(MDCT) Schichtstärken von 1 – 2 mm aufgenommen werden. Gouya et al. konnten eine Sensitivität von 94,4% mit zweiphasigen MDCT erreichen(Gouya et al 2003). Da die Tumore oft
hypervaskulär sind, ist die Kontrastmittelgabe eine wichtige Ergänzung. Der richtige Zeitpunkt
ist entscheidend, da die Tumore sich ungefähr 20-25 Sekunden nach Injektion besonders gut
darstellen lassen(Tan and Tan 2011).
MRT (Magnetresonaztomographie):
Ebenso wie das CT können durch Magnetresonanztomographie, vor allem mit Fettsuppression, sehr hohe Sensitivitätsraten erreicht werden. Je nach Studie liegen diese zwischen 9496%(Owen et al 2001, Semelka et al 2000). Demnach ist das MRT sogar besser zur Tumorlokalisation geeignet als das CT, die Unterschiede sind jedoch gering und das CT deutlich
schneller verfügbar(Noone et al 2005).
Somatostatinrezeptor-Szintigraphie:
Die Somatostatinrezeptor Szintigraphie (SRS) gilt als Goldstandard in der Diagnose von neuroendokrinen Tumoren. Das Verfahren nutzt dabei die häufig von neuroendokrinen Tumoren
exprimierten Somatostatinrezeptoren (SSTR), vor allem die Subtypen SSTR 2a und 5(Rinke
and Arnold 2014). Da die Halbwertszeit von Somatostatin zu kurz ist, werden mittels radioaktiv
markierter Somatostatinanaloga (z.B. Octreotid) die NET dargestellt. Hier konnte eine Sensitivität von bis zu 90% erreicht werden. Eine große Fehlerquelle waren hierbei falsch-negative
Ergebnisse in Organen mit physiologisch hohen Werten, wie z.B. der Leber(Kvols et al 1993,
Virgolini et al 2005). Durch stetige Weiterentwicklung wird die SRS nun mit dem Tracer 68Gallium (68Gallium-DOTA-TOC / NOC) verwendet. In Kombination mit PET (Positronenemissionstomographie) – CT können dadurch auch genaue Aussagen zur anatomischen Lokalisation
gemacht werden. Dadurch ist eine Sensitivität von bis zu 97% möglich, was die große Überlegenheit gegenüber anderen Bildgebungsverfahren verdeutlicht(Gabriel et al 2007).
1.8 Therapie
Nach abgeschlossenem Staging mit Diagnose des neuroendokrinen Pankreastumors ist die
Therapieplanung von großer Bedeutung. Meist werden diese Patienten von einer Auswahl aus
Experten verschiedener medizinischer Fachrichtungen betreut. Die kurative Therapie stellt die
R0 Resektion dar. Es gibt allerdings viele verschiedene ergänzende Therapiemöglichkeiten.
13
1.8.1 Chirurgische Resektion
Sowohl bei funktionellen als auch bei nicht funktionellen PNETs stellt die chirurgische Resektion die entscheidende kurative Therapie dar, bei der die Symptome gelindert und das Überleben verlängert werden kann(Fendrich et al 2004, (n.d.), Solorzano et al 2001).
Bei kleinen sporadischen benignen Tumoren, vor allem gutartigen Insulinomen, kann die Operation laparoskopisch erfolgen. Neben der Erfahrung des Operateurs ist eine präoperative Lokalisationsdiagnostik sehr wichtig. Durch dieses Verfahren können Tumore im Pankreaskopf
und –schwanz sicher entfernt und die postoperative Heilung beschleunigt werden(Assalia and
Gagner 2004).
Sind die Tumore größer oder weisen sie Metastasen auf, ist die offene chirurgische Therapie
das Mittel der Wahl.
Bei Tumoren im Pankreaskopf besteht die Möglichkeit der klassischen Operation nach
Whipple oder die pyloruserhaltende Pankreatikoduodenektomie (PPPD). Bei letzterer ist eine
Störung der Magenentleerung durch den Erhalt des Pylorus geringer. Da Studien die Gleichwertigkeit der PPPD zur Whipple-Operation belegen, wird der pyloruserhaltenden Pankreatikoduodenektomie oft der Vorzug gegeben(Tran et al 2004).
Bei einer Lokalisation des Tumors im Pankreasschwanz ist gerade bei malignen Tumoren eine
Pankreaslinksresektion mit Splenektomie indiziert, um mögliche Metastasen zu entfernen.
Kann eine Metastasierung ausgeschlossen werden (G1 PNETS), kann auch über eine milzerhaltende Pankreaslinksresektion diskutiert werden(Chromik et al 2008).
Das Ziel bei jeder Operation ist die vollständige Entfernung des Tumorgewebes. Da Lymphknotenmetastasen häufig sind, ist die „en-bloc“ Resektion der regionalen Lymphknoten mit
dem Primärtumor indiziert(Fendrich et al 2009). Auch ausgedehnte Operationen, gerade bei
langsam wachsenden Tumoren, sind möglich, um tumorinfiltrierte Gefäßstrukturen zu resezieren und rekonstruieren, sowie Lebermetastasen zu entfernen. Auch zytoreduktive Chirurgie
(Debulking) kann das Überleben günstig beeinflussen, wenn mehr als 90% der Tumormasse
entfernt werden kann(McEntee et al 1990, Sarmiento et al 2003).
Insgesamt konnte in einer Studie von Solorzano et al. gezeigt werden, dass das mediane
Überleben nach kurativer Resektion bei 7,1 Jahren lag, wohingegen nicht operierte Patienten
nur ein Überleben von 5,2 Jahren aufwiesen, bzw. 2,1 Jahre bei Patienten mit metastasiertem
Tumor(Solorzano et al 2001).
1.8.2 Medikamentöse Therapie
Die medikamentöse Therapie lässt sich noch einmal in verschiedene Untergruppen aufteilen.
Im Folgenden werden die Biotherapie, die molekular zielgerichtete Therapie, sowie die Chemotherapie genauer erläutert.
14
1.8.2.1 Biotherapie mit Somatostatin-Analoga
Bereits 1974 konnte Somatostatin im Hypothalamus als inhibitorisches Peptidhormon nachgewiesen werden(Burgus et al 1973). Zunächst wird in den Zellen Prosomatostatin gebildet, welches dann durch gewebsspezifische Enzyme zu Somatostatin 14 (bestehend aus 14 Aminosäuren) und Somatostatin 28 (aus 28 Aminosäuren) gespalten wird(Susini and Buscail 2006).
Aber auch an anderen Stellen im Körper, vor allem im Gastrointestinaltrakt, finden sich Somatostatin produzierende Zellen
Somatostatin hemmt in der Hypophyse die Freisetzung von Hormonen. Es hemmt sowohl die
endokrine als auch die exokrine Sekretion benachbarter Zellen. Es hat Einfluss auf die intestinale Motilität und die Motilität der Gallenblase(Patel 1999). Zudem soll es das Wachstum
endokriner Tumore beeinflussen, indem es direkt die Bildung von Wachstumsfaktoren hemmt
oder durch Induktion von Apoptose(Öberg 1994).
Damit Somatostatin seine Wirkung auf Zellen ausüben kann, muss es zunächst an dessen
Somatostatinrezeptoren binden. Obwohl bei jedem Tumor unterschiedliche Kombinationen
von Rezeptortypen angesiedelt sein können, ist mit einer hohen Wahrscheinlichkeit der Subtyp
SSTR 2a und SSTR 5 zu finden(Kulaksiz et al 2002).
Bei den in der Klinik verwendeten Wirkstoffen handelt es sich um synthetisch hergestellte Derivate, da die nativen Somotostatin-Analoga viel zu kurze Halbwertszeiten besitzen: Zu ihnen
gehören Octreotid, Lanreotid sowie Pasireotid.
Octreotid und Lanreotid haben dabei eine hohe Affinität zu SSTR 2a und SSTR 5, zu anderen
Rezeptortypen ist die Bindung deutlich schwächer(Froidevaux and Eberle 2002, Patel and Srikant 1994).
Zur Behandlung kann Octreotid subkutan (Sandostatin®) oder intramuskulär als lang wirksame Form („long active LAR“ Sandostatin® LAR®) appliziert werden(Arnold et al 1996, Novartis Pharmaceuticals Corporation 2016a, b).
Es dient der symptomatischen Behandlung, wie z.B. dem Karzinoid Syndrom (Durchfälle,
Flush) und hat eine antiproliferative Wirkung. Dies konnte in einer Placebo-kontrollierten, prospektiven und randomisierten Doppelblindstudie, der PROMID Studie, gezeigt werden. Sowohl
die Zeit bis zur Tumorprogression (time to tumor progression, TTP), als auch die Anzahl der
Fälle mit stabilem Verlauf (stable disease) war bei Patienten mit Midgut-Tumoren und Octreotid LAR Therapie deutlich höher als in der Placebo – Gruppe(Rinke et al 2009).
Mit Somatuline Autogel® ist auch eine lang wirksame Form (28 Tage) von Lanreotid verfügbar(Ipsen Limited 2015). Durch die CLARINET – Studie konnte gezeigt werden, dass auch
Lanreotid die TTP deutlich verlängert, außerdem konnte die Wirksamkeit bei neuroendokrinen
Pankreastumoren bestätigt werden(Caplin et al 2016, Kos-Kudła 2015).
15
Obwohl es keine eindeutigen Hinweise gibt, dass sich der positive Effekt nicht nur auf die TTP
auswirkt, sondern auch auf das Gesamtüberleben, konnte gezeigt werden, dass das Überleben von Patienten mit Ansprechen auf die Biotherapie günstiger als bei Nichtansprechen
ist(Jann et al 2013).
Da die Somatostatin-Analoga wenig unerwünschte Arzneimittelwirkungen (UAW) im Vergleich
zu anderen medikamentösen Therapien aufweisen, stellen sie eine wichtige Behandlungsoption für Patienten mit neuroendokrinen Tumoren dar.
Allerdings sind sie zur Behandlung von Hypoglykämien beim Insulinom weniger geeignet, da
die Hypoglykämien sogar noch verstärkt werden können. Zur Therapie von Ulkuskrankheiten
beim Zollinger-Ellison-Syndroms sind sie ebenfalls ungeeignet, da hier Protonenpumpenhemmer zur Verfügung stehen.
1.8.2.2 Biotherapie mit Interferon Alfa
Die antiproliferative Wirkung von Interferon Alfa (IFN α) beruht auf dessen Einfluss auf den
Zellzyklus durch Blockierung der GO-G1 Phase und Verlängerung der S-Phase. Zusätzlich
wird wahrscheinlich durch die Induktion von 2´5´- A – Synthetase eine verminderte Expression
von mRNA für Tumorhormone erreicht(Oberg 1992).
Die Datenlage zur IFN-α Therapie ist eher dünn und nicht immer nach einheitlichen Standards
durchgeführt. Eriksson et al. konnten in ihrer Studie ein Ansprechen auf die Therapie bei 50%
der Patienten nachweisen. Stable disease konnte in 14,5% der Fällen erreicht werden, allerdings genauso häufig ein Fortschreiten der Erkrankung (progressive disease)(Eriksson and
Öberg 1993).
Des Weiteren wurde untersucht, ob eine Therapie mit Kombination von Somatostatin-Analoga
und IFN-α einen Vorteil bringt. Eine Überlegenheit dieser Kombination zu Einzelsubstanzen
konnte aber nicht gezeigt werden(Faiss et al 2003).
Leider zeigen Patienten mit Interferon – Therapie deutlich ausgeprägtere unerwünschte Arzneimittelwirkungen (UAW) als Patienten unter Biotherapie mit Somatostatin-Analoga, zudem
wurden mehr Behandlungen aufgrund von UAW abgebrochen(Faiss et al 2003). Außerdem
konnten neutralisierende Antikörper gegen „recombinant“ IFN-α nachgewiesen werden(Eriksson and Öberg 1993).
Wenngleich ein positiver Effekt zur Behandlung von Karzinoid-Syndromen vorliegt, ist die Indikation zur Erstlinientherapie mit Interferon nur in Ausnahmefällen zu stellen.
1.8.2.3 Molekular zielgerichtete Therapie
Unter molekular zielgerichtet versteht man solche Therapien, die mit den Rezeptoren der Zelloberfläche oder mit den rezeptorvermittelten intrazellulären Signalkaskaden interagieren.
16
Dementsprechend kann auch die Therapie mit Somatostatin-Analoga oder Interferon als molekular zielgerichtet angesehen werden. Im Folgenden wird auf drei weitere Wirkstoffe eingegangen, die häufig verwendet werden: Sunitinib, Bevacizumab und Everolimus:
Sunitinib:
Sunitinib (SU011248; Sutent®) ist ein Tyrosinkinasehemmer, der verschiedene Domains der
Tyrosinkinaserezeptoren hemmt. Dazu gehören die VGEFRs (vascular endothelial growth factor rezeptors) Typ 1 und 2 (FLT1 und FLK1/KDR), die PDGFR-α und –ß (platelet-derived
growth factor receptors), sowie die Stammzell-Rezptoren KIT und FLT3(Mendel et al 2003,
Raymond et al 2011). VGEF und PDGF sind für die Angiogenese sowohl in normalen als auch
in Tumorzellen wichtig und haben somit großen Einfluss auf das Wachstum. Genau hier liegt
der Angriffspunkt der Tyrosinkinasehemmer(Ferrara et al 2003).
Die Wirksamkeit von Sunitinib konnte in Studien gezeigt werden: Raymond et al. untersuchte
in einer Placebo-kontrollierten retrospektiven Studie 171 Patienten mit neuroendokrinen Tumoren, die mit Sunitinib behandelt wurden. Das progressionsfreie Überleben lag bei Patienten
mit Sunitinib (37,5mg / Tag) bei 11,4 Monaten und damit doppelt so lang wie bei der Placebogruppe mit 5,5 Monaten. Die Wahrscheinlichkeit des progressionsfreien Überlebens nach 6
Monaten lag in der Sunitinibgruppe bei 71,3% und bei der Placebogruppe lediglich bei 43,2%.
Eine echte Tumorreduktion konnte allerdings nur bei 9,3% der Patienten erreicht werden und
auch die UAW sind im Vergleich zu Somatostatinanloga deutlich höher: Knapp 60% der Patienten litten unter Durchfällen, 45% klagten über Übelkeit. Außerdem litten Patienten unter
Schwäche, Müdigkeit und Hypertonie(Raymond et al 2011).
Bevacizumab:
Bavacizumab ist ein monoklonaler Antikörper der an VGEF bindet und somit das Tumorwachstum durch Hemmung der Angiogenese einschränkt(Hobday et al 2015). Er wird außerdem in
der Therapie von Neovaskulären Glaukomen eingesetzt(Nagendran and Finger 2015).
In verschiedenen Studien wurde die Wirksamkeit von Bevacizumab in Kombination mit anderen Wirkstoffen der molekular zielgerichteten Therapie (Everolimus) oder Somatostatin-Analoga überprüft. Daten zur Monotherapie mit Bevacizumab sind sehr selten.
Bei 22 Patienten mit konstanter Octreotideinnahme wurde zusätzlich Bevacizumab für 18 Wochen verabreicht, 77% wiesen danach einen stabilen Zustand auf (SD) und lediglich 5% ein
Fortschreiten des Tumorleidens. Zudem konnte ein Ansprechen des Tumors (PR) bei 18% der
Patienten, sowie eine Reduktion des Tumorblutflusses gezeigt werden. Das progressionsfreie
Überleben nach 18 Wochen lag bei 95%. Allerdings sind auch hier UAW wie Hypertonie und
Müdigkeit aufgetreten(Yao, Phan, et al 2008).
17
Bei der Kombinationstherapie von Bevacizumab mit Everolimus konnten ebenfalls hohe Raten
an progressionsfreien Überleben nach 6 Monaten (79%), sowie 13,2 Monate im median festgestellt werden. Wegen der guten Tumoransprechrate (RR) mit 41% werden noch weitere
Studien folgen(Hobday et al 2015).
Everolimus:
Everolimus ist ein oral einzunehmender mTOR-Inhibitor, der den mTOR Signalweg der Zelle
blockiert, indem er an deren intrazellulären FKBP-12 Rezeptor bindet(Yao et al 2010).
mTor (mammalian target of rapamycin) ist eine intrazelluläre Proteinkinase, deren zentrale
Rolle unter anderem die Regulierung des Wachstums der Zelle und der Proteinsekretion bei
Aktivierung durch Wachstumshormone (z.B. insuline-like-growth-factor 1 [IGF-1]) darstellt. Da
bei verschiedenen Syndromen, welche auch mit der Pathogenese von NETs in Verbindung
gebracht werden (z.B. Von-Hippel-Lindau-Syndrome, tuberöse Sklerose), der mTOR-Signalweg aktiviert ist, lag der Verdacht nahe, dass zwischen der Entstehung von NETs und erblich
bedingter veränderter mTOR Aktivität eine Verbindung existiert(Jensen et al 2008). So konnte
gezeigt werden, dass NETs IGF-1 sekretieren und IGF-1 – Rezeptoren besitzen, nach deren
Aktivierung es dann zu einer vermehrten Zellproliferation kommt, die auch autokrin erfolgen
kann(von Wichert et al 2000).
Durch weitere Studien konnte die Wirksamkeit von Everolimus, einem Rapamycin-Abkömmling, zunächst in Mäusen und später auch in klinischen Studien gezeigt werden(Chiu et al
2010).
In der RADIANT I Studie, eine offene Phase II Studie, wurde die Wirksamkeit von Everolimus
(10mg / Tag) mit und ohne Octreotid LAR (30mg i.m / 4 Woche.) bei 160 Patienten mit fortschreitendem metastasierten PNET trotz durchgeführter oder andauernder Chemotherapie
untersucht. Bei beiden Gruppen konnte hauptsächlich eine Stabilisierung der Erkrankung (SD)
erreicht werden, 67,8% mit Everolimus und 80% mit der Kombinationstherapie. Das mittlere
progressionsfreie Überleben lag bei Everolimus bei 9,7 Monaten, bei der Kombinationsgruppe
sogar bei 16,7 Monaten(Yao et al 2010).
Die RADIANT II Studie konnte zwar die Wirkung von Everolimus plus Octreotid LAR zeigen,
erreichte aber keinen, das vordefinierte Signifikanzniveau erreichenden, Unterschied zur Placebogruppe, die nur Octreotid LAR erhielten(Pavel et al 2011)
Eine aufgrund der guten Ergebnisse in der ersten RADIANT Studie durchgeführte RADIANT
III Studie untersuchte die Wirkung bei 410 Patienten, die entweder 10mg Everolimus pro Tag
oder ein Placebo erhielten.
Hier konnte ein medianes progressionsfreies Überleben von 11 Monaten für die Everolimustherapie im Vergleich zu 4,6 Monaten mit Placeboeinnahme festgestellt werden. Das am häu-
18
figsten anzutreffende günstige Ereignis war auch hier der Wachstumsstillstand (SD) des Tumors in 73% der Fälle mit Everolimus (51% in der Placebogruppe). Als häufigste UAW trat bei
Everolimus die Stomatitis auf, gefolgt von Ausschlag, Diarrhö und Müdigkeit(Yao et al 2011).
Zur Behandlung des Karzinoid-Syndroms ist Everolimus nicht zugelassen.
Telotristat Etiprat
Es konnte gezeigt werden, dass die Effektivität bei der Behandlung des Karzinoid-Syndroms
mit Somatostatin-Analoga nach einer gewissen Zeit nachlassen kann, wahrscheinlich verursacht durch fortschreitendes Tumorwachstum oder entstandene Tachyphylaxie(Lj et al 2004).
Um die durch Serotonin verursachten Diarrhö weiter zu behandeln, wird ein neuer oral verabreichbarer Hemmer des Enzyms Tryptophan-Hydrolase (Telotrisat Etiprat) getestet. Dieses
Enzym katalysiert die Konversion von Tryptophan zu Serotonin.
Es wird daher untersucht, inwieweit die Ergänzung von Telotrisat Etiprat zu Somatostatin-Analoga das Auftreten von Diarrhö weiter reduzieren kann.
1.8.2.4 Chemotherapie
Im Gegensatz zu anderen neuroendokrinen Tumoren ist bei PNETs auch eine Chemotherapie
von gut differenzierten Tumoren (G1/G2) möglich.
Etabliert hat sich die
Standardtherapie
Streptozocin
Tabelle 3 Behandlungseinteilung nach den Wirkstoffen in der Chemotherapie
mit
(STZ)
Streptozocin
a
plus Fluoruoracil (FU)
bei
b
G1/G2 Tumoren des
c
Capecitabin
d
Bei gut differenzierten (G1/G2) neuroendokrinen Tumoren des Pankreas (PNET)
+ Temozolomid
Dacarbazin (DTIC)
Etoposid
Pankreas (Tabelle 3a).
STZ behindert durch
Oder
+ Doxorubicin
oder Streptozocin plus
Doxorubicin
+ Fluorouracil
+Cisplatin / Carboplatin
Bei schlecht differenzierten (G3), großund kleinzelligen neuroendokrinen Karzinomen (NEC) jeder Lokalisation
Alkylierung der DNA
die Zellteilung, auch Doxorubicin behindert deren Synthese durch Bindung an die DNA.
Flourouracil hemmt u.a. die Thymidylat-Synthase, was zur Inhibition der Zellteilung führt(Eriksson et al 2009). Ansprechraten von bis zu 69% aus früheren Studien(Moertel et al 1992) konnten aktuell nicht mehr bestätigt werden, die Werte waren niedriger bei 40-50%(Fjällskog et al
2008, Pavel et al 2012). Nierentoxizität ist neben Übelkeit und Erbrechen die häufigste UAW,
sie ist im Allgemeinen aber eher mild und die Chemotherapie wird ansonsten gut vertragen(Sun et al 2005).
Eine weitere Kombinationsmöglichkeit besteht aus der Gabe von Temozolomid plus Capecitabin (Tabelle 3b). In einer Studie konnten bei wenigen Nebenwirkungen hohe Ansprechraten
19
(70%) erreicht werden(Strosberg et al 2011). Die Wirksamkeit konnte in anderen Studien bestätigt werden, jedoch nicht bei einer ähnlich hohen Ansprechrate(Ekeblad et al 2007). Eine
weitere Studie konnte eine überraschend günstige Ansprechrate von 33% bzw. eine Stabilisierung von 71% bei der Gabe von Temozolomid allein oder mit Capecitabin als Zweitlinientherapie nach nichtansprechender Erstlinientherapie zeigen(Welin et al 2011).
Auch die Wirksamkeit von Dacarbazin (DTIC) in PNETs konnte in früheren Studien gezeigt
werden, hier lag die Ansprechrate ebenfalls bei 34%, siehe Tabelle 3c(Ramanathan et al 2001).
Bei undifferenzierten, neuroendokrinen Karzinomen (G3) besteht die Therapie vor allem aus
der Kombination von Etoposid plus Cisplatin oder Carboplatin (Tabelle 3d). Cisplatin wirkt
durch Hemmung der DNA-Synthese. Die zytostatischen Effekte von Etoposid beruhen auf der
Inhibition der Mitose von Tumorzellen(Eriksson et al 2009). Zwar konnten hohe Ansprechraten
von bis zu 67% gezeigt werden, allerdings ist dies auch nur von geringer Dauer (8 Monate),
bis es zu einem erneuten Fortschreiten des Leidens kommt(Moertel et al 1991).
1.8.3 Lokal ablative Therapie
Da es aufgrund der unspezifischen Symptome vor allem bei nicht funktionellen NETs oft erst
spät zur Diagnose kommt, hat der Tumor zum Zeitpunkt der Behandlung schon metastasiert,
häufig in die Leber(Eckhauser et al 1986).
Die lokal ablativen Maßnahmen umfassen verschiedene Behandlungsoptionen, wie die Radiofrequenzthermoablation (RFTA) oder Laserablation von kleinen Lebermetastasen, sowie
die Embolisation von Lebermetastasen mit (TACE: Transarterielle Chemoembolisation) oder
ohne (TAE: Transarterielle Embolisation) Chemotherapeutikum. Das neueste Verfahren stellt
die „selektive interne Radiotherapie“ (SIRT) dar.
Die Lebermetastasen sind häufig hypervaskularisiert und erhalten ihre Blutversorgung über
die Arteria hepatica(Diamandidou et al 1998). Die Embolisation mit TACE oder SIRT nutzen
diese anatomische Gegebenheit, indem die Wirkstoffe bzw. Mikrosphären in tumornahe Äste
der Arteria hepatica eingebracht werden. Hierdurch wird lokal eine hohe Konzentration erreicht. Zusätzlich wird durch den geringeren Blutstrom nach der Embolisation eine längere
Verweildauer der Medikamente im Gewebe erreicht, vor allem wenn Mikrosphären verwendet
werden, wie es bei der SIRT der Fall ist (mit Yttrium-90 beladene Mikrosphären). Die systemische Belastung bleibt dabei gering, da bis zu 85% der Wirkstoffe in der Leber verbleiben.
Außerdem wird eine höhere Sensitivität der Tumorzellen gegenüber zytotoxischen Medikamenten nach Embolisation vermutet(Ruszniewski and Malka 2000).
In Studien konnte gezeigt werden, dass mit TACE bzw. SIRT sehr gute Ergebnisse erzielt
werden können. Die Ansprechraten des Tumors, bei denen es zu Verkleinerung der Metasta-
20
sen kam, lagen zwischen 50-80%. Ebenso häufig konnte ein Rückgang der Symptome beobachtet werden. Zu den häufigsten UAW gehören abdominale Schmerzen, Fieber, Ausschlag
und Erbrechen(Clouse et al 1994, Diamandidou et al 1998, Ruszniewski et al 1993).
Die RFA kann als Alternative zur Behandlung von Metastasen verwendet werden, welche auf
die Leber beschränkt sind, vor allem wenn diese symptomatisch sind(Kouvaraki et al 2005).
Auch wenn die 5 Jahresüberlebenschancen bei lokal ablativer Therapie mit 50% schlechter
sind als bei chirurgischer Resektion (70-75%), so schneidet sie doch besser ab als die alleinige
medikamentöse Therapie z.B. mit Chemotherapeutika (25%)(Touzios et al 2005).
1.8.4 Peptidrezeptor basierte Radionuklidtherapie (PRRT)
Eine weitere Behandlungsmöglichkeit ist die Peptidrezeptor basierte Radionuklidtherapie
(PRRT). Wie bei der Behandlung mit Somatostatin-Analoga (siehe 1.8.2.1) nutzt diese Therapie die oft beobachtete Exprimierung von Somatostatinrezeptoren auf der Oberfläche von Tumoren (vor allem SSTR 2a und SSTR 5)(Kulaksiz et al 2002). Deshalb wird vor Therapiebeginn mit der Somatostatinrezeptor-Tomografie überprüft, ob genug Rezeptoren vorhanden
sind, so dass eine Therapie mit PRRT überhaupt in Frage kommt.
Die hier verwendeten Somatostatin-Analoga bestehen aus drei Teilen: Einem Radionuklid, einem Chelator und einem Oktapeptid.
Häufiger Vertreter der Chelatoren ist DOTA (1,4,7,10-tetraazacyclododecane - 1,4,7,20- tetraacetic acid). Er wird kombiniert mit einem Peptid, entweder mit Octreotid (DOTATOC) oder
Octreotate (DOTATATE).
Diese werden mit einem Radionuklid, einem strahlenwirksamen Molekül, gekoppelt, die neuesten Vertreter sind
90
Yttrium (90Y) und
177
Lutetium (177Lu).
eine Penetrationstiefe von 12mm erreicht.
90
Yttrium ist ein Beta-Strahler der
177
Lutetium emittiert neben Beta- auch Gamma-
Strahlung und erreicht eine Penetrationstiefe von 2mm. Die Wirkung nach erfolgter Aufnahme
beruht dann auf einer intrazellulären Bestrahlung, die antiproliferativ wirken soll(Bergsma et al
2012). Zu den Organen, die bei einer PPRT geschädigt werden können, gehören auch die
Niere und das Knochenmark. Um die Nierentoxizität zu verringern, wird zu jeder Behandlung
eine Infusion mit Arginin/Lysin Lösung verabreicht, diese hemmt die tubuläre Rückresorption
von bereits ausgeschiedenen Radionukliden(Rolleman et al 2003).
Bei 90Yttrium liegt die Ansprechrate der Tumore bei bis zu 70%. Das häufigste positive Ergebnis war die Stabilisierung der Erkrankung (SD). Außerdem konnte ein positiver Einfluss auf
das Gesamtüberleben bei Patienten, die auf die Therapie ansprachen, gezeigt werden. Die
Höchstdosis pro Zyklus liegt bei 3,7GBq(Imhof et al 2011, Vinjamuri et al 2013). Auch bei der
Behandlung mit
177
Lutetium konnte bei ähnlicher Ansprechrate die Stabilisierung der Erkran-
kung als das häufigste positive Ergebnis beobachtet werden. Die Höchstdosis pro Zyklus liegt
hier bei 7,4 GBq(Kwekkeboom et al 2003).
21
Aufgrund der höheren kumulativen Dosis ist die Nierenschädigung bei 90Yttrium größer als bei
177
Lutetium. Insgesamt sind die UAW eher milde, es konnte allerdings vereinzelt bei Patienten
das Auftreten des mylodysplastischen Syndroms beobachtet werden(Bergsma et al 2012).
Eine mögliche neoadjuvante Verwendung von PRRT um inoperable Tumore, nach Reduktion
ihrer Tumormasse, wieder operabel zu machen, konnte in einem Fallbericht von Kaemmerer
gezeigt werden(Kaemmerer et al 2009).
1.8.5 Strahlentherapie
Zur Strahlentherapie von neuroendokrinen Tumoren liegen nur wenige Daten vor. Viele Aussagen stammen noch aus früheren Therapieberichten von 1950 – 1994. Diese Fallstudien
wurden oft mit geringen Teilnehmerzahlen durchgeführt(Pigorsch et al (n.d.)).
In diesen Berichten konnten zum Beispiel Chakravarty et al. bei 87% der Patienten, die eine
hepatische oder zerebrale Metastasierung aufwiesen, durch Strahlentherapie eine Remission
erreichen(Chakravarthy and Abrams 1995). Abrams zeigte 1987 eine mittlere Ansprechrate
von immerhin 54% und bei 3 Patienten sogar ein 100%iges Ansprechen in der adjuvanten
Strahlentherapie. Außerdem konnte die Vermutung einer Dosis – Wirkung – Beziehung untermauert werden, da bei Patienten mit Gesamtdosen unterhalb von 30 Gy ein schlechteres Ansprechen zu beobachten war(Abrams et al 1987). Die größte Studie von Schupak et al. aus
dem Jahr 1991 konnte bei einer größeren Fallzahl von 44 Patienten eine Ansprechrate von
80% und eine mittlere Überlebensrate von 23 Monaten zeigen(Schupak and Wallner 1991).
Neben den Lebermetastasen, für die bereits erwähnte Therapieverfahren bestehen, hat die
Strahlentherapie vor allem in der Behandlung von ossären und zerebralen Metastasen ihre
Bedeutung. Gerade ossäre Metastasen treten häufig erst im späteren Verlauf von Tumorerkrankungen auf, nehmen aber aufgrund von Therapieerfolgen und der damit verbundenen verlängerten Überlebenszeiten zu(Pigorsch et al (n.d.)).
Empfehlungen sind aufgrund der dünnen Datenlage schwer zu formulieren. Die Strahlentherapie stellt hauptsächlich eine Drittlinientherapie nach Ausschöpfung aller chirurgischen und
internistischen Möglichkeiten dar, hat aber gerade in der Behandlung von Knochenmetastasen
und zur Schmerzlinderung (z.B. Ileusprophylaxe) in der palliativen Therapie ihre Indikation.
22
1.9 Fragestellung
Diese Doktorarbeit befasst sich mit der Therapie von neuroendokrinen Pankreastumoren und
überprüft den Erfolg der verschiedenen Behandlungsmöglichkeiten. Im Einzelnen soll auf die
Folgenden Fragen eine Antwort gefunden werden:
1. Gibt es Risikofaktoren, die bereits vor der Operation erkannt werden können?
2. Inwiefern besitzen die histologischen Befunde mit ihren Einteilungen einen Nutzen für
die Überlebensprognose?
3. Hat das Auftreten von Rezidiven einen Einfluss auf die Überlebenswahrscheinlichkeit?
4. Welche Therapien von Rezidiven versprechen den größten Erfolg im Hinblick auf das
Gesamtüberleben und das RFS (relaps free survival)?
23
2. Patientenauswahl und Methodik
Tabelle 4 Übersicht über Studienteilnehmer, Lokalisation und Tumorart
2.1 Patientenauswahl
n
%
weiblich
45
51,7%
männlich
42
48,3%
Unter 30 Jahren
7
8,0%
des Pankreas.
30-50 Jahre
25
28,7%
Anhand der klinikinternen Datenbank
über 50 Jahren
55
63,2%
Pankreaskopf
33
37,9%
Pankreasschwanz
47
54,1%
Pankreaskörper
7
8,0%
funktionell inaktiv
76
87,4%
aufgrund eines neuroendokrinen Tu-
Insulinom
9
10,3%
mors am Pankreas in der chirurgischen
Gastrinom
2
2,2%
MENI
MEN I
3
3,4%
WHO
NET G1
36
41,4%
NET G2
43
49,4%
NEC G3
4
4,6%
Zur Studie der Doktorarbeit zugelassen
Geschlecht
wurden nur Patienten mit histologisch
gesichertem neuroendokrinem Tumor
und des Tumorregisters wurden alle Pa-
Altersgruppen
Lokalisation
tienten erfasst, die sich in der Zeit von
2001 bis 2015 wegen einer Operation
Abteilung der Universitätsklinik Freiburg
Typ
aufhielten.
Die vorläufige Liste mit über 100 Patienten wurde überarbeitet und jeder histolo-
gische Befund überprüft. Aufgrund von Doppelnennungen und histologisch nicht gesicherten
Befunden wurde die Anzahl dann noch einmal reduziert.
Um weitere Patienten für die Studie zu finden, wurden auch alle Metastasenoperationen überprüft und nach Rezidiven von neuroendokrinen Pankreastumoren gesucht.
Hier konnten noch einmal vier Patienten hinzugefügt werden, wodurch die endgültige Liste nun
87 Patienten mit gesichertem NET des Pankreas umfasst.
Von den 87 Patienten wurde bei 81 die Primäroperation an der Uniklinik Freiburg durchgeführt,
zwei Patienten erhielten aufgrund eines Lokalrezidivs eine Zweitoperation, bei vier Patienten
erfolgte nur die Rezidiventfernung.
45 Patienten sind weiblich (51,7%) und 42 männlich (48,2%). Die Anzahl der Frauen ist somit
geringfügig höher als die der Männer (Tabelle 4).
63,2% der Patienten waren zum Zeitpunkt ihrer Operation über 50 Jahre alt, das Durchschnittsalter liegt im Median bei 59 Jahren. Bei der Verteilung in den Altersgruppen gab es
geschlechterspezifisch keine erheblichen Unterschiede.
2.2 Methodik
Anhand der klinikinternen Datenbank konnten die allgemeinen Informationen zu den Patienten
erfasst werden. Ein erster Eindruck wurde durch Feststellen von Alter, Größe, Gewicht etc.
gewonnen. Diese Daten waren bei allen Patienten vorhanden und auch Informationen zu Tumorgröße, Lokalisation und Operation konnten anhand der OP-Berichte gesammelt werden.
24
Fand die Erstoperation nicht in der Uniklinik Freiburg statt, konnten diese Daten anhand archivierter OP-Berichte verifiziert werden. Der älteste OP-Bericht geht dabei bis ins Jahr 1976
zurück. Dies war wichtig, um das Datum der Erstdiagnose der Patienten zu kennen, da sich
hiernach die errechneten Überlebenszeiten richten. Es konnte somit von der Erstvorstellung
bis zur Entlassung nach der Operation ein sehr genaues Bild über den Verlauf erstellt werden.
Aufgrund langer Anreisezeiten wurden nicht alle Patienten zur Nachkontrolle in der Uniklinik
Freiburg vorstellig, sondern ließen sich von ihrem Hausarzt und gegebenenfalls behandelnden
Onkologen weiter betreuen.
Die aktuellen klinischen Daten des postoperativen Verlaufs dieser Patienten konnte durch vorliegende Arztbriefe entnommen werden.
Weitere Daten konnten aus dem Tumordokumentationssystem CARAT gesammelt werden.
So wurde ein möglichst genaues und vor allem vollständiges Bild des postoperativen Verlaufs
der Patienten gewonnen.
Weiter wurden die Abstände zwischen den Untersuchungen / Befunden genau dokumentiert,
um einen detaillierten zeitlichen Ablauf zu erstellen und tumorfreie Intervalle definieren zu können.
Um die verschiedenen Ergebnisse einheitlich zu bewerten, wurden die angewandten Therapieverfahren in mehrere Untergruppen aufgeteilt:
1. Resektion: Eine Möglichkeit ist die chirurgische Resektion des Rezidivs, sei es eine
Fernmetastase oder ein Lokalrezidiv. Wichtig zu erfahren waren hier neben der TNMKlassifikation auch der Resektionsstatus sowie das Grading. Diese Informationen
konnten meist dem histopathologischen Befund entnommen werden.
2. PRRT: (Peptid Rezeptor basierte Radiotherapie): Die Therapie wird durch eine Verbindung aus radioaktiven Strahlern (z.B. 177-Lutetium oder 90 – Yttrium) in Kombination
mit Somatostatin-Analoga (DOTA- TATE oder – TOC) durchgeführt. Neben den verwendeten Nukliden war es wichtig, die Anzahl der Zyklen und die genaue Dosis zu
erfahren, um einen Vergleich innerhalb der Behandlungsgruppe durchführen zu können.
3. Lokal ablative Therapie: Bei der an der Leber durchgeführten Therapie wird mit „Mikrosphären“ therapiert. Die zwei verwendeten Varianten waren RFTA: Radiofrequenz
Thermoablation und SIRT: selektive interne Radiotherapie. Hier ebenfalls von Bedeutung war die verwendete Dosis sowie, wenn angegeben, die Ansprechraten des Tumors.
25
4. Medikamentöse Therapie:
a. Biotherapie: Diese, mit Somatostatin-Analoga häufig in Ergänzung angewandte Therapie, wird z.B. mit Sandostatin® (Octreotid) oder Somatuline Autogel ® (Lanreotid) durchgeführt. Bei dieser Behandlung, wie auch bei allen anderen medikamentösen Therapien, war es wichtig mögliche Nebenwirkungen
oder sogar Therapieabbrüche zu erfahren.
b. Biotherapie: Eine andere Variante der Biotherapie besteht in der Behandlung
mit Interferon α, was bei dieser Studie allerdings nicht zum Einsatz kam.
c. Molekular zielgerichtete Therapie: Hier werden verschiedene Wirkstoffgruppen verwendet. Zu den häufigsten zählen die Tyrosinkinasehemmer, wie z.B.
Sutent ® (Sunitinib), monoklonale Antikörper wie Avastin ® (Bevacizumab) oder auch Afinitor ® (Everolimus / Temsirolimus).
d. Chemotherapie: Verschiedene Kombinationen von Chemotherapeutika, wie
z.B. Cisplatin und Etoposid werden zur Tumorbehandlung eigesetzt.
5. Strahlentherapie: Hierbei wird versucht das Tumorgewebe durch radioaktive Strahlung zu bekämpfen. Um einen Vergleich innerhalb der Strahlenpatienten durchführen
zu können, wurde die genaue Dosis sowie die Indikation der Behandlung erfragt.
Die gewonnen Informationen wurden mittels Exceltabelle® gesammelt und geordnet. Zur statistischen Auswertung wurde SPSS® (Version 23) verwendet, als Signifikanzlevel wurde
α=0,05 gewählt. Die Überlebensrate wurde dabei mittels Kaplan Meier dargestellt und durch
den Logrank-Test überprüft. Bei unverbundenen Stichproben wurde die Signifikanz mit dem
Chi-Quadrat-Test berechnet.
26
3. Ergebnisse
3.1. Umfang
Die Studie umfasst 87 Patienten, die
aufgrund eines neuroendokrinen Tumors in der chirurgischen Abteilung
der Universitätsklinik Freiburg operiert wurden.
Der Zeitraum erstreckt sich von
09/2001 bis 12/2015. Die Nachsorge
wurde bis 02/2016 erfasst und umfasst 15,5 Jahre.
Die mediane Beobachtungszeit beträgt 44 Monate. Von den 87 Patien-
Abbildung 1 Behandlungsstatus:
Therapie abgeschlossen oder noch
in Behandlung
tenfällen lagen bei 82 die Informationen zum Krankheitsverlauf
vor, das entspricht einem Drop-Out wegen lost follow up von 5,7%. Bei den restlichen 5 Patienten lagen keine Daten zum weiteren Krankheitsverlauf vor.
Bei 17 Patienten war die Therapie abgeschlossen (19,5%), 14 Patienten verstarben (16,1%).
53 Patienten waren zum aktuellen Zeitpunkt noch in Behandlung (60,9%). Bei 3 Patienten
lagen keine genauen Informationen zum Therapiestatus vor (3,4%), siehe auch Abbildung 1.
3.1.1 Teilnehmer
Mit 45 weiblichen (51,7%) und 42 männlichen (48,2%) Teilnehmern war die Geschlechterverteilung nahezu ausgeglichen.
Auch bei den Altersgruppen gab es keine geschlechtsspezifischen Untersschiede, 63,2 % der
Patienten waren zum Zeitpunkt ihrer Operation über 50 Jahren alt, dementsprechend waren
36,8% jünger. Das mittlere Alter der Frauen betrug 54,6 Jahre, das der Männer war mit 56,8
Jahren geringfügig älter.
Mit 9 Todesfällen bei den Männern (10,3%) gab es etwas mehr männliche Tote als bei den
Frauen mit 5 (5,7%). Der Unterschied in der 5 Jahres-Überlebensrate zwischen Frauen
(89,9%) und Männern (72,5%) ist knapp ohne Signifikanz (p=0,09).
3.1.2 Vorerkrankungen
Von 87 Patienten leiden 81,6 % (n=71) an einer Vorerkrankung und 18,4% (n=16) gaben an,
keine zu haben. Abbildung 2 zeigt die häufigsten Vorerkrankungen.
Auch wenn es auffällig ist, dass 21,5% der Patienten (n=20) an einer weiteren Tumorerkrankung leiden, hat dies keinen Einfluss auf die Überlebenswahrscheinlichkeit. Anders stellt es
sich bei der arterieller Hypertonie dar. Gerade Patienten mit einem funktionell inaktiven Tumor
27
haben eine schlechtere 5 JÜ von 68,2% als Patienten mit normalen Blutdruck (85,5%). Das
Ergebnis ist mit p=0,047 signifikant.
Die einzelnen präoperativen Tumorerkrankungen sind in Abbildung 3 dargestellt.
In der Anamnese gaben 19,5% (n=17) der Patienten regelmäßigen Nikotinkonsum an, wobei
es keine Unterschiede zwischen Männern und Frauen gab.
Regelmäßigen Alkoholkonsum gaben lediglich 4,6% (n=4) an, hiervon waren ¾ männlich. An
Diabetes leiden 24,1% der Patienten (n=21).
Signifikante Unterschiede bezüglich des Überlebens bestehen nicht.
Bei 2 Patienten wurde bereits vor der OP durch Somatostatin-Analoga eine Behandlung des
Pankreastumors durchgeführt. 4 weitere Patienten erhielten Chemotherapie (n=3) und Bestrahlung (n=1) als adjuvante Therapie für eine andere tumoröse Vorerkrankung.
Patienten, die vor der OP bereits eine Chemotherapie erhielten, sind alle gestorben.
Vorerkrankungen
29,00%
Arterielle Hypertonie
21,50%
Tumorerkrankung
12,90%
Niere
11,80%
KHK
9,70%
Leber
8,60%
Pankreatitis
MEN-I
3,20%
Von Hippel Lindau
3,20%
Abbildung 2
Darstellung der
häufigsten
Vorerkrankungen
Präoperative Tumorerkrankungen
Nierentumor
25,0%
Hypophysentumor
12,5%
MammaCA
12,5%
Lungentumor
8,3%
Schilddrüsentumor
8,3%
Seminom
8,3%
Lebertumor
8,3%
Prostatakarzinom
4,2%
Hauttumor
4,2%
Magentumor
4,2%
Speicheldrüsentumor
4,2%
Abbildung 3 Darstellung
der präoperativen Tumorerkrankungen
28
3.1.3 American Society of Anesthesiologists (ASA) Klassifikation
Von den 87 Patienten gehören 54,0% (n=47) der ASA Gruppe 2 an. Nur 34,5% (n=30) sind in
Gruppe 3 eingestuft, aber nur 6,9% (n=6) in Gruppe 1. Während einer Operation starb keiner
der Patienten und auch für die Überlebenswahrscheinlichkeit hat die ASA-Einteilung keine
Relevanz.
3.1.4 BMI
Der BMI der Patienten lag im Schnitt bei 26, dies muss jedoch im Hinblick auf das Alter der
Patienten differenziert betrachtet werden und erlaubt keine generelle Aussage zu einem möglichen Übergewicht. Bei den Frauen lag der BMI bei 47,7% (n=21) über 25 und bei Männern
sogar zu 61,9% (n=26). Auffällig bei der Überlebenswahrscheinlichkeit war lediglich die
schlechtere Prognose für Männer mit BMI>25 (p=0,37).
3.1.5 Dignität (Allgemein)
Ungefähr 69% der Tumore wurde als maligne eingestuft (n=60). Insgesamt kann von einer
deutlich schlechteren Prognose für Patienten mit malignem Tumor ausgegangen werden. Die
5 Jahres Überlebensrate liegt hier bei 74,4%, im Vergleich zu 94,7% bei benignen Tumoren.
Dieses Ergebnis ist mit p=0,020 signifikant.
3.1.5 Funktionalität
Der Großteil der Tumore mit n=76 (87,3%) war funktionell inaktiv. Lediglich 11 Tumore wiesen
eine Hormonaktivität auf, wobei die Gastrinome ausschließlich maligne und die Insulinome
hauptsächlich benigne waren.
Um differenzierte Aussagen zu den Überlebenswahrscheinlichkeiten treffen zu können, werden im Folgenden die funktionell aktiven Tumore von den Inaktiven getrennt analysiert.
3.2 Ergebnisse für nicht funktionell aktive neuroendokrine Pankreastumore
3.2.1 Dauer zwischen Erstvorstellung und Operation
Im Median erfolgte 26 Tage nach Erstvorstellung im Uniklinikum die Operation. Die Maximalwerte von bis zu 1895 Tagen entstehen durch unschlüssige Patienten, welche trotz OP-Indikation abwarten wollten.
3.2.2 Krankenhausaufenthalt
Der Krankenhausaufenthalt lag im Median bei 16 Tagen. Die Überlebenswahrscheinlichkeit
bei Patienten, deren stationärer Aufenthalt länger als 16 Tage andauerte, ist geringfügig
29
schlechter im Vergleich zu denen mit kürzerem Aufenthalt (p= 0,39). Allerdings handelt es sich
nicht immer um die Primär-OP, die in Freiburg durchgeführt wurde, wodurch ein Vergleich
schwer möglich ist.
3.2.3 Lokalisation
Am häufigsten war der Tumor im
Pankreasschwanz
lokalisiert
(57,9%), gefolgt vom Pankreaskopf (35,5%) und Pankreaskörper
(6,6%), siehe Abbildung 4.
Wie in Abbildung 5 dargestellt,
scheint die Lokalisation des Tumors im Pankreaskopf einen günstigen Einfluss auf auf die Überlebenswahrscheinlichkeit zu haben,
das Signifikanzniveau liegt allerdings bei p=0,30.
Abbildung 4 Lokalisation des Primärtumors
im Pankreas
Abbildung 5 Überlebenswahrscheinlichkeit nach
Tumorlokalisation für
NFPT (p=0,30)
30
3.2.4 Dignität
Die funktionell inaktiven Tumore wurden als maligne eingestuft.
Insgesamt kann von einer schlechteren Prognose für Patienten mit malignem Tumor ausgegangen werden. Die 5 Jahres Überlebensrate liegt hier bei 78,2%, im Vergleich zu 87,5% bei
benignen Tumoren (p=0,25).
3.2.5 Operationstechnik
Tabelle 5 Übersicht über Lokalisation, Proliferationsindex und TNM Klassifikation
Analog zur Lokalisation
Vital am Erfassungsdatum
des Tumors wurde die
lebt
Pankreaslinksresektion
45
Mal
durchgeführt
Anzahl
Lokalisation
gestorben
Prozent
Anzahl
Prozent
Pankreaskopf
25
39,7%
2
15,4%
Pankreasschwanz
34
54,0%
10
76,9%
Pankreaskörper
4
6,3%
1
7,7%
0-2 %
23
40,3%
3
27,3%
kreatektomie wurde bei
2-20%
33
57,9%
6
54,5%
zwei
>20%
1
1,8%
2
18,2%
pT1
23
36,5%
3
25,0%
pT2
18
28,6%
5
41,6%
pT3
19
30,1%
2
16,7%
pT4
3
4,8%
2
16,7%
pN0
40
70,2%
5
45,5%
ihnen waren zum Zeit-
pN1
17
29,8%
5
45,5%
punkt der Operation über
pN2
0
0,0%
1
9,0%
pM0
3
27,3%
0
0,0%
Pankreas-
pM1
4
36,3%
3
75,0%
linksresektion verstarben
pMx
4
36,3%
1
25,0%
(59,2%) und die Pankreaskopfresektion 25 Mal
(32,9%). Eine totale PanPatienten
Ki-67
ange-
wandt (2,6%). Bei 17 Pa-
T
tienten konnte die Operation laparoskopisch erfolgen (22,4%), 13 von
50 Jahre alt. Von den Patienten
mit
N
M
22,2% der Patienten (n=10), wohingegen bei der Pankreaskopfresektion lediglich 8,0% (n=2)
der Patienten verstarben.
Für den Überlebensvorteil nach 5 Jahren für Patienten mit laperoskopisch durchgeführter Operation (94,1%) im Vergleich zur offenen Operation (78,5%) konnte keine Signifikanz erreicht
werden (p=0,47).
31
3.2.6 TNM Klassifikation
T: Ausdehnung des Primärtumors
Im Median war der nicht funktionell aktive Tumor 2,6cm groß, die Spannbreite erstreckt sich
von 0,3cm - 24cm.
Von 76 Tumoren entfallen 34,2% (n=26) auf die Kategorie pT1. 30,3% (n=23) gehören zur
Gruppe der pT2, gefolgt von 27,6% (n=21), die der Kategorie pT3 angehören. Auf die Kategorien pT4 (n=5) entfallen weitere 6,6% (siehe Tabelle 5). Bei einem Patienten wurden keine Angaben zur Tumorgröße im histologischen Befund gemacht. Eine Aussage zur Überlebenswahrscheinlichkeit konnte bei fehlender Signifikanz (p=0,61) nicht gemacht werden.
Kleine Tumore (<2cm)
Die Auftrennung nach der Größe für kleine Tumore ergab einen deutlichen Überlebensvorteil
für Patienten mit Tumoren <1cm (n=12). Von diesen Patienten mit kleinen Tumoren leben alle
noch.
Ab einer Größe von 1cm steigt das Entartungsrisiko, Patienten mit größeren Tumoren (>1cm)
erlitten Rezidive und hatten eine schlechtere Überlebenschance.
Erstaunlicherweise scheint danach die Tumorgröße keine entscheidene Rolle mehr zu spielen,
denn egal ob der Tumor nur 1-2cm oder aber 10cm misst, die Überlebenschancen scheinen
die gleichen (p=0,30).
Für Tumore, die zwischen 1-2cm groß sind, scheinen außerdem die Parameter wie Lymphknotenmetastasen oder Grading keinen bedeutenden Einfluss auf die Überlebenswarscheinlichkeit zu haben. Signifikant ist hier der Einfluss von präoperativen Metastasen, die 5 Jahres
– Überlebensrate für Patienten mit präoperativen Metastasen liegt nur bei 66,7% und damit
deutlich unter den 80,0% von metastasenfreien Patienten. (p=0,014).
Bei den Tumoren über 2cm Größe ist ein deutlicherer Unterschied zwischen N+ und N- zu
sehen, auch wenn hier die Signifikanz fehlt. Weiter zeigt sich bei diesen Tumoren, dass vor
allem das Auftreten eines Rezidivs die Überlebenszeiten verändert.
N: Lymphknotenmetastasen
Von den 76 Patienten mit NFPT wurden bei 68 Patienten Lymphknoten während der Operation
entfernt und zur Untersuchung eingeschickt. Hier konnten bei 59,2% (n=45) keine Lymphknotenmetastasen (pN0) festgestellt werden. Insgesamt sind 681 Lymphknoten untersucht worden.
32
Patienten ohne Lymphknotenmetasen haben eine um 5,54 Jahre längere mittlere Überlebensrate (186,5 Monate) als Patienten mit Lymphknotenbefall (199,9 Monate). Die 5 Jahres – Überlebensrate für N+ liegt bei 66,8%, im Vergleich zu 83,1% für N0 (Breslow: p=0,042), siehe
Abbildung 6. Außerdem liegt die mediane rezidivfreie Zeit
(RFS) bei nur 2,4
Monaten (p<0,001)
für
Patienten
mit
Lymphknotenmetastasen.
Abbildung 6 Überlebenswahrscheinlichkeit für Patienten mit
Lymphknotenbefall (p=0,042)
M: Metastasen
Bei 15 Patienten wurde Gewebe mit der Frage
Tabelle 6 Übersicht über die Metastasenbefunde
n
Prozent
pM0
3
20,0
nach Vorhandensein von Metastasen einge-
pM1
7
46,7
schickt. Bei 7 Patienten war perioperativ ein
pMx
5
33,3
positiver Befund feststellbar, die restlichen 8
Gesamt
15
100,0
konnten entweder nicht beurteilt werden oder
waren metastasenfrei
(Tabelle 6). Bei insgesamt 28 Patienten
(36,8%) wurde bereits
vor der Operation der
dringende Verdacht einer Metastase gestellt
oder sogar bestätigt,
hierbei wurden aber
Abbildung 7 Lokalisationsort der
präoperativen Metastasen
33
auch die Lymphknotenmetastasen mit berücksichtigt. Die anderen präoperativen Metastasen
sind in Abbildung 7 aufgeführt.
Sind Metastasen bereits präoperativ vorhanden, stellt dies ein deutliches Risiko bei der Überlebenswahrscheinlichkeit dar (p=0,049). Es konnte dabei kein Unterschied zwischen Lymphknotenmetastasen und den anderen Metastasen (Leber, Lunge, Knochen, Niere) festgestellt
werden. So liegt die 5 Jahres-Überlebensrate bei nur 73,8% für Patienten mit Lymphknotenmetastasen bzw. bei 61,4% für die mit anderen Metastasen im Vergleich zu 87,6% für Patienten ohne Metastase (Abbildung 8). Die mediane RFS Zeit für Patienten mit Metastasen (ohne
Lymphknoten) liegt bei 25 Monaten (p<0,001).
Ob eine Operation des Primärtumors bei Lebermetastasen sinnvoll ist, konnte nicht beurteilt
werden, da keine Vergleichsgruppe mit nicht operierten Lebermetastasen vorlag.
Die Ergebnisse dieser Studie zeigen aber kein schlechtes Ergebnis für die Patienten mit Operation. Das Überleben für Patienten mit Lebermetastasen ist im Vergleich zu Patienten mit
anderen Metastasen sogar besser (p=0,511). Vergleicht man nur die Überlebensraten, so
schnitten die Patienten ohne Metastase am Besten ab, gefolgt von den Patienten mit Lebermetastasen und dann erst kommen andere Metastasen (p=0,033).
Abbildung 8 Überlebenswahrscheinlichkeit
für Patienten mit und ohne präoperative
Metastasen(p=0,049)
34
Pn: Perineuralscheideninfiltration
Bei 44 Befunden wurde eine Perineuralscheideninfiltration beurteilt. Hier konnte bei 18,2%
(n=8) eine Infiltration festgestellt werden, bei den restlichen 81,8% handelt es sich um einen
pPn0 Status.
Die 5 Jahres - Überlebensrate für einen Patienten mit Pn1 Befund ist auffallend schlechter.
Sie liegt bei nur 60,0% während sie für Patienten mit Pn0 bei 85,3% liegt (Breslow: p=0,019),
siehe Abbildung 9. Die mediane RFS Zeit für Patienten mit Perineuralscheideninfiltration liegt
bei 2,0 Monaten (p<0,001).
Abbildung 9 Überlebenswahrscheinlichkeit für Patienten mit und ohne Perineuralscheideninfiltration
(p=0,019)
V: Gefäßinvasion
Von 46 untersuchten Fällen konnte bei 10 eine Gefäßinvasion nachgewiesen werden (21,7%),
die restlichen 40 (78,3%) blieben ohne Gefäßbeteiligung: pV0.
Die Überlebenschancen von Patienten mit pV1 sind bei einer Signifikanz von p=0,020 schlechter als die von Patienten mit pV0. Die 5-JÜ liegt bei pV1 bei nur 57,1% im Vergleich zu 86,0%
bei Patienten ohne Gefäßinvasion (Abbildung 10). Die mediane RFS Zeit liegt bei 2,0 Monaten
(p<0,001).
Viele Patienten mit Perineuralscheideninfiltration hatten gleichzeitig auch eine Gefäßinvasion.
So konnte bei 5 von 8 Patienten (62,5%) mit Pn+ auch eine Gefäßinfiltration festgestellt werden (p<0,001).
35
Abbildung 10 Überlebenswahrscheinlichkeit für Patienten mit und ohne Gefäßinfiltration (p=0,011)
L: Lymphgefäßinvasion
Einen Tumorbefall der Lymphgefäße konnte bei 16 (38,1%) der 42 eingeschickten Proben
nachgewiesen werden. 26 Proben waren ohne Lymphgefäßbeteiligung (61,9%)
Ein Unterschied in der Überlebensprognose konnte nicht festgestellt werden(p=0,79). Auffällig
ist jedoch, dass 86,6 % (n=13) der Patienten mit Lymphknotenmetastasen auch eine Lymphgefäßinfiltration aufwiesen (p<0,001). Die mediane RFS Zeit für Patienten mit L1 liegt bei 7,0
Monaten (p=0,003)
3.2.7 Grading
Von 76 Patienten mit NFPT
wurde bei 49 im histologischen
Befund ein Primärtumor der
Gradingstufe G1 festgestellt.
Das waren mit 64,5% die Meisten. 22,4% (n=17) hatten einen
G2 Tumor, siehe Abbildung 11.
Abbildung 11 Gradingeinteilung nach dem pathologischen Befund und durch
die WHO
36
Bei fehlender Signifikanz konnte keine Aussage zur Überlebenswahrscheinlichkeit gemacht
werden (p=0,53).
Bestimmt man die Gradingstufe anhand des Proliferationsindex Ki-67, wie bei der WHO-Einteilung von neuroendokrinen Tumoren, sind die Überlebensunterschiede zwischen NET G1
und NET G2 gering (Abbildung 12), aber im Vergleich zu NEC G3 deutlich besser. Nach einem Jahr liegt die Überlebensrate nur noch bei 50,0% der Patienten mit NEC G3, wohingegen sie bei NET G1 und NET G2 noch bei 91,1% bzw. 100,0% liegt (p<0,001).
Abbildung 12 Überlebenswahrscheinlichkeit in Abhängigkeit der WHO-Klassifikation für NET G1 und NET G2 (p=0,89)
3.2.8 Resektionsstatus
Bei 68 Patienten (89,5%)
konnte ein R0-Status nach
Tumorentfernung
erzielt
werden. Lediglich bei vier
Patienten (5,2%) war keine
komplette Entfernung möglich. Bei einem Patienten
konnte der Resektionsstatus nicht genau bestimmt
werden (Rx) und bei drei
Patienten
(3,9%)
wurde
Abbildung 13
Resektionsstatus
nach Primär OP
37
keine Angabe im histologischen Befund gemacht (siehe Abbildung 13). Eine Auswirkung auf
die Überlebenswahrscheinlichkeit konnte nicht gezeigt werden (p=0,20).
3.2.9. Zellteilungsrate
Die Zellteilungsrate des Tumors, die durch Ki 67 bestimmt wird, liegt bei 26 Patienten
(34,2%) unter 2%. Bei 15 Patienten liegt sie zwischen 3-4% und bei 27 ist sie ≥ 5%. Nicht
bestimmt wurde der Ki-67-Index bei 8 Patienten (10,5%). Bei einer Signifikanz von p=0,59
konnte kein deutlicher Unterschied in der Überlebenswahrscheinlichkeit gemacht werden
(siehe Abbildung 14). Stellt man den Prognosewert des Proliferationsindex durch eine ROCKurve dar, wird eine geringe Sensitivität bei einer Fläche von 0,646 angezeigt (siehe Abbildung 15).
Abbildung 14 Überlebenswahrscheinlichkeit aufgeteilt nach dem Proliferationsindex Ki-67 (p=0,59)
Abbildung 15 ROC Kurve zur
Darstellung der Sensitivität
des Ki-67 Faktors
38
3.2.10 Tumormarker
Der Tumormarker Carbohydrate-Antigen 19/9 (CA 19/9) wurde präoperativ nur bei 27 Patienten (35,5%) bestimmt. Hier konnte bei 4 Patienten ein erhöhter Wert (> 37 kU/l) festgestellt
werden.
Bei einer Signifikanz von p=0,005 liegt die 5-JÜ bei Patienten mit erhöhtem CA 19/9-Wert bei
nur 25% im Vergleich zu 71,4% bei Patienten mit normalem Wert. Allerdings fehlen auch bei
64,5% (n=49) die Werte.
Der Marker Chromogranin A wurde präoperativ nur bei 9 Patienten bestimmt, hier wurden
bei 7 Patienten erhöhte Werte beobachtet. Da von diesen Patienten bisher niemand gestorben
ist, ist eine Darstellung der Überlebenswahrscheinlichkeit nicht möglich.
3.3 Postoperativer Verlauf
3.3.1 Postoperative Komplikationen
Von 76 Patienten hatten mit 57,9 % (n=49) mehr als die Hälfte postoperative Komplikationen.
Die Pankreasfistel (42,6%) stellt das häufigste Problem dar. Einen Einfluss auf die Überlebensdauer scheinen die Komplikationen aber nicht zu haben (p=0,44).
Bei den Revisionsoperationen war der häufigste Grund ein Lokalrezidiv.
Es konnte kein Zusammenhang zwischen einer Operationstechnik und dem Auftreten von
postoperativen Komplikationen festgestellt werden. Sowohl bei der Pankreaslinksresektion
(73,3%) als auch bei der Pankreaskopfresektion (60,0%) kam es zu Komplikationen. Neben
der Pankreasfistel traten bei der Pankreaslinksresektion vor allem Abszesse auf (15,6%), bei
der Pankreaskopfresektion Entzündungen (jeweils 12,0%), siehe Tabelle 7. Todesfälle während der Operation hat es keine gegeben.
OP Technik
Pankreaslinksre-
Pankreaskopfre-
sektion
sektion
n
(%)
n
(%)
Abszess
7
15,6%
2
8,0%
Pankreasfistel
16
35,6%
6
24,0%
Insuffiziente Nähte
1
2,2%
2
8,0%
Akutes Nierenversagen
2
4,4%
0
0,0%
Blutung
3
6,7%
2
8,0%
Entzündung
0
0,0%
3
12,0%
Revisionsoperation
4
8,9
0
0,0%
Tabelle 7 Häufigkeiten der verschiedenen
postoperativen Komplikationen nach
Pankreaslinks- und
Pankreaskopfresektion
39
3.3.2 Entfernung Drainage
Über die Hälfte aller Drainagen (52,6%) wurden zeitgerecht entfernt, bei 34,2% wurde sie
protrahiert gezogen. Einen Einfluss auf die Überlebensprognose war nicht zu erkennen
(p=0,60). Gerade bei Patienten, deren Krankenhausaufenthalt länger als 16 Tage andauerte,
ist auch die Drainagenentfernung protrahiert (Tabelle 8).
Tabelle 8 Zeitpunkt der Drainagenentfernung im Bezug auf den Krankenhausaufenthalt
Krankenhausaufenthalt
Drainagenentfernung
< 16 Tage
> 16 Tage
Zeitgerecht
26
14
Protrahiert
9
17
3.3.3 Anschlussheilbehandlung (AHB)
Bei 39 Patienten (51,3%) hat im Anschluss an den Krankenhausaufenthalt eine Anschlussheilbehandlung stattgefunden, 8 Patienten (10,5%) wollten oder konnten nicht in eine Anschlussheilbehandlung, bei den restlichen 29 Patienten (38,2%) ist nichts über eine mögliche AHB
bekannt. Einen Einfluss auf die Überlebenswahrscheinlichkeit hat die AHB nicht (p=0,45)
3.3.4 Pankreasinsuffizienz
32 der 76 Patienten entwickelten im postoperativen Verlauf eine Pankreasinsuffizienz in Folge
der Pankreasoperation (42,1%). Die exokrine Insuffizienz stellt mit 50,0% die häufigste Form
dar, endokrine Insuffizienz (14,3%) und eine Kombination aus Beidem (11,9%) folgen danach.
Bei 34 Patienten ist keine Angabe zu möglichen Insuffizienzen gemacht worden (siehe Abbildung 16). Ein Einfluss auf das Überleben der Patienten konnte bei einer Signifikanz von p=0,55
nicht festgestellt werden.
Abbildung 16 Darstellung der
verschiedenen Formen der
Pankreasinsuffizienz im
postoperativen Verlauf
40
3.3.5 Rezidivfreie Zeit (RFS)
Die Darstellung der 5 Jahres rezidivfreien Zeit (RFS, relaps free survival) erfolgt mithilfe der
Stadien von ENETS und UICC/AJCC. Die genaue Einteilung der Stadien ist Tabelle 2 zu entnehmen. Der RFS Zeitraum ist begrenzt durch das Auftreten von Rezidiven bzw. Fortschreiten der Erkrankung oder durch den Todesfall.
Die schlechte Prognose für Patienten im III oder IV Stadium konnte sowohl bei der ENETSEinteilung als auch bei der UICC/AJCC – Einteilung mit einer Signifikanz von p<0,001 gezeigt werden. Diese Ergebnisse sowie die mediane RFS und die 5 Jahres ÜL sind Tabelle 9
zu entnehmen. Die geringen Todesfälle erlauben keine Bestimmung der medianen Überlebensrate.
Tabelle 9 Stadieneinteilung nach ENETS sowie UICC/AJCC/WHO mit der dazugehörigen Angabe der 5y RFS, mediane RFS und 5y ÜL
UICC/AJCC/ WHO 2010
n
5y RFS
mediane RFS
5y ÜL
STADIUM IA
23
83,1 %
/
88,5%
STADIUM IB
18
64,8 %
/
77,3%
STADIUM IIA
9
88,9 %
140
100,0%
STADIUM IIB
16
13,9 %
3
70,3%
STADIUM III
2
0,0 %
4
50,0%
STADIUM IV
7
0,0 %
3
71,4%
ENETS
n
5y RFS
mediane RFS
5y ÜL
STADIUM I
23
83,1 %
/
88,5%
STADIUM IIA
18
64,8 %
/
77,3%
STADIUM IIB
88,9 %
/
140
100,0%
STADIUM IIIA
9
0
/
/
STADIUM IIIB
18
11,9 %
4
69,3%
STADIUM IV
7
0,0 %
3
71,4%
41
3.4. Erstes Rezidiv
3.4.1 Lokalisation
Bei insgesamt 22
Lokalisation 1. Rezidiv
Patienten
(28,9%)
eine
konnte
Lebermetastase
Fernmeta-
stase und bei drei
Lymphknotenmetastase
12,5%
Lokalrezidiv
Lokalrezidiv
wer-
Magen - Darmmetastase
den. Es handelte
Peritonealkarzinose
festgestellt
18,8%
Lungenmetastase
Patienten (3,9%)
ein
50,0%
9,4%
6,3%
3,1%
sich hierbei einmal um ein Re-
Abbildung 17 Darstellung der häufigsten Lokalisationsorte für das erste Rezidiv
zidiv eines bereits resizierten neuroendokrinen Pankreastumors, bei dem anderen Patienten
um ein neu aufgetretener Zweittumor bei bekanntem MEN-1. Ein weiterer Patient enwickelte
unter IPMN ein Adenokarzinom des Pankreas mit Metastasierung in die Leber. Sechs weitere
(7,9%) erkrankten an einem neuen, nicht endokrinen Tumor oder hatten bereits einen solchen
Tumor und entwickelten hiervon ein Rezidiv. In einem Fall konnten keine genauen Angaben
zum Lokalisationsort gefunden werden.
Im Median dauerte es bei metastasenfreien Patienten (n=7) 30 Monate bis es nach der OP
zum Auftreten eines ersten Rezidivs kam. Bei Patienten mit präoperativer Metastase (n=19)
ist diese Zeit auf 3 Monate verkürzt. Dies ist unter anderem daduch zu erklären, dass nicht alle
Metastasen vollständig während der Primäroperation entfernt werden konnten und diese dann
früh nach der OP wieder behandlungsbedürftig waren.
Die Spannweite macht deutlich, dass neben frühzeitig diagnostizierten Metastasen nach nur 1
Monat auch genauso noch nach 33 Jahren (396 Monaten) Metastasen auftreten können. Ein
Einfluss auf die Überlebensdauer bei Vorhandensein eines Rezidivs konnte mit einer Signifikanz von p=0,40 nicht bewiesen werden. Die Tendenz zeigt aber einen Vorteil zugunsten der
Patienten ohne Rezidiv.
Über die Hälfte der Patienten, die ein Rezidiv entwickelten, waren über 50 Jahre alt.
Hauptlokalisationsort war beim ersten Rezidiv die Leber (50,0%), gefolgt von Lymphknoten
(18,8%). Lungenmetastasen kamen bei 12,5% der Fälle vor und Lokalrezidive gab es bei 9,4%
(siehe Abbildung 17).
Bei den Lokalrezidiven ergab sich eine häufigere Lokalisation im Pankreasschwanz (66,6%)
als im Pankreaskopf (33,3%)
42
3.4.2 Therapie
Tabelle 10 Darstellung der Therapieverfahren beim Ersten Rezidiv mit medianer RFS und 5 Jahres - Überlebensrate
n
Prozent
Alleinige
Kombination
Mediane
Therapie
5y ÜL
RFS
Resektion
10
33,3 %
9
1
14
100,0%
PRRT
7
23,3 %
5
2
34
100,0%
Ablative Therapie
4
13,3 %
3
1
/
100,0%
Chemotherapie
4
13,3 %
2
2
3
25,0%
Molekular ziel. T.
2
6,7 %
0
2
50,0%
Mittel der Wahl zur Therapie des ersten Rezidivs war die Resektion mit 33,3%. Bei 23,3% der
Rezidivpatienten wurde mit PRRT (Peptid-Rezeptor-basierte-Radiotherapie) behandelt. Bei
drei Patienten wurde keine Therapie durchgeführt, entweder auf Wunsch des Patienten oder
aufgrund des Todesfalls (siehe Tabelle 10). Die Grafik zeigt ein deutlich besseres Überleben
für Patienten mit chirurgischer Metastasenentfernung als für Patienten ohne Operation. Die
5 Jahres Überlebensrate für Patienten mit Resektion liegt bei 100%, ohne Resektion nur bei
61,5%. Dieses Ergebnis ist mit p=0,019 signifikant (siehe Abbildung 18).
Bei der PRRT wurde im Median mit 4 Zyklen therapiert, zu 42,9 % mit 177 Lu-DOTATATE/TOC und einer Kombination aus 177 Lu-DOTATATE/-TOC mit 90 Y-DOTATATE/-TOC. In
14,3 % der Fälle wurde mit 90Y-DOTATATE/-TOC therapiert. Einen Einfluss auf die Überlebenswahrscheinlichkeit konnte weder bei PRRT allgemein (p=0,088), noch zu einzelnen
Strahlern speziell ausgemacht werden. Die Behandlung scheint aber deutliche Vorteile zu
haben, denn auch hier liegt die 5 Jahres – Überlebensrate für PRRT bei 100% im Vergleich
zu 68,9% für Patienten ohne PRRT. Zudem konnte durch die PRRT eine deutlichere Verlängerung der medianen RFS-Zeit auf 34 Monate im Vergleich zu Patienten ohne Radionuklidtherapie (7 Monate) erreicht werden (Breslow p=0,038).
Es wurde bei vier Patienten eine ablative Therapie durchgeführt, einmal (25,0%) eine RFTA
(Radiofrequenz-Thermoablation) und dreimal (75,0%) die SIRT (selektive interne Radiotherapie) (66,6%). Die SIRT erfolgte im Schnitt mit 1,10 GBq 90Y-markierten Mikrosphären, eine
Aussage zur Überlebenswahrscheinlichkeit konnte bei einem Signifikanzlevel von p=0,48 nicht
gemacht werden.
Die Chemotherapie wurde insgesamt viermal durchgeführt. Dabei war sie zweimal alleiniges
Therapeutikum der Wahl, bei den anderen beiden Patienten wurde sie in Kombination angewendet. Keine der Therapien wurde vorzeitig abgebrochen. Die schlechte Überlebenswahrscheinlichkeit ist trotz der geringen Fallzahl bei einer Signifikanz von p<0,001 auffallend (siehe
Abbildung 19). Die 5 Jahres – Überlebensrate liegt bei 88,8% für Patienten ohne Indikation zur
43
Chemotherapie. Von den Patienten mit durchgemachter Chemotherapie lag sie nur noch bei
25,0%. Die häufigste angewendete Wirkstoffkombination war Cisplatin mit Etoposid.
Bei zwei Patienten wurde jeweils ergänzend zu einer weiteren Therapie eine molekular zielgerichtete Therapie durchgeführt. Der verwendete Wirkstoff war Bevacizumab (Avastin ®).
Abbildung 18 Überlebenswahrscheinlichkeit für Rezidivpatienten mit und ohne Resektion (p=0,019)
Abbildung 19 Überlebenswahrscheinlichkeit fürRezidivpatienten mit und ohne Chemotherapie (p<0,001)
44
3.5 Zweites Rezidiv
Tabelle 11 Darstellung der RFS Zeiten für die verschiedenen
Behandlungsstrategien nach dem ersten Rezidiv
3.5.1 Zeitraum und Lokalisation
Von 26 Patienten die ein erstes Re-
Therapiekonzept bei
n
10 Monate
1tem Rezidiv
zidiv hatten, bekamen 13 Patienten ein
RFS (relaps
weiteres Rezidiv (50,0%). Die mediane
free survival)
tumorfreie Zeit beträgt 9,5 Monate
nach dem ersten Rezidiv. Dass ein erneutes Rezidiv einen Einfluss auf die
Resektion (Monotherapie)
9
55,6%
PRRT (Monotherapie)
5
80,0%
3
66,7%
2
0%
2
0%
3
0%
1
100%
1
100%
Überlebenschance hat, konnte bei fehlender Signifikanz nicht gezeigt wer-
Ablative Therapie (Monotherapie)
den (p=0,58).
Vergleicht man die Therapieverfahren
Chemotherapie (Monothe-
die beim ersten Rezidiv angewendet
rapie)
Chemotherapie + molekul.
wurden, so scheint die Kombinationstherapie einen Vorteil gegenüber der
zielg. T. (Kombinationst.)
Keine Therapie
Monotherapie zu besitzen. Die Therapiekombination aus chirurgischer Resektion plus PRRT oder die PRRT kombiniert mit einer ablativen Therapie zeigen dabei mit 100 % progressionsfreien
PRRT + ablative Therapie
(Kombinationstherapie)
Resektion + PRRT
(Kombinationstherapie)
Patienten nach 10 Monaten die erfreulichsten Werte. Allerdings sind diese Gruppen mit nur
einem Patienten vergleichsweise klein. Als Beispiel für eine größere Fallgruppe kann die Monotherapie mit PRRT betrachtet werden, hier wurden fünf Patienten behandelt und 80% blieben progressionsfrei nach 10 Monaten (p=0,014).
Auch wenn die Fallzahlen eher gering sind, lässt sich bei der Chemotherapie auch bei Ansprechen keine langen progressionsfreie Zeiten erzielen. Erwartungsgemäß haben alle Patienten
ohne Therapie einen Relaps erlitten (Tabelle 11). Als Relaps definiert wurde entweder ein erneutes
Lokalisation 2. Rezidiv
tum/Metastase
Lebermetastase
42,1%
Lymphknotenmetastase
31,6%
Knochenmetastase
10,5%
Magen - Darmmetastase
5,3%
Peritonealkarzinose
5,3%
Lungenmetastase
5,3%
Tumorwachsoder
der Eintritt des Todesfalls.
Bei dem zweiten Rezidiv handelte es sich
ausschließlich
um
Abbildung 20 Darstellung
der häufigsten Lokalisationsorte für das zweite Rezidiv
45
Fernmetastasen, Lokalrezidive traten keine auf. Hauptsächlich waren sie in der Leber (40,0%)
und den Lymphknoten lokalisiert (30,0%), siehe Abbildung 20.
3.5.2 Therapie
Tabelle 12 Darstellung der Therapieverfahren beim Zweiten Rezidiv aufgeteilt in Kombinations- und Monotherapie
n
Prozent
Alleinige Therapie
Kombination
Resektion
5
22,7 %
3
2
Biotherapie
5
22,7 %
3
2
PRRT
4
18,2 %
2
2
Chemotherapie
3
13,6 %
1
2
Molekular ziel. T.
3
13,6 %
0
3
Strahlentherapie
1
4,5 %
0
1
Ablative Therapie
1
4,5 %
0
1
Behandelt wurden diese Patienten hauptsächlich durch chirurgische Resektion (22,7%) und
durch Biotherapie mit Somatostatinanaloga (22,7%). In 18,2% der Fälle wurde mit PRRT therapiert. Im Vergleich zum ersten Rezidiv wurde die lokal ablative Therapie seltener angewendet (4,5%), die Anzahl der Biotherapien und der molekular zielgerichteten (13,6%) nahmen
dagegen zu.
Die vermeintlich bessere Überlebensprognose der fünf Patienten mit chirurgischer Therapie
im Vergleich zu Patienten ohne Resektion kann bei fehlender Signifikanz (p=0,39) nicht bestätigt werden.
Eine Biotherapie mit Somatostatinanaloga erhielten fünf Patienten, zwei von ihnen als Kombination zu anderen Behandlungsmaßnahmen. Das Mittel der Wahl stellt Octreotid dar, allerdings wurde bei zwei der Patienten die Therapie aufgrund zu starker Nebenwirkung (erhöhte
Transaminasen und Luftnot) abgebrochen. Das Diagramm lässt eine deutliche Verbesserung
der Überlebenschance für Patienten mit Octreotidtherapie vermuten, es fehlt allerdings die
Signifikanz p=0,48
Die PRRT wurde im Median mit 3 Zyklen durchgeführt, in 75% der Fälle wurde als Strahler
177-Lu DOTATE verwendet. Bei den vier behandelten Patienten wurde paritätisch sowohl in
Kombination mit anderen Therapien als auch alleine nur mit PRRT behandelt. Zur Überlebenswahrscheinlichkeit konnte bei p=0,48 keine signifikante Aussage gemacht werden.
46
Drei Patienten erhielten eine Chemotherapie, nur einmal wurde die Chemotherapie ohne ergänzende Therapie durchgeführt. Bei den anderen beiden Patienten erfolgte sie in Kombination mit weiteren Therapiemaßnahmen, wie z.B. PRRT und molekular zielgerichtete Therapie.
Die häufigste Kombination war Cisplatin + Etoposid, im Schnitt wurden 2,5 Zyklen therapiert.
Als Nebenwirkung konnte das Hand-Fuß-Syndrom beobachtet werden und eine Therapie
musste vorzeitig wegen schlechter Venenverhältnisse beendet werden. Auch wenn es scheint,
dass die Chemotherapie bei Patienten mit schlechterer Überlebenschance verwendet wird,
fehlt die Signifikanz (p=0,083).
Bei weiteren drei Patienten wurde eine molekular zielgerichtete Therapie durchgeführt. Sie
wurde jeweils als Ergänzung zu einer anderen Therapie verwendet (z.B. Resektion, PRRT
etc.). Sunitinib war der am meisten verwendete Wirkstoff. Bei beiden Mitteln kam es zu NW,
die zu Therapiepausen führten, bzw. es wurde aufgrund Unverträglichkeit komplett abgesetzt
(NW: Hauttoxizität, Diarrhoen, Thrombopenie, Elektrolytentgleisung)(p=0,56).
Die Strahlentherapie wurde bei einem Patienten als Ergänzung durchgeführt. Die verwendete
Dosis lag bei 37,5Gy.
Die SIRT wurde einmal mit 0,682 Gbq 90Y-SIR-Spheres durchgeführt. Sie wurde in Kombination mit einer PRRT, einer medikamentösen-, einer molekular zielgerichteten- und einer Chemotherapie durchgeführt (Tabelle 12).
47
3.6. Drittes Rezidiv
3.6.1 Zeitraum, Lokalisation und Therapie
Lediglich bei zwei Patienten kam es zum
dritten Mal zu einem Rezidiv. Dies war in
Tabelle 13 Darstellung der RFS Zeiten für die verschiedenen
Behandlungsstrategien nach dem zweiten Rezidiv
Therapiekonzept nach n
2tem Rezidiv
RFS
der Leber lokalisiert. Die RFS Zeit betrug im
Resektion (Monotherapie) 3
Median 27 Monate und stellt damit die ver-
Biotherapie (Monotherapie) 3
gleichsweise längste rezidivfreie Zeit dar.
PRRT (Monothreapie) 2
Bei der Behandlung des zweiten Rezidivs
PRRT + Mol. zielg. T. (Kom-
zeigen sich wieder vor allem die Resektion
binationstherapie)
und die PRRT als wirksam mit jeweils 27
Resektion + Strahlent. (Kom-
Monate RFS von 100%. Allerdings ist dies
binationstherapie)
vor dem Hintergrund der geringeren Fall-
Resektion + Mol. Zielg. T. +
zahl von nur 14 Patienten zu sehen, so
Biotherapie + Chemo (Kom- 1
konnte für die Ergebnisse auch keine Signifikanz erreicht werden. (siehe Tabelle 13).
27 Monate
100%
0%
100%
1
100%
1
100%
0%
binationstherapie)
PRRT + Mol. Zielg. T. + ab-
Das dritte Rezidiv wurde einmal nur per chi-
lative T. + Biotherapie +
rurgischen Resektion und einmal mit einer
Chemotherapie (Kombinati-
Kombination aus PRRT mit molekular ziel-
onstherapie)
gerichteter Therapie und Biotherapie be-
Chemotherapie (Monothera-
handelt. Zu einem weiteren Rezidiv oder
pie)
1
100 %
1
100%
Fortschreiten (Relaps) kam es bei keinem
der Patienten. Die mittlere Nachbeobachtungszeit nach dem 3. Rezidiv beträgt 24 Monate.
48
3.7. Rezidive (allgemein)
3.7.1 Lokalisation
Insgesamt 26-mal
Lokalisation Rezidive
konnte ein Rezidiv in der Leber
Lebermetastase
49,1%
diagnostiziert
werden, das sind
Lymphknotenmetastase
Lungenmetastase
mit 49,1% die
häufigsten Rezidive. In Lymph-
22,6%
9,4%
Lokalrezidiv
5,7%
Magen Darmmetastase
5,7%
knoten wurde in
22,6% der Fälle
(n=12) ein Re-
Knochenmetastase
3,8%
Peritonealkarzinose
3,8%
zidiv nachgewieAbbildung 21 Darstellung der Lokalistationsorte für Rezidive
sen, in der Lunge
in 9,4% (n=5) der Fälle. Lokalrezidive, Magen-Darm – Metastasen waren mit 5,7% (n=3)
gleich oft zu finden (Abbildung 21). Vor allem bei Lungen- und Knochenmetastasen war die
Überlebensrate niedrig.
Bei den Lokalrezidiven sind der Pankreasschwanz in 66,6% und der Pankreaskopf in 33,3%
der Fälle betroffen.
Tabelle 14 Aufteilung der Rezidive auf Fernmetastasen und Lokalrezidive
1. Rezidiv
2. Rezidiv
3. Rezidiv
Fernmetastase
22
13
2
Lokalrezidiv
2
/
/
Beides
1
/
/
3.7.2 Therapie allgemein
Die Therapie der Wahl bei Rezidiven stellt die Resektion dar. Sie wurde mit 24,4% (n=11)
am Häufigsten verwendet. Mit 22,6% (n=10) ebenfalls oft verwendet wurde die PRRT. Die
Biotherapie mit Somatostatinanaloga, die molekular zielgerichtete Therapie und die Chemotherapie wurden in 13,3% der Fälle verwendet. Die lokal ablative Therapie wurden fünf Mal
angewendet (11,1%) Am Seltensten wurde die Strahlentherapie angewandt. Sie kam nur in
2,2% (n=1) der Fälle zum Einsatz (siehe Abbildung 22).
49
Behandlung Rezidive
24,4%
Resektion
22,2%
PRRT
Chemotherapie
13,3%
Biotherapie
13,3%
Molekular zielgerichtete Therapie
13,3%
11,1%
Lokal ablative Therapie
Strahlentherapie
Abbildung 22 Darstellung
der häufigsten Behandlungsmethoden bei Rezidiven
2,2%
Tabelle 15 Therapieverfahren bei Rezidiven mit 5y ÜL, medianes ÜL und mediane RFS
Anzahl
5y ÜL
Medianes ÜL
Mediane RFS
[Monate]
[Monate]
Resektion
24,4% (n=11)
100,0%
458
14
PRRT
22,2% (n=11)
100,0%
458
34
Biotherapie
13,3% (n=6)
100,0%
458
13,3% (n=6)
83,3%
458
7
Chemotherapie
13,3% (n=6)
50,0%
18
3
Lokal ablative Therapie
11,1% (n=5)
100,0%
/
Strahlentherapie
2,2% (n=1)
100,0%
/
Molekular zielgerichtete
Therapie
3.7.3 Resektion
Bei 11 der 26 Rezidivpatienten wurde als eine der Behandlungsmaßnahme die Resektion
gewählt (24,4%). Vergleicht man diese Patienten mit denen ohne eine Operation, dann weisen Patienten mit OP ein besseres Überleben auf. So liegt die 5 Jahres – Überlebensrate bei
100,0% für Patienten mit Operation, wohingegen sie bei Patienten ohne OP nur bei 58,2%
liegt. Dieses Ergebnis ist mit p=0,009 signifikant (siehe Abbildung 23). Die mediane RFS Zeit
ist für Patienten mit Operation (14 Monate) zwar länger als für Patienten ohne Resektion (10
Monate), fällt im Vergleich zu anderen Therapien aber kürzer aus (p=0,91).
50
Abbildung 23 Überlebenswahrscheinlichkeit für Patienten mit und ohne chirurgische Rezidiventfernung (p=0,009)
3.7.4 PRRT (Peptidrezeptor basierte Radionuklidtherapie)
Im Median wurde
Mittlere Dosis [GBq] für 177-Lu
mit 4 Zyklen PRRT
therapiert, insgesamt wurde die
7,0000
Therapie bei
6,8000
21,6% (n=11) der
Rezidivpatienten
gewählt. Haupt-
6,6000
6,4000
6,2000
6,0000
sächlich wurde mit
5,8000
177-Lu DOTA-
5,6000
TATE/-TOC thera-
5,4000
piert (55,6%), gefolgt von einer
1. Zyklus
2. Zyklus
3. Zyklus
4. Zyklus
Abbildung 24 Durchschnittsdosen für die jeweiligen Zyklen der PRRT mit 177-Lutetium
Kombination aus 177-Lu und 90-Y DOTATATE/-TOC (44,4%).
Die mittlere Strahlendosis von 177-Lutetium lag bei 6,6 GBq und damit unter der Maximaldosis von 7,4 GBq. Vergleicht man die Zyklen untereinander, so fällt die deutlich geringere Dosis im vierten Zyklus auf, siehe Abbildung 24.
51
Von 90-Yttrium lag die Strahlendosis im Mittel bei 2,9 GBq, was ebenfalls unter der
Maximaldosis von 3,4 GBq liegt. Es wurden allerdings auch nicht mehr als 2 Zyklen mit 90Yttrium therapiert. Vergleicht man die beiden Zyklen untereinander, so fällt der niedrige Wert
im 2. Zyklus auf (siehe Abbildung 25).
Vergleicht man die Überlebenswahrscheinlichkeiten der Patienten mit und ohne PRRT, so
fällt der deutlich besser Verlauf der Überlebenskurve für Patienten mit einer PRRT-Behandlung auf (Abbildung 26). Hier liegt die 5 Jahresüberlebensrate bei Patienten die mit einer Radiotherapie behandelt wurden bei 100,0%, ohne die Therapie liegt sie nur bei 61,5%. Das Ergebnis ist mit p=0,019 signifikant. Weiter konnte eine deutlichere Verlängerung der medianen
RFS-Zeit auf 34 Monate im Vergleich zu Patienten ohne Radionuklidtherapie (7 Monate) erreicht werden (Breslow p=0,038).
Mittlere Dosis [GBq] für 90-Y
3,10
3,05
3,00
2,95
2,90
2,85
2,80
1. Zyklus
2. Zyklus
Abbildung 25 Durchschnittsdosen für die jeweiligen Zyklen der PRRT mit 90-Yttrium
Abbildung 26 Überlebenswahrscheinlichkeit für Patienten mit und ohne PRRT
(p=0,019)
52
3.7.5 Biotherapie
Insgesamt sechs Mal wurde bei Patienten mit Rezidiv die Biotherapie mit Somatostatinanaloga gewählt. Sie wurde genauso häufig (n=3) als alleinige Therapie angewendet wie zur Ergänzung der laufenden Therapie. Der häufigste Wirkstoff war Octreotid (Sandostatin ®) in
75,0% der Fälle, Lanreotid (Somatuline Autogel®) wurde zu 25,0% verabreicht (siehe Abbildung 27). Bei fehlender Signifikanz (p=0,14) konnte keine Aussage zur Überlebenswahrscheinlichkeit gemacht werden.
Abbildung 27 Darstellung der am
häufigsten verwendeten
Wirkstoffen in der Biotherapie
3.7.6 Molekular zielgerichtete Therapie
Sechs Mal wurde eine molekular zielgerichtete Therapie durchgeführt (13,3%). Der häufigste
eingesetzte Wirkstoff war Everolimus/Temsirolimus (Abbildung 28). Die mediane progressionsfreie Zeit betrug 7 Monate. Einen Einfluss auf das Gesamtüberleben konnte bei fehlender
Signifikanz (p=0,76) nicht gezeigt werden. Ebenso wenig konnte ein Vorteil für einen der verwendeten Wirkstoffe nachgewiesen werden (p=0,086). Bei einem Patienten musste die Therapie aufgrund zu starker Nebenwirkung abgesetzt werden. Zu den häufigsten allgemein aufgetretenen Nebenwirkungen gehörten: Hauttoxizität, Diarrhoen,
Thrombopenie und
Elektrolytentgleisung.
Abbildung 28 Darstellung
der am häufigsten
verwendeten Wirkstoffe in
der molekular
zielgerichteten Therapie
53
3.7.7 Chemotherapie
Ebenfalls bei sechs Patienten (13,3%) wurde eine Chemotherapie durchgeführt. Die häufigste Wirkstoffkombination stellt Cisplatin bzw. Carboplatin mit Etoposid dar. Am dritthäufigsten wurden Temozolomid verwendet (je 12,5%), alle anderen Wirkstoffe wurden mit 6,3%
gleich oft verwendet (siehe Abbildung 29). Im Median wurden 6,5 Zyklen Chemotherapie
durchgeführt.
Die Überlebensrate für Patienten mit indikationsgemäß durchgeführter Chemotherapie fällt
deutlich geringer aus, sie liegt nach 63 Monaten nur bei 33,3% für Chemotherapiepatienten,
im Vergleich zu 87,4% für Patienten ohne Chemotherapie, dies ist mit p=0,008 signifikant
(siehe Abbildung 30).
Abbildung 29 Darstellung der am häufigsten
verwendeten Chemotherapeutika
Abbildung 30 Überlebenswahrscheinlichkeit für Patienten mit und ohne Chemotherapie (p=0,008)
54
3.7.8 Lokal ablative Therapie
Die lokal ablative Therapie wurde fünf Mal durchgeführt, sie teilt sich auf jeweils eine RFTA
und vier SIRT auf. Bei der SIRT lag die Dosis im Median bei 1,09 GBq. Es konnten erfreulicherweise 10 Monate RFS Werte von 66,7% und in Kombination mit anderen Therapien wie
PRRT sogar 10 Monate RFS von 100,0% erreicht werden (p=0,014), siehe Tabelle 11. Lediglich ein Patient entwickelte nach durchgeführter lokal ablativer Therapie ein erneutes Rezidiv
in der Leber.
Dass die Therapie einen Einfluss auf das Gesamtüberleben hat, konnte bei einer Signifikanz
von p=0,34 nicht gezeigt werden.
3.7.9 Strahlentherapie
Bei einem Patienten wurde eine Strahlentherapie durchgeführt, die verwendete Dosis lag bei
37,5 Gy. Die Indikation zur Strahlentherapie waren inoperable LK-Metastasen. Nach der Bestrahlung konnte eine Stabilisierung des Zustandes (SD) erreicht werden. Dieser Zustand
hält nun schon 21 Monate an.
3.8 Schlussdaten
3.8.1 Überlebenskurve
Die 1 Jahres – Überlebensrate der neuroendokrinen Pankreastumoren NFPT liegt bei
96,1%.
Die 5 JÜ liegt bei 80,4% und nach 10 Jahren bei 77,3%. Das mediane Überleben liegt bei
458 Monaten.
Abbildung 31 Überlebenswahrscheinlichkeit für Patienten mit
nicht funktionellem neuroendokrinen Pankreastumor (NFPT)
55
3.8.2 Todesursache
Die häufigste Ursache für das Versterben eines Patienten waren die direkten Folgen des
Pankreastumors (54%) (n=7) bzw. durch dessen Metastasen (siehe Abbildung 32). Bei 3 Patienten (23%) konnte die genaue Todesursache nicht bestätigt werden. Es ist aber im Hinblick
auf den Krankheitsverlauf davon auszugehen, dass diese Patienten nicht eines altersbedingten Todes, sondern aus pathologischen Gründen verstarben.
Todesursachen
Folge Pankreastumor
hypoxischer Hirnschaden
Multiorganversagen
54%
15%
8%
n=7
n=2
n=1
Abbildung 32 Todesursachen für Patienten mit NFPT
3.9 Ergebnisse für funktionell aktive neuroendokrine Pankreastumore
3.9.1 Dauer zwischen Erstvorstellung und Operation
Im Median dauerte es 11 Tage bis Patienten mit Insulinom nach ihrer Vorstellung in der Uniklinik operiert wurden. Bei Gastrinompatienten dauerte es mit 22,5 Tagen doppelt so lang.
3.9.2 Krankenhausaufenthalt
Der mediane Krankenhausaufenthalt lag bei Insulinomen bei 13 Tagen, Gastrinompatienten
verbrachten im Median 56,5 Tage im Krankenhaus.
3.9.3 Lokalisation
Bei den Insulinomen konnte der Tumor hauptsächlich im Pankreaskopf lokalisiert werden
(55,56%), im Pankreasschwanz bzw. Körper war er gleich häufig zu finden (22,22%). Die beiden Gastrinome waren auf Pankreaskopf und Pankreasschwanz aufgeteilt, siehe auch Abbildung 33. Einen Einfluss auf die Überlebensrate konnte nicht gezeigt werden.
56
Abbildung 33 Darstellung der Tumorlokalisation für Insulinome und Gastrinome
3.9.4 Operationstechnik
Bei den Insulinomen konnte
Tabelle 16 Übersicht über Lokalisation, TNM - Einteilung sowie den Proliferationsindex
Insulinom
in 44,4% der Fälle der Tu-
Gastrinom
Anteil
mor durch eine Enukleati-
Anteil
N
(%)
N
(%)
Pankreaskopf
5
55,6%
1
50,0%
Pankreasschwanz
2
22,2%
1
50,0%
war es analog zur Lokalisa-
Pankreaskörper
2
22,2%
0
0,0%
tion
0-2 %
3
75,0%
1
50,0%
2-20%
1
25,0%
1
50,0%
>20%
0
0,0%
0
0,0%
pT1
6
75,0%
0
0,0%
pT2
2
25,0%
0
0,0%
pT3
0
0,0%
1
50,0%
die
pT4
0
0,0%
0
0,0%
Hälfte der Patienten war
pTx
0
0,0%
1
50,0%
pN0
4
80,0%
1
50,0%
pN1
1
20,0%
1
50,0%
pN2
0
0,0%
0
0,0%
pM0
0
0,0%
0
0,0%
pM1
1
100,0%
1
100,0%
onsresektion entfernt werden. Bei den Gastrinomen
eine
Lokalisation
Pankreaslinks-
und eine Pankreaskopfre-
Ki - 67
sektion (Tabelle 16). Lediglich bei einem Insulinom erfolgte die Operation laperoskopisch.
Mehr
als
zum Zeitpunkt der Opera-
T
N
tion unter 50 Jahre alt.
Einen möglichen Einfluss
auf das Überleben konnte
M
bei keiner Operationstechnik gezeigt werden. Patienten mit Enukleationsoperation sind aber alle noch am Leben
(p=0,17).
57
3.9.5 TNM Klassifikation
T: Ausdehnung des Primärtumors
Im Median waren Insulinome 1,6cm (Spannbreite von 0,6cm – 4cm) und Gastrinome 4,5cm
groß. Von 9 Insulinomen entfallen 6 auf die Kategorie pT1 (75,0%), bei einem Tumor wurde
keine Angabe zur Größe gemacht. Patienten mit kleinem Tumor (pT1) hatten eine 5 Jahresüberlebensrate von 100,0%, auch wenn das Ergebnis knapp nicht signifikant ist (p=0,083).
Der größte Anteil der Tumore war zwischen 1-2 cm groß. Der einzige Todesfall ereignete sich
bei einem Patienten, dessen Tumor größer als 2 cm war, dieser hatte aber auch zusätzlich
bereits metastasiert.
Bei den Gastrinomen wurde ein Tumor der Kategorie pT3 zugeordnet, dieser war größer als
2cm. Bei dem anderen Patienten war histologisch keine eindeutige Einteilung möglich (pTx).
N: Lymphknotenmetastasen
Es wurden insgesamt 47 Lymphknoten zur Beurteilung eingeschickt, lediglich bei 2 Patienten,
jeweils ein Insulinom- und ein Gastrinompatient, konnte eine Lymphknotenmetastase (pN1)
festgestellt werden.
Beim Insulinom war dies auch der Patient der verstarb, einen Einfluss auf die Überlebensprognose konnte hier nicht gezeigt werden (p=0,083).
M: Metastasen
Bei den Metastasen verhält es sich wie bei den Lymphknoten, jeweils ein postiver Befund
(pM1) bei den Insulinomen und einer bei den Gastrinomen.
Bereits präoperativ konnten Leber- und Lymphknotenmetastasen diagnostiziert werden. Hier
konnte bei einem Signifikanzlevel von p=0,008 gezeigt werden, dass eine Metastase einen
negativen Einfluss auf das Gesamtüberleben für Patienten mit Insulinom hat.
Pn: Perineuralscheideninfiltration
Bei keinem der funktionell aktiven Tumore konnte eine Perineuralscheideninfiltration nachgewiesen werden.
58
V: Gefäßinvasion
Lediglich bei einem Gastrinom konnte eine Gefäßinvasion nachgewiesen werden (pV1), da
dieser Patient noch lebt, kann kein Einfluss auf die Überlebenswahrscheinlichkeit gegeben
werden.
L: Lymphgefäßinvasion
Einen Tumorbefall der Lymphgefäße konnte bei keinem der hormon aktiven Tumoren nachgewiesen werden.
3.9.6 Grading
Bei allen Insulinomen, die eine Gradingeinteilung erhielten (n=8), handelt es sich um G1 Tumore. Lediglich bei der Einteilung durch die WHO wird ein Insulinom als NET G2 deklariert,
die restlichen sieben Tumore gehören der Kategorie NET G1 an.
Gastrinome wurden sowohl als G1, wie auch als G2 Tumor eingestuft, die Einteilung durch die
WHO kommt zu demselben Ergebnis.
Einen Einfluss auf die Überlebenschancen konnte nicht gezeigt werden.
3.9.7 Resektionsstatus
Bei den Insulinomen konnte lediglich ein Tumor nicht vollständig entfernt werden (R1) und bei
einem Tumor war keine genaue Aussage möglich (Rx).
Von den Gastrinomen wurde ein Tumor R1 resiziert. Die Ergebnisse bleiben ohne Einfluss auf
das Gesamtüberleben der Patienten
3.9.8 Zellteilungsrate
Der Großteil der Insulinome hatte eine niedrige Zellteilungsrate unter 2% (75,0%), lediglich bei
einem Tumor wurden höhere Raten festgestellt.
Auch bei den Gastrinomen konnte ein Tumor mit erhöhter Zellteilung identifiziert werden.
3.9.9 Tumormarker
Der Tumormarker Carbohydrate-Antigen 19/9 (CA 19/9) wurde präoperativ bei keinem Insulinom bestimmt und lediglich bei einem Gastrinom, hier lag er im Normbereich.
Der Marker Chromogranin A wurde bei einem Insulinompatienten bestimmt, hier lagen normale Werte vor, die von dem Gastrinom bestimmten Werte waren jedoch erhöht.
Da von den Patienten mit bestimmten Tumormarker noch niemand verstorben ist, kann keine
Aussage zur Überlebenswahrscheinlichkeit gemacht werden.
59
3.10 Postoperativer Verlauf
3.10.1 Postoperative Komplikationen
Nach der operativen Entfernung der Insulinome kam es bei 44,4% der Fälle (n=4) zu postoperativen Komplikationen, bei einem Patienten fand eine Revisionsoperation statt.
Bei einem der Gastrinompatienten kam es im postoperativen Verlauf zu Komplikationen. Das
häufigste Problem stellt der Abszess dar, einen Einfluss auf die Überlebensrate konnte nicht
gezeigt werden.
3.10.2 Entfernung Drainage
Lediglich bei zwei Insulinom- und bei einem Gastrinompatienten wurde die Drainige protrahiert
gezogen (27,3%).
3.10.3 AHB
Insgesamt vier Patienten mit funktionell aktiven Pankreastumor traten eine Anschlussheilbehandlung an, drei Insulinom- und ein Gastrinompatient.
3.10.4 Pankreasinsuffizienz
Nur bei zwei Patienten mit Insulinom wurde im postoperativen Verlauf von einer exokrinen
Insuffizenz berichtet (22,2%).
3.10.5 Rezidivfreie Zeit (RFS)
Die Darstellung der 5 Jahres rezidivfreien Zeit (RFS, relaps free survival) erfolgt mithilfe der
Stadien von ENETS und UICC/AJCC. Die genaue Einteilung der Stadien ist Tabelle 2 zu entnehmen. Der RFS Zeitraum ist begrenzt durch das Auftreten von Rezidiven bzw. Fortschreiten der Erkrankung oder durch den Todesfall.
Tabelle 17 Stadieneinteilung nach ENETS sowie UICC/AJCC/WHO mit der dazugehörigen Angabe der 5 Jahres RFS für Insulinome
ENETS
n
5 YEAR RFS
UICC/AJCC/
n
5 YEAR RFS
WHO 2010
STADIUM I
5
100,0 %
STADIUM IA
5
100,0 %
STADIUM IIA
1
100,0 %
STADIUM IB
1
100,0 %
STADIUM IIB
/
/
STADIUM IIA
0
/
STADIUM IIIA
0
0
STADIUM IIB
1
100,0 %
STADIUM IIIB
1
100,0 %
STADIUM III
0
/
STADIUM IV
1
0%
STADIUM IV
1
0%
60
Tabelle 18 Stadieneinteilung nach ENETS sowie UICC/AJCC/WHO mit der dazugehörigen Angabe der 5 Jahres RFS für Gastrinome
ENETS
n
5 YEAR RFS
UICC/AJCC/
n
5 YEAR RFS
WHO 2010
STADIUM I
0
/
STADIUM IA
0
/
STADIUM IIA
0
/
STADIUM IB
0
/
STADIUM IIB
/
/
STADIUM IIA
0
/
STADIUM IIIA
0
0
STADIUM IIB
1
100,0 %
STADIUM IIIB
1
100,0 %
STADIUM III
0
/
STADIUM IV
1
0%
STADIUM IV
1
0%
Sowohl bei Insulinomen (Tabelle 17) als auch bei den Gastrinomen (Tabelle 18) zeigt sich,
dass Patienten die zum Stadium IV gehören, die schlechtesten Aussichten auf eine rezidivfreie Zeit haben (p=0,072).
3.11. Erstes Rezidiv
3.11.1 Lokalisation
Insgesamt zwei Patienten mit funktionell aktiven Pankreastumore entwickelten ein Rezidiv.
Sowohl die Insulinom- als auch die Gastrinompatienten, bei beiden handelte es sich um eine
Lebermetastase. Bereits nach 1 Monat wurde bei dem Insulinom ein Rezidiv festgestellt, bei
dem Gastrinom dauerte es 23 Monate. Ein Lokalrezidiv entwickelte niemand, bei dem Insulinom konnte ein Einfluss auf das Gesamtüberleben gezeigt werden (p=0,005). Denn nur der
Patient mit Metastase starb im weiteren Verlauf an den Folgen des Pankreastumors.
3.11.2 Therapie
Tabelle 19 Behandlungsverfahren bei dem 1. Rezidiv der funktionell aktiven Tumore
n
Prozent
Alleinige The-
Kombination
rapie
Resektion
1
20,0 %
0
1
PRRT
1
20,0 %
0
1
Ablative Therapie
1
20,0 %
0
1
Biotherapie
2
40,0 %
1
1
Beide Patienten wurden mit Somatostatinanaloga behandelt (Biotherapie), bei dem Gastrinompatienten blieb es bei der Monotherapie, bei dem Insulinom wurde zusätzlich die Metastase resiziert, mit PRRT und ablativer Therapie behandelt. Der verwendete Wirkstoff war bei
beiden Patienten Octreotid.
Die Peptidrezeptor basierte Radionuklidtherapie wurde mit 4 Zyklen 90-Y-DOTATATE/TOC
durchgeführt, die durchschnittliche Strahlendosis lag bei 4,0 GBq.
61
Als ablative Therapie wurde die Radiofrequenzthermoablation (RFTA) verwendet. Es wurde in
der Folge kein Rezidiv mehr in der Leber festgestellt.
Einen Einfluss auf das Überleben konnte nicht bestimmt werden, da in jeder Gruppe nur ein
Patient vertreten war.
3.12. Zweites Rezidiv
3.12.1 Zeitraum und Lokalisation
Nach 22 Monaten wurde bei dem Patienten mit Insulinom eine Knochenmetastase diagnostiziert. Diese sollte mittels Strahlentherapie behandelt werden. Die Therapie musste aber nach
3 Sitzungen aufgrund von Übelkeit und Erbrechen abgebrochen werden. Der Patient verstarb
einen Monat nach Abbruch an den Folgen des Tumors.
3.13. Schlussdaten
3.13.1 Überlebenskurve und Todesursache
Die 1 Jahres – Überlebensrate für Insulinome liegt bei 100,0%, die 5 JÜ und die 10 JÜ liegen
bei 88,9% (siehe Abbildung 34). Der einzige Todesfall trat als Folge der Tumorerkrankung ein.
Für Gastrinome war sowohl die Fallzahl als auch die follow up Zeit zu gering um eine Aussage
treffen zu können.
Abbildung 34 Überlebensdarstellung für Patienten
mit Insulinom
62
3.14 Bilddiagnostik
Zur Unterstützung der Kontrolle im postoperativen Verlauf wurde am häufigsten die
MRT gewählt (40,64%). Das
CT kam in 26,00% der Fälle
zum Einsatz und das DOTATE-PET-CT in 17,11%.
Gerade bei DOTATE-PETCT lässt sich in den letzten
Jahren ein deutlicher Anstieg vermerken. Das PET-
Abbildung 35 Darstellung der verwendeten Bildgebungsverfahren während des
postoperativen Verlaufs für alle Pankreastumore
CT wurde in 16,04% zur Bildgebung verwendet. Diese Daten können eher als eine grobe
Einschätzung der Häufigkeit für die verschiedenen Bildgebungsverfahren gesehen werden
(siehe Abbildung 35).
4. Diskussion
4.1 Patienten
Die Geschlechterverteilung war in dieser Studie ausgeglichen, 51,7% weibliche Teilnehmer
zu 48,2% männlichen. Dies deckt sich mit den Ergebnissen aus bisherigen Studien. Genauso wie das Durchschnittsalter von 59 Jahren, welches in der Literatur ebenfalls zwischen
dem 50. und 70. Lebensjahr beschrieben ist(Niederle et al 2010).
An den endokrinen Tumorsyndromen MEN-1 (n=3) und Van-Hippel-Lindau-Syndrom (n=3)
litten 6,8% der Patienten. Auffällig war jedoch, dass zwei von drei Patienten mit VHL-Syndrom ein Insulinom und damit einen funktionell aktiven Tumor hatten, was in der Literatur eigentlich verneint wird(Lubensky et al 1998). Von den Patienten mit VHL-Syndrom verstarb
niemand, von den Patienten mit MEN-I verstarb ein Patient, allerdings nach 38 Jahren, was
deutlich über der mittleren Überlebensrate von 30,8 Jahren liegt.
Gibt es Risikofaktoren, die bereits vor der Operation erkannt werden können?
Bei den funktionell inaktiven Tumoren kann die arterielle Hypertonie als Risikofaktor gesehen
werden, so haben Tumorpatienten mit erhöhtem Blutdruck eine um 23 Jahre kürzere mittlere
Überlebenszeit (p=0,047). Zu beachten ist, dass die Vorerkrankung in 79,2% der Fälle auch
mit einem Alter von über 50 Jahren während der Operation einhergeht.
Neben den typischen „Volkskrankheiten“, wie arterieller Hypertonie oder KHK, leiden erstaunlich viele Patienten (21,5%) an einer zweiten Tumorerkrankung. Die häufigste Tumorerkankung stellt der Nierentumor dar.
63
Teilweise kann dies vielleicht mit dem gemeinsamen Ursprung in neuroendokrinen Zellen im
Zusammenhang stehen, wie z.B. bei dem Bronchialkarzinom. Bei Mamma-Karzinomen (die
ebenfalls häufig vertreten waren) ist das primäre Auftreten von neuroendokrinem Gewebe
aber noch nicht bewiesen(Passuello et al 2008).
Ein weiterer wichtiger Risikofaktor stellt die präoperative Metastase dar. Sowohl bei funktionell aktiven wie auch bei inaktiven Tumoren konnte ein Einfluss nachgewiesen werden.
So liegt die 5 Jahres-Überlebensrate bei nur 73,8% für Patienten mit Lymphknotenmetastasen bzw. bei 61,4% für Patienten mit anderen Metastasen im Vergleich zu 87,6% für Patienten ohne Metastase (p=0,049). Auch beim Insulinom konnte der Einfluss deutlich gezeigt
werden, so ist im Verlauf der Studie lediglich ein Patient verstorben. Dieser war auch der
Einzige mit präoperativer Metastase (p=0,005).
Über die Hälfte aller Tumore waren im Pankreasschwanz lokalisiert (55,2%), dies stimmt mit
Beobachtungen aus anderen Studien überein(Semelka et al 2000). Als prognostischer Faktor konnte die Tumorlokalisation aber nicht genutzt werden.
Der Anteil der funktionell inaktiven Tumore war mit 83,9% hoch. Ähnliche Ergebnisse um die
70% konnten auch in anderen Studien gezeigt werden(Kazanjian et al 2006, Scarpa et al
2010). Allgemein wird von deutlich niedrigeren Werten (um die 50%) ausgegangen(Ito et al
2007). Ein Grund für die Unterschiede könnte der Standort sein. Da die Klinik für Allgemein
und Viszeralchirurgie ein Exzellenzzentrum für chirurgische Erkrankungen des Pankreas darstellt, können aufgrund der großen Erfahrungswerte und der Diagnosemöglichkeiten auch
asymptomatische NFPT erkannt werden. Zudem werden Fälle aus ganz Europa hierhin
überwiesen. Die Malignitätsrate ist mit 69,0% dagegen wieder ähnlich wie die aktueller Studien, (50-80%) ebenso wie die präoperative Metastasenrate von 35,6 % (30%).
Erfreulicherweise konnte für die Patienten mit malignen Tumoren dank fortschrittlicher Therapiemöglichkeiten eine gute 5- und 10- Jahresüberlebensrate erreicht werden. Sie lag bei
77,8% bzw. 74,1% und bestätigt andere Studien bei denen sie bei 75% und 70% lag. Genauso wie die mittlere Überlebensrate von 347 Monaten im Vergleich zu 332 Monaten(Fendrich et al 2007).
Bei den nicht funktionellen Tumoren sind Insulinome mit 81% die häufigsten Vertreter vor
den Gastrinomen. Wie schon in anderen Studien belegt(Ito et al 2007), ist die Malignitätsrate
von Gastrinomen deutlich höher als die von Insulinomen.
Die Dignität des Tumors ist damit selbstverständlich ein sicher prognostischer Faktor für die
Überlebensaussichten.
64
4.2 Operation
Im Median verbrachten die Patienten mit NFPT 16 Tage im Krankenhaus, bei Insulinomen
konnten die Patienten nach 13 Tagen entlassen werden und Patienten mit Gastrinomen verbrachten im Schnitt sogar 56 Tage in stationärer Behandlung. Ähnliche Werte um die 12
Tage sind aus einer retrospektiven Studie von Norton bekannt(Norton et al 2003). Da es sich
aber nicht immer um die Entfernungen des Primärtumors, sondern auch um operative Rezidiv- oder Metastasenentfernung handelt, ist ein Vergleich schwer möglich.
Die perioperative Mortalität liegt bei 0%, da kein Patient während des Eingriffs verstarb. Dies
ist trotz des hohen Standards nicht selbstverständlich, in einer ähnlichen Studie mit 144 Patienten verstarben immerhin 8 Patienten während der Operation(Fendrich et al 2007).
In wie fern besitzen die histologischen Befunden mit ihren Einteilungen einen Nutzen
für die Überlebensprognose?
Nach Tumoreinteilung in TNM – Kategorien durch ENETS konnten bei der Tumorgröße
keine signifikanten Aussagen zur Überlebensprognose gestellt werden. Auch das Zusammenfassen der Gruppen pT1/pT2 bzw. pT3/pT4 brachte keinen Unterschied. Zwar gehörten
die meisten Tumore der lebenden Patienten zur Kategorie T1, aber dass eine zunehmende
Größe mit erhöhter Mortalität korreliert, konnte weder für hormon aktive noch für hormon inaktive gezeigt werden. Anders in der Studie von Scarpa et al., hier wurde zwar nicht nach
Funktionalität differenziert, aber die Stadienteinteilung konnte als Prognosefaktor bestätigt
werden(Scarpa et al 2010).
Vergleicht man die medianen Tumorgrößen, so sind die nicht funktionellen Tumore mit
2,6cm größer als die hormon aktiven Tumore mit 1,6cm. Ähnliche Ergebnisse zur medianen
Tumorgröße von NFPT (2,5cm) sind in einer Studie von Sallinen et al. beschrieben worden(Sallinen et al 2015). Auch wenn Patienten mit NFPT, die größer als 3cm sind, deutlich
schlechtere Überlebenschancen zu haben scheinen (5-JÜ von 85,1% vs 67,7%) fehlt die
Signifikanz (p=0,16). Als prognostischer Faktor für NFPT kann die Tumorgröße in dieser Arbeit nicht bestätig werden, wenngleich in anderen Studien signifikante Werte für den Einfluss
der Tumorgröße erreicht wurden(Gullo et al 2003). Beim Insulinom hingegen konnte bei einer Signifikanz von p=0,008 eine 5 JÜ von 100,0% für Patienten mit Tumoren unter 3cm
Größe, im Vergleich zu 0,0% bei größeren Tumoren gezeigt werden. Unter Berücksichtigung
der Fallzahl (n=9) kann hier über einen prognostischen Wert der Tumorgröße diskutiert werden.
Eine Empfehlung zur Operation von Tumoren unter 1cm Größe kann mit dieser Studie nicht
gegeben werden, da eine Vergleichsgruppe mit nicht operierten Patienten fehlt. Da es bisher
zu keinem Todesfall in dieser Gruppe gekommen ist, kann aber auch nicht von einem Nachteil ausgegangen werden. Ab einer Größe von 1cm scheint das Entartungspotential zu stei-
65
gen. Hier treten nun häufiger Metastasen auf und die Überlebensrate sinkt. Dementsprechend ist es sinnvoll Patienten mit Tumoren über 1cm Größe zu operieren, unabhängig ob
sie hormonell aktiv sind oder nicht. Die gleiche Empfehlung wird auch von Fendrich et al. in
ihrer Studie ausgesprochen(Fendrich et al 2007).
Als guter prognostischer Faktor hat sich die Lymphknotenmetastase (N) bei NFPT erwiesen. Bei einem Signifikanzlevel von p=0,042 (Breslow) konnten deutlich bessere Überlebenschancen für Patienten ohne Lymphknotenmetastasen errechnet werden. In einer ähnlichen
Studie mit 241 Patienten konnte ebenfalls eine bessere Überlebensrate für Patienten mit N0
gezeigt werden. Die 5 Jahres- Überlebensrate bei N1 lag nur bei 31%, in Freiburg waren es
immerhin 66,8%, aber immer noch deutlich schlechter als bei tumorfreien Lymphknoten(Scarpa et al 2010). Außerdem konnte für Patienten mit Lymphknotenbefall nur eine mediane RFS Zeit von 2,4 Monaten erreicht werden (p<0,001).
Weniger die perioperative histopathologische Bestätigung eines positiven Metastasenbefundes (M1) als vielmehr eine bereits präoperativ gestellte Diagnose einer Metastasierung
(durch Biopsie oder Bilddiagnostik) zeigte einen deutlichen Einfluss auf das Überleben (siehe
oben). Da nicht jede Metastase während der Operation entfernt werden konnte und somit
nicht im histopathologischen Befund erscheint, ist dieses Kriterium hier nicht als günstiger
Prognosefaktor anzusehen. In anderen Studien konnte bei größerer Fallzahl auch der Wert
des M-Faktors als Indikator für die Überlebensrate gezeigt werden.(Gullo et al 2003, Rindi et
al 2012, Scarpa et al 2010).
Die Bedeutung von Lymphknotenbeteiligung (N1) und Fernmetastasen (M1) zeigt auch die
Stadieneinteilung der UICC/AJCC (Tabelle 2). Hier weisen die Stadien mit den schlechtesten
Überlebenschancen mindestens positive Lymphknotenmetastasierung auf. Diese Stadien III
und IV zeigten auch in dieser Studie eine schlechtere Überlebenschance als die ersten Stadien, in denen lediglich die Tumorgröße variiert (p=0,26 für NFPT, p=0,072 für Insulinome).
Ein in dieser Studie gezeigter ebenfalls sehr wichtiger Faktor für das Überleben ist die Perineuralscheideninfiltration (Pn). Liegt bei einem Patienten eine Infiltration der Nerven vor
(Pn1), so sinkt seine Überlebenschance erheblich. Die 5 Jahresüberlebensrate liegt dann
noch bei 60,0%, was zwar im Vergleich zu anderen Tumorerkrankungen ein guter Wert sein
mag, im Vergleich zu einer 5 JÜ von fast 85,3% bei Patienten mit funktionell inaktivem neuroendokrinen Pankreastumor ohne Nervscheideninfiltration jedoch einen deutlichen Unterschied darstellt (p=0,019). Zudem liegt die mediane RFS Zeit bei nur 2 Monaten (p<0,001).
Bereits Ballian et al. erkannte 2009 die Perineuralscheideninfiltration als prognostischen Faktor bei pankreatischen neuroendokrinen Neoplasien(Ballian et al 2009), genaue Daten zu
Überlebenszahlen sind aber selten.
66
Ein zwar weniger häufiger Befund, der aber einen genauso wichtigen Prognosewert bei Patienten mit hormon inaktiven Tumoren bestitzt, ist die Gefäßinvasion (V). Eine für die kurative
Therapie wichtige R0 Resektion konnte bei Patienten mit Gefäßinvasion nur in 72,7% der
Fällen erreicht werden. Insgesamt wurde bei dieser Studie aber eine R0-Resektion in 90,4%
der Fälle erreicht. Dementsprechend ist die 5 Jahresüberlebensrate mit 57,1% im Vergleich
zu 86,0% deutlich niedriger (p=0,020). Auch hier konnte nur eine kurze mediane RFS Zeit
von lediglich 2 Monaten dokumentiert werden (p<0,001). Weiter konnte gezeigt werden, dass
71,4% der Patienten mit einer Gefäßinfiltration (V1) auch an einer Perineuralscheideninfiltration (Pn1) litten (p<0,001). Gültige allgemeine Daten zu Überlebenszahlen von Patienten mit
Gefäßinvasion bei PNET sind schwer zu finden, genauso wie eine Bewertung als Prognosefaktor. Schmid et al. konnte bei neuroendokrinen Lungentumoren keinen signifikanten Einfluss auf das Überleben durch Gefäßinvasion feststellen, der Befund einer Gefäßinvasion bezieht sich aber hier nicht nur auf den histopathologischen Befund, sondern beruht auf dem
Infiltrationsnachweis durch Antikörper(Schmid et al 2005). Die signifikant schlechteren Überlebenschancen die bei dieser Studie gezeigt werden konnten, können als Anstoß für weitere
Untersuchungen zu der Bedeutung der Gefäßinfiltrationen als Prognosefaktor dienen. Wichtig wären vor allem größere Fallgruppen.
Die Infiltration von Lymphgefäßen(L) konnte nicht als Indikator für besseres oder schlechteres Überleben genutzt werden (p=0,79). Es konnte lediglich bei den funktionell inaktiven Tumoren gezeigt werden, dass Patienten mit Lymphknotenmetastsen auch häufig (86,6%) eine
Lymphgefäßinfiltration aufwiesen.
Die Ergebnisse der Gradingeinteilung bei NFPT durch den histopathologischen Befund war
bei zu geringer Fallzahl (jeweils nur ein G3 und ein G4 Patient) nicht repräsentativ. Als besseres Prognoseinstrument stellte sich die WHO-Einteilung heraus, diese teilt die Gradingstufen in Abhängigkeit von dem Proliferationsindex Ki-67 ein. Bei geringen Unterschieden zwischen NET G1 und NET G2 (91,1% und 100,0%) in der 1 – Jahresüberlebensrate, zeigen
neuroendokrine Karzinome (NEC G3) mit nur 50,0% gravierend schlechtere Ergebnisse
(p<0,001). Auch in anderen Studien konnte die WHO-Einteilung als besserer prognostischer
Faktor sowohl für das Gesamtüberleben, als auch für das RFS gezeigt werden(Sallinen et al
2015). Analog dazu kann natürlich auch einfach der Proliferationsindex bestimmt und für
die Prognose verwendet werden.
Eine vollständige chirurgische Entfernung des Tumors ist wichtig, da dies die einzige kurative
Behandlungsoption darstellt. Aufgrund der erfahrenen Hände der Chirurgen konnte in dieser
Studie ein Resektionsstatus mit tumorrandfreiem Ergebnis (R0) in 89,5% der Fälle bei
NFPT und 81,9 bei den hormon aktiven Tumoren erreicht werden. Verglichen mit anderen
Studien, in der sogar R0 und R1 zusammengefasst wurden, konnten dort nur 73% erreicht
67
werden(Schurr et al 2007). Eine ebenfalls festgestellte schlechtere Resizierbarkeit für nicht
funktionelle Tumore konnte in dieser Studie nicht bestätigt werden. Ein prognostischer Wert
konnte der R0-Resektion allerdings nicht zugesprochen werden, da zu viele weitere Parameter wie extrapankreatische Metastasen oder Zweittumoren das Überleben beeinflussen und
von diesem Befund nicht berücksichtigt werden.
Für die Verlaufsbeobachtung wichtig ist der Tumormarker Chromogranin A. Da bei 87,4%
aber eine präoperative Bestimmung fehlte, konnte der Verlauf in dieser Studie nicht nachvollzogen werden.
Im Gegensatz dazu wurde der Tumormarker CA 19/9 bei 32,2% bestimmt. Gleichwohl er
nicht für die Diagnose und Beobachtung von neuroendokrinen Tumoren ideal ist, zeigte er
für Patienten mit erhöhten Werten auch schlechtere Überlebenschancen (p=0,005 für NFPT).
Die häufigste postoperative Komplikation bei hormon inaktiven Tumoren stellt die Pankreasfistel dar, was bereits in anderen Fallberichten beschrieben wurde. Der genannte Prozentsatz mit 20-24 % liegt aber deutlich unter den Werten von 42,6% der operierten Patienten aus dieser Studie(Inchauste et al 2012, Norton et al 2003). Vergleicht man die verschiedenen Operationsverfahren hinsichtlich Komplikationen untereinander, so ist der Unterschied
zwischen Pankreaslinksresektion (73,3%) und der Pankreaskopfresektion (60,0%) eher gering. Allerdings lag der Anteil der Komplikationen bei der distalen Pankreatektomie (Pankreaslinksresektion) in anderen Studien deutlich niedriger bei 21-26%(Kazanjian KK et al
2006, Norton et al 2003).
Durch eine ausführliche Dokumentation des Krankheitsverlaufs ist diese im Vergleich zu anderen Studien erhöhte Komplikationsrate von 57,9% zu erklären.
Bei den hormon aktiven Tumoren kam es in 45,5% der Fälle zu Komplikationen, hier war erstaunlicherweise der Abszess das häufigste Problem.
Weitere postoperative Parameter wie Revisionsoperationen, Anschlussheilbehandlungen oder entwickelte Pankreasinsuffizienzen konnten bei fehlender Signifikanz nicht als Prognosefaktor für Überlebenschancen verwendet werden.
4.3 Rezidive
Hat das Auftreten von Rezidiven einen Einfluss auf die Überlebenswahrscheinlichkeit?
Nach der medianen Nachbeobachtungszeit dieser Studie von 36,5 Monate für nicht funktionelle Tumore (Spannbreite 2 - 458 Monate) lebten noch 39 (51,3%) der 76 Patienten ohne
Anzeichen für ein Rezidiv oder Fortschreiten ihrer Erkrankung, 19 Patienten lebten mit ihrer
Erkrankung (25,0%), fünf weitere litten an einer weiteren und zum Teil neu aufgetretenen Tumorerkrankung (6,6%). 13 Patienten waren verstorben (17,1%).
68
Bei den Insulinompatienten lebten nach der medianen Nachbeobachtungszeit von 102 Monaten noch 8 Patienten (88,9%) ohne Anzeichen für ein Rezidiv, ein Patient starb an den
Folgen der Tumorerkrankung (11,1%).
Bei den Gastrinompatienten lebten nach der medianen Nachbeobachtungszeit von 20,5 Monaten noch ein Patient (50,%) ohne Anzeichen für ein Rezidiv und ein Patient (50,0%) lebte
mit seiner Erkrankung.
Diese Zahlen decken sich weitgehend mit den Ergebnissen einer vergleichbaren Studie von
Fendrich et al. aus dem Jahre 2006, bei der 144 Patienten mit neuroendokrinen Pankreastumoren und einer medianen Nachbeobachtungszeit von 67 Monaten untersucht wurden. Der
Anteil der Patienten ohne Anzeichen einer Tumorerkrankung lag hier ebenfalls über 50 Prozent (51%) und auch die Anzahl der verstorbenen Patienten mit 12% ist dem Ergebnis dieser
Studie sehr ähnlich(Fendrich et al 2007).
Der gezeigte signifikante Einfluss auf das Gesamtüberleben für Rezidive konnte in dieser Arbeit nur für Patienten mit Insulinom bestätigt werden (p=0,005). Hier verstarb lediglich der
Patient, der auch eine Fernmetastase entwickelte. Bei Patienten mit NFPT konnte nicht gezeigt werden, dass das Auftreten eines Rezidivs einen Einfluss auf das Gesamtüberleben
ausübt. Die 5 JÜ zeigt Werte von 78,2% für Patienten mit Rezidiv im Vergleich zu 80,4% für
Patienten ohne Rezidiv (p=0,40).
Die 5 year RFS Werte (RFS, relaps free survival) wurde mit der ENETS Stadieneinteilung
dargestellt. Das Ergebnis zeigt bei NFPT für Stadium I (83,1%) erwartungsgemäß gute
Werte, gefolgt von Stadium IIa (64,8%), Stadium IIb (88,9%), Stadium IIIb (11,9%) und Stadium IV (0%), siehe auch Tabelle 9 (p<0,001). Auch Strosberg et al. untersuchten 2012 das
RFS für chirurgisch entfernte PNETs, verwendete allerdings nur die Stadien I-III. Die Ergebnisse hinsichtlich der Stadien korrelieren mit denen aus dieser Studie, auch wenn Patienten
mit Stadium III schlechter abschneiden (I: 100%, II: 70% III: 53%)(Strosberg et al 2012). Der
Grund könnte in der Zusammensetzung der Stadien liegen, bei Stadium III sind in dieser Studie nur Patienten aus der schlechteren Gruppe IIIb zu finden, Patienten aus Gruppe IIIa gab
es keine.
Nach UICC/AJCC Klassifikation für NFPT ergibt sich eine 5 Jahres RFS für Ia: 83,1%, Ib:
64,8%, IIa: 88,9%, IIb: 13,9%, III: 0%, IV: 0% welche ebenfalls mit Ausnahme von Stadium III
der Studie von Strosberg sehr ähnlich ist (I: 78%, II: 53%, III: 33%), auch hier wurden Stadien zusammengelegt.
Während zu den häufigsten präoperativen Metastasen die Lymphknotenmetasten (53,8%),
gefolgt von den Lebermetastasen (17,3%) zählten, ändert sich diese Verteilung nach der
Operation. Dies liegt unter anderem an der radikalen chirurgischen Tumorentfernung mit regionaler Lymphadenektomie, was sich bei den Lebermetastasen als schwieriger erweist.
69
Die Verteilung nach der Operation zeigt dann eine Verschiebung zu den Lebermetastasen
mit 49,1 % und nur noch 22,6% Lymphknotenmetastasen.
Untersucht man die mittleren Überlebenschancen für die einzelnen Metastasengruppen,
zeigt sich das schlechteste Bild bei den Lungenmetastasen. Hier konnte nur ein mittleres
Überleben von 14 Monaten erreicht werden (p<0,001). Ebenfalls schlechte Überlebensaussichten, wenn auch deutlich längere, gibt es für Patienten mit Knochenmetastasen. Hier lag
das mittlere Überleben bei 53 Monaten (p=0,40).
Einen möglichen Nutzen im Belassen des Primärtumors für Patienten mit Lebermetastasen
konnte in dieser Arbeit nicht gezeigt werden, da es sich ausschließlich um Patienten mit entferntem Primärtumor handelt. Bei den nicht hormon aktiven Tumoren konnte aber gezeigt
werden, dass Patienten mit Lebermetastasen eine bessere 5-JÜ von 83,3% im Vergleich zu
64,2% für Patienten mit anderen Fernmetastasen aufweisen (p=0,033).
Welche Therapien von Rezidiven versprechen den größten Erfolg im Hinblick auf das
Gesamtüberleben und das RFS?
Da bei den funktionell aktiven Tumoren lediglich zwei Patienten ein Rezidiv entwickelten, ist
keine signifikante Aussage über den Einfluss der verschiedenen Therapien auf das Gesamtüberleben möglich. Im Folgenden werden also die Ergebnisse für funktionell inaktive Tumore
besprochen.
Wie bei dem Primärtumor selbst stellt auch bei den Rezidiven die chirurgische Entfernung
das Mittel der Wahl in der kurativen Therapie dar. Diese Studie konnte den deutlichen Vorteil
noch einmal bestätigen, denn für Patienten, die durch chirurgische Rezidiv bzw. Metastasenentfernung therapiert wurden, konnte eine 5 Jahres - Überlebensrate von 100,0%, sowie
eine mediane Überlebensrate von 458 Monaten erreicht werden (p=0,009). Dies übertrifft die
Werte aus der Literatur (5 JÜ: 75%) deutlich(Ihse et al 2001). Interessanterweise konnte bei
Patienten, die ausschließlich operiert wurden, nicht so lange progressionsfreie Zeiten erreicht werden, wie bei Patienten mit Kombinationstherapie. Die mediane RFS Zeit nach Resektion liegt mit 14 Monaten aber immer noch über der medianen Zeit von 10 Monaten für
Patienten ohne Operation (p=0,91). Es scheint also wichtig, alle Behandlungsoptionen abzuwägen und zusätzlich zur Operation auch weitere Behandlungsmöglichkeiten auszuschöpfen, um den Lebensstandard durch möglichst lange progressionsfreie Intervalle zu verbessern.
Die Therapie der Rezidivpatienten mittels Peptidrezeptor basierter Radionuklidtherapie
(PRRT) verspricht ebenfalls gute Überlebenschancen. Neben einer medianen Überlebensrate von 458 Monate liegt die 5 JÜ bei 100,0% für Patienten mit PRRT im Vergleich zu
61,5% für Patienten ohne Radionuklidtherapie (p=0,019). Zudem konnte bei der Behandlung
ein positiver Einfluss auf die tumorfreie Zeit (RFS) gezeigt werden. Nach der Behandlung
70
von erstmals aufgetretenen Rezidiven konnte die mediane RFS-Zeit auf 34 Monate im Vergleich zu Patienten ohne Radionuklidtherapie mit 7 Monaten verlängert werden (Breslow
p=0,038). Vergleichbare Zeiträume bis zur Tumorprogression von 40 Monaten konnte Kwekkeboom bei der Therapie mit 177-Lutetium zeigen(Kwekkeboom et al 2008).
Ähnlich hohe mittlere Überlebenszeiten konnten aber in keiner Studie erreicht werden, weder
für 90-Yttrium: 51-56 Monate(Vinjamuri et al 2013) noch für 177 Lutetium: 128 Monate(Kwekkeboom et al 2008). Somit konnte in dieser Studie noch einmal der hohe Wert der PRRT als
eine wichtige Ergänzung zur chirurgischen Therapie von neuroendokrinen Pankreastumoren
unterstrichen werden, sowohl als alleinige Therapie, als auch in Kombination.
Eine bessere Wirkung konnte keinen der verwendeten Radionukliden nachgewiesen werden,
wenngleich noch alle Patienten mit alleiniger 177-Lutetium-Therapie am Leben sind. Mit 6,6
GBq für 177 Lutetium und 2,9 GBq für Yttrium wurden die Maximaldosen nicht überschritten.
Durch die Biotherapie mit Somatostatinanaloga konnte ein deutlich besseres mittleres Überleben erzielt werden (458 Monate) im Vergleich zu Patienten ohne Biotherapie (147 Monate)
bei p=0,14. Eine Verlängerung der RFS Zeiten konnte für Kombinationstherapien mit Somatostatinanaloga gezeigt werden, allerdings nicht für die Monotherapie.
Dies würde die positiven Ergebnisse der PROMID (Rinke et al 2009) sowie der CLARINET
Studie (Caplin et al 2016, Kos-Kudła 2015) bestätigen. Allerdings erfolgte die Biotherapie
häufig (50%) als Ergänzung zu einer weiteren Therapie und so kann der beschriebene positive Einfluss nicht einzig und allein der Biotherapie zugeschrieben werden. Da sie jedoch besonders nebenwirkungsarm war, sprechen die Ergebnisse sicherlich für die weitere Behandlung mit Somatostatinanaloga in der Therapie von neuroendokrinen Tumoren.
Lediglich bei zwei der sechs Patienten mit einer molekular zielgerichteten Therapie konnte
eine Verlängerung der RFS Zeit erreicht werden. Andere Studien, die diesen positiven Einfluss auf die RFS- Zeit belegen konnten, verglichen die Werte allerdings auch mit Placebogruppen (Raymond et al 2011, Yao et al 2011, Yao, Phan, et al 2008). Die mediane progressionsfreie Zeit aus den anderen Studien von ungefähr 11 Monaten konnte in dieser Studie ebenfalls bestätigt werden (7 Monate). Natürlich ist auch bei diesem Behandlungsverfahren zu beachten, dass die molekular zielgerichtete Therapie immer in Ergänzung und nie alleine verwendet wurde.
Ein signifikantes besseres Ergebnis für einen der verwendeten Wirkstoffe konnte zwar nicht
gezeigt werden, die 5 Jahres - Überlebensrate für Everolimus bzw. Everolimus + Sunitinib
lag aber bei 100% (p=0,086).
Für die chemotherapeutische Behandlung von Patienten konnte kein Vorteil für das Gesamtüberleben gezeigt werden. Im Gegenteil, Patienten, die eine Chemotherapie erhielten,
haben sogar eine um 15 Monate schlechtere Prognose als Patienten ohne diese Therapie
71
(p=0,014). Der naheliegende Grund hierfür liegt in der Indikation für Chemotherapie. Gerade
die in dieser Studie häufig verwendete Wirkstoffkombination aus Cisplatin bzw. Carboplatin
mit Etoposid hat ihren Hauptanwendungsbereich bei neuroendokrinen Karzinomen (NECG3), also der nach WHO – Einteilung schlechtesten Kategorie. Schon in anderen Studien
konnte zwar eine hohe Ansprechrate für die Kombination gezeigt werden, aber auch hier war
die tumorfreie Zeit sehr gering. Die angegebene progressionsfreie Zeit von 8 Monaten
konnte hier nicht bestätigt werden(Moertel et al 1991), sie lag bei nur 3 Monaten (p=0,031).
Bei der Therapie von Lebermetastasen mit einer lokal ablativen Therapie konnten erfreulicherweise nach 10 Monate bei 66,7% der Patienten keine Progression des Tumorwachstums festgestellt werden und in Kombination mit PRRT sogar 10 Monate RFS von 100,0%
erreicht werden (p=0,014). Die mittlere Zeit bis zur Tumorprogression betrug 21,5 Monate
(p=0,36) und bestätigt damit Werte aus einer Studie zu SIRT Therapie von 14,8 Monaten(Barbier et al 2016). Die bisher erreichten 5 Jahres - Überlebensraten von 24% - 35% aus
anderen Studien (Barbier et al 2016, Gupta et al 2003) konnten zwar mit 100,0% deutlich
überschritten werden, allerdings fehlt die Signifikanz (p=0,34). Außerdem traten bei nur einem Patienten in der Folge erneute Lebermetastasen bzw. ein Fortschreiten der Lebermetastasierung auf, was auf eine gute Ansprechrate bei 80,0% der Patienten deuten lässt.
Die Strahlentherapie wurde nur sehr selten zur Behandlung verwendet. Von 26 Rezidivpatienten erhielt nur ein Patient eine Strahlentherapie. Nichts desto trotz konnte mit abgeschlossener Bestrahlung ein SD erreicht werden, der bis zum Ende des Beobachtungszeitraums
andauerte (21 Monate). Das Ergebnis kommt der aus einer anderen Studie (23 Monate)
schon sehr nahe(Schupak and Wallner 1991), wobei in dieser Studie das Ende der Abschluss des Nachbeobachtungszeitraums darstellt und nicht etwa der eingetretene Todesfall.
Wie auch in den wenigen bisherigen Studien kann auch hier eine Dosis-Wirkungs-Beziehung
vermutet werden und die mögliche Gesamtmindestdosis von 30 Gy bestätigt werden (in dieser Studie wurden mit 37,5 Gy bestrahlt)(Abrams et al 1987).
Die 5 Jahres - Überlebensrate von 80,4% für NFPT und 88,9% für Insulinome ist äußerst erfreulich und zeigt die gute Zusammenarbeit der einzelnen Abteilungen. Dass diese hohen
Überlebensraten möglich sind, zeigten auch schon andere Studien, wie zum Beispiel Yao et
al., die für lokale PNETs immerhin 79% in der 5-JÜ beschreiben konnte(Yao, Hassan, et al
2008). Auch der Fortschritt in den Behandlungstechniken wird deutlich, wenn man die 5 Jahres-Überlebensrate des amerikanischen SEER Programms von 1998-2001 vergleicht, hier
lag die Überlebensrate noch bei niedrigen 42%(Ries et al 2007).
Da die häufigste Todesursache der Patienten die Folgen des Pankreastumors waren und
nicht altersbedingt oder ein Unfall, können die Ergebnisse der Überlebenszeit nahezu ohne
Einschränkung auf das Tumorüberleben gesehen werden.
72
Anhand der Ergebnisse dieser Studie wird deutlich, dass auch mit einem neuroendokrinen
Pankreastumor sehr gute Überlebenszeiten erreicht werden können. Die längste hier beobachtete Zeit beträgt 38 Jahre. Bei rechtzeitiger Diagnose mit möglichst früher Resektion,
am besten noch vor einer möglichen Metastasierung, kann auch bei malignen Tumoren gute
Überlebensraten erzielt werden. Wichtig ist neben der Diagnose aber auch eine breit aufgestellte Therapie um Rezidive zu verhindern, sowie die Symptome zu mindern. Nach Möglichkeit sollte zudem eine regelmäßige, lange Nachsorge stattfinden, da auch noch nach über 30
Jahren Rezidive auftreten können.
73
4.4 Zusammenfassung
1. Gibt es Risikofaktoren, die bereits vor der Operation erkannt werden können?
Bei Patienten mit nicht funktionell aktivem Tumor und bestehender arterieller Hypertonie
konnte eine um 23 Jahre kürzere mittlere Überlebenszeit berechnet werden, als für Tumorpatienten mit normalem Blutdruck (p=0,047).
Ein weiterer wichtiger Risikofaktor stellt die präoperative Metastase dar, häufig in den
Lymphknoten lokalisiert. Bei einem positiven präoperativen Befund konnte ein deutlicher Einfluss auf die 5 Jahres – Überlebensrate gezeigt werden: 73,5% für Patienten mit Metastasen
im Vergleich zu 90,0% bei metastasenfreien Patienten (p=0,024). Auch bei den hormon aktiven Tumoren war der Einfluss erkennbar, lediglich der Insulinompatient mit präoperativer
Metastase verstarb später auch an seiner Tumorerkrankung (p=0,008).
2. Inwiefern besitzen die histologischen Befunde mit ihrer Einteilung einen Nutzen für die
Überlebensprognose?
Bei Insulinomen konnte beobachtet werden, dass Patienten mit Tumoren >3cm Größe eine
schlechtere 5 JÜ aufwiesen als Patienten mit kleinen Tumoren (p=0,008). Bei den NFPTkonnte dem Lymphknotenstatus (N1) im histologischen Befund ein Prognosepotential zugeschrieben werden (p=0,042). Ebenso konnte bei einem positiven Befund der Perineuralscheideninfiltration (Pn+) eine um 25% niedrigere 5 Jahres – Überlebensrate berechnet werden
(p=0,019). Ähnliche Werte bestätigen auch den prognostischen Wert der Gefäßinfiltration
(V+) (p=0,020). Bei dem Proliferationsindex (Ki-67) konnte ein Zusammenhang zwischen
niederigerer Überlebensrate bei hohem Proliferationsindex (>5 %) gezeigt werden (p<0,001).
3. Hat das Auftreten von Rezidiven einen Einfluss auf die Überlebenswahrscheinlichkeit?
Obwohl während dem medianem follow up von 36,5 Monate für NFPT 26 Patienten ein Rezidiv entwickelten, konnte bei fehlender Signifikanz kein direkter Einfluss auf das Gesamtüberleben gezeigt werden.
4. Welche Therapien von Rezidiven versprechen den größten Erfolg im Hinblick auf das
Gesamtüberleben und die RFS?
Die bestmögliche Therapie bei den nichtfunktionellen Tumoren verspricht dabei neben der
chirurgischen Resektion die Peptidrezeptor basierte Radionuklidtherapie (PRRT).
Die 5 Jahres – Überlebensrate für NFPT Patienten mit Operation lag bei 100,0% (p=0,009).
Interessanterweise konnte bei Patienten, die eine Kombinationstherapie aus Operation mit
beispielsweise einer ablativen Therapie erhielten, bessere progressionsfreie Werte beobachtet werden, als bei Patienten, die ausschließlich operiert wurden.
Auch bei der PRRT konnte neben einem medianen Überleben von 458 Monaten (38 Jahre)
eine 5 JÜ von 100,0% erreicht werden (p=0,019). Zudem konnte eine Verlängerung der RFS
auf 55 Monate (im Vergleich zu 17 Monate ohne PRRT) erzielt werden (p=0,038).
74
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Danksagung
Mein besonderer Dank gilt meinem Doktorvater Herrn Professor Uwe Wittel, ohne seine unermüdliche Geduld und die Zeit, die er sich für meine Arbeit genommen hat, wäre diese nicht
zustande gekommen. Die vielen Treffen, bei denen ich Anregungen und Tipps erhalten
habe, waren für mich nicht selbstverständlich. Vielen Dank!
Für die Übernahme des Zweitgutachtens danke ich herzlich Herrn Professor Alexander Hoetzel.
Danken möchte ich außerdem Frau Sick, die mir stets bei Fragen und Problemen mit der Datenrecherche geholfen hat.
Zum Schluss möchte ich mich noch bei meiner Familie und meiner Freundin Alina bedanken,
auf deren Geduld und Unterstützung ich jederzeit zählen konnte. Eure Unterstützung bedeutet mir viel und beschränkt sich nicht alleine auf die Zeit der Dissertation. Dafür bin ich euch
sehr dankbar.
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