Skript Analysis I Dr. Jörn Steuding Mitschrift David Dederscheck∗ [email protected] http://www.davidded.de Version 0.3 25. April 2004 ∗ J. W.-Goethe-Universität Frankfurt a. M. Inhaltsverzeichnis 3 Inhaltsverzeichnis 1 Vollständige Induktion 1.1 Die Menge der natürlichen Zahlen . . . . . . . . . . . . . . . . 1.2 Kombinatorische Grundbegriffe . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7 7 10 2 Angeordnete Körper 2.1 Anordnungsaxiome . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.2 Betrag und Dreiecksungleichung . . . . . . . . . . . . . . . . . 15 18 19 3 Folgen und Grenzwerte 3.1 Konvergenz und Grenzwertbegriff . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.2 Rechnen mit Folgengrenzwerten . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22 23 25 4 Unendliche Reihen 29 5 Cauchyfolgen und Vollständigkeit 5.1 Das Vollständigkeitsaxiom . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 32 33 6 Punktmengen 6.1 Teilfolgen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6.2 Schranken und Monotonie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 36 37 38 7 Konvergenzkriterien für Reihen 7.1 Absolute Konvergenz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 41 43 8 Funktionen und Stetigkeit 8.1 Polynome . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8.2 Grenzwerte von Funktionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8.3 Stetigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 46 47 48 51 9 Die 9.1 9.2 9.3 Exponentialfunktion Das Wachstum von Funktionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . Der Logarithmus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Die Exponentialfunktion zur Basis a . . . . . . . . . . . . . . . 57 62 64 67 10 Die 10.1 10.2 10.3 10.4 komplexen Zahlen Konjugiert komplexe Zahlen . . . . Betrag . . . . . . . . . . . . . . . . Polynome über C . . . . . . . . . . Konvergenz von Folgen und Reihen 68 69 70 71 71 . . . . . . . . . in C . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4 Inhaltsverzeichnis 10.5 Stetigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 73 11 Trigonometrische Funktionen 11.1 Sinus und Cosinus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11.2 Der Tangens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11.3 Die Polarform der komplexen Zahlen . . . . . . . . . . . . . . . 74 74 79 82 12 Differentiation 12.1 Ableitungsregeln . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 83 88 13 Extrema und asymptotisches Verhalten 93 14 Das Newtonsche Näherungsverfahren 98 15 Integration 101 15.1 Das Riemann-Integral . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 101 16 Uneigentliche Integrale 105 17 Taylorreihen 108 Inhaltsverzeichnis 5 Wozu Analysis 80 Unser Universum ist endlich √ (ca. 10 Atome). Andererseits gibt es irrationale Naturkonstanten wie 2, e bzw. π. Im Verlauf der Vorlesung werden wir beweisen, daß diese Zahlen irrational sind. Was ist π? • für den Geographen: Mittelwert • für den Schüler: tatsächliche Länge . Luftlinienlänge Quelle–Mündung Umfang eines Kreises. Durchmesser • moderne Definition: π ist die kleinste positive Nullstelle des Sinus. π ist alt Papyros Rh. (1650 v. Chr.): π ≈ 4 8 2 9 = 3, 160. Altes Testament (1000 v. Chr.): π ≈ 3. Tsu Chung Chi (500 n. Chr.): π ≈ 355 113 = 3, 141592 9 . . .. | {z } korrekt USA / Indiana (1897): π per Gesetz auf 3, 2. Warum sind rationale Approximationen wichtig? Angenommen, Sie wollen einen Kreis vom Radius r auf ihrem Computerbildschirm darstellen. Ein Pixel sei ein Quadrat der Seitenlänge 1. Die benötigte Anzahl der Pixel ist dann π · r2 + kleiner Fehler. 6 Inhaltsverzeichnis Wir machen ein Zufallsexperiment: Jeder denke sich zufällig zwei Zahlen 0 ≤ x, y < 10 aus. Dann Anzahl der (x, y) mit x2 + y 2 ≤ 100 230 ≈ Anzahl aller (x, y) 240 Also: π ≈ 23 6 (schlecht). Solche Experimente heißen Monte-Carlo-Verfahren; sie sind erfolgreich bei Integralen ohne elementare Stammfunktionen, wie etwa Z 2 e−x dx (wichtig für Gauss-Normalverteilung). Archimedes (250 v. Chr.) approximierte π über den Umfang eines einen Kreis einbeschriebenen regelmäßigen n-Ecks: 1 Vollständige Induktion 7 Das regelmäßige Sechseck zerfällt in sechs gleichgroße gleichseitige Dreiecke, also 6 π ≈ = 3. 2 Je mehr Ecken das Vieleck hat, mit dem wir approximieren, desto besser stimmt die Genauigkeit von π. Wir haben nun mehr Fragen, als zu Beginn – allerdings haben wir gesehen, daß Zahlen wie π nur mit Hilfe der Analysis ( unendliche Prozesse“) verstanden ” werden können. Die mathematische Analysis ist gewissermaßen eine einzige Sym” phonie des Unendlichen.“ —David Hilbert 1 Vollständige Induktion 1.1 Die Menge der natürlichen Zahlen N = {0, 1, 2, 3, . . .} Vorsicht! Bei vielen Autoren ist 0 6∈ N. N ist charakterisisert durch die Peano-Axiome (Peano 1858–1932): • 0 ∈ N. 8 1 Vollständige Induktion • jede Zahl n ∈ N besitzt einen eindeutigen Nachfolger f (n) (später kommen wir dann zu f (n) = n + 1). • es gibt keine Zahl n ∈ N mit Nachfolger 0. • (Induktionsaxiom) Gilt für M ⊂ N : 0 ∈ M , mit m ∈ M , ist auch f (m) ∈ M , so ist M = N. Das Induktionsaxiom hat wichtige Konsequenzen: Einerseits folgt, daß jede Teilmenge von N ein kleinstes Element besitzt, andererseits ergibt sich daraus das Beweisprinzip der Vollständigen Induktion – es folgt aus dem Induktionsaxiom, angewandt auf M = {n ∈ N|A(n) ist wahr}. Definition: Für jedes n ∈ N sei A(n) eine Aussage. Gilt • A(0) ist wahr (Induktionsanfang) • für ein beliebiges n ∈ N gilt: Falls A(n) wahr ist (Induktionsanname), so ist auch A(n + 1) wahr (Induktionsschritt), dann ist A(n) für alle n ∈ N wahr. (Def. 1.1) Wir definieren noch für m, n ∈ N mit m ≤ n n X ak := am + · · · + an (Summe) k=m oder (rekursive bzw. induktive Definition) n X k=m und weiter n Y k=m ak := n−1 X ak + an k=m ak := am · · · · · an (Produkt) 1.1 Die Menge der natürlichen Zahlen 9 sowie die leere Summe bzw. das leere Produkt durch m−1 X ak := 0 bzw. m−1 Y ak := 1 k=m k=m Was ist die Summe der ersten 101 natürlichen Zahlen? Gauß als Viertklässler löste das Problem folgendermaßen: 0 + 1 + 2 + · · · + 99 + 100 = 50 · 101 = 5050 (anhand von 101 = 1 + 100, 101 = 2 + 99, . . . ). Satz 1.1: Für alle n ∈ N gilt n X n(n + 1) 2 (1) (2k − 1) = n2 (2) k= k=1 und n X k=1 Beweis: per vollständiger Induktion. (1) erste Teilaussage. P0 Induktionanfang (n = 0): Es ist einerseits k=1 k = 0 (leere Summe) und andererseits 0·(0+1) = 0, also gilt die Formel für n = 0. 2 Induktionsschritt (n 7→ n + 1): Wir nehmen an, daß die Formel für n gilt (Induktionsvoraussetzung). Dann folgt = n(n + 1) nach Ind.vss. n+1 X k=1 k= z }| { n X k k=1 + (n + 1) = (n + 1)(n + 2) n(n + 1) + (n + 1) = . 2 2 und damit die Gültigkeit der Formel für n + 1. Per Induktion folgt, daß damit die Formel für alle n ∈ N richtig ist. (2) zweite Teilaussage. 10 1 Vollständige Induktion Induktionanfang: wie oben. Induktionsschritt (n 7→ n + 1): Es ist = n2 nach Ind.vss. n+1 X (2k − 1) z }| { n X (2k − 1) = k=1 k=1 2 = n + 2n + 1 2(n + 1) − 1 + = (n + 1)2 , (3) also gilt die Formel für n + 1, sofern sie für n gilt. Damit folgt die Formel für beliebiges n ∈ N per Induktion. 2 Der Induktionsschritt bliebe auch richtig für n X (2k − 1) = n2 + c, (4) k=1 lediglich der Induktionsanfang zeigt c = 0. Ein geometrisches Argument ergibt sich aus: 7 5 3 1 Dies bedarf mehr Erklärung! 1.2 Kombinatorische Grundbegriffe Definition: Für n ∈ N definieren wir n-Fakultät durch n! = n Y k, (5) k=1 insbesondere 0! = 1 (leeres Produkt). (Def. 1.2) 1.2 Kombinatorische Grundbegriffe 11 Satz 1.2: Die Anzahl aller möglichen Anordnungen einer n-elementigen Menge ist gleich n!. Beweis: Beweis per Induktion nach n. Induktionsanfang (n = 0): trivial. Induktionsschritt (n 7→ n + 1): Die möglichen Anordnungen der n + 1elementigen Menge {a1 , . . . , an+1 } zerfallen in n + 1 diskrete disjunkte Klassen Ck , wobei 1 ≤ k ≤ n + 1, wie folgt: Die Anordnungen der Klasse Ck haben ak an erster Stelle, die anderen Positionen werden beliebig mit den übrigen aj besetzt. Nach Induktionsvoraussetzung besteht jede Klasse Ck aus n! Anordnungen. Damit ist die Anzahl aller möglichen Anordnungen der Menge {a1 , . . . , an + 1} gleich (n + 1) · n! = (n + 1)!. 2 Beispiel 1.1: Aus der linearen Algebra: 1 1 {1, 2, 3} | 2 3 3 2 {z } C1 2 2 1 3 3 1 {z } | C2 3 3 | 1 2 2 1 {z } C3 die Klassen Ck mit ak jeweils an erster Stelle. Definition: Wir definieren die Menge der ganzen Zahlen Z = {0, ±1, ±2, . . .} (6) und die Menge der rationalen Zahlen o na Q= : a, b ∈ Z ∧ b 6= 0 . b (7) (Def. 1.3) Unser Zahlenuniversum bislang: N ⊂ |{z} x+2=0 Z ⊂ |{z} 3x+2=0 Q 12 1 Vollständige Induktion Definition: Wir definieren für n ∈ N mit k ∈ Z n! n k!(n−k)! , falls 0 ≤ k ≤ n = k 0 sonst n k heißt Binomialkoeffizient Lemma 1.1: Beweis: (8) (Def. 1.4) Für alle n ∈ N mit n ≥ 1 und alle k ∈ Z gilt n n−1 n−1 . = + k k−1 k (9) Für k ≥ n oder k ≤ 0 ist die Formel trivialerweise richtig. Sei also 0 < k < n, dann ist n−1 k−1 + = k−1 k = (n − 1) (n − 1)! + (k − 1)!(n − k)! k!(n − k − 1)! k(n − 1)! + (n − k)(n − 1)! = k!(n − k)! n . k 2 Satz 1.3: DieAnzahl der k-elementigen Teilmengen einer n-elementigen Men ge ist gleich nk . Insbesondere ist nk ∈ N. Beweis: Beweis per Induktion: Induktionsanfang: • n = 0: trivial. • n = 1: Die einelementige Menge {a1 } besitzt mit der leeren Menge ∅ genau eine nullelementige, und mit {a1 } genau eine einelementige Teilmenge, in Übereinstimmung mit 10 = 11 = 1. 1.2 Kombinatorische Grundbegriffe 13 Induktionsvoraussetzung: Angenommen, die Formel sei für n-elementige Teilmengen Mn := {a1 , . . . , an } von Mn+1 = {a1 , . . . , an+1 } bereits bewiesen. Die Fälle k = 0 und k = n + 1 sind trivial. O. B. d. A. sei also 1 ≤ k ≤ n. Jede k-elementige Teilmenge von Mn+1 gehört zu genau einer der folgenden Klassen: • J: Menge der k-elementigen Teilmengen, die an+1 enthalten. • N : Menge der k-elementigen Teilmengen, die an+1 nicht enthalten. Die Anzahl der Elemente von N ist gleich der Anzahl der k-lementigen Teil mengen von Mn , ist also nach Induktionsvoraussetzung gleich nk . Die Teilmengen der Klasse J enthalten alle an+1 , während die übrigen k −1 n Elemente in Mn liegen. Damit besitzt J nach Induktionsvoraussetzung k+1 . Mit obigem Lemma gibt es also n n n+1 + = k k−1 k (10) 2 k-elementigen Teilmengen von Mn+1 . Beispiel 1.2: Die Chancen, bei ‘6 aus 49’ einen Volltreffer zu haben sind 1 = 49 6 1 13983816 (Laplace-Experiment). Satz 1.4: (Binomischer Lehrsatz ) Für reelle Zahlen x, y und n ∈ N gilt n X n n−k k (x + y)n = x y . (11) k k=0 Für die Binomialkoeffizienten gibt es das Pascalsche1 Dreieck. 1 1 1 1 2 1 1 3 3 1 1 4 6 4 1 1 Pascal (1623-1662) ← (x + y)2 = 1x2 + 2xy + 1y 2 14 1 Vollständige Induktion Wichtig! Den Binomischen Lehrsatz sollte man auswendig können! Beweis: Beweis per Induktion. Induktionsvorausetzung (n = 0): Nach Definition des leeren Produktes ist (x + y)0 = 1, in Übereinstimmung mit 0 X 0 k=0 k x Induktionsschritt (n 7→ n + 1): n+1 (x + y) 0 0 0 y = x y = 1. 0 0·k k (12) Es ist = (x + y)n · x + (x + y)n · y. (13) Nun gilt nach Induktionsvorausetzung2 (x + y)n · x = Trick 1 = n X n k=0 n X k=0 k n k xn+k y k n n+1−k k x y k (14) und ferner3 n (x + y) y = Trick 2 = = n X n k k=0 n+1 X xn−k y k+1 n xn−(k−1) y k k−1 k=1 n+1 X n xn+1−k y k . k−1 (15) (16) k=0 2 n 1: n+1 = 0. 3 Trick 2: Indexverschiebung k 7→ k + 1. 2 Trick 2 Angeordnete Körper 15 Folgerungen: n X n k k=0 = 2n , (17) nach Satz 1.3 ist dies gleich der Anzahl aller Teilmengen einer n-elementigen Teilmenge. Satz 1.5: Für x + 1 und n ∈ N gilt n X xk = k=0 Pn k=0 1 − xn+1 . 1−x (18) xk heißt geometrische Reihe. Beweis: Beweis per Induktion: Induktionsanfang (n = 0): Es ist Induktionsschritt (n 7→ n + 1): n+1 X xk P0 k=0 xk = x0 = 1 = 1−x0+1 1−x . Es ist = k=0 X nxk + xn+1 k=0 n+1 nach Ind.vss. → = = 1 − xn+1+(1−x)x 1−x 1 − xn+2 . 1−x (19) 2 2 Angeordnete Körper Man kann die reellen Zahlen aus den rationalen Zahlen heraus konstruieren. Wir wollen die Menge der reellen Zahlen R4 als gegeben voraussetzen, geben 4 Literatur: Heuser 16 2 Angeordnete Körper aber eine axiomatische Begründung. Auf R sind zwei Verknüpfungen + : R × R → R, (x, y) 7→ x + y (Add.) · : R × R → R, (x, y) 7→ x · y (Mult.) (20) (21) definiert, die den folgenden Axiomen • (A1) Assoziativgesetz: Für alle x, y, z gilt: x + (y + z) = (x + y) + z. • (A2) Kommutativgesetz: Für alle x, y gilt: x + y = y + x. • (A3) Existenz der 0: Es gibt eine Zahl 0, so dass für alle x: x + 0 = x. • (A4) Existenz des Inversen: Zu jedem x existiert ein −x, so dass x + (−x) = 0. • (M1) Assoziativgesetz: Für alle x, y, z gilt: x · (y · z) = (x · y) · z. • (M2) Kommutativgesetz: Für alle x, y gilt: x · y = y · x. • (M3) Existenz der 1: Es gibt ein Element 1, so daß für alle x: 1 · x = x. • (M4) Existenz des Inversen: Zu jedem x existiert x−1 so daß x · x−1 = 1. • (D) Distributivgesetz: Für alle x, y, z gilt: x(y + z) = xy + xz. Aus diesen Axiomen gewinnen wir fundamentale Aussagen wie etwa die Eindeutigkeit der Zahl 0. Angenommen es gibt ein weiteres Element 00 mit x + 00 = x für alle x. Dann ist aber (A2) (A3) 0 = 0 + 0 0 = 00 + 0 = 0 0 . Ähnlich zeigt man (22) 2 Angeordnete Körper 17 • die Eindeutigkeit des Negativen, der 1 und des Inversen bezüglich der Multiplikation für x 6= 0. • −0 = 0, −(−x) = x, x · 0 = 0, −x = (−1) · x, (x−1 )−1 = x, (xy)−1 = x−1 · y −1 . (−x) · (−y) = x · y, • für x, y gilt xy = 0 genau dann, wenn x = 0 oder y = 0 • Existenz einer eindeutig bestimmten Lösung von a + x = b bzw. a · x = b falls a 6= 0. Beispiel 2.1: MU-Rätsel: Wörter gebildet aus den Buchstaben M , I, U nach den Regeln (von Gödel): (1) M I existiert (3) M x → M xx (2) xI → xIU (4) xIIIy → xU y (5) xU U y → xy Frage: Ist M U ein herleitbares Wort? Wir definieren für n ∈ N die Potenzen xn per Induktion durch 0 x = 1} | {z und xn+1 = x · xn , (23) leeres Produkt insbesondere ist 0 = 1. Für x 6= 0 erklären wir so negative Potenzen x−n durch 0 x−n = (x−1 )n für n ∈ N. (24) Es gilt dann: xn · xm = xn+m , m (xn ) = xn·m , xn · y n = (x · y)n (25) wobei m, n ∈ Z. Eine Menge K zusammen mit den analog definierten Verknüpfungen der Addition und Mulitplikation für die die Axiome (A1)–(A4), (M1)–(M4) und (D) gelten, heißt Körper. In jedem Körper gelten die oben erwähnten Rechengesetze. Beispiel 2.2: R und Q sind Körper, Z hingegen nicht. Ein exotischer Körper ist die Menge F2 = {0, 1} mit den Verknüpfungen + 0 1 0 0 1 1 1 0 und · 0 1 0 0 0 1 0 . 1 18 2 Angeordnete Körper 2.1 Anordnungsaxiome Körper besitzen sehr viel Struktur (Gegenstand der Linearen Algebra). Für die Analysis brauchen wir noch mehr Struktur! Gewisse reelle Zahlen sind als positiv ausgezeichnet, in Zeichen: x > 0, so daß die Anordnungsaxiome gelten: • (O1) Trichotomie: Für jedes x ∈ R gilt genau eine der drei Bedingungen x < 0, x = 0, x > 0. • (O2) Abgeschlossenheit bezüglich der Addition: Für alle x, y > 0 gilt x + y > 0. • (O3) Abgeschlossenheit bezüglich der Multiplikation: Für alle x, y > 0 gilt x · y > 0. Dann gilt für beliebige x, y ∈ R genau eine der Relationen x < y, x = y, x > y. (26) Wir definieren nun Maximum bzw. Minimum zweier reeller Zahlen x, y durch x falls x ≥ y y falls x ≥ y max(x, y) := bzw. min(x, y) := y sonst x sonst (27) Damit gilt für beliebiges x, y, z (Beweis Zuhause) (1) Transitivität: Mit x < y und y < z gilt x < z. (2) Translationsinvarianz: Mit x < y gilt x + z < y + z. (3) Symmetrie: Es gilt genau dann x < y, wenn −x > −y. Dies unterstützt unsere Anschauung. Wir denken uns die reellen Zahlen so auf einer Geraden – der reellen Zahlengeraden, angeordnet, daß alle positiven Zahlen rechts der Null ihrer Größe nach angeordnet und ihre additiven Inversen gespiegelt am Nullpunkt sind (Symmetrie). 2.2 Betrag und Dreiecksungleichung 19 Weitere Rechenregeln: (1) Aus 0 ≤ x < y und 0 ≤ a < b folgt ax < by. (2) Mit 0 < x < y gilt: x−1 < y −1 < 0. Allgemein heißt ein Körper K, in dem gewisse Elemente als positiv ausgezeichnet sind, so daß die Anordnungsaxiome (O1)–(O3) gelten, angeordnet. Beispiel 2.3: R und Q sind angeordnet, nicht aber F2 (denn da gilt 1 + 1 = 0). Mit diesen Axiomen und den daraus hergeleiteten Rechenregeln finden wir über die Peano-Axiome leicht N (und damit auch Z, Q) als Teilmengen von R wieder. 2.2 Betrag und Dreiecksungleichung Definition: Der Absolutbetrag einer reellen Zahl x (sprich: x-Betrag“) ist ” definiert durch x falls x ≥ 0 |x| := max(x, −x) = (28) −x sonst (Def. 2.1) Satz 2.1: Der reelle Absolutbetrag hat folgende Eigenschaften (1) für alle x ∈ R gilt |x| ≥ 0 und |x| = 0 genau dann, wenn x = 0, (2) für alle x, y ∈ R gilt |x · y| = |x| · |y|, (3) für alle x, y ∈ R gilt |x + y| ≤ |x| + |y| (Dreiecksungleichung) Zur Dreiecksungleichung 20 2 Angeordnete Körper Beweis: (1) folgt sofort aus der Definition. (2) ist trivial, sofern x, y ≥ 0. Für den allgemeinen Fall sei x = εx0 , y = δy0 mit ε, δ ∈ {±1} und x0 , y0 ≥ 0. Dann ist |x · y| = |ε · δ · x0 · y0 | = |x0 | · |y0 | = = |x0 · y0 | |ε · x0 | · |δ · y0 | = |x| · |y|. (3) Wegen x ≤ |x| und y ≤ |y| folgt aus der Translationsinvarianz (2) x+y ≤ |x| + |y|. (29) Da dies schwer ersichtlich ist wegen des Betrags, sollte der letzte Schritt noch genauer erläutert werden. Ebenso gilt −x ≤ |x| und −y ≤ |y|, also − (x + y) = −x − y ≤ |x| + |y|. (30) Damit folgt |x + y| = max(x + y, −(x + y)) ≤ |x| + |y| (31) 2 Körper mit einer Abbildung x 7→ |x|, die den Eigenschaften aus dem obigen Satz genügen, heißen bewertet. Noch einige Rechenregeln: • Aus (2) folgt |1| = |1| · |1|, also |1| = 1, ebenso | − 1| = 1 und | − x| = |x| für beliebiges x. Ferner gilt für y 6= 0: xy = |x| |y| . die 2.2 Betrag und Dreiecksungleichung 21 Axiom: Nun ein vorletztes Axiom, das Archimedische Axiom (Archimedes 287–212 v. Chr.): Zu je zwei reellen Zahlen x, y > 0 existiert ein n ∈ N, so daß nx > y. (Ax. 2.1) Damit existiert zu jedem x ∈ R ein n ∈ Z mit n ≤ x < n + 1, diese Zahl n wird auch mit [x] bezeichnet (statt der Gaußklammer oft auch bxc (floor )) . Ferner gewinnen wir die Bernoullische Ungleichung 5 : Satz 2.2: Für x ≥ −1 und beliebiges n ∈ N gilt (1 + x)n ≥ 1 + nx. Beweis: (32) Beweis per Induktion nach n. Induktionsanfang (n = 0): trivial. Induktionsschritt (n 7→ n + 1): Nach Voraussetzung ist 1 + x ≤ 0. Multiplikation mit der Induktionsvoraussetzung = (1 + x)n+1 ≥ (1 + nx)(1 + x) 1 + (n + 1)x + |{z} nx2 ≥ 1 + (n + 1)x. ≥0 2 Korollar: Sei b ∈ R positiv. Ist b ≥ 1, so gibt es zu jedem B ∈ R ein n ∈ N mit bn > B. Ist hingegen b < 1, so gibt es zu jedem ε > 0 ein n ∈ N mit bn < ε. Beweis: Sei zunächst b > 1. Dann liefert die Bernoullische Ungleichung für x = b − 1 bn = (1 + x)n ≥ 1 + nx für alle N. Nach dem Archimedischen Axiom existiert ein n ∈ N mit nx > B − 1, welches damit bn > B genügt. Der Fall 0 < b < 1 ergibt sich aus dem bereits gezeigten vermöge β = 1b , B = 1ε . Dann ist nämlich β n > 1ε bzw. bn < ε für ein n ∈ N. 2 5 J. Bernoulli,1654–1705 22 3 Folgen und Grenzwerte 3 Folgen und Grenzwerte Das Grenzobjekt beißt Kochsche Insel (H. van Koch, 1870–1924). • Wie groß ist die Kochsche Insel? (endliche Fläche) • Wie lang ist ihre Küstenlinie? Eine Folge reeller Zahlen (an )n ist eine Abbildung N −→ R n 7→ an Wir schreiben auch (an )n∈N oder (a0 , a1 , a2 , . . .); manchmal lassen wir statt N auch {n ∈ Z : n ≥ k} als Indexmenge zu. Beispiel 3.1: • an = a ∈ R führt auf konstante Folgen; • Sei an = 1 n für n ≥ 1, gibt dies (an )n = 1, 12 , 13 , . . . . • Für an = (−1)n entsteht (an )n = (+1, −1, +1, −1, . . .). • Die Fibonaccizahlen 6 sind rekursiv definiert durch F0 = F1 = 1 und Fn+1 = Fn + Fn−1 für n ∈ N Dies liefert die Folge (Fn )n = (1, 1, 2, 3, 5, 8, 13, 21, 34, 55, . . .). 6 Leonardo von Pisa, ≈ 1200 (33) 3.1 Konvergenz und Grenzwertbegriff 23 3.1 Konvergenz und Grenzwertbegriff Eine Folge (an )n reeller Zahlen heißt konvergent gegen a ∈ R falls gilt: Zu jedem ε > 0 existiert ein N ∈ N, so daß |an − a| < ε für alle n ∈ N (N hängt von ε ab!) (34) Konvergiert (an )n gegen a, so heißt a Grenzwert von (an ) und wir schreiben lim an = a. (35) n→∞ Definition: Zur geometrischen Interpretation definieren wir für reelle Zahlen a ≤ b die Intervalle durch [a, b] := {x ∈ R : a ≤ x ≤ b} a [ b ] [a, b) := {x ∈ R : a ≤ x < b} a [ b ) (a, b] := {x ∈ R : a < x ≤ b} a ( b ] := {x ∈ R : a < x < b} a ( b ) (a, b) Dabei heißt [a, b] abgeschlossen, (a, b) heißt offen, und [a, b) bzw. (a, b] heißen halboffen. In mancher Literatur werden offene Intervallgrenzen statt der hier verwendeten runden Klammer auch durch eine umgedrehte eckige Klammer angegeben, also (a, b) ≡]a, b[. (Def. 3.1) Die Konvergenzbedingung besagt, daß zu jedem gegebenen ε > 0 ein Index N existiert, so daß alle Folgeglieder an mit Index n ≥ N innerhalb der ε” Umgebung um den Grenzwert a“ liegen: 24 3 Folgen und Grenzwerte Eine Folge konvergiert also dann gegen a, wenn in jeder noch so kleinen εUmgebung von a fast alle Folgeglieder liegen – d. h. bis auf endlich viele Ausnahmen! Eine Folge, die nicht konvergiert, heißt divergent. Beispiel 3.2: Die konstante Folge (a, a, a, . . .) ist konvergent mit Grenzwert a (klar). Beispiel 3.3: Die Folge ( n1 )n≥1 = 1, 12 , 13 , 14 , 15 konvergiert gegen Null, denn: sei ε > 0 vorgegeben, dann gibt es nach dem Archimedisches AxiomArchimedischen Axiom ein N ∈ N mit N > 1ε . Also gilt für n > N 1 1 1 ≤ < ε. (36) |an − a| = − 0 = n n N Beispiel 3.4: Die Folge ((−1)n )n ist divergent. Wir beweisen dies indirekt: Beweis: Angenommen die Folge (an )n mit an = (−1)n konvergiert gegen a ∈ R, dann gibt es per Definition zu ε = 1 ein N ∈ N, so daß für alle n ≥ N |an − a| < ε−1 (37) Mit der Dreiecksungleichung folgt dann aber 2 = |an+1 − an | = |an+1 − a + a − an | ≤ |an+1 − a| + |an − a| < 1+1=2 (38) 2 (Widerspruch !) Eine Folge (an )n reeller Zahlen heißt nach oben beschränkt (bzw. nach unten beschränkt), wenn es eine Konstante B ∈ R gibt, so daß für alle n ∈ N an ≤ B (bzw. an ≥ B). (39) Die Folge (an )n heißt beschränkt, falls ein ein B ∈ R gibt, so daß für alle n ∈ N |an | ≤ B (d. h. falls sie nach oben und unten beschränkt ist). (40) 3.2 Rechnen mit Folgengrenzwerten 25 Satz 3.1: Jede konvergente Folge ist beschränkt. Die Umkehrung gilt nicht, wie Beispiel 3.4 zeigt. Beweis: Sei a = lim an , dann gibt es nach Voraussetzung ein N ∈ N, so n→∞ dass für n ≥ N : |an − a| < 1 (ε = 1) (41) Damit folgt: |an | = |an − a + a| ≤ |an − a| + |a| < 1 + |a| für alle n ≥ N . Mit B = max {|a0 |, |a1 |, . . . , |aN −1 |, 1 + |a|} (42) 2 zeigt sich nun |a| ≤ B. Beispiel 3.5: Die Folge (Fn )n der Fibonaccizahlen ist divergent, denn per Induktion zeigt man leicht Fn+1 ≥ n für n ∈ N. (Angenommen (Fn )n konvergent, dann nach Satz 3.1 auch beschränkt, ein Widerspruch zu Fn+1 ≥ n). Satz 3.2: Der Grenzwert einer konvergenten Folge ist eindeutig bestimmt. Beweis: Die Folge (an )n konvergiere sowohl gegen a als auch gegen b. An(> 0, da a 6= b) gibt es dann Na , Nb , so genommen a 6= b. Für ε := |a−b| 2 daß |an − a| < ε für n ≥ Na (43) und |an − b| < ε für n ≥ Nb (44) Dann gilt für n = max(Na , Nb ) mit der Dreiecksungleichung 2ε = |a − b| = |a − an + an − b| ≤ |a − an | + |b − an | < 2 · ε, was ein Widerspruch ist. 3.2 Rechnen mit Folgengrenzwerten Sehr hilfreich in der Praxis ist 2 26 3 Folgen und Grenzwerte Satz 3.3: Seien (an )n und (bn )n zwei konvergente Folgen reeller Zahlen. Dann konvergieren die Folgen (an + bn )n , und es gilt lim (an + bn ) = lim (an · bn ) = n→∞ n→∞ lim an + lim bn n→∞ n→∞ lim an · lim bn . n→∞ n→∞ Analog, nur mit Einschränkungen für Division: Ist ferner (cn )n eine konvergente Folge mit limn→∞ cn 6= 0, so gibt es ein N , so daß für alle n ∈ N gilt cn 6= 0, und die Folge an (45) cn n konvergiert mit Grenzwert lim n→∞ an limn→∞ an = . cn limn→∞ cn (46) Beweis: Zunächst die Summe. Nach Voraussetzung gibt es zu jedem ε > 0 Zahlen Na , Nb mit |an − a| < ε für n ≥ Na (47) und |bn − b| < ε für n ≥ Nb (48) wobei a := lim an , b := lim bn . n→∞ (49) n→∞ Dann gilt für alle n ≥ max(Na , Nb ) mit der Dreiecksungleichung |(an + bn ) − (a + b)| ≤ |an − a| + |bn − b| < 2ε, (50) was die Konvergenz von (an + bn )n gegen a + b. Das Produkt ist etwas schwieriger. Nach Satz 3.1 gibt es eine Konstante B, so daß für alle n ∈ N |an | < B, |bn | < B und |b| < B. (51) Nun gibt es nach Voraussetzung Zahlen Na , Nb so daß |an − a| < ε 2B für n ≥ Na (52) 3.2 Rechnen mit Folgengrenzwerten und |bn − b| < 27 ε 2B für n ≥ Nb . (53) Für alle n ≥ max(Na , Nb ) gilt |an bn − ab| = |an bn − an b + an b − ab| 4 = an (bn − b) + b(an − a) ≤ = |an | · |bn − b| + |b| · |an a| |an (bn − b)| + |b(an − a)| ε ε < B· +B· = ε. 2B 2B Also konvergiert (an bn ) gegen ab. Für den Quotienten untersuchen wir zunächst den Spezialfall an = 1. Da 0 6= limn→∞ cn := c, gibt es ein N , so daß für alle n ≥ N |cn − c| < |c| 2 Also gilt |cn | ≥ |c| 2 (> 0, da c 6= 0). (54) > 0. Bild mit Zahlenstrahl und Intervall Zu beliebigem fest vorgegebenem ε > 0 gibt es ein N 0 mit |cn − c| < ε · |c|2 2 für alle n ≥ N 0 . (55) Dies zeigt für n ≥ max(N, N 0 ) 1 − 1 = c − cn ≤ 2 |c − cn | < ε. cn |{z} c c − n |c|2 (56) |c| |cn |≥ 2 Also limn→∞ nen mittels 1 cn an cn = 1c ; der allgemeine Fall = n→∞ 2n − 7 3n + 1 an cn folgt aus dem bereits bewiese2 an c1n . Beispiel 3.6: Sei an = lim = 2n−7 , 3n+1 lim n→∞ dann gilt n(2 − n(3 + 7 ) n 1 ) n 7 ) n 1 ) n Satz 3.3 = limn→∞ (2 − limn→∞ (3 + Satz 3.3 = 2 − 7 · limn→∞ 3 + limn→∞ Folgen mit Grenzwert Null heißen Nullfolgen. 1 n Bsp. = 2 . 3 28 3 Folgen und Grenzwerte Satz 3.4: Seien (an )n und (bn )n zwei konvergente Folgen reeller Zahlen mit an ≤ bn für alle n ∈ N ( hinreichend groß“ genügt). Dann gilt ” lim an ≤ lim bn . (57) n→∞ n→∞ Beweis: Wir gehen zur Differenzenfolge (bn − an )n über und zeigen, daß sie einen Grenzwert c ≤ 0 besitzt. Dies impliziert 0 ≤ c = lim (bn − an ) = lim bn − lim an n→∞ n→∞ n→∞ (nach Satz 3.3). (58) Angenommen, c < 0. Dann gäbe es ein N mit |(bn − an ) − c| < |c| (59) (ε > 0, da c 6= 0 für alle n ∈ N). Daraus folgte bn − an < 0 (Widerspruch!). 2 Beispiel 3.7: 1 n2 n≥1 Folge (0)n≥1 , als auch ist eine Nullfolge, denn: 0 < n12 ≤ sind Nullfolgen. Dies gibt 1 ; n sowohl die konstante 1 n n≥1 0 = lim 0 ≤ lim n→∞ n→∞ 1 1 ≤ lim = 0. n→∞ n n2 (60) Beispiel 3.8: Das Konvergenzverhalten der Folge (xn )n hängt von x ab. Mit Hilfe des Korollars zu Satz 2.2 und Beispiel 3.3 gilt konvergiert gegen 0, falls |x| < 1, n konvergiert gegen 1, falls x = 1, (x )n divergiert sonst. Die Divergenz kann präzisiert werden: Definition: Eine Folge (an )n reeller Zahlen heißt bestimmt divergent gegen +∞ (bzw. gegen −∞), wenn zu jedem b ∈ R ein n ∈ N existiert, so daß an ≥ B (bzw. wenn (−an )n bestimmt gegen −∞ divergiert). Wir schreiben dann lim an = +∞ n→∞ bzw. lim an = −∞ n→∞ (61) Hinweis ±∞ sind Symbole, keine Zahlen! (Def. 3.2) 4 Unendliche Reihen 29 Beispiel 3.9: Also ist (2n )n bestimmt divergent gegen +∞, während (−1)n nicht bestimmt divergent ist (ohne Beweis). Satz 3.5: Die Folge (an )n sei bestimmt divergent gegen +∞. Dann gibt es ein N , so daß an 6= 0 für n ≥ N , und es gilt lim n→∞ 1 = 0. an (62) Ist andererseits (an )n eine Nullfolge mit an > 0, so indexDivergenz!bestimmtedivergiert die Folge ( a1n )n bestimmt gegen +∞. 4 Unendliche Reihen Sei (an )n eine Folge reeller Zahlen. Dann bilden wir für jedes m ∈ N die Partialsumme m X sm := an . (63) n=0 Die Folge der Partialsummen (sm )m heißt unendliche Reihe mit den Gliedern an , und wir schreiben hierfür ∞ X an (64) n=0 im Falle P der Konvergenz P∞ von (sm )m bezeichnen wir auch ihren Grenzwert m limm→∞ n=0 mit n=0 an . Analog definieren wir Reihen mit einer anderen Indexmenge. Satz 4.1: (Unendliche Geometrische Reihe) Die Reihe für alle x mit |x| < 1 mit dem Grenzwert ∞ X n=0 xn = P∞ n=0 1 . 1−x (65) Beispiel 4.1: ∞ n 1 1 1X 1 1 1 + + ... = = · 4 2 4 n=0 4 4 1− xn konvergiert 1 4 = 1 . 3 30 4 Unendliche Reihen Wozu? Erklärung? Beweis: Nach Satz 1.5 gilt sm = 3.8 und Satz 3.3 Pm n=0 xn = 1−xm+1 1−x ; also folgt mit Beispiel 1 1 − lim xm+1 m→∞ 1−x | {z } lim sm = n→∞ (66) =0 2 1 2 1 4 1 8 1 2 1 4 Beispiel 4.2: Mit Satz 4.1 gilt: 1 + + + + . . . = 2, 1 − + − P 1 Beispiel 4.3: Was ist ∞ n=1 n(n+1) ? Mit Partialbruchzerlegung gilt 1 8 ± ... = 1 n(n+1) = 1 n+1 sm = m X n=1 = 1 n(n + 1) m X 1 = n=1 n − 1 n+1 1 1 1 1 1 1 1 1 − + − + − ± ... + − 2 2 3 3 4 m m+1 = 1− 1 m+1 (Teleskopsumme). Es folgt ∞ X n=1 1 n(n + 1) Satz 4.2: Beweis: = lim n→∞ 1− 1 m+1 Die harmonische Reihe P∞ = 1 n=1 n 1 − lim m→∞ 1 m+1 = 1. ist divergent. Für k ∈ N betrachten wir die Partialsummen k s2k = 2 X 1 n n=1 = 1+ 1 1 1 1 1 + + + · · · + k−1 + ... + k 2 3 4 2 +1 2 | {z } >2k−1 · j+1 = k 2 1 X X 1+ + 2 j=1 j n=2 +1 1 . n 1 2k 2 . 3 1 n − 4 Unendliche Reihen 31 Hierin gilt j+1 2X n=2j +1 1 ≥ n 2j |{z} · 1 1 = 2j+1 2 (67) Anzahl der Summen Also folgt s2k ≥ 1 + k . 2 (68) Damit ist die Folge der Partialsummen unbeschränkt. Also divergiert die harmonische Reihe (bestimmt gegen +∞). 2 Eine interessante Folgerung: Korollar 4.3: Es gibt unendlich viele Primzahlen. Beweis: Mit der (hier nicht bewiesenen) eindeutigen Primfaktorzerlegung der natürlichen Zahlen gilt (formal): ∞ X 1 n n=1 1 1 1 1 1 1 + + + + + + ··· 2 3 22 5 2·3 7 1 1 = 1 + + ··· 1 + + ··· 2 3 Y Y 1 1 mit Satz 4.1 = 1 + + 2 + ... = p p p p = 1+ Primzahl Primzahl 1 . 1 − p1 Angenommen, es gäbe nur endlich viele Primzahlen, so wäre das Produkt endlich, im Widerspruch zur Divergenz der harmonischen Reihe. 2 P∞ P∞ Satz 4.4: Seien n=0 an und n=0 bn zwei konvergente unendliche Reihen P∞ reeller Zahlen. Dann konvergiert auch die Reihe n=0 (an +bn ) und besitzt den Grenzwert ∞ ∞ ∞ X X X (an + bn ) = an + bn . (69) n=0 n=0 n=0 32 5 Cauchyfolgen und Vollständigkeit Beweis: folgt aus der Definition unendlicher Reihen und Satz 3.3. 2 Produkte unendlicher Reihen sind schwieriger zu behandeln (später). Wir schließen mit den uns bekannten Dezimalbrüchen. Unendliche Dezimalbrüche sind spezielle unendliche Reihen. Beispiel 4.4: (periodischer Dezimalbruch) 0, 10232323 . . . = 0, 1023 ist ein periodischer Dezimalbruch. 0, 1023 = ∞ k P 1 23 1 1 23 1 . . . = 10 + 10 = 10 + 10 = . . . = 1013 . 4 4 · 1− 1 100 9900 1 10 23 23 + 10 4 + 106 + 100 k=0 So kann man jeden periodischen Dezimalbruch als rationale Zahl entlarven. Es gilt sogar die Umkehrung. Damit haben genau die rationalen Zahlen eine periodische Dezimalbruchentwicklung. 5 Cauchyfolgen und Vollständigkeit Wollten wir bislang die Konvergenz einer Folge nachweisen, so mussten wir ihren Grenzwert kennen. Ein besseres Werkzeug sind Cauchyfolgen (Cauchy, 1789-1857). Eine Folge (an )n reeller Zahlen heißt Cauchyfolge, wenn zu jedem ε > 0 ein N ∈ N existiert, so dass |am − an | < ε für alle m, n ≥ N . Hinweis: Grob gesprochen: für hinreichend große Indizes muss die Differenz beliebiger Folgen beliebig klein sein! Satz 5.1: Jede konvergente Folge reeller Zahlen ist eine Cauchyfolge. Beweis: Die Folge (an )n konvergiere gegen a. Dann gibt es zu jedem ε>0 ein N , so dass |an − a| < 2ε für n≥N . Damit folgt für beliebige m, n ≥ N |am − an | = |am − a + a − an | ≤ |am − a| + |an − a| ε ε < + = ε. 2 2 2 5.1 Das Vollständigkeitsaxiom 33 Alle bisherigen Axiome gelten sowohl für R, als auch für Q. Zur Begründung der reellen Zahlen fehlt also noch etwas, nämlich das 5.1 Das Vollständigkeitsaxiom Axiom: Vollständigkeitsaxiom (V): In R konvergiert jede Cauchyfolge. (Umkehrung von Satz ??) (Ax. 5.0) Später werden wir sehen, dass dies nicht für Q gilt. Anschaulicher ist das äquivalente Intervallschachtelungsprinzip: Sei I0 ⊃ I1 ⊃ I2 ⊃ . . . eine absteigende Folge von abgeschlossenen Intervallen In = [an , bn ] ⊂ R mit lim (bn − an ) = 0, dann gibt es genau eine reelle Zahl x mit x ∈ In für n→∞ ∞ T alle n ≤ N (d.h. In = {x}). n=1 Tatsächlich läßt sich R aus Q durch Hinzufügen aller Grenzwerte sämtlicher rationaler Cauchyfolgen konstruieren. Wir zeigen jetzt die Konsistenz unserer axiomatischen Begründung von R mit der Dezimalbruchentwicklung. Sei 2 ≤ b ∈ N. Ein b-adischer Bruch ist eine unendliche Reihe ± ∞ X an b−n , (70) n=−k wobei k ∈ N, a ∈ N mit 0 ≤ an < b. Für b = 10 erhalten wir die Dezimalbrüche, für b = 2 die dyadischen Brüche (mit denen die Computer rechnen). Satz 5.2: (1) Jeder b-adische Bruch stellt eine Cauchyfolgen dar, konvergiert also gegen eine reelle Zahl. (2) Jede reelle Zahl läßt sich in einen b-adischen Bruch entwickeln. Vorsicht! Diese Darstellung ist nicht eindeutig: 0, 9 = 1. 34 5 Cauchyfolgen und Vollständigkeit Beweis: (1) Es genügt, einen nichtnegativen Bruch ∞ X an b−n (71) n=−k zu betrachten. Für m ≥ −k sei xm = ∞ X an b−n . (72) n=−k Zu vorgebenem ε > 0 sei N so groß, daß b−N < ε. Dann gilt für n ≥ m ≥ N X n m X X n −j −j |xn − xm | = aj b − aj b = aj b−j j=−k j=m+1 j=−k n X ≤ (b − 1)b−j < (b − 1) j=m+1 = ∞ X j=m+1 (b − 1)b−m−1 ∞ X b−j = < ε. (b − 1)b−m−1 j=0 = b −m b−j ≤ b −N 1 1 − b−1 Also ist (xn )n eine Cauchyfolge, stellt also nach dem Vollständigkeitsaxiom (Axiom 5.1) eine reelle Zahl dar. (2) O. B. d. A. sei x ≥ 0. Nach dem Korollar zu Satz 2.2 es (mindestens) eine natürliche Zahl m mit x < bm+1 . Sei k die kleinste natürliche Zahl mit 0 ≤ x < bk+1 . Per Induktion läßt sich eine Folge (aj )j natürlicher Zahlen mit 0 ≤ aj < b konstruieren, so daß für alle n ≥ −k x= n X aj b−j + ξn mit 0 ≤ ξn < b−n (73) j=−k (Division mit Rest à la: x = 53 = 5 · 10 + 3 = 5 · 101 + 3 · 100 ). Wegen limn→∞ ξn = 0 folgt ∞ X x= aj b−j (74) j=−k 5.1 Das Vollständigkeitsaxiom 35 2 Man kann ein DIN A4–Blatt so zuschneiden, dass zwei √ DIN A5–Blätter entstehen. Damit ist deren Seitenverhältnis (annähernd) 2. √ √ 2 ist irrational: Wäre 2 = ab mit O. B. d. A. teilerfremden Zahlen a, b ≥ 1, so auch 2b2 = a2 . Damit ist a gerade: a = 2α, α ∈ N. Es folgt 2b2 = 4α2 bzw. b2 = 2α2 . Also ist auch b eine gerade Zahl: b = 2β, β ∈ N, im Widerspruch zur Teilerfremdheit von a und b. √ Geometrisch √ ist 2 die Länge der Diagonalen eines Quadrates mit Seitenlänge √ 1. 2 = 12 + 12 (Pythagoras). Gewissermaßen ist Q zu ‘klein’, um erfolgreich Analysis betreiben zu können: Q⊂R (75) Definition: Für eine reelle Zahl a ≥ 0 nennen wir die eindeutig bestimmte nichtnegative Lösung der Gleichung x2 = a die Quadratwurzel aus a und √ (Def. 5.1) schreiben hierfür a. Satz 5.3: Seien a > 0 und x0 relle Zahlen. Dann konvergiert die Folge (xn )n , definiert durch 1 a xn+1 = xn (76) 2 xn √ gegen a. Beweis: (Beweisskizze) Wir verzichten auf den Beweis, daß (xn )n eine Cauchyfolge ist. Mit dem Vollständigkeitsaxiom (Axiom 5.1) folgt die Existenz des Grenzwertes x := limn→∞ xn . Mit den Rechenregeln für Grenzwerte folgt: a 1 1 xn + = lim xn+limn→∞ x = lim xn+1 = lim n→∞ n→∞ 2 xn 2 n→∞ 1 a 1 a lim xn + = x+ , = 2 n→∞ limn→∞ xn 2 x was zu x2 = a führt. a xn 2 36 6 Punktmengen Dies verdeutlicht die Tragweite des Vollständigkeitsaxioms (Axiom 5.1) (welches nicht für Q gilt!). Tatsächlich ist R durch die bisherigen Axiome (bis auf Isomorphe) charakterisiert. √ Die Iteration aus Satz 5.3 sehr gute rationale Approximationen von 2. Noch besser sind ‘Kettenbrüche’: √ 2=1+ 1 2+ 1 2+··· (sehr gute Approximation an ← 1, 1 + √ 1 3 1 = ,1 + 2 2 2+ 1 2 = 7 ,... 5 (77) 2, wichtig in Kryptographie). 6 Punktmengen Um wieviel ‘größer’ ist R im Vergleich zu Q? Eine Menge M heißt abzählbar, wenn es eine bijektive Abbildung N → M gibt; die leere Menge sei dabei auch abzählbar. Eine nichtabzählbare Menge heißt überabzählbar. Offensichtlich sind N, Z und Q abzählbar. Bei Q genügt es bereits, sich auf positive rationale Zahlen zu beschränken: 1 1 1 2 ↓ → . % 1 3 2 1 2 2 % 3 1 4 1 3 2 4 2 2 3 3 3 .. . 2 4 ··· . . 1 4 → . .. . Man kann zeigen, daß die Vereinigung abzählbarer Mengen wieder abzählbar ist: Menge aller möglichen Computerprogramme abzählbar (Turing). Für die Menge der rellen Zahlen bewies Cantor (1845–1918) mit seinem Diagonalverfahren: Satz 6.1: R ist überabzählbar. 6.1 Teilfolgen 37 Beweis: Angenommen, das Intervall [0, 1) ist abzählbar, dann gibt es eine Abzählung (xn )n von [0, 1) und eine Liste der zugehörigen Dezimalbrüche x1 x2 x3 = 0, a11 a12 a13 . . . = 0, a21 a22 a23 . . . = 0, a31 a32 a33 . . . .. . Wir definieren nun die Zahl x ∈ [0, 1) vermöge 4 falls aii = 5, x = 0, b1 b2 b3 . . . mit bj = 5 falls ajj 6= 5. (78) Damit ist x kein Element der Liste (denn bj 6= ajj ). Also ist [0, 1) und somit auch R überabzählbar. 2 Insbesondere ist (wegen R \ Q ∪ Q = R) Menge der Irrationalzahlen auch überabzählbar. 6.1 Teilfolgen Die Cantormenge C entsteht aus [0, 1], indem man sukzessive aus jedem Intervall das offene mittlere Drittel entfernt: ∞ X C = x ∈ [0, 1] : x = aj 3−j , aj ∈ {a2 } j=1 Skizze mit Intervallen grün und blau (Frank Krick) . ist eine sehr ‘magere’ Menge, aber trotzdem überabzählbar – seltsame Topologie! Definition: Sei (an )n eine Folge und n1 < n2 < · · · eine aufsteigende Folge natürlicher Zahlen. Dann ist (ank )k = (an1 , an2 , an3 , . . .) eine Teilfolge von (an )n . (Def. 6.1) Klar ist, daß mit (an )n auch jede (ank )k konvergiert, und zwar gegen denselben Grenzwert. 38 6 Punktmengen Satz 6.2: (Bolzano-Weierstrass) Jede beschränkte Folge reeller Zahlen besitzt eine konvergente Teilfolge. Beweis: Die reelle Folge (an )n sei beschränkt, also gibt es A, B ∈ R mit A ≤ an ≤ B für alle n ∈ N. Wir konstruieren per Induktion eine Folge von Intervallen Ik ⊂ R mit (1) Ik enthält unendlich viele Glieder von (an )n , (2) Ik ⊂ Ik−1 für alle 1 ≤ k ∈ N. (3) diam(Ik ) − 2−k diam(I0 ), wobei diam(I) die Länge des Intervalls I bezeichnet: diam([a, b]) = b − a. Induktionsanfang (k = 0): Sei I0 = [A, B]. Induktionsschritt (k 7→ k + 1): Sei das Intervall Ik = [Ak , Bk ] mit den Eigenschaften (1)–(3) bereits konstruiert. Sei M = 21 (Ak + Bk ). Da Ik nach (1) unendlich viele an enthält, liegen in mindestens einem der Intervalle [Ak , M ] bzw. [M, Bk ] unendlich viele an . Sei nun [Ak , M ] falls dieses unendlich viele an s enthält Ik+1 = (79) [M, Bk ] sonst Ik+1 erfüllt damit die Eigenschaften (1)–(3). Damit finden wir eine Teilfolge (ank )k von (an )n mit ank ∈ Ik (an0 , . . .) zu vorgegebenem ε > 0 sei N so groß, daß diam(IN ) < ε. Dann gilt für alle k, j ∈ N ank ∈ Ik ⊂ In und anj ∈ Ij ⊂ IN (80) Somit |ank − anj | ≤ diam(IN ) < ε. Also ist (ank )k eine Cauchyfolge und nach dem Vollständigkeitsaxiom (Axiom ??) konvergent. 2 6.2 Schranken und Monotonie Eine Zahl a heißt Häufungspunkt einer Folge (an )n , wenn es eine Teilfolge (ank )k gibt, die gegen a konvergiert. Beispielsweise besitzt die divergente aber beschränkte Folge (2 + (−1)n )n die Häufungspunkte 1 und 3. 6.2 Schranken und Monotonie 39 Der Satz von Bolzano-Weierstrass (Satz 6.2) besagt also, daß jede beschränkte Folge reeller Zahlen mindestens einen Häufungspunkt besitzt. Konvergente Folgen besitzen nur einen Häufungspunkt. Eine Folge (an )n reeller Zahlen heißt • monoton wachsend, falls an ≤ an+1 für alle n ∈ N, • streng monoton wachsend, falls an < an+1 für alle n ∈ N, • monoton fallend, falls an ≥ an+1 für alle n ∈ N, • streng monoton fallend, falls an > an+1 für alle n ∈ N. Satz 6.3: Jede beschränkte monotone Folge reller Zahlen konvergiert. Beweis: Nach Satz 6.2 besitzt jede beschränkte (monotone) Folge (an )n eine konvergente Teilfolge (ank )k . Sei a = limk→∞ ank . Ist nun o. B. d. A. (an )n monoton wachsend, so gibt es zu vorgegebenem ε > 0 ein K, so daß für alle k≥K |ank − a| < ε. (81) Für alle n ≥ nk gibt es ein k ≥ K mit nk ≤ n < nk+1 . Aufgrund der Monotonie gilt ank ≤ an ≤ ank+1 . Also |an − a| ≤ |ank − a| < ε. 2 Eine Teilmenge D ⊂ R heißt nach oben beschränkt (bzw. nach unten beschränkt), wenn es eine Konstante K ∈ R gibt, so daß für alle x ∈ D x≤K (bzw. x ≥ K) (82) K heißt dabei obere (bzw. untere) Schranke von D. Die Menge D heißt beschränkt, wenn D nach oben und nach unten beschränkt ist. Wir verallgemeinern die Erkenntnisse, die wir bereits für Folgen gewonnen haben! Eine Zahl K heißt Supremum (bzw. Infimum) von D, falls K kleinste obere Schranke (bzw. größte obere Schranke) von D ist, d. h. • K ist obere Schranke von D • Ist K 0 eine weitere obere Schranke von D, so gilt K ≤ K 0 40 6 Punktmengen ( größte untere Schranke“ analog). Im Falle der Existenz sind Supremum und ” Infimum eindeutig bestimmt und wir schreiben sup(D) bzw. inf(D) (83) Beispiel 6.1: inf([a, b)) = a sup([a, b)) = b Ähnlich wie Satz 6.2 (Bolzano-Weierstrass) zeigt man Satz 6.4: Jede nicht leere, nach oben (bzw. nach unten) beschränkte Teilmenge D ⊂ R besitzt ein Supremum (bzw. Infimum). • falls sup(D) ∈ D, so heißt sup(D) das Maximum von D, • falls inf(D) ∈ D, so heißt inf(D) das Minimum von D. Ist D nach oben (bzw. nach unten) unbeschränkt, so schreiben wir sup(D) = +∞ (bzw. inf(D) = −∞). (84) Zu einer Folge (an )n reeller Zahlen definieren wir limes superior bzw. limes inferior durch lim sup an = lim (sup{ak : k ≥ n}) (85) n→∞ n→∞ bzw. lim inf an = lim (inf{ak : k ≥ n}) n→∞ n→∞ (86) Sie geben den größten bzw. kleinsten Häufungspunkt der Folge an an. Die Wahl des n im Unendlichen ( +1 macht dann nichts mehr ” aus“) muß hier unbedigt noch erläutert werden! Aufgrund der Monotonie von sup{ak : k ≥ n} bzw. inf{ak : k ≥ n} sind nach Satz 6.3 limes superior und limes inferior reelle Zahlen (‘eigentlich’) oder gleich ±∞ (‘uneigentlich’). Beispiel 6.2: Für 1 ≤ n ∈ N sei an = (−1)n 1 + n1 . Dann gilt 1 + n1 , falls n gerade, sup{ak · k ≥ n} = 1 1 − n+1 sonst. 7 Konvergenzkriterien für Reihen 41 Also ist lim supn→∞ an = limn→∞ 1 + zeigt man lim inf n→∞ an = 1. 1 n bzw. limn→∞ 1 + 1 n+1 = 1. Ebenso Eine Charakterisierung liefert Satz 6.5: Sei (an )n eine Folge reeller Zahlen. Genau dann gilt lim supn→∞ an = a ∈ R, wenn für jedes ε > 0: • für fast alle (d. h. alle bis auf endlich viele) n ∈ N gilt a1 < a + ε, • es gibt unendlich viele m ∈ N, so daß am > a − ε. Ohne Beweis (technisch). Analog: Kriterium für lim inf. So kann man auch R aus Q konstruieren. Z. B. sup{x ∈ Q : x2 < 2} = √ 2. 7 Konvergenzkriterien für Reihen Es gilt (Beweis vielleicht später) π ∞ X (−1)n 4 1 − 2n + 1 52n+1 2392n+1 n=0 ∞ X 4 1 = 4 − +4 ··· 5 29 n=1 | {z } = 4 ←− arctan (später) = 3804 1195 =3,18... Problem: Fehlerabschätzung! Verwandt dazu: Konvergenz. Wenden wir das Vollständigkeitsaxiom (Axiom 5.1) über die Konvergenz von Cauchyfolgen auf die Folge der Partialsummen unendlicher Reihen an, so ergibt sich Satz 7.1: (Cauchykriterium) Sei (an )n eine Folge reeller Zahlen, so konverP∞ giert die Reihe n=0 an genau dann, wenn zu jedem ε > 0 ein N ∈ N existiert, so daß für alle m, k ≥ N m X an < ε (87) n=k 42 Beweis: 7 Konvergenzkriterien für Reihen Die Folge der Partialsummen ist eine Cauchyfolge. 2 Insbesondere folgt (mit m = k): Korollar 7.2: Eine notwendige, aber nicht hinreichende Bedingung für die P∞ Konvergenz einer Reihe n=0 an ist limn→∞ an = 0. P∞ Satz ?? zeigt anhand der divergenten harmonischen Reihe n=1 n1 , daß die Umkehrung nicht gilt. P∞ Satz 7.3: Eine Reihe n=0 an mit an ≥ 0 konvergiert genau dann, wenn die Folge ihrer Partialsummen beschränkt ist. Beweis: Wegen an ≥ 0 ist die Folge der Partialsummen monoton wachsend. Damit folgt die Konvergenz aus dem Satz 6.3 über die Konvergenz monotoner beschränkter Folgen. Ist hingegen die Folge der Partialsummen unbeschränkt, so divergiert die Reihe. 2 Beispiel 7.1: Die Reihe Abschätzung m X 1 2 n n=1 = P∞ 1 n=1 n2 1+ ist konvergent, dies folgt aus Satz 7.3 und der m X 1 2 n n=2 < 1+ m X n=2 < 1+ 1 n(n − 1) ∞ X 1 n(n − 1) n=2 | {z } =1nach Beispiel 4.3 Die Berechnung dieses Grenzwerts war ein berühmtes Problem im 17./18. Jh. bis P 1 π2 Euler (1707–1783) bewies, daß ∞ n=1 n2 = 6 . Für alternierende Reihen, d. h. Reihen, deren Glieder ein abwechselndes Vorzeichen haben, fand Leibniz (1646–1716): Satz 7.4: (Leibnizsches Konvergenzkriterium) Sei (an )n eine monotone, fallende P∞ Folgen nicht negativer Zahlen mit limn→∞ an = 0. Dann konvergiert n=0 (−1) an . 7.1 Absolute Konvergenz Beweis: 43 (Beweisskizze) Sei sm = P∞ n n=0 (−1) an . Dann folgt s1 ≤ s3 ≤ · · · ≤ s2 ≤ s0 . Es folgt: lim |s2m − s2m+1 | = lim a2m+1 = 0, m→∞ m→∞ 2 was die Konvergenz zeigt. P∞ Beispiel 7.2: Im Gegensatz zur divergenten harmonischen Reihe P (−1)n+1 die alternierende harmonische Reihe ∞ mit Grenzwert n=1 n 1 n=1 n konvergiert ∞ X (−1)n+1 1 1 1 = 1 − + − ± · · · = log 2 n 2 3 4 n=1 (Beweis später). Beispiel 7.3: Ebenso folgt mit dem Leibnizkriterium die Konvergenz von Hier gilt: 1 − 13 + 15 − 17 ± · · · = π4 . Beispiel 7.4: Die Reihe P∞ (−1)n n=0 √ n + 1 n (−1)n n=0 2n+1 . P∞ hingegen ist divergent. 7.1 Absolute Konvergenz P∞ P∞ Eine Reihe n=0 an heißt absolut konvergent, falls n=0 |an | konvergiert. Klar ist, daß eine absolut konvergente Reihe auch im herkömmlichen Sinne konvergiert: m m X X (88) an ≤ |an | n=k n=k (Den Rest macht Satz 7.1). Wichtig in der Praxis: P∞ Satz 7.5: (Majorantenkriterium) Sei n=0 bn eine konvergente Reihe mit lauter nichtnegativen P Gliedern bn und (an )n eine Folge mit |an | ≤ bn . Dann ∞ konvergiert die Reihe n=0 an absolut. P∞ P∞ Die Reihe n=0 bn ist dann eine Majorante für die Reihe n=0 an . 44 Beweis: 7 Konvergenzkriterien für Reihen Zu vorgegebenem ε > 0 existiert ein N , so daß für alle m ≥ k ≥ N m X bn < ε n=k (nach der Definition der Konvergenz und Satz 7.1). Dann gilt für dieselben m ≥ k ≥ N aber auch m X |an | ≤ n=k m X bn < ε. n=k Nach dem Satz 7.1 folgt die Konvergenz der Reihe PCauchykriterium ∞ Also ist n=0 an absolut konvergent. P∞ n=0 |an |. 2 Entsprechend haben wir auch ein Vergleichskriterium für divergente Reihen: P∞ Satz 7.6: Ist n=0 bn eine divergente Reihe mit nichtnegativen Gliedern bn und (an )n eine Folge mit an ≥ bn für (fast) alle n ∈ N, so divergiert auch ∞ X an (89) n=0 P∞ (ansonsten n=0 an eine konvergente Majorante für die divergente P∞ wäre ja Reihe n=0 bn ). P∞ P∞ Die Reihe n=0 bn ist dann eine Minorante für die Reihe n=0 an . P∞ Satz 7.7: (Quotientenkriterium) Sei n=0 an eine Reihe mit an 6= 0 für alle n ≥ N . Gibt es dann eine Zahl γ mit 0 < γ < 1, so daß an+1 (90) an ≤ γ für alle n ≥ N , P∞ so konvergiert die Reihe n=0 an absolut. Beweis: O. B. d. A. sei an 6= 0 für alle n ∈ N (endlich viele Summanden beeinträchtigen nicht die Konvergenz). Per Induktion zeigt man: (90) (90) (90) (90) |an+1 | ≤ γ|an | ≤ γ 2 |an−1 | ≤ · · · ≤ γ n |a0 |. 7.1 Absolute Konvergenz 45 P∞ P∞ Damit ist die geometrische Reihe n=0 |a0 |γ n eine Majorante für n=0 |an | ist. Wegen 0 < γ < 1 folgt aus Satz 4.1: ∞ X |a0 |γ n |a0 | = n=0 ∞ X γn |a0 | · = n=0 1 . 1−γ 2 Mit dem Majorantenkriterium (Satz 7.5) folgt die Behauptung. Beispiel 7.5: Die Reihe (n+1)2 2n+1 n2 n 2 2 P∞ n n=0 2n konvergiert, denn für n ≥ 3 gilt: 2 (n + 1)2 2n 1 1 = 1+ = n2 2n+1 2 n ≤ 1 2 2 1 8 1+ = 3 9 < 1. P 1 Beispiel 7.6: Die Reihe ∞ n=1 n+2 kann nicht mit dem Quotientenkriterium (Satz 7.7) behandelt werden. Zwar ist 1 n+2 1 n+3 =1− 1 = n+2 n+3 n+3 aber wegen limn→∞ 1 − 1 n+3 < 1, = 1 kennen wir kein γ < 1 mit 0<1− 1 <γ<1 n+3 finden. P 1 Tatsächlich ist die Reihe ∞ n=1 n+2 divergent, was aus unserem Divergenzkriterium im Vergleich mit der divergenten harmonischen Reihe folgt: ∞ ∞ X 1X1 1 ≤ . 3 n=1 n n + 2 n=1 Jetzt zu einer merkwürdigen Entdeckung von Riemann (1806–66): P∞ Sei S : N → N eine P∞bijektive Abbildung. Dann heißt n=0 aS(n) eine Umordnung der Reihe n=0 an ; sie besteht aus denselben Summanden, nur in einer anderen Reihenfolge aufsummiert (sofern S 6= id). Im Gegensatz zu endlichen Reihen kann eine Umordnung unendlicher Reihen viel zerstören. 46 8 Funktionen und Stetigkeit P∞ Satz 7.8: (Riemannscher Umordnungssatz ) Sei n=0 an eine konvergente, aber nicht absolut konvergente Reihe und c eine beliebige reelle Zahl oder ±∞. Dann gibt es eine Bijektion σ : N → N, so daß ∞ X aσ(n) = c. (91) n=0 P∞ Ist auch jede Umordnung P∞hingegen n=0 an absolut konvergent, so konvergiert P∞ n=0 aσ(n) , und zwar gegen den Grenzwert n=0 an . Dies zeigt wie wichtig absolute Konvergenz“ ist! ” Beweis: Wir geben lediglich ein Beispiel für den ersten Teil des Satzes. Nach Beispiel (2) ist ∞ X 1 1 (−1)n+1 = 1 − + ± ··· n 2 3 n=1 n+1 P1 P konvergent, aber nicht absolut konvergent ( (−1)n = n : harmonische Reihe). Wir ordnen diese Reihe nun so um, daß die Umordnung gegen +∞ divergiert. 1 1 1 1 1 1 1 − + − + + − + ··· 2 3 4 5 7 6 1 1 1 1 + n + · · · + n+1 + . + 2n + 1 2 +3 2 −1 2n + 2 2 8 Funktionen und Stetigkeit Zwischen der in m/s (Meter pro Sekunde) gemessenen Schallgeschwindigkeit c und der in Grad Celsius gemessenen Lufttemperatur ϕ besteht die Relation r ϕ c = 331, 50 1 + für ϕ > 273. (92) 273 Der Funktionsbegriff ist zentral in der Analysis (motiviert durch die Physik). Zu beliebigen Mengen A und B versteht man unter einer Funktion f : A → B eine Vorschrift, die jedem x ∈ A einen bestimmten Punkt y = f (x) ∈ B als Funktionswert zuordnet. A heißt dabei Definitions-, und B Wertebereich. 8.1 Polynome 47 Der Graph von R ist die Menge {(x, y) ∈ A × B : y = f (x)}. Beispiel 8.1: (1) konstante Funktionen: Zu c ∈ R sei f : R → R, x 7→ f (x) = c. (2) die identische Funktion: id : R → R, x 7→ id(x) = x. (3) der reelle Absolutbetrag abs : R → R≥0 , x 7→ abs(x) = |x|. (4) die Quadratwurzel: sqrt : R≥0 = {x ∈ R : x ≥ 0} → R≥0 , x 7→ sqrt(x) = (5) die Dirichletfunktion: ϑ : [0, 1] → {0, 1}, x 7→ ϑ(x) = y 1, 0, y 6 (1) @ 6 @ @ @ -x (2) x∈Q x 6∈ Q y 6 -x √ x. -x (3) 8.1 Polynome Eine größere Klasse von Funktionen sind die rationalen Funktionen zu a0 , a1 , . . . , an ∈ R heißt Polynom: p:R x −→ R 7→ p(x) = n X ak xk = an xn + · · · + a1 x + a0 (93) k=0 Etwas allgemeiner versteht man unter dem Quotienten zweier Polynome eine rationale Funktion: r : D −→ R , (94) x 7→ p(x) q(x) wobei p und q Polynome sind und D := {x ∈ R : q(x) 6= 0}. Sind f, g : D → R Funktionen, so erklären wir rationale Operationen auf diesen vermöge f + g : D −→ R (95) x 7→ (f + g)(x) := f (x) + g(x) 48 8 Funktionen und Stetigkeit (Superposition) und f · g : D −→ x 7→ R , (f · g)(x) := f (x) · g(x) (96) und schließlich f g : D −→ R x 7→ fg (x) := f (x) g(x) , (97) wobei D0 = {x ∈ R : g(x) 6= 0}. Damit entstehen alle rationalen Funktionen aus der Identität und der konstanten Funktion 1 aus diesen Operationen. Zu Funktionen f : D → R, g : E → R mit Bild f (D) := {y ∈ R : y = f (x) für x ∈ D} ⊂ E (98) erklären wir die Komposition (g ◦ f ) : D −→ x 7→ R (g ◦ f )(x) := g(f (x)) (99) Zeichnung: Mengendiagramme magenta, orange, weiß Beispielsweise gilt mit sq : R → R≥0 , x 7→ x2 , dann (sqrt ◦ sq) = sqrt(x2 ) = √ x2 = |x| = abs(x). 8.2 Grenzwerte von Funktionen Ein Punkt a ∈ R heißt Berührpunkt von D ⊂ R, wenn es eine Folge (an )n mit an ∈ D (100) für alle n ∈ N gibt, so daß limn→∞ an = a. Klar: Jedes a ∈ D ist selbst Berührpunkt, aber u. U. gibt es Berührpunkte außerhalb von D. (0, 1) hat so die zusätzlichen“ Berührpunkte 0 und 1. ” 8.2 Grenzwerte von Funktionen 49 Definition: Sei nun f : D → R eine Funktion und a ein Berührpunkt von D, so schreiben wir lim f (x) = c oder lim f (x) = c (101) x→a n→∞ falls für jede Folge (xn )n mit xn ∈ D und lim xn = x (102) lim f (xn ) = c (103) n→∞ der Grenzwert n→∞ existiert. lim f (x) = c bzw. x&a lim f (x) = c, (104) (bzw. xn < a) (105) x%a wenn für jede Folge (xn )n mit xn ∈ D, xn > a und limn→∞ xn = a auch limn→∞ f (xn ) = c. (Def. 8.1) Dann gilt folglich limx→a f (x) = c wenn lim f (x) = c und x&a lim f (x) = c, x%a (106) d. h. limx&a f (x) = limx%a f (x) = c. Definition: Ein asymtotisches Verhalten von Funktionen, d. h. für sehr große (bzw. kleine) x gegen einen festen, endlichen Wert strebt, wird angegeben durch lim f (x) = c bzw. lim f (x) = c (107) n→+∞ x→−∞ wenn der Definitionsbereich D nach oben (bzw. nach unten) unbeschränkt ist und für jede Folge (xn )n mit xn ∈ D und lim xn = +∞ n→∞ auch limn→∞ f (xn ) = c gilt. (bzw. −∞) (108) (Def. 8.2) Also: Der Grenzwertbegriff für Funktionen wurde auf den Grenzwertbegriff für Folgen zurückgeführt, indem der Funktionsbegriff auf die Folgengrenzwerte angewandt wurde: f ((xn )n ). Beispiel 8.2: 50 8 Funktionen und Stetigkeit (1) Für den reellen Absolutbetrag gilt limx→0 |x| = 0, denn mit limn→∞ xn = 0 gilt insbesondere limn→∞ |xn | = 0. (2) Die Dirichletfunktion ϑ besitzt nirgends einen Grenzwert, da lim ϑ(xn ) = n→∞ 1 0 falls (xn )n konvergiert und xn ∈ Q falls (xn )n konvergiert und xn ∈ 6 Q (3) für die rationale Funktion r(x) = gilt y 6 1 lim r(x) = , n→a6=0 a und 1 x lim r(x) = −∞ x% -x lim r(x) = +∞. n&∞ (4) für ein Polynom p(x) = xn + an−1 xn−1 + · · · + a0 gilt lim p(x) = +∞, x→∞ denn für x ≥ B = max(1, 2m|an−1 |, . . . , 2m|a0 |) ist p(x) 4-Ungl. = ≤ |{z} 2m|am −1|≤x x −|am −1|≥ 2m xm − |am−1 |xm−1 + · · · + |a0 | x x xm − xm−1 + . . . + 2m 2m xm − ≤ 1 m x 2 = 1 m x . 2 Sei nun (xn )n eine Folge mit limn→∞ xn = +∞, so gilt xn ≤ B für hinreichend große n, und damit gilt p(xn ) ≥ 1 m xn 2 ≥ 1 xn . 2 y (109) 6 c Also limn→∞ = +∞. Damit limx→∞ p(x) = +∞. Jetzt wird’s wichtig: -x 8.3 Stetigkeit 51 8.3 Stetigkeit Definition: Sei f : D → R eine Funktion und a ∈ D, dann heißt f stetig in a, falls lim f (x) = f (a). f heißt stetig in D, falls f stetig in allen Punkten x→a a ∈ D ist. (Def. 8.3) Offensichtlich sind konstante Funktionen stetig, ebenso die Identität id. Ferner ist r(x) = x1 nach Beispiel 8.2 (3) stetig für x 6= 0, nicht aber in x = 0. Und die Dirichletfunktion ϑ(x) aus Beispiel 8.1 (5) ist nirgends stetig. Satz 8.1: Seien f, g : D → R in a stetige Funktionen. Dann sind auch die Funktionen f + g und f · g stetig in a. Ist ferner g(a) 6= 0, so ist auch fg stetig in a. Beweis: Sei (xn )n eine Folge mit xn ∈ D und limn→∞ xn = a. Nach Voraussetzung ist lim f (xn ) = lim f (x) = f (a) (110) n→∞ x→a und lim g(xn ) = g(a). n→∞ (111) Damit folgt die Behauptung aus den Rechenregeln für Zahlenfolgen aus Satz 3.3. 2 Da die rationalen Funktionen durch rationale Operationen aus den stetigen Funktionen id und x 7→ 1 entwickelbar sind, folgt Korollar 8.2: Rationale Funktionen sind stetig auf ihrem Definitonsbereich. Satz 8.3: Seien f : D → R und g : E → R Funktionen mit f (D) ⊂ E. Ist f stetig in a ∈ D und g stetig in b = f (a), so ist auch g ◦ f stetig in a. Beweis: Sei (xn )n eine Folge in D und limn→∞ f (xn ) = f (a). Nach Voraussetzung ist xn := f (xn ) ∈ E sowie lim xn = lim f (xn ) = f (a) = b. n→∞ n→∞ Aus der Stetigkeit von g in b ergibt sich limn→∞ g(yn ) = g(b). (112) 52 8 Funktionen und Stetigkeit Damit folgt lim (g ◦ f )(xn ) n→∞ = lim g (f (xn )) n→∞ = g(b) = = g(f (a)) lim g(yn ) n→∞ = (g ◦ f )(a). 2 Beispiel 8.3: Der Absolutbetrag ist stetig, dies folgt mit der Fallunterscheidung • für a > 0 ist abs(a) = a = id(a). • für a = 0 hatten wir bereits limn→∞ = 0 für jede Folge (xn )n • für a > 0 ist abs(a) = −a = −id(a). Satz 8.4: (Zwischenwertsatz ) Sei f : [a, b] → R eine stetige Funktion mit f (a) < 0 < f (b) (bzw. f (b) < 0 < f (a)) (113) Dann besitzt f eine Nullstelle in (a, b), d. h. es gibt η (sprich: eta) mit a < η < b und f (η) = 0. Beweis: mittels Intervallschachtelung (à la Bolzano-Weierstraß). Wir konstruieren eine Folge von Intervallen [an , bn ] ⊂ [a, b] mit: (1) [an , bn ] ⊂ [an−1 , bn−1 ] für alle n ≥ 1 (2) bn − an = 2−n (b − a) für alle n ≥ 1 (3) f (an ) ≤ 0 ≤ f (bn ) für alle n ≥ 1 8.3 Stetigkeit 53 Dazu setzen wir zunächst [a0 , b0 ] = [a, b]. Ist [an , bn ] mit den Eigenschaften n (1)–(3) bereits konstruiert, so sei m = an +b und setzen 2 [an+1 , bn+1 ] = [an , m], falls f (m) ≥ 0 [m, bn ], sonst. (114) Dies erfüllt die Eigenschaften (1)–(3) (Induktionsschritt). Die Folge [an , bn ] mit (1)–(3) existiert. Damit ist die Folge der an monoton wachsend, die Folge der bn monoton fallend, beide sind beschränkt, also konvergieren (an )n und (bn )n . Wegen (3) gilt: lim an = lim bn n→∞ n→∞ lim 2−n = 0 . (115) n→∞ Sei jetzt η := lim an . Klar ist η ∈ [a, b]. Aufgrund der Stetigkeit von f gilt n→∞ lim f (an ) = f (η) = lim f (bn ). n→∞ (116) n→∞ Mit Satz 3.4 zeigt sich über (3) f (η) = lim f (an ) n→∞ ≤ 0 ≤ lim f (bn ) = f (η). Also ist f (η) = 0, und offensichtlich f (η) ∈ (a, b). Der Beweis ist konstruktiv. Wir finden gute Näherungen für 1 1 5 4 .. . √ < √2 < < √2 < 2 < < .. . 2 3 2 3 2 .. . (117) n→∞ √ 2 2: y 6 3 2 1 √ 2 -x 2 −2 Korollar 8.5: Sei f : [a, b] → R stetig und c ∈ R genüge f (a) < c < f (b). Dann gibt es ein λ ∈ (a, b) mit f (λ) = c. 54 8 Funktionen und Stetigkeit Beweis: Folgt aus Anwendung des Zwischenwertsatzes (Satz 8.4) auf die Funktion f (x) − c. 2 Korollar 8.6: Ist I ein Intervall und f : I → R stetig, so ist auch f (I) = {y ∈ R : y = f (x) für ein x ∈ I} ein Intervall. Beweis: (a, b). Nach Korollar 8.5 ist jedes c ∈ (f (a), f (b)) Funktionswert eines λ ∈ 2 Eine Funktion f : D → R heißt beschränkt, wenn die Menge f (D) beschränkt ist, d. h. es gibt eine Konstante B, so daß |f (x)| ≤ B für alle x ∈ D. Ein Intervall heißt kompakt, wenn es beschränkt und abgeschlossen ist. Satz 8.7: Eine in einem kompakten Intervall stetige Funktion f : [a, b] → R ist beschränkt und nimmt ihr Maximum und Minimum an, d. h. es gibt ω, ζ ∈ [a, b], so daß f (ω) = inf{f (x) : x ∈ [a, b]} und f (ζ) = sup{f (x) : x ∈ [a, b]}. Die Aussage ist falsch, wenn eine der Intervallgrenzen offen ist, z. B. x 7→ (0, 1]. (118) 1 x auf Beweis: Es genügt, den Beweis nur für das Maximum zu führen; der Übergang von f nach −f liefert dann die Aussage für das Minimum. Sei B := sup{f (x) : x ∈ [a, b] ∈ R ∪ {∞}. Dann existiert eine Folge (xn )n mit xn ∈ [a, b], so daß limn→∞ f (xn ) = B (Stetigkeit von f ). Aus der Beschränktheit der Folge (xn )n ergibt sich mit Satz 6.2 die Existenz einer konvergenten Teilfolge (xnk )k mit lim xnk = ζ ∈ [a, b]. k→∞ Aus der Stetigkeit von f ergibt sich nun f (ζ) = limk→∞ f (xnk ). Für die Praxis ist folgendes ε-δ-Kriterium der Stetigkeit äußerst wichtig: 2 8.3 Stetigkeit 55 Satz 8.8: Sei D ⊂ R, f : D → R eine Funktion. f ist genau dann in a ∈ D stetig, wenn gilt: Zu jedem ε > 0 existiert ein δ > 0, so daß |f (x) − f (a)| < ε für alle x ∈ D mit |x − a| < δ. f ist also genau dann in a stetig, wenn der Funktionswert f (x) von f (a) beliebig wenig abweicht, sofern nur x hinreichend nahe bei a liegt: y6 } 2δ s f (a) a } 2ε -x ε-δ-Kriterium der Stetigkeit Beweis: • (‘⇐=’): Angenommen, zu jedem ε > 0 existiert ein δ > 0, so daß |f (x) − f (a)| < ε für alle x ∈ D mit |x − a| < δ. Es ist zu zeigen, daß für jede Folge (xn )n mit limn→∞ xn = a auch limn→∞ f (xn ) = f (a) gilt. Wegen limn→∞ xn=a gibt es ein N , so daß |xn − a| < δ für alle n ≥ N . Nach Voraussetzung folgt |f (xn ) − f (x)| < ε für alle n ≥ N . • (‘=⇒’): Angenommen, für jede Folge (xn )n in D mit limn→∞ xn = a gilt limn→∞ f (xn ) = f (a). Dann ist zu zeigen, daß zu jedem ε > 0 ein δ > 0 existiert mit |f (x) − f (a)| < ε für alle x ∈ D mit |x − a| < δ. Wir zeigen dies mittels Kontraposition (d. h. die Implikation A ⇒ B ⇔ ¬B ⇒ ¬A). 56 8 Funktionen und Stetigkeit Angenommen, es gibt ein ε > 0, so daß für alle δ > 0 und alle x ∈ D mit |x − a| < δ stets |f (x) − f (a)| ≥ ε. Dann existiert zu jedem n ≥ 1 ein x1 ∈ D mit 1 und |f (xn ) − f (a)| ≥ ε. (119) |xn − a| < n Also gilt limn→∞ xn = a und nach Voraussetzung limn→∞ f (xn ) = f (a), im Widerspruch zu |f (xn ) − f (a)| ≥ ε. 2 Korollar 8.9: Sei f : D → R stetig in a ∈ D und f (a) 6= 0. Dann gilt f (x) 6= 0 für alle x in einer hinreichend kleinen Umgebung von a (d. h. es gibt ein δ > 0, so daß f (x) 6= 0 für alle x ∈ D und |x − a| < δ). Beweis: Zu ε := |f (a)| > 0 gibt es nach Satz 8.8 ein δ > 0, so daß |f (x) − f (a)| < ε für alle x ∈ D mit |x − a| < δ. Damit folgt über die Dreiecksungleichung |f (x)| 4−U ngl. ≥ |f (a)| − |f (x) − f (a)| > 0 | {z } | {z } =ε (120) <ε 2 Wir benötigen einen noch filigraneren Stetigkeitsbegriff: Eine Funktion f : D → R heißt gleichmäßig stetig in D, wenn gilt: Für jedes ε > 0 gibt es ein δ > 0, so daß für alle x, y ∈ D mit |x − y| < δ gilt: |f (x) − f (y)| < ε (gewissermaßen dasselbe δ für alle Punkte y in der alten Stetigkeitsbedingung). Damit ist natürlich jede gleichmäßig stetige Funktion f : D → R auch in jedem Punkt a ∈ D stetig. Die Umkehrung gilt jedoch nicht. Beispiel 8.4: Die Funktion f : (0, 1] → R, x 7→ x1 ist stetig, aber nicht gleichmäßig stetig. δ läßt sich nicht unabhängig von a ∈ (0, 1] wählen. Angenommen, f wäre gleichmäßig stetig, so gäbe es zu ε = 1 ein δ > 0, so daß für alle x, y ∈ (0, 1] mit |x − y| < δ auch |f (x) − f (y)| < 1 gelten würde. 1 1 <δ Widerspruch über die Existenz eines n ∈ N mit n ≥ 1 und |x−y| = n1 − 2n = 2n 1 1 und |f ( n ) − f ( 2n )| = |n − 2n| = n ≥ 1. Satz 8.10: stetig. Eine auf einem kompakten Intervall stetige Funktion ist gleichmäßig 9 Die Exponentialfunktion 57 Beweis: Angenommen, f : D → R sei nicht gleichmäßig stetig. Dann gibt es ein ε > 0, so daß zu jedem 1 ≤ n ∈ N Punkte xn , yn ∈ D = [a, b] gibt mit |xn − yn | < n1 und |f (xn ) − f (yn )| ≥ ε. Nach Satz 6.2 (Bolzano-Weierstrass) besitzt die beschränkte Folge (xn )n eine konvergente Teilfolge (xnk )k mit Grenzwert z = lim xnk ∈ [a, b], (121) n→∞ (die Zugehörigkeit von z ∈ [a, b] folgt aus Satz 3.4). Wegen 1 1 1 − xn < nk y n k k ist limk→∞ ynk = z. Aus der Stetigkeit von f folgt lim (f (xnk ) − f (ynk )) = f ( lim ) − f ( lim )ynk ) = f (z) − f (z) = 0, k→∞ k→∞ k→∞ 2 im Widerspruch zu |f (xnk ) − f (ynk )| ≥ ε. 9 Die Exponentialfunktion In der Zinsrechnung ist cn der Faktor, um den sich ein Kapital beim Zinssatz 100% in einem Jahr erhöht, wenn n mal aufgezinst wird. jährlich: monatlich: täglich: c1 = (1 + 1)1 = 2 1 12 = 2, 613 . . . c12 = 1 + 12 1 365 = 2, 714 . . . c365 = 1 + 365 Weitere Werte legen die Konvergenz von cn = 1 + 1 n n Tatsächlich gilt7 lim n→∞ 1 1+ n n = ∞ X 1 = e. n! n=0 e ist die Eulersche Zahl (aus dem Jahre 1742). 7 siehe Übungsaufgaben 6.3 und 7.2 bei n → ∞ nahe! 58 9 Die Exponentialfunktion Definition: Wir definieren allgemeiner die Exponentialfunktion durch exp : R → R, x 7→ exp(x) = ∞ X xn . n! n=0 (122) (Def. 9.1) Satz 9.1: Für alle x ∈ R ist die Exponentialreihe ∞ X xn x2 =1+x+ + ··· n! 2 n=0 (123) absolut konvergent. Beweis: mit dem Quotientenkriterium (Satz 7.7). Mit an = (der Fall x = 0 ist trivial) und n ≥ 2|x| an+1 xn+1 n! |x| = an (n + 1)! + xn = n + 1 < xn n! gilt für x 6= 0 1 . 2 2 Hinweis: Das Quotientenkriterium und Beweise vermöge dessen Aussagekraft sind von zentraler Bedeutung. Die Exponentialreihe eignet sich wunderbar, die Exponentialfunktion zu approximieren. Lemma 9.1: Für alle x mit |x| ≤ 1 + N X xn exp(x) − n! n=0 N 2 gilt: < 2 |x|N +1 . (N + 1)! 9 Die Exponentialfunktion 59 Beweis: Mit Hilfe der geometrischen Reihe (Satz 4.1) zeigt sich für den Reihenrest N ∞ ∞ X X X xn |x|n xn exp(x) − = ≤ n! n! n! n=0 n=N +1 N +1 = = n=N +1 N +2 |x| |x|N +3 |x| + + + ··· (N + 1)! (N + 2)! (N + 3)! |x|N +1 |x| |x| 1+ + + ··· (N + 1)! N + 2 (N + 2)(N + 3) | {z } 2 |x| |x| < 1+ N +2 +( N +2 ) +··· P∞ j |x| 1 = <2 j=0 ( N +2 ) = |x| 1− N +2 N +1 < 2 |x| , (N + 1)! wobei |x| N +2 < 12 . 2 Satz 9.2: e = exp(1) ist irrational. Beweis: Angenommen, e = ab mit o. B. d. A. teilerfremden a, b ∈ N, b 6= 0. Dann ist für jedes N ∈ N mit N ≥ b ! N N X 1 N! X N! ξN := N ! e − =a − (124) n! b n! n=0 n=0 eine ganze Zahl. Andererseits gilt nach dem Lemma ∞ X 0 < ξN = n=N +1 N! 2 1 · N! < 2 = <1 n! (N + 1)! N +1 2 für N ≥ 2. Widerspruch. Eine wichtige Eigenschaft der Exponentialfunktion Satz 9.3: (Funktionalgleichung) Für alle x, y ∈ R gilt exp(x + y) = exp(x) · exp(y). Für den Beweis benötigen wir (125) 60 9 Die Exponentialfunktion P∞ P∞ Lemma 9.2: (Cauchyprodukt) Es seien n=0 an und n=0 bn absolut konvergente (siehe §7.1) unendliche Reihen. Dann gilt ∞ X ! · an n=0 wobei cn = Beweis: Pn k=0 ∞ X ! bn = n=0 ∞ X cn , (126) n=0 cn ist absolut konvergent. n=0 ak bn−k , und auch die Reihe P∞ Wir definieren uns die Partialsummen AN = N X ak , BN = N X bl , CN = cn . n=0 l=0 k=0 N X Dann gilt AN BN − Cn = N X k=0 ak N X bl − N X cn N X N X = n=0 l=0 ak bl − N X n X ak bn−k n=0 k=0 k=0 l=0 und mit 0 ≤ l = n − k ≤ N − k (bzw. k + l ≤ N ) (Idee!) X = X ak bl . 0≤k,l≤N k+l>N In der Summation 0 ≤ k, l ≤ N, k + l > N ist mindestens ein Index > Damit folgt |AN BN − Cn | 4-Ungl. X ≤ k> N 2 |ak | ∞ X |al | + l=0 X N 2. |bl | l> N 2 P∞ P∞ Da die Reihen strebt die rechte k=0 ak und l=0 bl absolut konvergieren, P∞ Seite bei N → ∞ gegen Null. Also konvergiert n=0 cn . Wegen |cn | ≤ n X |ak | · |bn−k | (127) k=0 P∞ P∞ liefert das bislangPBewiesene angewandt auf k=0 |ak | und P l=0 |bl | auch die ∞ ∞ Konvergenz von n=0 |cn |, also die absolute Konvergenz von n=0 cn . 2 9 Die Exponentialfunktion 61 Beweis: (von Satz 9.3 – Funktionalgleichung) Bilden wir das Cauchyprodukt der absolut konvergenten Exponentialreihen (Satz 9.1), so erhalten wir mit dem binomischen Lehrsatz (Satz 1.4) n n X X n 1 k n−k xk y n−k (x + y)n = x y = . cn = k! (n − k)! k n! n! k=0 (128) k=0 Also folgt exp(x) · exp(y) = ∞ X xk k=0 ! k! ∞ X yl k=0 ! l! = exp(x + y). (129) 2 Aus der Funktionalgleichung folgt exp(x) · exp(−x) = exp(0) = 1, und vermöge exp(x) = 1 + x + · · · ≥ 1 + x für x ≥ 0 (positiv!) (130) folgt Korollar 9.4: Für alle x ∈ R gilt 0 < exp(x) = exp keine Nullstellen. 1 exp(−x) . Insbesondere hat y 6 exp(x) 1 f - x Ferner zeigt man leicht per vollständiger Induktion exp(n) = en (deshalb schreibt man auch ex statt exp(x)). Satz 9.5: Die Exponentialfunktion exp ist in jedem Punkt a ∈ R stetig. 62 Beweis: 9 Die Exponentialfunktion Dazu haben wir zu zeigen lim exp(x) = exp(a). n→∞ Sei (xn )n eine beliebige Folge mit limn→∞ xn = a. Dann gilt für die Folge (yn )n mit yn = xn − a natürlich limn→∞ yn = 0. Also gibt es ein N , so daß |yn | < 1 für alle n ≥ N. Mit Lemma 9.1 folgt | exp(yn ) − 1| ≤ 2|yn | für n ≥ N. Daraus folgt lim exp(xn − a) = lim exp(yn ) = 1. n→∞ n→∞ Mit der Funktionalgleichung folgt lim exp(xn ) n→∞ = = lim (exp(a) · exp(xn − a)) n→∞ exp(a) · lim exp(xn − a) n→∞ = exp(a). 2 9.1 Das Wachstum von Funktionen Die Exponentialfunktion wächst rasend schnell“. Wir beschreiben dies durch ” die Landau-Symbole ‘klein-oh’ (O) und ‘groß-oh’ (O) nach E. Landau (1877– 1938). Wir schreiben f (x) = O(g(x)) falls lim x→∞ f (x) = 0, g(x) (131) d. h. also zu jedem ε > 0 gibt es ein B > a sowie eine Funktion g(x) mit g(x) > 0 (wichtig!) für x > B, so daß |f (x)| < ε · g(x) für alle x > B. Dies bedeutet, daß f (x) im Vergleich zu g(x) asymptotisch bei x → ∞ verschwindend klein ist. Ferner schreiben wir f (x) = O(g(x)) falls lim sup n→∞ |f (x)| < ∞, g(x) d. h. wenn es Konstanten c > 0 und B > a gibt, so daß für alle x > B |f (x)| < c · g(x) für alle x > B. (132) 9.1 Das Wachstum von Funktionen 63 Anschauliche Erkläuterungen sind hier gefragt! Das ist zwar bei Grenzwertprozessen nicht so einfach, aber vielleicht hat ja jemand eine Idee oder hilfreiche Skizzen? Beispiel 9.1: Für beliebiges n ∈ N gilt bei n → ∞ (i) xn = O (exp(x)), denn: für x > 0 ist exp(x) = xn limx→∞ exp(x) (ii) exp(−x) = O(x−n ), dies folgt aus exp(−1) = (iii) = O(1), d. h. exp( x1 ) > xn+1 , (n+1)! also folgt 2 Die Exponentialfunktion wächst limx→∞ (n+1)! x 0≤ ≤ = 0. also schneller als jede Potenz von x! exp( x1 ) xk k=0 k! P∞ 1 exp(x) und (1). ist beschränkt. Allgemein erklärt man ganz analog f (x) = O(g(x)) f (x) = O(g(x)) für x → x0 für x → x0 falls lim x→x0 falls lim sup x→x0 f (x) = 0. g(x) (133) |f (x)| < ∞. g(x) (134) Vorsicht! Bitte nie vergessen, g(x) > 0 zu wählen! Wichtig sind die Restglieder der Exponentialreihe! Im Hinblick auf das Lemma zu Satz 9.1 gilt mit | exp(x) − (1 + x)| ≤ x2 exp(x) = 1 + x + ( x nahe bei der Null“). ” Fazit: ∞ X xn (135) = 1 + x + O(x2 ) für x → 0 n! n=2 (135) (136) 64 9 Die Exponentialfunktion y exp(x) 6 1+x -x Ähnlich wichtig wie die Exponentialfunktion ist ihre Umkehrfunktion: 9.2 Der Logarithmus Es heißt, daß sich alle zwei Jahre die Größe des WWW verdoppelt. Wir modellieren dieses Wachstum durch die Funktion t 7→ 2t , wobei t = 1 einem Zeitraum von zwei Jahren entspricht. Wann ist das Internet zehn Mal so groß wie heute? Die Umkehrfunktion der Exponentialfunktion ist der Logarithmus. Zu seiner Einführung benötigen wir noch etwas Theorie: Es sei D ⊂ R und f : D → R eine Funktion. Dann sagen wir monoton wachsend , falls f (x) ≤ f (y), streng monoton wachsend , falls f (x) < f (y), f ist monoton fallend , falls f (x) ≥ f (y), streng monoton fallend , falls f (x) > f (y). für alle x < y, x, y ∈ D. f (y) 6 f (x) x y streng monoton wachsend (137) 9.2 Der Logarithmus 65 Satz 9.6: Sei D ⊂ R ein Intervall und f : D → R eine stetige, streng monoton wachsende (bzw. streng monoton fallende) Funktion. Dann bildet f das Intervall D ab auf das Intervall D0 = f (D) ab, und die Umkehrfunktion f −1 : D0 7→ D, definiert durch f −1 (y) = x für f (x) = y, (138) ist ebenfalls stetig und streng monoton wachsend (bzw. streng monoton fallend). Vorsicht! f −1 ist nicht zu verwechseln mit 1 f. Beweis: (Beweisskizze) Nach Korollar 8.6 ist D0 = f (D) ein Intervall. Aufgrund der strengen Monotonie von f ist f : D → D0 bijektiv. Die Stetigkeit von f −1 folgt aus der Stetigkeit von f mit der Beobachtung f −1 (f (a)) = a (nach Def.). Dies impliziert mit der Stetigkeit von f : f −1 ((f (a) − δ, f (a) + δ)) ⊂ (a − ε, a + ε) ⊂ D (139) für jedes hinreichend kleine δ > 0 zu gegebenem ε > 0. Randpunkte kann man ähnlich behandeln. 2 Korollar 9.7: wachsend mit Die Exponentialfunktion exp : R → R ist streng monoton exp(R) = R+ := {y ∈ R mit y > 0}. y exp(x) 6 -x (140) 66 9 Die Exponentialfunktion Die Umkehrfunktion, der natürliche Logarithmus log : R+ → R ist stetig und streng monoton wachsend und genügt der Funktionalgleichung: log(x · y) = log x + log y Beweis: ∀x, y ∈ R+ . (141) Für x < y ist χ := y − x > 0 (χ sprich: ‘chi’) und exp(y − x) = exp(χ) = 1 + χ + · · · > 1. (142) Mit der Funktionalgleichung zeigt sich exp(y) = exp(χ + x) = exp(χ) exp(x) > exp(x). (143) Also ist exp streng monoton wachsend (∗). Für alle n ∈ N gilt exp(n) ≥ 1 + n und somit ist ∗ 1 1 exp(−n) = ≤ . (144) exp(n) n+1 Damit limn→∞ exp(−n) = 0 und limn→∞ exp(+n) = +∞. Es folgt exp(R) = (0, +∞) = R+ . Der Rest ergibt sich aus Satz 9.6. 2 Hinweis: Bezüglich des Graphen ist der Logarithmus gerade der an einer Ursprungsgeraden mit der Steigung 1 gespiegelte Graph der Exponentialfunktion: y exp(x) 6 log x x -x f −1 (f (a))=a 9.3 Die Exponentialfunktion zur Basis a 67 9.3 Die Exponentialfunktion zur Basis a Allgemeiner erklärt man für a > 0 die Exponentialfunktion zur Basis a auf R vermöge expa (x) := ax := exp(x · log a). (145) Die Umkehrfunktion heißt Logarithmusfunktion zur Basis a und wird mit loga bezeichnet. Exponentialfunktionen bzw. deren Logarithmus zu verschiedenen Basen lassen sich leicht ineinander umrechnen. Hier müssen unbedingt noch die Formel für loga und Beispiele zu Basenumrechnungen angegeben werden! Ferner erklären wir für 2 ≤ k ∈ N die k-te Wurzel √ √ k : R+ → R, x 7→ k x (146) als Umkehrfunktion zur k-ten Potenz x 7→ xk . Im Falle eines ungeraden ks existiert diese Funktion sogar auf ganz R. y y 6 √ 2 x2 6 √ 3 x3 -x Graph für k = 2: -x Graph für k = 3: Wir schließen mit einer interessanten Grenzwertbetrachtung: lim √ n n→∞ √ n n=n also limn→∞ √ n 1 n 2 ! 1 log n log n +O , = exp · log n = 1 + n n |n {z } →0 n = 1. n =? 68 10 Die komplexen Zahlen 10 Die komplexen Zahlen Unglücklicherweise können wir so einfache Gleichungen wie x2 + 1 = 0 über den rellen Zahlen nicht lösen. Hier hilft eine Zahlbereichserweiterung. Definition: Wir definieren die imaginäre Einheit durch i := einer komplexen Zahl verstehen wir dann eine Zahl z =a+i·b mit a, b ∈ R. √ −1. Unter (147) a heißt Realteil von z, in Zeichen: Re z := a, und b heißt Imaginärteil von z, inZeichen: Im z := b. Die Menge der komplexen Zahlen bezeichnen wir mit C = {z = a + i · b, a, b ∈ R}. (148) Sie lassen sich visualisieren in der Gaußschen Zahlenebene: y 6 z=a+ib∼ =(a,b) b=Im z s -x a=Re z Damit ist C=R ˜ 2 (siehe Lineare Algebra). (Def. 10.1) Vorsicht! √ i = −1 ist keine reelle Zahl. Klar ist aber, daß R ⊂ C. Wir haben also nichts aufgegeben, sondern mehr dazubekommen. Wir erklären nun in Übereinstimmung mit der Vektoraddition im R2 eine Addition vermöge folgender Vorschrift (a + ib) + (c + id) = (a + c) + i(b + d) (149) 10.1 Konjugiert komplexe Zahlen 69 sowie eine Multiplikation ∗ (a + ib) · (c + id) = ac − bd + i · (bc + ad), (150) denn stupides Ausmultiplizieren (∗) zeigt uns ac + iad + ibc + i2 bd = ac − bd + i(bc − ad) (da i2 = −1). Exkurs Tatsächlich gilt folgendes: i, i2 = −1, i3 = −i, i4 = +1, · · · , d. h. sie bilden eine . Das hat weitreichende Konsequenzen! Satz 10.1: C ist ein Körper, der Körper der komplexen Zahlen. Beweis: Der Beweis ist leicht, bis auf den Nachweis der Existenz des multiplikativ Inversen: Sei z = a + ib 6= 0, dann ist 1 z = = 1 a − ib a + ib a − ib a − ib 1 a − ib = 2 = 2 (a − ib) ∈ C 2 2 2 a + abi − abi − (ib) a +b a + b2 1 a + ib = Hier wegen z 6= 0 auch a2 + b2 6= 0. 2 Mehr oder weniger haben wir diesen Satz jetzt bewiesen, und wir haben einen netten Trick entdeckt: Im Beweis haben wir zwei wichtige zu z assoziierte komplexe Zahlen kennengelerrnt: 10.1 Konjugiert komplexe Zahlen Für eine komplexe Zahl z = a + ib definiert man die konjugiert komplexe Zahl durch z̄ = a − ib, 70 10 Die komplexen Zahlen dies entspricht in der Gaußschen Zahlenebene einer Spiegelung an der reellen Achse. 6 s z=a+ib b -R −b s z=a−ib Damit gilt z̄¯ = z und z = z̄¯ genau für z ∈ R. Ferner ist Re z = a = 12 (a + ib + a − ib) = 21 (z + z̄) (151) Im z = a = 12 (a + ib − (a − ib)) = 21 (z − z̄) (152) sowie Außerdem verifiziert man leicht z + w = z̄ + w̄, z · w = z̄ · w̄. (153) 10.2 Betrag Die komplexen Zahlen sind nicht angeordnet, denn es gibt Quadrate, die einen negativen Wert besitzen: i2 = −1. Genauer: Angenommen i > 0, dann −1 = i2 > 0, was ein Widerspruch ist. i = 0 ist auch Unsinn. Angenommen i < 0, dann −1 = i2 > 0 (da sich das Relationszeichen umdreht) – das ist wieder ein Widerspruch. Also kommen Ungleichungen für komplexe Zahlen nicht in Frage! Um aber trotzdem einen Begriff der Größe“ auf C zu erhalten, definieren wir ” den Betrag einer komplexen Zahl z = a + ib durch p p √ |z| = z · z̄ = (a + ib)(a − ib) = a2 + b2 ∈ R. (154) Dies ist auch nichts anderes, als der Euklidische Abstand von (a, b) vom Ursprung in R2 . 10.3 Polynome über C 71 6 s z=a+ib,z=(a,b) b √ a2 +b2 a √ |a+ib|= -R a2 +b2 Leicht zeigt sich, daß sämtliche Eigenschaften der Betragsfunktion (Satz 2.1) erfüllt sind. Damit wird C zu einem bewerteten Körper (siehe S. 20). 1 z Aus dem Beweis von Satz 10.2 folgt nun = z̄ |z|2 . 10.3 Polynome über C Vieles ist über C ähnlich wie über R (siehe unten), und einige Dinge sind über C sogar viel natürlicher als über R. Beispielsweise gilt der über R ungültige Satz 10.2: (Fundamentalsatz der Algebra) Über C besitzt jedes nicht-konstante Polynom eine Nullstelle. Beispiel 10.1: z 2 + 1 = (z − i)(z + i). 6 +i -R −i Der Beweis des Fundamentalsatzes ist nur mit Hilfe der Analysis möglich! 10.4 Konvergenz von Folgen und Reihen in C Eine Folge (cn )n komplexer Zahlen heißt konvergent gegen eine komplexe Zahl c, falls zu jedem ε > 0 ein N existiert, so daß für alle n ≥ N |cn − c| < ε. Wie bei reellen Folgen schreiben wir dann limn→∞ cn = c. (155) 72 Satz 10.3: die Folgen 10 Die komplexen Zahlen Eine Folge (cn )n komplexer Zahlen konvergiert genau dann, wenn (Re cn )n und (Im cn )n (156) beide konvergieren. Im Falle der Konvergenz können wir auch noch den Grenzwert angeben. lim cn = lim Re cn + i lim Im cn (157) n→∞ n→∞ n→∞ Beweis: Sei cn = an + i · bn mit an , bn ∈ R. Angenommen, (cn )n konvergiert gegen c = a + ib, a, b ∈ R. Dann gibt es zu jedem ε > 0 ein n, so daß für alle n>N |cn − c| < ε. (158) Damit folgt |an − a| = |Re (cn − c)| 4-Ungl. ≤ |cn − c| Also konvergieren (an )n bzw. (bn )n gegen a bzw. b. Sind andererseits die Folgen (an )n und (bn )n konvergent mit Grenzwerten a bzw. b, so gibt es zu jedem ε > 0 ein N , so daß für alle n ≥ N |an − a| < ε 2 und |bn − b| < ε . 2 (159) Damit ist |cn − c| = |an + ibn − (a + ib)| 4-Ungl. ≤ |an − a| + |bn − b| < ε ε + = ε. (160) 2 2 2 Damit ergibt sich nun vieles für C in völliger Analogie zu R. Beispielsweise gelten für konvergente Zahlenfolgen dieselben Rechenregeln wie sie Satz 3.3 für reelle Folgen liefert, zusätzlich lim cn = lim cn . n→∞ n→∞ (161) Ferner heißt eine Folge (cn )n komplexer Zahlen eine Cauchyfolge, wenn zu jedem ε > 0 ein N existiert, sodaß für alle m, n > N gilt: |cm − cn | < ε. 10.5 Stetigkeit 73 Satz 10.4: Eine Folge (cn )n komplexer Zahlen ist genau dann eine Cauchyfolge, wenn die reellen Folgen (Re cn )n und (Im cn )n Cauchyfolgen sind. Da in R jede Cauchyfolge konvergiert, gilt Korollar 10.5: In C konvergiert jede Cauchyfolge. Völlig analog übertragen sich nun auch die Begriffe der ‘konvergenten’ bzw. ab” solut konvergenten unendlichen Reihen“ reeller Zahlen auf ihre komplexen Pendants. Nahezu wortwörtlich beweist man das Majoranten- bzw. das Quotientenkriterium für unendliche Reihen komplexer Zahlen. Damit zeigt sich u. a. auch die absolute Konvergenz der Exponentialreihe exp(z) = ∞ X zn n! n=0 (162) für beliebiges z ∈ C. Es gilt die Funktionalgleichung exp(z + w) = exp(z) · exp(w) (163) für beliebige z, w ∈ C. Satz 10.6: Beweis: Für beliebiges z ∈ C gilt exp(z̄) = exp(z). Für jedes m ∈ N gilt m m m X X X (z̄)n zn zn = = n! n! n! n=0 n=0 n=0 Mit m → ∞ folgt diese Behauptung. 2 10.5 Stetigkeit Sei D eine Teilmenge von C. Dann heißt die Funktion f : D → C stetig in einem Punkt w ∈ D, falls lim f (z) = f (w), z→w (164) d. h. wenn für jede Folge (zn )n in D mit limn→∞ zn = w auch limn→∞ f (zn ) = f (w) gilt. Eine Funktion f : D → C heißt stetig in D, falls f stetig in jedem Punkt w ∈ D ist. Wie im Reellen gilt 74 11 Trigonometrische Funktionen Satz 10.7: Die Exponentialfunktion exp : C → C ist in ganz C stetig. 11 Trigonometrische Funktionen 11.1 Sinus und Cosinus Wir definieren die Funktion Cosinus und Sinus für x ∈ R > vermöge cos(x) = Re exp(ix) und sin(x) = Im exp(ix). (165) Damit gilt die Eulersche Formel : Für beliebiges x ∈ R ist exp(ix) = cos(x) + sin(x) (166) (verwandt: eiπ + 1 = 0). Wichtige geometrische Interpretation von cos und sin in der Gaußschen Zahlenebene: Für alle x ∈ R gilt | exp(ix)|2 = = cos2 (x) + sin2 (x) exp(ix) · exp(ix) (167) = exp(ix) exp(−ix) und mit der Funktionalgleichung (§9, Gleichung 163) folgt exp(0) = 1. Also parametrisiert exp(ix) den Einheitskreis {z ∈ C : |z| = 1} in der Gaußschen Zahlenebene und cos(x) bzw. sin(x) und somit die Projektionen von exp(ix) auf die reelle bzw. auf die imaginäre Achse iR := {iy : y ∈ R}. iR 6 sin(x) r cos(x) R Aus der Eulerschen Formel 166 folgt unmittelbar 11.1 Sinus und Cosinus Satz 11.1: 75 Für alle x ∈ R gilt • cos(x) = 1 2 (exp(ix) + exp(−ix)), • sin(x) = 1 2i (exp(ix) − exp(−ix)), • cos(−x) = cos(x), alt: Re z = 2+2 2 sin(−x) = sin(x), 2 • cos2 (x) + sin (x) = 1 (Winkelpythagoras). 2 Beweis: Satz 11.2: Die Funktionen cos, sin : R → R sind auf ganz R stetig. Und für beliebige x, y ∈ R gelten die Additionstheoreme • cos(x + y) = cos(x) cos(y) − sin(x) sin(y), • sin(x + y) = sin(x) cos(y) + cos(x) sin(y). Beweis: Die Stetigkeit von cos und sin folgt unmittelbar aus der Stetigkeit der Exponentialfunktion (§9 bzw. Satz 10.7). Die Additionstheoreme ergeben sich durch Koeffizientenvergleich: cos(x + y) + i sin(x + y) (166) = (166) = = (163) exp(i(x + y)) = exp(ix) · exp(iy) (cos(x) + i sin(x)) (cos(y) + i sin(y)) cos(x) cos(y) + i cos(x) sin(y) +i sin(x) cos(y) + sin(x) sin(y). 2 Wichtig für die Analysis sind die folgenden Reihendarstellungen: Satz 11.3: Für alle x ∈ R gilt: cos(x) = ∞ X k=0 = 1− (−1)k x2k (2k)! x2 x4 + ∓ ... 2! 4! (168) 76 11 Trigonometrische Funktionen und ∞ X sin(x) = (−1)k k=0 (169) x3 x5 + ∓ ... 3! 5! = x− Beweis: x2k+1 (2k + 1)! Mit der Exponentialreihe gilt exp(ix) = ∞ X (ix)n n! n=0 = ∞ X (ix)2k k=0 | ∞ X (ix)2k+1 (2k)! (2k + 1)! k=0 {z } | {z } (170) (gerade n = 2k) (ungerade n = 2k + 1) und wegen i2 = −1 (i)2k =(i2 )k =(−1)k = ∞ X ∞ (−1)k k=0 X x2k x2k+1 +i (−1)k (2k)! (2k + 1)! (171) k=0 Die Umordnung im 2. Schritt ist erlaubt, da die exp-Reihe konvergiert. Andererseits liefert die Eulersche Formel exp(ix) = cos(x) + i sin(x). Vergleich beider Formeln liefert die Behauptung. 2 Wichtig! Die Exponentialreihe muß man im Schlafe beherrschen! Ähnlich wie in Lemma 9.1 kann man die Restglieder der Reihendarstellungen abschätzen. Dies liefert hier 2 cos(x) = 1 − x2 + O(x4 ) bei x → 0 (172) sin(x) = x + O(x3 ) Insbesondere folgt lim x→0 sin(x) = 1. x (173) 11.1 Sinus und Cosinus 77 iR 6 x sin(x) R Satz 11.4: Der Cosinus cos : R → R hat im Intervall [0, 2] genau eine Nullstelle, und wir bezeichnen diese Nullstelle mit π2 . Beweis: Zunächst findet man (ähnlich wie in Lemma 9.1) für beliebiges x ≥ 0 cos(x) ≤ 1 − x2 x4 + 4 2 2 Damit ist cos(2) ≤ 1 − 2 + und sin(x) ≥ x − 2 1 = − < 0 = cos(0). 3 3 x2 . 6 (174) (175) iR 6 R Also besitzt cos(x) nach dem Zwischenwertsatz (Satz 8.4) im Intervall (0, 2) u−v mindestens eine Nullstelle. Satz 11.1 und 11.2 liegen für x = u+v 2 , y = 2 cos(u) − cos(v) = cos(x + y) − cos(x − y) (176) 78 11 Trigonometrische Funktionen = cos(x) cos(y) − sin(x) sin(y) − cos(x) cos(−y)} − sin(x) sin(−y) | {z } | {z } =cos(y) =− sin(y) = −2 sin(x) sin(y) = −2 sin u+v 2 sin u−v 2 Diese Identität gilt für beliebige u, v ∈ R. Aus x2 x =x 1− > 0 für x ∈ (0, 2] 6 6 folgt für 0 ≤ v < u ≤ 2 mit obiger Formel u+v u−v cos(u) − cos(v) = −2 sin sin < 0. 2 2 sin(x) ≥ x − (177) Also ist cos(x) streng monoton fallend in [0, 2]; die nachgewiesene Nullstelle π2 ist also die einzige in [0, 2]. 2 Dies und die Additionstheoreme liefern Korollar 11.5: (1) Für alle x ∈ R gilt • cos(x + 2π) = cos(x) und sin(x + 2π) = sin(x), • cos(x + π) = − cos(x) und sin(x + π) = − sin(x), • cos(x) = sin π2 − x und sin(x) = cos π2 . (2) Es ist sin(x) = 0 genau für x = k · π mit k ∈ Z und cos(x) = 0 genau für x = π2 + kπ. Cosinus und Sinus sind 2π-periodisch: iR 6 sin(x) cos(x) π 2π R 11.2 Der Tangens 79 (Beweisskizze) Mit cos( π2 ) = 0 ist nach Satz 11.1 π π sin2 = 1 − cos2 = 1. 2 2 Mit sin( π2 ) > 0 (aus letzten Beweis) folgt sin( π2 ) = ±1. Beweis: (178) Mit der Eulerschen Formel 166 folgt exp(i π2 ) = cos( π2 ) + i sin( π2 ) = +i. Mit den Additionstheoremen aus Satz 11.2 folgt x exp(ix) cos(x) sin(x) π 3π 0 π 2 2 +1 +i −1 −i +1 0 −1 0 0 +1 0 −1 ··· ··· ··· ··· (179) Dies liefert z. B. cos(x + π) = cos(x) cos(π) − sin(x) sin(π) = − cos(x). | {z } | {z } −1 =0 Die anderen Aussagen unter (12.1) zeigt man analog. (12.2) ergibt sich aus (12.1) wie folgt: Es ist cos(−x) = cos(x) > 0 für − π2 < x < für − π2 < x < π2 π 2. Ferner cos(x + π) = − cos(x) < 0 iR 6 −π 2 π 2 R Nach dem Zwischenwertsatz folgt cos(± π2 ) = 0. Der Rest folgt ähnlich. 2 11.2 Der Tangens Wir erklären den Tangens (tan) durch π tan : R\{ + kπ : k ∈ Z} → R, 2 . sin(x) x 7→ tan(x) = cos(x) (180) 80 11 Trigonometrische Funktionen Der Tangens ist 2π-periodisch (klar): tan(x + 2π) = tan(x). Ferner ist tan(x) stetig (auch klar), aber nicht gleichmäßig stetig auf seinem Definitionsbereich iR 6 −π 2 π 2 R Der Tangens ist sogar π-periodisch: tan(x + π) = sin(x + π) − sin(x) = = tan(x). cos(x + π) − cos(x) (181) Die Umkehrfunktionen der trigonometrischen Funktionen cos, sin und tan sind gegeben durch: • arccos : [−1, 1] → R, : arccos(x) = cos−1 (x) Arcuscosinus – Umkehrfunktion des cos : [0, π] → R • arcsin : [−1, 1] → R, : arcsin(x) = sin−1 (x) Arcussinus – Umkehrfunktion des sin : [− π2 , π2 ] → R • arctan : R → R, : arctan(x) = tan−1 (x) Arcustangens – Umkehrfunktion des tan : [− π2 , π2 ] → R Insbesondere ist der Tangens von Interesse, und seine Umkehrfunktion! Für 0 ≤ x < y < π 2 gilt sin(x) < sin(y) und cos(x) > cos(y) > 0 und damit tan(x) = sin(x) sin(y) < = tan(y). cos(x) cos(y) (182) 11.2 Der Tangens 81 Wegen tan(−x) = − tan(x) (nach Satz 11.4) ist tan(x) auf (− π2 , π2 ) streng monoton wachsend. Es gilt lim tan(x) = −∞ und x&− π 2 lim tan(x) = +∞ (183) x%+ π 2 iR 6 sin(x) −π 2 cos(x) R iR 6 π 2 tan arctan R −π 2 Mit dem Satz 9.6 über die Umkehrfunktion folgt, daß arctan(x) streng monoton wachsend auf ganz R ist und lim arctan(x) = − x→−∞ π 2 bzw. lim arctan(x) = x→+∞ π . 2 (184) 82 11 Trigonometrische Funktionen arctan(x) ist also die Umkehrfunktion von π π tan : − , →R 2 2 (185) Wir kehren kurz zurück zu den komplexen Zahlen: 11.3 Die Polarform der komplexen Zahlen Satz 11.6: Jede komplexe Zahl z läßt sich darstellen als z = r · exp(iϕ) mit ϕ ∈ R und r = |z| ∈ R+ . Für z 6= 0 ist ϕ bis auf ein ganzzahliges Vielfaches von 2π eindeutig bestimmt. z = r · exp(iϕ) ist die Darstellung von z in Polarkoordinaten; ϕ heißt Argument von z. 6 r z=x+iy iy ϕ x - Beweis: (Beweisskizze) Der Fall z ∈ R ist trivial. Sei O. B. d. A. yr = |z| = 1. Mit der Eulerschen Formel gilt: x + iy = z = exp(iϕ) = cos(ϕ) + i sin(ϕ). (186) Also folgt für x, y > 0 (der Rest geht ähnlich): y sin(ϕ) = = tan(ϕ) x cos(ϕ) mit 0 < ϕ < (187) π 2. Explizit nach ϕ aufgelöst folgt ϕ = arctan( xy ). Die Eindeutigkeit des Winkels ϕ bis auf Vielfache von 2π resultiert aus der 2π-Periodität von exp(iϕ). 2 12 Differentiation 83 Der Beweis offenbart den Zusammenhang zwischen den trigonometrischen Funktionen und der euklidischen Geometrie. Neue Interpretation der Multipklikation komplexer Zahlen mit Hilfe der Polarkoordinaten: z1 · z2 = |z1 | · exp(iϕ1 ) · |z2 | exp(iϕ2 ) = |z1 z2 | · exp(i | {z } Multiplikation der Beträge (ϕ1 + ϕ2 ) | {z } (188) )(189) Addition der Argumente 12 Differentiation Wir lassen aus großer Höhe einen Stein fallen. Mit der Erdbeschleunigung g beträgt die Geschwindigkeit in m/sec im freien Fall nach t Sekunden v(t) = g · t (190) Die zurückgelegte Strecke beträgt s(t) = 12 gt2 . Wir machen die Beobachtung: Ableitung von s(t) : s0 (t) = g · t = v(t) aktuelle Geschwindigkeit. Die Differentialrechnung wurde vor dem Hintergrund physikalischer Probleme von Leibniz und (unabhängig) Isaac Newton (1642-1727) entwickelt um ca. 1670. Definition: Sei D ⊂ R und f : D → R eine Funktion. f heißt in einem Punkt x ∈ D differenzierbar, wenn der Grenzwert f 0 (x) = lim h→0 f (x + h) − f (x) h existiert. (191) (Def. 12.1) Völlig gleichwertig ist f 0 (x) = lim ξ→x f (ξ) − f (x) , ξ−x auch d f (x) . dx (192) Der Grenzwert f 0 (x) heißt Differentialquotient oder Ableitung von f im Punkte x. Bei der Limesbildung sind nur Folgen (hn )n zugelassen mit lim hn = 0, n→∞ hn 6= 0, x + hn ∈ D. (193) 84 12 Differentiation Die Funktion f heißt differenzierbar in D falls f in jedem x ∈ D differenzierbar ist. Geometrisch beschreibt der Differenzenquotient die Steitung der Sekante des Graphen von f durch die Punkte (x, f (x)) und (x−h, f (x−h)). Beim Grenzübergang h → 0 geht im Falle der Existenz von f 0 (x) die Sekante in die Tangente an der Graphen von f in (x, f (x)) über – f 0 (x) ist die Steigung der Tangente in (x, f (x)). f (x + h) − f (x) (194) h iR 6 Sekante r f (x+h) f (x) f (x) r x ←− x+h R Tangente an f (x) Beispiel 12.1: Konstante Funktionen sind differenzierbar mit Ableitung 0. Beispiel 12.2: f : R → R, x 7→ f (x) = ax + b mit a, b ∈ R ist differenzierbar mit Ableitung: f 0 (x) = lim h→0 f (x + h) − f (x) a(x + h) + b − (ax + b) ah = lim = lim = a. (195) h→0 h→0 h h h Beispiel 12.3: f : R → R, x 7→ f (x) = x2 ist differenzierbar mit f 0 (x) = lim h→0 (x + h)2 − x2 2xh + h2 = lim = 2x + lim h = 2x. h→0 h→0 h h (196) Beispiel 12.4: f : R∗ := R \ {0} → R, x 7→ f (x) x1 ist differenzierbar mit: f 0 (x) = lim h→0 1 x+h − h 1 x = lim h→0 −h −1 = 2. hx(x + h) x (197) 12 Differentiation 85 Beispiel 12.5: exp : R → R ist differenzierbar mit exp0 (x) = = exp(x + h) − exp(x) (9.3) = h exp(h) − 1 exp(x) lim = exp(x). h→0 h | {z } lim h→0 lim exp(x) h→0 exp(h) − 1 h →1 Die Exponentialfunktion reproduziert sich also bei der Differentiation. Sie genügt der Differentialgleichung y 0 = y. Beispiel 12.6: cos : R → R ist differenzierbar. Mit der Identität aus Gleichung (176) gilt 2x − h h cos(x + h) − cos(x) = −2 sin sin , (198) 2 was aus den Additionstheoremen (Satz 11.2) folgt. Dami erhält man dann: 0 cos (x) = cos(x + h) − cos(x) lim h→0 h = h − lim sin x + lim h→0 2 h→0 (199) = lim h→0 = − sin(x + h2 ) sin h 2 h 2 =1 z }| !{ sin( h2 ) h 2 = − sin(x). unter Zuhilfenahme von cos(x + h) − cos(x) = −2 sin 2x − h sin h 2 (Additionstheorem) (199) Analog zeigt man die Differenzierbarkeit vom Sinus. Wir beobachten: Differentiation: cos → cos0 = − sin → − cos → sin → cos → · · · Beispiel 12.7: Die Funktion abs : R → R, x 7→ abs(x) = |x| ist in x = 0 nicht differenzierbar, denn linksseitiger Grenzwert = −1 6= 1 = rechtseitiger Grenzwert. Fr alle anderen x ∈ R ist abs(x) differenzierbar. 86 12 Differentiation 6 @ @ @b - Jetzt kommt eine analytische Deutung der Differenzierbarkeit: lineare Appro” ximierbarkeit“: Satz 12.1: Sei D ⊂ R ein Punkt, für den eine Folge (xn )n in D \ {a} mit limn→∞ xn = a existiert. Eine Funktion f : D → R ist genau dann in a differenzierbar, wenn es eine Konstante c ∈ R gibt, so daß für x ∈ D f (x) = f (a) + c(x − a) + O(|x − a|) mit ϕ(x) = O(|x − a|) falls ϕ(x) =0 x→a |x − a| lim (200) (201) bei x → a. In diesem Falle ist c = f 0 (a). Dann gilt also: f (x) = f (a) + f 0 (a)(x − a) + | {z } Tangente an f in (a, f (a)) kleiner Fehler bei x → a. f (x) 6 f (a) r Tangente an (a,f (a)) a - (202) 12 Differentiation 87 Beweis: Sei zunächst f differenzierbar in a mit c = f 0 (a). Wir definieren eine Funktion ϕ(x) durch f (x) = f (a) + c(x − a) + ϕ(x). (203) ϕ(x) f (x) − f (a) = − f 0 (a) x−a x−a (204) ϕ(x) f (x) − f (a) = lim − f 0 (a) = f 0 (a). x − a x→a x−a (205) Dann ist und also lim x→a 2 Also gilt ϕ(x) = O(|x − a|), was zu zeigen war. Gilt nun umgekehrt f 0 (x) = f (a) + c(x − a) + ϕ(x) (206) ϕ(x) = O(|x − a|), (207) mit so ist lim x→a f 0 (x) − f (a) ϕ(x) (207) = 0 − c = lim x→a x − a x−a (208) Daraus folgt lim x→a f (x) − f (a) = c, x−a (209) also ist f differenzierbar in a mit Ableitung f 0 (a) = c. Korollar 12.2: in a. Ist f : D → R differenzierbar in a ∈ D, so ist f auch stetig Differenzierbarkeit =⇒ Stetigkeit Beweis: lim f (x) = lim [f (a) + c(x − a) + O(|x − a|)] = f (a) x→a nach Satz 12.1. x→a (210) 2 88 12 Differentiation 12.1 Ableitungsregeln Satz 12.3: (elementare Ableitungsregeln) Seien f, g : D → R in x ∈ D differenzierbar und λ ∈ R. Dann sind auch die Funktionen f + g, λ · f und f · g in x diffbar mit • Linearität: (f + g)0 (x) (λf )0 (x) = f 0 (x) + g 0 (x), = λ · f 0 (x) (211) (212) (f · g)0 (x) = f 0 (x)g(x) + f (x)g 0 (x) (213) • Produktregel : Ist g(ξ) 6= 0 für alle ξ ∈ D, so ist auch • Quotientenregel : f g differenzierbar in x, und es gilt die 0 f f 0 (x)g(x) − f (x)g 0 (x) (x) = . g g(x)2 Beweis: • Die Aussagen über die Linearität folgen sofort aus aus den Rechenregeln für die Grenzwerte konvergenter Folgen (Satz 3.3). • Für die Produktregel benutzen wir die Stetigkeit von f in x (nach dem Korollar) (f · g)0 (x) = Trick = = = f (x + h)g(x + h) − f (x)g(x) h 1 lim f (x + h) (g(x + h) − g(x)) h→0 h +(f (x + h) − f (x))g(x) g(x + h) − g(x) lim h→0 h f (x + h) − f (x) + lim h→0 h f (x)g 0 (x) + f 0 (x) · g(x) lim h→0 (214) (215) (216) (217) (218) 12.1 Ableitungsregeln 89 Der Trick in Zeile ist, daß man −f (x + h)g(x) + f (x + h)g(x) = 0 addiert und so g(x + h) − g(x) sowie f (x + h) − f (x) ausklammern kann, wodurch man die beiden Ableitungen f 0 (x) und g 0 (x) nach Definition der Ableitung erhält. • Für die Quotientenregel betrachten wir zunächst den Spezialfall stant 1. Dann ist 0 1 1 1 1 (x) = lim − h→0 h g g(x + h) g(x) 1 g(x) − g(x + h) = lim · h→0 g(x + h) · g(x) h 1 g(x) − g(x + h) = lim · lim h→0 g(x + h)g(x) h→0 h −g 0 (x) = g(x)2 f kon- (219) (220) (221) (222) aufgrund der Stetigkeit von g. Der allgemeine Fall ergibt sich hieraus mit der Produktregel. Tip! Gute Vorbereitung für die Klausur! 2 Beispiel 12.8: Für n ∈ N sei fn : R → R, x 7→ xn . Dann ist fn differenzierbar mit fn0 (x) = nxn−1 . Die Fälle n = 0, 1, 2 hatten wir in den Beispielen 12.1–12.3. Der allgemeine Fall folgt per Induktion nach n. n 7→ n + 1: Wegen fn+1 = f1 · fn gilt mit der Produktregel 12.4 0 fn+1 (x) = (f1 fn )0 (x) = f10 (x)fn (x) + f1 (x)fn0 (x) = xn + nxn = (n + 1)xn . (223) Beispiel 12.9: Zusammen mit der Quotientenregel liefert Beispiel 12.8 für x 6= 0 0 −fn0 (x) 1 −nxn−1 (x) = = = −nx−n−1 . (224) 2 fn fn (x) x2n 90 12 Differentiation Tip! Gute Vorbereitung für die Klausur! Beispiel 12.10: Für den Tangens zeigt sich mit der Quotientenregel und Satz 11.1 sowie Beispiel 12.6 tan0 (x) = = (11.1) = sin(x) cos(x) 0 = sin0 (x) cos(x) − sin(x) cos0 (x) cos2 x cos2 (x) + sin2 (x) cos2 x 2 cos (x) + 1 − cos2 (x) cos2 (x) (225) (226) = 1 . cos2 (x) (227) Als Nächstes betrachten wir die Ableitung der Umkehrfunktion: Satz 12.4: Sei D ⊂ R ein Intervall und f : D → R eine stetige, streng monotone Funktion. Ist f im Punkte x ∈ D differenzierbar mit f 0 (x) 6= 0, so ist die Umkehrfunktion f −1 : f (D) → R im Punkt y = f (x) differenzierbar. Beweis: Sei (yk )k eine Folge in f (D) \ {y} mit limk→∞ yk = y. Nach Satz 9.6 ist f −1 stetig in y, also gilt lim f −1 (yk ) = f −1 (y) = x. (228) k→∞ Damit folgt für hk = yk − y und xk := f −1 (yk ) lim k→∞ f −1 (y + hk ) − f −1 (y) hk hk :=yk −y = f −1 (yk ) − f −1 (y) (229) k→∞ xk − y lim hk →0 xk =f −1 (yk ) = = xk − x f (xk ) − f (x) 1 lim f (x )−f (x) . lim k→∞ k→∞ k xk −x (230) (231) 12.1 Ableitungsregeln 91 Mit h0k = xk − x ist dies = 1 lim f (x+h0k )−f (x) h0k k→∞ h0k →0 = 1 f 0 (x) . (232) 2 Beispiel 12.11: Ein offenes Problem – das 3n + 1-Problem“: ” n , , falls n gerade, 2 , n 7→ 3n + 1, sonst. n ∈ N. Beispiel 12.12: Beispiel 12.10 und Satz 12.4 liefern 1 = cos2 (arctan(x)). tan0 (arctan(x)) arctan0 (x) = Mit y = arctan(x) folgt x2 = tan2 (y) = 1 − cos2 (y) sin(y)2 1 = = − 1. 2 cos(y) cos2 (y) cos2 (y) Also ist arctan0 (x) = cos2 (y) = 1 1 + x2 Beispiel 12.13: Satz 12.4 liefert für den Logarithmus (log(x))0 = 1 1 = . exp0 (log x) x Dieses letzte Beispiel 12.13 liefert folgendes Korollar 12.5: Beweis: Für x ∈ R gilt exp(x) = limn→∞ 1 + x n . n Beispiel 12.13 gibt lim n→∞ x n − log(1) = log0 (1) = 1. x n |{z} log 1 + n→∞ x h= n → 0 (233) 92 12 Differentiation Also folgt lim n→∞ 1+ x n n x lim exp n · log 1 + n→∞ n h 1 x i = exp x · lim n · log 1 + x n→∞ n = exp(x). = (234) (235) (236) 2 Satz 12.6: (Kettenregel ) Seien f : D → R und g : E → R Funktionen mit f (D) ⊂ E. f sei in x ∈ D und g ∈ y = f (x) ∈ E differenzierbar. Dann ist g ◦ f : D → R in x differenzierbar, und es gilt (g ◦ f )0 Beweis: = f 0 (x) · g 0 (f (x)). (237) Wir definieren uns zunächst eine Hilfsfunktion G : E → R durch ( g(η)·g(y) falls η 6= y η−x (238) G(η) = g 0 (y) falls η = y (denn g ist differenzierbar in y = f (x)). Wegen g(η) − g(y) = G(η)(η − y) (239) zeigt sich (g ◦ f )0 (x) = = (239) = = = lim (g ◦ f )(x) h→0 g(f (x + h)) − g(f (x)) h→0 h G(f (x + h))(f (x + h) − f (x)) lim h→0 h f (x + h) − f (x) lim G(f (x + h)) · lim h→0 h→0 h g 0 (f (x)) · f 0 (x). lim (240) (241) (242) (243) (244) 2 Anwendungen der Kettenregel: Quotientenregel, bzw. die logarithmische Ableitung: 13 Extrema und asymptotisches Verhalten 93 Definition: Für x ∈ R und einer Funktion f mit f (x) 6= 0 heißt – falls existent – f 0 (x) (log f (x))0 = (245) f (x) logarithmische Ableitung. (Def. 12.2) 0 Ist die Funktion f : D → R differenzierbar und die Ableitung f differenzierbar in x ∈ D, so heißt f 00 (x) = (f 0 )0 (x) (246) die zweite Ableitung von f im Punkte x. Allgemeiner definiert man die k-te Ableitung von f in x ∈ D, falls f (k −1)-mal differenzierbar ist in einer Umgebung von x, sowie die (k − 1)-te Ableitung von f im Punkte x differenzierbar ist. Wir schreiben dann auch f (k) (x), (247) die ‘nullte’ Ableitung von f ist f selbst. Gemäß Beispiel 12.6 gilt: − cos; sin(4) = sin. sin(0) = sin; sin0 = cos; sin00 = cos0 = − sin; sin(3) = 13 Extrema und asymptotisches Verhalten Aus einer rechtwinkligen Blechplatte der Seitenlängen 15 cm und 10 cm soll eine quaderförmige, oben offene Wanne mit maximalen Volumen geformt werden. Sei f : (a, b) → R eine Funktion. f besitzt in x ∈ (a, b) ein lokales Maximum (bzw. lokales Minimum), wenn es ein ε > 0 gibt, so dass für alle y ∈ (a, b) mit |x − y| < ε, (248) gilt f (x) ≥ f (y) (bzw. f (x) ≤ f (y)). (249) 94 13 Extrema und asymptotisches Verhalten 6 f (x) f (y) y x - Gilt hier Gleichheit nur für y = x, so ist x ein strenges (striktes) Maximum (bzw. strenges Minimum). Extremum ist der Oberbegriff von Maximum und Minimum. Ihre Bestimmung ist von großer praktischer Bedeutung. Satz 13.1: Die Funktion f : (a, b) → R besitze ein lokales Extremum in x ∈ (a, b). Ist f differenzierbar in x, so gilt f 0 (x) = 0. Beweis: O. B. d. A. habe f ein lokales Maximum (andernfalls betrachte man −f statt f ). Dann existiert ein ε > 0, so daß f (x) ≥ f (y) für alle y mit |x − y| < ε. Es folgt lim h&0 f (x + h) − f (x) h ≤ 0 ≤ lim h%0 f (x + h) − f (x) . h (250) Aufgrund der Differenzierbarkeit von f in x existieren beide Grenzwerte, sind also damit = 0, 2 Wichtig! f 0 (x) = 0 ist eine notwendige, aber nicht hinreichende Bedingung, wie das Beispiel x 7→ x3 lehrt. Nach Satz 8.7 nimmt eine auf einem abgeschlossenen Intervall stetige Funktion ihr Maximum und ihr Minimum an. Falls diese jedoch auf dem Rand des Intervalles liegen, so muß nicht notwendigerweise f 0 (x) = 0 gelten. Beispielsweise betrachtet man dazu x 7→ x auf dem Intervall [0, 1]. 13 Extrema und asymptotisches Verhalten 95 Satz 13.2: (Satz von Rolle) Sei a < b und f : [a, b] → R eine stetige Funktion, die in (a, b) differenzierbar ist. Gilt f (a) = f (b), so existiert ein x ∈ (a, b) mit f 0 (x) = 0. Insbesondere besitzt also eine differenzierbare Funktion zwischen je zwei ihrer Nullstellen eine Nullstelle ihrer Ableitung. Beweis: Für konstante f brauchen wir nichts mehr zu zeigen (da f 0 (c) = 0), die Aussage trivial. Andernfalls gibt es ein y ∈ (a, b) mit f (y) 6= f (a). Nach Satz 8.7 nimmt f sein Maximum und sein Minimum auf [a, b] an. Mit Satz 13.1 folgt f 0 (x) = 0 für ein Maximum bzw. Minimum x ∈ (a, b), da ja f (a) 6= f (b) und f nicht konstant ist. 2 Korollar 13.3: (Mittelwertsatz ) Sei a < b und f : [a, b] → R eine stetige, auf (a, b) differenzierbare Funktion. Dann existiert ein x ∈ (a, b) mit f 0 (x) Beweis: = f (b) − f (a) . b−a (251) folgt sofort mittels der Hilfsfunktion F (x) := f (x) − f (b) − f (a) (x − a) b−a (252) 6 r f (b) f (a) Sekante 6 r parallel Tangente ? a aus Satz 13.2. b - 2 96 13 Extrema und asymptotisches Verhalten Korollar 13.4: Sei f : [a, b] → R eine stetige, auf (a, b) differenzierbare Funktion. Gibt es Konstanten m, M ∈ R mit m ≤ f 0 (x) ≤ M (253) für alle x ∈ (a, b), so gilt für alle x, y ∈ (a, b) mit x ≤ y die Abschätzung m(y − x) ≤ f (y) − f (x) ≤ M (y − x). (254) Die Ableitung bestimmt also das lokale Wachstum der zugrundeliegenden Funktion. Insbesondere sind differenzierbare Funktionen f mit f 0 konstant Null notwendigerweise selbst konstant! Tip! Das Wachstum von Funktionen spiegelt sich lokal in der Ableitung wieder, was einiges leichter machen kann. Beweis: Folgt unmittelbar aus dem Mittelwertsatz (Satz 13.3). 2 Eine Charakterisierung der Monotonie einer Funktion durch ihre Ableitung liefert Satz 13.5: Sei f : [a, b] → R stetig und in (a, b) differenzierbar. (1) Gilt für alle x ∈ (a, b) die Ungleichung f 0 (x) ≥ 0 (bzw. f 0 (x) > 0, f 0 (x) ≤ 0, f 0 (x) < 0) , (255) so ist f in [a, b] monoton wachsend (bzw. streng monoton wachsend, monoton fallend, streng monoton fallend ). (2) Ist f monoton wachsend (bzw. monoton fallend), so folgt f 0 (x) ≥ 0 (bzw. f 0 (x) ≤ 0) für alle x ∈ (a, b). Beweis: folgt relativ leicht aus dem Mittelwertsatz. Jetzt kommen wir zu einem hinreichenden Kriterium für Extrema. 2 13 Extrema und asymptotisches Verhalten 97 Satz 13.6: Sei f : (a, b) → R differenzierbar. Ist f im Punkte x ∈ (a, b) zweimal differenzierbar mit f 0 (x) = 0 und f 00 (x) > 0 (bzw. f 00 (x) < 0), (256) so besitzt f in x ein strenges lokales Minimum (bzw. ein streng lokales Maximum). Das Kriterium ist nicht notwendig wie das Beispiel x 7→ x4 zeigt. Beweis: O. B. d. A. sei f 00 (x) > 0 (der andere Fall geht analog), also gilt 0 < f 0 (x + h) − f 0 (x) . h→0 h f 00 (x) = lim (257) Wegen f 0 (x) = 0 folgt daraus f 0 (x + h) < 0 f 0 (x + h) > 0 für kleine h < 0 für kleine h > 0. (258) (259) Satz 13.2 liefert die strenge, fallende Monotonie von f links, bzw. die strenge wachsende Monotonie von f rechts des Punktes x. Also liegt in x ein Minimum vor. m 2 f (x) − f (a) f (x) = = (g(x) g(x) − g(a) f (x)−f (a) x→a x−a −→ g(x)−g(a) x−a f 0 (a) . g 0 (x) (260) Dies gibt im obigen Beispiel 0 exp(x) exp(x) − 1 (exp(x) − 1) 1 = lim = lim = = 1. 0 x→0 x→0 x→0 sin(x) cos(x) 1 (sin(x)) lim (261) 98 14 Das Newtonsche Näherungsverfahren Satz 13.7: (Regel von l’Hospital8 ) Es seien f, g : (a, b) → R zwei differenzierbar Funktionen mit g 0 (x) 6= 0 für alle x ∈ (a, b). Ferner gelte entweder lim f (x) = lim g(x) = 0 (262) lim f (x) = lim g(x) = +∞ (bzw. = −∞). (263) f 0 (x) f (x) = lim 0 x&a g (x) x&a g(x) (264) x&a x&a oder x&a x&a Dann ist lim falls der Limes auf der rechten Seite existiert. Eine analoge Regel gilt für limx%b f (x) g(x) . Beispiel 13.1: lim x→∞ 1 − cos( x2 ) 1 − cos(x) (13.7) = (13.7) = lim x→∞ lim x→∞ 1 2 sin( x2 ) sin(x) 1 4 cos( x2 ) cos(x) (265) = 1 . 4 (266) Diee Regeln von l’Hospital sind wichtig zur Bestimmung des asymptotischen Verhaltens differenzierbarer Funktion. Zur Charakterisierung solcher Funktionen fehlt uns im wesentlichen nur noch Kenntnis über die Lage der Nullstellen. Dies geben wir an in 14 Das Newtonsche Näherungsverfahren Im allgemeinen ist es sehr schwer, die Wurzeln einer Gleichung zu bestimmen. Abel (1802–1829) bewies, daß das allgemeine Polynom vom Grad ≥ 5 nicht durch Radikale auflösbar ist, d. h. z. B. sind die Nullstellen von x5 − 6x3 + 3 √ nicht durch algebraische Operationen +, ·, :, − und ausdrückbar. Hier hilft ein Iterationsverfahren. 8 J. 1661–1704 14 Das Newtonsche Näherungsverfahren 99 Sei f : D → R stetig differenzierbar, d. h. f ist differenzierbar und die Ableitung f 0 ist stetig auf D. Gilt dann f 0 (x) 6= 0 für alle x ∈ D, so betrachte man die zum Startwert x0 ∈ D rekursiv definierte Folge xn+1 = xn − f (xn ) (f 0 (xn ) für n ∈ N. (267) Im Falle der Konvergenz der Folge (xn )n gegen η ∈ D folgt aufgrund der Stetigkeit von f f (xn ) η = lim xn+1 = lim xn − 0 (268) n→∞ x→∞ f (xn ) limx→∞ f (xn ) f (η) = η− = η− 0 . (269) limx→∞ f 0 (xn ) f (η) Also gilt f (η) = 0, d. h. der Grenzwert der xn ist eine Nullstelle von f . Dieses sogenannte Newtonsche Näherungsverfahren zur Lokalisierung einer Nullstelle von f besteht also darin, zu einem Näherungswert xn für die Nullstelle η den Graphen von f durch die Tangente zu ersetzen und deren Schnittpunkt mit der x-Achse als neuen Näherungswert xn+1 zu benutzen. Die Iteration läßt sich umschreiben zu f (xn ) f (xn ) − f (xn+1 ) f 0 (xn ) = ≈ xn xn+1 . (270) Im allgemeinen braucht dieses Verfahren jedoch nicht zu konvergieren. Aber 100 14 Das Newtonsche Näherungsverfahren Satz 14.1: Es sei f : [a, b] → R ein zweimal diffbar mit f (x) < 0 < f (b) und f 00 (x) ≥ 0 für alle x ∈ [a, b]. Dann gibt es genau ein η ∈ (a, b) mit f (η) = 0 und die Folge (xn ), definiert durch f 0 (xn ) xn+1 = xn = 0 (271) f (xn ) mit einem beliebigen Startwert x0 ∈ [a, b] mit f (x0 ) ≥ 0, konvergiert monoton fallend gegen die Nullstelle η. Zweimal differenzierbare Funktionen f mit nichtnegativer zweiter Ableitung und konvex, d. h. für alle x, y ∈ D und alle λ ∈ (0, 1) gilt (ohne Beweis) f (λx + (1 − λ)y) ≤ λf (x) + (1 − λ)f (y) (272) Bildchen Beweis: Aufgrund von f 00 (x) ≥ 0 für x ∈ (a, b) ist f 0 monoton wachsend in [a, b]. Nach Satz 8.7 gibt es ein c ∈ [a, b] mit f (c) = min{f (x) : x ∈ [a, b]} < 0. U. U. gilt a = c, aber in jedem Fall liegen alle Nullstellen von f in (c, b). Nach dem Zwischenwertsatz (Satz 8.4 hat f in (a, b) mindestens eine Nullstelle. Angenommen, es gäbt zwei Nullstellen η1 , η2 mit η1 < η2 . Nach dem Mittelwertsatz gäbe es dann ein κ mit κ ∈ (c, η1 ), so daß f (κ) = f (η1 ) − f (c) η1 − c = −f (c) η1 − c > 0. (273) Aufgrund der Monotonie von f 0 folgt f (η2 ) > 0, ein Widerspruch. Also besitzt f nur eine Nullstelle η. Für x0 ∈ [a, b] mit f (x0 ) ≥ 0 gilt damit x0 > η. Per Induktion zeigt sich, daß f (xn ) ≥ 0 und η ≤ xn ≤ xn−1 . (274) für alle n ∈ N. Die Folge (xn )n ist also monoton fallend und nach unten beschränkt gegen η. Also existiert der Grenzwert der Folge limn→∞ xn = λ, und mit unserer Beobachtung zu Anfang dieses Kapitels folgt f (λ) = 0. Also folgt aus der Eindeutigkeit von η, daß η = λ = limn→∞ xn . 2 15 Integration 101 Wichtig in der Praxis ist: Mit f 0 (η) ≥ C > 0 und f 00 (x) ≤ K für alle x ∈ (η, b] gilt |xn+1 − xn | ≤ K |xn − xn−1 |2 . 2C (275) Man sagt auch: die Konvergenz ist quadratisch,“ d. h. jeder Iterationsschritt ” verdoppelt die Anzahl der korrekten Dezimalstellen. Beispiel 14.1: Als Beispiel betrachten wir das Polynom vom Anfang: f (x) = x5 − 6x3 + 3. Maple liefert für die Nulstelle η ∈ (2, 3) die Näherung η = 2, 405068666 . . .. Maple-Plot Die Newtonsche Iterationsfolge x0 = 3, xn+1 = xn − f (xn ) x5n − 6x3n + 3 = x − n f 0 (xn ) 5x4n − 18x2n (276) liefert x0 = 0 > x1 = 2, 654 . . . > x2 = 2, 4685 . . . > x3 = 2, 4105 . . . > x4 = 2, 405113 . . . > x5 = 2, 4050 15 Integration 15.1 Das Riemann-Integral 102 15 Integration Satz 15.1: Es sei f : [a, b] → R Riemann-integrierbare Funktion. Dann sind die Funktionen f + , f − und |f | auch Riemann-integrierbar, und es gilt Z Z b b f (x) ≤ (278) |f (x)| a a ergibt sich aus der Monotonie des Integrals angewandt auf ±f ≤ |f |. Da f auf [a, b] Maximum und Minimum annimmt, genügt es sich auf Funktionen f mit 0 ≤ f ≤ 1 zurückzuziehen beim Beweis der Riemann-Integrierbarkeit von |f |2 . Es gibt Treppenfunktionen φ, ψ mit 0 ≤ Φ ≤ f 0 ≤ ψ ≤ 1 mit Z b . (ψ − φ) (x)dx ≤ 2 a (279) Nun sind auch φ2 , ψ 2 Treppenfunktionen mit φ2 ≤ f 2 ≤ ψ 2 und ψ 2 − φ2 = (ψ − φ)(ψ + φ) ≤ 2(ψ − φ). (280) Also gilt Z b ψ 2 − φ2 (x)dx ≤ a Z b (ψ + φ)(x)dx (281) a Beweis: Nach Vorraussetzung gibt es zu jedem > 0 Treppenfunktionen φ, ψ ∈ T [a, b] mit φ ≤ f ≤ ψ und Z b (ψ − φ)(x)dx < ε. (282) a + Dann sind auch φ , ψ + Treppenfunktionen mit φ+ ≤ f + ≤ ψ + und Z b (ψ + − φ+ )(x)dx < . (283) a Also ist f + Riemann-Integrierbar. Analog zeigt man selbiges für f − . Mit der Linearität folgt dann die Riemann-Integrierbarkeit von |f | = f + + f − . Die Ungleichung ergibt sich .. . 2 15.1 Das Riemann-Integral 103 Satz 15.2: (Substitutionsregel ) Sei f : I → R stetig und ϕ : [a, b] → R eine stetig differenzierbare Funktion mit ϕ([a, b]) ⊂ I. Dann gilt Z b f (ϕ(t)) · ϕ0 (t)dt Z ϕ(b) = f (x)dx. a (284) ϕ(a) Beweis: Sei F : I → R eine Stammfunktion von f . Für die Funktion F ◦ ϕ : [a, b] → R liefert die Kettenregel der Ableitung (siehe §??). (F ◦ ϕ)0 (t) = ϕ0 (t) · F 0 (ϕ(t)) F 0 =f ϕ0 (t)f (ϕ(t)). = (285) Mit dem Hauptsatz (Satz ??) folgt Z b f (ϕ(t))ϕ0 (t)dt = a b (F ◦ ϕ)(t) − F (ϕ(b)) − F (ϕ(a)) (286) a Z ϕ(b) f (x)dx. = (287) ϕ(a) 2 Ferner gilt mit der logarithmischen Ableitung (siehe §??) Z b a ϕ0 (t) dt ϕ(t) = a log |ϕ(t)| . (288) b für jede auf [a, b] stetig differenzierbare, nicht verschwindende Funktion ϕ(t). Ein anderes wichtiges Hilfmittel zur Integralberechnung ist Satz 15.3: (partielle Integration) Es seien f, g : [a, b] → R stetig differenzierbare Funktionen. Dann gilt Z b 0 f (x) · g (x) a Beweis: b Z = f (x)g(x) − a b f 0 (x)g(x)dx. (289) a Für F = f · g liefert die Produktregel F 0 (x) = f 0 (x)g(x) + f (x)g 0 (x). (290) 104 15 Integration Mit dem Hauptsatz (Satz ??) folgt daher Z b b (f (x)g(x) + f (x)g (x)) dx = F (x) 0 a 0 = a b f (x)g(x) . (291) a 2 Beispiel 15.1: Für a, b > 0 gilt b Z b Z log(x)dx = a a = = 1 · log(x) dx |{z} | {z } f 0 (x) (292) g(x) b Z b 1 x · log x − x dx x a a b x(log(x) − 1) . a In der Regel lassen sich allerdings nur sehr selten elementare‘ Stammfunktio’ nen angeben; ein Beispiel ist das in der Wahrscheinlichkeitstheorie sehr wichtige Gausssche Integral ( Normalverteilung‘) ’ Z exp(−x2 )dx (293) Hier helfen Monte-Carlo-Verfahren (vgl. §??) oder numerische Integration. Kleiner Prinz: Elephant, der von der Schlange gefressen wurde mit vielen kleinen Punkten und einem Rahmen drumherum. Satz 15.4: (Trapezregel ) Es sei f : [a, b] → R eine zweimal stetig differenzierbare Funktion mit M := max {|f 00 (x)| : x ∈ [a, b]} . Sei 1 ≤ n ∈ N und h := Z a b b−a n , (294) dann gilt n−1 X 1 1 f (x)dx = h f (a) + f (a + jh) + f 0 (b) + R, 2 2 j=1 (295) 16 Uneigentliche Integrale 105 wobei |R| ≤ M 2 h (b − a)2 . 12 (296) Das Integral über f wird also durch eine Summe von Flächen von Trapezen approximiert. Mit n → ∞ gilt h → 0, und die Approximation wird beliebig genau. Beweis: (Beweisskizze) O. B. d. A. sei [a, b] = [0, 1], dann zeigt partielle Integration mit g(x) = 21 x(1 − x) Z 1 g(x)f 00 (x)dx = 0 1 (f (0) + f (1)) − 2 Das Integral auf der linken Seite läßt sich gegen |R| ≤ Z 1 f (x)dx (297) 0 M 12 abschätzen. Dies liefert dann die Formel für den Fall n = 1. Der allgemeine Fall folgt durch mehrfaches Anwenden auf die Teilintervalle zwischen je zwei Stützstellen x = a + gh. 2 Wie schon beim Ansatz mit den Riemannschen Summen sehen wir einen Zusammenhang zwischen dem Integral über eine Funktion f und einer R P Summe gewisser Funktionswerte von f . Mehr über die Beziehung ≈ “ erfahren ” wir in 16 Uneigentliche Integrale Wir erklären Integrale über unendliche Integrationsintervalle bzw. Integrale über unbeschränkte Funktionen als Grenzwerte zugehöriger Folgen von Integralen. Definition: Ist f : [a, ∞) → R über jedem Intervall [a, N ] mit N ∈ N Riemann-integrierbar, so definieren wir Z ∞ Z = lim a N →∞ N f (x)dx a (298) 106 16 Uneigentliche Integrale im Falle der Existenz dieses Grenzwertes; dann heißt das linke Integral konvergent. Analog erklärt man Integrale über (−∞, a] bzw. (−∞, ∞) (durch Addition der Integrale über (−∞, a] und [a, +∞)). (Def. 16.1) Beispiel 16.1: Für s > 1 ist N Z x−s dx N x1−s s − 1 1 1 1 − N 1−s . s−1 = 1 = Wegen limN →∞ N 1−s = 0 folgt Z N x−s dx 1 s−1 = 1 (299) (300) (für s > 1). (301) Im Falle s = 1 erhält man kein konvergentes Integral, denn N Z N dx N →∞ − log(x) = log(N ) ⇒ +∞. x 1 1 (302) Die Beweisidee des Integralvergleichskriterium liefert auch Aufschluß über das Wachstum der Fakultät n!. Beweis: (Beweisidee) Es ist log(n!) ! n Y = log log(k) Z ≈ log(x)dx Idee!. (303) k=1 Wegen Z k+1 log(k) ≤ log(x)dx ≤ log(k + 1) (304) k folgt n X log(k) ≤ k=1 n Z X k=1 ≤ n X k=1 k+1 Z log(x)dx k log(k + 1) n+1 = log(x)dx (305) 1 = n+1 X k=2 log(k). (306) 16 Uneigentliche Integrale 107 Damit ergibt sich nun log(n!) = n X Z log(k) n+1 log(x)dx + O (log(n + 1)) = (307) 1 k=1 n+1 x(log(x) + 1) + O (log(n + 1)) . (308) alt = 1 Daraus ergibt sich n! = exp (n log(n) − n + O (log(n))) (309) bzw. n! nn = O(n). = (310) 2 Mit erheblich mehr Aufwand zeigt sich etwas, was eine sehm, sehr wichtige Formel ist, die Stirlingsche Formel (J. Stirling, 1692–1770): n n √ 2πn (1 + O(1)). (311) n! = e Ein wichtiges Problem des 18./19. Jahrhunderts war die Konstruktion einer Funktion, die an den Stellen n die Fakultät n! interpoliert. Gelöst wurde dies durch Euler und Gauß. Definition: Hierzu definieren wird für x > 0 die Gammafunktion Z ∞ Γ(x) = tx−1 · exp(−1)dt (312) 0 (Def. 16.2) Nach Beispiel ?? und ?? gilt t→0 exp(−t) −→ 1 t→∞ und tx+1 exp(−t) −→ 0. (313) Damit folgt t x−1 · exp(−t) ≤ tx−1 t−2 für alle t > 0, für hinreichend große t. (314) In Hinblick auf Beispiel ?? und ?? ergibt sich daraus die Konvergenz von Z 1 Z ∞ x−1 t exp(−t)dt bzw. tx−1 exp(−t)dt. (315) 0 1 Also existiert das Γ-definierende uneigentliche Integral. 108 17 Taylorreihen Satz 16.1: (Funktionalgleichung der Gammafunktion) Es gilt Γ(n + 1) = n! Γ(x + 1) : xΓ(x) Beweis: für alle n ∈ N, für alle x > 0. (316) Partielle Integration liefert (mit f (t) = tx , g 0 (t) = exp(−t)) N Z N Z N x x t exp(−t)dt = −t exp(−t) + x tx−1 exp(−t)dt ε (317) ε ε Mittels ε → 0 und N → ∞ folgt unter Zuhilfenahme von Beispiel ?? und ?? Z N Γ(x + 1) = lim tx exp(−t)dt (318) ε→0,N →∞ ε ( ) N = lim −tx exp(−t) +xΓ(x) (319) ε→0,N →∞ ε | {z } 0 = xΓ(x). (320) Vermöge Z Γ(1) = = lim N →∞ N exp(−t)dt N lim − exp(−t) N →∞ (321) 0 = +1 = 0! (322) 0 folgt aus der Funktionalgleichung induktiv Γ(n + 1) = n. Γ(n) = n · (n − 1)Γ(n − 1) = · · · = n(n − 1) · · · 2 · 1 · Γ(1) = n!. (323) (324) (325) 2 17 Taylorreihen Für konkrete Berechnungen benötigt man oft eine Reihendarstellung für eine Funktion; diese gibt dann unter bestimmten Vorraussetzungen eine sehr gute Approximation der Funktion durch ein Polynom. Im folgenden sei I ⊂ R ein Intervall, bestehend aus mehr als einem Punkt. 17 Taylorreihen 109 Satz 17.1: (Taylorsche Formel 9 ) Sei f : I → R eine (n + 1)-mal stetig differenzierbare Funktion und a ∈ I. Dann gilt für alle x ∈ I f (x) = n X f (j) (a) j! j=0 (x − a)j + Rn+1 (x) (326) mit a: Entwicklungspunkt, wobei Rn+1 (x) := 1 n! Z x (x − t)n f (n+1) (t)dt (327) a der Fehlerterm. Die Taylorsche Formel ist eine Verallgemeinerung des Satzes 12.1 über die lineare Approximierbarkeit differenzierbarer Funktionen (n = 1): f (x) Beweis: = f (a) + f 0 (a)(x − a) + kleiner Fehler. (328) per Induktion nach n. Induktionsanfang n = 0: Die zu beweisende Formel Z x f (x) = f (a) + f 0 (t)dt a ist genau der Hauptsatz ??. Induktionsschritt n − 1 7→ n: f (x) = n−1 X j=0 Nach Induktionsvorraussetzung gilt f (j) (a) (x − a)j + Rn (x), j! (329) wobei Rn (x) = 9 Brooke T., 1685–1731 1 (n − 1)! Z a x (x − t)n−1 f (n) (t)dt. (330) 110 17 Taylorreihen Mit partieller Intergration (angewandt auf g 0 (t) = Rn (x) 1 (n−1)! (x − t)n−1 ) gilt x Z x (x − t)n (n+1) (x − t)n (n) f (t) + f (t)dt n! n! a a Z f (n) (a) 1 x n (x − a) + (x − t)n f (n+1) (t)dt . n! n! a | {z } = − (331) = (332) =Rn+1 (x) 2 Daraus folgt die Formel von Taylor für n. Satz 17.2: (Lagrangesches Integral) Mittwoch: Atschel Apfelweinwirtschaft, Wallstr. 7, 1700 Ist f : I → R eine beliebig oft differenzierbare Funktion und a ∈ I, so heißt ∞ X f (j) (a) j=0 j! (x − a)j (333) die Taylorreihe von f mit Entwicklungspunkt a. Da wir es hier mit einer unendlichen Reihe zu tun haben, ist Vorsicht geboten. Die Taylorreihe konvergiert nicht notwendig für x 6= a, falls aber die Taylorreihe von f konvergiert, so konvergiert sie nicht notwendig gegen f , wie das folgende Beispiel lehrt: Beispiel 17.1: f (x) = exp( x12 ) 0 für x 6= 0, für x = 0. (334) Hier gilt nämlich f (n) (0) = 0 für alle n ∈ N. Immerhin konvergiert die Taylorreihe genau für diejenigen x ∈ I gegen f (x) für das Restglied aus Satz 17.1 gegen 0 konvergiert. Mit Hilfe des Begriffes des gleichmäßigen Konvergenz werden wir in Analysis II sogenannte konvergente Potenzreihen mit positivem Konvergenzradius mit Taylorreihen identifizieren. Wir kennen bereits einige konvergente Taylorreihen, nämlich 17 Taylorreihen 111 • die Exponentialfunktion exp(x) = ∞ X 1 j x j! j=0 bzw. mit Hilfe der Funktionalgleichung für einen beliebigen Entwicklungspunkt a: exp(x) exp(a) exp(x − a) ∞ X exp(a) = (x − a)j . j! j=0 = • die Reihendarstellungen von cos und sin aus Satz 11.3. Die Entwickelbarkeit von Funktionen in Taylorreihen hat wichtige Konsequenzen. Wir können dies nicht rigoros ohne gleichmäßige Konvergenz machen, wollen dies aber trotzdem an zwei Beispielen motivieren (streng in Analysis II). Zunächst betrachten wir den Logarithmus. Für |x| < 1 gilt x Z x dt log(1 + x) = log(1 + t) = . 0 1+t 0 Mit Hilfe der geometrischen Reihe gilt hier ∞ X 1 1 = = (−t)0 . 1+t 1 − (−t) j=0 In Analysis II erweist sich diese unendliche Reihe als gleichmäßig konvergent, woraus sich die Vertauschbarkeit von Grenzprozessen wie Summation und Integration ergibt, d. h. Z xX ∞ log(1 + x) = (−t)0 dt 0 = ∞ X j=0 j = (−1)j x tj+1 j + 1 0 ∞ X (−1)j+1 j=0 tj dt 0 j=0 = x (−1) j=0 ∞ X Z j xj . 112 17 Taylorreihen Dies ist die sogenannte Potenzreihenentwicklung (bzw. Taylorreihenentwicklung) des Logarithmus. Hieraus gewinnen wir sogar (mit dem Leibnizkriterium und Analysis II) log(2) = ∞ X (−1)j+1 j=1 j =1− 1 1 1 1 + − + ∓ ··· 2 3 4 5 Ganz ähnlich kann man für den Tangens vorgehen. Nach Beispiel ?? gilt für |x| < 1 Z x dt arctan(x) = 1 + t2 0 unter Vorbehalt der Vertauschbarkeit von Summation und Integration. Vermöge sin( π2 ) sin( π2 ) π = =1 tan( ) = 4 cos( π2 ) sin( π2 − π4 ) bzw. arctan(1) = π 4. Damit ergibt sich nun die Leibnizsche Reihe (vgl. Beispiel ??) π 1 1 1 1 = 1 − + − + ∓ ··· 4 3 5 7 9 Dies ist für eine näherungweise Berechnung von π jedoch eine viel zu langsam konvergierende Reihe. Mittels der Funktionalgleichung x+y arctan(x) + arctan(y) = arctan 1 − xy gültig für alle x, y ∈ R mit | arctan(x) + arctan(y)| < pi 2 , herleitbar aus der Potenzreihenentwicklung bzw. der Funktionalgleichung des Tangens, findet man die “effiziente Machinsche Formel10 ” 1 π = 4 arctan( ) − arctan(1239) 4 5 (vgl. Beginn von Kapitel 7 (!!)). 10 J. M., 1685–1751 Index Ableitung, 83 konstante, 96 logarithmische, 92, 93, 103 zweite, 93 Absolutbetrag, 19, 47, 50, 52 absolute Konvergenz, 43 Abstand euklidischer, 70 abzählbar, 36 Abzählung, 37 Achse imaginäre, 74 reelle, 74 Additionstheoreme, 75 angeordnet, 19 Anordnungsaxiome, 18 Approximation der Exponentialfunktion, 58 Archimedisches Axiom, 21, 24 Arcuscosinus, 80 Arcussinus, 80 Arcustangens, 80 Argument, 82 asymtotisch, 62 Verhalten, 49 Aufzinsung, 57 Ausmultiplizieren, 69 Berührpunkt, 48 Bernoullische Ungleichung, 21 beschränkt, 24, 54 nach oben, 24, 39 nach unten, 24, 39 Betrag, 19, 70 Beweis indirekter, 24, 55 bijektiv, 65 Bild, 48 Binomialkoeffizient, 12 binomischer Lehrsatz, 13, 61 Bolzano-Weierstrass, 38 Bruch b-adischer, 33 Cantormenge, 37 Cauchyfolge, 32, 38, 41, 42 komplexe, 72, 73 Cauchykriterium, 41, 44 Cosinus, 74 Definition induktive, 8 rekursive, 8 Definitionsbereich, 46 Dezimalbruch, 33, 37 periodischer, 32 Diagonalverfahren von Cantor, 36 Differentialgleichung, 85 Differentialquotient, 83 Differenzenfolge, 28 Differenzenquotient, 84 Differenzierbarkeit, 83, 84, 86, 95 Dirichletfunktion, 47, 51 Divergenz, 24 bestimmte, 28, 29, 31 Dreiecksungleichung, 19, 24–26, 56 Einheit imaginäre, 68 Einheitskreis, 74 elementare Ableitungsregeln, 88 Entwicklungspunkt, 109, 110 ε-δ-Kriterium, 54 ε-Umgebung, 23 113 114 Eulersche Formel, 74 Eulersche Zahl, 57 Exponentialfunktion, 58 Wachstum der, 63 zur Basis a, 67 Exponentialreihe, 58, 76 in C, 73 Extremum, 94 Fakultät, 10 Fallunterscheidung, 52 Fehlerterm, 109 Fibonaccizahlen, 22, 25 Folge, 22 aufsteigende, 37 beschränkte, 24, 39 Cauchy-, 32 divergent, siehe Divergenz konvergente, siehe Konvergenz monotone, 39 Teil-, 37 konvergente, 57 Fundamentalsatz der Algebra, 71 Funktion beschränkte, 54 differenzierbare, 95 rationale, 47, 51 Funktionalgleichung der e-Funktion, 59, 73, 74 der Gammafunktion, 108 des Logarithmus, 66 Gammafunktion, 107, 108 Gaußklammer, 21 Gausssches Integral, 104 gleichmäßig stetig, 56 Grenzwert, 23 uneigentlicher, 40 Gruppe, 69 Häufungspunkt, 38, 40 Index hinreichend, 96 l’Hospital Regel von, 98 Identität, 48 Imaginärteil, 68 Indexverschiebung, 14 Induktion vollständige, 8 Induktionsanfang, 8 Induktionsanname, 8 Induktionsaxiom, 8 Induktionsschritt, 8 Infimum, 39 Integral Gausssche, 104 Riemann, 101 Integration numerische, 104 partielle, 103 Intervall, 23 abgeschlossenes, 23 kompakt, 54, 56 Intervallschachtelung, 33, 52 Inverses multiplikativ, 69 Iterationsverfahren, 98 Kettenbruch, 36 Kettenregel, 92 klein verschwindend, 62 Kochsche Insel, 22 Koeffizientenvergleich, 75 Körper, 17 bewerteter, 20, 71 exotischer, 17 komplexe Zahlen, 69 konjugiert, 69 Komposition, 48 Index konjugiert komplexe Zahl, 69 Kontraposition, 55 Konvergenz, 23 absolute, 43 bei Integralen, 106 in C, 71 unendlicher Reihen, 41 Lagrangesches Integral, 110 Landau-Symbole, 62 Laplace-Experiment, 13 Leibniz-Kriterium, 42 Leibnizsche Reihe, 112 limes inferior, 40 limes superior, 40 lineare Approximierbarkeit, 86 Linearität, 88 Logarithmus, 64 natürlicher, 66 zur Basis a, 67 lokales Maximum, 93 lokales Minimum, 93 Machinsche Formel, 112 Majorante, 43 Majorantenkriterium, 43, 73 Maximum, 18, 40, 54 lokales, 93 strenges, 94 striktes, 94 Menge magere, 37 Minimum, 18, 40, 54 lokales, 93 strenges, 94 striktes, 94 Minorante, 44 Minorantenkriterium, 44 Mittelwertsatz, 95 monoton fallend, 39, 96 115 monoton wachsend, 39, 96 Monte-Carlo-Verfahren, 6, 104 Newtonsche Iterationsfolge, 101 Newtonsches Naherungsverfahren, 99 notwendige Bedingung, 42 Nullfolge, 27–29 Nullstelle, 52, 77 numerische Integration, 104 Operationen rationale, 47 Partialbruchzerlegung, 30 Partialsumme, 29, 30, 41, 60 Folge der ,̃ 42 partielle Integration, 103 Pascalsches Dreieck Pascalsches Dreieck, 13 Peano-Axiome, 7 periodisch zu 2π, 78 zu π, 80 periodischer Dezimalbruch, 32 π 2 , 77 Polarkoordinaten, 82, 83 Polynom, 47 nicht-konstantes, 71 Primzahl, 31 Produkt, 8 leeres, 9, 10 Produktregel, 88 Quadratwurzel, 35 Quotientenkriterium, 44, 58, 73 Quotientenregel, 88 Randpunkte, 65 rationale Funktion, 47 rationale Operationen, 47, 51 116 Realteil, 68 Regel von l’Hospital, 98 Reihe cos, 75 Exponential-, 58 geometrische endliche, 15 unendliche, 29 harmonische, 30, 31 alternierende, 43 Leibnizsche, 112 sin, 75 unendliche, 29, 41 Reihenrest, 59 rekursiv, 22 Restglied, 76 Riemann-Integral, 101 Riemannscher Umordnungssatz, 46 Satz von Rolle, 95 Schranke, 39 obere, 39 untere, 39 Sinus, 74 stetig, 51, 73 gleichmäßig, 56 stetig differenzierbar, 99 Stetigkeit, 51, 73 gleichmäßige, 56 Stirlingsche Formel, 107 strenges Maximum, 94 strenges Minimum, 94 streng monoton fallend, 39, 96 streng monoton wachsend, 39, 96 striktes Maximum, 94 striktes Minimum, 94 Substitutionsregel, 103 Summe, 8 leere, 9 Riemannsche, 105 Index Superposition, 48 Supremum, 39 Symmetrie, 18 Tangens, 79 Taylorreihe, 110 Taylorsche Formel, 109 teilerfremd, 59 Teilfolge, 37, 54 konvergente, 57 Teleskopsumme, 30 Topologie seltsame, 37 Transitivität, 18 Translationsinvarianz, 18 Trapezregel, 104 überabzählbar, 36 Umkehrfunktion, 64, 65, 67, 90 Umordnung, 45, 76 Ungleichung, 70 Vektoraddition, 68 Vollständige Induktion, 8 Vollständigkeitsaxiom, 33, 41 Wertebereich, 46 Winkelpythagoras, 75 √ 2 Näherungen für, 53 Zahlen ganze, 11 irrationale, 37, 59 komplexe, 68, 69 konjugiert, 69 Polarform, 83 nicht angeordnet, 70 rationale, 11, 32 reelle, 15 Zahlenebene Index Gaußsche, 68, 70, 74 Gaussche, 74 Zahlengerade, 18 Zinsrechnung, 57 Zwischenwertsatz, 52 117