Charakterisierung, Kommunikation und Minimierung von Risiken durch neue Schadstoffe und Krankheitserreger im Wasserkreislauf (TransRisk) Erfassen von Risikopotentialen durch antibiotikaresistente Bakterien im Donauried und die Wirkung von Aufbereitungsverfahren in Kläranlagen Johannes Alexander1, Gregor Knopp2, Thomas Schwartz1 1 Karlsruher Institut für Technologie (KIT), Institut für Funktionelle Grenzflächen; 2 TU Darmstadt, IWAR Antibiotika resistente Bakterien Bakterien können im menschlichen Körper Infektionen und Krankheiten hervorrufen. Diese mikrobiellen Infektionen sind die weltweit zweithäufigste Todesursache beim Menschen und immer mehr Bakterien sind gegen klinisch relevante Antibiotika resistent. In Krankenhäusern sind z. B. Koagulase negative Staphylokokken zu 62,9% Erythromycin resistent, Staphylococcus aureus zu 21,7% Methicillin/Oxacillin resistent, Enterococcus faecium zu 18,5% Vancomycin und zu 92,2% Ampicillin resistent sowie Pseudomonas aeruginosa zu 11,6% Imipenem resistent1. Wenn auch alternative Antibiotika bei auftretenden Resistenzen nicht mehr wirken, ist das Ende der Therapierbarkeit erreicht. Inwieweit sich bereits Antibiotika-resistente pathogene Bakterien in der aquatischen Umwelt ausgebreitet haben, ist unter anderem Gegenstand dieser Untersuchungen am Beispiel Donauried. Neben der direkten Entwicklung von Antibiotikaresistenzen durch Pharmaka, können Bakterien Resistenzgene auch aus dem umgebenden Medium direkt aufnehmen (z.B. lysierte, resistente Bakterien) und in ihr Erbgut integrieren (Transformation). Eine weitere Möglichkeit bietet die Konjugation. Über einen sogenannten horizontalen Gentransfer können Resistenzgene über mobile genetische Elemente auch auf Art-fremde Bakterien übertragen werden. Durch diese Ereignisse erhöht sich der Anteil von Resistenzmarkern in einer Gesamtpopulation. Die Erfassung dieser genetischen Resistenz-Determinanten in der Biozönose ist eine weiterer Bestandteil dieser Arbeit. Antibiotikaresistenzlage Nachweis der fakultativ pathogenen Bakterien Zelläquivalente (ZÄ) pro 100 ng Gesamt-DNA Enterobakterien Enterokokken Staphylokokken (Methicillin resistent) Pseudomonas aeruginosa Zelläquivalente (ZÄ) pro 100 ng Gesamt-DNA Vancomycin Resistenz Imipenem Resistenz Ampicillin Resistenz Erythromycin Resistenz * * ** * ** * * * Bis zu 106 ZÄ/100 ng Gesamt-DNA für alle untersuchten Resistenzen. **Bis zu 350.000 ZÄ/100 ng Gesamt-DNA für Vancomycin und Imipenem *Bis zu 900.000 ZÄ/100 ng Gesamt-DNA für Enterobakterien, Enterokokken und P. aeruginosa Antibiotikaresistenzen Fakultativ pathogene Mikroorganismen Die molekularbiologischen Untersuchungen (qPCR) zeigen, dass die meisten der klinisch relevanten AntibiotikaResistenzgene im Klinikabwasser Ulm und Langenau vorkommen. Weiterhin wurden eine deutlich messbare Anzahl an Resistenzgenen im kommunalen Kläranlagenbereich und den angrenzenden Oberflächenwässern gemessen und belegen den Eintrag in die aquatische Umwelt mit entsprechendem Vermehrungspotential unter geeigneten Bedingungen. Generell wurden in unbelasteten Grundwässern nur Spuren von Resistenzmarkern gefunden. In den anthropogen belasteten Grundwassermessstelle 7721 (aktive Deponie) und der Grundwassermessstelle 7103 (Altdeponie) wurden Vancomycinund Imipenemresistenzen nachgewiesen. Mit molekularbiologischen Methoden (qPCR) wurden in fast allen Messstellen Enterobakterien mit unterschiedlichen Abundanzen gefunden. Die meisten Genkopien wurden im Klinikabwasser und im Kläranlagenbereich gemessen. Der Staphylokokken spezifische Methicillinresistenz-Marker konnte vor allem im Klinikabwasser, sowie in der Lone nachgewiesen werden. Pseudomonas aeruginosa wurde vor allem im Klinikabwasser sowie in den Kläranlagenzu- und -abläufen nachgewiesen. Die Kultivierung auf Selektivnährmedien für diese Bakterien bestätigten die molekularbiologischen Ergebnisse (Daten nicht gezeigt). Konventionelle Abwasserbehandlung Welchen Einfluss haben niedrig konzentrierte Antibiotika? Kläranlage Steinhäule (3–stufig, 440.000 EW) Zulauf Ablauf Reduktion Enterobakterien 2,6 x 103 1,2 x 103 <1log (1,4 x 103) Enterokokken 25,0 x 103 1,9 x 103 1log (23,1 x 103) Staphylokokken 0,08 x103 0,03 x 103 <1log (0,05 x 103) P. aeruginosa 1,2 x 103 7,0 x 103 Zunahme (5,8 x 103) Kläranlage Langenau (3-stufig, 14.000 EW) Zulauf Ablauf Reduktion Enterobakterien 14,0 x 103 2,5 x 103 <1log (11,5 x 103) Enterokokken 28,9 x 103 1,0 x 103 1log (27,9 x 103) Staphylokokken 0,19 x103 <1 2log (0,19 x 103) P. aeruginosa 0,69 x 103 4,2 x 103 Zunahme (3,5 x 103) In den Untersuchungen der Kläranlagen mit konventioneller Abwasserbehandlungsverfahren zeigte sich, dass keine effektive Reduktion an hygienisch relevanten Mikroorganismen, bezogen auf Anteile in der Gesamtpopulation, stattfindet. Eine Reduktion um weniger als 90% hat aufgrund des Vermehrungspotentials der Bakterien in Kläranlagenabläufen und Vorflutern nur eine eingeschränkte Signifikanz. Aus früheren Arbeiten ist bekannt2,4, dass selbst stark verdünnte Antibiotika-Konzentrationen (1/1000 der wirksamen Dosis) einen großen Einfluss auf die Genaktivität und Genveränderung in Bakterien haben. D.h. Bakterien können sich anpassen und entsprechende Mechanismen, wie Resistenzen, in der entsprechenden Umgebung entwickeln. Dadurch stellen selbst sehr niedrige Konzentrationen ein Potential für die Entwicklung von Resistenzen dar. Rechenbeispiel: E.coli hat unter optimalen Bedingungen eine Generationszeit von 20 min. Eine Population aus E. coli, die um 90% reduziert wurde, erreicht ihre ursprüngliche Populationsdichte in weniger als 3,5 Stunden. Ozonung an der Kläranlage Darmstadt Molekularbiologische Untersuchung (DNA Nachweise) zum Nachweis von Bakterien und Resistenzen bieten den Vorteil, dass sie alle Bakterien in einer Population erfassen und nicht aufgrund der Wahl des Kulturmediums nur einen Bruchteil an Bakterien erfassen (nur ein geringer Teil der Populationen sind überhaupt kultivierbar). Fakultativ pathogene Mikroorganismen (pro 100ng Gesamt-DNA) * Die Kläranlagen Darmstadt dient mit ihren Abwasserreinigungsverfahren als Modell für die Wirkung von Ozonung gekoppelt mit diversen Filtereinheiten auf die Abwassermikrobiologie. Die vorläufigen Ergebnisse belegen eine deutlich Reduktion der Anteile fakultativ pathogener Bakterien in einer Gesamtpopulation nach Ozonung (0,5 g O3, gezehrt/gDOC). Es wird aber auch deutlich, dass sich nach der Ozonung die Anteile an Antibiotikaresistenzgenen in der verbleibenden Gesamtpopulation wieder erhöhen. Dies zeigte sich besonders deutlich bei der Vancomycinresistenz. Ursachen hierfür deuten auf eine erhöhte Robustheit von resistenten Keimen oder auf verstärkte Gentransferereignisse bei oxidativen Stress hin und wird derzeit genauer untersucht. Antibiotikaresistenzgene (pro 100ng Gesamt-DNA) Mechanische Behandlung des Rohwassers Messpunkt 1 * * * Biologische Behandlung Messpunkt 2 Mikrosieb Messpunkt 3 O3 - Anlage Messpunkt 4 * Bis zu 106 Zelläquivalente * Bis zu 106 Zelläquivalente Quellen: 1Robert Danksagung: Wir danken dem BMBF für die finanzielle Unterstützung und Herrn Dr. Wolfram Seitz und Frau Anna Bollmann vom Zweckverband Landeswasserversorgung Langenau, für die freundliche und sachkundige Unterstützung, sowie der Bereitstellung der Wasserproben Koch-Institut: ARS, https://ars.rki.de, Datenstand: 06.06.13; 2Davies et al. 2006. Curr Opin Microbiol. 9(5), 445-53; 3Schwartz et al. 2004. J Microbiol Methods. 56(2),277-86; 4Bruchmann et al. 2013. Environ Sci Pollut Res Int., 20(6),3539-49; 5Schwartz et al. 2006. FEMS Microbiol Ecol., 57(1),158-67. Kontakt: Dr. Thomas Schwartz, Karlsruher Institut für Technologie (KIT), Institut für Funktionelle Grenzflächen (IFG) Abteilung Mikrobiologie an Natürlichen und Technischen Grenzflächen, 76344 Eggenstein-Leopoldshafen Tel. +49 (0) 721-608-26802 E-Mail: [email protected]