Fastperiodische Funktionen nach Bohr

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Fastperiodische Funktionen nach Bohr
4. Vortrag
des Hauptseminars
Eigenwerte des Laplaceoperators
im Fachbereich Mathematik
an der
Johannes - Gutenberg
Universität Mainz
Autoren:
Betreuer:
Jerome Blauth & Felix Frießleben
Prof. Dr. Vadim Kostrykin
Mainz, den 26.05.2009
Inhaltsverzeichnis
1 Einleitung
1
2 Definitionen und Beispiele
1
3 Eigenschaften fastperiodischer Funktionen
3
4 Hilfsätze
4
5 Approximationssatz für fastperiodische Funktionen
5
6 Beweis des Approximationssatzes
5
Fastperiodische Funktionen nach Bohr
1
Seite 1
Einleitung
Unser Vortrag beschäftigt sich mit der Klasse der fastperiodichen Funktionen, einer Verallgemeinerung der periodischen Funktionen, und zwar in dem Sinne, wie sie von Harald
Bohr in den Jahren 1924 bis 1926 eingeführt wurde.
Wir werden neben den Definitionen elementare Eigenschaften dieser Funktionenklasse angeben und als wichtigstes Resultat den Approximationssatz für fastperiodische Funktionen
beweisen. In den folgenden Vorträgen wird die Klasse der fastperiodischen Funktionen nach
Bohr (auch gleichmäßig fastperiodische Funktionen) weiter verallgemeinert und wir werden
sehen, dass es sich bei der Zählerfuntion für ganzzahlige Gitterpunkte in der Ellipse:
√p
X cos(2π t a2 y 2 + b2 y 2 − 3π )
1 ab
2
1
4
Aa,b (t) ∼ πabt + t 4
3
2
2
t→∞
2
2
π
4
)
+
b
y
(a
y
2
y ∈ Z \{0}
1
2
um eine fastperiodische Funktion (nach Besicovitch) handelt.
2
Definitionen und Beispiele
Um zu verdeutlichen, dass die periodischen Funktionen wichtige Eigenschaften bezüglich
der Abgeschlossenheit nicht erfüllen betrachten wir folgendes Beispiel:
Beispiel 2.1
√
Die Funktion f (x) = sin(2 π x) + sin(2 π x 2):
Im Folgenden wollen wir zeigen, dass f (x) nicht periodisch ist. Angenommen f (x) ist
periodisch, dann gäbe es ein τ ∈ R, τ 6= 0 mit:
f (x + τ ) = f (x)
, ∀x ∈ R
Durch Auswertung in bestimmten Punkten erhält man die folgenden drei Ungleichungen.
Für x = 0:
√
!
f (0) = 0 = sin(2πτ ) + sin(2π 2τ ) = f (τ )
(1)
Für x = 1:
√
√
f (1 + τ ) = sin(2π + 2πτ ) + sin(2π 2 + 2π 2τ )
√
√
√
√
= sin(2πτ ) + sin(2π 2)cos(2π 2τ ) + cos(2π 2)sin(2π 2τ )
√
√
!
= sin(2π 2) = sin(2π) + sin(2π 2) = f (1)
(2)
Fastperiodische Funktionen nach Bohr
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Für x = −1:
√
√
f (−1 + τ ) = sin(2πτ − 2π) + sin(2π 2τ − 2π 2)
√
√
√
√
= sin(2πτ ) + sin(−2π 2)cos(2π 2τ ) + cos(−2π 2)sin(2π 2τ )
√
√
√
√
= sin(2πτ ) − sin(2π 2)cos(2π 2τ ) + cos(2π 2)sin(2π 2τ )
√
√
!
= −sin(2π 2) = sin(−2π) + sin(−2π 2) = f (−1)
(3)
Setzt man (2) und (3) zusammen, so ergibt sich folgende Gleichung:
√
√
√
2sin(2π 2) = 2sin(2π 2)cos(2π 2τ )
√
√
⇔ 1 = cos(2π 2τ ) ⇔ 2τ = k
k
⇔ τ = √ für ein k ∈ Z
2
(4)
Mit (1) folgt außerdem:
0 = sin(2πτ ) ⇔ τ = l ∈ Z
(5)
Aus (4) und (5) erhält man schließlich:
k
√ = l mit k, l ∈ Z
2
Dies ist jedoch ein Wiederspruch! Wir haben also gesehen, dass f nicht periodisch ist. Wir
werden noch zeigen, dass f fastperiodisch ist.
Definition 2.2 (relativ dicht)
Eine Teilmenge A ⊂ R heißt relativ dicht, wenn gilt: ∃ l > 0 so dass jedes Intervall der
Länge l mindestens ein a ∈ A enthält. (Dabei ist es egal ob man offene, abgeschlossene
oder halboffene Intervalle betrachtet.)
Beispiel 2.3
• Die Menge {np | n ∈ N} wobei p eine beliebige feste reelle Zahl ist, ist relativ dicht.
• Die Menge der Primzahlen ist nicht relativ dicht, da die Menge beliebig große Lücken
hat.
Definition 2.4 (Fastperiode)
Sei f : R → C eine beliebige Abbildung und ≥ 0. Eine Zahl τ ∈ R heißt Fastperiode von
f zu wenn gilt:
|f (x + τ ) − f (x)| ≤ ∀x∈R
Die Menge der Fastperioden von f zu wird mit τf () bezeichnet.
Bemerkung 2.5
• τ ∈ τf () ⇒ −τ ∈ τf ()
• τ ∈ τf () ⇒ τ ∈ τf (0 ) für alle 0 > • τ1 ∈ τf (1 ), τ2 ∈ τf (2 ) ⇒ τ1 ± τ2 ∈ τf (1 + 2 )
Beispiel 2.6
• Für jede periodische Funktion f ist die Periode p natürlich auch eine Fastperiode zu
jedem ≥ 0.
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• Die Funktion f (x) = x hat zu gegebenem ≥ 0 die Fastperiode τ = . Allgemeiner
existiert für jede gleichmäßig stetige Funktion zu beliebigem > 0 ein τ ∈ τf ().
Definition 2.7 (fastperiodisch)
Eine stetige Funktion f : R → C heißt fastperiodisch, falls gilt: ∀ > 0 ist die Menge der
Fastperioden zu , das heißt τf () relativ dicht.
3
Eigenschaften fastperiodischer Funktionen
Satz 3.1
Jede fastperiodische Funktion f ist gleichmäßig stetig auf ganz R.
Beweis
Sei > 0 beliebig. Wir suchen ein δ > 0, so dass
|f (x0 ) − f (x00 )| < für |x0 − x00 | < δ
Aus der relativen Dichtheit von τf ( 3 ) folgt, ∃l = l 3 , so dass jedes Intervall der Länge l
eine Fastperiode zu 3 enthält.
f ist stetig, also auf dem kompakten Intervall [−1, l + 1] gleichmäßig stetig, das heißt es
existiert ein δ > 0 ohne Einschränkung können wir δ < 1 fordern, so dass ∀ x, y ∈ [−1, l + 1]
mit |x − y| < δ gilt:
|f (x) − f (y)| <
3
0
00
0
00
Sei nun x , x ∈ R beliebig mit |x − x | < δ, dann hat das Intervall [x0 , x0 + l] die Länge l
und enthält damit eine Zahl τ ∈ τf ( 3 ) für die gilt:
|f (x + τ ) − f (x)| <
3
,∀x ∈ R
Desweiteren gilt x0 − τ ∈ [0, l] ⊂ [−1, l + 1] und da |x0 − x00 | < δ < 1 folgt x00 ∈ [−1, l + 1].
Insgesamt folgt also:
|f (x0 ) − f (x00 )| ≤ |f (x0 ) − f (x0 − τ )| + |f (x0 − τ ) − f (x00 − τ )|
+ |f (x00 − τ ) − f (x00 )| < Satz 3.2
Sind f1 und f2 fastperiodisch, so ist auch f1 + f2 fastperiodisch.
Beweis
Seien zunächst 0 < 1 < 2 vorgegeben, wir zeigen dass ein δ > 0 existiert mit:
Uδ (τf (1 )) ⊂ τf (2 )
Da 0 ∈ τf () ∀ f, > 0 und jede fastperiodische Funktion f gleichmäßig stetig ist ∃ δ 0 > 0,
so dass:
(−δ 0 , δ 0 ) ⊂ τf ()
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Insbesondere existiert also ein δ > 0 mit
(−δ, δ) ⊂ τf (2 − 1 )
Mit Bemerkung 2.5 folgt, die obige Aussage.
τf (1 ) + (−δ, δ) ⊂ τf (2 )
Weierhin kann man zeigen (siehe Besicovitch), dass für alle , δ > 0 und f, g fastperiodisch
gilt, dass τf () ∩ Uδ (τg ()) relativ dicht ist. Insgesamt folgt also:
Für > 0 ist G := τf1 ( 2 ) ∩ τf2 ( 2 ) relativ dicht und für beliebiges τ ∈ G gilt:
|(f1 + f2 )(x + τ ) − (f1 + f2 )(x)| ≤ |f1 (x + τ ) − f1 (x)| + |f2 (x + τ ) − f2 (x)| < ⇒ f1 + f2 ist fastperiodisch.
4
Hilfsätze
Hilfssatz 4.1
Sei f (x) fastperiodisch und für alle > 0 existiert δ > 0, n ∈ N und λ1 , . . . , λn ∈ R, so
dass jede Lösung τ von
|λ1 · τ | < δ, . . . , |λn · τ | < δ
mod 2 π
eine Fastperiode von f (x) zu ist. Dann existiert eine stetige Funktion F (t1 , . . . , tn ) der
reellen Variabeln t1 , . . . , tn welche in jeder Variabeln die Periode 2 π hat und für die
gleichmäßig in x gilt:
|f (x) − F (λ1 x, . . . , λn x)| < 2 Beweis
siehe W.Maak (1950): Fastperiodische Funktionen, S.97 ff.
Hilfssatz 4.2 (Approximationssatz für periodische Funktionen)
Jede stetige Funktion f (x1 , . . . , xn ) in n Variabeln, welche in jeder Variabeln die Periode
2 π hat, läßt sich gleichmäßig durch endliche trigonometrische Polynome approximieren.
(k)
(k)
(k)
Das heißt für alle > 0 existieren endlich viele n-Tupel (ν1 , . . . , νn ) mit νj ∈ Z
und komplexen Koeffizienten aν (k) ,...,ν (k) ∈ C, so dass gleichmäßig für alle x1 , . . . , xn gilt:
n
1
X
(k)
(k)
aν (k) ,...,ν (k) · ei(ν1 x1 +...+νn xn ) < f (x1 , . . . , xn ) −
n
1
k
Beweis
siehe W.Maak (1950): Fastperiodische Funktionen, S.82 ff.
Fastperiodische Funktionen nach Bohr
5
Seite 5
Approximationssatz für fastperiodische Funktionen
Wir kommen nun, zum Hauptresultat unseres Vortrages, dem Approximationssatz für
fastperiodische Funktionen. Dieser Satz stellt eine Verallgemeinerung des Approximationssatzes für periodische Funktionen dar. Und zwar besagt der Satz, dass sich jede fastperiodische Funktion gleichmäßig und beliebig genau durch Summen von endlich vielen
trigonometrischen Polynomen annähern lässt.
Der Hauptunterschied zwischen den beiden Approximationssätzen besteht darin, dass im
Approximationssatz für fastperiodische Funktionen die Exponentenfolge beliebige reelle
Zahlen sein können, wohingegen die Exponentenfolge im Approximationssatz für periodische Funktionen von vorneherein festgelegt ist.
Satz 5.1
Sei f (x) fastperiodisch. Dann läßt sich f (x) durch endliche trigonometrische Polynome
gleichmäßig und beliebig genau approximieren, das heißt ∀η > 0 ∃ endlich viele µk ∈ R
und ak ∈ C, so dass gleichmäßig in x gilt:
X
ak · ei·µk ·x < η
f (x) −
k
6
Beweis des Approximationssatzes
Der ursprüngliche Beweis des Approximationssatzes stammt von Harald Bohr (dänischer
Mathematiker, 1887 - 1951). Bohr verwendete für seinen Beweis die großen Gemeinsamkeiten von periodischen und fastperiodischen Funktionen und konnte den Approximationssatz
für fastperiodische Funktionen auf den für periodische Funktionen zurückführen, da die
periodischen Funktionen in der Menge der fastperiodischen Funktionen überall dicht liegen.
Bohr musste für seinen Beweis jedoch die gesamte Fourierreihentheorie von periodischen
Funktionen auf fastperiodische Funktionen erweitern. Um uns dies zu ersparen, werden wir
im Folgenden die Hauptideen des Beweises von Nikolai Nikolajewitsch Bogoljubov (russischer Mathematiker/Physiker, 1909 - 1992) vorstellen. Ihm gelang es den wesentlichen Teil
des Beweises über fastperiodische Funktionen auf einen Satz über Folgen ganzer Zahlen
zurückzuführen.
Beginnen wir nun mit einem zentralen Satz des Beweises, wir werden zeigen, dass jede fastperiodische Funktion, die die Voraussetzungen von Satz 4.1 erfüllt, beliebig genau
durch trigonometrische Polynome approximiert werden kann.
Satz 6.1
Es sei f (x) fastperiodisch und zu jedem > 0 existiert ein δ > 0 und eine von abhängige
endliche Anzahl reeller Zahlen λ1 , . . . , λn , so dass jede Lösung τ des Ungleichungssystems
|λ1 · τ | < δ, . . . , |λn · τ | < δ
mod 2 π
eine Fastperiode von f (x) zu ist. Dann läßt sich f (x) durch endliche trigonometrische
Polynome gleichmäßig und beliebig genau approximieren, das heißt ∀η > 0 ∃ endlich viele
µk ∈ R und ak ∈ C, so dass gleichmäßig in x gilt:
X
ak · ei·µk ·x < η
(6)
f (x) −
k
Fastperiodische Funktionen nach Bohr
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Man kann erkennen, dass dieser Satz und der Approximationssatz für fastperiodische Funktionen dieselbe Aussage haben, nämlich dass sich f (x) gleichmäßig und beliebig genau
durch endliche trigonometrische Polynome approximieren lässt.
Allerdings hat dieser Satz umfangreichere Voraussetzungen. Wir werden den Satz nun
unter Verwendung der beiden Hilfssätze 4.1 und 4.2 beweisen.
Beweis
Sei η > 0 beliebig und = η3 . Dann folgt mit Hilfssatz 4.1, der wie man erkennen kann
dieselben Voraussetzungen hat wie dieser Satz:
Es existiert eine stetige, periodische Funktion F (t1 , . . . , tn ) mit der Periode 2 π in jeder
Variabeln für die gleichmäßig in x gilt:
|f (x) − F (λ1 x, . . . , λn x)| < 2
(7)
Der erste Hilfssatz liefert uns also eine 2 π periodische Funktion in mehreren Variabeln auf
die wir nun den Approximationssatz für periodische Funktionen in mehreren Variabeln,
sprich Hilfssatz 4.2 anwenden können. Aus Hilfssatz 4.2 folgt:
(k)
(k)
(k)
∀e
> 0 ∃ endlich viele n-Tupel (ν1 , . . . , νn ) mit νj ∈ Z und aν (k) ,...,ν (k) ∈ C, so dass
n
1
gleichmäßig ∀ t1 , . . . , tn gilt:
X
(k)
(k)
aν (k) ,...,ν (k) · ei(ν1 t1 +...+νn tn ) < e
F (t1 , . . . , tn ) −
n
1
k
Da dies für alle e
gilt, können wir e
wie oben wählen, nämlich e
==
außerdem ti durch λi x, so erhalten wir:
⇒
η
3.
X
(k)
(k)
i(ν1 λ1 +...+νn λn )·x aν (k) ,...,ν (k) · e
F (λ1 x, . . . , λn x) −
<
n
1
Ersetzen wir
(8)
k
Nun ist der Beweis fast fertig, die Aussage des Satzes folgt direkt, wenn man die Ungleichungen (7) und (8) zusammen setzt:
X
(k)
(k)
aν (k) ,...,ν (k) · ei(ν1 λ1 +...+νn λn )·x f (x) −
n
1
k
X
(k)
(k)
i(ν1 λ1 +...+νn λn )·x = f (x) − F (λ1 x, . . . , λn x) + F (λ1 x, . . . , λn x) −
aν (k) ,...,ν (k) · e
n
1
k
X
(k)
(k)
≤ |f (x) − F (λ1 x, . . . , λn x)| + F (λ1 x, . . . , λn x) −
aν (k) ,...,ν (k) · ei(ν1 λ1 +...+νn λn )·x n
|
{z
} 1
k
< 2 wegen (7)
|
{z
}
< wegen (8)
< 2 + = η
Um die exakte Formulierung des Satzes wie in (6) zu erhalten, muss man die Variabeln
wie folgt wählen:
(k)
ak := aν (k) ,...,ν (k) und µk := ν1 λ1 + . . . + νn(k) λn
1
n
Man kann an diesem Beweis erkennen, wie die Exponenten µk aus dem approximierenden
trigonometrischen Polynom mit den λi aus der Ungleichung zusammenhängen. Wie bei
Fastperiodische Funktionen nach Bohr
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periodischen Funktionen hängen auch bei fastperiodischen Funktionen die Exponenten des
approximierenden Polynoms direkt von den Periodizitätseigenschaften der Funktion f (x)
ab.
Um den Approximationssatz für fastperiodische Funktionen (Satz 5.1) zu beweisen, müssen
wir nun zeigen, dass jede fastperiodische Funktion die zusätzlichen Voraussetzungen von
Satz 6.1 erfüllt, denn dieser Satz hat dieselbe Aussage wie der Approximationssatz.
Lemma 6.2
Jede fastperiodische Funktion f (x) erfüllt die Voraussetzungen von Satz 6.1. Das heißt
für > 0 existiert ein δ > 0, n ∈ N und λ0 , λ1 , . . . , λn ∈ R, so dass alle Lösungen τ des
Ungleichungssystems
|λ0 · τ | < δ, |λ1 · τ | < δ, . . . , |λn · τ | < δ
mod 2 π
Fastperioden von f (x) zu sind.
Bogoljubov führt nun dieses Lemma auf immer allgemeinere Aussagen zurück und beweist
dann ein Lemma, dass nicht mehr viel mit diesem zu tun hat, denn es sagt etwas über
unendliche Folgen ganzer Zahlen aus. Da wir zeigen werden: ’Aus Lemma 6.3 folgt Lemma
6.2’, ’Aus Lemma 6.4 folgt Lemma 6.3’, und so weiter, reicht es am Ende den allgemeinen
Satz über Folgen ganzer Zahlen zu beweisen.
Zu allererst werden wir uns von der Funktion f (x) befreien:
Lemma 6.3
Sei τ1 , τ2 , . . . ∈ R eine Folge reeller Zahlen und {τ1 , τ2 , . . .} sei relativ dicht. Dann existiert
zu einem vorgegebenem η > 0 ein δ > 0, n ∈ N und λ0 , λ1 , . . . , λn ∈ R, so dass jede Lösung
τ des Ungleichungssystems
|λ0 · τ | < δ, |λ1 · τ | < δ, . . . , |λn · τ | < δ
mod 2 π
auch eine Ungleichung
|τ − (τp + τq − τr − τs )| < η
erfüllt, mit geeigneten τp , τq , τr , τs ∈ {τ1 , τ2 , . . .}.
Beweis (Lemma 6.3 =⇒ Lemma 6.2)
Wir werden zeigen, dass aus der Annahme, dass Lemma 6.3 bewiesen ist, die Gültigkeit
von Lemma 6.2 folgt. Dazu werden wir eine fastperiodische Funktion wählen und uns aus
dieser Funktion eine geeignete relativ dichte Folge konstruieren. Auf diese Folge werden
wir Lemma 6.3 anwenden und zeigen, dass jedes τ , welches die Ungleichungen erfüllt, eine
Fastperiode von f (x) zu ist.
Sei f (x) eine fastperiodische Funktion. Wir wählen eine beliebige relativ dichte Folge
τ1 , τ2 , . . . ∈ τf ( 8 ) von Fastperioden von f (x) zu 8 . Das heißt für jedes τi der Folge gilt:
|f (x + τi ) − f (x)| <
8
∀ x ∈ R, ∀ i
Das solch eine relativ dichte Folge existiert, folgt direkt aus der Definition einer fastperiodischen Funktion, denn für jedes ist die Menge aller zu gehörenden Fastperioden
relativ dicht.
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Wir haben uns nun also eine Folge τi konstruiert, die die Voraussetzungen von Lemma 6.3
erfüllt, wenden wir also dieses Lemma auf die Folge an, so folgt:
∀ η > 0 ∃ δ > 0, n ∈ N und λ0 , λ1 , . . . , λn ∈ R, so dass jede Lösung τ des Ungleichungssystems
|λ0 · τ | < δ, |λ1 · τ | < δ, . . . , |λn · τ | < δ
mod 2 π
auch eine Ungleichung
|τ − (τp + τq − τr − τs )| < η
erfüllt, mit geeigneten τp , τq , τr , τs ∈ {τ1 , τ2 , . . .}.
Wenn wir nun daraus, dass jedes τ welches die 1.Ungleichung erfüllt auch die 2.Ungleichung erfüllt, folgern können, dass τ eine Fastperiode von f (x) zu ist, dann sind wir
fertig. Um dies zeigen zu können brauchen wir jedoch noch einige Vorüberlegungen:
τ 0 := τp + τq − τr − τs ∈ τf ( )
2
(9)
Dies folgt, da τp , τq , τr , τs Fastperioden zu 8 sind:
f (x + τ 0 ) − f (x) = |f (x + τp + τq − τr − τs ) − f (x + τp + τq − τr )
{z
}
{z
}
|
|
=: x1
=: x1 +τs
+ f (x + τp + τq − τr ) − f (x + τp + τq )
{z
}
| {z }
|
=: x2
=: x2 +τr
+ f (x + τp + τq ) − f (x + τp ) + f (x + τp ) − f (x)|
| {z }
| {z }
=: x3 +τq
=: x3
≤ |f (x1 + τs ) − (x1 )| + |f (x2 + τr ) − (x2 )|
+ |f (x3 + τq ) − (x3 )| + |f (x + τp ) − (x)|
< + + + =
8 8 8 8
2
Nun werden wir noch eine Eigenschaft fastperiodischer Funktionen ausnutzen, nämlich die
gleichmäßige Stetigkeit:
Satz 3.1
f (x) fastperiodisch =⇒ f (x) gleichmäßig stetig, das heißt ∀ e
> 0 ∃ δe > 0, so dass für
0
0
e
|τ − τ | = |(x + τ ) − (x + τ )| < δ := η gilt:
|f (x + τ ) − f (x + τ 0 )| < e
Wenn wir nun η so klein wählen, dass e
≤
2
(10)
gilt, dann folgt die Aussage von Lemma 6.2:
|f (x + τ ) − f (x)| = |f (x + τ ) − f (x + τ 0 ) + f (x + τ 0 ) − f (x)|
≤ |f (x + τ ) − f (x + τ 0 )| + |f (x + τ 0 ) − f (x)|
{z
} |
{z
}
|
<e
≤ 2 wegen (10)
< 2 wegen (9)
+ =
2 2
Nun haben wir gezeigt, dass jedes τ , welches das Ungleichungssystem erfüllt eine Fastperiode von f (x) zu ist und die Zahlen δ, n, λ1 , . . . , λn aus Lemma 6.3 sind genau die, deren
Existenz in Lemma 6.2 behauptet wurde.
<
Mit dem nächsten Lemma werde ich zeigen, dass es nicht notwendig ist zu fordern, dass
die Folge τi relativ dicht ist, falls die Folge allgemeinere Voraussetzungen erfüllt:
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Lemma 6.4
Sei τ1 , τ2 , . . . ∈ R eine Folge reeller Zahlen, für die Zahlen L > 0 und α > 0 existieren, so
dass
|τi | < L · i
und |τi − τj | > α > 0
, ∀ i = 1, 2, . . .
, ∀ i 6= j
gilt. Dann existiert zu einem vorgegebenem η > 0 ein δ > 0, n ∈ N und λ0 , λ1 , . . . , λn ∈ R,
so dass jede Lösung τ des Ungleichungssystems
|λ0 · τ | < δ, |λ1 · τ | < δ, . . . , |λn · τ | < δ
mod 2 π
auch eine Ungleichung
|τ − (τp + τq − τr − τs )| < η
erfüllt, mit geeigneten τp , τq , τr , τs ∈ {τ1 , τ2 , . . .}.
Bemerke, dass die Aussage von Lemma 6.4 und Lemma 6.3 identisch sind, darum müssen
wir nur zeigen, dass die allgemeinere Voraussetzung aus der vorherigen folgt.
Beweis (Lemma 6.4 =⇒ Lemma 6.3)
Wir werden nun eine relativ dichte Folge wählen und daraus eine neue Folge konstruieren, die die Voraussetzungen von Lemma 6.4 erfüllt. Auf diese Folge können wir dann das
Lemma anwenden und da die Aussagen der beiden Lemma identisch sind, folgt daraus die
Gültigkeit von Lemma 6.3.
Wähle eine beliebige relativ dichte Folge τ1 , τ2 , . . ., das heißt ∃ L > 0, so dass jedes
Intervall der Länge L2 mindestens ein Element der Folge τi enthält. Nun können wir aus
der Folge τi eine Folge konstruieren, die die Voraussetzungen von Lemma 6.4 erfüllt.
Wähle dazu:
τni ∈
1
(i − )L, iL
2
, ∀ i = 1, 2, . . .
Da die Intervalle die Länge L2 haben, existiert in jedem Intervall ein Element der Folge τi .
Die neue Folge τni genügt den Voraussetzungen von Lemma 6.4, denn es gilt:
|τni | < L · i
, ∀ i = 1, 2, . . .
nach Konstruktion und für alle i 6= j folgt aus der Wahl der Intervalle:
|τni − τnj | >
L
>0
2
|{z}
=: α
Wir wenden auf die Folge τni das Lemma 6.4 an und da τnp , τnq , τnr , τns Elemente der
Folge τi sind, folgt daraus die Gültigkeit von Lemma 6.3.
Man kann zeigen, dass dieses Lemma aus einem noch allgemeineren Lemma über Folgen
ganzer Zahlen folgt und zwar aus:
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Lemma 6.5
Sei n1 , n2 , . . . ∈ Z eine Folge verschiedener ganzer Zahlen, für die mit H ∈ Z gilt:
|ni | < H · i
, ∀ i = 1, 2, . . .
Dann gibt es eine Zahl m ∈ N und reelle Zahlen λ1 , . . . , λm ∈ [0, 2π], so dass jede Lösung
n ∈ Z des Ungleichungssystems
|λ1 · n| <
π
π
, . . . , |λm · n| <
2
2
mod 2 π
von der Form
n = np + nq − nr − ns
ist, mit np , nq , nr , ns ∈ {n1 , n2 , . . .}.
Beweis (Lemma 6.5 =⇒ Lemma 6.4)
siehe W.Maak (1950): Fastperiodische Funktionen, S.104 f.
Um dieses Lemma zu beweisen, zeigt man zunächst das folgende Lemma, für endliche
Folgen ganzer Zahlen und bekommt dann mittels Grenzwertbildung die Aussage für unendliche Folgen.
Lemma 6.6
Es seien n1 , . . . , nP verschiedene ganze Zahlen im Intervall −N < n < N . Ihre Anzahl P
sei hinreichend groß; d.h. genauer: Es sei möglich eine Zahl m ∈ Z so zu wählen, dass
8·N
P
2
≤m<8·N
wird. Dann gibt es m Zahlen µ1 , . . . , µm ∈ (0, 2π), so dassalle Lösungen n ∈ Z mit −4N < n <
4N des Ungleichungssystems
|µ1 · n| <
π
π
, . . . , |µm · n| <
2
2
mod 2 π
von der Form
n = np + nq − nr − ns
sind, mit np , nq , nr , ns ∈ {n1 , . . . , nP }.
Beweis
siehe W.Maak (1950): Fastperiodische Funktionen, S.106 ff.
Aus diesem Lemma folgt mittels Grenzwertbildung Lemma 6.5 und daraus folgen wie oben
bewiesen die Lemma 6.4, 6.3 und 6.2 womit der Approximationssatz für fastperiodische
Funktionen bewiesen wäre.
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