Programmheft 2 Kammermusikfestival 2013 Reif für die Insel? – Musik aus Großbritannien Inhaltsverzeichnis Grußworte 4 Essay England – ein ›Land ohne Musik‹? 6 14. Mai 2013, 19:20 Eröffnungsfanfare 8 14. Mai 2013, 19:30 Eröffnungskonzert 8 Essay Edward Elgar – »the first English Progressivist« 10 15. Mai 2013, 19:30 Morgenstern Trio and Friends 11 15. Mai 2013, 22:00 Englische Barock- und Renaissancemusik 12 16. Mai 2013, 17:00 British Music Nowadays 14 16. Mai 2013, 19:30 Literatur und Musik 16 16. Mai 2013, 22:00 Shakespeare-Vorspiel 18 Essay Benjamin Britten zum 100. Geburtstag 19 17. Mai 2013, 19:30 Portraitkonzert Benjamin Britten 20 17. Mai 2013, 22:00 Nachtkonzert 22 18. Mai 2013, 11:00 Matinee 24 18. Mai 2013, 18:00 English Pops 25 18. Mai 2013, 19.30 Abschlusskonzert 26 3 Grußwort Dr. Susanne Winnacker Rektorin der hmt Rostock Sehr verehrtes Publikum, dass Großbritannien tatsächlich eine Insel ist, vergisst man leicht. Dass es dort nicht nur Regen, Nebel, wuchtige alte Bauwerke gibt, seltsames Essen und Wirtschaftskrisen, auch. Die Musik aus Großbritannien, die wir Ihnen beim diesjährigen Kammermusikfestival vorstellen werden ist einfach wunderschön, man hört sie nicht oft und das reicht vielleicht schon, Ihnen das Gefühl von etwas Besonderem zu geben. Neben Edward Elgar, Henry Purcell, Benjamin Britten, Malcolm Arnold und Gordon Jacobs spielen Studierende und Lehrende der hmt für Sie Musik von Rebecca Clarke, Frank Bridge, Arthur Somervell, Arnold Bax, Ralph Vaughan Williams, Peter Warlock und Roger Quilter. Jeweils ein Konzert wird der englischen Moderne und dem Komponisten Benjamin Britten gewidmet sein, um nur einige Highlights hier schon zu nennen. Das Motto des diesjährigen Kammermusikfestivals »Reif für die Insel« soll Sie, liebe Besucher, also nicht dazu verleiten, den lieben Gott einen guten Mann sein zu lassen und einfach mal ganz weit weg zu fahren, sondern dazu, hier zu bleiben und sich die teilweise sehr ungewohnte, spezielle und außergewöhnliche Musik der Insel Großbritannien hier bei uns in der hmt anzuhören Mein großer Dank gilt allen Organisatoren auf und hinter den Bühnen und Ihnen wünsche ich viel Freude bei diesem auch für uns ganz besonderen Festival! Herzlich, Ihre 4 Grußwort Prof. Stefan Hempel und Prof. Heiner Schindler Organisatoren des Kammermusikfestivals 2013 »Reif für die Insel?« Wir laden Sie ein, noch vor den Sommerferien mit uns eine Reise mit Musik und Wort nach Großbritannien zu unternehmen. In zahlreichen Veranstaltungen haben Sie Gelegenheit bei traumhafter, mitunter selten gespielter Musik zu entspannen. Die Tatsache, dass die Musik britischer Komponisten selten auf dem »Festland« zu hören ist hat ihre Ursache nicht in einem Mangel an britischer Musik. Der Reichtum der britischen Musikkultur verschwindet hierzulande gelegentlich durch die Fokussierung des Musiklebens auf die deutsch-österreichische Musiktradition. Wir möchten genau diesen Reichtum der britischen Musik in Form einer kammermusikalischen Exkursion auf die »Insel« zu Gehör bringen. Die Reise beginnt in der Renaissance am Hofe Henrys VIII. und endet im Hier und Heute bei Kompositionen der neuesten britischen Schule. Dabei werden nahezu alle Kammermusikwerke des musikalischen Nationalhelden Sir Edward Elgar aufgeführt, einschließlich einer erstmaligen Aufführung von drei bisher unbekannten Fragmenten für Klaviertrio, die wir mit freundlicher Unterstützung der Elgar Society zur Verfügung gestellt bekommen haben. Auch ehren wir einen weiteren Patron der britischen Musik zu seinem 100. Geburtsjahr: Benjamin Britten ist ein ganzes Konzert gewidmet, das die Fülle seines kammermusikalischen Schaffens nachzeichnet. Wie bei vielen anderen Komponisten auch ist die Kammermusik ein Prüfstein für jeden schöpferischen Musiker. Die intimsten und am meisten vollendeten Werke eines jeden Œuvres stammen häufig aus dem Bereich der Kammermusik. Wie in jedem Jahr musizieren Studierende und Dozenten gemeinsam, wie immer werden alle Beteiligten vor und hinter den Kulissen ihr Bestes geben, um Sie zu verzaubern. Steigen Sie ein, wir freuen uns auf das gemeinsame Abenteuer! Ihre Stephan Hempel & Heiner Schindler 5 Musikgeschichte Großbritanniens – ein ›Land ohne Musik‹? Der Mythos, das Großbritannien ein ›Land ohne Musik‹ sei, ist eigentlich nicht zu halten. Doch unterscheidet sich die Musikgeschichte Englands in einigen entscheidenden Punkten von derjenigen des europäischen Festlands, insbesondere von der deutschösterreichischen Musiktradition, die insbesondere von der Wiener Klassik und der deutschen Romantik geprägt ist. Die britische Musikgeschichte entfaltet ihren Reichtum stärker an den Rändern, in der älteren Musik und in einer sehr eigenständigen Weiterentwicklung der Spätromantik sowie der Musik des 20. Jahrhunderts. Historisch spielt in der Musikgeschichte Großbritanniens, ähnlich wie in Frankreich, der Zentralismus eine große Rolle. Die meisten Aktivitäten konzentrierten sich auf die Hauptstadt London. Durch ihre Wirtschaftskraft und ihren Reichtum übte diese Stadt über einen langen Zeitraum eine große Anziehungskraft auf die besten Musiker Europas aus, von denen eine Vielzahl eine längere Zeit in dieser Metropole verbracht haben. Man denke hier etwa an Georg Friedrich Händel, Joseph Haydn oder Felix Mendelssohn Bartholdy. Ein charakteristisches Merkmal der britischen Musikgeschichte ist die große Chortradition, die noch heute das Musikleben an den englischen Colleges und Kirchen prägt. Diese Tradition hat dazu geführt, dass die Bezugnahme auf ältere, vorbarocke Musik ein wesentliches Element der britischen Musik ist. Seit dem 18. Jahrhundert ist die Musikgeschichte Großbritanniens sehr stark von dem aufkommenden Musikmarkt beeinflusst. Ein ausdifferenziertes Musikverlagswesen, kommerzielle Konzert- und Opernunternehmen prägten die Zeit und waren auch für die Verpflichtung bedeutender Musiker aus dem Festland verantwortlich. Unter diesen Umständen war es für englische Komponisten nicht einfach, sich zu etablieren und nur wenige konnten sich dauerhaft beim Publikum durchsetzen. In den letzten beiden Jahrzehnten des 19. Jahrhunderts begann dann allerdings mit der »English musical renaissance« eine neue Epoche in der Musikgeschichte Großbritanniens, die sich von der Musik des viktorianischen Zeitalters abgrenzte. Dessen prominentester Vertreter und gewissermaßen ›Gründervater‹ ist Edward Elgar gewesen. Aus dieser eigenen Definition musikalischer Romantik entwickelte sich eine reiche Vielfalt an kompositorischen Traditionen im 20. Jahrhundert, die mit der britischen Postromantik bei William Walton, Michael Tippett und Benjamin Britten ihre volle Ausprägung erreichte. Nach 1950 ist das Bild dann keinesfalls einheitlich, doch lässt sich insgesamt eine Abgrenzung von den atonalen und seriellen Traditionen der europäischen Avantgarde feststellen. Insgesamt spiegelt die britische Musik einerseits die traditionelle Sonderrolle Großbritanniens, zeigt andererseits aber auch die engen Verflechtungen mit dem europäischen Festland. Jan Philipp Sprick 6 7 Dienstag, 14. Mai 2013 19:20 Foyer Eröffnungsfanfare William Byrd (1543-1623) 19:30 KTS The Earle of Oxford’s Marche Lucas Marin Lopez Yuki Urushihara Yumiko Koizumi Jiajun Liu Eröffnungskonzert Edward Elgar (1857-1934) Streicherserenade e-Moll op. 20 I. Allegro piacevole II. Larghetto III. Allegretto Kammerorchester aus Studierenden der hmt Rebecca Clarke (1886-1979) Sonate für Viola und Klavier Impetuoso Vivace Adagio Karin Wolf, Viola Yuko Ellinger, Klavier Edward Elgar (1857-1934) Streichquartett e-Moll op. 83 II. Piacevole (Poco Andante) III. Finale. Allegro molto Elegio-Quartett Isabella Kubiak, 1. Violine Maria Potemkina, 2. Violine Haruka Abe, Viola Hsin-Chen Yeh, Violoncello Pause 8 Malcolm Arnold (1921-2006) Fantasy for Horn solo Malcolm Arnold (1921-2006) Three Shanties Alexandru Afanasiev, Horn Allegro con brio Allegretto semplice Allegro vivace Bläserquintett der hmt Carolin Ortwein, Flöte Pina Mohs, Oboe Sonja Jünemann, Klarinette Alexandru Afanasiev, Horn Martha Benkendorf, Fagott Edward Elgar (1857-1934) Sonate für Violine und Klavier e-Moll op. 82 I. Allegro II. Romance. Andante III. Allegro non troppo Stefan Hempel, Violine Stephan Imorde, Klavier Edward Elgar (1857-1934) Introduction und Allegro für Streichquartett und Streichorchester op. 47 Elegio-Quartett Kammerorchester aus Studierenden der hmt Edward Elgar (1857–1934) 9 Edward Elgar – »the first English Progressivist« Sein Ruf als erster bedeutender englischer Komponist nach Henry Purcell und als Repräsentant des British Empire erwarb sich Sir Edward Elgar vor allem aufgrund seiner patriotisch gesinnten Werke. In der öffentlichen Wahrnehmung galt er häufig als Prunkkomponist der Pomp and Circumstance-Orchestermärsche – eine Reputation, im Wesentlichen gestützt auf den ersten und den vierten Marsch (1901 und 1907), von denen der eine (unterlegt mit A. C. Bensons Text »Land of Hope and Glory«) fast zu einer zweiten Nationalhymne mutierte, der andere zum Inbegriff nationaler Festmusik und Ausdruck jener Ära des ›Hurra-Patriotismus‹ wurde, die sich mit der Herrschaftsperiode von König Edward VII. (1901–10) verband. In die erste Reihe britischer Komponisten katapultierten ihn jedoch bereits seine Enigma-Variationen (1899) und sein Oratorium The Dream of Gerontius (1900). Letzteres wurde trotz misslungener Premiere von der Kritik fast einhellig als Meilenstein gefeiert und veranlasste Richard Strauss dazu, Elgar als »the first English Progressivist« zu loben. Gerade jener Komponist, den die Nachwelt im besonderen Maße mit prunkvollen Fanfaren zu Krönungsfeierlichkeiten oder ähnlichen offiziellen Anlässen in Verbindung bringt, verlebte seine ersten vier Jahrzehnte abseits der etablierten Kreise von Geldund Erbadel. In der Provinz als Sohn eines Klavierstimmers und Musikalienhändlers in Worcester aufgewachsen, war ihm der Weg zum Komponisten keineswegs vorgezeichnet. Zwar sind erste Kompositionsversuche bis 1867 zurückzuverfolgen, seine formale musikalische Ausbildung beschränkte sich jedoch im Wesentlichen auf Geigenunterricht in Worcester und London. Pläne, Elgars Ausbildung durch ein Musikstudium in Leipzig zu professionalisieren, scheiterten am Geldmangel. Jene Herkunft ohne höhere Schul- oder gar Universitätsbildung sowie ohne Musikstudium war für Elgar Quell lebenslanger Minderwertigkeitsgefühle, die teilweise zu tiefgreifenden schaffenspsychologischen Krisen führten. Und obwohl sein Ehrgeiz darin bestand große Musik zu schreiben, komponierte er in seinen ersten 30 Lebensjahren hauptsächlich kleinere Stücke – geistliche Chormusik, Salonmusiken und Stücke für Ensembles, in denen er selbst mitwirkte. Erst im Jahr 1890 zeigt sich mit der Konzertouvertüre Froissart der Anspruch zur größeren Anlage in seinen Kompositionen. Das kammermusikalische Schaffen Elgars bildet mit Blick auf sein Œuvre eher eine Nebenlinie, war dabei aber nicht minder wichtig. So wird die Sonate e-Moll, op. 82, häufig als Krönung aller Musik Elgars für Violine und Klavier bezeichnet. Und nicht weniger spiegelt sich in seinen anderen Werken für Streicher der Umstand, dass der Komponist selbst über eine außergewöhnlich gute Technik als Geiger verfügt haben muss. Sebastian Helzel 10 Mittwoch, 15. Mai 2013 19:30 KTS Morgenstern Trio and Friends Frank Bridge (1879-1941) Fantasy Trio H. 79 c-Moll Arthur Somervell (1863-1937) Clarinet Quintet I. Sostenuto- Allegretto (quasi andante) grazioso II. Intermezzo. Allegretto III. Lament. Adagio non troppo IV. Finale. Allegro vivace Pause Edward Elgar / P. A. Rooke Three Movements for Piano Trio Edward Elgar (1857-1934) Klavierquintett op. 84 I. Lento assai- Allegro moderato II. Menuetto and Trio III. March for the Grafton Family I. Moderato-Allegro II. Adagio III. Andante Morgenstern Trio Catherine Klipfel, Klavier Stefan Hempel, Violine Emanuel Wehse, Violoncello Heiner Schindler, Klarinette Karin Wolf, Viola Holger Wangerin, Violine 11 22:00 OS Nachtkonzert Englische Barock- und Renaissancemusik Georg F. Händel (1685-1759) Ouvertüre La Rejouissance La Paix Minuet Aus: Feuerwerks- und Wassermusik Instrumentiert für 4-6 Hörner von Michael Höltzel I Cornisti ! Alexandru Afanasiev Constance Banzhaf Karin Knobloch Manuel Lugo Nikolas Pritzkat Simen Fegran Georg F. Händel (1685-1759) Triosonate h-Moll Andante Allegro ma non troppo Largo Allegro Kristin Guddath, Flöte Anna Zaubzer, Violine Wilfried Futter, Violoncello David Kantel, Cembalo Gottfried Finger Sonate C-Dur für Trompete, Violine und (ca. 1660-ca.1730) Orgel Andante Adagio Allegro Adagio Allegro Ulrike Bals, Violine Christian Packmohr, Trompete Adelheid Göckeritz, Orgel 12 Henry Purcell (1659-1695) Sonata of three parts (1683) Sonata VI C-Dur Andante Allegro Largo Allegro Anna-Maria Kotani, Violine 1 Anna Zaubzer, Violine 2 Devon Rempel, Gitarre Bori Lee, Violoncello Henry VIII. (1491-1547) Songs & Consorts »Lusty youth should us ensue« »Without discord and both accord« Consort XVI »Pastyme with good company« Ensemble TreCantus Jana Karin Adam Franns von Promnitzau Wälti-Portativ (aus der Schweiz, 1992 Nachbau, mitteltönig) William Corbett (1680-1748) Sonate C-Dur op. 1 Nr. 12 für Trompete, Orgel und Violine Adagio Largo Vivace Allegro Ulrike Bals, Violine Christian Packmohr, Trompete Adelheid Göckeritz, Orgel 13 Donnerstag, 16. Mai 2013 17:00 KMS British Music Nowadays James Clarke (*1957) Night (2001) Alexander Goehr (*1932) Piano Trio op. 20 (1966) Cornelius Cardew (1936-1981) Autumn 60 (1960) Julia Hebecker, Flöte/Bassflöte Heinrich Klassen, Englischhorn Joshua Löhrer, Klarinette Stefan Veskovic, Klavier Francisco Anguas, Schlagzeug Sebastian Dinu / Julia Hoffmann, Violine Dorothea Schröder, Viola Geuna Lee, Violoncello Maximilian Hirning, Kontrabass Konstantin Heuer, Leitung Stefan Veskovic, Klavier Sebastian Dinu, Violine Geuna Lee, Violoncello Julia Hebecker, Flöte Heinrich Klassen, Oboe Joshua Löhrer, Klarinette Lucy Keyes, Fagott Francisco Anguas, Schlagzeug Sebastian Dinu /Julia Hoffmann, Violine Dorothea Schröder, Viola Geuna Lee, Violoncello Maximilian Hirning, Kontrabass Konstantin Heuer, Leitung Pause Jonathan Harvey (1939-2012) Vajra (2011) Julia Hebecker, Flöte/Piccolo Heinrich Klassen, Oboe/Woodblock Joshua Löhrer, Klarinette Lucy Keyes, Fagott/Kontrafagott/Vibraphon Kärt Ruubel, Klavier/Tam-Tam Francisco Anguas, Schlagzeug 14 Julia Hoffmann / Sebastian Dinu, Violine Dorothea Schröder, Viola Geuna Lee Violoncello Maximilian Hirning, Kontrabass Konstantin Heuer, Leitung Simon Holt (*1958) Sphinx (2000) Richard Barrett (*1959) What remains (1991) Sam Hayden (*1968) Partners in Psychopathology (1998) Heinrich Klassen, Englischhorn Francisco Anguas, Schlagzeug Julia Hebecker, Flöte/Piccolo Joshua Löhrer, Bassklarinette Stefan Veskovic, Klavier Julia Hebecker, Alt-Flöte/Piccolo Joshua Löhrer, Bassklarinette/ Es-Klarinette Francisco Anguas, Xylophon/Vibraphon Stefan Veskovic, Klavier Dorothea Schröder, Viola Geuna Lee Violoncello Konstantin Heuer, Leitung Britische Moderne Zu hören gibt es in diesem Konzert zeitgenössische Musik aus dem Vereinigten Königreich, von Komponisten zweier Generationen. Die Stücke der älteren Generation bringen diverse Einflüsse in die Gründung der gegenwärtigen, britischen Kunstmusik ein. Alexander Goehr, Sohn eines Schönbergschülers aus einer deutsch-jüdischen Familie, und Sir Peter Maxwell Davies, der im Augenblick den Titel »Master oft the Queen’s Music« trägt, gehören zur Gruppe ›New Music Manchester‹. In Auseinandersetzung mit dem Serialismus vom europäischen Festland finden sie zu einer polystilistischen Kompositionsweise. Noch vor den bekannten, graphischen Komposition wie »Treatise« schreibt Cornelius Cardew, der den amerikanischen Strang der neuen Musik in Großbritannien protegiert, in den siebziger Jahren zum Liedschreiber der maoistischen »People’s Liberation Group« wird und eines ungeklärten Todes stirbt, während seiner Assistenz bei Stockhausen in Köln das älteste und unkonventionellste Stück. Es heißt nach seinem Entstehungsdatum »Autumn 60«. John Cage spielte das Klavier in der 15 Uraufführung. Das neueste Stück im Programm ist ein Spätwerk des, an den computergestützten, Pariser Klangfarbentechniken geschulten Jonathan Harvey. Die Stücke der jüngeren Generation sind mannigfaltig. Die Instrumentalmusik Richard Barretts, dem Schöpfer des zweistündigen Opus »Construction« für Ensemble und Elektronik, das Utopie und Realität des Urbanen miteinander konfrontiert und daraus einen gesellschaftlichen Anspruch entwickelt, stellt die Körperlichkeit des Musizierens in den Mittelpunkt. Neophon spielt sein aufwühlendes Trio »What remains«. Simon Holt lässt sich von der Antike inspirieren. Gerahmt wird das Programm von Tondichtungen James Clarks und Sam Haydens, zweier Figuren eines Stils namens »New Complexity«. Sie sind, ungeachtet des irritierenden, polemischen Getöses, mit dem ihre Verfasser sie umgeben, von unmittelbarem, klanglichem Reiz. Konstantin Heuer 19:30 KTS Literatur und Musik John W. Duarte (1919-2004) Insieme op. 72 Theme (Allegretto semplice e spontaneo) I. Un poco agitato II. Alla Marcia III. Largo e dignitoso IV .Scherzoso V. Alla siciliana VI. Finale Klaudia Hinke, Gitarre Adelheid Göckeritz, Cembalo William Shakespeare Sonette (1564-1616) Thomas Lettow Moritz Stephan Arnold Bax (1883-1953) Trio Elegiac für Flöte, Viola und Harfe Anastasia Maryy, Flöte Anna-Maria Dragun, Viola Andrea Höhener, Harfe William Shakespeare 16 Sonette Frederick Delius (1862-1934) Lieder nach Gedichten von Friedrich Nietzsche (1898) Nach neuen Meeren Der Wandrer Der Einsame Der Wandrer und sein Schatten Philipp Franke, Bariton Estela Bernat, Klavier William Shakespeare Hans Gál (1890-1987) Sonette »Three Marionettes« op. 74 for Piano Duet (1958) Pantalone Columbina Arlecchino Friederike Haufe und Volker Ahmels, Klavierduo Pause Arnold Bax (1883-1953) Sonate für Klarinette und Klavier Molto moderato Vivace Luise Sachse, Klarinette Olha Chipak, Klavier York Bowen (1884-1961) Sonata for two Flutes Allegro assai Tranquillo e rubato Allegro giocoso Ya-Chuan Wu, Flöte Anastasia Maryy, Flöte 17 William Walton (1902-1983) Facade 2 Entertainment für Rezitation und Ensemble Flourish Aubade March Madame Mouse Trots The Octogenarian Gardener Janus Catches a Naiad Water Party Said King Pompey Small Talk Daphne The White Owl The Last Gallop Emanuel Jessel, Rezitation Frederike Hambach, Flöte/Piccolo Melina Paetzold, Klarinette/Bassklarinette Johan Olsson, Altsaxophon Yuki Urushihara, Trompete Paul Wagner, Schlagzeug Miyoung Ahn, Violoncello Edith Salmen, Musikalische Leitung 22:00 Schauspielstudio Shakespeare-Vorspiel Romeo und Julia William Shakespeare (1564–1616) 18 Benjamin Britten zum 100. Geburtstag Benjamin Britten war sechzehn Jahre alt, als er als Kompositionsstudent am Royal Conservatory of Music angenommen wurde. Drei Jahre lang studierte er bei John Ireland, einem angesehenen Lehrer. Dennoch fasst er an der Hochschule nie richtig Fuß, nur einmal war ein Stück des Studenten Britten in den Mauern des Royal Conservatory zu hören. Seine Erfolge feierte er in der Londoner Konzertszene – zum Beispiel als Gewinner des Cobbett Preises, eines regelmäßig ausgeschriebenen Kompositionswettbewerb für »Fantasien«. Der Stifter des Preises, Walter Wilson Cobbett, ist der Urheber unzähliger sogenannter Phantasy-Pieces einer ganzen britischen Komponisten-Generation. Britten gewann den Preis 1933 mit einem Streichquintett – das Quartett für Oboe und Streicher wurde nicht noch einmal ausgezeichnet, dafür aber vom BBC im Radio gesendet und im kommenden Jahr mit internationalen Nachhall bei einem Festival in Florenz aufgeführt. Seine ersten professionellen Aufträge erhielt Benjamin Britten als Filmkomponist bei GPO Film Unit ab 1935. Hier traf er auch auf W. H. Auden, von dem er zahlreiche Texte vertonte und der auch als Librettist mit ihm zusammenarbeitete. Vieles, was Britten an Vokalmusik schrieb, ist für den Tenor Peter Pears entstanden, Brittens Arbeits- und Lebenspartner. 1939 verließen die beiden, W. H. Auden folgend, Großbritannien und emigrierten als bekennende Pazifisten in die USA. Sie kehrten erst zurück, als im Jahr 1942 Brittens Antrag auf Befreiung vom Militärdienst akzeptiert wurde. 1945 feierte Benjamin Britten mit seiner Oper Peter Grimes seinen bisher größten Erfolg. Um seine nächsten Opern künstlerisch als auch finanziell in seinem Sinne umzusetzen, gründete Britten mit Peter Pears das Aldeburgh Festival. Bereits 1948 fand dort die Uraufführung von Albert Herring statt. Das Festival entwickelte sich unter Brittens und Pears künstlerischer Leitung zu einem unverzichtbaren Ort für die britische Musikszene. Beide traten vor allem auch auf der Bühne in Erscheinung. In der Snape Malting Hall dirigierte Britten 1970 die Erstaufführung von Schostakowitschs 14. Sinfonie außerhalb der UDSSR, für Aldeburgh entstanden Brittens Werke für Violoncello für Mstislav Rostropovich, zahlreiche Kammermusikwerke und Lieder sowie konzertante und szenische Werke für Kinderchor. Benjamin Britten war nie ein radikaler Komponist im avantgardistischen Sinne. Sein größter Verdienst besteht vielmehr darin, mit seiner Musiksprache eine Tradition aufzugreifen, mit der sich besonders seine britischen Zuhörer von Beginn an identifizieren konnten. Britten vertonte Shakespeare und Blake, Auden und Thomas Mann, mittelalterliche Miracle Plays und die Bettleroper. Die Offenheit und Zugewandtheit an sein Publikum zeigt nicht zuletzt sein Engagement für das Aldeburgh Festival und hier insbesondere seine Bemühungen für eine junge Generation an Zuhörern: eines der bekanntesten Werke Brittens heißt nicht etwa Tombeau de Purcell, sondern The Young Person's Guide to the Orchestra. Lea Fink 19 Freitag, 17. Mai 2013 20:00 KMS Portraitkonzert zum 100. Geburtstag von Benjamin Britten Songs and Proverbs op. 75 (1965) of William Blake für Bariton und Klavier Jonathan Boudevin, Bariton Iryna Salvytska, Klavier »Six Metamorphoses after Ovid« for Oboe Solo op. 49 I. II. III. IV. V. VI. Pan (who played upon the reed pipe which was Syrinx, his beloved) Phaeton (who rode upon the chariot of the sun for one day and was hurled into the river Padus by a thunderbolt) Niobe (who, lamenting the death of her fourteen children, was turned into a mountain.) Bacchus (at whose feasts is heard the noise of gaggling women´s tattling tongues and shouting out of boys.) Narcissus (who fell in love with his own image and became a flower.) Arethusa (who, flying from the love of Alpheus, the river god, was turned into a fountain.) Paula Diaz, Oboe Introduction and Rondo alla Burleska op. 23/1 Mazurka Elegiaca op. 23/2 Alessandro Palumbo und Hana Lee, Klavierduo Phantasy Quartet op. 2 für Oboe, Violine, Viola und Violoncello Katharina Rosenfelder, Oboe Maria del Mar Vargas Amezcua, Violine Jan Philipp Sprick, Viola Valentin Preuß, Violoncello Pause 20 Lachrymae, Reflections on a song of Dowland op. 48 (1950) für Viola und Klavier Su Min Oh, Viola Yuko Ellinger, Klavier Canticle III: Still falls the Rain (Edith Sitwell) op. 55 für Tenor, Horn und Klavier Karo Khachatryan, Tenor Simen Fegran, Horn Nayoen Kim, Klavier 3. Streichquartett op. 94 I. Duets II. Ostinato Melina Duttge, Violine Franzisca Kussmaul, Violine Dorothea Schröder, Viola Wilfried Futter, Violoncello Benjamin Britten (1913–1976) 21 22:00 OS Nachtkonzert Malcolm Arnold (1921-2006) Divertimento op. 37 für Flöte, Oboe und Klarinette 1. 2. 3. 4. 5. 6. Allegro energico Languido Vivace Andantino Maestoso Piacevole Carolin Ortwein, Flöte Lisa Hofmann, Oboe Luise Sachse, Klarinette Ralph Vaughan-Williams (1872-1958) aus »Blake Songs« (1958) for Voice and Oboe Infant Joy The Piper The Sheperd Cruelty has a Human Heart Eternity Shihoko Higashida, Sopran Peter Facer, Oboe Mark-Anthony Turnage (*1960) Two Memorials für Sopransaxophon solo Trier (2000) Memorial (1995) Detlef Bensmann, Sopransaxophon Gustav Holst (1874-1934) Terzetto für Flöte, Oboe und Klarinette (1925) 1. Allegretto - Andante 2. Un poco vivace Carolin Ortwein, Flöte Lisa Hofmann, Oboe Luise Sachse, Klarinette 22 Ralph Vaughan-Williams (1872-1958) Three Vocalises for Soprano and Clarinet Prelude Scherzo Quasi menuetto Corinna Gönner, Sopran Josefa Zalud, Klarinette Michael Nyman (*1944) Songs for Tony I. und II. Satz Adumá-Saxophonquartett Anne Roedszus, Sopransaxophon Pai Liu, Altsaxophon Marina Elsner, Tenorsaxophon Kathrin von Kieseritzky, Baritonsaxophon Ralph Vaughan-Williams (1872–1958) 23 Samstag, 18. Mai 2013 11:00 KMS Matinee Roger Quilter (1877-1953) To Julia (Herrick) 1905 für Bariton und Klavier op. 8 Prelude The Bracelet The Night Piece Julia‘s Hair Interlude Cherri Ripe Martin Hilbeck, Bariton Jiyeon Jang, Klavier Ralph Vaughan-Williams (1872-1958) Songs of Travel Ralph Vaughan-Williams (1872-1958) Three Songs from Shakespeare (1926) Tilman Fröhlich, Bariton Katharina Groß, Klavier Take, o Take When Icicles Hang By The Wall Orpheus With His Lute Shihoko Higashida, Sopran Iryna Salvytska, Klavier Peter Warlock (Heseltine) The Curlew (Yeats) (1894-1930) Damien Schmedje, Tenor Frederike Hambach, Flöte Pina Mohs, Englischhorn Mari Suemasa, Violine I Corinna Hentschel, Violine II Germán de Evan, Viola Ossama Altessini, Violoncello 24 Roger Quilter (1877-1953) 3 Shakespeare- Songs op. 6 Come Away, Death O Mistress Mine Blow, Blow, Thou Winter Wind Sang-Jin Kim, Tenor Jiyeon Jang, Klavier William Walton (1902-1983) Three Songs (Edith Sitwell) (1932) Daphne Through Gilded Trellises Old Sir Faulk Misato Mochizuki, Gesang Klara Hornig, Klavier Arthur Bliss (1891-1975) 18:00 Foyer Madam Noy (1918) Katarzyna Rabczuk, Sopran Frederike Hambach, Flöte Johanna Ruch, Klarinette Masumi Kusaka, Fagott Fumika Hayashi, Harfe Anna-Maria Dragun, Viola Cai Yan, Kontrabass English Pops Studierende der Abteilung Pop- und Weltmusik Leitung: Uli Kringler, Andreas Gomoll, Benjamin Köthe 25 19:30 KTS Abschlusskonzert Gordon Jacob (1895-1984) Trombone Octet Edward Elgar (1857-1934) Chanson de matin op. 15 Gordon Jacob (1895-1984) Klarinettenquintett g-Moll (1942) Matthes Günther Florian Becher Daniel Tellez Gutierrez Miguel Angel Lopez Dillon Swift Erik Weyer Nuno Henriques Matthias Prager Jamie Williams, Leitung Anna-Maria Kotani, Violine Hana Lee, Klavier IV. Introduction, Theme and Variations Sonja Jünemann, Klarinette Corinna Hentschel, Violine I Mari Suemasa, Violine II Germán de Evan, Viola Ossama Altessini, Violoncello Allan Stephenson (*1949) Fagottsextett Martha Benkendorf Masumi Kusaka Juliane Beschnidt Sihao Cheng Peisen Zhen Mathias Baier Pause Edward Elgar (1857-1934) Chanson de nuit op. 15 Anna-Maria Kotani, Violine Hana Lee, Klavier 26 Mark-Anthony Turnage (*1960) Two Elegies Framing a Shout für Sopransaxophon und Klavier Joseph Horovitz (*1926) Sonatina for Clarinet and Piano Detlef Bensmann, Sopransaxophon Nadezda Tseluykina, Klavier II. Lento, quasi andante III. Con brio Thomas Widiger, Klarinette Olha Chipak, Klavier Benjamin Britten (1913-1976) Mazurka Elegiaca op. 23 Nr. 2 Edward Elgar (1857-1934) Salut d’Àmour op. 12 Michael Nyman (*1944) The Piano Sings Andrea Fan und Nicolai Gerassimez, Klavierduo I. The Heart asks Pleasure first II. Lost and Found III. Here to There IV. The Promise Adumá-Saxophonquartett Anne Roedszus, Sopransaxophon Pai Liu, Altsaxophon Marina Elsner, Tenorsaxophon Kathrin von Kieseritzky, Baritonsaxophon Impressum: Hochschule für Musik und Theater Rostock Beim St. Katharinenstift 8 18055 Rostock Redaktion: Dr. Jan Philipp Sprick Die Texte von Lea Fink, Sebastian Helzel, Konstantin Heuer und Jan Philipp Sprick sind Originalbeiträge für dieses Programmheft. 27 28