4. Marktmacht Georg Nöldeke Wirtschaftswissenschaftliche Fakultät, Universität Basel Mikroökonomie (FS 09) Marktmacht 1 / 66 1. Einleitung Bisher: Beschreibung und Analyse von Märkten, in denen Anbieter und Nachfrager die Preise als gegeben nehmen. Beruht auf der Annahme, dass Anbieter und Nachfrager entweder keine Marktmacht besitzen oder nicht verstehen, sie auszunutzen. Marktmacht kann hier als die Möglichkeit verstanden werden, auf die eigenen Handelskonditionen Einfluss zu nehmen. Nun: Beschreibung und Analyse von Märkten, in denen einige Marktteilnehmer Marktmacht besitzen und auch ausnutzen. Unser Ausgangspunkt dafür ist der Modellrahmen der Partialanalyse, in dem die Interaktionen zwischen dem Markt für das betrachtete Gut und anderen Gütern ignoriert werden. Monopol: Es gibt nur einen Anbieter des betrachteten Gutes. Oligopol: Es gibt mehrere Anbieter des betrachteten Gutes. Mikroökonomie (FS 09) Marktmacht 2 / 66 2. Monopol 2.1 Einleitung Modellierung der Marktmacht: Der Monopolist legt einen einheitlichen Stückpreis fest, zu dem er das Gut anbietet. Die Konsumenten entscheiden (nur) über die Menge, die sie zu diesem Preis kaufen wollen. Beachte: Man kann sich ohne weiteres alternative Modelle der Marktmacht vorstellen. Z.B.: Der Monopolist setzt unterschiedliche Stückpreise für unterschiedliche Konsumenten und/oder unterschiedliche Mengen. Der Monopolist führt mit jedem Käufer bilaterale Verhandlungen über Preis und Menge. ... Fragestellung Welchen Preis sollte der Monopolist setzen, um seinen Gewinn zu maximieren? Mikroökonomie (FS 09) Marktmacht 3 / 66 2. Monopol 2.2 Das Monopolproblem Gegeben ist D(p) : Marktnachfragefunktion für das von dem Monopolisten angebotene Gut, die (im relevanten Bereich) als differenzierbar und streng fallend unterstellt ist. c(y) : Kostenfunktion des Monopolisten, die als differenzierbar mit positiven und streng steigenden oder konstanten Grenzkosten unterstellt ist. Setzt der Monopolist den Preis p für das Gut fest, so ist sein Gewinn: Π(p) = pD(p) − c(D(p)) Der Ausdruck R(p) = pD(p) stellt den Erlös des Monopolisten dar. Der Ausdruck c(D(p)) stellt die Kosten des Monopolisten dar (der per Annahme dazu verpflichtet ist, die nachgefragte Menge D(p) auch zu liefern). Mikroökonomie (FS 09) Marktmacht 4 / 66 2. Monopol 2.2 Das Monopolproblem Definition (Monopolproblem I) Die Lösung p∗ des Problems max Π(p) = pD(p) − c(D(p)). p≥0 wird als Monopolpreis bezeichnet. Die zu dem Monopolpreis nachgefragte Menge y∗ = D(p∗ ) wird als Monopolmenge bezeichnet. Die obige Formulierung des Monopolproblems wird als Preissetzungsproblem bezeichnet. Das Gewinnmaximierungsproblem des Monopolisten kann alternativ auch als Mengensetzungsproblem formuliert werden: Der Monopolist entscheidet über die Outputmenge, die er auf dem Markt absetzen will, . . . . . . wobei er berücksichtigt, dass der Preis, den er im Markt erzielen kann, von der Outputmenge abhängt. Mikroökonomie (FS 09) Marktmacht 5 / 66 2. Monopol 2.2 Das Monopolproblem Formulierung des Mengensetzungsproblems Gewinn des Monopolisten in Abhängigkeit von der Produktionsmenge ist π(y) = p(y)y − c(y). Hier ist p(y) die inverse Marktnachfragefunktion, die auch als Preis-Absatz-Funktion bezeichnet wird. r(y) = p(y)y ist der Erlös des Monopolisten c(y) sind die resultierenden Kosten. Definition (Monopolproblem II) Die Lösung y∗ des Problems max π(y) = p(y)y − c(y). y≥0 ist die Monopolmenge. Der Preis p∗ = p(y∗ ), zu dem die Monopolmenge abgesetzt werden kann, ist der Monopolpreis. Mikroökonomie (FS 09) Marktmacht 6 / 66 2. Monopol 2.2 Das Monopolproblem Beachte: Monopolmenge und Monopolpreis hängen nicht davon ab, ob man das Monopolproblem als Preissetzungsproblem oder als Mengensetzungsproblem formuliert. Das Lehrbuch betrachtet das Mengensetzungsproblem. Der Vorzug dieser Darstellung ist die Ähnlichkeit zu dem Mengensetzungsproblem eines Unternehmens in einem Wettbewerbsmarkt – die einzige Änderung ist, dass p(y) nicht als konstant unterstellt ist. Wir werden auch das Preissetzungsproblem betrachten. Der Vorzug dieser Darstellung ist, dass dieser Ansatz intuitiver erscheint. Mikroökonomie (FS 09) Marktmacht 7 / 66 2. Monopol 2.2 Das Monopolproblem Annahmen zur Vereinfachung der folgenden Darstellung: Die betrachteten Monopolprobleme besitzen eine eindeutige Lösung. In dieser Lösung gilt y∗ > 0, d.h. die Monopolmenge ist streng positiv. Die Bedingung erster Ordnung des Gewinnmaximierungsproblems ist hinreichend zur Bestimmung der Lösung. Anmerkungen: Es lassen sich leicht Beispiele konstruieren, in denen die Eindeutigkeitsannahme verletzt ist (Keine Lösung oder mehrere Lösungen). Gilt p(0) > MC(0), so muss die Monopolmenge streng positiv sein. Hauptbeispiel: Lineare Kostenfunktion c(y) = c · y, wobei c > 0 die konstanten Grenz- und Durchschnittskosten sind. Mikroökonomie (FS 09) Marktmacht 8 / 66 2. Monopol 2.3 Lösung des Monopolproblems Die Bedingung erster Ordnung für das Mengensetzungsproblem max π(y) = p(y)y − c(y), y≥0 lautet π 0 (y∗ ) = p(y∗ ) + p0 (y∗ )y∗ − c0 (y∗ ) = 0 ⇔ MR(y∗ ) = MC(y∗ ) MR(y) bezeichnet den Grenzerlös r0 (y) = p(y) + p0 (y) · y MC(y) bezeichnet (wie üblich) die Grenzkosten c0 (y). In der Form MR(y∗ ) = MC(y∗ ) besagt die Bedingung erster Ordnung für das Mengensetzungsproblem also, dass bei der Monopolmenge der Grenzerlös gleich den Grenzkosten sein muss. Mikroökonomie (FS 09) Marktmacht 9 / 66 2. Monopol 2.3 Lösung des Monopolproblems Während der Grenzerlös für ein Unternehmen in einem Wettbewerbsmarkt durch den Preis gegeben ist, liegt er für einen Monopolisten streng unterhalb des Preises, zu dem er eine Menge y > 0 verkaufen kann: MR(y∗ ) = p(y∗ ) + p0 (y∗ )y∗ < p(y∗ ) da p0 (y∗ ) < 0. Intuition hierfür: Bei einer Mengenausweitung fällt der Preis und dieses reduziert den Grenzertrag im Vergleich zur Situation, in welcher der Preis konstant ist. Die Tatsache, dass der Grenzerlös des Monopolisten unterhalb seines Absatzpreises liegt, impliziert, dass die Monopolmenge streng kleiner als die Wettbewerbsmenge ist. der Monopolpreis streng grösser als der Wettbewerbspreis ist. Mikroökonomie (FS 09) Marktmacht 10 / 66 2. Monopol 2.3 Lösung des Monopolproblems Abbildung: Da der Grenzerlös des Monopolisten unterhalb des Preises liegt, ist die Monopolmenge kleiner als die Wettbewerbsmenge und der Monopolpreis höher als der Wettbewerbspreis. Mikroökonomie (FS 09) Marktmacht 11 / 66 2. Monopol 2.3 Lösung des Monopolproblems Beispiel Lineare Kostenfunktion c(y) = c · y mit c > 0 Lineare Preis-Absatz-Funktion p(y) = a − b · y mit a > c und b > 0 gilt im relevanten Bereich. Grenzerlös ist MR(y) = a − b · y − b · y = a − 2b · y. Bedingung erster Ordnung ist: a − 2b · y = c Monopolmenge ist also y∗ = (a − c)/2b. Monopolpreis ist also p∗ = p(y∗ ) = (a + c)/2. Monopolgewinn ist also π ∗ = p∗ y∗ − c(y∗ ) = (a − c)2 /4b. Zum Vergleich: Wettbewerbsmenge ist ỹ = (a − c)/b > y∗ . Wettbewerbspreis ist p̃ = c < p∗ Wettbewerbsgewinn ist π̃ = 0 < π ∗ . Mikroökonomie (FS 09) Marktmacht 12 / 66 2. Monopol 2.4 Ineffizienz des Monopols Da die Monopolmenge streng kleiner als die Wettbewerbsmenge ist, sind die aggregierten Handelsgewinne in einer Lösung des Monopolproblems streng kleiner als sie in einem Wettbewerbsgleichgewicht wären. Die Monopollösung ist also Pareto-ineffizient. Ursache dieser Ineffizienz ist, dass bei einer Ausweitung der Menge über die Monopolmenge hinaus zwar die aggregierten Handelsgewinne steigen, aber auf Grund der mit einer Mengenausweitung verbundenen Preissenkung der Monopolgewinn fällt. Frage: Da die Monopollösung ineffizient ist, muss es eine Möglichkeit der Pareto-Verbesserung geben. Wie könnte eine solche aussehen? Mikroökonomie (FS 09) Marktmacht 13 / 66 2. Monopol 2.4 Ineffizienz des Monopols Abbildung: Im Vergleich zum Wettbewerbsgleichgewicht, ist die Produzentenrente in der Monopollösung grösser und die aggregierte Konsumentenrente ist kleiner. Die aggregierten Handelsgewinne in der Monopollösung sind um die grün gefärbte Fläche kleiner als die maximalen aggregierten Handelsgewinne. Diese Fläche bezeichnet man als den Wohlfahrtsverlust des Monopols. Mikroökonomie (FS 09) Marktmacht 14 / 66 2. Monopol 2.5 Monopolpreissetzung und die Elastizität der Marktnachfrage Unter der Annahme einer linearen Kostenfunktion c(y) = c · y vereinfacht sich das Preissetzungsproblem zu max Π(p) = [p − c] D(p). p≥0 Der Ausdruch [p − c] D(p) hat eine einfache Interpretation: (p − c) ist der Stückgewinn, der mit der Absatzmenge D(p) zu multiplizieren ist, um den Gewinn zu erhalten. Offenkundig wird für den Monopolpreis p∗ > c gelten, da nur so ein streng positiver Gewinn erzielt werden kann. Da c hier der Wettbewerbspreis ist, folgt unmittelbar, dass der Monopolpreis p∗ streng oberhalb des Wettbewerbspreises liegt. Dieses wiederum impliziert, dass die Monopolmenge y∗ = D(p∗ ) streng kleiner als die Wettbewerbsmenge D(c) ist. Fragestellung Was bestimmt die Höhe des Kostenaufschlags p∗ − c, um die der Monopolpreis oberhalb des Wettbewerbspreis liegt? Mikroökonomie (FS 09) Marktmacht 15 / 66 2. Monopol 2.5 Monopolpreissetzung und die Elastizität der Marktnachfrage Die Abwägungen, welche den Monopolpreis bestimmen, werden klarer, wenn man die Bedingung erster Ordnung für den Monopolpreis betrachtet: Π0 (p∗ ) = [p∗ − c]D0 (p∗ ) + D(p∗ ) = 0. Eine Preiserhöhung verursacht einen positiven Effekt (Stückgewinn steigt) . . . und einen negativen Effekt (Menge, auf die der Stückgewinn erzielt werden kann, fällt), . . . die bei dem Monopolpreis gerade ausbalanciert werden. Entscheidend für das Ergebnis dieser Abwägung ist die Elastizität der Marktnachfragefunktion. Mikroökonomie (FS 09) Marktmacht 16 / 66 2. Monopol 2.5 Monopolpreissetzung und die Elastizität der Marktnachfrage Satz (Umgekehrte Elastizitätenregel) Für den Monopolpreis gilt p∗ − c 1 , =− ∗ p εD (p∗ ) wobei εD (p) die Preiselastizität der Marktnachfragefunktion ist. Insbesondere ist die Marktnachfrage bei dem Monopolpreis elastisch: εD (p∗ ) < −1. Der Anteil des Kostenaufschlags am Monopolpreis entspricht also dem Absolutwert des Kehrwerts der Elastizität. Das Ergebnis folgt aus einer einfachen Umformung der Bedingung erster Ordnung für den Monopolpreis: [p∗ − c]D0 (p∗ ) + D(p∗ ) = 0 ⇒ Mikroökonomie (FS 09) p∗ − c D(p∗ ) 1 1 = − =− ∗ 0 ∗ ∗ p D (p ) p εD (p∗ ) Marktmacht 17 / 66 2. Monopol 2.5 Monopolpreissetzung und die Elastizität der Marktnachfrage Achtung: Eine kausale Interpretation des Zusammenhangs zwischen Monopolpreisaufschlag und Elastizität, z.B.: “Der Monopolpreis ist 6, da die Elastizität −3 und die Grenzkosten 4 sind,” ist nur dann zulässig, wenn man eine Marktnachfragefunktion mit konstanter Elastizität betrachtet. Die umgekehrte Elastizitätenregel kann umgeformt werden zu: p∗ = εD (p∗ ) c. 1 + εD (p∗ ) Dieses entspricht Gleichung (24.2) aus dem Lehrbuch – die auch für allgemeine Kostenfunktionen gilt, wobei dann c durch die Grenzkosten bei der Monopolmenge zu ersetzen ist. Mikroökonomie (FS 09) Marktmacht 18 / 66 3. Preisdiskriminierung 3.1 Einleitung Bisher wurde davon ausgegangen, dass der Monopolist das Gut zu einem einheitlichen Stückpreis absetzt . . . . . . obgleich er ausgehend von der Monopolmenge ein Interesse hätte, mehr zu verkaufen, wenn er den Preis nicht für alle sondern nur die zusätzlichen Einheiten des Gutes reduzieren müsste. In der Realität sieht man hingegen, dass viele Unternehmen mit Marktmacht Instrumente der Preisdiskriminierung einsetzen: Der Stückpreis hängt von der gekauften Menge und/oder Charakteristika des Konsumenten ab. Hier sollen einige Formen der Preisdiskriminierung diskutiert und in Hinblick auf ihre Wohlfahrtskonsequenzen untersucht werden. Mikroökonomie (FS 09) Marktmacht 19 / 66 3. Preisdiskriminierung 3.2 Preisdiskriminierung 1. Grades Bei der Preisdiskriminierung 1. Grades oder perfekten Preisdiskriminierung handelt es sich um einen theoretischen Extremfall, bei dem unterstellt ist, dass der Monopolist die Zahlungsbereitschaft vi (q) eines jeden Konsumentens kennt. jedem Konsumenten ein personifiziertes Angebot unterbreiten kann, dass den Kauf einer Menge qi gegen Zahlung des Geldbetrages zi offeriert. Frage Welche Angebote sollte der Monopolist den Konsumenten unterbreiten, um seinen Gewinn zu maximieren? Mikroökonomie (FS 09) Marktmacht 20 / 66 3. Preisdiskriminierung 3.2 Preisdiskriminierung 1. Grades 1 Entscheidet sich der Monopolist dafür, Konsumenten i die Menge qi zu offerieren, so wird er dafür die Zahlung zi = vi (qi ) verlangen, da dieses der maximale Betrag ist, zu dem der Konsument das Angebot noch akzeptieren wird. 2 Aus dem Verkauf der Mengen (q1 , · · · , qn ) an die Konsumenten i = 1, · · · n wird der Monopolist also den Erlös ∑ni=1 vi (qi ) erzielen. 3 Der entsprechende Gewinn des Monopolisten ist also n Π(q1 , · · · , qn ) = ∑ vi (qi ) − c(q1 + q2 + · · · + qn ). i=1 4 Dieser Gewinn entspricht gerade den aggregierten Handelsgewinnen, so dass der Monopolist diejenigen Mengen (q1 , · · · qn ) wählen wird, welche die aggregierten Handelsgewinne maximieren. Mikroökonomie (FS 09) Marktmacht 21 / 66 3. Preisdiskriminierung 3.2 Preisdiskriminierung 1. Grades Schlussfolgerungen: Bei perfekter Preisdiskriminierung produziert der Monopolist die Wettbewerbsmenge und teilt diese effizient unter den Konsumenten auf. Insbesondere verursacht das Monopol hier keine Ineffizienz. Intuition: Unter den Voraussetzungen, die eine perfekte Preisdiskriminierung ermöglichen, kann der Monopolist sich alle Handelsgewinne aneignen (man sagt auch: “Der Monopolist schöpft die Konsumentenrente ab”), so dass er seinen eigenen Gewinn durch Maximierung der Handelsgewinne maximiert. Bemerke: Perfekte Preisdiskriminierung setzt perfekte Kenntnisse der Zahlungsbereitschaften der einzelnen Konsumenten voraus. Diese Information steht in der Realität (ausser vielleicht für Google . . . ) nicht zur Verfügung, so dass weniger perfekte Formen der personifizierten Preisdiskriminierung zur Aneignung der Konsumentenrente verwendet werden. Mikroökonomie (FS 09) Marktmacht 22 / 66 3. Preisdiskriminierung 3.3 Preisdiskriminierung 2. Grades Von Preisdiskriminierung 2. Grades oder nicht-linearer Preissetzung spricht man, wenn der zu zahlende Stückpreis von der nachgefragten Menge abhängt. Beispiele: Mengenrabatte: Stückpreis fällt mit der gekauften Menge. Zutrittspreise: Um überhaupt kaufen zu können, muss eine Grundgebühr oder ein Eintrittspreis bezahlt werden. Beachte: Damit diese Form von Preisdiskriminierung wie gewünscht funktioniert, muss es möglich sein, Wiederverkauf unter den Konsumenten zu unterbinden. Mikroökonomie (FS 09) Marktmacht 23 / 66 3. Preisdiskriminierung 3.3 Preisdiskriminierung 2. Grades Um die Grundidee der nicht-linearen Preissetzung zu verstehen, sei ein einfaches Beispiel betrachtet: Monopolist produziert mit konstanten Grenzkosten c. Alle Konsumenten sind identisch mit Zahlungsbereitschaft v(q). In diesem Beispiel kann sich der Monopolist die gesamten Handelsgewinne aneignen, indem er eine Zutrittsgebühr Z verlangt, nach deren Zahlung eine beliebige Menge des Gutes zum Preis pro Einheit p gekauft werden kann. Setzte p = c, so dass jeder Konsument, der die Grundgebühr bezahlt hat, die effiziente Menge q∗ kauft, bei der v0 (q∗ ) = c gilt. Setze Z = v(q∗ ) − pq∗ , so dass die Konsumentenrente abgeschöpft wird und der Monopolist sich die aggregierten Handelsgewinne aneignet. Bemerke: Es tritt keine Ineffizienz auf – nicht-linearen Preissetzung ist hier nichts anderes als eine Art, perfekte Preisdiskriminierung zu implementieren. Mikroökonomie (FS 09) Marktmacht 24 / 66 3. Preisdiskriminierung 3.3 Preisdiskriminierung 2. Grades Wenn es verschiedene “Typen” von Konsumenten mit unterschiedlichen Zahlungsbereitschaften gibt, ist perfekte Preisdiskriminierung durch nicht-lineare Preissetzung nicht mehr möglich. lassen sich durch nicht-lineare Preissetzung dennoch die Monopolgewinne steigern. Beispiel: Angebot eines Menu von unterschiedlichen Tarifen, bei denen es den Konsumenten überlassen bleibt, welchen Tarif sie wählen (Halbtax-Abo, Natel-Tarife, . . . ) Konsumenten mit hoher marginaler Zahlungsbereitschaft entscheiden sich für einen Tarif mit hoher Grundgebühr und niedrigem Preis pro Einheit. Konsumenten mit niedriger marginaler Zahlungsbereitschaft entscheiden sich für einen Tarif mit niedriger Grundgebühr und hohem Preis pro Einheit. Mikroökonomie (FS 09) Marktmacht 25 / 66 3. Preisdiskriminierung 3.4 Preisdiskriminierung 3. Grades Preisdiskriminierung 3. Grades bedeutet, dass ein Unternehmen von unterschiedlichen Gruppen von Konsumenten unterschiedliche Preise verlangt, innerhalb einer Gruppe die Stückpreise aber konstant sind. Beispiele: Unterschiedliche Preise für das gleiche Gut in verschiedenen Ländern (Autos, Medikamente, . . . ) Preisnachlässe für Studenten, Senioren, Kinder . . . . Bemerke: Diese Form der Preisdiskriminierung setzt voraus, dass Arbitrage zwischen den Gruppen verhindert werden kann. Beispiele: Parallelimportverbot, Verweigerung von Garantieleistungen für im Ausland erworbene Autos . . . . Mikroökonomie (FS 09) Marktmacht 26 / 66 3. Preisdiskriminierung 3.4 Preisdiskriminierung 3. Grades Ein einfaches Modell: Monopolist mit linearer Kostenfunktion c(y) = c · y. Marktnachfragefunktion der Konsumenten von Gruppe 1: D1 (p) Marktnachfragefunktion der Konsumenten von Gruppe 2: D2 (p). In dem Markt für Gruppe 1 setzt der Monopolist den Preis p∗1 der die Bedingung p∗1 − c 1 =− , ∗ p1 εD1 (p∗1 ) erfüllt. In dem Markt für Gruppe 2 setzt der Monopolist den Preis p∗2 der die Bedingung p∗2 − c 1 =− , p∗2 εD2 (p∗2 ) erfüllt. Mikroökonomie (FS 09) Marktmacht 27 / 66 3. Preisdiskriminierung 3.4 Preisdiskriminierung 3. Grades Frage Welche Gruppe zahlt den höheren Preis? p∗1 > p∗2 gilt genau dann, wenn | εD1 (p∗1 ) |<| εD2 (p∗2 ) | gilt. Für den Spezialfall von Marktnachfragefunktionen mit konstanter Preiselastizität liefert dies eine klare Antwort. Antwort Der Monopolist verlangt einen höheren Preis von der Gruppe deren Nachfrage weniger preiselastisch ist. Die Wohlfahrtsanalyse der Preisdiskriminierung 3. Grades ist nicht eindeutig, da es verschiedene Effekte gibt. Mikroökonomie (FS 09) Marktmacht 28 / 66 4. Oligopol 4.1 Einleitung Sind mehrere Unternehmen in einem Markt aktiv, so sind die Entscheidungen der Konkurrenten für die Festlegung der eigenen Unternehmensstrategie von Bedeutung. Die Modellierung und Analyse der hieraus resultierenden strategischer Interaktionen ist Gegenstand der Oligopoltheorie. Wir werden hier die Spieltheorie zur Modellierung des Wettbewerbs in einem Markt anwenden. Betrachtung von zwei Grundmodellen, die sich bezüglich der Modellierung der strategischen Interaktion unterscheiden: 1 2 Cournot-Modell Bertrand-Modell Fokussierung auf einfache Beispielfälle: Lineare Marktnachfragefunktionen bzw. Preis-Absatz-Funktionen. Alle Unternehmen besitzen identische Kostenfunktionen mit konstanten Grenzkosten. Mikroökonomie (FS 09) Marktmacht 29 / 66 4. Oligopol 4.2 Cournot-Modell Antoine-Augustin Cournot (1801-1877) Mikroökonomie (FS 09) Marktmacht 30 / 66 4. Oligopol 4.2 Cournot-Modell Unternehmen i = 1, . . . , n entscheiden simultan über die Mengen yi ≥ 0, die sie produzieren. Produktionskosten von Unternehmen i sind: ci (yi ) = c · yi , c ≥ 0 Der einheitliche Preis, zu dem die Unternehmen ihren Output verkaufen, ist durch die Gesamtangebotsmenge n Y = ∑ yi i=1 als p(Y ) bestimmt. Für die Preis-Absatz-Funktion nehmen wir in Berechnungen durchweg an: p(Y ) = max{0, a − bY } mit a > c und b > 0. Mikroökonomie (FS 09) Marktmacht 31 / 66 4. Oligopol 4.2 Cournot-Modell Abbildung: Preis-Absatz-Funktion und Grenzkosten. Der vertikale Achsenabschnitt ist a und liegt oberhalb der konstanten Grenzkosten c. Gesamtmengen, die grösser als a/b sind, lassen sich nur zu dem Preis 0 im Markt absetzen Mikroökonomie (FS 09) Marktmacht 32 / 66 4. Oligopol 4.2 Cournot-Modell Das Cournot-Modell als Spiel in strategischer Form, das Cournot-Spiel: Die Spieler sind die Unternehmen i = 1, · · · , n. Die Strategie eines Unternehmens ist die Produktionsmenge yi ≥ 0. Die Auszahlungsfunktion von Spieler i ist " # πi (y1 , · · · , yn ) = p( ∑ y j + yi ) − c yi . j6=i Zu bestimmen ist das Nash-Gleichgewicht (y∗1 , · · · , y∗n ) des Cournot-Spiels – das Cournot-Gleichgewicht. In einem Nash-Gleichgewicht wählt jeder Spieler eine Strategie y∗i , welche seine Auszahlung für die gegebenen Strategien y∗j aller anderen Spieler j 6= i maximiert. Mikroökonomie (FS 09) Marktmacht 33 / 66 4. Oligopol 4.2 Cournot-Modell Vergleichsmassstäbe für die folgende Analyse: Wettbewerbsmarkt: Wettbewerbspreis: pw = c. Wettbewerbsmenge: yw = (a − c)/b. Wettbewerbsgewinn: π w = 0. Monopolmarkt: Monopolpreis: pm = (a + c)/2. Monopolmenge: ym = (a − c)/2b. Monopolgewinn: π m = (a − c)2 /4b. Mikroökonomie (FS 09) Marktmacht 34 / 66 4. Oligopol 4.2 Cournot-Modell Abbildung: Wettbewerbs- und Monopollösung. Mikroökonomie (FS 09) Marktmacht 35 / 66 4. Oligopol 4.3 Gleichgewicht im Cournot-Duopol Wir analysieren den Fall n = 2, ein Duopol. Die beste Antwort von Unternehmen 1 auf y2 ist durch die Menge r1 (y2 ) gegeben, die das Problem maxy1 ≥0 π1 (y1 , y2 ) löst. Dies definiert die Reaktionsfunktion von Unternehmen 1. Entsprechend ist die beste Antwort von Unternehmen 2 auf y1 durch die Menge r2 (y1 ) gegeben, die das Problem maxy2 ≥0 π2 (y1 , y2 ) löst. Dieses definiert die Reaktionsfunktion von Unternehmen 2. (y∗1 , y∗2 ) ist genau dann ein Nash-Gleichgewicht, wenn die Unternehmen jeweils optimal auf die Menge des anderen Unternehmens reagieren: y∗1 = r1 (y∗2 ), y∗2 = r2 (y∗1 ). Mikroökonomie (FS 09) Marktmacht 36 / 66 4. Oligopol 4.3 Gleichgewicht im Cournot-Duopol Abbildung: Preis-Absatz-Funktion für Unternehmen 1 in Abhängigkeit von der eigenen Menge y1 . Produziert Unternehmen 2 die Menge y2 > 0, so sieht sich Unternehmen 1 der hier dargestellten Preis-Absatz-Funktion p(y1 + y2 ) gegenüber. Mikroökonomie (FS 09) Marktmacht 37 / 66 4. Oligopol 4.3 Gleichgewicht im Cournot-Duopol Die Reaktionsfunktionen ergeben sich jeweils aus der Lösung des Monopolproblems, in dem für Unternehmen i die Preis-Absatz-Funktion max{0, ai − byi } mit ai = a − by j für j 6= i relevant ist. Unternehmen 1: a−c b a−c y2 ≥ b y2 < ⇒ r1 (y2 ) = a − by2 − c . 2b ⇒ r1 (y2 ) = 0. Entsprechend für Unternehmen 2: a−c b a−c y1 ≥ b y1 < Mikroökonomie (FS 09) ⇒ r2 (y1 ) = a − by1 − c . 2b ⇒ r2 (y1 ) = 0. Marktmacht 38 / 66 4. Oligopol 4.3 Gleichgewicht im Cournot-Duopol Reaktionsfunktionen sind also a − c − by2 , 0}, 2b a − c − by1 r2 (y1 ) = max{ , 0}. 2b r1 (y2 ) = max{ In einem Nash-Gleichgewicht muss (y∗1 , y∗2 ) 0 gelten und somit y∗1 = a − c − by∗2 a − c − by∗1 und y∗2 = . 2b 2b Satz (Gleichgewicht im Cournot-Duopol) Im eindeutigen Nash-Gleichgewicht (y∗1 , y∗2 ) des Cournot-Duopols produzieren beide Unternehmen die Menge y∗ = Mikroökonomie (FS 09) a−c . 3b Marktmacht 39 / 66 4. Oligopol 4.3 Gleichgewicht im Cournot-Duopol Abbildung: Die Reaktionsfunktionen der beiden Unternehmen und das Nash-Gleichgewicht des Cournot-Duopols. Mikroökonomie (FS 09) Marktmacht 40 / 66 4. Oligopol 4.3 Gleichgewicht im Cournot-Duopol Gesamtproduktionsmenge im Gleichgewicht: Y∗ = 2 a−c . 3 b Gleichgewichtspreis: p∗ = p(Y ∗ ) = a−c a + 2c = c+ . 3 3 Gleichgewichtsgewinn eines Unternehmens: π ∗ = [p∗ − c]y∗ = Mikroökonomie (FS 09) Marktmacht (a − c)2 . 9b 41 / 66 4. Oligopol 4.3 Gleichgewicht im Cournot-Duopol Vergleich mit Monopol- und Wettbewerbsmarkt: Die Gesamtoutputmenge in dem Cournot-Gleichgewicht ist ineffizient niedrig, aber höher als in einem Monopolmarkt: ym < Y ∗ < yw . Der Gleichgewichtspreis ist höher als in einem Wettbewerbsmarkt, aber niedriger als in einem Monopolmarkt: pm > p∗ > pw . Die aggregierten Gewinne der Unternehmen sind höher als in einem Wettbewerbsmarkt, aber geringer als der Monopolgewinn: π m > 2π ∗ > π w = 0. Mikroökonomie (FS 09) Marktmacht 42 / 66 4. Oligopol 4.4 Mehr Unternehmen - mehr Wettbewerb? Wir betrachten das Cournot-Spiel mit n > 2. Die beste Antwort von Unternehmen i hängt nur von der Gesamtproduktionsmenge seiner Konkurrenz ab. Reaktionsfunktion von Unternehmen i: ri (Y−i ) = max{ a − c − bY−i , 0}, Y−i = ∑ y j . 2b j6=i Wir betrachten symmetrische Nashgleichgewichte. Es gibt keine anderen! Ein Nash-Gleichgewicht (y∗1 , · · · , y∗n ) ist symmetrisch, wenn y∗i = y∗ , ∀i gilt. Mikroökonomie (FS 09) Marktmacht 43 / 66 4. Oligopol 4.4 Mehr Unternehmen - mehr Wettbewerb? (y∗ , · · · , y∗ ) ist ein symmetrisches Nash-Gleichgewicht des Cournot-Oligopols mit n Unternehmen genau dann, wenn y∗ die beste Antwort auf die Produktionsmenge (n − 1)y∗ der Konkurrenz ist: a − c − b(n − 1)y∗ y∗ = ri ((n − 1)y∗ ) = . 2b Satz In dem eindeutigen symmetrischen Nash-Gleichgewicht (y∗ , · · · , y∗ ) eines Cournot-Oligopols mit n Unternehmen gilt y∗ = 1 a−c . n+1 b Beachte, dass diese Formel auch für n = 2 (Duopol) und n = 1 (Monopol) gilt. Mikroökonomie (FS 09) Marktmacht 44 / 66 4. Oligopol 4.4 Mehr Unternehmen - mehr Wettbewerb? Für das symmetrische Nash-Gleichgewicht eines Cournot-Oligopols gilt: Die Gesamtoutputmenge ist streng steigend in n mit limn→∞ Y ∗ = yw : Y∗ = n a−c . n+1 b Der Gleichgewichtspreis ist streng fallend in n mit limn→∞ p∗ = pw = c: p∗ = a + nc a−c = c+ . n+1 n+1 Die aggregierten Unternehmensgewinne nπ ∗ sind streng fallend in n mit limn→∞ nπ ∗ = π w = 0: nπ ∗ = Mikroökonomie (FS 09) n (a − c)2 . (n + 1)2 b Marktmacht 45 / 66 4. Oligopol 4.4 Mehr Unternehmen - mehr Wettbewerb? Das Cournot-Modell erfasst die Intuition, dass mehr aktive Unternehmen zu mehr Wettbewerb führen. Die Wettbewerbslösung entspricht dem Grenzfall einer unendlich grossen Anzahl aktiver Unternehmen. Berücksichtigt man quasifixe Marktzutrittskosten, bietet das Cournot-Modell eine einfache Alternative zu dem Modell des langfristigen Wettbewerbsgleichgewichts, um die Anzahl der aktiven Unternehmen endogen zu bestimmen. Siehe Aufgabenblatt. Mikroökonomie (FS 09) Marktmacht 46 / 66 4. Oligopol 4.5 Bertrand-Modell Joseph Louis Francois Bertrand (1822-1900) Mikroökonomie (FS 09) Marktmacht 47 / 66 4. Oligopol 4.5 Bertrand-Modell Unternehmen setzen simultan Preise. Jeder Konsument kauft bei einem der Unternehmen, welches den niedrigsten Preis gesetzt hat. Falls mehrere Unternehmen den niedrigsten Preis setzen, teilt sich die Nachfrage gleichmässig auf die Unternehmen auf. Zusatzannahmen: Nur zwei Unternehmen: Bertrand-Duopol. Identische, lineare Kostenfunktionen: ci (y) = c · y mit c ≥ 0. Marktnachfragefunktion ist D(p) mit Annahmen wie im Monopolproblem. Mikroökonomie (FS 09) Marktmacht 48 / 66 4. Oligopol 4.5 Bertrand-Modell Bertrand-Duopol als Spiel in strategischer Form, das Bertrand-Spiel: Die Spieler sind die Unternehmen i = 1, 2. Eine Strategie von Spieler i ist ein Preis pi ≥ 0 Die Auszahlungsfunktionen der Spieler sind und Mikroökonomie (FS 09) 0 π1 (p1 , p2 ) = [p1 − c]D(p1 ) 1 2 [p1 − c]D(p1 ) falls p1 > p2 , falls p1 < p2 , falls p1 = p2 . 0 π2 (p1 , p2 ) = [p2 − c]D(p2 ) 1 2 [p2 − c]D(p2 ) falls p2 > p1 , falls p2 < p1 , falls p2 = p1 . Marktmacht 49 / 66 4. Oligopol 4.5 Bertrand-Modell Satz Das Bertrand-Spiel besitzt ein eindeutiges Nash-Gleichgewicht, in dem beide Unternehmen den Wettbewerbspreis setzen: p∗1 = p∗2 = c. Es ist nicht schwer zu sehen, dass p∗1 = p∗2 = c tatsächlich ein Nash-Gleichgewicht des Bertrand-Spiels ist: Gegeben, dass der Konkurrent einen Preis gleich Grenzkosten setzt, gibt es für ein Unternehmen keine Möglichkeit, streng positive Gewinne zu erzielen. Schwieriger ist zu zeigen, dass es kein anderes Nash-Gleichgewicht gibt – die Intuition ist aber einfach: Setzt der Konkurrent einen Preis p j > c, so lohnt es sich immer, diesen “ein wenig” zu unterbieten, um so die gesamte Nachfrage anzulocken. Mikroökonomie (FS 09) Marktmacht 50 / 66 5. Produktdifferenzierung 5.1 Einleitung Die zuvor betrachteten Oligopolmodelle gehen davon aus, dass alle Unternehmen das gleiche Gut anbieten. Zumeist gibt es aber Unterschiede zwischen den Produkten, die von verschiedenen Unternehmen angeboten werden, die dazu führen, dass es den einzelnen Konsumenten auch bei identischen Preisen nicht gleichgültig ist, von welchem Unternehmen sie ein Gut erwerben. Dies wirft mehrere Fragen auf. Insbesondere: Was ist das optimale Ausmass an Produktdifferenzierung? Wie werden die Unternehmen den Spielraum zur Ausübung von Marktmacht nutzen, der durch Produktdifferenzierung geschaffen wird? Führt Wettbewerb zu einem optimalen Ausmass an Produktdifferenzierung? Wir werden diesen Fragen in einem einfachen Modell der horizontalen Produktdifferenzierung nachgehen. Mikroökonomie (FS 09) Marktmacht 51 / 66 5. Produktdifferenzierung 5.2 Grundmodell Entlang der Uferstrasse einer runden Insel leben gleichmässig verteilt L > 0 Konsumenten. Die Länge der Strasse ist 1. Jeder Konsument möchte genau eine Einheit eines Gutes konsumieren. Die Zahlungsbereitschaft aller Konsumenten für das Gut ist identisch und beträgt v > 0. Wenn ein Konsument die Strecke d ≥ 0 reisen muss, um das Gut zu erwerben, entstehen ihm Transportkosten in Höhe von t · d. Die Produktiion des Gutes ist an jeder Stelle der Uferstrasse möglich. Allerdings fallen für die Einrichtung einer Produktionsstätte quasifixe Kosten in Höhe von F > 0 an. Die variablen Kosten der Produktion von y Einheiten sind c · y mit c ≥ 0. Mikroökonomie (FS 09) Marktmacht 52 / 66 5. Produktdifferenzierung 5.3 Interpretation des Grundmodells Konsumenten unterscheiden sich darin, welche Version eines Gutes sie für optimal halten. Abweichungen der Produktspezifikation von dem Idealpunkt eines Konsumentens führen zu einer Verringerung der Zahlungsbereitschaft. Prinzipiell ist denkbar, dass jeder Konsument sein Idealprodukt erhält. Allerdings sind die Durchschnittskosten der Produktion um so grösser, je kleiner der Kundenkreis. Der Vorteil der Produktdifferenzierung liegt hier also in einer besseren Befriedigung der Bedürfnisse der Konsumenten. Der Nachteil der Produktdifferenzierung liegt in einer Erhöhung der Kosten. Mikroökonomie (FS 09) Marktmacht 53 / 66 5. Produktdifferenzierung 5.3 Interpretation des Grundmodells Interpretation der Modellparameter L: Grösse des Marktes. v: Zahlungsbereitschaft der Konsumenten für ihr jeweiliges “Idealprodukt”. t: Intensität der Präferenz der Konsumenten für “massgeschneiderte” Produkte. F: Kosten, ein zusätzliches Produkt in den Markt einzuführen. c: Kosten, einen zusätzlichen Konsumenten mit einer beliebigen Spezifikation des Gutes zu versorgen. Mikroökonomie (FS 09) Marktmacht 54 / 66 5. Produktdifferenzierung 5.4 Optimale Produktdifferenzierung Fragestellung Wieviele unterschiedliche Spezifikationen des Gutes sollten angeboten werden, um die aggregierten Handelsgewinne zu maximieren? Vorüberlegung: Werden N unterschiedliche Produkte hergestellt, so sollten diese so platziert werden, dass das Produktspektrum möglichst gleichmässig abgedeckt wird. Der Abstand zwischen zwei benachbarten Produkten sollte jeweils 1/N betragen. Zusatzannahme: v ist (im Vergleich zu c, F und t) so gross, dass es selbst bie N = 1 optimal ist, alle Konsumenten mit dem Gut zu versorgen. Die aggregierten Produktionskosten zur Herstellung von N unterschiedlichen Produkten und Versorgung aller Konsumenten sind N ·F +c·L Mikroökonomie (FS 09) Marktmacht 55 / 66 5. Produktdifferenzierung 5.4 Optimale Produktdifferenzierung Die aggregierte Zahlungsbereitschaft bei der Versorgung aller Konsumenten mit N optimal platzierten Produkten ist: L · (v − t/2N), da die durchschnittliche Distanz eines Konsumentens von dem nächstgelegenen Produkt 1/4N beträgt und die durchschnittlichen Transportkosten (Hin- und Rückreise) somit 1/2N sind. Die aggregierten Handelsgewinne, die sich aus der Herstellung von N Produkten erzielen lassen sind also HG(N) = L · (v − t/2N) − N · F − c · L Mikroökonomie (FS 09) Marktmacht 56 / 66 5. Produktdifferenzierung 5.4 Optimale Produktdifferenzierung Das optimale Ausmass an Produktdifferenzierung ist durch die Anzahl an Produkten gegeben, welche die aggregierten Handelsgewinne maximiert: Handelsgewinne nach N ableiten führt auf die Bedingung erster Ordnung t ·L HG0 (N) = − F = 0. 2N 2 Die optimale Anzahl von Produkten ist also r t ·L ∗ . N = 2F Anmerkung: Um ganz präzise zu sein, müsste man noch bedenken, dass die Anzahl der Produkte eine natürliche Zahl sein muss. Wir ignorieren diesen Punkt. Mikroökonomie (FS 09) Marktmacht 57 / 66 5. Produktdifferenzierung 5.4 Optimale Produktdifferenzierung Interpretation des Ergebnis: N ∗ ist steigend in L: je grösser der Markt, desto mehr unterschiedliche Produkte sollten angeboten werden. N ∗ ist steigend in t: je grösser die Intensität der Konsumenten für massgeschneiderte Produkte, desto mehr unterschiedliche Produkte sollten angeboten werden. N ∗ ist fallend in F: je grösser die Kosten eines zusätzlichen Produktes, desto weniger unterschiedliche Produkte sollten angeboten werden. v und c spielen keine Rolle – da angenommen wurde, dass es optimal ist, alle Konsumenten zu versorgen. Mikroökonomie (FS 09) Marktmacht 58 / 66 5. Produktdifferenzierung 5.5 Preiswettbewerb Fragestellung Wir wirkt sich Produktdifferenzierung auf den Wettbewerb zwischen in dem Markt aktiven Unternehmen aus? Modellierung des Wettbewerbsumfeldes: Fixe Anzahl N > 1 von Unternehmen, die in dem Markt aktiv sind. Jedes Unternehmen bietet genau ein Produkt an. Die Produkte der Unternehmen sind gleichmässig auf das Produktspektrum verteilt. Modellierung des Wettbewerbs: Wie im Bertrand-Model setzen die Unternehmen simultan Preise. Jeder Konsument kauft dann eine Einheit des Gutes, bei demjenigen Unternehmen, das aus seiner Sicht das günstigste Angebot macht. Mikroökonomie (FS 09) Marktmacht 59 / 66 5. Produktdifferenzierung 5.5 Preiswettbewerb Setzen alle aktiven Unternehmen den gleichen Preis p < v, so kaufen die Konsumenten jeweils bei dem nächstgelegenem Unternehmen. Der Marktanteil eines jeden Unternehmes ist 1/N. Jedes Unternehmen erzielt den Erlös pL/N und hat Kosten F + cL/N. Der Gewinn jedes Unternehmens ist L [p − c] − F. N Wir suchen nach einem symmetrischen Gleichgewicht, in dem alle Unternehmen den gleichen Preis setzen. Um ein solches Gleichgewicht zu identifizieren, müssen wir die folgende Frage beantworten: Frage Wie hoch ist der Gewinn eines Unternehmens, wenn es den Preis p setzt, während alle anderen Unternehmen den Preis p∗ verlangen? Mikroökonomie (FS 09) Marktmacht 60 / 66 5. Produktdifferenzierung 5.5 Preiswettbewerb Gilt p < p∗ , so lockt das Unternehmen zuzätzliche Kunden von den benachbarten Unternehmen an; entsprechend verliert es Kunden an die benachbarten Unternehmen, wenn es p > p∗ setzt. Prinzipiell besteht die Möglichkeit, dass das Unternehmen seinen Preis so niedrig setzt, dass es die benachbarten Unternehmen völlig aus dem Markt verdrängt und dann mit weiter entfernten Unternehmen in Wettbewerb tritt. Ebenso besteht die Möglichkeit, dass das Unternehmen seinen Preis so hoch setzt, dass es alle Kunden verliert. Wir werden diese beiden Möglichkeiten in den folgenden Berechnungen ignorieren. Ein Konsument, der in Entfernung d < 1/N von dem betrachteten Unternehmen (und damit in Entfernung (1/N − d) von einem benachbarten Unternehmen) “wohnt”, wird das Gut genau dann bei dem betrachteten Unternehmen erwerben, wenn 1 ∗ − d gilt. p + 2td < p + 2t N Mikroökonomie (FS 09) Marktmacht 61 / 66 5. Produktdifferenzierung 5.5 Preiswettbewerb Die vorhergehende Bedingung lässt sich zu p∗ − p 1 + 2N 4t umformen, so dass der Marktanteil des betrachteten Unternehmens durch 1 p∗ − p q(p, p∗ ) = + N 2t gegeben ist. Für den Gewinn des betrachteten Unternehmens gilt: d≤ π(p, p∗ ) = L · q(p, p∗ ) [p − c] − F. Maximierung des Gewinnes bezüglich p führt auf die Bedingung erster Ordnung p−c L q(p, p∗ ) − = 0. 2t Mikroökonomie (FS 09) Marktmacht 62 / 66 5. Produktdifferenzierung 5.5 Preiswettbewerb Ein symmetrisches Gleichgewicht liegt vor, wenn p∗ der gewinnmaximierende Preis eines Unternehmens ist, dessen Konkurrenten ebenfalls den Preis p∗ setzen. Dieses ist der Fall, wenn p∗ die Bedingung erster Ordnung erfüllt, also p∗ − c ∗ ∗ L q(p , p ) − = 0 gilt. 2t Satz Der Gleichgewichtspreis ist p∗ = c + Mikroökonomie (FS 09) 2t . N Marktmacht 63 / 66 5. Produktdifferenzierung 5.5 Preiswettbewerb Interpretation: Ohne Produktdifferenzierung würde Bertrand-Wettbewerb zu dem Gleichgewichtspreis p∗ = c führen. Dieses entspricht hier dem Fall t = 0. Produktdifferenzierung führt zu einer Abschwächung des Preiswettbewerbs. Insbesondere ist der Gleichgewichtspreis steigend in t, da hohe “Transportkosten” die Flexibilität der Käufer reduziert und damit den Preissetzungsspielraum der Unternehmen vergrössert. Ein Anstieg der Anzahl der aktiven Unternehmen führt zu einer Verschärfung des Preiswettbewerbs. Beachte: Obwohl der Gleichgewichtspreis oberhalb der Grenzkosten liegt, tritt hier für eine gegebene Anzahl aktiver Unternehmen keine Ineffizienz auf. Mikroökonomie (FS 09) Marktmacht 64 / 66 5. Produktdifferenzierung 5.6 Marktzutritt Sind N Unternehmen im Markt aktiv, so betragen die Gleichgewichtsgewinne der aktiven Unternehmen L 2·L·t π ∗ = [p∗ − c] − F = − F. N N2 Es erscheint plausibel, dass π ∗ < 0 zu Marktaustritt und π ∗ > 0 zu Markteintritt führen wird, so dass bei freiem Marktzutritt die Anzahl der aktiven Unternehmen durch die Nullgewinnbedingung π ∗ = 0 bestimmt ist. Satz Ist die Anzahl der im Markt aktiven Unternehmen durch die Nullgewinnbedingung π ∗ = 0 bestimmt, so werden r 2·L·t N̂ = F Unternehmen im Markt aktiv sein. Mikroökonomie (FS 09) Marktmacht 65 / 66 5. Produktdifferenzierung 5.6 Marktzutritt Interpretation: Die gleichen Faktoren, welche die optimale Anzahl von unterschiedlichen Produkten bestimmen, bestimmen auch die Anzahl der Produkte, die in einem langfristigen Wettbewerbsgleichgewicht mit freiem Marktzutritt angeboten werden. Da N̂ = 2N ∗ gilt, führt freier Marktzutritt jedoch zu exzessiver Produktdifferenzierung, d.h. die Anzahl der im Markt angebotenen Produkte ist grösser als die optimale Anzahl. Beachte jedoch: Ergebnisse über das Gleichgewichtsausmass der Produktdifferenzierung hängen von der Modellierung des Marktzutritts und Wettbewerbs ab. Mikroökonomie (FS 09) Marktmacht 66 / 66