QIP Qualit tssicherung in der Pharmakotherapie Qualitätssicherung in der Pharmakotherapie Medikamente reduzieren – Therapie optimieren © corbis Die Pharmakotherapie von multimorbiden Patienten zu optimieren – das ist das Ziel eines gemeinsamen Projekts der Steirischen Akademie für Allgemeinmedizin mit der „Österreichischen Ärztezeitung“. Patient: 83 / weiblich RR 120/80; Einweisungsdiagnose Altersdepression Medikamente früh Dancor 10 mg 1 Diagnosen Sortis 20 mg F32.2 Depression agitiert Concor plus 1 F41.1 Generalisierte Angsstörung Cipralex 10 mg 1 I25.1 Koronare Herzkrankheit III ( St.p. non-STEMI ) Mirtabene 30 mg E10.9 Diabetes mellitus insulinpflichtig Ivadal E14.4 Polyneuropathia diabetica Thrombo ASS 100 M81.89 Altersosteoporose ohne pathologische Fraktur Voltaren 50 mg E66.9 Adipositas Xanor 0,5 Harnwegsinfekt Thioctacid 600 Hyperkaliämie Plavix 75 mg Hemianopsie re Neurobion forte St.post Beckenvenenthrombose St.p.MCI mittags abends Bemerkungen 1 1 1 1 bei Einschlafstörung 1 1 1 Losec 20 I35.8 Aortenklappensklerose Niereninsuffizienz/komp.Retention 58 Therapie 1 1/2 1/2 1/2 1 1 1 1 1 Durogesic 75 mcg alle 3 Tage wechseln Insulin mixtard 50/50 12/0/8 E St.p.Pneumonie Einhalten einer Diabetesdiät Salicylat und Tramadolunverträglichkeit Summe St.p.2x Insult Gesamtsumme der täglich eingenommen Tabletten: 19 7 4 8 S österreichische ärztezeitung Å 6 Å 25. märz 2006 Kommentar Diagnosen M it der Zahl der verordneten Medikamente nimmt die Compliance der Patienten ab. Darüber hinaus ist schon bei der Verabreichung von mehr als vier Medikamenten die Interaktion der einzelnen Substanzen nicht abschätzbar. Im Rahmen der Serie „Qualitätssicherung in der Pharmakotherapie“ geht es darum, die Diagnosen gemäß Zuweisung sowie nach Schweregrad aufzulisten. Bei der Therapie wiederum sollte eine Reihung der Medikamente nach Priorität, Schweregrad und Gruppen erfolgen. Kontraindikationen; Empfehlungen zur nicht-medikamentösen Therapie (Bewe gung, Ernährung). Verantwortlich für Kommentar: Prof. Dr. Siegfried Meryn, Leiter der Organisationseinheit Besondere Einrichtung für Medizinische Ausund Weiterbildung Medizinische Universität Wien; Dr. Walter Fiala, Vorstand der Steirischen Akademie für Allgemeinmedizin; Prof. Dr. Michael Wolzt, Universitätsklinik für Klinische Pharmakologie/Wien; Prof. Dr. Herwig Holzer, Leiter der Abteilung für Nephrologie und Hämodialyse/Graz; OA Dr. Erika Richter, Abteilung für Gerontopsychiatrie, Landesnervenklinik Siegmund Freud/Graz. Mit freundlicher Unterstützung von Pfizer Organisation: Steirische Akademie für Allgemeinmedizin Auflistung der Diagnosen: An erster Stelle sollte die verifizierte oder korrigierte Zuweisungsdiagnose stehen, dann die weiteren Diagnosen nach Schweregrad und Gruppen; Diagnosen, die keiner Therapie bedürfen – wie etwa CHE 1998 – sollten vermieden werden. Abkürzungen meiden – es werden täglich neue erfunden! Meryn: Diagnose Hypertonie fehlt, Osteoporose ohne Prophylaxe? Richter: Weglassen der St.p- Diagnosen, Niereninsuff. bei normalem Cr.? F32.2 lautet nach ICD-10 :schwere depressive Episode ohne psychotische Sy, Wolzt: Niereninsuffizienz auf Grund der vorliegenden Befunde nicht ersichtlich, Aortenklappensklerose, Harnwegsinfekt, Pneumonie, Bekkenvenenthrombose und Hyperkaliämie für Weiterbehandlg. ohne Bedeutung, Osteoporose behandlungswürdig? Holzer: Niereninsuff mit komp. Retention bei normalem Labor nicht relevant. Hyperkaliämie wahrscheinl. iatrogen ( Blutabnahme), Altersosteoporose ohne diagn. Sicherstellung. Fiala: Harnwegsinfekt, Hyperkaliämie, St. post Beckenvenenthrombose, St. post Pneumonie sind irrelevante Diagnosen. Wenn keine Osteoporoseprophylaxe empfohlen wird, dann ist die Diagnose falsch. Diagnosen F32.2 Depression agitiert F41.1 Generalisierte Angsstörung I25.1 Koronare Herzkrankheit III Haben Sie einen ähnlich interessanten Fall? Dann schicken Sie ihn bitte per Post an die: Steirische Akademie für Allgemeinmedizin, Pestalozzistr. 62, 8010 Graz oder per Fax: 0316/83 21 28 oder per e-mail: [email protected] Empfohlene Medikamente Reihung nach Priorität, Schweregrad und Gruppen; Abschätzung der unbedingten Notwendigkeit; Beachtung von Nebenwirkungen, Interaktionen und ( St.p. non-STEMI ) St.p. Myocardinfarkt St.p.2x Insult Hemianopsie re. E10.9 Diabetes mellitus insulinpflichtig E14.4 Polyneuropathia diabetica E66.9 Adipositas Salicylat und Tramadolunverträglichkeit Verbesserungsvorschlag Kommentar zur Therapie Patient: 83, weiblich, RR 120/80 Einweisungsdiagnose Altersdepression Meryn: Diabetesdiät genauere Angaben bez. Adipositas und Hyperlipidämie Richter: nach Besserung der depressiven Sy sollte eine Monotherapie mit dem bereits verordneten SSRI fortgesetzt werden (mindestens für 6 Mon ), Mirtabene wegen der Gewichtszunahme bei bestehender Adipositas ungünstig, Xanor nur in der Akutphase, unter langsamer Dosisreduktion absetzen, bei Salicylatunverträglichkeit kein T-ASS, Zur Behandlung des neuropathischen Schmerzes bei diabetischer PNP neben Thioctacid auch Therapieversuch mit Lyrika, so könnten Opiate eingespart werden. Holzer: Keine Indikation für Losec, Sortis, Concor plus und Voltaren Wolzt: keine Indikation für Dancor. Thioctacid und Neurobion fragliche Wirkung Therapie Medikamente früh Dancor 10 mg 1 Concor plus 1 mittags 1 Plavix 75 mg 1 Lyrica 75 1 Cipralex 10 mg 1 1 Ivadal 1 1 alle 3 Tage wechseln evtl red Insulin mixtard 50/50 Einhalten einer Diabetesdiät Summe Bemerkungen 1 Sortis 20 mg Durogesic 75 mcg abends 12/0/8 E 4 1 Gesamtsumme der täglich eingenommen Tabletten: 9 S österreichische ärztezeitung Å 6 Å 25. märz 2006 4 Fiala: Es scheint sich die Schmerztherapie bei den meisten Arztbriefen auf die medikamentöse Therapie zu beschränken. Wo bleibt die therapeutische Lokalanästhesie, die Physiotherapie und die physikalische Therapie ? TENS ? 59