Erfahrungsbericht Name: C a t h a r i n a K a i s e r Austauschjahr: WS 2014/15 Gastuniversität: Universidad de Guadalajara Stadt: Guadalajara Land: Mexiko Aus Spam-Schutzgründen wird die E-Mail-Adresse nicht im Internet veröffentlicht, kann aber im Akademischen Auslandsamt erfragt werden. Am 13.08.2014 fing mein Abenteuer Mexico mit dem Einsteigen in den Flieger nach Guadalajara an. Ca. 13 Stunden später fand ich mich in einem fremden Land, einer fremden Stadt in einem fremden Haus mit weiteren 9 Austauschstudenten aus allen möglichen Ländern und einer Mexikanerin wieder. Aber das Einleben ist mir nicht schwer gefallen. Meine Mitbewohner waren mir von Anfang an sehr sympathisch und vor Allem die Mexikaner erleichtern einem das Einleben ungemein. Sie sind ein sehr offenes, freundliches und hilfsbereites Volk, sodass ich mich schnell willkommen gefühlt habe. Bis zum Semesterbeginn hatte ich glücklicherweise noch ein paar Tage Zeit mich einzuleben und dank diverser Studentenorganisationen vor Ort wurde uns von Kulturprogrammen über Partys bis hin zu einem beeindruckenden Beachfestival bereits zu Beginn einiges geboten, sodass man sich schnell ein soziales Netzwerk aufbauen konnte. Dann fing auch eine Woche später schon die Uni an und wir wurden in einer Einführungsveranstaltung herzlich begrüßt, uns wurde die Universität vorgestellt, das Unterrichtssystem wurde erklärt, wir mussten unsere Fächer wählen und haben unsere ersten Kurse besucht. Die Betreuung war wirklich gut und wir wussten von Anfang an, an wen wir uns wenden konnten. Die universitäre Lehre selber kann man kaum mit der im deutschen Lehrsystem vergleichen. Das System dort ist ziemlich verschult. Vorlesungen in der Art wie wir sie kennen, gibt es nicht. Alles findet eher in Klassengrößen von ca. 30-35 Studenten statt und es werden während des Semesters in den meisten Kursen drei Klausuren geschrieben, die mündliche Mitarbeit wird bewertet, Hausaufgaben werden aufgegeben und es herrscht Anwesenheitspflicht. Somit war der zeitliche Aufwand während des Semesters schon um einiges höher als in Deutschland, allerdings liegt das fachliche Niveau doch etwas unter dem in Deutschland, sodass trotz Spanisch als Unterrichtssprache alles gut von uns bearbeitbar und nachzuvollziehen war. Die Unterrichtszeiten sind ähnlich wie bei uns, nur dass einige Kurse bereits um 7 Uhr morgens anfangen, weshalb man bereits bei der Wohnungssuche darauf achten sollte, nicht zu weit von der Uni entfernt zu wohnen. Die spätesten Kurse werden abends bis 10 angeboten, allerdings sind dies meist Ausnahmen. Normalerweise kann man davon ausgehen, spätestens gegen 19.00 Uhr die Uni verlas- sen zu können. Je nach Leistungspunkten werden die Kurse entweder ein- oder zweimal pro Woche angeboten, meistens dauert eine Unterrichtseinheit zwei oder drei Stunden. Die Benotung ist recht gut, allerdings sind daher auch die Umrechnungsintervalle in Deutschland entsprechend klein gehalten. Da die Universität aus vielen einzelnen Fakultäten besteht, die teilweise so weit voneinander entfernt liegen, dass man je nach Verkehrslage bis zu zwei Stunden brauchen kann, um von einer Fakultät zu nächsten zu gelangen. Daher ist es sehr ratsam, Kurse nur an einer Fakultät zu belegen. Das Kursprogramm ist aber generell sehr umfangreich, weshalb für jeden etwas Interessantes dabei sein sollte. Die Anrechnung verläuft nach Absprache mit den dafür zuständigen Mitarbeitern der Heimfakultät komplikationslos ab. Es sollte eben inhaltlich den Anforderungen des gewünschten Moduls entsprechen. Die Leistungspunkte werden eins zu eins angerechnet. Der Campus selber ist sehr schön grün und offen gehalten. Es gibt viele Orte im Freien, an denen man sich auch zwischen den Kursen gut aufhalten kann. Bei schlechtem Wetter wird es ein wenig knapp mit Aufenthaltsmöglichkeiten, man findet aber immer irgendwo etwas. Sinnvoll ist es trotzdem, sich die Kurse wenn möglich ohne große Wartezeiten hintereinander zu legen, da auch im Umkreis der Wirtschaftsfakultät nichts Spannendes zu entdecken ist. An der Uni gibt es viele essensstände an denen man sehr gut und günstig Mittagessen kann. Von kleinen Snacks über Tacos und Tortillas bis hin zu großen Mahlzeiten nach mexikanischer, asiatischer oder amerikanischer Art ist alles zu finden. Besonders zu empfehlen sind die großen Milch- oder Fruchtshakes und „Elote“ am ersten Eingang ;-) Spanisch war generell kein Problem für mich, da ich schon vor meinem Aufenthalt in Mexiko sehr gut spanisch gesprochen habe. Während dieses Semesters konnte ich trotzdem noch einiges hinzulernen und meinen Wortschatz noch einmal ausbauen. Außerdem sprechen die Mexikaner ein sehr akzentfreies, reines Spanisch, was die Kommunikation sehr vereinfacht hat. Während des Semesters sollte man neben dem Studium aber auf jeden Fall die Möglichkeit nutzen, an den Wochenenden das Land kennen zu lernen. Wenn man es einrichten kann, seine Kurse eher in die Mitte der Woche zu legen, sodass die Wochenenden sich um ein oder zwei Tage verlängern. Dann lohnen sich auch die teils sehr weiten Fahrten. Auch die Pazifikküste kann man mit dem Fernbus von Guadalajara aus sehr gut erreichen und schöne erholsame Wochenenden an den tollen Stränden dort verbringen. Diese Ausflüge sollte man aber eher am Anfang oder zu Mitte des Semesters hin planen. Am Ende häufen sich die Abschlussarbeiten und –klausuren, sodass an den Wochenenden kaum Zeit bleibt für Freizeitaktivitäten. Das tägliche Leben lässt sich in Guadalajara sehr gut bestreiten. Die Stadt ist eine der weniger gefährlichen des Landes, das Leben dort geht eher ruhig und gelassen zu. Bei den „Tapatíos“, wie die Einwohner Guadalajaras genannt werden, geht alles ein wenig bedächtiger und langsamer zu. Ab und an ist etwas Geduld erforderlich. Die Mieten dort sind im Verhältnis zu Deutschland unheimlich günstig. Häuser oder Wohnungen in wohlhabenderen Vierteln liegen etwas über den durchschnittlichen Mietpreisen, sind aber dennoch zu empfehlen, da teilweise der Hygienestandard doch sehr unter unserem Gewohnten liegt und ein paar Euro mehr im Monat liefern schon einen angenehmeren Lebensstandard. Außerdem sind auch dort die Mieten immer noch günstiger als bei uns. Trotzdem kann es durchaus vorkommen, dass morgens kein warmes Wasser kommt, es kein Gas mehr gibt, die Toilette verstopft ist oder der Boiler nicht mehr geht. Aber an solch kleinere Beeinträchtigungen gewöhnt man sich. Für Studenten, die an der wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät studieren empfehlen sich besonders die Stadtteile Providencia, Ladron de Guevara und Santa Tere. Diese liegen zwischen dem historischen Stadtzentrum und dem Campus und die Wohngegenden sind ziemlich sicher und ruhig. Außerdem hat man es nicht weit zu Bars und Clubs und Einkaufsmöglichkeiten gibt es eh überall. Auch mit den öffentlichen Verkehrsmitteln kommt man zumindest tagsüber sehr gut von A nach B. Außerdem sind die Fahrpreise viel günstiger als in Deutschland. Abends und nachts ist man trotz allem leider auf Taxen angewiesen oder auf mexikanische Freunde mit Autos. Die Taxifahrten lassen sich aber auch gut bezahlen. Aufpassen muss man allerdings, wenn man nur mit Europäern unterwegs ist. Die Taxifahrer versuchen dann schon „amerikanische“ Preise zu verlangen. Da sollte man sich nicht drauf einlassen und wenn möglich gut verhandeln. Wenn mexikanische Freunde dabei sind, ist das aber kein Problem. Lebensmittel sind in mexikanischen Supermärkten ein bisschen teurer als bei uns. Allerdings wird sehr viel Obst und Gemüse an Straßenständen und auf Märkten angeboten, wo es deutlich günstiger Verkauft wird, als im Supermarkt. Wenn zubereitetes Obst an der Straße gekauft wird, sollte man aber erstens darauf achten, dass es noch nicht zu lange geschnitten in der Sonne gestanden hat, und zweitens wird aus mexikanischer Gewohnheit heraus auf Alles (und wirklich Alles) eine große Menge an Chili gestreut, also auch auf Obst. Kann in gewissen Mengen wirklich gut schmecken, aber vor allem am Anfang sollte man den Verkäufer darauf aufmerksam machen, dass für uns Europäer weniger oft mehr ist. Vor allem für den Magen ist dies die bessere Variante. Zudem findet man alle paar Straßen eine Taquería in denen man sehr gut und sehr günstig Tacos aller Art zu sehr günstigen Preisen essen kann. Saucen dazu sind generell auch scharf, auch wenn man von mexikanischer Seite aus versichert bekommt: „Pica muy muy muy piquito“. („Brennt nur ein ganz, ganz, ganz bisschen“) Auch das Essen in anderen Restaurants ist manchmal günstiger als es selber zu kochen. Und das Flair ist natürlich ein ganz anderes als das Zuhause in der eigenen Küche. Zum Klima ist zu sagen, dass es in Guadalajara eigentlich das ganze Jahr über ziemlich warm ist. Im Sommer ist es teilweise viel zu heiß und durch die Regenzeit bedingt auch sehr, sehr schwül. Die Luftfeuchtigkeit ist manchmal erdrückend und vor Allem in den Abendstunden kann es bis Ende November Regnen ohne, dass ein Ende in Sicht ist. Man sollte daher in den Sommermonaten nie ohne Regenschirm aus dem Haus gehen, denn wenn es einmal anfängt zu regnen, dann auch richtig, sodass man innerhalb weniger Minuten bis auf die Haut klitschnass ist. Die Straßen können sich in reißende Bäche verwandeln und trockenen Fußes kommt man selten nach Hause. Im Herbst herrscht ein sehr angenehmes Klima, sommerlich warm und fast ununterbrochen sonnig. Im Winter ist es meist tagsüber auch angenehm warm um ca. 20 Grad, nachts kann es aber phasenweiserichtig kalt werden, sodass die Temperaturen auch einmal gut einstellig werden können. Neben dem Wetter ist auch das mexikanische Gemüt als eher warm zu beschreiben. Die Mexikaner sind wirklich immer sehr offen und hilfsbereit. Durch diese freundliche Art fällt es einem sehr leicht, in Mexiko neue Kontakte zu knüpfen. Fremde Menschen im Bus bieten einem Hilfe in allen erdenklichen Lebenslagen an und geben einem das Gefühl, im Land herzlich willkommen zu sein. Allerdings herrscht generell in der Bevölkerung ein sehr hoher Grad an Misstrauen. Freundschaften bleiben oft oberflächlich, da viele Mexikaner nach meinem Empfinden lange brauchen, um jemanden voll zu vertrauen. Deshalb bin ich unheimlich froh, wirklich ein paar tolle tiefergehende Freundschaften geknüpft zu haben. Da ich bereits längere Zeit und öfter in Lateinamerika gewesen bin, war der Kulturschock für mich nicht sehr groß, da mir die Lebensumstände bereits vertraut waren. Trotzdem lernt man immer wieder neues kennen und lieben und freut sich täglich darüber, in diese für uns fremde Kultur einzutauchen. Die Feierlaunen der Mexikaner sind aber schon etwas Einzigartiges. Bei dem geringsten Anlass lassen sie ihre Korken knallen und feiern ausgelassen und in bester Laune. Auch der Familienzusammenhalt der meisten Familien dort ist beeindruckend. Sie halten so sehr zusammen, stehen füreinander ein, aber nehmen auch fremde schnell in ihren familiären Kreis auf und geben einem das Gefühl Zuhause zu sein. Wer also zu Familienabenden oder –wochenenden eingeladen wird, sollte diese Einladung keinesfalls ausschlagen. Es ist ein tolles Erlebnis und ermöglicht tiefe Einblicke in das Leben ganz normaler mexikanischer Familien. Insgesamt blicke ich nur mit positiven Erinnerungen auf dieses Auslandssemester in Mexiko zurück. Diese Monate haben mich persönlich geprägt, haben mich meine Sprachkenntnisse verbessern lassen, haben mir neue Einblicke in eine tolle Kultur gewährt und mir eine neue Heimat gegeben. Ich kann jedem empfehlen, ein Auslandssemester in Mexiko zu verbringen, wenn man Spaß am stetigen Umgang mit unterschiedlichen Menschen hat, offen für eine indianisch geprägte Kultur ist, etwas Ausdauer zum Feiern mitbringt und sich nicht davor scheut, ein halbes Jahr lang Spanisch zu sprechen.