Fachhochschule Giessen-Friedberg Fachbereich Krankenhaus- und Medizintechnik Umwelt und Biotechnologie Studienrichtung Biomedizintechnik DIPLOMARBEIT Der Einfluss von Jodkontrastmittel auf die CT-basierte Reichweitenberechnung in der Schwerionentherapieplanung von Hansjörg Wertz angefertigt am Deutschen Krebsforschungszentrum Heidelberg Abteilung Medizinische Physik Referent: Prof. Dr. K. Zink Korreferent: Prof. Dr. H. Pfeiff Externer Betreuer: PD Dr. O. Jäkel Giessen, Dezember 2002 II Zusammenfassung III Abstract Inhaltsverzeichnis IV Inhaltsverzeichnis Zusammenfassung........................................................................................................................ II Abstract........................................................................................................................................ III Inhaltsverzeichnis........................................................................................................................IV Abkürzungsverzeichnis ..............................................................................................................VI 1 Einleitung............................................................................................................................ 1 1.1 Eigenschaften von Ionenstrahlen........................................................................................ 1 1.2 Klinischer Einsatz von Schwerionen.................................................................................. 3 1.3 Problemstellung und Ziel der Arbeit .................................................................................. 4 2 Material und Methoden.................................................................................................... 7 2.1 Bestrahlungsplanung ........................................................................................................... 7 2.1.1 Allgemeine Grundlagen der Bestrahlungsplanung................................................ 7 2.1.2 Therapieplanung für die Schwerionenbestrahlung an der GSI............................. 8 2.2 Reichweitenberechnung für Schwerionen mit der Bethe-Bloch-Gleichung.................... 8 2.3 CT-Bildgebung .................................................................................................................. 11 2.4 Reichweitenberechnung für die Bestrahlungsplanung.................................................... 12 2.5 Die Verwendung von Kontrastmittel in der CT Bildgebung.......................................... 14 2.5.1 Allgemeine Prinzipien ........................................................................................... 14 2.5.2 Kontrastmittel in der cerebralen Tumor-Diagnostik ........................................... 15 2.5.3 Auswirkungen von Kontrastmittel auf die Bestrahlungsplanung....................... 16 2.6 Statistische Analyse zur Bestimmung der Änderung der mittleren CT-Zahlen von Gewebe durch Kontrastmittel ........................................................................................... 16 2.6.1 Patientenkollektiv und Tumorarten ...................................................................... 16 2.6.2 Häufigkeitsverteilungen der CT-Zahlen............................................................... 17 2.6.3 Änderung der mittleren CT-Zahlen ...................................................................... 17 2.7 Korrelation zwischen Kontrastmittelkonzentrationen und CT-Zahlen .......................... 18 2.8 Korrelation zwischen CT-Zahlen und relativen wasseräquivalenten Reichweiten ....... 20 2.9 Numerische Berechnungen zur relativen wasseräquivalenten Reichweite.................... 21 2.10 Reichweitenänderung eines dünnen Ionenstrahls im Gewebe........................................ 23 2.11 Simulation der Dosisverteilung im Patienten bei Verwendung des Kontrastmittel-CT’s zur Bestrahlungsplanung................................................................................................... 24 Inhaltsverzeichnis V 3 Ergebnisse......................................................................................................................... 25 3.1 Statistische Analyse der CT-Datensätze .......................................................................... 25 3.2 Empirische Korrelation zwischen Kontrastmittelkonzentrationen und CT-Zahlen ...... 27 3.3 Korrelation zwischen CT-Zahlen und gemessenen relativen wasseräquivalenten Reichweiten........................................................................................................................ 29 3.4 Numerische Berechnungen ............................................................................................... 31 3.5 Reichweitenänderung eines dünnen Ionenstrahls............................................................ 32 3.6 Simulation der Dosisverteilung im Patienten bei Verwendung des kontrastmittelverstärkten Datensatzes zur Bestrahlungsplanung ................................... 33 4 Diskussion ......................................................................................................................... 34 Literaturverzeichnis.................................................................................................................... 41 Danksagung .................................................................................................................................. 45 Eidesstattliche Erklärung........................................................................................................... 46 VI Abkürzungsverzeichnis CT Computertomograph(ie) HE Hounsfieldeinheit(en) HZ Hounsfieldzahl(en) IMRT Intensitätsmodulierte Radiotherapie KM Kontrastmittel KM-CT kontrastmittelverstärkter CT-Datensatz LET „linear energy transfer“ (Linearer Energietransfer) MRT Magnet-Resonanz-Tomographie Nativ-CT CT-Datensatz ohne Kontrastmittel NOKM nichtionische Röntgenkontrastmittel OAR „organ(s) at risk“ (Risikoorgan(e)) OER „oxygen enhancement ratio“ (Sauerstoffverstärkungsfaktor) PET Positronenemissionstomographie ROI „region of interest“ (definierter Bereich im CT-Bild) TPS „Treatment planning system“ (Bestrahlungsplanungssystem) 1 Einleitung 1 1 Einleitung Tumorerkrankungen zählen heute in Deutschland und anderen Industrienationen nach den Herz-Kreislauf-Erkrankungen zur häufigsten Todesursache. In der Tumortherapie spielt die Strahlentherapie neben der Operation und der Chemotherapie eine wichtige Rolle. Etwa zwei Drittel aller neuerkrankten Krebspatienten werden einer Strahlenbehandlung zugewiesen. Oft wird dabei die Strahlentherapie in Kombination mit der Chirurgie oder der Chemotherapie eingesetzt. Das Ziel der Strahlentherapie ist eine möglichst vollständige Zerstörung der Tumorzellen bei gleichzeitig bestmöglicher Schonung des gesunden Gewebes. Je höher die verabreichte Tumordosis ist, desto größer ist auch die Wahrscheinlichkeit, alle Tumorzellen abzutöten. Die erreichbare Tumordosis ist allerdings häufig durch die Strahlentoleranz des umgebenden gesunden Gewebes begrenzt. Die Strahlentoleranz des Normalgewebes lässt sich jedoch vergrößern, indem das Volumen des bestrahlten Normalgewebes reduziert wird. Um eine möglichst gute Konformierung der Dosis zu gewährleisten, d.h. die Dosisverteilung so gut wie möglich an das Zielvolumen anzupassen, bedarf es einer präzisen Bestrahlungsplanung und moderner Bestrahlungstechniken. Befindet sich ein Tumor noch in einem lokalisierten Stadium, wird er grundsätzlich als heilbar betrachtet. Dennoch lässt sich bei etwa 20 % [Groß 1998, S.7, Kraft 2001, S.13] aller Patienten, bei denen ein lokal begrenzter Tumor festgestellt wird, mit konventionellen Methoden keine erfolgreiche Behandlung durchführen. Um die Heilungsrate und die Überlebenszeit bei diesen Krebspatienten zu erhöhen, ist eine verbesserte Kontrolle des lokalen Tumorwachstums erforderlich. Die Strahlentherapie mit Schwerionen eröffnet bei einigen Tumorarten eine Möglichkeit, die lokale Kontrolle des Tumors bei weitgehender Schonung des Nachbargewebes zu verbessern [Castro 1987]. 1.1 Eigenschaften von Ionenstrahlen Als Ionen werden alle elektrisch geladenen Atome oder Moleküle bezeichnet. Im Zusammenhang mit therapeutischen Anwendungen werden im allgemeinen Sprachgebrauch alle Ionen, die schwerer sind als Wasserstoff, als Schwerionen bezeichnet. Für die Strahlentherapie wurden schwere Ionen bis in den Massenbereich des Argons eingesetzt. Ionen lassen sich aufgrund ihrer Ladung durch elektrische und magnetische Felder ablenken. In großen Beschleunigeranlagen können Ionen zu einem Strahl gebündelt und auf hohe Geschwindigkeiten beschleunigt werden. In der Strahlentherapie tiefliegender Tumoren bieten solche Schwerionenstrahlen wegen ihren physikalischen Eigenschaften einige prinzipielle Vorteile im Vergleich zur sonst verwendeten Photonenstrahlung. Photonenstrahlung wird beim Durchgang durch Materie exponentiell durch Absorption und Streuung geschwächt. Aufgrund der exponentiellen Abnahme der Tiefendosis von Photonen wird bereits ein großer Anteil der Dosis im gesunden Gewebe deponiert. Die Dosis lässt sich deshalb oftmals nur durch Überlagerung vieler Einstrahlrichtungen auf tiefliegende Tumoren konzentrieren. Im Gegensatz dazu haben Schwerionen eine begrenzte Reichweite und durchqueren wegen ihrer großen Masse das Gewebe als scharf begrenztes Strahlenbündel. Dabei geben sie anfangs nur wenig und mit zunehmender Eindringtiefe immer mehr Energie ab. Die Energieabgabe erreicht erst wenige Millimeter vor Ende des Weges, im sogenannten „BraggPeak“, ihr Maximum (Abbildung 2.1). Danach fällt die Dosis steil ab. Das Tiefendosisprofil von Schwerionen wird daher auch als „Inverses Tiefendosisprofil“ bezeichnet. [Kraft 2000]. 1 Einleitung 2 Die Reichweite der Ionen im Gewebe kann durch ihre Anfangsenergie variiert werden. Da Schwerionen aufgrund ihrer großen Masse einer vernachlässigbaren Streuung unterliegen, ist der laterale Dosisabfall auch in großen Tiefen noch sehr steil. Kombiniert man die Kollimation der Ionen zu engen Strahlenbündeln mit der Ablenkung in Magnetfeldern und der Variation der Anfangsenergie, so lassen sich beliebig geformte Zielvolumina mit einem dünnen Strahl dreidimensional abtasten (Rasterscanverfahren) [Haberer 1993]. Die bessere Anpassung der Dosisverteilung an den Tumor (Dosiskonformierung) bei Verwendung schwerer geladener Teilchen sollte nach strahlenbiologischen Abschätzungen eine Erhöhung der Dosis bei gleicher Nebenwirkungswahrscheinlichkeit um 10 % bis 35 % im Vergleich zu Photonen erlauben [Castro 1995]. Mit der Zunahme der Energiedeposition pro Wegstrecke im Gewebe ist im therapeutisch genutzten Bereich auch eine Zunahme der relativen biologischen Wirksamkeit 1 (RBW) verbunden. Da Schwerionenstrahlung am Ende ihres Weges durch Gewebe aufgrund des hohen linearen Energietransfers 2 (LET) sehr dicht ionisierend ist, werden häufiger direkte Strahlenschäden (z.B. DNA-Doppelstrangbrüche) induziert, und das Verhältnis von direkt zu indirekt strahleninduzierten Zellschädigungen steigt signifikant an. Die Reparaturfähigkeit des bestrahlten Gewebes ist daher in diesem Hoch-LET-Bereich weniger ausgeprägt. Dies führt insgesamt zu einer deutlichen Erhöhung der biologischen Wirksamkeit am Ende der Teilchenspur, während im Eingangsbereich der Ionen ähnliche biologische Wirksamkeiten wie bei Photonen zu beobachten sind. Der erhöhte LET äußert sich auch in einem verminderten Sauerstoffeffekt: Der im Gewebe vorhandene Sauerstoff bildet unter Bestrahlung reaktive Radikale. Diese Radikale erhöhen die Strahlenempfindlichkeit von Zellen (indirekte Strahlenschäden). Als Sauerstoffeffekt wird die erhöhte Strahlensensibilität von Gewebe bei erhöhter Oxygenierung bezeichnet. Der Sauerstoffeffekt ist am größten für Niedrig-LET-Strahlung, wie beispielsweise Photonenstrahlung. Aufgrund eines Sauerstoffverstärkungsfaktors 3 (OER) nahe 1 sind Hoch-LET-Teilchen (wie z.B. Kohlenstoff- oder Neonionen) auch bei hypoxischen Tumoren wirksam (Abbildung 1.1). Abbildung 1.1: Relative biologische Wirksamkeit (RBW) und Sauerstoffeffekt (OER) hängen beide vom Linearen Energietransfer (LET) ab. Die RBW- bzw. OER-Werte sind zum Vergleich für Protonen (P), Neon- (Ne), und Kohlenstoffionen (C) als Funktion des LET dargestellt [Pascolini 2001] 1 Die relative biologische Wirksamkeit ist definiert als das Verhältnis der für einen bestimmten biologischen Effekt erforderlichen Energiedosis einer Referenzstrahlung und der Energiedosis der Vergleichsstrahlung für die gleiche biologische Wirkung: RBW = Dosis ref / Dosis vergl (für gleiche Wirkung) 2 Der lineare Energietransfer beschreibt die pro Einheitswegstrecke abgegebenen Energie in keV/µm 3 „Oxygen enhancement ratio“: OER = Dosis ohne Sauerstoff / Dosis mit Sauerstoff (für gleiche Wirkung) 1 Einleitung 3 Ein weiteres Merkmal der Hoch-LET-Bestrahlung ist, dass zellzyklusbedingte Unterschiede der Strahlensensibilität von Zellen geringer sind, so dass die Therapieantwort schnell und langsam wachsender Tumoren kaum unterschiedlich ist [Castro 1987, Castro 1995]. Weiterführende Literatur zum Thema LET und RBW von Schwerionen findet sich in [Kraft 2001], [Iwadate 2001], [Shikazono 2002]. Aufgrund dieser speziellen Eigenschaften eignen sich Schwerionen besonders für die Therapie von tiefliegenden strahlenresistenten Tumoren unter komplizierten anatomischen Verhältnissen. Ein wichtiges Anwendungsgebiet für die Schwerionentherapie sind daher Tumoren der Schädelbasis. Die direkte Nachbarschaft zu strahlensensiblen Organen (z.B. Augen, Sehnerv, Hirnstamm) und die hohe Strahlenresistenz der Tumoren beschränken hier den Therapieerfolg einer konventionellen Strahlentherapie [Castro 1994]. Die gute Dosiskonformierung ermöglicht es, eine höhere Dosis im Tumor zu deponieren, erfordert aber auch eine präzise Therapieplanung, Patientenpositionierung und eine möglichst genaue Beschreibung des Strahlenfeldes. Bei der Verwendung von schweren Ionen wie Kohlenstoff oder Neon muss auch die Kernfragmentation berücksichtigt werden, bei der die Projektil- bzw. Targetkerne durch nukleare Wechselwirkungen in Fragmente mit niedrigeren Ordnungszahlen zerfallen. Einige dieser Fragmente haben im Gewebe eine längere Reichweite als der primäre Ionenstrahl und verursachen deshalb eine Dosiserhöhung hinter dem eigentlichen Bragg-Peak. Zudem unterscheiden sich die LET- und RBW-Werte dieser Fragmente von den Werten der primären Projektile. In der Therapieplanung muss berücksichtigt werden, dass LET und RBW an jeder Stelle des Strahlenprofils unterschiedlich sind [Castro 1995, Giacomelli 2002]. 1.2 Klinischer Einsatz von Schwerionen Die höhere Ionisationsdichte am Ende der Reichweite schwerer geladener Teilchen wurde bereits 1903 von Bragg für Helium Ionen nachgewiesen. Der klinische Einsatz von Schwerionen wurde erstmals 1946 von Robert Wilson vorgeschlagen [Wilson 1946]. In den Anfängen der Ionentherapie wurden vor allem Protonen eingesetzt, die in ihrer Strahlenwirkung mit Photonen vergleichbar sind. Aufgrund der in 1.1 beschriebenen Eigenschaften vermutete man, dass durch den Einsatz von noch schwereren geladenen Teilchen die Therapieerfolge weiter verbessert werden können [Kraft 1990]. Da Schwerionen mehr Energie im Gewebe deponieren, benötigt man höhere Energien, um die gleiche Reichweite wie mit Protonen zu erreichen. Daher ist eine Beschleunigung der Schwerionen auf die zur Therapie notwendigen Energien mit höherem technischen Aufwand verbunden. Schwerionen wurden erstmals 1975 am Lawrence Berkeley Laboratory (LBL) der Universität von Kalifornien zur Tumortherapie eingesetzt [Castro 1995]. In der Zeit von 1975-1992 wurden dort 433 Patienten mit Ionen schwerer als Helium (Kohlenstoff, Neon, Silizium) bestrahlt [Sisterson 2000]. Der erste und bis jetzt einzige Schwerionenbeschleuniger zum ausschließlichen klinischen Einsatz wurde 1994 am japanischen National Institute for Radiological Sciences (NIRS) in Chiba in Betrieb genommen. Die Feldformung wird dort passiv realisiert. Ein aufgeweitetes Strahlenfeld wird durch Blenden an den Tumor angepasst und die Reichweite durch Absorber an die Ausdehnung des Tumors in der Tiefe angeglichen [Tsujii 1998, Kanai 1999]. In Deutschland wurde 1994 an der Gesellschaft für Schwerionenforschung (GSI) in Darmstadt in Kooperation mit der Radiologischen Universitätsklinik Heidelberg, dem Deutschen Krebsforschungszentrum (DKFZ) und dem Forschungszentrum Rossendorf bei Dresden (FZR) ein Pilotprojekt zur weiteren klinischen Erforschung der Schwerionentherapie gestartet. Nach der Einrichtung eines Bestrahlungsplatzes für die Tumortherapie mit Kohlenstoffio- 1 Einleitung 4 nen konnte im Dezember 1997 der erste Patient behandelt werden [Kraft 1998]. Bis August 2002 wurden 139 Patienten mit Schädelbasistumoren, Tumoren im Halsbereich oder Becken bestrahlt. Ziel der therapiebegleitenden Studie ist zum einen eine Optimierung der Bestrahlungstechnik für Ionen und zum anderen der Vergleich der Schwerionentherapie mit anderen modernen Bestrahlungstechniken, wie beispielsweise der intensitätsmodulierten Photonentherapie (IMRT). Es soll untersucht werden, ob die physikalischen und biologischen Eigenschaften der Ionen einen klinisch relevanten Vorteil für die Patienten bieten. Weltweit wurde an der GSI zum ersten Mal das sogenannte intensitätsmodulierte Rasterscanverfahren eingesetzt, bei dem das Tumorvolumen virtuell in Schichten gleicher Tiefe zerlegt wird, die vom Kohlenstoffstrahl während der Bestrahlung rasterförmig abgetastet werden. Die Eindringtiefe des Strahls wird dabei durch die Energievariationen des Synchrotrons4 verändert. Durch diese aktive Feldformung kann die Dosisverteilung exakt an das Tumorvolumen angepasst werden. Da aufgrund der Wechselwirkungen im Gewebe entlang des Ionenstrahls (vor allem im Bragg-Peak) Positronenemitter entstehen, kann die Lage des Strahls im Körper mit Hilfe der Positronenemissionstomographie (PET) überwacht werden [Pawelke 1996, Hinz 2000, Parodi 2002]. Bei dem experimentellen Therapieprojekt an der GSI werden erstmals alle physikalischen und radiobiologischen Vorteile von Kohlenstoffionen ausgenutzt. Da die neuen Entwicklungen bereits erfolgreich realisiert und getestet wurden und erste Behandlungsergebnisse erfolgversprechend sind [Schulz-Ertner 2002], sollen in Zukunft weltweit weitere Schwerionentherapieanlagen gebaut werden. Der Bau der ersten rein klinisch genutzten Anlage in Europa soll nach Vorschlag der oben genannten Kooperationspartner bereits im Jahre 2003 in Heidelberg begonnen werden [Groß 1998]. 1.3 Problemstellung und Ziel der Arbeit Voraussetzung für eine erfolgreiche Therapie mit schweren Ionen ist eine möglichst exakte Bestrahlungsplanung. Im Rahmen des Schwerionentherapieprojektes an der GSI wird die Bestrahlungsplanung gemeinsam von der GSI und dem DKFZ bearbeitet. Untersuchungen zur Genauigkeit der Dosisapplikation von Teilchenstrahlen unter klinischen Bedingungen liegen für Protonen vor [Schaffner 1998]. Die Ergebnisse lassen sich jedoch nicht direkt auf Kohlenstoffionen übertragen. Um die Genauigkeit der Bestrahlungsplanung für Schwerionen abschätzen zu können, müssen demnach weitere Studien durchgeführt werden. Die Grundlage eines jeden Bestrahlungsplanes sind die mittels Computertomographie gewonnenen Daten. Die darin enthaltenen Informationen werden einerseits dazu benutzt, um die Lage des Tumors (Zielvolumen) und der Risikoorgane (OAR) zu definieren, andererseits sind sie die einzige quantitative Quelle, der für die Planung benötigten Dichteunterschiede des bestrahlten Gewebes. Während bei der Bestrahlung mit Photonen geringe Dichteunterschiede im Gewebe keinen bedeutenden Einfluss auf die Dosisverteilung haben, wirken sich diese bei Schwerionen empfindlich auf deren Reichweite und somit auf das bestrahlte Volumen aus. Bei der Bestrahlungsplanung an der GSI wird die absolute Reichweite der Ionen mit Hilfe einer empirischen Korrelation zwischen CT-Zahlen5 und Reichweiten berechnet. Dazu wurden einerseits die CT-Zahlen echter Gewebeproben und gewebeäquivalenter Phantome im CT 4 Kreisbeschleuniger für Elementarteilchen, bei dem die Beschleunigung synchron mit dem Teilchenumlauf vorgenommen wird 5 Die Definition von „CT-Zahl“ erfolgt in Gleichung 2.6. 1 Einleitung 5 gemessen und andererseits die Teilchenreichweiten bestimmt, die sich beim Durchgang der Ionen durch diese Proben ergeben (siehe dazu auch Kapitel 2.4). Zur Zeit werden für die Bestrahlungsplanung am DKFZ bei jedem Patienten zwei CTDatensätze angefertigt. Zur besseren Abgrenzung des Tumors vom umliegenden Normalgewebe wird dem Patienten vor der zweiten CT-Aufnahme Kontrastmittel (KM) injiziert. Das Kontrastmittel reichert sich vor allem im Tumor an und führt dort aufgrund seiner hohen Röntgendichte im Vergleich zum Gewebe zu einer Erhöhung der CT-Zahlen. Gewebe mit hohen Kontrastmittelkonzentrationen erscheinen im CT-Bild dann heller als Gewebe, die weniger Kontrastmittel angereichert haben. Bei der Bestrahlung befindet sich jedoch kein Kontrastmittel im Körper des Patienten. Die Planung mit dem kontrastmittelverstärkten Datensatz (KM-CT) führt daher zu einem Fehler in der Reichweiten- und Dosisberechnung, der bisher nicht quantifiziert wurde. Um diesen Fehler zu vermeiden, wird für die Berechnung der Teilchenreichweiten und der Dosisverteilung der CT-Datensatz ohne Kontrastmittel (Nativ-CT) verwendet. Das KM-CT dient ausschließlich der Festlegung des Zielvolumens. Als Beitrag zur Optimierung der Bestrahlungsplanung für Schwerionen wird in dieser Arbeit der Einfluss von Kontrastmittel im Planungs-CT auf die Reichweitenberechnung und Dosisverteilung von Schwerionen quantitativ untersucht. Das Ziel der Arbeit besteht in der Beantwortung der Frage, ob eine ausreichend präzise Bestrahlungsplanung unter alleiniger Verwendung des kontrastmittelverstärkten Datensatzes möglich ist. Wenn die dabei gemachten Fehler klein im Vergleich zu anderen Unsicherheiten der Planung6 sind, dann könnte in Zukunft auf die zusätzliche Anfertigung des kontrastmittelfreien Datensatzes verzichtet werden. Die Mehrkosten und die erhöhte Dosisbelastung des Patienten, die durch das zweite CT momentan anfallen, könnten dadurch vermieden werden. Mit einer statistischen Analyse von jeweils 25 nativ- und KM-CT-Datensätzen wird untersucht, welche Gewebearten verstärkt Kontrastmittel anreichern und in welcher Größenordnung die Änderungen der CT-Zahlen liegen. Die mittlere Änderung der mittleren CT-Zahlen nach Gabe von Kontrastmittel kann durch die Anwendung der im Planungssystem benutzten Korrelation zwischen Gewebe-CT-Zahlen und Reichweiten in eine mittlere Änderung der Teilchenreichweiten umgerechnet werden. Diese Änderung der Teilchenreichweiten entspricht somit dem mittleren Reichweitenfehler, der bei der Bestrahlungsplanung auf einem KM-CT gemacht werden würde. Um die Auswirkungen auf die Reichweitenberechnungen am Patienten genauer zu untersuchen, wird neben der Bestimmung der mittleren kontrastmittelbedingten Reichweitenänderung beispielhaft die Reichweitenänderung eines einzelnen dünnen Ionenstrahls im Gewebe berechnet. Die empirische Korrelation, die bei der Bestrahlungsplanung verwendet wird, basiert ausschließlich auf Gewebe und gewebeäquivalenten Materialien mit Ordnungszahlen zwischen 5 und 14. Da Kontrastmittel jedoch eine weitaus größere Ordnungszahl (Z = 53..56) als Gewebe besitzen, soll zusätzlich die Frage, wie genau die vom Planungssystem berechneten Reichweiten in kontrastmittelangereichertem Gewebe überhaupt sind, geklärt werden. Um diese Frage zu beantworten, soll die Reichweite als Funktion der Kontrastmittelkonzentration direkt be6 Weitere Unsicherheiten, die während einer Bestrahlungsplanung in Betracht gezogen werden müssen, sind beispielsweise Lagerungsungenauigkeiten des Patienten und Artefakte in der Bildgebung, die nicht durch Kontrastmittel hervorgerufen werden (z.B. Metallartefakte durch Implantate im CT). 1 Einleitung 6 stimmt werden. Durch die Messung der CT-Zahlen von Kontrastmittellösungen unterschiedlicher Konzentration einerseits und die Messung der Ionenreichweite im Kontrastmittel andererseits soll ein direkter empirischer Zusammenhang zwischen beiden Größen hergestellt werden. Die gemessene Reichweitenverschiebung wird zusätzlich mit einem von der GSI entwickelten Berechnungsalgorithmus namens ATIMA7 überprüft. Durch den Vergleich, der in dieser Arbeit ermittelten Korrelation zwischen CT-Zahlen und Ionenreichweiten in Kontrastmittel mit der im Planungssystem integrierten Korrelation für Gewebe, soll der Fehler bei der Berechnung der Teilchenreichweiten in kontrastmittelangereichertem Gewebe abgeschätzt werden. Schließlich soll der Einfluss von Röntgenkontrastmittel auf die Reichweite exemplarisch untersucht werden, indem ein kontrastmittelverstärkter CT-Datensatz eines Patienten zur Optimierung der Dosisverteilung verwendet wird und die gewonnenen Bestrahlungsparameter auf den nativen Datensatz angewendet werden. Auf diese Weise wird simuliert, welche Dosisverteilung sich im Patienten tatsächlich ergeben würde, wenn ein kontrastmittelverstärkter CTDatensatz für die Planung verwendet wird. 7 Informationen zu ATIMA sind erhältlich unter: <http://www-aix.gsi.de/~scheid/ATIMA1.html> 2 Material und Methoden 2 7 Material und Methoden Nach einer kurzen Einführung in die Bestrahlungsplanung und die Grundlagen der Reichweitenberechnung für Schwerionen werden in diesem Kapitel die zur Untersuchung der Fragestellung benutzten Materialien und Methoden erläutert. 2.1 Bestrahlungsplanung Die Bestrahlungsplanung für Schwerionen hat grundsätzlich viele Gemeinsamkeiten mit einer konventionellen Therapieplanung für Photonen. Da schwere Ionen jedoch auf andere Art und Weise mit dem Gewebe in Wechselwirkung treten, müssen spezielle Dosisberechnungsalgorithmen und Reichweitenberechnungen in die Planung mit aufgenommen werden. Zusätzlich ist es notwendig, das neuartige Bestrahlungsverfahren mit Hilfe des Rasterscanverfahrens (vgl. Kapitel 1.2) im Planungssystem zu integrieren. 2.1.1 Allgemeine Grundlagen der Bestrahlungsplanung Die Bestrahlungsplanung basiert auf den im Computertomographen (CT) gewonnenen Daten. Die daraus berechneten Körperquerschnitte enthalten Informationen über anatomische Strukturen und kommen zudem überlagerungs- und verzerrungsfrei zur Darstellung. Durch Aneinanderreihung der einzelnen Schichten lässt sich ein dreidimensionales anatomisches Modell erstellen, mit dessen Hilfe eine genaue Erfassung und Lokalisation des Tumors im Körper möglich ist. Dies ist die Voraussetzung für die Anpassung der Dosisverteilung an den Tumor bei gleichzeitiger Schonung des gesunden Gewebes. Des weiteren lassen sich im CT Gewebeinhomogenitäten und Dichteunterschiede messen und direkt für die Dosisberechnung verwenden. Um die Bandbreite an Informationen für eine dreidimensionale Bestrahlungsplanung noch zu vergrößern, können zusätzlich weitere bildgebende Verfahren wie die Magnetresonanztomographie (MRT) oder die Positronenemissionstomographie (PET) eingesetzt werden. Aufgrund des besseren Weichteilkontrastes gegenüber der CT wird insbesondere die MRT oft zur genaueren Differenzierung zwischen gesundem Normal- und Tumorgewebe herangezogen. Durch die PET können zusätzlich noch Informationen über metabolische Vorgänge im Tumor gewonnen werden. Für eine präzise Bestrahlung ist zudem eine genaue und reproduzierbare Positionierung des Patienten und damit verbunden eine Immobilisierung des Tumorvolumens in Bezug zur Strahlenquelle wichtig. An der GSI kommt dabei eine nichtinvasive Fixierung des Patienten in einer Kopfmaske und eine stereotaktische8 Positionierung zum Einsatz [Schlegel 1992, Schlegel 1993]. Das Problem der Zuordnung von aufgenommenen Schichtbildern zur Lage dieser Schicht im Schädel wird durch den Einsatz von Lokalisationssystemen gelöst. Die Ermittlung der Lage und Orientierung der Schichtbilder im stereotaktischen Koordinatensystem ist dadurch möglich, dass das Lokalisationssystem Marker enthält, die in den Bildern als Referenzpunkt erscheinen. Dadurch kann ein fester Zusammenhang zwischen Schichtbildern und stereotaktischem Koordinatensystem hergestellt werden. Bei Verwendung von gut angepassten Maskensystemen sind bei Schädeltumoren Unsicherheiten bei der Immobilisierung und Repositionierung bis zu 3 mm möglich [Schlegel 2001]. Durch Röntgenkontrollaufnah8 Stereotaxie = räumliche Ordnung (griech.) 2 Material und Methoden 8 men vor Bestrahlung kann jedoch die genaue Lage des Patienten festgestellt und falls nötig korrigiert werden. So lässt sich eine mittlere Positionierungenauigkeit von 1-2 mm erreichen [Karger 2001]. 2.1.2 Therapieplanung für die Schwerionenbestrahlung an der GSI Herkömmliche Therapieplanungssysteme (TPS) für Photonen oder auch Protonen entsprechen nicht den grundlegenden Anforderungen, des von der GSI verwendeten Bestrahlungssystems und der biologischen Eigenschaften der Schwerionen. Deshalb wurde ein speziell für Kohlenstoffionen entwickelter Dosisalgorithmus [Krämer 2000a] in das bereits bestehende Bestrahlungsplanungssystem des DKFZ (Voxelplan) [Gademann 1993] integriert, so dass die Therapieplanung mit Ionen in der gewohnten Planungsumgebung des DKFZ erfolgen kann. Dabei wurde insbesondere ein an der GSI entwickeltes Modell zur Berechnung der biologisch effektiven Dosis implementiert [Krämer 2000b]. Eine genauere Beschreibung der neuen Planungsumgebung und deren Komponenten erfolgt in [Jäkel 2001a]. Für die Schwerionentherapie an der GSI werden neben CT Aufnahmen mit und ohne Kontrastmittel zusätzlich noch MRT Aufnahmen zur Planung herangezogen. Wie bereits in Kapitel 1.3 erwähnt dient das KM-CT ausschließlich der Definition des Tumorvolumens während das Nativ-CT zur Reichweiten- und Dosisberechnung verwendet wird. MRT und CT Aufnahmen werden stereotaktisch korreliert. Nachdem das Zielvolumen (Target) und die Risikoorgane von Hand in jeder Schicht definiert sind, wird ein dreidimensionales Modell des für die Bestrahlung interessanten Bereiches erstellt. Mit Hilfe dieses Modells lassen sich passende Einstrahlrichtungen finden. Im nächsten Schritt werden die Bestrahlungsparameter definiert und die Dosisverteilung optimiert. Unter Benutzung der oben beschriebenen Masken und stereotaktischen Koordinaten wird der Patient dann fixiert und positioniert. 2.2 Reichweitenberechnung für Schwerionen mit der Bethe-BlochGleichung Schwere geladene Teilchen werden beim Durchgang durch Materie aufgrund ihrer Wechselwirkungen 9 mit den Atomen des Absorbermaterial abgebremst und verlieren dadurch Energie. Dieser Energieverlust nimmt mit wachsender Eindringtiefe ins Gewebe stetig zu. Der differentielle Energieverlust dE längs des Wegelementes dx wird als Bremsvermögen S(E) bezeichnet: S ( E ) =S el+ S nuk = − dE (Gl. 2.1) dx Dabei bezeichnet Sel den Anteil der Ionisationsbremsung und Snuk den Anteil der Abbremsung durch nukleare Wechselwirkungen. Snuk kann in erster Näherung vernachlässigt werden. Wird das elektronische Bremsvermögen Sel auf die physikalische Dichte ρ des abbremsenden Materials normiert, ergibt sich das elektronische Massenbremsvermögen S m el : S m el ( E ) = − 9 1 dE (Gl. 2.2) ρ dx Auf die Art der Wechselwirkungen von schweren geladenen Teilchen mit Materie soll hier nicht näher eingegangen werden, sondern es wird auf weiterführende Literatur von Leo [Leo 1987], Krieger [Krieger 1998] oder Oelfke [Oelfke 2002] verwiesen. 2 Material und Methoden 9 Der elektronische Energieverlust Sel wird durch die Bethe-Bloch-Gleichung beschrieben: 2 2 1 2mec 2 β 2γ 2Tmax dE Z z eff δ MeVcm 2 Sel (E) = − = 0,307 ⋅ ⋅ 2 ⋅ ρ ⋅ ln − β − (Gl. 2.3) dx Ion A β 2 g I2 2 mit γ = 1/ 1 − β 2 β = v/c Tmax 2me p 2 = 2 m0 + me2 + 2me E / c 2 ( zeff = z 1 − e −125 β z −2 / 3 ) Dabei ist: z z eff Z m0 Kernladung des Projektils effektive Projektilladung10 Kernladungszahl des Absorber Masse des einfallenden Teilchens me Elektronenruhemasse c Lichtgeschwindigkeit ρ physikalische Dichte v p E A Projektilgeschwindigkeit Impuls des Projektils Energie des Projektils relatives Atomgewicht des Absorbers I δ mittleres Ionisationspotential Dichtekorrektur11 für den Energieverlust Die Bethe-Bloch-Gleichung gilt in dieser Form nicht für zusammengesetzte Materialien. Für ein beliebiges Material, das aus n Elementen mit den Gewichtsanteilen wi besteht, kann die sogenannte Additionsregel von Bragg benutzt werden: n 1 dE = ∑ wi ρ dx i =1 1 dE (Gl. 2.4) ⋅ ρ dx i Schwere geladene Teilchen geben ihre Energie hauptsächlich durch inelastische Stöße mit den Hüllenelektronen des Absorbers ab (Ionisations- oder Stoßbremsung). Der Energieverlust ist dabei unabhängig von der Projektilmasse, hängt aber von der Projektilladung ab. Da außer für Wasserstoff und den sehr schweren Elementen Z/A etwa 0,5 beträgt, hängt der Energieverlust auch nur wenig von der Ordnungszahl des Absorbers ab. Die Abhängigkeit des Energieverlustes von der Geschwindigkeit der Teilchen (1/β 2) in der Bethe-Bloch-Gleichung (Gl. 2.3) führt auf die als „Bragg-Peak“ bekannte charakteristische Tiefendosiskurve für Schwerionen (Abbildung 2.1). 10 Bei vollständiger Ionisation des Teilchens ist z eff = z . 11 Die Dichtekorrektur und weitere Korrekturfaktoren, die bei der Berechnung des Energieverlustes von schnellen Ionen mit der Bethe-Bloch-Gleichung berücksichtigt werden können, sind in [Mompart 1996] beschrieben. 2 Material und Methoden 10 Mit kleiner werdenden Energien steigt der Anteil der Kernprozesse an. Die schweren Ionen spüren dann zusätzlich die nuklearen Wechselwirkung mit den Kernen des Gewebes. Die dabei auftretenden Kräfte können zur Fragmentierung des Projektils oder der Targetkerne führen. Bremsstrahlungsverluste12 und Cerenkov-Effekt spielen praktisch keine Rolle. Abbildung 2.1: Tiefendosisprofile von Röntgenstrahlung (120 keV), Photonenstrahlung (18 MeV), Co-Gammastrahlung und Kohlenstoffionen (250 MeV/u bzw. 300 MeV/u 13] im Vergleich. Das Tiefendosisprofil der Kohlenstoffionen wird üblicherweise auch als „Bragg-Peak“ bezeichnet [Kraft 2000]. Ist –dE/dx theoretisch oder experimentell für alle Energien zwischen 0 und E0 bekannt, so kann wegen der praktisch geradlinigen Bahn der schweren Teilchen die mittlere Reichweite R der Ionen durch Integration ermittelt werden: R= E0 ∫0 −1 dE ' dE ' (Gl. 2.5) dx Da die Abbremsung in vielen Einzelstößen erfolgt, bei denen die Energieabgabe statistisch variiert und zudem auch die vom Beschleuniger erzeugte Strahlung nicht streng monoenergetisch ist, werden in jeder Tiefe Ionen mit unterschiedlichen Energien und Restreichweiten beobachtet („Energie-Straggling“). Dies führt wiederum zu einer statistischen Streuung der Reichweiten um die mittlere Reichweite R („Reichweitenstraggling“). Ein ursprünglich kollimierter Teilchenstrahl unterliegt zusätzlich auch einer seitlichen Streuung durch den Absorber 12 Strahlungsbremsung spielt nur bei relativistischen Teilchen geringer Masse (z.B. Elektronen) eine Rolle, d.h. wenn die Bewegungsenergie Ekin vergleichbar mit der Ruheenergie E0 der Teilchen ist bzw. diese überschreitet. 13 MeV/u = Energie pro Nukleon 2 Material und Methoden 11 („Winkel-Straggling“). Eine Konsequenz des Energiestragglings ist, dass Teilchenstrahlen mit höherer Anfangsenergie zu einem breiteren und flacheren Bragg-Peak führen. Aufgrund ihrer großen Masse ist die Seitenstreuung von Schwerionen im Vergleich zu Elektronen relativ gering. Auch die Reichweiten der einzelnen Teilchen variieren nur wenig [Leo 1987, S. 30ff, Krieger 1998, S. 195ff, Oelfke 2002, S. 58f]. Die Reichweiten der Teilchen beim Durchgang durch Materie steigen proportional mit dem Quadrat deren Anfangsenergie an. Sie verhalten sich außerdem umgekehrt proportional zum Quadrat der effektiven Projektilladung und zur Dichte des Absorbers, sind jedoch von dessen sonstigen Eigenschaften weitgehend unabhängig [Krieger 1998, S. 199]. Um die benötigten Energien für einen Bestrahlungsplan festzulegen, muss die Lage des Bragg-Peaks im Gewebe bekannt sein. Da die genaue elementare Zusammensetzung des Gewebes im Patienten nicht bekannt ist, kann die Bethe-Bloch-Gleichung nicht zur Reichweitenberechnung in der Bestrahlungsplanung eingesetzt werden. Stattdessen wird die bereits erwähnte empirische Reichweitentabelle verwendet, die CT-Daten als Basis benötigt. 2.3 CT-Bildgebung In der Computertomographie 14 (CT) wird der Körper virtuell in Schichten unterteilt, die aus diskreten Volumenelementen (Voxel) aufgebaut sind. Zur Bilderzeugung wird zunächst die Schwächung von Röntgenstrahlen durch das inhomogene Gewebe unter verschiedenen Einstrahlwinkeln gemessen. Die Messwerte sind Linienintegrale, d.h. die Schwächungen eines jeden einzelnen Volumenelementes werden entlang des Strahls aufsummiert. Alle aus einer Richtung aufgenommenen Linienintegrale bilden zusammen ein Schwächungsprofil. Durch einen Rekonstruktionsalgorithmus („gefilterte Rückprojektion“) lässt sich der lineare Schwächungskoeffizient µ der einzelnen Volumenelemente bestimmen. In der CT werden üblicherweise relative Schwächungskoeffizienten µrel verwendet, die auf den Schwächungskoeffizient von Wasser µ H O normiert sind. Sie werden auch als Hounsfieldzahlen (HZ) oder kurz CT-Zahlen bezeichnet und sind in Hounsfield-Einheiten (HE) angegeben: 2 µ rel = µ − µ H 2O µ H 2O ⋅ 1000 (Gl. 2.6) Diese Werte werden in eine Matrix eingetragen, die einem digitalen Bild entspricht. Ein CTBild repräsentiert demnach die Verteilung der relativen Schwächungskoeffizienten innerhalb der entsprechenden Regionen im menschlichen Körper. Durch die Normierung des linearen Schwächungskoeffizienten ergibt sich eine willkürlich gewählte Skala – die sogenannte Hounsfieldskala (Abbildung 2.2). 14 Weitere Grundlagen zur Computertomographie sind in [Bohndorf 1992] und [Morneburg 1995] beschrieben. 2 Material und Methoden 12 Abbildung 2.2: Hounsfieldskala mit Weichteilfenster [Bonn 2000] Wasser hat definitionsgemäß den Wert 0 HE. Die Hounsfieldzahlen der Körpergewebe mit Ausnahme von Knochen und Lunge liegen normalerweise im Bereich –100 HE bis +100 HE. Durch dieses Vorgehen ist ebenfalls eine Beziehung zwischen Hounsfieldzahlen und Dichte hergestellt. Der Hounsfieldwert –1000 entspricht der Dichte 0 gcm -3 (Luft), der Hounsfieldwert 0 der Dichte 1 gcm -3 (Wasser). Die Beziehung zwischen CT-Zahlen und Massen- bzw. Elektronendichte lässt sich stückweise durch Geraden beschreiben [Bohndorf 1992, S. 77]. Zur bildlichen Darstellung der Dichteunterschiede werden den verschiedenen Hounsfieldzahlen verschiedene Grauwerte zugeordnet. Große Hounsfieldzahlen erhalten einen helleren Grauwert während kleinere dunkler dargestellt werden. Die Grauwerte, die vom menschlichen Auge noch unterscheidbar sind, können hierbei beliebig auf einen eingeschränkten Bereich der Skala verteilt werden (Fenstertechnik). 2.4 Reichweitenberechnung für die Bestrahlungsplanung Die Reichweitenberechnung für die Schwerionentherapieplanung an der GSI basiert auf einer empirischen Korrelation zwischen den im CT gemessenen Hounsfieldzahlen bzw. CT-Zahlen und den an der GSI gemessenen Ionenreichweiten. Bei der Therapieplanung kommt dabei ein „ray-tracing“ Algorithmus15 zum Einsatz, der diese Korrelation als Eingangsdaten benötigt. Für den derzeit im Planungssystem verwendeten Algorithmus der Teilchenreichweitenberechnung wurden zunächst Messungen der Hounsfieldzahlen von echten Gewebeproben und gewebeäquivalenten Phantommaterialien am Computertomographen des DKFZ (Siemens Somatom Plus 4) durchgeführt. An der GSI wurde dann zuerst die relative Lage des BraggPeaks ohne Absorbermaterial im Wasserphantom bestimmt und als Referenz verwendet. Danach wurden die einzelnen Gewebeproben und Phantommaterialien nacheinander vor dem Wasserphantom in den Strahlengang gebracht, und die Positionen der einzelnen Bragg-Peaks wurden erneut ermittelt. Durch die Messung des Abstandes der jeweiligen Peaks zur Referenz konnte die durch die Probe verursachte absolute Reichweitenänderung der Ionen gemessen werden. 15 „ray-tracing“: Die Werte werden für jedes Voxel entlang des Strahls einzeln berechnet und am Schluss aufsummiert. 2 Material und Methoden 13 Die relative wasseräquivalente Reichweite Rrel eines Materials wurde definiert als der Quotient aus der gemessenen Reichweitenverschiebung R im Wasser und der Dicke x der Probe: Rrel = ∆R (Gl. 2.7) x Es ergibt sich somit beispielsweise für eine 1cm dicke Schicht Wasser, die vor dem Wasserphantom in den Strahlengang gebracht wird, eine absolute Reichweiteverschiebung von 1cm. Die relative wasseräquivalente Reichweite von Wasser ist demnach 1cm / 1cm = 1. Durch die beiden Messungen im CT und an der GSI konnte ein stückweise linearer Zusammenhang zwischen CT-Zahlen und relativen wasseräquivalenten Reichweiten festgestellt werden [Jäkel 2001b]. Aus den Messwerten wurde folgende Funktion für die Regressionsgerade abgeleitet: Rrel (9, 41 ± 0,08) ⋅ 10 −4 ⋅ HZ + 1, 0 für HZ < 0 = (4,35 ± 0,12 ) ⋅10 −4 ⋅ HZ + 1,0 für HZ ≥ 0 (Gl.2. 8) In Abbildung 2.3 sind neben dieser Funktion noch weitere Messpunkte für die relativen wasseräquivalenten Reichweiten von Ionen abgebildet, die bereits schon früher von Minohara [Minohara 1993] und Chen [Chen 1979] für diverse Materialien gemessen wurden. Abbildung 2.3: Empirische Korrelation zwischen CT-Zahlen von Gewebe- und gewebeäquivalenten Phantomen und relativen wasseräquivalenten Reichweiten [Jäkel 2001 b] Die relative wasseräquivalente Reichweite eines Gewebes ist näherungsweise das Verhältnis des Bremsvermögens von Gewebe zu Wasser gemittelt über das Energieintervall von E0 bis E1: E1 Rrel = RH O 2 RGew. = ∫S −1 H2O dE ' E0 E1 −1 ' ∫ S Gew. dE E0 ≈ S H−1O ⋅ ∆E 2 −1 S Gew . ⋅ ∆E = S H−1O 2 −1 S Gew . = S Gew (Gl. 2.9) SH O 2 2 Material und Methoden 14 Dabei ist E0 die Projektilenergie vor und E1 die Projektilenergie nach dem Gewebe. Da die Grundlage der Bestrahlungsplanung für Schwerionen die in einem Wasserphantom gemessenen Dosisverteilungen sind, müssen die tatsächlichen Reichweiten im Gewebe in wasseräquivalente Reichweiten umgerechnet werden. Die wasseräquivalente Reichweite ist das Produkt aus tatsächlicher Reichweite im Gewebe und relativer wasseräquivalenter Reichweite. 2.5 Die Verwendung von Kontrastmittel in der CT Bildgebung Wie bereits erwähnt dient der Einsatz von Kontrastmittel in der CT-Bildgebung der besseren Abgrenzung des Tumors vom umliegenden Gewebe. 2.5.1 Allgemeine Prinzipien Monoenergetische Röntgenstrahlung wird beim Durchgang durch Materie exponentiell geschwächt. Dieser Vorgang wird formal durch das Schwächungsgesetz beschrieben: Φ = Φ 0 ⋅ e − µ⋅ x (Gl. 2.10) Dabei ist: Φ Φ0 µ x Photonenflussdichte Photonenflussdichte vor dem Material linearer Schwächungskoeffizient Dicke der homogenen Materialschicht Der lineare Schwächungskoeffizient µ setzt sich zusammen aus den Schwächungskoeffizienten der einzelnen Wechselwirkungsprozesse: µ = τ + σ + χ (Gl. 2.11) Er ist die Summe aus dem Schwächungskoeffizienten für den Photoeffekt ô, dem Comptonstreukoeffizienten ó und dem Paarbildungskoeffizient ÷ , der erst ab einer Energie von etwa 1,2 MeV von Null verschieden ist. Da in der CT Röhrenspannungen bis ca. 150 kV verwendet werden, was einer mittleren Photonenenergie von etwa 50 keV entspricht, spielt der Paarbildungseffekt in der CT keine Rolle. Bei diesen Energien wird Photonenstrahlung hauptsächlich durch den Photoeffekt geschwächt. Dieser nimmt wiederum mit zunehmender Photonenenergie mit 1/E3 ab und ist stark abhängig von Materialkonstanten wie der Dichte und der Ordnungszahl Z des durchstrahlten Materials: ô∝ Z 3...4 . Diese im Schwächungskoeffizient enthaltenen Materialkonstanten werden manchmal auch unter dem Begriff „Röntgendichte“ eines Stoffes zusammengefasst. Positive Röntgenkontrastmittel16 (RKM) enthalten Elemente wie Jod (Z=53) oder Barium (Z=56), die im Vergleich zum Körpergewebe (Z≈5..14) eine weitaus höhere Ordnungszahl besitzen. Durch die Anreicherung des Kontrastmittels in verschiedenen Bereichen im Körper werden aufgrund der zuvor beschriebenen starken Abhängigkeit des Photoeffektes von der Ordnungszahl konzentrationsabhängige Unterschiede in der Strahlenschwächung gegenüber dem Umgebungsgewebe erzeugt. Die Orte höherer Kontrastmittelkonzentrationen schwächen die Röntgenstrahlung hierbei stärker als Orte niedrigerer Konzentrationen. Da im CT-Bild die unterschiedlichen Röntgenschwächungskoeffizienten bzw. CT-Zahlen gemäß der Hounsfieldskala (Abbildung 2.2) in Form von Grautönen darge- 16 Es gibt neben positiven auch negative RKM, die Kontraste durch ihre im Vergleich zum Gewebe geringere Dichte erzeugen (z.B. Luft oder CO2). 2 Material und Methoden 15 stellt werden, erscheinen Orte höherer Konzentrationen heller auf dem CT-Bild als Orte niedrigerer Kontrastmittelkonzentration [Elke 1992, S.5 ff]. Zwischen der kontrastmittelbedingten Änderung der CT-Zahlen und der Kontrastmittelkonzentration im Gewebe besteht in der CT ein direkter linearer Zusammenhang [Clément 2002]. 2.5.2 Kontrastmittel in der cerebralen Tumor-Diagnostik In der cerebralen Computertomographie werden zur Tumordiagnostik heute ausschließlich nichtionische Kontrastmittel (NOKM) verwendet. Im Normalfall werden 1 ml/kg Körpergewicht jodhaltiges NOKM der Konzentration 300 mg Jod/ml innerhalb 5 Minuten mit einer Injektionsgeschwindigkeit von ca. 8 ml/s intravenös verabreicht. Je nach Anwendungsfall können diese Werte aber auch variieren. Das Ziel der Kontrastmittelanwendung ist es, genaue Informationen über den Ort, die Ausdehnung und die Zusammensetzung des Tumors im Gehirn zu erhalten [Elke 1992, S.126 f]. Am DKFZ werden für Schädelaufnahmen standardmäßig bei jedem Patienten 100 ml Kontrastmittel der Konzentration 300 mg Jod/ml intravenös injiziert. Bei einem durchschnittlichen Patientengewicht von 75 kg entspricht dies einer Kontrastmittelmenge von etwa 1,3 ml/kg Körpergewicht und einer Jodmenge von 0,4 g Jod/kg. Die CT-Aufnahme erfolgt etwa ein bis zwei Minuten nach der Injektion. Bei intravenöser Gabe von Kontrastmittel bleibt dieses aufgrund seines großen Molekulargewichtes hauptsächlich im Gefäßbaum und tritt nur unwesentlich durch die normale Blut-HirnSchranke17 ins gesunde Hirngewebe aus. Im gesunden Hirngewebe ist deswegen keine erhöhte Anreicherung des Kontrastmittels festzustellen, auch wenn es bereits von isolierten Tumorzellen infiltriert ist. Lediglich Strukturen, bei denen die Bluthirnschranke gestört ist, erscheinen hyperdens18. Da die Versorgung der Tumorzellen durch die interstitielle Flüssigkeit oft nicht ausreicht, bilden Tumoren häufig neue Blutgefäße zur Versorgung aus. Bei diesen neu gebildeten Blutgefäßen ist die Blut-Hirn-Schranke aufgrund einer erhöhten Gefässpermeabilität häufig gestört. Deshalb gelangen im Bereich des Tumors auch größere Moleküle, wie beispielsweise Kontrastmittelmoleküle, durch die Gefäßwände ins Gewebe. Eine lokale Kontrastmittelanreicherung im und in der Nähe des Tumors ist häufig die Folge. Durch die damit verbundene lokale Erhöhung der CT-Zahlen wird diese Kontrastmittelanreicherung im CTBild sichtbar. Der Tumor erscheint hyperdens (Abbildung 2.4). Abbildung 2.4: Im kontrastmittelverstärkten CT (KM-CT) reichert sich das KM vor allem im Tumor an (rechts). Durch die erhöhten CT-Zahlen erscheint dieser hyperdens im Vergleich zum Normalgewebe. Links zum Vergleich das kontrastmittelfreie CT (Nativ-CT). 17 Selektiv durchlässige Schranke zwischen Blut und Hirnsubtanz, durch die der Stoffaustausch mit dem ZNS einer aktiven Kontrolle unterliegt. Nervenzellen werden so vor schädlichen Stoffen geschützt. 18 Hyperdens = höhere Dichte (heller im CT-Bild); hypodens = niedrigere Dichte (dunkler im CT-Bild) 2 Material und Methoden 2.5.3 16 Auswirkungen von Kontrastmittel auf die Bestrahlungsplanung Durch die hohe Ordnungszahl Z und die damit verbundene hohe Elektronendichte des Kontrastmittels kommt es in Bereichen der Kontrastmittelanreicherung zu einer verstärkten Schwächung der Röntgenstrahlen im CT. Die Folge sind erhöhte CT-Zahlen. Zur Bestrahlungsplanung wird die in Kapitel 2.4 beschriebene Korrelation zwischen CTZahlen und relativen wasseräquivalenten Reichweiten verwendet. Die hohen CT-Zahlen werden vom Planungssystem als Gewebe mit hohen physikalischen Dichten interpretiert. Um in diesen dieselbe Reichweite wie in weniger dichten Geweben zu erreichen, werden vom Planungssystem höhere Teilchenenergien gewählt. Da die Anreicherung des röntgendichteren 19 Kontrastmittels im Bereich des Tumors in Wirklichkeit nur bei der Bildgebung vorliegt, führt die Auswahl der zu hohen Energien zu Überreichweiten der Teilchen während der Bestrahlung. Dies führt dazu, dass sich das bestrahlte Volumen in einer zu großen Tiefe befindet. Zusätzlich werden auch Fehler bei der Berechnung der effektiven Dosis gemacht, da durch die hohen CT-Zahlen auch die Berechnung der Fragmentierungsprozesse und damit die RBW-Werte verfälscht werden. Bei der zur Planung verwendeten Korrelation werden Materialien mit Ordnungszahlen über 20 und damit auch Jod nicht berücksichtigt. Das Planungssystem „weiß“ folglich nicht, dass die erhöhten CT-Zahlen durch ein Material hoher Ordnungszahl verursacht wurden. Deshalb muss davon ausgegangen werden, dass selbst wenn Kontrastmittel im Patienten während der Bestrahlung vorhanden wäre, ein Fehler bei der Berechnung der Reichweiten gemacht würde. Der Fehler, der aus der Optimierung eines Bestrahlungsplanes auf dem KM-CT resultiert, hat also zwei Ursachen: erstens die Tatsache, dass bei der Bestrahlung kein Kontrastmittel im Gewebe vorhanden ist (Fehlerquelle 1) und zweitens die fehlerhafte Berechnung der Reichweiten durch das Planungssystem in kontrastmittelangereichertem Gewebe (Fehlerquelle 2). Wie groß die Fehler wirklich sind, die bei der Optimierung auf einem KM-CT-Datensatz gemacht werden, wird in den folgenden Kapiteln näher untersucht. 2.6 Statistische Analyse zur Bestimmung der Änderung der mittleren CT-Zahlen von Gewebe durch Kontrastmittel Um die Erhöhung der CT-Zahlen bei Kontrastmittelgabe für bestimmte Gewebearten zu quantifizieren, wurden die Häufigkeitsverteilungen der CT-Zahlen vor und nach Kontrastmittelgabe von 25 Patientendatensätzen näher untersucht. 2.6.1 Patientenkollektiv und Tumorarten Die CT-Datensätze, die für die Analyse verwendet wurden, stammen von Patienten mit Schädelbasistumoren (Chordome und Chondrosarkome), die zwischen Oktober 2001 und März 2002 an der GSI mit Kohlenstoffionen bestrahlt wurden. Von allen Patienten wurde routinemäßig ein natives und ein KM-CT angefertigt. Beide CT-Datensätze werden stereotaktisch korreliert, so dass alle Voxel in beiden CT´s der gleichen anatomischen Position entsprechen. 19 Röntgendichte ≠ physikalische Dichte. Die Röntgendichte enthält Materialkonstanten die im Röntgenschwächungskoeffizienten enthalten sind. 2 Material und Methoden 2.6.2 17 Häufigkeitsverteilungen der CT-Zahlen Mit einem Computerprogramm20 lassen sich die CT-Zahlen einzelner Voxel innerhalb eines Datensatzes einlesen und als Häufigkeitsverteilung darstellen. Die Auswertung der CT-Zahlen kann im gesamten Datensatz oder in einem beliebigen vordefinierten räumlichen Bereich (ROI21) erfolgen. Die Ausgabe erfolgt in einer Textdatei und kann dann mit Statistikprogrammen ausgewertet werden. Jeder CT-Zahl wird dabei ihre Häufigkeit zugeordnet. Zunächst wurde bei jedem Patienten die Häufigkeitsverteilung der CT-Zahlen im makroskopisch sichtbaren Tumorvolumen für Nativ- und KM-CT ermittelt. Die benötigten Tumorvolumina wurden durch den behandelnden Strahlentherapeuten als Planungszielvolumen festgelegt. Unter der Annahme, dass die maximale Anreicherung von Kontrastmittel im Tumorweichteilgewebe auftritt, wurden die Häufigkeitsverteilungen einzelner Weichteilbereiche im Tumor näher untersucht. Zum Vergleich der Anreicherung im Tumor mit der generellen Anreicherung des Kontrastmittels im gesunden Hirngewebe wurden bei 15 Patienten zusätzlich die Häufigkeitsverteilungen der CT-Zahlen in gesundem Hirngewebe ausgewertet. Dazu dienten Vergleichsvolumina im gesunden Gewebe, die in etwa gleich groß waren, wie die Weichtelvolumina im Tumor. 2.6.3 Änderung der mittleren CT-Zahlen Aus den Häufigkeitsverteilungen der CT-Zahlen lässt sich sowohl für das Nativ-CT als auch das KM-CT eine mittlere CT-Zahl µ rel nach folgender Gleichung bestimmen: 3000 µ rel = ∑ abs.H . ⋅ µ i = −999 3000 i ∑ abs.H . i = −999 reli (Gl. 2.12) i Dabei ist µ reli eine CT-Zahl innerhalb der Grenzen –999 HE und 3000 HE und abs.H.i deren absolute Häufigkeit. Die mittleren CT-Zahlen wurden jeweils getrennt für Nativ- und KM-CT berechnet und die Differenz aus beiden gebildet. Die Verschiebung ∆µrel der mittleren CT-Zahlen beträgt demnach: ∆µ rel = µ rel KM − µ rel Nativ (Gl. 2.13) Es wurden die Änderungen der mittleren CT-Zahlen bei gesundem Hirngewebe, Tumorgewebe und Tumor-Weichteilgewebe ermittelt. 20 21 “Cube_histo”; Autor: O. Jäkel (DKFZ) ROI: ”region of interest” 2 Material und Methoden 2.7 18 Korrelation zwischen Kontrastmittelkonzentrationen und CT-Zahlen Im Computertomographen des DKFZ wurden die CT-Zahlen von Kontrastmittellösungen mit unterschiedlichen Konzentrationen gemessen. Für die Messungen wurde ein zylinderförmiges Festkörperphantom verwendet, das aus drei 1 cm dicken Schichten aufgebaut war. Um die Gegebenheiten im Schädel nachzubilden, wurde ein Phantomdurchmesser von 16 cm gewählt und das wasseräquivalente Material RW-322 als Phantommaterial verwendet. In die mittlere Scheibe können jeweils vier scheibenförmige Proben eingesetzt werden. Bei den Proben handelte es sich um Kontrastmittellösungen mit einem Volumen von ca. 1 ml, die in einer Plexiglasscheibe mit einem Durchmesser von 3 cm und einer Dicke von 1 cm eingeschlossen waren (Abbildung 2.5). Abbildung 2.5: Kontrastmittelphantom im CT; a) Festkörperphantom aus RW-3, b) Plexiglasscheibe, in der die KM-Lösung luftdicht eingeschlossen ist Bei dem am DKFZ verwendeten Spiral-Computertomographen handelt es sich um ein SOMATOM Plus 423. Er arbeitet nach dem sogenannten Fächerstrahlprinzip mit einem kontinuierlich rotierenden Röhren-Detektorsystem. Für die CT-Aufnahmen, die für die Bestrahlungsplanung verwendet werden, wird der Messmodus „Schädel-Standard“ verwendet. Die Parameter für diesen Modus sind eine Röhrenspannung von 120 kV, ein Röhrenstrom von 280 mA und eine Rotationszeit von 1,5 s. Als Rekonstruktionsfilter wird ein Filter mit der Bezeichnung AH50 4.1 eingesetzt. Derselbe Messmodus wurde auch für die Messung der CTZahlen der Kontrastmittellösungen verwendet. Die rekonstruierte Schichtdicke betrug 1 mm. Das „Field-of-View“ wurde so gewählt, dass sich Pixelgrößen von ca. 1 mm ergeben. Die Kontrastmittellösungen wurden aus unterschiedlichen Anteilen von reinem Kontrastmittel und Wasser gemischt. Um die Fehler bei der Herstellung der niedriger konzentrierten Kontrastmittellösungen möglichst gering zu halten, wurden im Bereich 0,3-1,2 mg Jod/ml Eppen- 22 23 RW-3 ist ein wasseräquivalenter Kunststoff, der durch die PTW Freiburg vertrieben wird. Siemens AG, Medical Solutions (Med), Computertomographie, 91301 Forchheim 2 Material und Methoden 19 dorf-Pipetten (100 µl) zur Abmessung des Kontrastmittelvolumens verwendet. Als Kontrastmittel wurde Imeron300 verwendet, das auch bei der Anfertigung der KM-CT-Daten am Patienten eingesetzt wird. Imeron300 ist ein nichtionisches Röntgenkontrastmittel zur intravasalen Injektion und Infusion. Eine Flasche mit 500 ml Lösung enthält 306,2 g Iomeprol24 als arzneilich wirksamer Bestandteil. Dies entspricht 150 g Jod und somit einer Jodkonzentration von 300 mg Jod/ml. Sonstige Bestandteile sind Trometamol, Salzsäure und Wasser. Die CT-Zahlen wurden direkt anhand des digitalen CT-Bildes gemessen (Abbildung 2.6). Dazu wurde ein Bereich, in dem Kontrastmittellösung vorhanden war, am Monitor ausgewählt. Innerhalb dieses Bereiches wurden die CT-Zahlen mehrfach (4-5 mal) gemessen und der Mittelwert sowie die mittlere Standardabweichung ermittelt. Mean: 2332 Std.:21 Abbildung 2.6: CT-Aufnahme des Kontrastmittelphantoms; Die mittlere CT-Zahl (Mean) und deren Standardabweichung (Std.) werden für einen ausgewählten Bereich vom Programm berechnet und angezeigt. Der dunkle Schatten zwischen den Kontrastmittelproben unten rechts ist die Folge der Aufhärtung des Röntgenspektrums. Die gemessenen CT-Zahlen wurden zusammen mit ihrer Standardabweichung in Abhängigkeit von der Jodkonzentration in einem Diagramm dargestellt. 24 Strukturformel Iomeprol: C17H22I3N3O8 (siehe dazu auch Abbildung 2.8) 2 Material und Methoden 2.8 20 Korrelation zwischen CT-Zahlen und relativen wasseräquivalenten Reichweiten Damit der tatsächliche Einfluss von Kontrastmittel auf die Reichweite von Schwerionen quantitativ ermittelt werden konnte, wurde an der GSI die Reichweitenverschiebung von Kohlenstoffionen beim Durchlaufen einer Schicht aus unverdünntem Imeron300 gemessen. In einem Wasserphantom wurde mit einer Ionisationskammer die relative Ionisation als Funktion der Wassertiefe gemessen (Abbildung 2.7). Die Wassertiefe, in der sich die Kammer befindet, kann dabei durch einen Schrittmotor mit einer Schrittweite von 1/10 mm variiert werden. Für die Messung wurde eine wasserdichte Flachkammer vom Typ Markuskammer der Firma PTW verwendet. Das Messsignal wurde in einem Präzisionselektrometer vom Typ Unidos (ebenfalls PTW Freiburg) aufgenommen. Für die Messung kam ein Kontrastmittelphantom zum Einsatz, das aus einem Plexiglasbehälter mit planparallelen Wänden besteht. Das Phantom kann mit Kontrastmittel oder Wasser gefüllt werden. Die Schichtdicke des Flüssigkeitsvolumens beträgt (1,03 ± 0,01) cm. Diese Schichtdicke wurde mit mechanischen Werkzeugen (Schieblehre) bestimmt. Um eine gleichmäßige Bestrahlung der Ionisationskammer zu ermöglichen, wurde ein 2,5 cm x 2,5 cm großes Strahlenfeld verwendet. Die Energie der Ionen betrug 250 MeV/u. Zunächst wurde das Kontrastmittelphantom mit Wasser gefüllt und eine Tiefendosiskurve aufgenommen. Die Lage des Bragg-Peaks im Wasserphantom ohne Kontrastmittel wurde als Referenz verwendet. Anschließend wurde das Kontrastmittelphantom mit Kontrastmittel statt Wasser gefüllt und in das Wasserphantom gebracht. Die Tiefendosiskurve wurde erneut gemessen. Für jede Wassertiefe wurden drei Messwerte aufgenommen und daraus der Mittelwert gebildet. Der Abstand der beiden Bragg-Peaks ∆r entspricht der Änderung der Ionenreichweite durch das Kontrastmittel. Abbildung 2.7: Messaufbau zur Messung der relativen wasseräquivalenten Reichweiten 2 Material und Methoden 21 Die relative wasseräquivalente Reichweite Rrel für Imeron300 wurde nach folgender Beziehung berechnet: Rrel = x+∆ r ∆r =1+ (Gl. 2.14) x x Dabei ist: x Schichtdicke des Kontrastmittelphantoms ∆ r gemessener Abstand der beiden Bragg-Peaks Die Meßmethode, die zur Messung der Ionenreichweite im Kontrastmittel verwendet wurde, unterscheidet sich geringfügig von der Methode zur Messung der Festkörperphantome. Bei den Festkörperphantomen wurden die Materialproben vor dem Wasserphantom platziert (vgl. Kapitel 2.4). Dadurch wurde direkt die gesamte wasseräquivalente Reichweite der Proben bestimmt. Bei der in dieser Arbeit durchgeführten Messung befand sich die Kontrastmittelprobe im Wasserphantom. Durch den Vergleich der Messungen mit Wasser und Kontrastmittel im Phantom ergibt sich hier nur der Unterschied ∆r in der Reichweite zu Wasser. Um die Messung für Kontrastmittel mit den bereits vorhandenen Messungen für Gewebe vergleichen zu können, wurde in Gl. 2.14 noch die Schichtdicke des Wassers x eingefügt. Unter der Annahme, dass die Reichweitenänderung und die Kontrastmittelkonzentration linear zusammenhängen, wurde unter Berücksichtigung der Messfehler eine Geradengleichung ermittelt, die eine Berechnung der Reichweitenänderung für beliebige Kontrastmittelkonzentrationen ermöglicht. Durch die in Kapitel 2.7 beschriebene Korrelation zwischen CT-Zahlen und Kontrastmittelkonzentrationen kann die relative wasseräquivalente Reichweite auch in Abhängigkeit von den CT-Zahlen aufgetragen werden. Die Reichweitenmessung im Kontrastmittel erfolgte bei relativ hohen Energien der Ionen im Plateaubereich der Tiefendosis. Da a priori nicht klar ist, wie sich die Verhältnisse im BraggPeak verändern, wurden zusätzlich numerische Berechnungen der Reichweiten durchgeführt. 2.9 Numerische Berechnungen zur relativen wasseräquivalenten Reichweite Die numerische Berechnung der Reichweiten von Ionen basiert auf der in Kapitel 2.2.1 eingeführten Bethe-Bloch-Gleichung (Gleichung 2.3). Verwendet wurde das Computerprogramm ATIMA, das an der GSI Darmstadt entwickelt wurde. Es berechnet verschiedene physikalische Größen, welche die Abbremsung von Protonen und Schwerionen charakterisieren. Ist die chemische Zusammensetzung und die Dichte des Materials bekannt, so können Energieverlust, Bremsvermögen und Reichweite berechnet werden. Der für die Berechnung zulässige Energiebereich liegt zwischen 1 keV/u und 500 GeV/u. Der Anwender kann sich verschiedene Versuchsanordnungen individuell zusammenstellen, die durch das Projektil, die Art und Reihenfolge der durchlaufenen Materialien und die Anfangswerte (z.B. die Projektilenergie) charakterisiert sind [Geissel 1998]. Zur Überprüfung der experimentell ermittelten Reichweitenänderung wurde die Abbremsung von Kohlenstoffionen durch eine Kontrastmittelschicht gemäß dem in Abbildung 2.7 dargestellten Messaufbau simuliert. Die Anfangsenergie der Kohlenstoffionen betrug 250 MeV/u. Die Kontrastmittelschicht hatte eine Schichtdicke von 1,03 cm. Die vom Programm benötigte 2 Material und Methoden 22 stöchiometrische Strukturformel des Kontrastmittels wurde anteilig aus Wasser und Iomeprol, den beiden Hauptbestandteilen des Imeron300, zusammengesetzt. Die Dichte von Imeron300 wurde experimentell bestimmt. Dazu wurden 5 ml Imeron300 auf einer Analysewaage gewogen. Die Dichte von Imeron300 beträgt (1,340 ± 0,001) g/cm3. Ein Volumen von 500 ml Kontrastmittel wiegt (670 ± 0,5) g. Der Anteil an Iomeprol an der Gesamtmasse beträgt laut Hersteller25 306,2 g (45,7 %). Der Restanteil (54,3 %) wurde näherungsweise als Wasser angenommen. Trometamol und Salzsäure wurden aufgrund ihres geringen Gewichtsanteils vernachlässigt. Die chemische Strukturformel von Iomeprol ist bekannt (Abbildung 2.8). Unter Berücksichtigung der relativen Molekülmassen von Iomeprol und Wasser kann eine stöchiometrische Summenformel für das Wasser-Iomeprol-Gemisch bestimmt werden. Diese ist die Basis für die Berechnung der Reichweiten in ATIMA. Abbildung 2.8: Iomeprol-Molekül mit einer relativen Molekülmasse von 777,0896 [ChemSoft 2002] Die relative Molekülmasse von Iomeprol beträgt 777,0896. Da der Gewichtsanteil des Iomeprol 45,7 % des Gesamtgewichtes ausmacht, muss die relative Molekülmasse des zusammengesetzten Moleküls 1700,4 betragen. Es müssen zu jedem Molekül Iomeprol folglich noch 51 Wassermoleküle, die eine relative Molekülmasse von 18 haben, addiert werden. Die Summenformel des konstruierten „Iomeprol-Wasser-Molekül“ lautet folglich C17H124I3N3O59. Nach Eingabe der Summenformel und der Dichte des Materials wird das mittlere Ionisierungspotential für das Molekül von ATIMA automatisch berechnet. Es wurden zunächst die Reichweiten der Teilchen in Wasser mit und ohne Absorber vor der Wassersäule bestimmt. Dann wurde die sich ergebende Reichweitenänderung und die relative wasseräquivalente Reichweite berechnet und mit dem gemessenen Wert verglichen. Da die Messung der Reichweitenänderung an der GSI nur für eine Projektilenergie von 250 MeV/u durchgeführt wurde, stellt sich die Frage, ob bei anderen Energien Unterschiede in der Reichweitenänderung zu erwarten sind. Die relative wasseräquivalente Reichweite des 25 Bracco-Byk Gulden, 78467 Konstanz 2 Material und Methoden 23 Kontrastmittels ist näherungsweise der Quotient aus den Bremsvermögen von Kontrastmittel und Wasser. Um die Energieabhängigkeit der relativen wasseräquivalenten Reichweiten zu untersuchen, wurde dieser Quotient für Projektilenergien zwischen 1 und 500 MeV/u berechnet und grafisch dargestellt. Zudem wurde die relative wasseräquivalente Reichweite für verschiedenen Positionen der Schicht im Wasserphantom berechnet. Die Kontrastmittelschicht wurde dabei virtuell soweit in Richtung Bragg-Peak verschoben, bis sie diesen komplett durchlaufen hatte. 2.10 Reichweitenänderung eines dünnen Ionenstrahls im Gewebe In den vorhergehenden Abschnitten wurden die Auswirkungen des Kontrastmittels anhand der Erhöhung der mittleren Hounsfieldzahlen in einem größeren Patientenkollektiv analysiert. Um zu untersuchen, ob sich die Veränderungen der Hounsfieldzahlen durch Kontrastmittel auch in klinischen Einzelbeispielen signifikant auswirkt, wurde beispielhaft die Reichweitenänderung eines dünnen virtuellen Ionenstrahls im Gewebe eines einzelnen Patienten (CT Nr.10) bestimmt. Dazu wurde ein Ionenstrahl gewählt, der mit 90° Tischwinkel von der linken Seite auf den Patienten trifft und dessen Reichweite so berechnet ist, dass sein Weg am distalen Ende des Tumors endet. Um die geometrischen Verhältnisse zu vereinfachen, wurde ein Strahl mit rechteckiger Schnittfläche simuliert. Die Strahlbreite z betrug 9 mm (3 Voxel), die Höhe 9 mm (8 Voxel) und die Länge des Strahls 114 mm (102 Voxel). Diese Verhältnisse entsprechen in der Realität etwa dem Fall eines kreisförmigen Strahl mit gaußförmiger Intensitätsverteilung der eine Halbwertsbreite von 6 mm besitzt. Die geometrischen Verhältnisse sind in Abbildung 2.9 dargestellt. Einzelnes Voxel Y=1,12mm X=1,12mm Z=3mm y Ionenstrahl (12C) r v z x z y x r v Ionenstrahl Abbildung 2.9: 12C-Ionenstrahl im Tumorgewebe. Ein Strahlquerschnitt besteht jeweils aus 24 Voxel. Der Tumor bzw. das Zielvolumen befindet sich innerhalb der roten Markierung. 2 Material und Methoden 24 Die Häufigkeitsverteilung der CT-Zahlen wurde jeweils für den Nativ- und den KM-CTDatensatz ermittelt. Im Gegensatz zur bisherigen Vorgehensweise zur Abschätzung des Fehlers in der Reichweitenberechnung wurde die Reichweitenänderung hier nicht über die Änderung der mittleren CT-Zahl berechnet, sondern es wurde zu jeder CT-Zahl direkt die entsprechende relative wasseräquivalente Reichweite nach Gleichung 2.8 berechnet. Über die Häufigkeitsverteilung der CT-Zahlen und deren relative wasseräquivalenten Reichweiten kann nach Gleichung 2.15 ein gewichteter Mittelwert Rrel für die relative wasseräquivalente Reichweite der vom Ionenstrahl durchlaufenen Voxel berechnet werden. 3000 Rrel = ∑ abs.H . i = −999 3000 i ⋅ Rreli ∑ abs.H . i = −999 (Gl.2.15) i Dabei ist Rrel die relative wasseräquivalente Reichweite eines Voxels und abs.H.i die absolute Häufigkeit, mit der dieses Voxel im untersuchten Gewebe vorkommt. i Das Produkt aus der mittleren relativen wasseräquivalenten Reichweite und der tatsächlichen Länge des Ionenstrahl ist die vom Planungssystem berechnete Ionenreichweite in Wasser. Diese wurde sowohl für den Nativ-CT-Datensatz als auch den KM-CT-Datensatz berechnet. Die Differenz aus beiden entspricht dem vom Planungssystem gemachten Fehler bei der Berechnung der Reichweite der Ionen. Zum Vergleich wurde der Planungsfehler auch über die Änderung der mittleren CT-Zahlen und die Korrelation zwischen CT-Zahlen von Gewebe und relativen wasseräquivalenten Reichweiten berechnet. Über die Korrelation zwischen CT-Zahlen von Kontrastmittel und relativen wasseräquivalenten Reichweiten wurde zusätzlich die tatsächliche Änderung der Reichweite abgeschätzt. 2.11 Simulation der Dosisverteilung im Patienten bei Verwendung des Kontrastmittel-CT’s zur Bestrahlungsplanung Neben den in den letzten Abschnitten vorgestellten quantitativen Untersuchungen wurde noch an zwei weiteren Patienten (CT Nr. 8 und CT Nr. 3) exemplarisch simuliert, ob und wie sich die Reichweitenänderung aufgrund von Kontrastmittelgabe in der Dosisverteilung niederschlägt. Dazu wurde jeweils ein CT-Datensatz des selben Patienten mit und ohne Kontrastmittel zur Planung verwendet. Der kontrastmittelverstärkte CT-Datensatz wurde zur Optimierung der Ionenenergien und damit der Dosisverteilung verwendet. Die gewonnen Bestrahlungsparameter wurden dann unverändert benutzt, um unter Verwendung des nativen Datensatzes erneut die Dosis zu berechnen. Auf diese Weise wurde simuliert, welche Dosisverteilung sich im Patienten während der Bestrahlung tatsächlich ergibt, wenn ein kontrastmittelverstärkter CT-Datensatz zur Planung verwendet wird. Da für die Therapieplanung bei beiden Patienten horizontale Gegenfelder zum Einsatz kamen, wurde auch für die Simulation je ein horizontales Feld von rechts bzw. links optimiert. Um die Veränderungen der Dosisverteilung im Patienten besser sichtbar zu machen, wurde ein Differenzbild erstellt, bei dem die Dosis im KM-CT von der Dosis im nativen CT abgezogen wurde. Auf diese Weise werden nur die Überreichweiten, die sich im nativen CT wegen der geringeren Dichtewerte ergeben, als positive Dosiswerte dargestellt. 3 Ergebnisse 3 25 Ergebnisse Im folgenden Kapitel werden die Ergebnisse dieser Arbeit präsentiert. 3.1 Statistische Analyse der CT-Datensätze Die Anreicherung von Kontrastmittel im Gewebe bewirkt eine Verschiebung der Häufigkeitsverteilung der CT-Zahlen hin zu höheren Werten. In Abbildung 3.1 sind die mittleren Häufigkeitsverteilungen der CT-Zahlen im gesamten Tumorgewebe jeweils für Nativ- und KM-CT dargestellt. Mittlere CT-Zahl Nativ-CT: 139 HE Mittlere CT-Zahl KM-CT: 158 HE Änderung der mittleren CT-Zahl: 19 HE (14 %) relative Häufigkeit [%] 0,6 0,4 0,2 0,0 -500 0 500 1000 CT-Zahl [HE] Abbildung 3.1: Mittlere Häufigkeitsverteilungen der CT-Zahlen im Tumorgewebe für Nativ-(____) und KM-CT (__ __) (Mittelung über jeweils 25 CT-Datensätzen) Die mittlere Änderung der CT-Zahlen im Tumorgewebe durch das Kontrastmittel beträgt (19 ± 7) HE. 68 % aller ermittelten Änderungen liegen innerhalb dieses Intervalls. Die maximale Änderung der mittleren CT-Zahl beträgt 36 HE, die minimale 4 HE. Eine Übersicht über die mittleren CT-Zahlen im Tumor und deren Änderungen ist in Abbildung 3.2 gegeben. Wie erwartet reichert sich das Kontrastmittel verstärkt im Weichteilgewebe des Tumors an. Die mittlere Erhöhung der CT-Zahlen im Tumorweichteilgewebe beträgt (28 ± 13) HE. Hier liegen 72 % aller Änderungen der CT-Zahlen innerhalb des Intervalls. Die maximale Änderung beträgt 57 HE, die minimale 8 HE. Die mittleren CT-Zahlen und ihre Änderungen sind in Abbildung 3.3 für alle 25 Datensätze dargestellt. Im Gegensatz dazu ist die Anreicherung im gesunden Hirngewebe gering und beträgt durchschnittlich (1,4 ± 0,9) HE (Abbildung 3.4) Abbildung 3.5 zeigt die mittleren Häufigkeitsverteilungen der CT-Zahlen im Tumorweichteilgewebe. 3 Ergebnisse 26 325 Mittelwert der mittleren CT-Zahlen Nativ-CT: 139 HE Mittelwert der mittleren CT-Zahlen KM-CT: 158 HE 300 Mittlere Änderung der CT-Zahlen durch KM: 19 HE (14%) Maximale Änderung: 36,1 HE (CT 12) Minimale Änderung: 4,4 HE (CT 14) 275 Abbildung 3.2: Änderung der mittleren CT-Zahlen im Tumorgewebe nach Gabe von Kontrastmittel mittlere CT-Zahl Nativ-CT [HE] mittlere CT-Zahl KM-CT [HE] Änderung der mittleren CT-Zahl [HE] 250 225 CT-Zahl [HE] 200 175 150 125 100 75 50 30,3 22,6 25 0 12,2 22,7 11,3 17,4 16,1 20,2 28,3 16,4 22,6 26,1 36,1 9,4 4,4 16,7 20,6 7,0 17,2 13,8 23,8 27,4 15,1 20,7 14,4 -25 -50 0 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22 23 24 25 26 CT Nummer 140 Mittelwert der mittleren CT-Zahlen Nativ-CT: 44 HE Mittelwert der mittleren CT-Zahlen KM-CT: 72 HE 130 Mittlere Änderung der CT-Zahlen: 28 HE (64%) Maximale Änderung: 56,9 HE (CT 3) Minimale Änderung: 7,6 HE (CT 9) 120 Abbildung 3.3: Änderung der mittleren CT-Zahlen im Tumorweichteilgewebe nach Gabe von Kontrastmittel mittlere CT-Zahl Nativ-CT [HE] mittlere CT-Zahl KM-CT [HE] Änderung der mittleren CT-Zahl [HE] 110 100 CT-Zahl [HE] 90 80 70 60 50 40 30 20 10 0 19,1 44,0 56,9 19,2 36,7 23,8 14,8 17,0 7,6 31,6 21,0 15,0 14,0 22,2 22,2 39,5 10,2 24,5 38,8 34,8 46,0 21,7 54,2 40,1 26,4 -10 0 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22 23 24 25 26 CT Nummer 50 Mittelwert der mittleren CT-Zahlen Nativ-CT: 35,4 HE Mittelwert der mittleren CT-Zahlen KM-CT: 36,8 HE Mittlere Änderung der CT-Zahlen: 1,4 HE (4%) Maximale Änderung: 2,8 HE (CT 8) Minimale Änderung: 0,1 HE (CT 3) 45 Abbildung 3.4: Änderung der mittleren CT-Zahlen im gesunden Hirngewebe nach Gabe von Kontrastmittel mittlere CT-Zahl Nativ-CT [HE] mittlere CT-Zahl KM-CT [HE] Änderung der mittleren CT-Zahl [HE] 40 35 CT-Zahl [HE] 30 25 20 15 10 5 0 2,3 1,4 0,1 2,6 1,5 2,5 1 2 3 4 5 6 1,1 2,8 1,7 0,4 0,9 1,0 0,2 2,3 1,2 7 8 9 10 11 12 13 14 15 -5 0 CT Nummer 16 3 Ergebnisse 27 2,5 Mittlere CT-Zahl Nativ-CT: 44 HE Mittlere CT-Zahl KM-CT: 72 HE Änderung der mittleren CT-Zahl: 28 HE (64 %) relative Häufigkeit [%] 2,0 1,5 1,0 0,5 0,0 -40 -20 0 20 40 60 80 100 120 140 160 CT-Zahl [HE] Abbildung 3.5: Mittlere Häufigkeitsverteilungen der CT-Zahlen im Tumorweichteilgewebe für Nativ(____) und KM-CT (__ __) (Mittelung über jeweils 25 CT-Datensätzen) 3.2 Empirische Korrelation zwischen Kontrastmittelkonzentrationen und CT-Zahlen Die gemessenen CT-Zahlen der Kontrastmittellösungen sind in Tabelle 3.1 dargestellt. Die resultierenden Unsicherheiten setzten sich aus den Unsicherheiten zusammen, die bei der Herstellung der Mischungen gemacht wurden (Konzentrationsfehler) und den statistischen Schwankungen der Messungen der CT-Zahlen. KM-Konzentration [mg Jod / ml] 120 ± 0,2 90 ± 0,4 60 ± 0,1 45 ± 0,5 36 ± 0,4 30 ± 0,3 24 ± 0,5 18 ± 0,4 15 ± 0,3 12 ± 0,2 9 ± 0,2 6 ± 0,2 3 ± 0,1 1,5 ± 0,1 1,2 ± 0,01 0,9 ± 0,01 0,75 ± 0,01 0,6 ± 0,01 0,3 ± 0,01 0±0 Mittlere CT-Zahl [HE] 3064,5 ± 8,5 2365,3 ± 26,3 1707,8 ± 21,8 1336,1 ± 15,6 1111,0 ± 16,0 958,0 ± 12,8 768,0 ± 10,5 577,5 ± 7,0 497,3 ± 8,1 388,8 ± 7,5 286,2 ± 11,4 208,0 ± 6,1 101,5 ± 7,5 59,6 ± 7,3 48,9 ± 8,4 35,1 ± 5,9 29,0 ± 6,3 25,4 ± 7,6 12,6 ± 8,0 4,0 ± 7,3 Tabelle 3.1: CT-Zahlen von Kontrastmittellösungen mit verschiedenen Jodkonzentrationen 3 Ergebnisse 28 Der mittlere relative Fehler, der bei der Herstellung der Kontrastmittellösungen gemacht wurde, beträgt ca. (1,8 ± 1,5) %. Die mittlere Standardabweichung der gemessenen CT-Zahlen ist (10,5 ± 5,5) HE. Für die Messwerte wurde ein funktionaler Zusammenhang ermittelt, indem für verschiedene Konzentrationsbereiche Regressionsgeraden berechnet wurden. Die Messwerte sind zusammen mit den berechneten Regressionsgeraden in Abbildung 3.6 dargestellt. Die Geradengleichungen für die einzelnen Konzentrationsbereiche sind im folgenden aufgeführt: für 0 ≤ cJod ≤ 1,5 mg Jod / ml (37, 77 ± 1,14 ) ⋅ c Iod + (2,33 ± 1,01) HE (31,59 ± 0, 25 ) ⋅ c Iod + (11, 21 ± 3,98 ) HE für 1,5 < cJod ≤ 30 mg Jod / ml CT − Zahl = (24,97 ± 0,09 ) ⋅ c + (210,47 ± 3,98 ) HE für 30 < cJod ≤ 60 mg Jod / ml Iod (Gl.2.16) (22,61 ± 0,40 ) ⋅ c Iod + (344,15 ± 37,43) HE für 60 < cJod ≤ 120 mg Jod / ml (20,31 ± 2,78) ⋅ c Iod + (621 ± 334 ) HE für 120 < cJod ≤ 300 mg Jod / ml Durch Aufhärtungseffekte werden die Geradensteigungen bei größer werdenden CT-Zahlen kleiner. Die CT-Zahl für unverdünntes Kontrastmittel (cJod = 300 mg Jod/ml) wurde unter Berücksichtigung des Kurvenverlaufes geschätzt, da die Messung von CT-Zahlen >3073 HE mit der CT-Software nicht möglich war. Für den geschätzten Wert wurde ein maximaler Fehler von ±500 HE angenommen. Die maximale Änderung der mittleren CT-Zahl von 57 HE (vgl. Kapitel 3.1) entspricht einer maximalen Kontrastmittelkonzentration im Gewebe von ca. 1,5 mg Jod/ml. Regressionsgerade für KM-Konzentrationen bis 1,5 mg Iod / ml 7000 Aufhärtungseffekt 6000 CT-Zahl [HE] 5000 4000 3000 2000 1000 0 0 100 200 300 400 Kontrastmittelkonzentrationen [mg Iod/ml] Abbildung 3.6: Abhängigkeit der CT-Zahlen der Kontrastmittellösungen von der Jodkonzentration; Der Bereich der Kontrastmittelkonzentrationen, die im Gewebe auftreten (~ 0-1,5 mg Jod/ ml), ist vergrößert dargestellt. 3 Ergebnisse 3.3 29 Korrelation zwischen CT-Zahlen und gemessenen relativen wasseräquivalenten Reichweiten In Abbildung 3.7 sind die gemessenen Tiefendosiskurven mit und ohne Kontrastmittel dargestellt. Die einzelnen Messpunkte sind jeweils Mittelwerte aus drei Einzelmessungen. Die resultierende Unsicherheit der relativen wasseräquivalenten Reichweite setzt sich aus den Unsicherheiten der Bestimmung der Reichweitenänderung sowie aus der Unsicherheit der Schichtdicke der Kontrastmittelschicht zusammen. 8 Energie: 250 MeV 7 absolute Reichweiteverschiebung bei (1,03+-0,01) cm durchlaufener Kontrastmittelschicht: dR=(0,197+-0,002)cm Ladung [nC] 6 5 4 3 2 1 0 0 10 20 30 40 50 60 70 80 90 100 110 120 130 140 150 Tiefe im Wasserphantom [mm] Abbildung 3.7: Tiefendosiskurven von Schwerionen in Wasser; ____ : ohne Kontrastmittelschicht, __ __: mit Kontrastmittelschicht im Strahlengang Bei einer Kontrastmittelschichtdicke von (1,03 ± 0,01) cm und der Kontrastmittelkonzentration von 300 mg Jod/ml wurde eine Reichweitenverkürzung von (1,97 ± 0,02) mm gemessen. Die relative wasseräquivalente Reichweite des Imeron300 wurde mit Gleichung 2.14 bestimmt und beträgt (1,191 ± 0,004). Der geschätzte maximale Fehler von 0,004 der relativen wasseräquivalenten Reichweite wurde mit dem totalen Differential berechnet (Gleichung 2.17). ∆Rrel Max = ∂Rrel ∂Rrel ⋅ ∆x + ⋅ ∆R (Gl. 2.17) ∂x ∂R Dabei ist: x Schichtdicke des Kontrastmittelphantoms R gemessener Abstand der beiden Bragg-Peaks (ohne/mit KM-Phantom) 3 Ergebnisse 30 Unter der Annahme, dass Kontrastmittelkonzentration und Reichweitenänderung linear korreliert sind, wurde eine Geradengleichung für die Berechnung der relativen wasseräquivalenten Reichweiten für Kontrastmittelkonzentrationen zwischen 0 und 300 mg Jod/ml aufgestellt (Gleichung 2.18). Die Gerade ist in Abbildung 3.8 dargestellt. Rrel = (6,375 ± 0,127 ) ⋅ 10 −4 ⋅ c Iod + 1 (Gl. 2.18) Relative wasseräquivalente Reichweite 1,20 1,191+-0,004 (3,4 %) 1,18 1,16 1,14 1,12 1,10 Rrel=(6,375+-0,127)*10^-4*cIod+1 1,08 1,06 1,04 1,02 1,00 0 20 40 60 80 100 120 140 160 180 200 220 240 260 280 300 Kontrastmittelkonzentration [mg Iod/ml] Abbildung 3.8: Zusammenhang zwischen relativer wasseräquivalenter Reichweite von Kontrastmittel (Imeron300) und Jodkonzentration Unter Berücksichtigung des Zusammenhanges zwischen Kontrastmittelkonzentrationen und CT-Zahlen lässt sich die relative wasseräquivalente Reichweite auch in Abhängigkeit der gemessenen CT-Zahlen des Kontrastmittels darstellen (Abbildung 3.9). Wie bereits erwähnt beträgt die maximale Änderung der CT-Zahlen im Gewebe 60 HE. Für diesen Bereich wurde folgende Gleichung für die Regressionsgerade ermittelt: Rrel = (1,68 ± 0,05) ⋅ 10 −5 ⋅ HZ + 1 (Gl. 2.19) 1,191+-0,004 (3,4%) Relative wasseräquivalente Reichweite 1,20 1,18 1,16 1,14 1,12 1,10 1,08 1,06 1,04 1,02 1,00 0 1000 2000 3000 4000 5000 6000 7000 CT-Zahl [HE] Abbildung 3.9: Korrelation zwischen CT-Zahlen und relativen wasseräquivalenten Reichweiten von Kontrastmittel (Imeron300) 3 Ergebnisse 3.4 31 Numerische Berechnungen Die numerisch berechnete relative wasseräquivalente Reichweite beträgt 1,198. Die Unsicherheiten, die bei der Berechung gemacht werden, sind nicht bekannt. Der gemessene Wert weicht vom berechneten um 0,6 % ab. Das Verhältnis der Bremsvermögen von Imeron300 zu Wasser ist in Abbildung 3.10 bis zu einer Energie von 500 MeV/u dargestellt. Die Änderung im Energiebereich 1 bis 500 MeV/u beträgt ca. 5 %. Abbildung 3.11 zeigt die Abhängigkeit der relativen wasseräquivalenten Reichweite von der Position der Kontrastmittelschicht. Bei ungefähr 11,3 cm fällt das Ende der Kontrastmittelschicht genau mit der Reichweite der Ionen zusammen. Die Änderung gegenüber der relativen wasseräquivalenten Reichweite, die berechnet wird, wenn sich die Kontrastmittelschicht am Anfang des Phantoms befindet, beträgt etwa 1,2%. Bremsvermögen Imeron / Wasser 1,22 1,20 1,18 1,16 1,14 1,12 1,10 1,08 1,06 1,04 1,02 1,00 1 50 100 150 200 250 300 350 400 450 500 Projektilenergie [MeV/u] Relative wasseräquivalente Reichweite Abbildung 3.10: Verhältnis der Bremsvermögen von Imeron300 und Wasser in Abhängigkeit von der Eintrittsenergie des 12C-Projektils 1,22 1,20 1,18 1,1977cm (ATIMA) (1,1913+-0,004) cm (GEMESSEN) 0,5% Abweichung des Messwertes vom gerechneten Wert 1,16 1,14 bei 11,312cm ist Ende der KM-Schicht = Reichweite der Ionen (Ionen haben ab hier im nachfolgenden Wasser keine Restreichweite mehr ! --> Rel. wasseräquiv. Reichweite=1,1837cm) Ist die Position der KM Schicht >11,312cm, bleiben die Ionen schon im KM "stecken") 1,12 1,10 1,1977 cm Reichweiteverkürzung pro cm durchlaufener KM Schicht (300mg Iod/ml) 1,08 1,06 KM KM Schicht befindet sich ab hier ausserhalb der Reichweite der Ionen in Wasser 1,04 1,02 1,00 0 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 Positon der KM Schicht [cm] Abbildung 3.11: Abhängigkeit der relativen wasseräquivalenten Reichweiten von der Position der Schicht im Wasserphantom (Schichtdicke der KM-Schicht: 1,03 cm) 3 Ergebnisse 3.5 32 Reichweitenänderung eines dünnen Ionenstrahls Abbildung 3.12 zeigt die Häufigkeitsverteilung der CT-Zahlen der Voxel, die innerhalb des virtuellen Ionenstrahls liegen, für das Nativ- und KM-CT. Die Verteilung ist im KM-CT zu höheren Hounsfieldwerten hin verschoben. Die vom Planungssystem nach Gleichung 2.15 berechnete mittlere relative wasseräquivalente Reichweite der Voxel beträgt beim Nativ-CT 0,9958 und beim KM-CT 1,0084. Die entsprechenden wasseräquivalenten Reichweiten ergeben sich als Produkt aus den relativen wasseräquivalenten Reichweiten und der tatsächlicher Strahllänge. Bei einer Strahllänge von 114,24 mm beträgt die vom Planungssystem berechnete wasseräquivalente Reichweite im Nativ-CT 113,76 mm und im KM-CT 115,20 mm. Aus den berechneten Reichweiten für Nativ- und KM-CT ergibt sich eine Reichweitenänderung von 1,44 mm. Dies entspricht einem relativen Fehler von 1,3 %, der in diesem Fall vom Planungssystem bei der Berechnung der Reichweite gemacht wird, wenn ein kontrastmittelverstärkter CT-Datensatz zur Planung verwendet wird. 2,5 Mittlere CT-Zahl Nativ-CT: 18,0 HE Mittlere CT-Zahl KM-CT: 45,1 HE Änderung der mittleren CT-Zahl: 27,1 HE relative Häufigkeit [%] 2,0 1,5 1,0 0,5 0,0 -100 0 100 200 CT-Zahl [HE] Abbildung 3.12: Häufigkeitsverteilung der CT-Zahlen der Voxel, die auf dem Weg eines dünnen Ionenstrahls durch Tumorgewebe liegen; ____: Nativ-CT, __ __: KM-CT Die Änderung der mittleren CT-Zahl zwischen KM- und Nativ-CT beträgt 27,1 HE. Berechnet man die Reichweitenänderung über die Änderung der mittleren CT-Zahlen, so ergibt sich mit der vom Planungssystem verwendete Korrelation (Gleichung 2.8) eine Änderung um 1,35 mm. Dies entspricht einem relativen Fehler von ca. 1,2 %, der bei der Reichweitenberechnung gemacht wird. Die tatsächliche Änderung der Ionenreichweite wurde über die experimentell ermittelte Korrelation zwischen CT-Zahlen und relativen wasseräquivalenten Reichweiten von Kontrastmittel abgeschätzt (Gleichung 2.19). Sie beträgt bei derselben Strahllänge von 114,24 mm lediglich (0,05 ± 0,002) mm. Die tatsächliche Reichweite der Ionen ändert sich somit nur um 0,4 %. 3 Ergebnisse 3.6 33 Simulation der Dosisverteilung im Patienten bei Verwendung des kontrastmittelverstärkten Datensatzes zur Bestrahlungsplanung Wird die Dosisverteilung auf dem KM-CT-Datensatz optimiert und die gewonnen Steuerdaten auf den Nativ-CT-Datensatz angewendet, ergibt sich eine Dosisverteilung im Nativ-CT, die sich von der geplanten Dosisverteilung an einigen Stellen unterscheidet. Die Darstellung der Differenzdosis zeigt die Bereiche, in denen die Reichweite der Ionen bei der Planung aufgrund der Kontrastmittelanreicherungen überschätzt wurde. In Abbildung 3.13 sind diese Differenzen in einer CT-Schicht für beide Patientendatensätze dargestellt. Es ist zu sehen, dass unmittelbar hinter der distalen Kante des Tumors eine erhöhte Dosis im gesunden Gewebe platziert wird. CT Nr. 8 CT Nr. 3 Abbildung 3.13: Differenzen der Dosisverteilungen, die sich bei Optimierung auf dem KM-CTDatensatz und Anwendung auf den Nativ-CT-Datensatz ergeben. Bei CT Nr. 8 wurde von links und bei CT Nr.3 von rechts eingestrahlt. Die blauen, grünen, gelben und roten Bereiche entsprechen der 5 %, 25 %, 35 % und 45 % Isodose. Im ersten Fall (CT Nr.8; Abb. 3.13 links) ist eine Dosiserhöhung von 5 % über nahezu die gesamte Feldbreite und bis etwa 1 cm hinter dem Tumorvolumen zu erkennen. Eine Überhöhung von 25 % betrifft immer noch etwa die halbe Feldbreite und erstreckt sich bis etwa 5 mm hinter das Zielvolumen. Die maximale Überhöhung beträgt 45 % der Dosis im Zielvolumen und liegt etwa 3 mm hinter der distalen Feldgrenze. Im zweiten Fall (CT Nr.3; Abb. 3.13 rechts) zeigt sich ein stärkerer Effekt: Eine Dosiserhöhung von 5 % ist über die gesamte Feldbreite bis etwa 1,5 cm hinter dem Zielvolumen zu erkennen. Auch die Dosiserhöhung von 25 % ist nahezu über die gesamte Feldbreite bis etwa 1 cm hinter dem Tumorvolumen zu erkennen. Die maximale Überhöhung beträgt 45 % und liegt etwa 5 mm hinter des distalen Feldgrenze. 4 Diskussion 4 34 Diskussion Die physikalischen Eigenschaften von Schwerionen und die heutigen technischen Möglichkeiten der Strahlapplikation (Rasterscanverfahren) ermöglichen eine sehr hohe räumliche Präzision der Bestrahlung. Die erreichbare Genauigkeit wird derzeit von der Genauigkeit der Bestrahlungsplanung begrenzt. Verschiedene Unsicherheiten in der Bestrahlungsplanung können zu Diskrepanzen zwischen der berechneten und applizierten Dosisverteilung führen. Deswegen ist es notwendig, diese Unsicherheiten in der Planung entweder ganz zu vermeiden oder zumindest hinreichend zu verringern. Je kleiner die Planungsfehler werden, desto besser kann die Dosisverteilung an die Form des Tumors angepasst werden. Die wichtigsten Unsicherheiten in der Bestrahlungsplanung sind Artefakte in der Bildgebung und Ungenauigkeiten bei der Patientenpositionierung. Im Bereich der Bildgebung ergeben sich aufgrund falsch zugewiesener Hounsfieldzahlen Fehler in der Reichweitenberechnung. Diese Reichweitefehler führen wiederum zu einer Veränderung der Dosisverteilung. Falsche Hounsfieldzahlen können durch Metallartefakte, unterschiedliche CT-Parameter (z.B. Scannertyp, Rekonstruktionsfilter, Röhrenspannung, Pixelauflösung) oder Kontrastmittelanreicherungen hervorgerufen werden. Während Patientenpositionierungsfehler nicht verhindert sondern nur verringert werden können, lassen sich fehlerhafte Hounsfieldzahlen aufgrund von Kontrastmittelanreicherungen durch die Anfertigung eines nativen CT-Datensatzes vermeiden. Für die Optimierung der Reichweiten kamen bei dem Pilotprojekt an der GSI bisher ausschließlich native CT-Daten zum Einsatz, da noch nicht ausreichend geklärt wurde, inwieweit sich die Optimierung des Bestrahlungsplanes auf einem kontrastmittelverstärkten Datensatzes negativ auf die Reichweitenberechnung und Dosisverteilung auswirkt. Wenn die Fehler, die bei einer Optimierung auf einem KM-CT-Datensatz gemacht werden, sehr klein im Vergleich zu anderen Fehlern - wie beispielsweise Positionierungsfehler - sind, dann könnte in Zukunft auf die Anfertigung eines nativen CT-Datensatzes verzichtet werden. Statistische Analyse der Patientendaten Durch die hohe Röntgendichte des Kontrastmittels treten im KM-CT-Datensatz häufiger höhere CT-Zahlen auf, als im Nativ-CT-Datensatz. Die Häufigkeitsverteilung der CT-Zahlen des KM-CT-Datensatzes ist deshalb zu höheren Werten hin verschoben. Es wurde gezeigt, dass sich die mittlere CT-Zahl des nativen Tumorgewebes bei Kontrastmittelgabe im Mittel um (19 ± 7) HE erhöhen. Vergleichbare Erhöhungen der CT-Zahlen wurden von Clément et al. nach Injektion des Jodkontrastmittels Omnipaque300 im Tumorgewebe von Ratten beobachtet. Die gemessene Erhöhung der CT-Zahlen betrug dort 20 HE [Clément 2002]. Die Konzentration des dort verwendeten Kontrastmittels von 300 mg Jod/ml entspricht der Konzentration des Kontrastmittels, das in dieser Arbeit verwendet wurde. Auch die Injektionsmenge von 1 ml/kg Körpergewicht ist vergleichbar mit der Injektionsmenge, die zur Anfertigung des KM-CT-Datensatzes am Patienten zum Einsatz kommt. Kontrastmittelanreicherungen im Gewebe können bei einzelnen Patienten sehr unterschiedlich sein, wie die individuellen Abweichungen vom Mittelwert zeigen. Einzelne Werte (3 von 50) lagen hier mehr als 2σ vom Mittelwert entfernt. Die maximale Änderung der mittleren CTZahl im Tumorgewebe beträgt 36 HE. Im Tumorweichteilgewebe beträgt die maximale Änderung sogar 57 HE. Die Änderungen der CT-Zahlen sind im Durchschnitt höher, wenn die Untersuchung der CT-Zahlen auf den Weichteilgewebebereich des Tumors beschränkt wird. Dies ist darauf zurückzuführen, dass wenig- bzw. nichtanreichernde knöcherne Strukturen im 4 Diskussion 35 Tumorgewebe hier nicht in die Mittelwertsberechnung mit eingehen. Nicht alle Tumoren reichern verstärkt Kontrastmittel an. So wurde in einem Fall nur eine minimale Änderung der mittleren CT-Zahl von 4 HE im Tumorgewebe beobachtet. Die Änderungen im gesunden Hirngewebe sind aufgrund der Blut-Hirn-Schranke wie erwartet gering. Bei keinem der untersuchten CT-Datensätze sind die Änderungen der mittleren CT-Zahlen größer als 60 HE. Über den experimentell ermittelten Zusammenhang zwischen CT-Zahlen und Kontrastmittelkonzentration (Abbildung 3.6) kann eine maximale Kontrastmittelkonzentration im Gewebe von 1,5 mg Jod/ml abgeschätzt werden. Dies entspricht einer relativen Kontrastmittelkonzentration von ca. 0,5 %. Bei dieser Abschätzung wird die Näherung gemacht, dass die Veränderung der CT-Zahlen durch das Kontrastmittel in Wasser und Gewebe die gleiche ist. Die mittlere Änderung der CT-Zahlen im Tumorgewebe von 19 HE entspricht einer mittleren Kontrastmittelkonzentration von etwa 0,5 mg Iod/ml. Von Le Duc et al. Wurde unter ähnlichen Rahmenbedingungen eine vergleichbare Kontrastmittelkonzentration von 0,8 mg Jod/ml im Tumorgewebe von Ratten gemessen [Le Duc 2000]. Dies zeigt, dass die hier beschriebene Abschätzung der Kontrastmittelkonzentration im Gewebe als Näherung verwendet werden kann. Korrelation zwischen CT-Zahlen und Kontrastmittelkonzentrationen Der numerische Zusammenhang zwischen Kontrastmittelkonzentrationen in Wasser und CTZahlen wurde experimentell am Computertomographen hergestellt. Dabei wurden die selben Einstellungsparameter verwendet, die auch standardmäßig bei der Anfertigung der CT’s für die Therapieplanung von Patienten verwendet werden. Dadurch konnte sichergestellt werden, dass die gemessenen CT-Zahlen der Kontrastmittellösungen nicht durch unterschiedliche Geräteparameter (z.B. Röhrenspannung, Filter, Rekonstruktionsalgorithmus) verfälscht werden. Der Zusammenhang zwischen Kontrastmittelkonzentrationen und CT-Zahlen lässt sich für Kontrastmittelkonzentrationen im Gewebe (0-1,5 mg Jod/ml) durch eine Gerade beschreiben. Erst bei größeren Konzentrationen weichen die Messwerte aufgrund von Aufhärtungseffekten von dieser Linearität deutlich ab. Für Kontrastmittelkonzentrationen zwischen 1,5 und 300 mg Jod/ml konnten abschnittweise Regressionsgeraden berechnet werden. Da vergleichbar hohe Konzentrationen im Gewebe jedoch nicht auftraten, mussten diese Geraden für die weiteren Rechnungen nicht verwendet werden. Aufhärtungseffekte waren im CT-Bild ab einer Kontrastmittelkonzentration von etwa 40 % deutlich sichtbar. Bei der Aufhärtung werden niedrigere Energien des Röntgenspektrums aufgrund der höheren Röntgendichte des Kontrastmittels verstärkt herausgefiltert, so dass die mittlere Photonenenergie zu höheren Werten hin verschoben wird. Dieser höherenergetische Photonenfluss wird im Material weniger geschwächt als das Feld der ursprünglichen Photonen. Die Schwächungswerte bzw. die CT-Zahlen werden demnach als zu klein berechnet. Die Bereiche, die von einem aufgehärteten Röntgenspektrum durchlaufen werden, erscheinen im CT-Bild als dunkle Schatten (Abbildung 2.6). Für die Korrelation zwischen Kontrastmittelkonzentrationen im Gewebe und CT-Zahlen spielen Aufhärtungseffekte wegen den geringen Kontrastmittelkonzentrationen praktisch keine Rolle. Ab einer Konzentration von etwa 120 mg/ml zeigt sich kein weiterer Anstieg der CT-Zahlen mehr, was vermutlich ein Artefakt der CT-Software ist. Offenbar können CT-Zahlen jenseits von 3073 HE nicht mehr dargestellt werden. Dieses Verhalten wurde auch bei Metallimplantaten beobachtet. Die CT-Zahl von reinem Kontrastmittel war daher nicht bestimmbar, sondern konnte nur geschätzt werden. Dieser Effekt hat auf die Analyse keinen Einfluss, da diese Werte nicht im Gewebe auftreten, sollte aber bei weiteren Untersuchungen berücksichtigt werden. 4 Diskussion 36 Korrelation zwischen CT-Zahlen von Kontrastmittel und Ionenreichweite Die Messung der Reichweitenänderung an der GSI ergab, dass eine Kontrastmittelschicht von 1 cm Dicke vor dem Wasserphantom zu einer Reichweitenverkürzung der Ionen im Wasser von ungefähr 1,2 cm führt. Diese Änderung wurde bei einer Kontrastmittelkonzentration von 100 % gemessen. Unter der Annahme, dass der Zusammenhang zwischen Kontrastmittelkonzentration und Änderung der Ionenreichweite linear ist, wurde eine Gleichung zur Berechnung der relativen wasseräquivalenten Reichweiten von Kontrastmittellösungen beliebiger Konzentrationen ermittelt (Gleichung 2.18). Mit den gemessenen CT-Zahlen der Kontrastmittellösungen im Computertomographen des DKFZ wurde indirekt ein Zusammenhang zwischen CT-Zahlen und relativer wasseräquivalenter Reichweite hergestellt. Der oben beschriebene Aufhärtungseffekt führt dazu, dass auch hier Abweichungen vom linearen Kurvenverlauf auftreten. Für CT-Zahlen bis 60 HE kann jedoch auch hier ein linearer Zusammenhang angenommen werden. Mit Hilfe dieser Korrelation zwischen CT-Zahlen und relativen wasseräquivalenten Reichweiten von Kontrastmittel kann die tatsächliche Reichweitenänderung der Schwerionen in kontrastmittelangereichertem Gewebe abgeschätzt werden. Dabei geht wiederum die Näherung ein, dass die Änderung der CT-Zahlen durch Kontrastmittel im Wasser und Gewebe die gleiche ist. Numerische Berechnungen Die numerischen Berechnungen mit ATIMA bestätigen die gemessene relative wasseräquivalente Reichweite von 1,191 für unverdünntes Kontrastmittel. Der gemessene Wert weicht lediglich um 0,6 % von dem berechneten ab. Dies zeigt, dass die vereinfachte Berücksichtigung der Zusammensetzung des Kontrastmittels in der numerischen Berechnung mit ATIMA ausreichend genaue Ergebnisse liefert. Das mit ATIMA berechnete Verhältnis des Bremsvermögens von Kontrastmittel zu Wasser ist über einen weiten Energiebereich näherungsweise konstant (Abbildung 3.10). Die gemessene Reichweitenänderung und die relative wasseräquivalente Reichweite sind deswegen nahezu unabhängig von der Ionenenergie. Dies bedeutet gleichzeitig, dass die Reichweitenänderung nahezu unabhängig vom Abstand der Kontrastmittelschicht zum Bragg-Peak ist. Befindet sich die distale Kante der Kontrastmittelschicht beispielsweise genau im Bragg-Peak, d.h. die Ionenreichweite fällt mit dem Ende der Kontrastmittelschicht zusammen, beträgt die berechnete relative wasseräquivalente Reichweite 1,184. Der Wert ist damit nur um 1,2 % kleiner als die relative wasseräquivalente Reichweite, die für eine Kontrastmittelschicht am Anfang des Wasserphantoms berechnet wird. Der bei einer hohen Energie bestimmte Wert der Reichweite im Kontrastmittel ist daher mit hinreichender Genauigkeit auf alle Energien übertragbar. Vergleich zwischen den tatsächlichen Reichweitenänderungen in kontrastmittelangereichertem Gewebe und den vom Planungssystem berechneten Der Reichweitenfehler, der während einer Bestrahlung bei Verwendung eines kontrastmittelverstärkten CT-Datensatzes zur Bestrahlungsplanung gemacht wird, kann über die Änderung der mittleren CT-Zahlen im Gewebe abgeschätzt werden. Die mittlere Änderung der CTZahlen im Tumorgewebe von 19 HE führt über die vom Planungssystem verwendete Korrelation zwischen CT-Zahlen und wasseräquivalenten Reichweiten von Gewebe (Gleichung 2.8) zu einem mittleren Reichweitenfehler von 0,83 %. Bei einer Tumorausdehnung von 5 cm ergibt sich eine mittlere Reichweitenänderung von 0,42 mm. Die tatsächliche Reichweitenänderung der Ionen bei entsprechenden Kontrastmittelkonzentrationen im Gewebe wurde über die in dieser Arbeit aufgestellte Korrelation zwischen CT- 4 Diskussion 37 Zahlen und relativen wasseräquivalenten Reichweiten von Kontrastmittellösungen berechnet (Gleichung 2.19). Bei derselben Tumorausdehnung beträgt die tatsächliche mittlere Reichweitenänderung in kontrastmittelangereichertem Gewebe 0,016 mm, was einem mittleren relativen Reichweitefehler von nur 0,032 % entspricht. Der maximale Fehler, der bei der Berechnung der tatsächlichen mittleren Änderung der Ionenreichweite gemacht wird, beträgt ca. 3 %. Die tatsächlichen Reichweitenänderungen in kontrastmittelangereichertem Gewebe betragen demnach nur 4 % der vom Planungssystem berechneten. Sie entsprechen dem Fehler, der bei der Bestrahlung gemacht wird, wenn ein kontrastmittelverstärkter CT-Datensatz zur Bestrahlungsplanung verwendet wird und das Planungssystem die Teilchenreichweiten in kontrastmittelangereichertem Gewebe richtig berechnen würde. Dieser Fehler würde folglich allein auf der Tatsache beruhen, dass während der Bestrahlung kein Kontrastmittel im Patienten vorhanden ist (Fehlerquelle 1). Das bedeutet gleichzeitig, dass die vom Planungssystem berechneten Reichweitenänderungen um den Faktor 26 überschätzt sind. Eine Optimierung der Dosisverteilung auf dem KM-CTDatensatz würde zu einer Auswahl zu hoher Energien führen, selbst wenn während der Bestrahlung dieselbe Kontrastmittelverteilung im Patienten wie bei der CT-Bildgebung vorliegen würde. Das bestrahlte Volumen würde sich trotzdem in einer größeren Tiefe als das berechnete Zielvolumen befinden (Fehlerquelle 2). In Tabelle 4.1 sind die vom Planungssystem berechneten Reichweitenänderungen bzw. Reichweitenüberschätzungen den tatsächlichen Reichweitenänderungen in kontrastmittelangereichertem Gewebe gegenübergestellt. Änderung der mittleren CTZahl im Gewebe [HE] 5 10 15 20 25 30 35 40 45 50 55 60 19 36 57 Reichweitenüberschätzung während der Bestrahlung bei Verwendung des KM-CT-Datensatzes zur Bestrahlungsplanung pro 5 cm Tumor [mm] [%] 0,218 0,109 0,435 0,218 0,652 0,326 0,870 0,435 1,087 0,544 1,305 0,653 1,523 0,761 1,740 0,870 1,958 0,979 2,175 1,088 2,393 1,196 2,610 1,305 0,862 0,413 1,566 0,783 2,479 1,240 Tatsächliche Reichweitenänderung in kontrastmittelangereichertem Gewebe [%] 0,008 0,017 0,025 0,034 0,042 0,050 0,059 0,067 0,076 0,084 0,092 0,101 0,032 0,060 0,096 pro 5 cm Tumor [mm] 0,004 0,008 0,013 0,017 0,021 0,025 0,029 0,034 0,038 0,042 0,046 0,050 0,016 0,030 0,048 Tabelle 4.1: Reichweitenänderung der Schwerionen in Abhängigkeit von der Erhöhung der mittleren CT-Zahlen im Gewebe nach Kontrastmittelgabe. Der Grund für die Überschätzung der Reichweitenänderung durch das Planungssystem ist die hohe Ordnungszahl Z des Kontrastmittels (vgl. Kapitel 2.5.3). Bei der Aufstellung der vom Planungssystem benutzen Korrelation zur Berechnung der Ionenreichweiten wurden Materialien mit vergleichbar hohen Ordnungszahlen nicht berücksichtigt. Die durch das Kontrastmittel erhöhten CT-Zahlen im Gewebe werden vom Planungssystem deshalb als Gewebe hoher 4 Diskussion 38 physikalischer Dichte aufgefasst. Ihnen werden zu hohe relative wasseräquivalente Reichweiten zugeordnet. Die physikalische Dichte des Kontrastmittels (ρ = 1,34 g/cm3) ist jedoch nur geringfügig größer als die des Tumorweichteilgewebes (ρ ≈ 0,9 bis 1 g/cm3), das aufgrund seiner verstärkten Kontrastmittelanreicherung am meisten zur Reichweitenänderung beiträgt. Die tatsächlichen relativen wasseräquivalenten Reichweiten des kontrastmittelangereicherten Gewebes sind deshalb kleiner als die vom Planungssystem berechneten (Abbildung 4.1). Die Teilchenreichweiten ändern sich folglich in Wirklichkeit deutlich weniger, als bei der Planung angenommen wird. 1,030 Relative wasseräquivalente Reichweite 1,028 1,0261+-0,0007 (0,7%) 1,026 1,024 1,022 -4 Rrel 1 = (4,35+-0,12)*10 *HZ + 1 (HZ>0) 1,020 1,018 1,016 1,014 1,012 1,010 1,008 1,006 1,004 -5 1,002 Rrel 2 = (1,68+-0,05)*10 * HZ + 1 1,001+-0,00003 (0,003%) 1,000 0 10 20 30 40 CT-Zahl [HE] 50 60 70 (1,5 mg Iod/ml) Abbildung 4.1: Vergleich der tatsächlichen relativen wasseräquivalenten Reichweiten von Kontrastmittel mit den vom Planungssystem berechneten; schwarz: tatsächliche Werte, blau: die vom Planungssystem berechneten Werte Bei der statistischen Analyse der CT-Datensätze wurden keine Änderungen der mittleren CTZahlen im Gewebe beobachtet, die größer als 57 HE waren. Bei einer Tumorausdehnung von 5 cm führt eine Erhöhung der CT-Zahlen um 57 HE zu einer mittleren Reichweite der Schwerionen, die während der Bestrahlung um (1,240 ± 0,035) mm zu groß ist. Dadurch lässt sich ein maximaler Reichweitenfehler von ca. 2,5 % abschätzen, der während der Bestrahlung gemacht wird, wenn ein kontrastmittelverstärkter CT-Datensatz zur Optimierung der Reichweiten verwendet wird. Die tatsächliche Reichweitenänderung beträgt zum Vergleich lediglich (0,0479 ± 0,0015) mm. Reichweitenänderung eines dünnen Ionenstrahls Zur Überprüfung der Abschätzung des Reichweitenfehlers über die Änderung der mittleren CT-Zahlen wurde exemplarisch die Reichweitenänderung eines dünnen Ionenstrahls direkt über die Änderung der mittleren relativen wasseräquivalenten Reichweiten bestimmt. Eine Erhöhung der relativen wasseräquivalenten Reichweiten von 0,9958 auf 1,0084 führte zu einer Reichweitenänderung von 1,3 %. Über die Erhöhung der mittleren CT-Zahl um 27,1 HE wurde eine Reichweitenänderung von 1,2 % abgeschätzt. Der Vergleich der beiden Ergebnis- 4 Diskussion 39 se bestätigt, dass die Abschätzung der Reichweitenänderung über die Änderung der mittleren CT-Zahlen größenordnungsmäßig richtig ist. Simulation der Dosisverteilung im Patienten bei Planung auf dem KM-CT Die Simulation der Dosisverteilung, die sich im Patienten während der Bestrahlung bei Optimierung auf einem KM-CT-Datensatz tatsächlich ergibt, bestätigt die erwarteten Reichweitenverschiebungen. Am distalen Ende des Zielvolumens sind in der Differenzdarstellung der Dosisverteilungen Erhöhungen der Dosis im gesunden Gewebe zu erkennen. (Abbildung 3.13). Durch die Überlagerung vieler Energien im Patienten sind die Verhältnisse hier jedoch erheblich komplexer. Es zeigt sich daher nicht einfach eine Verschiebung des Hochdosisbereiches zu größeren Tiefen, sondern eine Verformung des distalen Dosisabfalls. Dies äußert sich in einer maximal registrierten Dosiserhöhung von 45 % bezogen auf die Dosis im Zielvolumen. Bei CT Nr. 3 erweist sich diese Dosiserhöhung im gesunden Gewebe als relativ unproblematisch, da sich keine Risikoorgane (OAR) direkt hinter dem Zielvolumen befinden. Bei CT Nr. 8 befindet sich gesundes Hirngewebe (Temporallappen) hinter dem Zielvolumen, in dem eine zusätzliche Dosisbelastung unerwünscht ist. Es können auch Fälle auftreten, wo Risikostrukturen wie z.B. Sehnerven oder Rückenmark direkt am Zielvolumen anliegen. Da gerade die Schwerionentherapie in besonders kritischen Fällen eingesetzt wird, ist davon auszugehen, dass die Toleranzdosen der Risikoorgane in der Bestrahlungsplanung bereits weitgehend ausgeschöpft werden. Eine Dosiserhöhung von 45 %, wenn auch nur in kleinen Volumina, führt daher fast zwangsläufig zu einer Überschreitung der Toleranzdosen. Die Folge wären mit hoher Wahrscheinlichkeit auftretende Strahlenschäden in den betreffenden Risikoorganen. Eine wesentliche Grundlage für die hier durchgeführten Berechnungen ist, dass die beiden CT-Datensätze eines Patienten räumlich exakt übereinstimmen. Dies wurde durch eine stereotaktische Korrelation erreicht. Fehler durch leicht unterschiedliche Lage des Patienten in der Maske können sich in unterschiedlicher Weise auf die Dosisverteilung auswirken. Bei CT Nr. 3 kann die resultierende Dosisdifferenz auch die Folge von großen Dichtesprüngen im Gewebe sein. Erfahrungsgemäß können bei einem Luft-Knochenübergang überdurchschnittlich große Fehler in der Berechnung der Dosisverteilung auftreten. Geringe Fehler in der Lagerung des Patienten können dann bereits zu erheblichen Abweichungen in der Dosisverteilung führen. Bei CT Nr. 8 kann jedoch davon ausgegangen werden, dass die Dosisdifferenz aufgrund von Kontrastmittelanreicherungen zustande kommt, da hier keine entsprechenden Dichtesprünge im CT-Bild zu erkennen sind, die solche Fehler verursachen könnten. Größere Fehler können auch durch Organ- oder Atembewegungen verursacht werden. Im Kopf und Hals ist dies im wesentlichen im Bereich der Atemwege, der Nasenhöhle und der Speiseröhre möglich. Im Rachen ist dies beispielsweise bei Schluckbewegungen sofort einsichtig. Da bei der Simulation der Dosisdifferenzen jedoch korrelierte CT-Datensätze aus dem Schädelbasisbereich verwendet wurden, bei denen die beschriebenen Fehler durch Organoder Atembewegung nicht auftraten, kann davon ausgegangen werden, dass die beobachteten Dosisdifferenzen tatsächlich durch das Kontrastmittel verursacht wurden. 4 Diskussion 40 Schlussfolgerung Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass die tatsächlichen Reichweitenänderungen in kontrastmittelangereichertem Gewebe maximal 0,1 % betragen. Bei Tumorausdehnungen in Strahlrichtung bis 5 cm entspricht dies einer maximalen Reichweitenänderung von 0,05 mm. Diese Änderungen sind sicher vernachlässigbar. Die Bestrahlungsplanung auf dem kontrastmittelverstärkten CT-Datensatz kann während der Bestrahlung jedoch aufgrund der vom Planungssystem falsch interpretierten CT-Zahlen zu einer Überreichweite der Ionen führen, die bis zu 2,5 % größer ist, als die erwünschte Reichweite. Noch größere Abweichungen als die hier beobachteten können nicht ausgeschlossen werden. Bei stark anreichernden Tumoren können die mittleren CT-Zahlen im Gewebe um bis zu 57 HE verschoben sein. Bei einer räumlichen Tumorausdehnung in Strahlrichtung von 5 cm, kann dies zu einem mittleren Reichweitefehler von ca. 1,2 mm führen. Der maximale Reichweitenfehler durch das Kontrastmittel ist somit größenordnungsmäßig vergleichbar mit der Ungenauigkeit der Patientenpositionierung. Die Simulation der Dosisverteilung im Patienten hat gezeigt, das aufgrund der Reichweitenüberschätzung bis zu 45 % mehr Dosis fälschlicherweise im gesunden Volumen appliziert wird. Es ist davon auszugehen, dass die gefundenen Überreichweiten häufig nicht klinisch relevant sind. Andererseits kann darüber im Einzelfall ohne eine native CT-Aufnahme keine genaue Aussage getroffen werden. Im ungünstigsten Fall können mehrere Umstände zusammenkommen, bei denen eine Planung auf dem KM-CT zu einer nicht tolerierbaren Überreichweite bei der Bestrahlung führt. Wird beispielsweise ein relativ großer Tumor mit gutem Anreicherungsverhalten in der Nähe von Risikostrukturen bestrahlt, dann sollte auf jeden Fall der native CT-Datensatz zur Bestrahlungsplanung verwendet werden. Andernfalls könnte durch den Planungsfehler eine für die Risikoorgane kritische Dosiserhöhung auftreten, die durch die Planung auf einem nativen CT-Datensatz hätte verhindert werden können. Zu berücksichtigen ist ferner, dass die durch das Kontrastmittel im Planungsprozess hervorgerufenen Fehler immer systematisch zu Überreichweiten führen. Bei der geplanten Anwendung der Schwerionen im Beckenbereich bzw. Körperstamm ist zu bedenken, dass hier deutlich größere Reichweiten und damit auch größere absolute Abweichungen auftreten können. Unter diesen Gesichtspunkten ist es aus Sicherheitsgründen auch in Zukunft sinnvoll, eine Dosis- und Reichweitenoptimierung im Rahmen einer Bestrahlungsplanung für Schwerionen standardmäßig unter Verwendung eines nativen CT-Datensatzes durchzuführen Literaturverzeichnis 41 Literaturverzeichnis [Bohndorf 1992] Bohndorf W, Richter J, Computertomographie und Bestrahlungsplanung in der Radioonkologie Biermann Verlag GmbH Zülpich (1992) [Bonn 2000] Bonn M, Computer-Tomographie Seminararbeit WS 1999/2000 <wwwipr.ira.uka.de/~megi/SEMINAR/WS_99_00/ct.pdf> (Datum des Zugriffs: 15.08.2002) [Castro 1987] Castro JR, Gademann G Collier JM, Linstad D, Pitluck S, Wood-ruff K, Gauger G, Char D, Gutin Ph, Phillips ThL, Chu W, Henderson Sh, Strahlentherapie mit schweren Teilchen am Lawrence Berkeley Laboratory der Klinischen Universität von Kalifornien Strahlentherapie und Onkologie 163 Nr. 1, 9-16 (1987) [Castro 1994] Castro JR, Linstadt DE, Bahary JP, Petti PL, Daftari I, Collier JM, Gutin PH, Gauger G, Phillips TL, Experience in charged particle irradiation of tumors of the skull base: 1977-1992 Int. 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