Industrieökonomik I Wintersemester 2007 / 08 1 3. Theorie des Monopols 3.1 Vollständiger Wettbewerb als Referenzpunkt 3.2 Das Einprodukt–Monopol 3.3 Preisdiskriminierung und nichtlineare Preise 3.4 Dauerhafte Güter 3.5 Qualität und Werbung 3.6 Das Mehrprodukt–Monopol 3.7 Tie-ins und Bundling 3.8 Differenzierte Güter und monopolistischer Wettbewerb Prof. Dr. Ulrich Schwalbe 3. und 4. Vorlesung, 6. 11. und 13. 11. 2007 Industrieökonomik I Wintersemester 2007 / 08 2 3.1 Vollkommene Konkurrenz als Referenzpunkt Im folgenden wird kurz das Konzept der vollkommenen Konkurrenz vorgestellt. Diese ist im allgemeinen durch die folgenden Bedingungen charakterisiert: • eine große Anzahl von Firmen und Konsumenten; • ein homogenes Gut; • vollkommene Information über alle relevanten ökonomischen Variablen; • keine Transaktionskosten; • freier Marktzutritt und -austritt. Märkte bei vollkommener Konkurrenz: Firmen und Konsumenten verhalten sich als Preisnehmer, d. h. jeder Akteur geht davon aus, daß er keinen Einfluss auf den Marktpreis hat. Prof. Dr. Ulrich Schwalbe 3. und 4. Vorlesung, 6. 11. und 13. 11. 2007 Industrieökonomik I Wintersemester 2007 / 08 3 Ein Wettbewerbsgleichgewicht in diesem Markt ist definiert durch einen Output yi∗ für jede Firma i und einen Preis p∗ , so dass gilt: 1. Gegeben diesen Preis, wählt jede Firma den gewinnmaximierenden Output; 2. gegeben diesen Preis, ist die Nachfrage gleich dem Angebot. Prof. Dr. Ulrich Schwalbe 3. und 4. Vorlesung, 6. 11. und 13. 11. 2007 Industrieökonomik I Wintersemester 2007 / 08 4 Definition 1 Der Vektor (p∗ , y1∗ , y2∗ ) mit p∗ , y1∗ , y2∗ ≥ 0 heißt Wettbewerbsgleichgewicht, wenn 1. für ein gegebenes p∗ die Menge yi∗ das Optimierungsproblem max πi (yi ) = p∗ yi − Ci (yi ) , yi i = 1, 2 löst und 2. p∗ = a − b (y1∗ + y2∗ ) gilt. Prof. Dr. Ulrich Schwalbe 3. und 4. Vorlesung, 6. 11. und 13. 11. 2007 Industrieökonomik I Wintersemester 2007 / 08 5 Grenzkostenpreise und Wohlfahrt Im folgenden geht es um die Wohlfahrtseigenschaften eines Wettbewerbsgleichgewichts. Dazu betrachten wir das Konzept der Konsumentenrente. Die Differenz zwischen der Zahlungsbereitschaft eines Konsumenten und dem Preis, den er tatsächlich zahlt, ist seine Konsumentenrente. Die gesamte Konsumentenrente ergibt sich dann, indem man die der einzelnen Konsumenten addiert. Grafisch ergibt sich die Konsumentenrente als die Fläche unter der Preis-Absatz-Funktion und oberhalb des Preises. Sie ist auf der nächsten Folie für zwei Preise als blau bzw. rot schraffierte Fläche illustriert. Prof. Dr. Ulrich Schwalbe 3. und 4. Vorlesung, 6. 11. und 13. 11. 2007 Industrieökonomik I Wintersemester 2007 / 08 6 p p1 p2 y Prof. Dr. Ulrich Schwalbe 3. und 4. Vorlesung, 6. 11. und 13. 11. 2007 Industrieökonomik I Wintersemester 2007 / 08 7 Offensichtlich nimmt die Konsumentenrente zu, wenn der Preis sinkt; wir können also schreiben CS(p) (CS für consumer surplus). Definition 2 Sei p der Marktpreis und sei die Zahl der Unternehmen auf dem betrachteten Markt durch N ≥ 1 gegeben. Die Wohlfahrt ist definiert durch W (p) = CS(p) + N X πi (p), i=1 wobei πi (p) der Gewinn des Unternehmens i beim Preis p ist. In die Wohlfahrt gehen also sowohl die Konsumentenrente als auch die Gewinne der Unternehmen ein. Prof. Dr. Ulrich Schwalbe 3. und 4. Vorlesung, 6. 11. und 13. 11. 2007 Industrieökonomik I Wintersemester 2007 / 08 8 Im folgenden soll gezeigt werden, dass die hergestellte und konsumierte Menge des Gutes die Wohlfahrt maximiert, wenn der Marktpreis gleich den Grenzkosten der Unternehmen ist, die das Gut produzieren. Betrachten wir hierzu noch einmal die inverse Nachfragefunktion und einen Marktpreis p0 . In diesem Fall ist die Konsumentenrente gleich dem auf der nächsten Folie eingezeichneten Dreieck α. Die Produzentenrente ist durch die Fläche zwischen dem Marktpreis und den Stückkosten für die Menge y0 gegeben, bezeichnet durch die Fläche β. Die Wohlfahrt ist hier also gegeben durch α + β. Prof. Dr. Ulrich Schwalbe 3. und 4. Vorlesung, 6. 11. und 13. 11. 2007 Industrieökonomik I Wintersemester 2007 / 08 9 p α p0 γ β c y0 Prof. Dr. Ulrich Schwalbe y 3. und 4. Vorlesung, 6. 11. und 13. 11. 2007 Industrieökonomik I Wintersemester 2007 / 08 10 Man beachte, dass die Fläche γ nicht in die Wohlfahrt eingeht. Dies ist der sogenannte Wohlfahrtsverlust oder deadweight loss, der mit Preisen oberhalb der Grenzkosten verbunden ist. Man sieht, dass bei einem Preis p = c die gesamte Wohlfahrt maximiert wird. Zwar ist hier die Produzentenrente gleich 0, aber die Zunahme an Konsumentenrente ist größer als die Einbuße an der Produzentenrente. Bei Preisen unterhalb der Grenzkosten würde eine Erhöhung des Preises zu einer Vergrößerung der Produzentenrente führen, die die Verringerung an Konsumentenrente überkompensiert. Prof. Dr. Ulrich Schwalbe 3. und 4. Vorlesung, 6. 11. und 13. 11. 2007 Industrieökonomik I Wintersemester 2007 / 08 11 3.2 Das Einprodukt–Monopol Ein Monopolist ist der einzige Anbieter auf einem Markt. Der Monopolist kann also beliebige Punkte auf der Preis-Absatz-Funktion realisieren. Er wird diejenige Menge anbieten, die seinen Gewinn maximiert. Der Monopolist ist beschrieben durch seine Kostenfunktion C(y). Die Preis-Absatz-Funktion ist durch p(y) bezeichnet. Der Erlös ist dann gegeben durch R(y) = p(y)y. Prof. Dr. Ulrich Schwalbe 3. und 4. Vorlesung, 6. 11. und 13. 11. 2007 Industrieökonomik I Wintersemester 2007 / 08 12 Das Gewinnmaximierungsproblem des Monopols ist max π(y) = R(y) − C(y). y Die notwendige Bedingung für ein Gewinnmaximum ist dR(y) dC(y) dπ(y) = − = 0. dy dy dy Bezeichnet man die Ableitung des Erlöses mit M R(y) und die Grenzkosten mit M C(y), ist die Bedingung erster Ordnung für ein Gewinnmaximum M R(y) = M C(y), (1) wobei gilt dp(y) d (p(y)y) = y + p(y). M R(y) = dy dy Prof. Dr. Ulrich Schwalbe 3. und 4. Vorlesung, 6. 11. und 13. 11. 2007 Industrieökonomik I Wintersemester 2007 / 08 13 Aus Bedingung (1) können wir den gewinnmaximalen Output y m berechnen. Den resultierenden Preis findet man, indem man diese Menge in die Preis-Absatz-Funktion einsetzt. Analog erhält man die Kosten, indem man y m in die Kostenfunktion einsetzt. Schließlich sind noch diese ermittelten Größen in die Gewinngleichung einzusetzen. Ist der Gewinn positiv, dann ist die Menge y m die Lösung des Gewinnmaximierungsproblems. Ist der Gewinn kleiner als 0, dann sollte das Unternehmen die Produktion einstellen. Prof. Dr. Ulrich Schwalbe 3. und 4. Vorlesung, 6. 11. und 13. 11. 2007 Industrieökonomik I Wintersemester 2007 / 08 p 14 p pm ym y y Im linken Diagram produziert das Monopol die Menge y m , während im rechten Diagramm die Nachfrage so gering bzw. die Kosten so hoch sind, dass keine Produktion stattfindet, d. h. y m = 0. Entscheidend ist die rot eingezeichnete Kurve, auf der diejenigen Preis-Mengen-Kombinationen liegen, für die das unternehmen einen Gewinn von null macht. Prof. Dr. Ulrich Schwalbe 3. und 4. Vorlesung, 6. 11. und 13. 11. 2007 Industrieökonomik I Wintersemester 2007 / 08 15 Für die Preis-Absatz-Funktion p(y) = a − by und die Kostenfunktion C(y) = F + cy 2 können wir das Problem des Monopolisten explizit lösen. max(a − by)y − F − cy 2 . y Die Bedingung erster Ordnung lautet a − 2by = 2cy. Aufgelöst nach y ergibt sich y Prof. Dr. Ulrich Schwalbe m a = . 2(b + c) 3. und 4. Vorlesung, 6. 11. und 13. 11. 2007 Industrieökonomik I Wintersemester 2007 / 08 16 Der Gleichgewichtspreis pm ist pm = a − by m = a(b + 2c) . 2(b + c) Der Gewinn des Monopolisten ist also: 2 a (b + 2c) π(y ) = −F −c 2 4(b + c) m a 2(b + c) Zusammenfassend können wir also feststellen: a falls F ≤ 2(b+c) m y = 0 sonst. Prof. Dr. Ulrich Schwalbe 2 a2 = − F. 4(b + c) a2 4(b+c) 3. und 4. Vorlesung, 6. 11. und 13. 11. 2007 Industrieökonomik I Wintersemester 2007 / 08 17 Monopol und Wohlfahrt p p pm pc ym y , yc y In der linken Grafik sehen wir das Monopolgleichgewicht zusammen mit der Konsumentenrente und der Produzentenrente. Hier gibt es einen Wohlfahrtsverlust in Höhe der Fläche des weißen Dreiecks. Die rechte Grafik zeigt den Fall der vollkommenen Konkurrenz mit einem Preis gleich den Grenzkosten. Hier tritt kein Wohlfahrtsverlust auf. Prof. Dr. Ulrich Schwalbe 3. und 4. Vorlesung, 6. 11. und 13. 11. 2007 Industrieökonomik I Wintersemester 2007 / 08 18 In der Literatur wird auf zusätzliche soziale Kosten eines Monopols hingewiesen, insbesondere das sogenannte Rent-seeking, der Ressourcenverbrauch, um ein Monopol zu erhalten. Hierzu gehören u.a. die folgenden Aktivitäten: 1. Werbung, die nur dem Zweck dient, andere Marken schlecht zu machen. 2. Ressourcen, die verwendet werden, um potentielle Konkurrenten vom Markteintritt abzuschrecken. Hierzu gehört auch eine Überinvestition in Kapital, um den Markteintritt für potentielle Konkurrenten unprofitabel zu machen. 3. Lobbykosten, die aufgewendet werden um den Gesetzgeber davon zu überzeugen, dass ein bestimmtes Monopol nicht wohlfahrtsmindernd ist. 4. Exzessive Ausgaben für Forschung und Entwicklung aufgrund eines Patentrennens. Prof. Dr. Ulrich Schwalbe 3. und 4. Vorlesung, 6. 11. und 13. 11. 2007 Industrieökonomik I Wintersemester 2007 / 08 19 Nicht zu solchen Aufwendungen gehören aber die folgenden: 1. Ausgaben für Forschung und Entwicklung, die zu einem Patent führen, da hierdurch verbesserte Technologien und neue Produkte resultieren. 2. Bestechungsgelder an Politiker und Beamte, um exklusive Rechte zu erlangen – es handelt sich hier nur um einen Transfer von Vermögen. Prof. Dr. Ulrich Schwalbe 3. und 4. Vorlesung, 6. 11. und 13. 11. 2007 Industrieökonomik I Wintersemester 2007 / 08 20 3.3 Preisdiskriminierung und nichtlineare Preise Bisher wurde davon ausgegangen, dass der Monopolist von jedem Konsumenten den gleichen Preis verlangt. Es ist jedoch häufig so, dass durch Preisdiskriminierung der Gewinn des Monopols erhöht werden kann. Preisdiskriminierung bedeutet, dass ein Unternehmen in der Lage ist, von verschiedenen Konsumenten verschiedene Preise für das gleich Produkt zu verlangen. Um unterschiedliche Preise verlangen zu können, muss das Monopol in der Lage sein, Arbitragegeschäfte auszuschließen. Bei einem Arbitragegeschäft würde ein Konsument das Produkt zu einem günstigen Preis einkaufen und es zu einem höheren Preis an einen anderen Konsumenten wieder verkaufen, der direkt vom Monopolisten nur zu einem hohen Preis kaufen könnte. Prof. Dr. Ulrich Schwalbe 3. und 4. Vorlesung, 6. 11. und 13. 11. 2007 Industrieökonomik I Wintersemester 2007 / 08 21 Beispiele für preisdiskriminierendes Verhalten bei dem solche Arbitragegeschäfte relativ leicht auszuschließen sind, sind u.a. die folgenden. • Unternehmen verlangen unterschiedliche Preise an unterschiedlichen Orten; diese Orte müssen durch die Geographie, hohe Steuern (Zölle) oder Transportkosten getrennt sein. • Dienstleistungsanbieter verlangen unterschiedliche Preise für verschiedene Altersgruppen (z. B. Seniorenkarte, Schülermonatskarte, die man nur unter Vorlage des entsprechenden Ausweises erhält). • Preisvergünstigungen für verschiedene soziale Gruppen (Studententarife). • Preise für z. B. Zeitschriften sind für Bibliotheken höher als für Individuen. Im weiteren wird davon ausgegangen, dass ein Monopol in der Lage ist, Arbitragegeschäfte auszuschließen. Prof. Dr. Ulrich Schwalbe 3. und 4. Vorlesung, 6. 11. und 13. 11. 2007 Industrieökonomik I Wintersemester 2007 / 08 22 Wir untersuchen den Fall, in dem ein Monopol ein Produkt auf zwei getrennten Märkten verkauft. Welche Mengen sollte der Monopolist auf den beiden Märkten anbieten? p1 p2 p1 (y1 ) M p2 (y2 ) R2 ) (y 2 M R1 (y1 ) y1 (a) Markt 1 Prof. Dr. Ulrich Schwalbe y2 (b) Markt 2 3. und 4. Vorlesung, 6. 11. und 13. 11. 2007 Industrieökonomik I Wintersemester 2007 / 08 23 Formal lautet das Problem des Monopolisten max π(y1 , y2 ) = R1 (y1 ) + R2 (y2 ) − C(y1 + y2 ). y1 ,y2 Die Bedingungen erster Ordnung sind ∂π(y1 , y2 ) = M Ri (yi ) − M C(y1 + y2 ), ∂yi i = 1, 2. Der preisdiskriminierende Monopolist setzt also M R1 (y1m ) = M R2 (y2m ) = M C(y1m + y2m ), d. h. auf beiden Märkten wird der Grenzerlös gleich den Grenzkosten gesetzt. Prof. Dr. Ulrich Schwalbe 3. und 4. Vorlesung, 6. 11. und 13. 11. 2007 Industrieökonomik I Wintersemester 2007 / 08 p1 24 p2 pm 1 pm 2 c c y1m (c) Markt 1 Prof. Dr. Ulrich Schwalbe y1 y2m y2 (d) Markt 2 3. und 4. Vorlesung, 6. 11. und 13. 11. 2007 Industrieökonomik I Wintersemester 2007 / 08 25 Ökonomische Intuition: Wären die Mengen y1 und y2 so gewählt, dass M R1 (y1 ) > M R2 (y2 ) gilt, dann könnte der Monopolist eine Einheit seines Outputs vom Markt 2 zu Markt 1 transferieren und dadurch seinen Erlös und den Gewinn steigern. Wäre andererseits M R1 (y1 ) = M R2 (y2 ) aber M R1 (y1 ) 6= M C(y1 + y2 ), dann könnte der Gewinn gesteigert werden, indem eine zusätzliche Einheit hergestellt und verkauft wird, nämlich dann, wenn die Grenzkosten geringer sind als der Grenzerlös, bzw. im Falle, dass die Grenzkosten höher als der Grenzerlös sind, indem eine Einheit weniger hergestellt und verkauft wird. Prof. Dr. Ulrich Schwalbe 3. und 4. Vorlesung, 6. 11. und 13. 11. 2007 Industrieökonomik I Wintersemester 2007 / 08 26 Um die gewinnmaximalen Outputniveaus zu ermitteln, sind zwei Gleichungen mit zwei Unbekannten zu lösen. Allerdings kann man das Problem grafisch lösen: Man betrachte den Schnittpunkt der Grenzkostenfunktion mit der Grenzerlösfunktion auf dem Gesamtmarkt. Hierdurch kann man den gesamten Output y m = y1m + y2m ermitteln. Nun betrachtet man eine Horizontale und die entsprechenden Schnittpunkte mit den Grenzerlösfunktionen M R1 und M R2 . Hieraus ergeben sich die Outputniveaus für die beiden Einzelmärkte. Prof. Dr. Ulrich Schwalbe 3. und 4. Vorlesung, 6. 11. und 13. 11. 2007 Industrieökonomik I Wintersemester 2007 / 08 p1 p2 27 p pm 1 pm 2 c c y1m (e) Markt 1 y1 c y2m (f) Markt 2 y2 y1m + y2m y (g) Gesamtmarkt Um nun noch die Preise auf den beiden Märkten zu bestimmen, muss man nur noch jeweils den Wert der Preis-Absatz-Funktion für die Mengen y1m und m y2m ablesen und erhält so die Preise pm und p 1 2 . Prof. Dr. Ulrich Schwalbe 3. und 4. Vorlesung, 6. 11. und 13. 11. 2007 Industrieökonomik I Wintersemester 2007 / 08 28 Schließlich kann man noch die Summe der Gewinne auf den beiden getrennten Märkten mit dem Gewinn vergleichen, der sich beim uniformen Monopolpreis pm auf dem Gesamtmarkt ergäbe. Grafisch sind diese Gewinne als grau unterlegte Flächen dargestellt. Die Summe der beiden linken Flächen ist größer als die rechte. p1 p2 p pm 1 p pm 2 c c y1m (h) Markt 1 Prof. Dr. Ulrich Schwalbe y1 c y2m (i) Markt 2 y2 y1m + y2m y (j) Gesamtmarkt 3. und 4. Vorlesung, 6. 11. und 13. 11. 2007 Industrieökonomik I Wintersemester 2007 / 08 29 Übungsaufgabe: Den Grafiken liegen als Preis-Absatz-Funktionen für die beiden Märkte p1 (y1 ) = 10 − y1 und p2 (y2 ) = 6 − y2 sowie die Kostenfunktion C(y) = C (y1 + y2 ) = 2 y zugrunde. Dafür lässt sich nachrechnen, dass der Gewinn bei Preisdiskriminierung π1 + π2 = 16 + 4 = 20 beträgt und der Monopolgewinn auf dem Gesamtmarkt m m nur π = 18. (Zwischenergebnisse: y1m = 4, y2m = 2, pm 1 = 6, p2 = 4, p = 5.) Prof. Dr. Ulrich Schwalbe 3. und 4. Vorlesung, 6. 11. und 13. 11. 2007 Industrieökonomik I Wintersemester 2007 / 08 30 Wie hängen die Preise auf den beiden Märkten mit den Preiselastizitäten zusammen? Wir hatten gesehen, dass der Grenzerlös geschrieben werden kann als 1 M R(y) = p 1 + . ηp (y) Für die Gleichgewichtspreise gilt also 1 1 m m p1 1 + = p2 1 + . η1 η2 m Daraus folgt pm 2 > p1 wenn η2 > η1 bzw. |η2 | < |η1 |. Prof. Dr. Ulrich Schwalbe 3. und 4. Vorlesung, 6. 11. und 13. 11. 2007 Industrieökonomik I Wintersemester 2007 / 08 31 Dies kann man in folgendem Theorem zusammenfassen. Theorem 1 Ein preisdiskriminierender Monopolist wird auf dem Markt mit geringerer Elastizität einen höheren Preis verlangen. Intuitiv: Bei niedrigerer Preiselastizität geht die Menge, die das Unternehmen bei einem höheren Preis absetzen kann, weniger stark zurück. Daher lohnt sich auf diesem Markt eine Preisanhebung noch, wenn auf dem Markt mit der höheren Elastizität der für das Unternehmen positive Effekt höherer Erlöse pro Stück bereits durch den für das Unternehmen negativen Effekt des Nachfragerückgangs überkompensiert wird. Prof. Dr. Ulrich Schwalbe 3. und 4. Vorlesung, 6. 11. und 13. 11. 2007 Industrieökonomik I Wintersemester 2007 / 08 32 Andere Arten der Preisdiskriminierung Diese Art der Preisdiskriminierung (zwischen zwei getrennten Märkten) wird in der Literatur häufig als Preisdiskriminierung dritten Grades bezeichnet. Daneben gibt es aber auch noch andere Formen der Preisdiskriminierung: die Preisdiskriminierung ersten und die zweiten Grades. Von Preisdiskriminierung ersten Grades oder von vollkommener Preisdiskriminierung spricht man, wenn dem Monopolisten von jedem Konsumenten ein Preis entsprechend seiner maximalen Zahlungsbereitschaft gezahlt wird. In diesem Fall kann der Monopolist sich die gesamte volkswirtschaftliche Rente aneignen und wird dieselbe Menge absetzen wie bei vollkommener Konkurrenz auf diesem Markt. Prof. Dr. Ulrich Schwalbe 3. und 4. Vorlesung, 6. 11. und 13. 11. 2007 Industrieökonomik I Wintersemester 2007 / 08 33 p pm m y y Allerdings stellt diese Art der Preisdiskriminierung eine eher theoretische Möglichkeit dar. Der Monopolist scheint unüberwindlichen Schwierigkeiten gegenüberzustehen: Er müsste eine Fülle von Informationen haben und Arbitragegeschäfte ausschließen können. Prof. Dr. Ulrich Schwalbe 3. und 4. Vorlesung, 6. 11. und 13. 11. 2007 Industrieökonomik I Wintersemester 2007 / 08 34 Wenn das Gut nicht weiterverkauft werden kann und der Monopolist die Nachfragefunktion jedes Konsumenten kennt, zeigt sich jedoch, dass es sehr einfache Preissetzungsmechanismen gibt, mit denen eine Preisdiskriminierung ersten Grades erreicht werden kann. Ein effektiver Mechanismus ist ein nichtlineares Preisschema bzw. ein sogenannter Two–part tariff. Ein solches Schema besteht aus: 1. einer festen Gebühr, z. B. einer Eintrittsgebühr, die es einem Konsumenten ermöglicht, das Gut zu kaufen; 2. einem Preis, den der Konsument pro Einheit des konsumierten Gutes zu zahlen hat. Prof. Dr. Ulrich Schwalbe 3. und 4. Vorlesung, 6. 11. und 13. 11. 2007 Industrieökonomik I Wintersemester 2007 / 08 35 Solche Preismechanismen beobachtet man häufig in Vergnügungsparks, wie z. B. Disneyland. Im folgenden wollen wir kurz ein Modell eines solchen Two–part tariffs betrachten (vgl. ?). Die inverse Nachfragefunktion eines Konsumenten nach den Leistungen ist gegeben durch p(y) = a − y. Hier bezeichnet y die Zahl der Nutzungen von z. B. den Fahrgeschäften und a die maximale Zahlungsbereitschaft eines Konsumenten für eine Fahrt. Die Kostenfunktion von Eurodisney ist C(y) = F + cy. Prof. Dr. Ulrich Schwalbe 3. und 4. Vorlesung, 6. 11. und 13. 11. 2007 Industrieökonomik I Wintersemester 2007 / 08 36 Würde Eurodisney sich wie ein normales Monopol verhalten, dann würde Eurodisney einen Output wählen, der die Bedingung a − 2y = c erfüllt, d. h., ym = a−c . 2 Der Monopolpreis in diesem Fall ist p m a+c = 2 und der Bruttogewinn pro Besucher ist (a − c)2 . πb (y ) = 4 m Prof. Dr. Ulrich Schwalbe 3. und 4. Vorlesung, 6. 11. und 13. 11. 2007 Industrieökonomik I Wintersemester 2007 / 08 37 p a a+c 2 c a−c 2 Prof. Dr. Ulrich Schwalbe a 2 a y 3. und 4. Vorlesung, 6. 11. und 13. 11. 2007 Industrieökonomik I Wintersemester 2007 / 08 38 Gibt es pro Tag n Besucher in Eurodisney, dann ist der Gewinn des Monopols (a − c)2 π (y ) = nπb (y ) − F = n − F. 4 m m Um zu untersuchen, wie Eurodisney seinen Gewinn erhöhen könnte, betrachten wir die verbleibende Konsumentenrente, die auf der folgenden Folie durch das hellblau markierte Gebiet gekennzeichnet ist. Prof. Dr. Ulrich Schwalbe 3. und 4. Vorlesung, 6. 11. und 13. 11. 2007 Industrieökonomik I Wintersemester 2007 / 08 39 p a a+c 2 c a−c 2 Prof. Dr. Ulrich Schwalbe a 2 a y 3. und 4. Vorlesung, 6. 11. und 13. 11. 2007 Industrieökonomik I Wintersemester 2007 / 08 40 Die Konsumentenrente a+c 1 CS = · a − 2 2 a−c (a − c)2 · = . 2 8 hat sich Eurodisney nicht aneignen können. Wir betrachten daher einen Two–part tariff. Eurodisney verlangt von jedem Konsumenten ein Eintrittspreis in Höhe von (a−c)2 und einen Preis pro Fahrt von a+c 8 2 . Die Konsumenten werden weiter Eurodisney besuchen, da ihre Konsumentenrente nicht negativ ist. Da der Eintrittspreis unabhängig von der Menge an Fahrten ist, wird jeder Konsument dieselbe Anzahl konsumieren. Dies führt dazu, dass Eurodisney sich die gesamte Konsumentenrente aneignen kann. Der Gewinn des Monopols steigt also um Prof. Dr. Ulrich Schwalbe (a−c)2 8 pro Konsument. 3. und 4. Vorlesung, 6. 11. und 13. 11. 2007 Industrieökonomik I Wintersemester 2007 / 08 41 Allerdings kann der Monopolist einen noch größeren Gewinn machen, indem er den Preis pro Fahrt reduziert. Dadurch erhöht sich zunächst die Konsumentenrente. Indem er den Eintrittspreis entsprechend erhöht, kann er sich aber erneut die gesamte Konsumentenrente aneignen und dadurch insgesamt seinen Gewinn erhöhen. Der optimale Two–part tariff ist derjenige, der zunächst die Gesamtrente maximiert und dann über den Eintrittspreis dafür sorgt, dass der Monopolist sich die komplette Rente aneignet. Da wir bereits gesehen hatten, dass die Gesamtrente maximiert wird, wenn der Preis den Grenzkosten des Unternehmens entspricht, ist damit klar, wie der optimale Two–part tariff gestaltet werden muss. Prof. Dr. Ulrich Schwalbe 3. und 4. Vorlesung, 6. 11. und 13. 11. 2007 Industrieökonomik I Wintersemester 2007 / 08 42 p a p =c a 2 a−c a y 1. Der Preis pro Fahrt wird gleich den Grenzkosten c gesetzt; 2. Bei diesem Preis ist die Konsumentenrente (hellblau) 1 (a − c)2 CS = (a − c)(a − c) = . 2 2 Prof. Dr. Ulrich Schwalbe 3. und 4. Vorlesung, 6. 11. und 13. 11. 2007 Industrieökonomik I Wintersemester 2007 / 08 43 Unter diesem Preisschema ist der Gewinn pro Fahrt gleich 0, da der Preis gleich den (konstanten) Grenzkosten ist. Der Bruttogewinn ist gleich (a−c)2 n 2 ; der Gewinn ist also (a − c)2 π =n − F. 2 ∗ Man beachte, dass jeder Konsument die gleiche Menge an Fahrten kauft wie bei vollkommenem Wettbewerb. Hieran sieht man, dass ein vollständig preisdiskriminierender Monopolist die Wettbewerbsmenge anbietet. Prof. Dr. Ulrich Schwalbe 3. und 4. Vorlesung, 6. 11. und 13. 11. 2007 Industrieökonomik I Wintersemester 2007 / 08 44 Die Gesamtausgaben eines Konsumenten setzen sich aus dem Eintrittspreis und den Ausgaben für die Fahrten zusammen, d. h., (a − c) (a − c) (a − c)2 + c(a − c) = (a − c + 2c) = (a + c). 2 2 2 Die Gesamtmenge an Fahrten, die von einem Konsumenten gekauft werden, ist a − c. Der durchschnittliche Preis pro Fahrt ist also (a + c)/2. Dies entspricht dem Monopolpreis p(y m ). Prof. Dr. Ulrich Schwalbe 3. und 4. Vorlesung, 6. 11. und 13. 11. 2007 Industrieökonomik I Wintersemester 2007 / 08 45 Betrachtet man als ein numerisches Beispiel etwa a = 10 und c = 2, dann ergeben sich als optimale Menge und als optimaler Preis bei einem normalen Monopol 4 und 6. Eurodisney macht dann einen Gewinn von (6 − 2)4 = 16 pro Besucher. Würde das Monopol jedoch den optimalen Two–part tariff wählen, dann ergäbe sich eine Eintrittsgebühr von 32 und ein Verkaufspreis von 2 pro Fahrt. Jeder Konsument macht 8 Fahrten und bezahlt insgesamt 48, d. h. 6 im Durchschnitt. In diesem Fall macht Eurodisney einen Gewinn von 32 pro Besucher. Prof. Dr. Ulrich Schwalbe 3. und 4. Vorlesung, 6. 11. und 13. 11. 2007 Industrieökonomik I Wintersemester 2007 / 08 46 Man kann sich nun leicht überlegen, dass Two–part tariffs auch dann angewendet werden kann, wenn sich die Konsumenten unterscheiden. Voraussetzung ist hier natürlich auch, dass Arbitragegeschäfte zwischen unterschiedlichen Gruppen von Konsumenten ausgeschlossen werden, z. B. durch Alter (Seniorenpreis), soziale Gruppe (Studentenpreis) oder z. B. Geschlecht (unterschiedliche Eintrittspreise für Männer und Frauen in einer Diskothek). Angenommen, der Monopolist weiß, dass eine Gruppe der Konsumenten (die alten) die Preis-Absatz-Funktion hat pa (ya ) = 16 − ya , während die andere (die jungen) die folgende Preis-Absatz-Funktion hat pj (yj ) = 12 − yj . Prof. Dr. Ulrich Schwalbe 3. und 4. Vorlesung, 6. 11. und 13. 11. 2007 Industrieökonomik I Wintersemester 2007 / 08 47 Die Grenzkosten des Monopols, z. B. die Kosten pro Getränk in einer Diskothek sind 4. Bei einem Preis von 4 werden die älteren Konsumenten 12 Getränke konsumieren und eine Konsumentenrente von 72 bekommen. Dies kann man an der folgenden Grafik sehen. p 16 p 12 72 32 4 4 12 Prof. Dr. Ulrich Schwalbe 16 y , 8 12 y 3. und 4. Vorlesung, 6. 11. und 13. 11. 2007 Industrieökonomik I Wintersemester 2007 / 08 48 Die Jungen werden 8 Getränke konsumieren und eine Konsumentenrente in Höhe von 32 erhalten. Der Eigentümer kann sich diese Konsumentenrenten aneignen, indem er entsprechende Eintrittspreise verlangt und einen Preis pro Getränk in Höhe der Grenzkosten ansetzt. Dies kann er durchsetzen, indem er z. B. am Eingang einen Altersnachweis verlangt. Ein Problem besteht jedoch dann, wenn das relevante Kriterium, nach dem sich die Konsumenten unterscheiden, für den Monopolisten nicht beobachtbar ist. An diesem Punkt setzt die Preisdiskriminierung zweiten Grades an. Prof. Dr. Ulrich Schwalbe 3. und 4. Vorlesung, 6. 11. und 13. 11. 2007