63 Preispolitische Maßnahmen erfolgsorientiert vorbereiten und steuern Lernfeld 8: Preispolitische Maßnahmen erfolgsorientiert vorbereiten und steuern STR UK T UR Ü B E R S I C H T Preis- und Konditionenpolitik Festlegung des Verkaufspreises (kostenorientiert, konkurrenzorientiert, nachfrageorientiert) Controlling Abgrenzung von Aufwendungen und Kosten bzw. Leistungen und Erträge Tätigkeiten zur Unterstützung der kurz- und langfristigen Steuerung des Unternehmens unter Beachtung definierter Unternehmensziele Konditionen (Rabatte, Skonto, Bezugskosten, Garantieleistungen) Beachtungen der unterschiedlichen Aufgabensetzungen der Finanzbuchhaltung und der Kosten- und Leistungsrechnung Deckungsbeitragsrechnung Aufteilung der Kosten in fixe und variable Kosten Preispolitische Maßnahmen erfolgsorientiert vorbereiten und steuern Ermittlung von Preisuntergrenzen Bestimmung des optimalen Sortiments Kostenartenrechnung Kostenträgerrechnug Vorwärtskalkulation Kostenstellenrechnung Erfassung sämtlicher Kosten (Produktionsfaktorbezogene Kosten, verrechnungsbezogene Kosten, beschäftigungsbezogene Kosten) Rückwärtskalkulation Differenzkalkulation Aufteilung der Kosten in Gemein- und Einzelkosten Ermittlung der Stellen in einem Betrieb, an denen Kosten entstanden sind Verteilung der Gemeinkosten auf die Hauptkostenstellen Ermittlung von Ist-Zuschlagssätzen für die Kalkulation 64 Lernfeld 8: Preispolitische Maßnahmen erfolgsorientiert vorbereiten und steuern 8.1 Preispolitik Preis- und Konditionenpolitik Die Preispolitik hat u. a. die Aufgabe, den richtigen Verkaufspreis eines Artikels zu bestimmen. Zum einen müssen sämtliche anfallende Kosten in einer Unternehmung durch den Verkaufspreis gedeckt werden. Zum anderen sollte ein angemessener Gewinn in den Verkaufspreis einkalkuliert sein. Durch die herrschende Wettbewerbssituation ist es weiterhin nötig, die Preise von Konkurrenzunternehmen mit den eigenen Preisen zu vergleichen. Eine Preisgestaltung allein auf der Grundlage der eigenen Kostensituation und eines wünschenswerten Gewinns kann ohne den Blick auf die Preispolitik von Unternehmen desselben Marktsegmentes in der Regel nicht die gesetzten Unternehmensziele (z. B. Steigerung des Absatzes, Erreichung neuer Käufergruppen) erfüllen. Nachfrageverhalten der Käufer Bei der Festsetzung des Verkaufspreises ist zudem das Nachfrageverhalten der Käufer (Kunden) zu berücksichtigen: Sind die Kunden bereit, einen bestimmten Verkaufspreis zu akzeptieren und die entsprechenden Waren zu kaufen, oder weichen sie auf andere, ähnlich geartete Produkte aus? Preispolitische Maßnahmen Preispolitische Maßnahmen sollten daher folgende Punkte berücksichtigen: 앫 Deckung der eigenen Kosten mit einem angemessenen Gewinnzuschlag durch den Verkaufspreis, 앫 Befriedigung des Nachfrageverhaltens von Kunden durch einen von den Kunden akzeptierten Verkaufspreis, 앫 Vergleich der Verkaufspreise mit Unternehmen, die bzgl. der eigenen Produktpalette eine Konkurrenz darstellen. Beispiel: Die TRIAL GmbH hat den Verkaufspreis für ein Rennrad auf 1 200,00 EUR festgelegt und erzielt damit Kostendeckung und einen Gewinn. Ein Konkurrenzunternehmen – die Quart AG – verkauft ein ähnlich ausgestattetes Rennrad für 990,00 EUR. Die TRIAL GmbH kann nun versuchen, den Verkaufspreis zu senken und dennoch alle Kosten zu decken. Ein Unternehmen muss aber nicht zwangsläufig den Verkaufspreis verringern, um konkurrenzfähig zu bleiben. Es kann Dienstleistungen (z. B. einen kostenlosen Kundendienst für die ersten zwei Jahre) anbieten oder Zahlungsfristen verlängern, um gegenüber den Kunden einen höheren Verkaufspreis zu rechtfertigen. Beispiel: Die TRIAL GmbH kann trotz eines hohen Verkaufspreises eines Rennrades den Kunden mit einer Garantieverlängerung inkl. Kundendienst von zwei auf drei Jahre ein gutes Verkaufsargument bieten. Preispolitik – kostenorientiert Vorwärtskalkulation Über eine Vorwärtskalkulation – unter Berücksichtigung von Liefererrabatten, Skontoausnutzung und sonstigen Konditionen, Handlungskosten und Gewinnzuschlag – kann ein Verkaufspreis bestimmt werden. Beispiel: Die TRIAL GmbH kauft Rad-Trikots zu einem Preis von 15,00 EUR ein und möchte einen Verkaufspreis kalkulieren. Dazu benötigt die verantwortliche Abteilung exakte Informationen über die Kostensituation. Kosten- und Leistungsrechnung Von der Warenlieferung bis zum Verkauf fallen für ein Unternehmen eine Vielzahl von Kosten an. Diese Kosten können auf unterschiedliche Weise gegliedert und geordnet werden. Im Bereich der Kosten- und Leistungsrechnung ergibt sich folgende sinnvolle Einteilung der Kosten: 65 Preis- und Konditionenpolitik 앫 Einzel- und Gemeinkosten 앫 Variable und fixe Kosten Unter Einzelkosten werden alle Kosten zusammengefasst, die einem Produkt (Ware oder Warengruppe) direkt zurechenbar sind. Einzelkosten Beispiel: Die TRIAL GmbH erhält von einem Lieferanten eine Warensendung über zehn Rad-Trikots zu einem Gesamtpreis von 150,00 EUR. Die anfallenden Kosten von 15,00 EUR je Stück können direkt dem Produkt Rad-Trikot zugerechnet werden. Unter Gemeinkosten werden solche Kosten zusammengefasst, die einem Produkt nicht direkt zurechenbar sind. Anfallende Gemeinkosten können mithilfe von Verteilungsschlüsseln den einzelnen Produkte zugerechnet werden. Gemeinkosten Beispiel: Die TRIAL GmbH zahlt ihren Mitarbeitern Gehälter. Die Zahlung von Gehältern stellt für die TRIAL GmbH Kosten dar, die in den Verkaufspreis einkalkuliert werden müssen. Das Rechnungswesen hat einen Verteilungsschlüssel festgelegt, wie diese Kosten auf die Warengruppen verteilt werden: 45 % der Gehälter werden in die Kalkulation des Verkaufspreises für Rennräder einbezogen, 40 % in die Festsetzung des Verkaufspreises für Mountain-Bikes und der Rest für Bikewear. Variable Kosten sind abhängig von der zu bestellenden Menge (bzw. Produktionsmenge) und können Einzelkosten oder Gemeinkosten darstellen. Variable Kosten Beispiel: Die TRIAL GmbH erwirbt zehn Rad-Trikots für insgesamt 150,00 EUR. Die variablen Kosten betragen 15,00 EUR je Rad-Trikot (Einzelkosten). Ein Konkurrent der TRIAL GmbH beschäftigt einen Reisenden. Dieser erhält pro verkauftes Produkt (zusätzlich zu einem Fixgehalt) einen Betrag in Höhe von 25,00 EUR vergütet (Gemeinkosten). Die Höhe der variablen Kosten ist somit abhängig vom zu erzielenden Umsatz. Ist in einer Abrechnungsperiode mit einem steigenden Umsatz zu rechnen, so müssen auch mehr Waren eingekauft werden, was zu erhöhten Kosten hinsichtlich der Warenaufwendungen führt. Variable Kosten sind umsatzabhängige bzw. beschäftigungsabhängige Kosten. Beispiel: Anna Müller möchte den Kostenverlauf mithilfe eines Schaubildes visualisieren. Dazu ermittelt sie das erforderliche Zahlenmaterial anhand einer Wertetabelle: Anzahl zu bestellender Rad-Trikots in Stück Einzelpreis in EUR (variable Stückkosten) Gesamtpreis in EUR (variable Gesamtkosten) 0 5 10 15 20 15,00 15,00 15,00 15,00 15,00 0,00 75,00 150,00 225,00 300,00 Dies ergibt die folgenden Schaubilder zur Darstellung der variablen Stückkosten und Gesamtkosten. Umsatzabhängige bzw. beschäftigungsabhängige Kosten Kostenverlauf 66 Lernfeld 8: Preispolitische Maßnahmen erfolgsorientiert vorbereiten und steuern EUR EUR variable Gesamtkosten 300,00 225,00 150,00 variable Stückkosten 15,00 75,00 5 10 15 Menge in Stück 20 5 10 15 20 Menge in Stück Die variablen Gesamtkosten zeigen einen linearen Verlauf. Die Kosten nehmen mit zunehmender Bestellmenge proportional zu. Fixe Kosten Beschäftigungsgradunabhängige Kosten Fixe Kosten sind unabhängig von der zu bestellenden Menge (bzw. Produktionsmenge). Sie fallen in jedem Fall an, auch wenn keine Waren eingekauft bzw. verkauft werden. Da sie nicht vom zu erzielenden Umsatz abhängen, heißen die fixen Kosten auch beschäftigungsgradunabhängige Kosten. Beispiel: Die monatliche Zahlung von Gehältern in Höhe von 23 000,00 EUR fällt auch an, wenn die TRIAL GmbH den Betrieb für einen Monat wegen Betriebsferien schließt. 0 5 10 15 20 23 000,00 23 000,00 23 000,00 23 000,00 23 000,00 – 4 600,00 2 300,00 1 533,33 1 150,00 Anzahl von zu bestellenden bzw. verkauften Rad-Trikots in Stück Gehälter in EUR (fixe Gesamtkosten) Anteilige Gehälterbeiträge in Bezug auf die Bestellmenge in EUR Fixkostendegression Die Höhe der Gehälter bleibt gleich, gleichgültig, ob der Umsatz bzw. die Warenaufwendungen steigen oder fallen. Die anteiligen Gehälterbeiträge nehmen mit zunehmender Menge ab, d. h., je höher die Verkaufsmenge, umso mehr verteilen sich die Fixkosten auf die einzelnen Produkte (Fixkostendegression). EUR EUR 4600,00 anteilige Fixkosten (fixe Stückkosten) 3450,00 fixe Kosten 23000,00 2300,00 1150,00 5 Selbstkosten 10 15 20 Menge in Stück 5 10 15 20 Menge in Stück Die Summe dieser Kosten (die Summe der Einzel- und Gemeinkosten bzw. die Summe der variablen und fixen Kosten stellt die Selbstkosten dar) sollte durch die Kalkulation des Verkaufspreises gedeckt sein (Deckung der Selbstkosten). Sollte eine Ware zu einem 67 Preis- und Konditionenpolitik so ermittelten Verkaufspreis abgesetzt werden, würde ein Unternehmen keinen Gewinn erzielen, da der Verkaufspreis wertmäßig den Selbstkosten entspricht. Erst durch die Kalkulation eines Gewinnzuschlagssatzes wird ein erwünschter Gewinn in die Kalkulation integriert. Der Verkaufspreis liegt dann über den Selbstkosten. Gewinnzuschlagssatz MER K E Gemeinkosten können fixe und variable Kosten darstellen. Einzelkosten sind in der Regel variable Kosten. Preispolitik – konkurrenzorientiert Eine konkurrenzorientierte Preispolitik ist dann gegeben, wenn Preispolitik – konkurrenzorientiert 앫 ein Unternehmen keine Monopolstellung besitzt, 앫 die Waren von Konkurrenzunternehmen gleichartig (homogen) im Vergleich zur eigenen Sortimentsstruktur sind. Sobald ein Konkurrenzunternehmen den Verkaufspreis einer Ware senkt bzw. unterbietet, müssen andere Unternehmen (mit gleichartigen Gütern) darauf reagieren. Dies bedeutet aber nicht zwangsläufig, dass auch hier Preissenkungen stattfinden müssen. Da das Ziel der Kostendeckung weiterhin gegeben sein sollte, gilt es zu überprüfen, welche Kosteneinsparungen vorgenommen werden könnten, um dennoch Kostendeckung zu erreichen. Kostensenkungen können erzielt werden über: 앫 앫 앫 앫 앫 Verhandlungen mit Lieferanten über höhere Rabatte bzw. Lieferungen frei Haus, Erhöhung von Bestellmengen, um Mengenrabatte zu erhalten, Senkung von Handlungskosten, Analyse über Eigenlagerung und Fremdlagerung, Minderung des Gewinnzuschlages. Kostensenkungen Welche Alternativen für Kostensenkungen ein Unternehmen wählt, hängt von einer Vielzahl von Faktoren ab (z. B. Anzahl von Lieferanten, Standort der Lieferanten, Arbeitsverträge). Ebenso besitzt kein Unternehmen eine Garantie, dass Kostensenkungen auch den gewünschten Erfolg erzielen. So kann sich die Minderung von Werbekosten negativ auf den Absatz von Waren auswirken. Preispolitik – nachfrageorientiert Der typische Käufer der heutigen Zeit ist kritisch und wählerisch. Er ist bereit, um den Verkaufspreis einer Ware zu handeln und dann gegebenenfalls – bei keinerlei Zugeständnissen – nichts zu erwerben. Die Marktsituation spiegelt zurzeit einen Käufermarkt wider: dem Kunden steht ein Angebotsüberschuss zur Verfügung, der sich aus einem steigenden Warenangebot und konstanter Nachfrage ergibt. Ein Angebotsüberschuss ist das Ergebnis eines schnelleren Angebotswachstums im Vergleich zum Wachstum der Nachfrage. Preispolitik – nachfrageorientiert Käufermarkt Mitarbeiter im Bereich Verkauf sollten daher genau wissen, wie weit sie einen bestehenden Verkaufspreis senken können, um nicht in die Verlustzone zu gelangen (z. B. über die Ermittlung von Preisuntergrenzen, siehe Seite 105 ff.). Die Ermittlung der Einzelkosten und der Gemeinkosten, deren Verteilung auf die Produkte, die Festlegung eines Preises, bei dem gerade noch ein Gewinn erzielt wird, sind u. a. Aufgaben der Kosten- und Leistungsrechnung. Aufgaben der Kosten- und Leistungsrechnung 137 Preispolitische Maßnahmen erfolgsorientiert vorbereiten und steuern Lernfeld 9: Marketing planen, durchführen und kontrollieren STR UK T UR Ü B E R S I C H T Unternehmensstrategie Marketing Marktforschung und Absatzplanung Möglichkeiten der Marktforschung Gegenstand der Marktforschung Methoden der Marktforschung Absatzprognosen Absatzcontrolling Marketing – eine Unternehmensstrategie Marketing – eine Unternehmensfunktion Strategisches Absatzcontrolling Operatives Absatzcontrolling Produkt- und Sortimentspolitik Ziele und Strategien der Produktionspolitik Ziele und Strategien der Sortimentspolitik Marketing planen, durchführen und kontrollieren Preispolitik Ziele und Strategien der Preispolitik Einflussgrößen der Preispolitik Konditionenpolitik Marketing-Mix Distributionspolitik Kommunikationspolitik Ziele der Distributionspolitik Strategien der Distributionspolitik Strategien der Absatzlogistik Ziele der Kommunikationspolitik Strategien der Kommunikationspolitik Instrumente der Kommunikationspolitik 138 Lernfeld 9: Marketing planen, durchführen und kontrollieren 9.1 Marketing als zentrale Unternehmensstrategie Die Ursprünge des Marketings findet man zu Beginn des 20. Jahrhunderts. Ausgangspunkt waren die Probleme der Unternehmen bei der Distribution von Produkten. Marketing war zu dieser Zeit also eine rein auf den Vertrieb von Produkten ausgerichtete Unternehmensfunktion. Marketing Leitkonzepte der Unternehmensführung Ab den 60er-Jahren des letzten Jahrhunderts gewinnt der Unternehmensbereich Marketing auch außerhalb des Vertriebsbereichs immer mehr an Gewicht. Ursache ist die Wandlung der Märkte von Verkäufermärkten hin zu Käufermärkten. Es gilt nicht mehr eine unterversorgte Bevölkerung mit dringend notwendigen Gütern zu versorgen, sondern der Markt wird im Gegenteil zum Engpass: Ein Überangebot an Gütern trifft auf gesättigte Märkte; nicht der Verkäufer, sondern der Käufer nimmt auf diesen Märkten eine dominierende Stellung ein. Durch die Gegebenheiten auf diesen Märkten werden die Unternehmen zu einem Umdenken gezwungen, weg vom produktionsorientierten, hin zum marktorientierten Denken. Marketing ist seit dieser Zeit nicht mehr nur eine Unternehmensfunktion, sondern neben dem Controlling, dem Qualitätsmanagement, der Personalführung, … eines der zentralen Leitkonzepte der Unternehmensführung geworden, das sämtliche Unternehmensfunktionen durchdringt. Marketing wird damit zu einer der strategischen Verhaltensweisen der Unternehmen. Marketing A. Unternehmensstrategie Unternehmensstrategie Unternehmensfunktion = strategische Ausrichtung aller Unternehmensfunktionen und -prozesse an den Bedingungen des Markte (Marktorientierung), d. h., interne und externe Prozesse (Kunden, Lieferanten, Konkurrenten, …) werden durch das Denken vom Markt her bestimmt. 9.1.1 B. Unternehmensfunktion Die gesamte Unternehmensfunktion Marketing beschäftigt sich mit der optimalen Positionierung des Unternehmens auf Beschaffungs- und Absatzmärkten. Im Folgenden beschränken wir uns auf das Absatzmarketing, d. h., wir beschäftigen uns mit dem Verkauf und der Distribution von Produkten/Dienstleistungen. Marketing – eine Unternehmensstrategie Als strategische Entscheidungen eines Unternehmens bezeichnet man Aussagen über das langfristige Verhalten unter der Beachtung bestimmter Umweltbedingungen (Kunden, Konkurrenten, Staat usw.). Warum ist nun Marketing eine der zentralen Unternehmensstrategien? Wie bereits erwähnt, haben sich die wichtigsten Märkte von Verkäufer- zu Käufermärkten gewandelt. Notwendig ist auf diesen Märkten ein kunden- bzw. marktorientiertes Denken. Ohne Orientierung am Markt wird sich ein Unternehmen auf dem Käufermarkt nicht durchsetzen können. Dieser Zwang zur Marktorientierung erfordert eine Ausrichtung aller Unternehmensaktivitäten an den Interessen des Marktes. Bei Interessenkonflikten mit anderen Unternehmensfunktionen (Einkauf, Produktion, Forschung und Entwicklung usw.) sind marktorientierte Prioritäten festzulegen. Darüber hinaus sind Mitarbeiter aller Unternehmensbereiche von der Notwendigkeit der Marktorientierung zu überzeugen. Marketing nimmt somit eine Koordinationsfunktion im Unternehmen ein: Alle Aktivitäten der Forschungs- und Entwicklungsabteilung, der Produktion und der Lagerhaltung, Marketing als zentrale Unternehmensstrategie 139 des Einkaufs und der Finanzierung sind unter dem Aspekt der Marktorientierung zu überprüfen. Unternehmensführung ist folglich ohne den Anspruch des Marketings nicht mehr möglich, teilweise taucht sogar der umstrittene Dominanzanspruch des Marketings in der Unternehmensführung auf. Marketing als Unternehmensstrategie bedeutet also eine ganz konsequente Ausrichtung aller Unternehmensfunktionen an den Erfordernissen des Marktes. Für die Umsetzung dieser Unternehmensstrategie sind folgende Merkmale anzustreben: 1. Die bewusste Marktorientierung aller Unternehmensbereiche. Marktorientierung bedeutet in erster Linie Kundenorientierung. Anhand der folgenden sechs Merkmale kann der Grad der Kundenorientierung des Unternehmens ermittelt werden: – Inwieweit sucht das Unternehmen den Dialog mit den Kunden? Hier sollten u. a. folgende Fragen geklärt werden: Hat der Kunde Beratungsbedarf, ist er mit den Produkten und dem Service zufrieden? – Hat das Unternehmen kundengerechte Produkte? Passen die Produkte oder die Dienstleistungen noch zu den veränderten Werten der Kunden? Gefordert ist also eine ständige Überprüfung des Produktportfolios. – Wie gut ist der Kundenservice des Unternehmens? Dabei geht es vor allem darum, wie zuverlässig ein Unternehmen seine Serviceleistungen (Reparaturen, Bearbeitung von Reklamationen, Kundenberatung usw.) wahrnimmt. Mangelhafter Service ist die häufigste Ursache für den Kundenverlust. – Hat das Unternehmen eine prozessorientierte Vertriebsstruktur? Funktionen wie Angebotserstellung, Verkauf und Auftragsabwicklung müssen organisatorisch eine Einheit bilden. Damit ist gewährleistet, dass spezifische Vereinbarungen mit Kunden nicht immer wieder neu erklärt bzw. eingefordert werden müssen. – Der Vertriebsweg muss kundennah sein, d. h., Vertriebsniederlassungen und Filialen müssen vom Kunden in kurzer Zeit zu erreichen sein. Kann das mit eigenen Fililalen nicht gewährleistet werden, müssen Absatzmittler eingeschaltet werden. – Hat das Unternehmen zielgerichtete Anreizsysteme? Die Kundenorientierung steht und fällt mit der Einsatzbereitschaft und dem Willen der Mitarbeiter. Motivation lässt sich mit materiellen (Entlohnung) oder immateriellen Anreizen (Weiterbildung, beruflicher Aufstieg) erreichen. 2. Die Beobachtung der weiteren Marktumwelt (Konkurrenten, Staat, Absatzmittler) und die spontane Reaktion auf wichtige Verhaltensänderungen der Marktumwelt. 3. Die ständige Suche und das Erschließen neuer Märkte und Kundenschichten. 4. Die Koordination und Ausrichtung aller Unternehmensfunktionen und -aktivitäten am Markt. 9.1.2 Marketing – eine Unternehmensfunktion Marketing ist aber nicht nur eine strategische Verhaltensweise im Unternehmen, sondern auch eine Unternehmensfunktion, wie Finanzierung, Personal, Einkauf usw. Dabei sollte jedes Unternehmen ein ganz individuelles Konzept entwickeln, welche Ziele es mit den Maßnahmen des Marketings erreichen will und welche Instrumente es dafür einsetzen möchte. Für die Entwicklung eines Marketingkonzepts muss ein Unternehmen folgende Vorgehensweise beachten: 1. Zuerst müssen Marketingziele festgelegt werden. 2. Daraus werden dann Marketingstrategien entwickelt. 3. Schließlich plant man den Einsatz von Marketinginstrumenten, um die Ziele und Strategien verwirklichen zu können. Marktorientierung Beobachtung der Marktumwelt Suche, Erschließen neuer Märkte Ausrichtung aller Unternehmensfunktionen am Markt Entwicklung eines Marketingkonzepts 140 Festlegung von Marketingzielen Lernfeld 9: Marketing planen, durchführen und kontrollieren 1. Festlegung von Marketingzielen Marketingziele sind alle im Marketingkonzept eines bestimmten Unternehmens definierten Planvorgaben. Marketingziele sind, wie die Ziele anderer Unternehmensfunktionen auch, aus den allgemeinen Unternehmenszielen abgeleitet. Die Aufgabe des Marketings ist es, mit den Möglichkeiten des Marketings diese abgeleiteten Ziele zu erfüllen. Ziele müssen messbar (operationalisierbar) sein, damit ihr Erreichen oder das Scheitern festgestellt werden kann. Dies ist bei wirtschaftlichen Marketingzielen relativ leicht zu überprüfen, beispielsweise sind die Umsatz- und Marktanteilsziele nach Ablauf einer Periode gut zu überprüfen. Viel schwieriger ist die Zielerreichung bei nicht wirtschaftlichen Zielen, wie beispielsweise der Verbesserung des Firmenimages, zu messen. Mit speziellen Imagetests, durchgeführt von Marktforschungsinstituten, lassen sich aber auch Einstellungsänderungen messen. Erhöhung des Marktanteils Marktvolumen Erhöhung des Marktanteils Unter dem Marktanteil versteht man den prozentualen Anteil eines Unternehmens am gesamten Marktvolumen eines Marktes. Mit Marktvolumen bezeichnet man die tatsächlich innerhalb einer bestimmten Periode realisierten Absatzmengen einer Güter- bzw. Dienstleistungsart: Unternehmensumsatz/-absatz · 100 Marktanteil Marktanteil = Marktvolumen Mit der Bestimmung des Marktanteils lassen sich die Positionen eines Unternehmens auf einem bestimmten Markt und deren Veränderungen genau bestimmen. Die zeitliche Veränderung des Marktanteils gibt Aufschlüsse über die Entwicklung der Unternehmensstellung auf dem Markt. Umsatzsteigerung Umsatzsteigerung Der Umsatz ist der in Mengen- oder Werteinheiten gemessene Marktabsatz eines Unternehmens in einer bestimmten Periode. Die Umsatzhöhe eines Unternehmens ist gleichzeitig bestimmend für den Marktanteil dieses Unternehmens. Umsatzsteigerung ist nicht gleichbedeutend mit Gewinnsteigerung, trotzdem ist Umsatzsteigerung ein ganz wesentliches Marketing- und auch Unternehmensziel. Höhere Umsätze reduzieren die Kosten des Einkaufs (u. a. höhere Einkaufsrabatte und günstigere Beschaffungskosten), senken die Kosten der Lagerhaltung/Stück und erhöhen damit die preispolitischen Möglichkeiten auf der Verkaufsseite. Gewinnung neuer Kunden/ Märkte Gewinnung neuer Kunden/Märkte Von entscheidender Bedeutung für das Unternehmen ist auch die Eroberung neuer Kunden auf alten oder auf neuen Märkten. Einerseits bringen neue Kunden mehr Umsatz, damit lässt sich das Ziel Umsatzsteigerung leichter erfüllen. Andererseits kann das Unternehmen neue Zielgruppen oder Kunden in anderen Ländern/Regionen ansprechen und damit eine Diversifizierung der Kundenstruktur erreichen. Als eine ideale Möglichkeit bei der Gewinnung neuer Kunden erweist sich immer mehr das Internet. Selbst kleine und mittlere Firmen sind mit ihrem Internetauftritt in der Lage, weltweit und ohne große Kosten neue Kunden anzusprechen. Marketing als zentrale Unternehmensstrategie Verbesserung des Produkt- und Firmenimages Die meisten Kernmärkte (Automobil, Baustoffe, Textil, Sport und Freizeit usw.) sind gesättigte Märkte. Langfristiges und nachhaltiges Wachstum in gesättigten Märkten lässt sich nur noch über Imageverbesserungen erreichen. Ohne Produkt- und/oder Markenimage wird der Wettbewerb der Unternehmen immer härter, Marktstellungsziele werden nur noch über Preiskämpfe erreicht. Die Hersteller wenden folglich immer höhere Beträge zur Verbesserung des Produkt- und Markenimages auf. Das Aufzeigen von Möglichkeiten der Verbesserung von Produkt- und Firmenimage und die Kommunikation dieses Images auf den Märkten ist ein zentrales Ziel der Marketingabteilung. 2. Entwicklung von Marketingstrategien Marketingstrategien sind langfristige Vorgehensweisen bzw. Maßnahmen im Marketing, mit denen man sicherstellen will, dass die angestrebten Marketingziele erreicht werden. Die beiden im Folgenden vorgestellten Marketingstrategien sind nur zwei Beispiele aus einer Fülle von möglichen Strategien. A. Marktsegmentierungsstrategie Ein Gesamtmarkt setzt sich aus einer Vielzahl von Konsumenten zusammen, deren Bedürfnisse und Wünsche hinsichtlich der Produkte völlig unterschiedlich ist. Gelingt es nun diesen Gesamtmarkt mittels bestimmter Merkmale und Verfahren in bestimmte Teilmärkte zu untergliedern, die ein ähnliches Kaufverhalten zeigen bzw. ähnliche Produktwünsche haben, kann auf die differenzierten Wünsche dieser Teilmärkte bezüglich des Preises, der Produkte, der Kommunikationsansprache usw. genauer eingegangen werden. 141 Verbesserung des Produktund Firmenimages Entwicklung von Marketingstrategien Marktsegmentierungsstrategie Unter Marktsegmentierung versteht man folglich die Aufteilung des Gesamtmarktes in homogene Teilmärkte und die differenzierte Bearbeitung dieser Teilmärkte. Marktsegmentierung umfasst somit einerseits die Aufteilung des Gesamtmarktes und andererseits die Bearbeitung der daraus entstehenden Teilmärkte. Marktsegmentierung Mit der Marktsegmentierung sollen im Wesentlichen folgende Ziele erreicht werde: Ziele und Aufgaben der Marktsegmentierung 앫 Durch den gezielten Einsatz der Marketinginstrumente (Produkt, Preis, Kommunikation, Distribution) wird den Bedürfnissen der einzelnen Teilmärkte besser entsprochen. 앫 Durch die Bildung von Teilmärkten wird die Prognose von Marktentwicklungen erleichtert. 앫 Hauptziel der Marktsegmentierung ist es, möglichst viele Informationen über einen Teilmarkt und dessen Konsumenten zu erhalten, um mithilfe dieser Informationen eine hohe Identifikation zwischen dem angebotenen Produkt/der Dienstleistung und den Bedürfnissen der Zielgruppe zu erreichen. 142 Lernfeld 9: Marketing planen, durchführen und kontrollieren Um diese Ziele zu erreichen, müssen im Rahmen der Marktsegmentierung folgende Aufgaben erfüllt werden: Aufgaben der Marktsegmentierung Aufgaben der Marktsegmentierung Erfassung aller für den Teilmarkt relevanten Informationen Bearbeitung des Marktes auf der Grundlage der erhaltenen Informationen Maßnahmen: 1. Statistische Daten (Einkommen, Geschlecht, regionale Zugehörigkeit usw.) mit mathematisch-statistischen Methoden erheben Maßnahmen: 1. Bildung von Marktsegmenten 2. Analyse des Käuferverhaltens mittels verhaltenswissenschaftlicher Methoden 2. Auswahl der für den Teilmarkt geeigneten Marketinginstrumente Grundvoraussetzung für die sehr aufwendige und kostenintensive Marktsegmentierung ist, dass diese Kosten durch zusätzliche Erlöse aus der Marktsegmentierung zumindest kompensiert werden. Deshalb muss der Gesamtmarkt, den das Unternehmen bearbeitet, entsprechend groß sein, um die Bildung von ausreichend großen und ökonomisch interessanten Teilmärkten in diesem Gesamtmarkt zu ermöglichen. Kriterien der Marktsegmentierung Geografische Marktsegmentierung Makrogeografische Segmentierung Zur Aufteilung des Gesamtmarktes in Teilmärkte gibt es eine Reihe von verschiedenen Segmentierungskriterien, von denen die wichtigsten im folgenden kurz erläutert werden: 앫 Geografische Marktsegmentierung Eine leicht durchzuführende Segmentierung ist die Segmentierung des Gesamtmarktes auf der Grundlage geografischer Merkmale. Bei der makrogeografischen Segmentierung wird beispielsweise das Bundesgebiet nach Bundesländern, Landkreisen, Städten oder Gemeinden aufgeteilt. Das bekannteste Beispiel dafür ist die regionale Marktunterteilung des Marktforschungsinstitutes A.C. Nielsen. Auszug aus der Nielsen-Segmentierung: Nielsen-Gebiete Nielsen-Standard-Regionen Nielsen-Ballungsräume Gebiet 1: Hamburg, Bremen, SchleswigHolstein, Niedersachsen Nord: Hamburg, SchleswigHolstein Süd: Bremen, Niedersachen Hamburg Bremen Hannover Gebiet 3b: Baden-Württemberg Nord: Regierungsbezirk Stuttgart, Karlsruhe Süd: Regierungsbezirk Tübingen, Freiburg Rhein-Neckar Stuttgart Gebiet 7: Thüringen, Sachsen West: Thüringen Ost: Sachsen Halle/Leipzig Chemnitz/Zwickau Dresden 281 Lernfeld 11: Unternehmensergebnisse aufbereiten, bewerten und nutzen Lernfeld 11: Unternehmensergebnisse aufbereiten, bewerten und nutzen STR UK T UR Ü B E R S I C H T Bewertung nach Handelsrecht und nach Steuerrecht Bewertungsgrundsätze für die Bewertung von Anlage-, Umlaufvermögen und Fremdkapital Aufstellung des Jahresabschlusses Imparitätsprinzip Realisationsprinzip Anschaffungswertprinzip Niederstwertprinzip Höchstwertprinzip Unternehmensergebnisse aufbereiten, bewerten und nutzen Ermittlung von Kennziffern zur Vermögens-, Kapitalund Erfolgsstruktur Abschreibungsmethoden Zeitliche, periodengerechte Abgrenzung von Aufwendungen und Erträgen Sonstige Forderungen Sonstige Verbindlichkeiten Passive Rechnungsabgrenzung Aktive Rechnungsabgrenzung Rückstelllungen Lineare Methode Degressive Methode Geringwertige Wirtschaftsgüter 282 Lernfeld 11: Unternehmensergebnisse aufbereiten, bewerten und nutzen 11.1 Bestandteile des Jahresabschlusses Jahresabschluss Aufschluss über die Vermögens-, Ertrags- und Finanzlage Unternehmen müssen einmal im Jahr zu einem bestimmten Stichtag (Bilanzstichtag) einen Jahresabschluss erstellen. Dieser stellt den Abschluss eines Geschäftsjahres (in der Regel der Zeitraum vom 01.01. bis zum 31.12.) dar und soll Aufschluss über die Vermögens-, Ertrags- und Finanzlage eines Unternehmens in dieser Zeitspanne geben. Der Aufbau und die Inhalte eines Jahresabschlusses sind streng an gesetzliche Vorgaben des Handelsgesetzbuches geknüpft: Der Jahresabschluss besteht zunächst für alle Unternehmen aus einer Zusammenstellung von Bilanz und Gewinn- und Verlustrechnung eines Geschäftsjahres. ME R K E 쑺 HGB § 242 Eröffnungsbilanz, Bilanz Vier Einheiten Bilanz 쑺 HGB § 247 GuV 쑺 HGB § 242 Lagebericht 쑺 HGB § 264 Anhang 쑺 HGB § 284 쑺 HGB § 266 Pflicht zur Aufstellung § (1) Der Kaufmann hat zu Beginn seines Handelsgewerbes und für den Schluss eines jeden Geschäftsjahrs einen das Verhältnis seines Vermögens und seiner Schulden darstellenden Abschluss (Eröffnungsbilanz, Bilanz) aufzustellen. Auf die Eröffnungsbilanz sind die für den Jahresabschluss geltenden Vorschriften entsprechend anzuwenden, soweit sie sich auf die Bilanz beziehen. Der Jahresabschluss setzt sich – je nach Unternehmensform – aus folgenden vier Einheiten zusammen: Bilanz (alle Unternehmen) GuV Lagebericht Anhang (alle Unternehmen) (nur bei mittelgroßen und (nur bei Kapitalgesellgroßen Kapitalgesellschaften) schaften) Inhalt der Bilanz Pflicht zur Aufstellung (1) In der Bilanz sind das Anlageund das Umlaufvermögen, das Eigenkapital, die Schulden sowie die Rechnungsabgrenzungsposten gesondert auszuweisen und hinreichend aufzugliedern. (2) Er (Anm.: der Kaufmann) hat für den Schluss eines jeden Geschäftsjahres eine Gegenüberstellung der Aufwendungen und Erträge des Geschäftsjahres (Gewinn- und Verlustrechnung) aufzustellen. Gliederung der Bilanz (Die Aufstellung nach der Kontenform ist verbindlich) Ermittlung des Unternehmensergebnisses nach handelsrechtlichen Gesichtspunkten Die Bilanz informiert über Vermögen und Schulden eines Unternehmens. (1) Die gesetzlichen Vertreter einer Kapitalgesellschaft haben den Jahresabschluss (§ 242) um einen Anhang zu erweitern, der mit der Bilanz und der Gewinn- und Verlustrechnung eine Einheit bildet, sowie einen Lagebericht aufzustellen. Der Jahresabschluss und der Lagebericht sind von den gesetzlichen Vertretern in den ersten drei Monaten des Geschäftsjahres für das vergangene Geschäftsjahr aufzustellen. Kleine Kapitalgesellschaften (§ 267 Abs. 1) brauchen den Lagebericht nicht aufzustellen; sie dürfen den Jahresabschluss auch später aufstellen, wenn dies einem ordnungsmäßigen Geschäftsgang entspricht, jedoch innerhalb der ersten sechs Monate des Geschäftsjahres. Erläuterung der Bilanz und der Gewinn- und Verlustrechnung In den Anhang sind diejenigen Angaben aufzunehmen, die zu den einzelnen Posten der Bilanz oder der Gewinn- und Verlustrechnung vorgeschrieben oder die im Anhang zu machen sind, weil sie in Ausübung eines Wahlrechts nicht in die Bilanz oder in die Gewinn- und Verlustrechnung aufgenommen wurden. 283 Die Bewertung von Vermögen und Schulden (1) Im Lagebericht sind der Geschäftsverlauf einschließlich des Geschäftsergebnisses und die Lage der Kapitalgesellschaft so darzustellen, dass ein den tatsächlichen Verhältnissen entsprechendes Bild vermittelt wird. … Zum Beispiel müssen die auf die Posten der Bilanz und der Gewinnund Verlustrechnung angewandten Bilanzierungs- und Bewertungsmethoden angegeben werden. 쑺 HGB § 289 Ferner ist im Lagebericht die voraussichtliche Entwicklung mit ihren wesentlichen Chancen und Risiken zu beurteilen und zu erläutern; zugrunde liegende Annahmen sind anzugeben. Die Ergebnisse des Jahresabschlusses sind aber nicht nur für die einzelnen Unternehmen von Bedeutung. Andere Personenkreise sind ebenfalls an dem Zahlenmaterial über die Vermögens- und Ertragslage und weiteren Ausführungen interessiert: 앫 Banken: 앫 Sonstige Gläubiger: 앫 Eigentümer, Gesellschafter: 앫 Belegschaft: 앫 Kunden: 앫 Finanzbehörden, Staat: 앫 Öffentlichkeit: als Fremdkapitalgeber (z. B. Darlehen) z. B. Lieferanten als Aktionäre bei Aktiengesellschaften (Dividendenausschüttung) z. B. Zahlung einer Gewinnbeteiligung Informationsgrundlage Der Gewinn aus der Steuerbilanz gibt den zu zahlenden Steuerbetrag an. Gewerkschaften, Umweltverbände; Arbeitgeberverbände, Industrie- und Handelskammern 11.2 Die Bewertung von Vermögen und Schulden als Grundlage für die Erstellung eines Jahresabschlusses 11.2.1 Allgemeine Bewertungsgrundsätze Um einen Jahresabschluss zu erstellen, müssen u. a. folgende Arbeiten von den Mitarbeitern eines Unternehmens getätigt werden: 앫 Ermittlung der Schlussbestände durch eine Inventur (inkl. buchhalterischer Korrektur von Differenzen bzgl. Ist- und Sollbeständen) 앫 Abschluss sämtlicher Bestandskonten und der zugehörigen Unterkonten (inkl. Buchungen von Abschreibungen) 앫 Abschluss der Erfolgskonten und der zugehörigen Unterkonten (mit Prüfung, ob die Aufwendungen und Erträge ganz oder teilweise das abzuschließende Geschäftsjahr betreffen oder dem nächsten Geschäftsjahr zuzurechnen sind) 앫 Überprüfung der Forderungen auf eventuelle Forderungsausfälle Bewertung von Vermögen und Schulden Allgemeine Bewertungsgrundsätze 284 Lernfeld 11: Unternehmensergebnisse aufbereiten, bewerten und nutzen 앫 앫 앫 앫 Bewertung der Verbindlichkeiten Bildung von Rückstellungen Abschluss der Privatkonten Abschluss der Steuerkonten (Umsatz-, Vorsteuer) Für den Abschluss der Bestandskonten werden die jeweiligen Schlussbestände der einzelnen Konten ermittelt. Dabei muss für jeden Vermögensgegenstand die Frage beantwortet werden: Wie ermittelt sich der Wert der Schlussbestände der Bestandskonten für das Schlussbilanzkonto? Bewertungsvorschriften Der Gesetzgeber hat für diesen Zweck Bewertungsvorschriften erlassen, die genauestens eingehalten werden müssen. Nicht korrekt ermittelte Wertansätze führen zu einer nicht korrekten Darstellung der Vermögenslage. Somit liefert auch die Gewinn- und Verlustrechnung falsche Ergebnisse. Die weiteren Adressaten des Jahresabschlusses, wie z. B. die Gläubiger, würden bzgl. der Vermögens- und Schuldenlage getäuscht werden. Die Bewertungsvorschriften können daher auch als Schutzfunktionen für die Teilhaber, für die Gläubiger und für das Finanzamt (Steuergerechtigkeit) angesehen werden. Zwei Bewertungsprinzipien Der Gesetzgeber unterscheidet zwischen zwei Bewertungsprinzipien, welche sich in der Zielsetzung unterscheiden: Bewertung nach Handelrecht: Bewertung nach Handelrecht: 앫 Rechtsgrundlage: Handelsgesetzbuch 앫 Vorsichtige Ermittlung von Vermögen und Schulden (Vorsichtsprinzip) zum Schutz der Gläubiger 앫 Die wirtschaftliche Situation eines Unternehmens soll nicht besser dargestellt werden, als sie in der Realität ist 앫 Erstellung einer Handelsbilanz Bewertung nach Steuerrecht: 앫 앫 앫 앫 쑺 HGB § 252 ff. Bewertung nach Steuerrecht: 쑺 EStG 5 ff. Rechtsgrundlage: Einkommensteuergesetz Einheitliche Grundsätze für die Ermittlung des periodengerechten Gewinns Keine Gewinnverlagerungen in andere Rechnungsperioden Erstellung einer Steuerbilanz Die Bewertungsvorschriften für die Erstellung der Handelsbilanz sind für die Erstellung der Steuerbilanz zu übernehmen. Es gilt der „Grundsatz der Maßgeblichkeit der Handelsbilanz für die Steuerbilanz“. In der Praxis sind in der Regel die Handels- und die Steuerbilanz bei Einzelunternehmen und Personengesellschaften identisch, während bei Kapitalgesellschaften die beiden Bilanzen in einigen Punkten unterschiedliche Werte führen können. Die Bewertung von Vermögen und Schulden § Der Gesetzgeber hat das Vorsichtsprinzip schriftlich verankert: 쑺 HGB § 252 (1) Bei der Bewertung der im Jahresabschluss ausgewiesenen Vermögensgegenstände und Schulden gilt insbesondere Folgendes: 1. Die Wertansätze in der Eröffnungsbilanz des Geschäftsjahrs müssen mit denen der Schlussbilanz des vorhergehenden Geschäftsjahrs übereinstimmen. Diese Aussage entspricht dem Grundsatz der Bilanzidentität. § 쑺 HGB § 252,4 Es ist vorsichtig zu bewerten, namentlich sind alle vorhersehbaren Risiken und Verluste, die bis zum Abschlussstichtag entstanden sind, zu berücksichtigen, selbst wenn diese erst zwischen dem Abschlussstichtag und dem Tag der Aufstellung des Jahresabschlusses bekannt geworden sind; Gewinne sind nur zu berücksichtigen, wenn sie am Abschlussstichtag realisiert sind. Die Aussagen des § 252 HGB beinhalten weitere allgemeine Bewertungsgrundsätze: § 285 Bilanzidentität 3. Die Vermögensgegenstände und Schulden sind zum Abschlussstichtag einzeln zu bewerten. 6. Die auf den vorhergehenden Jahresabschluss angewandten Bewertungsmethoden sollen beibehalten werden. Diese Aussage entspricht dem Grundsatz der Bilanzkontinuität. Bilanzkontinuität Der Grundsatz der Bilanzklarheit beinhaltet, dass der Jahresabschluss übersichtlich nach den Gliederungsvorschriften des Handelsgesetzbuches aufzustellen ist. Der Grundsatz der Bilanzwahrheit ist erfüllt, wenn die Bewertungsvorschriften eingehalten werden (Darstellung der realen Vermögens-, Finanz- und Ertragslage) und der Jahresabschluss vollständig ist. Bilanzklarheit Beispiel: 쐌 Die TRIAL GmbH führte im letztjährigen Jahresabschluss die Positionen Mountainbikes und Rennräder. In diesem Jahr werden diese Warengruppen nur noch in einer Position als Fahrräder geführt. Damit verstößt die TRIAL GmbH gegen den Grundsatz der Bilanzklarheit. 쐌 Ein Verstoß gegen den Grundsatz der Bilanzwahrheit liegt vor, wenn die TRIAL GmbH Warenbestände eines Geschäftsjahres nicht bilanziert. 쐌 Die TRIAL GmbH rechnet die Konten Mieterträge (Saldo 900,00 EUR) und Mietaufwendungen (Saldo 1 200,00 EUR) gegeneinander auf und weist in der Gewinn- und Verlustrechnung nur die Position Mietaufwand (300,00 EUR) aus. Diese Vorgehensweise ist unzulässig, die TRIAL GmbH verstößt gegen das Saldierungsverbot. Die weiteren Ausführungen für die Bewertung von Bilanzpositionen beziehen sich zunächst auf die Erfordernisse zur Erstellung einer Handelsbilanz. Die Bewertung von Anlagevermögen, Umlaufvermögen und Fremdkapital unterliegt unterschiedlichen Vorschriften, welche in den weiteren Kapiteln näher erläutert werden. Bilanzwahrheit