Psychiatrische Patienten in der Hausarztpraxis

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Psychiatrische Patienten in der Hausarztpraxis
Erkennen - Untersuchen - Behandeln
von
Ulrike Schäfer, Eckart Rüther
1. Auflage
Thieme 2005
Verlag C.H. Beck im Internet:
www.beck.de
ISBN 978 3 13 141421 2
Zu Inhaltsverzeichnis
schnell und portofrei erhältlich bei beck-shop.de DIE FACHBUCHHANDLUNG
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Grundsätzliches zur
Psychopharmakotherapie
Folgende Psychopharmaka kommen zum Einsatz:
" Antidepressiva,
" Stimmungsstabilisierer,
" Antipsychotika,
" Anxiolytika und Hypnotika, Antiinsomnika,
" Antidementiva,
" Psychostimulanzien.
Psychopharmaka sind Medikamente, die einen psychotropen Effekt auf das zentrale Nervensystem haben und zur Behandlung
psychischer Erkrankungen eingesetzt werden.
3
Definition
Antidepressiva sind Psychopharmaka, die bei depressiven Syndromen unterschiedlichster ¾tiologien zur Stimmungsaufhellung und
zur Antriebsverbesserung eingesetzt werden.
3
Definition
Die antidepressive Wirksamkeit setzt meist erst nach 1 ± 6 Wochen
ein. Trizyklische Antidepressiva und irreversible MAO-Hemmer
sind bei Überdosierung toxisch. Deshalb ist Vorsicht bei suizidalen
Patienten geboten.
3
Besonderheiten
3
Einteilung
7.1
Antidepressiva
Es wird zwischen einer Akutbehandlung, einer Erhaltungstherapie und einer Prophylaxe unterschieden. Die akute Behandlungsphase hat zum Ziel, die aktuelle Symptomatik der Depression zu reduzieren, die Erhaltungstherapie beugt einem
möglichen Rückfall bei bestehender depressiver Episode vor,
die Prophylaxe soll weitere Episoden verhindern. Bei einer Rezidivprophylaxe mit Antidepressiva sollte die Dosis so hoch
sein, wie sie zur Remission notwendig war.
Unterschieden werden klassische Antidepressiva, wie trizyklische
Antidepressiva (z. B. Amitriptylin, Doxepin), tetrazyklische Antidepressiva (z. B. Maprotilin), irreversible MAO-Hemmer (z. B. Tranylcypromin) und selektive reversible MAO-Hemmer (z. B. Moclobemid), von selektiven Serotoninwiederaufnahmehemmern (SSRI),
z. B. Fluoxetin, Paroxetin, Citalopram, Escitalopram und Sertralin.
Ferner gibt es selektive Noradrenalinwiederaufnahmehemmer
(SNRI), z. B. Reboxetin, duale Serotonin- und Noradrenalinwiederaufnahmehemmer (SSNRI), wie Venlafaxin und Duloxetin, das
über das Noradrenalinsystem auf das Serotoninsystem wirkende
(NaSSA) Mirtazapin sowie überwiegende 5-HT-RückaufnahmeSchäfer, Rüther, Psychiatrische Patienten in der Hausarztpraxis
(ISBN 3131414219), 2005 Georg Thieme Verlag KG
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Grundsätzliches zur Psychopharmakotherapie
Hemmer und 5-HTII-Rezeptor-Antagonisten, z. B. Nefazodon. Die
Einteilung erfolgt nach strukturchemischen Merkmalen oder nach
pharmakologischen Wirkmechanismen, bzw. nach klinisch-therapeutischen Wirkprofilen. Die klinische Bedeutung liegt eher in der
Einteilung nach sedierenden und nichtsedierenden Antidepressiva.
Eine Übersicht über die derzeit in Deutschland auf dem Markt
befindlichen Antidepressiva und antidepressiven Hilfsstoffe gibt
Tabelle 7.1.
Wirkweise
"
Die Wirkweisen der Antidepressiva beeinflussen in erster Linie die
Noradrenalin- oder die Serotoninwiederaufnahme aus dem synaptischen Spalt in die präsynaptische Zelle. Die Latenzphase von 2 ± 3
Wochen bis zum Wirkungseintritt ist vermutlich durch eine mögliche Adaptation der postsynaptischen Rezeptorsensitivität bedingt.
Wegen der Verstoffwechslung über das Zytochrom-P450-System kann es zu Interaktionen und zur gegenseitigen Beeinflussung mit anderen Medikamenten kommen, einhergehend mit
veränderten Plasmaspiegeln, wobei Unterschiede zwischen
den einzelnen Präparaten bestehen (weniger Interaktion bei
Venlafaxin).
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Wirksamkeit
"
Die Wirksamkeit von SSRI, SSNRI, SNRI und trizyklischen Antidepressiva in Akutbehandlung, Erhaltungstherapie und Phasenprophylaxe ist durch viele Untersuchungen gut belegt. Bei Zwangsstörungen ist die klinische Wirksamkeit von SSRI und Clomipramin
erwiesen. Bei letzterem ist die Nebenwirkungsrate durch cholinerge und kardiale Nebenwirkungen höher.
Unerwünschte
Arzneimittelwirkungen
"
Unerwünschte Arzneimittelwirkungen der Antidepressiva sind
durch Blockade cholinerger Rezeptoren (Akkommodationsstörungen, Obstipation, Mundtrockenheit, Harnretention), Blockade histaminerger Rezeptoren (Sedierung, Müdigkeit), Hemmung der Serotoninwiederaufnahme (Gewichtsreduktion, Erbrechen, Übelkeit,
Unruhe, Schlafstörungen) und Blockade von a-I-Rezeptoren (orthostatische Dysregulation, Blutdruckabfall, Tachykardien, Arrhythmien, Schwitzen) bedingt. Entsprechende Kontrolluntersuchungen
sind notwendig, insbesondere regelmäûige Blutbild-, Blutdruck-/
Puls-, Leberwert- und EKG-Kontrollen und bei Auffälligkeiten
auch Elektroenzephalographie-(EEG-)Kontrollen bei trizyklischer
antidepressiver Medikation. Die trizyklischen Substanzen verursachen eher cholinerge und adrenerge Nebenwirkungen, die Serotoninwiederaufnahmehemmer führen eher zu Übelkeit, Unruhe,
Schlafstörungen, Schwindel und Gewichtsreduktion.
Indikationen
"
Antidepressiva sind unabhängig von der ¾tiologie der depressiven
Störung wirksam:
" Bei depressiver Episode sind Serotoninwiederaufnahmehemmer und Serotonin-Noradrenalin-Wiederaufnahmehemmer
und trizyklische Antidepressiva etwa gleich wirksam.
" Bei ängstlich-agitierter Depression ist ein sedierendes Antidepressivum vorzuziehen.
" Bei ausgeprägten Schlafstörungen sollte ein sedierendes Antidepressivum bevorzugt werden, das zur Nacht verabreicht wird.
Schäfer, Rüther, Psychiatrische Patienten in der Hausarztpraxis
(ISBN 3131414219), 2005 Georg Thieme Verlag KG
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7.1 Antidepressiva
Tabelle 7.1 Übersicht über die derzeit in Deutschland auf dem Markt
befindlichen Antidepressiva und antidepressiven Hilfsstoffe
Substanzgruppe
Substanzen/Bemerkungen
Trizyklische Antidepressiva
und analoge Substanzen
(¹klassische Antidepressivaª)
"
Selektive Serotoninwiederaufnahmehemmer
"
Komplexe serotonerge
Substanzen
"
Serotonerges Antidepressivum für Sonderfälle
"
Mianserin (Agranulozytosen!
Sediert deutlich, Appetitsteigerung)
Serotonin-NoradrenalinWiederaufnahmehemmer
"
Venlafaxin, Duloxetin (wenig
Interaktionen, gut verträglich)
Amitriptylin (weltweit Standardsubstanz)
" Clomipramin (auch bei Panik- und
Zwangsstörungen einsetzbar)
" Desipramin (auch bei Kokainentzugssyndrom einsetzbar)
" Doxepin (auch als Schlafmittel
eingesetzt)
" Imipramin (historisch erstes
Antidepressivum)
" Maprotilin (tetrazyklische Substanz)
" Opipramol (Sedativum; antidepressive Wirkung schwach)
" Trimipramin (auch als Schlafmittel
eingesetzt)
Citalopram (wenig Interaktionen)
Escitalopram (wenig Interaktionen)
" Fluoxetin (viele Interaktionen;
weltweit Standardsubstanz)
" Fluvoxamin (viele Interaktionen)
" Paroxetin (viele Interaktionen)
" Sertralin (wenig Interaktionen)
"
Mirtazapin (Körpergewichtsanstieg,
sediert deutlich)
" Trazodon (sediert deutlich,
gelegentlich Priapismus)
Noradrenalinwiederaufnahmehemmer
Reboxetin (sediert nicht,
kein Körpergewichtsanstieg)
MAO-Inhibitoren
Tranylcypromin (auch bei Zwangskrankheit eingesetzt)
Moclobemid (auch bei
Sozialphobien eingesetzt)
Serotoninpräkursoren
Tryptophan (bei Depressionen
schwach wirksam)
Pflanzliches
Antidepressivum
Johanniskrautextrakt (antidepressive
Wirkung eher schwach)
Schäfer, Rüther, Psychiatrische Patienten in der Hausarztpraxis
(ISBN 3131414219), 2005 Georg Thieme Verlag KG
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