Dr. habil. Burkhard Utecht Berufsakademie Thüringen – Staatliche Studienakademie Studienabteilung Eisenach Studienbereich Wirtschaft VWL im 2. Semester Mikroökonomik Sommersemester 2004 Einführung in die Unternehmenstheorie II: Gewinnmaximierung und Marktgleichgewicht bei vollkommener Konkurrenz (Kurzfristperspektive) 1. Gewinnmaximierung 1.1. Gewinnmaximale Ausbringungsmenge 1.2. Güterpreisänderungen, gewinnmaximale Ausbringung und individuelle Güterangebotsfunktion 1.3. Faktorpreisänderungen, gewinnmaximale Ausbringung und individuelle Güterangebotsfunktion 2. Marktgleichgewicht 2.1. Marktangebot, Marktnachfrage und gleichgewichtiger Güterpreis 2.2. Preisänderungen eines anderen Gutes und Marktgleichgewicht 2.3. Faktorpreisänderungen und Marktgleichgewicht 3. Übungsaufgaben © Dr. habil. Burkhard Utecht, Berufsakademie Thüringen, Studienabteilung Eisenach B. Utecht – Arbeitsmaterialien zur VWL 2 (Mikroökonomik) 1 Einführung in die Unternehmenstheorie II: Gewinnmaximierung und Marktgleichgewicht bei vollkommener Konkurrenz (Kurzfristperspektive) 1. Gewinnmaximierung bei vollkommener Konkurrenz 1.1. Gewinnmaximale Ausbringungsmenge Es sei nun untersucht, welche Ausbringungsmenge für das im vorangegangenen Skript „Unternehmenstheorie I“ betrachtete Unternehmen gewinnmaximal ist und zwar für den Fall, dass das betrachtete Unternehmen sich in vollkommener Konkurrenz befindet. Hierfür wollen wir zunächst die zentralen Eigenschaften der unterstellten (oder besser: aus der Produktionsfunktion hergeleiteten) kurzfristigen totalen Kostenfunktion (1) C = C(x,…) (kurzfristige totale Kostenfunktion) rekapitulieren. Allgemein formuliert ergeben sich aus der totalen Kostenfunktion die minimalen Kosten des Unternehmens bei gegebener Ausbringungsmenge x, gegebenen Faktorpreisen der variablen Produktionsfaktoren, gegebenen Einsatzmengen der fixen Produktionsfaktoren und gegebenen Fixkosten. Es gilt also (2) C = C(Ausbringungsmenge x, Faktorpreise der variablen Produktionsfaktoren, Einsatzmengen der fixen Produktionsfaktoren, Fixkosten) Im Rahmen des in Teilskript I betrachteten Modells ergab sich dabei die konkrete totale Kostenfunktion (3) C = C(x,W,k,Fixkosten) = W·n(x,k) + Fixkosten mit W als dem Geldlohnsatz (Faktorpreis für eine Arbeitseinheit) sowie n(x,k) als der zur Produktion der Ausbringungsmenge x bei gegebener (fixer) Kapitalausstattung k notwendigen (variablen) Arbeitsmenge n. Dabei gilt für die Grenzkosten der Ausbringung: (4) GK = Cx > 0 Alternative Schreibweise: GK = ∂C/∂x > 0 denn die Erhöhung der Ausbringung um eine weitere Einheit führt notwendigerweise zu einer Erhöhung der variablen Faktoreinsatzmengen (hier: der Arbeitsmenge n). Die Grenzkosten der Ausbringung GK können dabei ebenfalls als eine Funktion der Ausbringungsmenge interpretiert werden: (5) GK = GK(x,…) (Grenzkostenfunktion) Genauer: Die Grenzkostenfunktion wird – bis auf die Fixkosten – von denselben Variablen abhängig sein wie die totale Kostenfunktion. Es gilt also allgemein © Dr. habil. Burkhard Utecht, Berufsakademie Thüringen, Studienabteilung Eisenach Gewinnmaximierung und Marktgleichgewicht (6) 2 GK = GK(Ausbringungsmenge x, Faktorpreise der variablen Produktionsfaktoren, Einsatzmengen der fixen Produktionsfaktoren) bzw. im hiesigen Modellrahmen (7) GK = GK(x, W, k). Annahmegemäß liegen dabei steigende Grenzkosten der Ausbringung vor, d.h. die 1. partielle Ableitung der Grenzkostenfunktion nach x (= 2. partielle Ableitung der totalen Kostenfunktion nach x) ist stets positiv: (8) GKx = Cxx > 0 Alternative Schreibweise: ∂GK/∂x = ∂Cx/∂x > 0 Darüber hinaus gilt zwingend: Je höher der Geldlohnsatz W (der Faktorpreis des variablen Produktionsfaktors Arbeit) ceteris paribus ist, umso höher werden die jeweiligen Grenzkosten der Ausbringung GK sein, denn je höher W umso mehr zusätzliche Lohnkosten (zusätzliche variable Kosten) werden bei der Produktion der jeweils nächsten Ausbringungseinheit entstehen. Die 1. partielle Ableitung der Grenzkostenfunktion nach W ist also positiv: (9) GKW > 0 Alternative Schreibweise: ∂GK/∂W > 0 Wir wollen nun der Einfachheit halber unterstellen, dass sich das betrachtete Unternehmen in vollkommener Konkurrenz befindet. D.h.: Das Unternehmen ist ein sehr kleines Unternehmen ohne Marktmacht, das in Konkurrenz mit einer sehr großen (quasi unbegrenzten) Zahl von anderen, ebenfalls sehr kleinen Unternehmen steht, die das gleiche Gut produzieren. Die Zahl der Nachfrager nach dem Gut ist ebenfalls sehr groß, sodass auch diese über keine Marktmarkt verfügen. Bei funktionierendem Preisbildungsmechanismus wird sich dann ein einheitlicher Marktpreis für das Gut einstellen, der Marktangebot und -nachfrage zum Ausgleich bringt („Gleichgewichtspreis“) und der durch die einzelnen Marktteilnehmer nicht (spürbar) beeinflusst werden kann. Die klassische institutionelle Form eines solchen (vollkommenen) Konkurrenzmarktes ist dabei eine Warenbörse: Die Marktteilnehmer teilen dem Börsenveranstalter („Auktionator“) mit, welche Angebote bzw. Nachfragen sie zu welchem Preis zu tätigen wünschen. Der Auktionator ermittelt auf Basis dieser Informationen denjenigen Preis, zudem Marktangebot und Marktnachfrage ins Gleichgewicht gebracht werden (zudem also alle Marktteilnehmer ihre Planungen realisieren können) und legt diesen gleichgewichtigen Preis als Marktpreis fest. Dieser Preis wird von den Marktteilnehmern als gegeben, d.h. als durch die eigenen Wirtschaftsaktivitäten nicht beeinflussbar angesehen, die Marktteilnehmer agieren hier daher als so genannte Preisnehmer. Da die Marktteilnehmer wissen, dass der vom Auktionator festgelegte Preis der Gleichgewichtspreis ist, können sie jeweils davon ausgehen, dass sie die aus eigener Sicht zu diesem Preis gewünschten (optimalen) Transaktionen im vollen Umfang realisieren können: Die – auf Gewinnmaximierung ausgerichteten – Anbieter des Gutes müssen also im Hinblick auf ihre individuelle Angebotsentscheidung nur ermitteln, bei welcher Produktions- bzw. Absatzmenge (= individuelle Angebotsmenge) ihr eigener Gewinn zu dem gegebenen Marktpreis maximal wird. Der Gewinn bzw. die Gewinnfunktion des hier betrachteten Unternehmens ergibt sich aus der Gleichung (10) Gewinn π = Umsatz P⋅x – totale Kosten C(x,…) © Dr. habil. Burkhard Utecht, Berufsakademie Thüringen, Studienabteilung Eisenach B. Utecht – Arbeitsmaterialien zur VWL 2 (Mikroökonomik) 3 wobei P der Marktpreis für eine Mengeneinheit des Gutes ist. Im Gewinnmaximum muss die 1. Ableitung der Gewinnfunktion nach x gleich Null sein: (11) πx = ∂π/∂x = P – Cx = 0 (notwendige Bedingung für Gewinnmaximum) wobei die hinreichende Bedingung wegen (12) πxx = ∂πx/∂x = –Cxx < 0 ebenfalls erfüllt ist. Im Gewinnmaximum des Preisnehmers gilt also: (13) Grenzkosten der Ausbringung GK = Absatzpreis einer Ausbringungseinheit P Kürzer formuliert: Grenzkosten GK = Preis P Der Preis P entspricht dabei dem zusätzlichen Umsatz (Grenzerlös, Grenzumsatz), der sich aus Sicht des Preisnehmers aus dem Absatz der nächsten Ausbringungseinheit ergeben würde. Die notwendige Bedingung für Gewinnmaximum des Preisnehmers (13) ist auch intuitiv einleuchtend, denn grundsätzlich gilt: Der Gewinn (Umsatzerlöse abzüglich Gesamtkosten) wird dann maximal sein, wenn der Deckungsbeitrag der Ausbringung (Umsatzerlöse abzüglich variable Kosten) maximal ist, denn (14) Gewinn = Umsatz – (variable Kosten + Fixkosten) = Deckungsbeitrag – Fixkosten Die Produktion einer weiteren Ausbringungseinheit ist folglich dann und nur dann gewinnerhöhend, wenn sich hierbei ein positiver zusätzlicher Deckungsbeitrag (Grenzdeckungsbeitrag) ergibt, wenn also der zusätzliche Erlös (Grenzerlös) dieser Ausbringungseinheit größer ist als deren zusätzliche Kosten (Grenzkosten). Wäre P > GK, dann würde aus Sicht des Preisnehmers der zusätzliche Erlös der nächsten Ausbringungseinheit (Preis P) höher sein als deren zusätzliche Kosten (Grenzkosten GK). Die nächste Ausbringungseinheit hat also einen positiven Grenzdeckungsbeitrag, das Unternehmen könnte hier also seinen Gewinn durch eine Erhöhung von Produktion und Absatz vergrößern. Wäre P < GK, dann würde aus Sicht des Preisnehmers der zusätzliche Erlös der letzten Ausbringungseinheit (Preis P) geringer sein als deren zusätzliche Kosten (Grenzkosten GK). Die letzte Ausbringungseinheit hat also einen negativen Grenzdeckungsbeitrag, das Unternehmen könnte hier also durch eine Verringerung von Produktion und Absatz seinen Gewinn vergrößern. Aus dem obigen Ausführungen ergibt sich, dass nur für GK = P ein optimale (gewinnmaximale) Ausbringungsmenge aus Sicht des preisnehmenden Unternehmens vorliegen kann. In diesem Fall entspricht der zusätzliche Erlös der nächsten Ausbringungseinheit (Preis P) gerade deren zusätzlichen Kosten (Grenzkosten GK), ihre Produktion wäre also weder gewinnerhöhend noch gewinnsenkend (Grenzdeckungsbeitrag von Null). © Dr. habil. Burkhard Utecht, Berufsakademie Thüringen, Studienabteilung Eisenach Gewinnmaximierung und Marktgleichgewicht 4 Die nachfolgende Abb. 1 verdeutlicht den Sachverhalt grafisch am Beispiel einer – der Einfachheit halber – linear steigenden Grenzkostenkurve in Abhängigkeit der Ausbringungsmenge. Die gewinnmaximale Ausbringungsmenge x* ergibt sich aus dem Schnittpunkt E* der Grenzkostenkurve mit der ebenfalls eingezeichneten Preisgeraden, welche die Höhe des (gleichgewichtigen) Güterpreises P markiert. ● Links von E*, d.h. für jede Ausbringungsmenge x < x*, gilt P > GK, d.h. der zusätzliche Erlös der jeweils nächsten Ausbringungseinheit wäre hier stets größer als deren zusätzliche Kosten. Der jeweilige Abstand zwischen der Preisgeraden und der Grenzkostenkurve gibt dabei den jeweiligen (positiven) Grenzdeckungsbeitrag an (Güterpreis P abzüglich Grenzkosten GK). ● Rechts von E*, d.h. für jede Ausbringungsmenge x > x* wäre P < GK, d.h. der zusätzliche Erlös der jeweils letzten Ausbringungseinheit ist hier stets kleiner als deren zusätzliche Kosten (negativer Grenzdeckungsbeitrag). Das Unternehmen wird also – von x = 0 startend – seine Ausbringungsmenge solange ausdehnen, wie mit der jeweils nächsten Ausbringungseinheit noch ein positiver zusätzlicher Deckungsbeitrag (Grenzdeckungsbeitrag) erzielt werden kann. Dies ist solange möglich, bis die Ausbringungsmenge x* erreicht ist. Der Grenzdeckungsbeitrag der nächsten Ausbringungseinheit ist dann Null, die Grenzdeckungsbeiträge aller weiteren Ausbringungseinheiten negativ. Grenzkosten GK Grenzkosten GK GK*, P E* Preis P Ausbringungsmenge 0 x* x Abb. 1: Gewinnmaximale Ausbringungsmenge des preisnehmenden Unternehmens Dass im obigen Punkt E* der Deckungsbeitrag des Unternehmens tatsächlich maximal ist (bei gegebenen Preisen), lässt sich leicht grafisch anhand einer Flächenbetrachtung verdeutlichen. © Dr. habil. Burkhard Utecht, Berufsakademie Thüringen, Studienabteilung Eisenach B. Utecht – Arbeitsmaterialien zur VWL 2 (Mikroökonomik) 5 Der Deckungsbeitrag entspricht der Differenz aus Umsatz abzüglich variable Kosten. Der Umsatz ist P·x, im Optimum also P·x*. Grafisch entspricht der Umsatz im Gewinnmaximum also der Fläche des in Abb. 2a abgebildeten Rechtecks („Umsatzrechteck“), das sich zwischen 0,P,E* und x* aufspannt. Die variablen Kosten ergeben sich – grob formuliert – aus der Aufaddierung aller entstandenen Grenzkosten und entsprechen damit der Fläche unterhalb der Grenzkostenkurve bis zum Punkt E*, wie Abb. 2b illustriert. Grenzkosten Grenzkosten GK GK Grenzkosten GK Grenzkosten GK E* GK*, P GK*, P Preis P E* Fläche: Umsatz P·x* Preis P Fläche: variable Kosten Ausbringungsmenge Ausbringungsmenge 0 x x* 0 x x* Abb. 2b: Variable Kosten im Optimum Abb. 2a: Umsatz im Optimum Die Fläche des Deckungsbeitrages erhält man, wenn man von der Umsatzfläche die Fläche der variablen Kosten abzieht. Der maximal mögliche Deckungsbeitrag entspricht dabei offensichtlich dem Dreieck, welches sich links von E* zwischen der Preisgeraden und der Grenzkostenkurve aufspannt, wie Abb. 3 verdeutlicht. Grenzkosten GK Fläche: Maximaler Deckungsbeitrag Grenzkosten GK = Umsatz P·x* – variable Kosten von x* GK*, P E* Preis P Fläche: variable Kosten Ausbringungsmenge 0 x* Abb. 3: Maximaler Deckungsbeitrag © Dr. habil. Burkhard Utecht, Berufsakademie Thüringen, Studienabteilung Eisenach x Gewinnmaximierung und Marktgleichgewicht 6 1.2. Güterpreisänderungen, gewinnmaximale Ausbringung und individuelle Güterangebotsfunktion Es sei nun untersucht, wie sich eine Erhöhung des (gleichgewichtigen) Güterpreises P auf die gewinnmaximale Ausbringungs- bzw. Absatzmenge des Preisnehmers sowie auf dessen Umsatz, variable Kosten und Deckungsbeitrag im Gewinnmaximum auswirkt. Die Erhöhung des Güterpreises führt grafisch zu einer Aufwärtsverschiebung der Preisgeraden (von P0 auf P1 in Abb. 4). Die Grenzerlöse aller Ausbringungseinheiten erhöhen sind folglich für den Preisnehmer. Bei der im Ausgangspunkt vor der Preiserhöhung gegebenen (optimalen) Ausbringungsmenge x* ist folglich nun der Grenzerlös größer als die Grenzkosten, sodass sich durch Ausdehnung der Ausbringungsmenge zusätzliche positive Deckungsbeiträge erzielen lassen. Das Unternehmen wird infolge dessen seine Ausbringungs- bzw. Absatzmenge erhöhen und zwar soweit bis wieder die Grenzkosten dem Grenzerlös (d.h. aus Sicht des Preisnehmers dem neuen Marktspreis P1) entsprechen, was bei der neuen optimalen Ausbringungsmenge x** > x* der Fall ist. Grenzkosten GK Grenzkosten GK E** GK**, P1 GK*, P0 Preis P1 E* Preis P0 Ausbringungsmenge 0 x* x** x Abb. 4: Preiserhöhung und optimale Anpassung der Ausbringung des Preisnehmers Sowohl die Erhöhung des Preises als auch die resultierende (optimale) Ausdehnung der Ausbringungs- bzw. Absatzmenge durch das Unternehmen führen zu einer Erhöhung seines Umsatzes, denn zum einen erhält das Unternehmen für jede (abgesetzte) Ausbringungseinheit nun einen höheren Preis und zum anderen setzt es mehr ab als vorher. Abb. 5 verdeutlicht den Sachverhalt. © Dr. habil. Burkhard Utecht, Berufsakademie Thüringen, Studienabteilung Eisenach B. Utecht – Arbeitsmaterialien zur VWL 2 (Mikroökonomik) Grenzkosten GK Grob schraffierte Teilfläche: Umsatz P0·x* (alt) Fein schraffierte Teilfläche: Umsatzzuwachs infolge der Preiserhöhung von P0 auf P1 und Absatzerhöhung von x* auf x** Schraffierte Gesamtfläche: Umsatz P1·x** (neu) 7 Grenzkosten GK E** GK**, P1 GK*, P0 Preis P1 E* Preis P0 Ausbringungsmenge 0 x* x x** Abb. 5: Umsatzerlöse vor und nach der Preiserhöhung Die (optimale) Ausdehnung der Ausbringungsmenge infolge der Preiserhöhung führt allerdings auch zu einer Erhöhung der variablen Kosten, wie Abb. 6 illustriert. Grenzkosten GK Grob schraffierte Teilfläche: variable Kosten von x* (alt) Fein schraffierte Teilfläche: Zuwachs an variablen Kosten infolge der Produktionserhöhung von x* auf x** Schraffierte Gesamtfläche: variable Kosten von x** (neu) Grenzkosten GK E** GK**, P1 GK*, P0 E* Preis P1 Preis P0 Ausbringungsmenge 0 x* x** x Abb. 6: Variable Kosten vor und nach der Preiserhöhung Der Zuwachs der variablen Kosten ist jedoch geringer als der Zuwachs der Umsatzerlöse, sodass die (optimale) Ausdehnung der Produktions- und Absatzmenge infolge der Preiserhöhung den Deckungsbeitrag des Unternehmens vergrößert, wie Abb. 7 verdeutlicht. © Dr. habil. Burkhard Utecht, Berufsakademie Thüringen, Studienabteilung Eisenach Gewinnmaximierung und Marktgleichgewicht 8 Grenzkosten Grob schraffierte Teilfläche: Deckungsbeitrag bei x* mit P = P0 (alt) GK Fein schraffierte Teilfläche: Deckungsbeitragszuwachs infolge der Preiserhöhung von P0 auf P1 und Produktions- bzw. Absatzerhöhung von x* auf x** Schraffierte Gesamtfläche: Deckungsbeitrag bei x** mit P = P1 (neu) Grenzkosten GK E** GK**, P1 GK*, P0 Preis P1 Preis P0 E* Ausbringungsmenge 0 x* x x** Abb. 7: Deckungsbeitrag vor und nach der Preiserhöhung Aus den obigen Betrachtungen ergibt sich, dass die Angebotsmenge des preisnehmenden Unternehmens auf dem Markt mit wachsendem Preis des Gutes ceteris paribus ansteigen wird, weil das Unternehmen hierdurch seinen Gewinn vergrößern kann. Es ergibt sich damit in einen (x,P)-Diagramm eine mit wachsendem Preis des Gutes steigende (individuelle) Güterangebotskurve (xs-Kurve, „s“ für „supply“), wie sie in der nachfolgenden Abb. 8 dargestellt ist. Die xs-Kurve gibt also die gewinnmaximale Angebotsmenge des preisnehmenden Unternehmens in Abhängigkeit des Güterpreises an. Da im Optimum des Preisnehmers die Grenzkosten der Ausbringung gleich dem Güterpreis sind (s.o.), entspricht die xs-Kurve in Lage und Verlauf der Grenzkostenkurve des Unternehmens, d.h. der Abstand der xs-Kurve zur xAchse entspricht nicht nur dem jeweils korrespondierenden Preis, sondern auch den Grenzkosten der dortigen Ausbringung. Preis pro Mengeneinheit P Die Angebotskurve xs = xs(P,…) ist bei vollkommener Konkurrenz identisch mit der Grenzkostenkurve, denn im Gewinnmaximum gilt GK(x,…) = P. Angebotskurve xs = xs(P,…) Angebotsmenge 0 xs Abb. 8: Güterangebotskurve des preisnehmenden Unternehmens © Dr. habil. Burkhard Utecht, Berufsakademie Thüringen, Studienabteilung Eisenach B. Utecht – Arbeitsmaterialien zur VWL 2 (Mikroökonomik) 9 1.3. Faktorpreisänderungen, gewinnmaximale Ausbringung und individuelle Güterangebotsfunktion Es sei nun untersucht, wie sich eine Erhöhung des Geldlohnsatzes W (d.h. des Preises des variablen Produktionsfaktors Arbeit) ceteris paribus auf die gewinnmaximale Ausbringungsmenge des Preisnehmers sowie auf seinen Deckungsbeitrag im Gewinnmaximum auswirkt. Die Erhöhung des Geldlohnsatzes führt grafisch zu einer Aufwärtsverschiebung der Grenzkostenkurve (vgl. Abb. 9), denn jede Ausbringungseinheit muss nun zu höheren variablen Kosten produziert werden als vorher. Bei der „alten“ optimalen Ausbringungsmenge x* sind nun die Grenzkosten GK höher als der Grenzerlös des Preisnehmers (= P). Die letzten Ausbringungseinheiten der bisherigen Produktionsplanung sind nun also mit negativen (Grenz-) Deckungsbeiträgen verbunden. Infolge dessen wird das Unternehmen seine Ausbringungsmenge verringern und zwar soweit, bis wieder GK = P erreicht ist. Grenzkosten GK GK-Kurve bei W = W1 > W0 GK-Kurve bei W = W0 GK*, P E** E* Preis P Ausbringungsmenge 0 x** x x* Abb. 9: Geldlohnsatzerhöhung und optimale Anpassung der Ausbringung Die Erhöhung von W, d.h. des Faktorpreises des variablen Produktionsfaktors Arbeit, führt dabei (ceteris paribus) zu einer Absenkung des maximal erreichbaren Deckungsbeitrages, wie Abb. 10 illustriert. Grenzkosten GK Schraffierte Gesamtfläche: Deckungsbeitrag bei x* mit W = W0 (alt) Grob schraffierte Teilfläche: Deckungsbeitragsrückgang infolge der Geldlohnsatzerhöhung von W0 auf W1 und Produktions- bzw. Absatzsenkung von x* auf x** Fein schraffierte Teilfläche: Deckungsbeitrag bei x** mit W = W1 (neu) GK-Kurve bei W = W1 GK*, P E** E* GK-Kurve bei W = W0 Preis P Ausbringungsmenge x x* x** Abb. 10: Deckungsbeitrag vor und nach der Geldlohnsatzerhöhung 0 © Dr. habil. Burkhard Utecht, Berufsakademie Thüringen, Studienabteilung Eisenach Gewinnmaximierung und Marktgleichgewicht 10 Aus dem obigen Betrachtungen ergibt sich, dass im hiesigen Modell der Geldlohnsatz ein Lageparameter der Güterangebotskurve (xs-Kurve) des Unternehmens im (x,P)-Diagramm ist. Da die xs-Kurve bei vollkommener Konkurrenz mit der Grenzkostenkurve (GK-Kurve) des Unternehmens identisch ist (s.o.), verschiebt sich die xsKurve infolge der Geldlohnsatzerhöhung analog zur GK-Kurve nach oben (vgl. Abb.11). Preis pro Mengeneinheit P s Angebotskurve x (P,…) bei W = W1 > W0 Die Erhöhung des Geldlohnsatzes von W0 auf W1 führt zu einer Verschiebung der s s Angebotskurve x = x (P,…) analog zur Verschiebung der Grenzkostenkurve. s Angebotskurve x (P,…) bei W = W0 Angebotsmenge xs 0 Abb. 11: Verschiebung der Güterangebotskurve infolge einer Geldlohnsatzerhöhung Inhaltlich bedeutet die Verschiebung der xs-Kurve das Folgende: Je höher der Geldlohnsatz W bei gegebenem Güterpreis P ist, umso niedriger ist die (gewinnmaximale) Angebotsmenge des Unternehmens. Damit ist hier letztlich das Verhältnis zwischen Geldlohnsatz und Güterpreis, d.h. der Reallohnsatz W/P, dafür entscheidend, wie hoch das Güterangebot des betrachteten Unternehmens ausfällt (es geht also letztlich wieder um die relativen Preise). Der Reallohnsatz W/P (auch Produktlohnsatz genannt) gibt die Kosten einer Arbeitseinheit gerechnet in Gütereinheiten des Unternehmens an. Je höher W/P, je höher also der Geldlohnsatz im Verhältnis zum Güterpreis ist, umso geringer wird die gewinnmaximale Ausbringungsmenge des Unternehmens und – dahinter stehend – seine Nachfrage nach dem variablen Produktionsfaktor Arbeit sein. Der obige Zusammenhang wird deutlicher, wenn man das Gewinnmaximierungskalkül des betrachteten Unternehmens in der folgenden Weise formuliert: Die Gewinnfunktion des Unternehmens kann auch geschrieben werden als (15) π = P⋅F(n,k) – W·n – Fixkosten. Dabei ist x = F(n,k) die Produktionsfunktion in Abhängigkeit der Produktionsfaktoren n und k, wobei annahmegemäß nur der Produktionsfaktor Arbeit n kurzfristig variiert werden kann. Dessen Einsatzmenge bestimmt damit bei gegebenem Kapitalstock k die Ausbringungsmenge x des Unternehmens. Annahmegemäß ist dabei das Grenzprodukt der Arbeit positiv (Fn > 0), aber abnehmend (Fnn < 0). Im Gewinnmaximum des Preisnehmers muss folglich (auch) gelten: © Dr. habil. Burkhard Utecht, Berufsakademie Thüringen, Studienabteilung Eisenach B. Utecht – Arbeitsmaterialien zur VWL 2 (Mikroökonomik) (16) ∂π/∂n = P·Fn – W = 0 11 (notwendige Bedingung für Gewinnmaximum) und damit (17) Fn = W/P. Im Gewinnmaximum des Preisnehmers muss das Grenzprodukt der Arbeit dem Reallohnsatz (Produktlohnsatz) entsprechen, d.h. die durch die nächste Arbeitseinheit zusätzlich erzeugbare Produktions- und Absatzmenge (= „realer Grenzerlös der Arbeit“) muss im Gewinnmaximum gleich den hieraus zusätzlich entstehenden realen Kosten (reale Grenzkosten der Arbeit) sein. Für Fn > W/P wäre der Grenzerlös der nächsten Arbeitseinheit größer als deren Grenzkosten, durch eine Ausdehnung der Arbeitsmenge und damit der Produktionsund Absatzmenge ließe sich also der Deckungsbeitrag (und folglich der Gewinn) vergrößern. Für Fn < W/P wäre der Grenzerlös der letzten Arbeitseinheit kleiner als deren Grenzkosten, hier ließe sich also durch eine Verminderung der Arbeitsmenge und damit der Produktions- und Absatzmenge der Deckungsbeitrag (und folglich der Gewinn) vergrößern. Nur für Fn = W/P kann somit ein Gewinnmaximum vorliegen. Die nachfolgende Abb. 12 verdeutlicht den Sachverhalt: Eingezeichnet sind hier die Produktionsfunktion und die realen Lohnkosten (reale Lohnkostengerade) in Abhängigkeit der Arbeitsmenge n. Die vertikale Differenz beider Kurven gibt den jeweiligen realen Deckungsbeitrag an (realer Erlös x – reale variable Kosten W/P⋅n). Die Arbeitseinsatzentscheidung des Unternehmens ist dort gewinnmaximal, wo der größte Deckungsbeitrag erzielt wird. Dies ist hier offensichtlich dort und nur dort der Fall, wo sich die Steigung der streng konkaven Produktionsfunktion (= Grenzprodukt der Arbeit Fn) und die Steigung der realen Lohnkostengeraden (= Reallohnsatz W/P) entsprechen. Ausbringungsmenge x Die Arbeitseinsatzentscheidung ist dort gewinnmaximal, wo der größte Deckungsbeitrag (Umsatz abzgl. variable Kosten) erreicht wird. Ohne Beschränkung der Absatzmöglichkeiten ist dies dort der Fall, wo das Grenzprodukt der Arbeit dem Produktlohnsatz entspricht: Fn = W/P. Die aus dieser Gleichung resultierende Arbeitsmenge ist die gewinnmaximale Arbeitsmenge des (preisnehmenden) Unternehmens n*. Über die Produktionsfunktion ergibt sich die unter diesen Bedingungen gewinnmaximale Ausbringungsmenge des Unternehmens x*. Produktionsfunktion x = F(n,k) Optimalpunkt E* x* Maximaler (realer) Deckungsbeitrag α A 0 (Reale) Lohnkostengerade W/P·n tan α = Fn = W/P α n* Abb. 12: Gewinnmaximale Arbeitsmenge © Dr. habil. Burkhard Utecht, Berufsakademie Thüringen, Studienabteilung Eisenach Arbeitsmenge n Gewinnmaximierung und Marktgleichgewicht 12 Kommt es nun zu einem Anstieg des Reallohnsatzes W/P (ceteris paribus), z.B. infolge einer Senkung von P oder/und einer Erhöhung von W, so wird das Unternehmen seine Arbeitseinsatzentscheidung so ändern, dass die Gleichheit zwischen Grenzprodukt der Arbeit und Reallohnsatz wieder hergestellt wird. Ein Anstieg von W/P würde bei der bisherigen optimalen Arbeitsmenge n* zu einem Anstieg der Grenzkosten über den Grenzerlös hinaus führen, sodass das Unternehmen sein Arbeitsnachfrage und damit seine Produktions- und Absatzmenge reduzieren wird und zwar soweit, bis wieder Fn = W/P erfüllt ist. Letzteres wird über das mit sinkender Arbeitsmenge ansteigende Grenzprodukt der Arbeit bei n** < n* erreicht (vgl. Abb. 13). Also sinkt die Arbeitsnachfrage des Unternehmens und damit (über den Produktionsprozess) sein Güterangebot mit steigendem Reallohnsatz W/P. Ausbringungsmenge x x = F(n,k) x* E* x** α0 Die Erhöhung des Reallohnsatzes W/P dreht die Lohnkostengerade nach oben. E** α1 0 α1 (W/P)1·n (W/P)0·n α0 n** n* Arbeitsmenge n Abb. 13: Anpassung der gewinnmaximalen Arbeitsmenge infolge einer Reallohnsatzerhöung 2. Marktgleichgewicht bei vollkommener Konkurrenz Abschließend sei nun die Frage untersucht, welche Schlussfolgerungen sich aus den bisherigen Betrachtungen für das Marktgleichgewicht bei vollkommener Konkurrenz ergeben. Hierbei kehren wir auch zu den haushaltstheoretischen Schlussfolgerungen bezüglich der Güternachfrage zurück (vgl. das Skript „Einführung in die Haushaltstheorie I und II“). Auf einem Markt mit vollkommener Konkurrenz steht – wie bereits gesagt – eine sehr große Zahl von Anbietern eines Gutes einer ebenfalls sehr großen Zahl von Nachfragern nach dem Gut gegenüber, von denen keiner über Marktmarkt verfügt. © Dr. habil. Burkhard Utecht, Berufsakademie Thüringen, Studienabteilung Eisenach B. Utecht – Arbeitsmaterialien zur VWL 2 (Mikroökonomik) 13 Keiner der Marktteilnehmer kann also alleine den Marktpreis für das Gut spürbar beeinflussen (Preisnehmer). Wir stellen uns den betrachteten Markt wieder als Warenbörse vor (s.o.), auf welcher der Börsenveranstalter („Auktionator“) denjenigen Preis ermittelt und als Marktpreis festsetzt, bei dem Marktangebot und -nachfrage ins Gleichgewicht gebracht werden, sodass alle Marktteilnehmer die von ihnen gewünschten Transaktionen auch wirklich realisieren können. 2.1. Marktangebot, Marktnachfrage und gleichgewichtiger Güterpreis Die gesamte Angebotsmenge auf den Markt (Marktangebot Xs) bestimmt sich aus der Summe (Aggregation) der individuellen Angebotsmengen, die gesamte Mengennachfrage auf dem Markt (Marktnachfrage Xd) aus der Summe (Aggregation) der individuellen Nachfragen, wobei wir annehmen wollen, dass das betrachtete Gut für die Nachfrager superior („normal“) ist. Für die hieraus resultierenden aggregierten Angebots- und Nachfragekurven (Marktangebot und Marktnachfrage) lassen sich dabei analoge Eigenschaften ableiten wie für individuelle Angebots- und Nachfragekurven. Der Auktionator kann den Gleichgewichtspreis durch ein Trial-&-Error-Verfahren („durch Versuch und Irrtum“) ermitteln: Er kann zunächst einen beliebigen Preis „ausrufen“ (bzw. seine beste Schätzung des Gleichgewichtspreises) und sich von den Anbietern und Nachfragern ihre zu diesem Preis gewünschten (optimalen) Mengen mitteilen lassen. Die Marktteilnehmer dürfen (können) ihre Transaktionen dabei erst dann tatsächlich durchführen, wenn der Gleichgewichtspreis gefunden und als Marktpreis durch den Auktionator festgelegt worden ist. Übersteigt das Angebot die Nachfrage (Angebotsüberschuss), so wird der Auktionator einen „neuen“ geringfügig niedrigeren Preis ausrufen und wieder Angebot und Nachfrage miteinander vergleichen, wobei das Angebot nun leicht geringer und die Nachfrage leicht höher ausfallen wird. Übersteigt das Angebot die Nachfrage weiterhin, so wird er wieder einen geringfügig niedrigeren Preis ausrufen usw., so dass sich Angebot und Nachfrage bei sinkendem Preis immer weiter annähern, bis schließlich der Gleichgewichtspreis gefunden worden ist, zu dem alle Marktteilnehmer ihre zu diesem Preis gewünschten (optimalen) Transaktionen realisieren können. Übersteigt die Nachfrage das Angebot (Nachfrageüberschuss), so wird der Auktionator einen „neuen“ geringfügig höheren Preis ausrufen und wieder Angebot und Nachfrage miteinander vergleichen, wobei das Angebot nun leicht höher und die Nachfrage leicht geringer ausfallen wird. Übersteigt die Nachfrage das Angebot weiterhin, so wird er wieder einen geringfügig höheren Preis ausrufen usw., so dass sich Angebot und Nachfrage bei steigendem Preis immer weiter annähern, bis schließlich der Gleichgewichtspreis gefunden worden ist. Das Beispiel der Warenbörse zeigt, wie der Markt im Grundsatz in der Lage ist, durch die freie Preisbildung nach Angebot und Nachfrage ein Marktgleichgewicht herbeizuführen, bei dem alle Marktteilnehmer ihre gewünschten (optimalen) Transaktionsvolumina verwirklichen können. Ein vergleichbarer Anpassungsprozess zum Marktgleichgewicht wird sich dabei auch für den Fall ergeben, dass die Anbieter die Preise selber setzen (Preissetzer): Immer dann, wenn das Marktangebot größer als © Dr. habil. Burkhard Utecht, Berufsakademie Thüringen, Studienabteilung Eisenach Gewinnmaximierung und Marktgleichgewicht 14 die -nachfrage ist (Überschussangebot), können zumindest einige Anbieter ihre geplanten Absatzmengen nicht realisieren und werden mit Preissenkungen reagieren, die die Konkurrenten dazu zwingen mit ihren eigenen Preisen „gleichzuziehen“. Und immer dann, wenn die Marktnachfrage das -angebot übersteigt (Überschussnachfrage), können (und werden) die Anbieter durch Preiserhöhungen ihren Gewinn vergrößern. Auch hier ergibt sich also ein Preisanpassungsprozess, der (zumindest in der Tendenz) zum Marktgleichgewicht führt. Da a) die Marktangebotsmenge Xs mit steigendem Preis des Gutes ceteris paribus ansteigt (analog zu den individuellen Angebotsmengen) und b) die Marktnachfragemenge Xd mit steigendem Preis des Gutes sinkt (analog zu den individuellen Nachfragemengen), kann es für gegebene übrige Rahmenbedingungen nur einen gleichgewichtigen Preis P* geben, bei dem Angebot und Nachfrage mit Xs = Xd = X* zum Ausgleich gebracht werden (vgl. die nachfolgende Abb. 14). Für P > P* wäre Xs > Xd, d.h. es würde ein Angebotsüberschuss auf dem Markt vorliegen (ESX, „excess supply“) mit der Folge eines Preisverfalls, bis das Gleichgewicht wiederhergestellt ist (eben bei P*). Für P < P* wäre Xd > Xs, d.h. es würde ein Nachfrageüberschuss auf dem Markt vorliegen (EDX, „excess demand“) mit der Folge eines Preisanstiegs bis das Gleichgewicht wiederhergestellt ist (eben bei P*). Preis pro Mengeneinheit P Angebotskurve Xs = Xs(P,…) P0 P* P1 ESX E* [Marktgleichgewicht Xs = Xd] EDX Nachfragekurve Xd = Xd(P,…) Gütermenge 0 X* Abb. 14: Marktgleichgewicht und Marktungleichgewichte © Dr. habil. Burkhard Utecht, Berufsakademie Thüringen, Studienabteilung Eisenach X B. Utecht – Arbeitsmaterialien zur VWL 2 (Mikroökonomik) 15 2.2. Preisänderungen eines anderen Gutes und Marktgleichgewicht Wie würde sich nun die Erhöhung des Preises eines anderen Gutes ceteris paribus auf das Marktgleichgewicht des hier betrachteten Gutes auswirken? Die Antwort auf diese Frage hängt davon ab, ob die beiden Güter für die Nachfrager (in ihrer Gesamtheit) in einer komplementären oder in einer substitutionalen Beziehung zueinander stehen. Sind die beiden Güter komplementär, so wird sich die Nachfrage nach dem hier betrachteten Gut ceteris paribus absenken, wenn der Preis des anderen Gutes ansteigt. Grafisch schlägt sich dies in einer Linksverschiebung der Nachfragekurve (Xd-Kurve) nieder (vgl. Abb. 15), d.h. zu jedem gegebenem Preis des betrachteten Gutes wird nun weniger von dem Gut nachgefragt als vor der Preiserhöhung des anderen Gutes. ● Die Preiserhöhung des anderen (komplementären) Gutes führt somit zunächst zu einem Nachfragerückgang auf dem hier betrachteten Markt (Bewegung von Punkt E* zu Punkt A) und damit zu einem Angebotsüberschuss (ESX). ● Infolge dessen sinkt der Preis des hier betrachteten Gutes (von P* auf das neue Gleichgewichtsniveau P**). ● Daraufhin verringern die Unternehmen ihr Angebot (Bewegung auf der Xs-Kurve von E* zu E**), während sich die (gesunkene) Nachfrage wieder ein Stück weit erhöht (Bewegung auf der neuen Xd-Kurve von A nach E**). ● Angebot und Nachfrage „treffen“ sich bei der neuen Gleichgewichtsmenge X**, welche geringer ausfällt als die Gleichgewichtsmenge X* vor der Preiserhöhung des anderen (komplementären) Gutes. Preis pro Mengeneinheit P ESX: Angebotsüberschuss („excess supply“) Xs P* P** A ESX E* E** Szenario I: Preis eines anderen Gutes erhöht sich, zu dem das in der Abbildung betrachtete Gut komplementär ist. d „Alte“ Nachfragekurve X0 d „Neue“ Nachfragekurve X1 0 Gütermenge X** X* Abb. 15: Marktgleichgewicht und Preisanstieg eines anderen Gutes (Komplementärgüterfall) © Dr. habil. Burkhard Utecht, Berufsakademie Thüringen, Studienabteilung Eisenach X Gewinnmaximierung und Marktgleichgewicht 16 Sind die beiden Güter substitutional, so wird sich die Nachfrage nach dem hier betrachteten Gut ceteris paribus erhöhen, wenn der Preis des anderen Gutes ansteigt. Grafisch schlägt sich dies in einer Rechtsverschiebung der Nachfragekurve (Xd-Kurve) nieder (vgl. Abb. 16), d.h. zu jedem gegebenem Preis des hier betrachteten Gutes wird nun mehr von dem Gut nachgefragt als vor der Preiserhöhung des anderen Gutes. ● Die Preiserhöhung des anderen (substitutionalen) Gutes führt also zunächst zu einem Nachfrageanstieg auf dem hier betrachteten Markt (Bewegung von Punkt E* zu Punkt A) und damit zu einem Nachfrageüberschuss (EDX). ● Infolge dessen steigt der Preis des hier betrachteten Gutes (von P* auf das neue Gleichgewichtsniveau P**). ● Daraufhin erhöhen die Unternehmen ihr Angebot (Bewegung auf der Xs-Kurve von E* zu E**), während sich die (gestiegene) Nachfrage wieder ein Stück weit verringert (Bewegung auf der neuen Xd-Kurve von A nach E**). ● Angebot und Nachfrage „treffen“ sich bei der neuen Gleichgewichtsmenge X**, welche höher ausfällt als die Gleichgewichtsmenge X* vor der Preiserhöhung des anderen (substitutionalen) Gutes. Preis pro Mengeneinheit P Xs E** P** P* E* EDX A Szenario II: Preis eines anderen Gutes erhöht sich, zu dem das in der Abbildung betrachtete Gut substitutional ist. EDX: Nachfrageüberschuss („excess demand“) d „Neue“ Nachfragekurve X1 d „Alte“ Nachfragekurve X0 0 X* Gütermenge X** Abb. 16: Marktgleichgewicht und Preisanstieg eines anderen Gutes (Substitutionsgüterfall) © Dr. habil. Burkhard Utecht, Berufsakademie Thüringen, Studienabteilung Eisenach X B. Utecht – Arbeitsmaterialien zur VWL 2 (Mikroökonomik) 17 2.3. Faktorpreisänderungen und Marktgleichgewicht Wie würde sich die Erhöhung des Faktorpreises eines variablen Produktionsfaktors (z.B. des Produktionsfaktors Arbeit) ceteris paribus auf das Marktgleichgewicht des hier betrachteten Gutes auswirken? Eine Faktorpreiserhöhung würde die Grenzkosten der Ausbringung durchgehend erhöhen und damit – über das Gewinnmaximierungskalkül der Unternehmen – für jeden gegebenen Preis des Gutes die Angebotsmenge auf dem Markt absenken. Grafisch schlägt sich dies in einer Linksverschiebung des Angebotskurve (XsKurve) nieder (vgl. Abb. 17). ● Die Faktorpreiserhöhung des variablen Produktionsfaktor führt also zunächst zu einer Angebotsverringerung auf dem hier betrachteten Markt (Bewegung von Punkt E* zu Punkt A) und damit zu einem Nachfrageüberschuss (EDX). ● Infolge dessen steigt der Preis des Gutes (von P* auf das neue Gleichgewichtsniveau P**) ● Daraufhin verringert sich die Nachfrage nach dem Gut (Bewegung auf der XdKurve von E* nach E**), während sich das (gesunkene) Angebot wieder ein Stück weit erhöht (Bewegung auf der neuen Xs-Kurve von A zu E**). ● Angebot und Nachfrage „treffen“ sich also bei der neuen Gleichgewichtsmenge X**, welche niedriger ausfällt als die Gleichgewichtsmenge X* vor der Faktorpreiserhöhung des variablen Produktionsfaktors. Preis pro Mengeneinheit P s „Neue“ Angebotskurve X1 s „Alte“ Angebotskurve X0 P** P* E** A EDX E* Szenario III: Faktorpreis eines variablen Produktionsfaktors erhöht sich (z.B. Geldlohnsatz W). Xd Gütermenge 0 X** X* Abb. 17: Marktgleichgewicht und Faktorpreisanstieg eines variablen Produktionsfaktors © Dr. habil. Burkhard Utecht, Berufsakademie Thüringen, Studienabteilung Eisenach X Gewinnmaximierung und Marktgleichgewicht 18 3. Übungsaufgaben a) Bestimmen Sie grafisch im einem (x,GK)-Diagramm für einen gegebenen Güterpreis die gewinnmaximale Ausbringungsmenge eines preisnehmenden Unternehmens mit steigenden Grenzkosten der Ausbringung. Erklären Sie, warum die von ihnen bestimmte Ausbringungsmenge (und keine andere) für das Unternehmen die gewinnmaximale ist. b) Bestimmen Sie innerhalb des für a) erstellten Diagramms mit Hilfe von Flächenbetrachtungen den Umsatz, die variablen Kosten und den Deckungsbeitrag im Gewinnmaximum. Erläutern Sie, warum die von ihnen dargestellten Flächen die jeweiligen Größen widerspiegeln. c) Zeigen Sie grafisch in einem (x,GK)-Diagramm, welche Auswirkungen sich auf die gewinnmaximale Ausbringungsmenge und den hieraus resultierenden Deckungsbeitrag des in a) betrachteten Unternehmens ergeben würden, wenn es zu einer Erhöhung des Güterpreises käme. Erläutern Sie die ökonomischen Zusammenhänge. d) Zeigen Sie grafisch in einem (x,GK)-Diagramm, welche Auswirkungen sich auf die gewinnmaximale Ausbringungsmenge und den hieraus resultierenden Deckungsbeitrag des in a) betrachteten Unternehmens ergeben würden, wenn es zu einer Erhöhung des Faktorpreises eines variablen Produktionsfaktors käme. Erläutern Sie die ökonomischen Zusammenhänge. e) Erläutern Sie den Zusammenhang zwischen der Angebotskurve und der Grenzkostenkurve eines preisnehmenden Unternehmens (bei steigenden Grenzkosten der Ausbringung). f) Bestimmen Sie grafisch in einem (n,x)-Diagramm die gewinnmaximale Arbeitsmenge eines preisnehmenden Unternehmens mit abnehmendem Grenzprodukt der Arbeit. Erklären Sie, warum die von ihnen bestimmte Arbeitsmenge (und keine andere) die gewinnmaximale ist. g) Bestimmen Sie grafisch in einem (X,P)-Diagramm das Gleichgewicht eines Gütermarktes bei vollkommener Konkurrenz für den Fall, dass das betrachtete Gut für die Nachfrager superior ist und die Anbieter steigende Grenzkosten der Ausbringung aufweisen. Erläutern Sie, warum es hier nur einen gleichgewichtigen Marktpreis für das Gut geben kann. h) Zeigen Sie grafisch in einem (X,P)-Diagramm die Auswirkungen einer Erhöhung des Preises eines anderen Gutes auf das Gleichgewicht des in g) betrachteten Gütermarktes für den Fall, dass die beiden Güter für die Nachfrager aa) Komplementärgüter sind. bb) Substitutionsgüter sind. Erläutern Sie die sich jeweils ergebenden Anpassungsprozesse. i) Zeigen Sie grafisch in einem (X,P)-Diagramm die Auswirkungen einer Erhöhung des Preises eines variablen Produktionsfaktors auf das Gleichgewicht des in g) betrachteten Gütermarktes. Erläutern Sie den Anpassungsprozess. © Dr. habil. Burkhard Utecht, Berufsakademie Thüringen, Studienabteilung Eisenach