5 5 ZUSAMMENFASSUNG 125 ZUSAMMENFASSUNG Die interzelluläre Ausbreitung von Viren in Pflanzen erfordert die Funktion Virus-kodierter Transportproteine („Movement Protein“, MP), die über kompatible Interaktionen mit Wirtsfaktoren den symplastischen Transportweg für Photoassimilate und endogene Makromoleküle rekrutieren. Dabei kommt der Struktur und Funktion der Plasmodesmen (PDs), den cytoplasmatischen Zell-zu-Zell Verbindungen, eine entscheidende Bedeutung zu. Ziel dieser Arbeit war die Identifizierung von molekularen Faktoren plasmodesmaler Transportprozesse, wobei drei Ansätze verfolgt wurden: (1) Analyse der zellbiologischen, metabolischen und virologischen Konsequenzen MPvermittelter Änderungen des plasmodesmalen Transportweges und Identifizierung daran beteiligter Wirtsfaktoren am Beispiel des Potato leafroll virus MP (PLRV-MP17). (2) Isolierung pflanzlicher Interaktionspartner eines am intra- und interzellulären Virustransport beteiligten viralen Capsid Proteins (CP) mit MP-ähnlichen Eigenschaften. (3) Charakterisierung des an der Ausbildung funktionaler PDs beteiligten SXD1 (sucrose export deficient 1) Proteins und dessen Bedeutung für den symplastischen Assimilattransport. Hierbei bildete Ansatz (1) den Schwerpunkt der Arbeit. (1) Die konstitutive Expression des PLRV-MP17 in transgenen Tabakpflanzen führt zu einer starken Wuchsretardierung, einer massiven Akkumulation von Kohlenhydraten in sourceBlättern sowie einer limitierten Virusresistenz (Herbers et al., 1997). Um zu untersuchen, ob die MP17-induzierten Änderungen durch Modifikation spezifischer PDs oder durch pleiotrope Effekte infolge der hohen MP17-Gehalte hervorgerufen werden, wurden diese Pflanzen mit phänotypisch unauffälligen Tabaklinien verglichen, die MP17 in translationaler Fusion mit GFP exprimierten. Subzelluläre Lokalisierungsstudien zeigten eine generelle Assoziation von MP17 mit PDs des vaskulären und nicht-vaskulären Gewebes in sourceBlättern, während in sink-Blättern die Lokalisation auf PDs der Trichome beschränkt blieb. Farbstoff-gekoppelte Mikroinjektionsanalysen belegten eine Erhöhung der plasmodesmalen Leitfähigkeit in Mesophyllzellen transgener Linien, die sich unabhängig von der MP17Proteinmenge und phänotypischen Kohlenhydratakkumulation, Änderungen Phänotypentwicklung ausprägte. sowie Hingegen Änderungen konnten der 5 ZUSAMMENFASSUNG 126 Resistenzeigenschaften gegenüber Potato virus Y (PVY) mit der Menge an MP17-Protein korreliert werden. Dies lässt auf sekundäre metabolische Effekte bei hohem MP17Expressionsniveau schließen, die den primären Einfluss von MP17 auf die plasmodesmale Leitfähigkeit überlagern. Um zwischen direkten Effekten von MP17 und der metabolischen Adaptation der Pflanzen bei hohem Expressionsniveau zu unterscheiden, wurden Tabakpflanzen generiert, die MP17 und MP17:GFP unter Kontrolle eines Ethanol-induzierbaren Promotors exprimierten. Expressionsanalysen ergaben eine maximale Transkriptakkumulation 24-48 Stunden nach Ethanolapplikation und eine einheitliche Induktionskinetik in unterschiedlichen Blattstadien. Mehrere transgene Linien entwickelten 30-36 Stunden nach Ethanolapplikation einen spezifischen Phänotyp, der durch Venen-assoziierte Chlorosen charakterisiert war und sich zuerst in den Venen höherer Ordnung (Klasse III) manifestierte. Im Unterschied zu den konstitutiv exprimierenden Pflanzen war der Effekt auf aktiv wachsende Blätter beschränkt und schien dem basipetalen sink/source-Gradienten innerhalb des Blattes zu folgen. Die quantitative Bestimmung der Kohlenhydratgehalte und qualitative Visualisierung der Stärkeverteilung ergab, dass der Ausprägung des chlorotischen Phänotyps eine deutliche Stärkeakkumulation vorausging, die spezifisch mit den Venen höherer Ordnung am Ende der Dunkelphase assoziiert war. Fluoreszenzmikroskopische Analysen belegten eine präferentielle Affinität von MP17:GFP zu PDs Venen-assoziierter Zelltypen in den phänotpypischen Blättern, was auf eine mit dem sink/source-Übergang korrelierte Entwicklungsabhängigkeit der MP17/PD-Interaktion schliessen lässt. Die transgenen Linien zeigten zudem eine limitierte lokale Resistenz gegenüber PVY, die auf phänotypisch veränderte, systemische Blätter beschränkt war und vermutlich durch eine unspezifische, Kohlenhydrat-vermittelte Abwehrreaktion und/oder einen MP17-induzierten „Block“ des Virusimportes verursacht wurde. Die ektopische Expression von MP17 und MP17:GFP führte auch in Arabidopsis thaliana zu einer generellen plasmodesmalen Assoziation in source-Geweben sowie einer Inhibierung des Assimilatexportes, was konservierte MP17-Interaktionspartner zwischen Solanaceen und Arabidopsis vermuten lässt. Daher wurde in einem genetischen Ansatz die EMSmutagenisierte Population einer MP17:GFP transgenen Linie auf Suppressormutanten durchmustert, die durch Reversion des MP17-vermittelten Wachstumsdefektes charakterisiert waren. Es konnten etwa 30 Mutanten mit Wildtyp-ähnlichem Wachstum isoliert werden, die basierend auf der Proteinexpression und subzellulären Lokalisierung von MP17:GFP unterschiedlichen Klassen zugeordnet wurden. Einige Mutanten zeigten zudem einen 5 ZUSAMMENFASSUNG „Blühphänotyp“, was 127 einen direkten Hinweis auf mögliche Änderungen des Assimilattransportes gab. (2) Der zweite Ansatz zielte auf die Isolierung von pflanzlichen Interaktionspartnern des PVY Capsid Proteins (CP), da potyviralen CPs aufgrund ihrer Beteiligung an der Assemblierung des Transportkomplexes sowie der Fähigkeit zur Modifikation der plasmodesmalen Leitfähigkeit eine wichtige Rolle beim intra- und interzellulären Transport zugeschrieben wird. Mit Hilfe des Zwei-Hybrid Systems in Hefe wurde ein neuartiges DnaJ-ähnliches Protein (NtCPIP1) aus Nicotiana tabacum isoliert, das spezifisch mit PVY CP und dem verwandten Tobacco etch virus (TEV) CP interagierte. Die funktionale Bedeutung der Interaktion wurde durch PVY-Infektion von transgenen Tabakpflanzen verifiziert, die mittels RNAi in der Expression von NtCPIP1 supprimiert waren und verminderte Virusgehalte während der Etablierung der Infektion zeigten. Für den Zell-zu-Zell Transport von Potyviren konnte somit die Beteiligung von zellulären HSP70-Proteinen postuliert werden, die über die Bindung des potyviralen CP an DnaJ-ähnliche Proteine während der Infektion rekrutiert werden. (3) Im dritten Ansatz sollte das pflanzliche SXD1-Protein im Hinblick auf seine Bedeutung für die Ausbildung funktionaler PDs und den symplastischen Assimilattransport untersucht werden. Die sxd1 (sucrose export defective 1) Maismutante wurde zuvor infolge eines Assimilatexport-defizienten Phänotyps und strukturellen Veränderungen von PDs zwischen Bündelscheide und Phloemparenchym als Transportmutante mit spezifischem Defekt in einer PD-Komponente betrachtet. Die Isolierung einer Vitamin E-defizienten Arabidopsis-Mutante (vte1) zeigte allerdings, dass SXD1/VTE1 für die Tocopherol Cyclase kodiert, wobei in Arabidopsis kein offensichtlicher Effekt auf den Assimilattransport beschrieben wurde. Um die Frage zu klären, ob SXD1 sowohl für Veränderungen der PDs als auch die verminderten Vitamin E Gehalte verantwortlich ist, wurde das orthologe SXD1-Gen aus Solanum tuberosum isoliert und die Expression von StSXD1 in transgenen Pflanzen über RNAi supprimiert. Durch biochemische Analyse der Pflanzen, die in Zusammenarbeit mit Dr. M. Geiger (Sungene, Gatersleben) erfolgte, konnte verifiziert werden, dass StSXD1 für die Tocopherol Cyclase kodiert. Die daraus resultierende Vitamin E-Defizienz führte in den transgenen Pflanzen zu einer verminderten Toleranz gegenüber photooxidativem Stress und darüber hinaus, aufgrund eines bisher unverstandenen Mechanismus, zu einer Inhibierung des Assimilatexportes.