Zusammenhänge zwischen der Synthese von

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663
SYNTHESE VON RNS UND PROTEIN
Zusam m enhänge zwischen der Synthese von Ribonucleinsäure
und Protein bei der Vermehrung eines Virus der Influenza-Gruppe
(Virus der Klassischen Geflügelpest)*
Von
C h r is t o p h S c h o l t is s e k
und
R
udolf
R
ott
Aus dem Max-Planck-Institut für Virusforschung, Tübingen
(Z. Naturforschg. 16 b, 663— 673 [1961] ; eingegangen am 24. J u li 1961)
With the aid of isotopic techniques the ribonucleic acid (RNA) and protein metabolism of embryo­
nic chicken cells infected with fowl plague virus was studied. In addition to normal cell-RNA only
viral RNA was found in the infected cells. The synthesis starts after 1 hour p.i. and proceeds during
the rest of the infectious cycle. By labelling the viral subunits (s-antigen and hemagglutinin) with
14C-leucine it could be demonstrated, that the synthesis of their protein components starts also at
about 1 hour post infectionem.
p-Fluorophenylalanine (FPA) had no influence on the normal RNA and protein metabolism of the
cells. If FPA was given immediately after infection, no virus RNA was synthesized. FPA given
2 hours p.i. did not interfere anymore with the production of viral RNA. This was taken as evidence
for the existence of an “early protein” necessary for the induction of virus multiplication, s-antigen
grown in the presence of FPA and demonstrable by serological methods was not incorporated into
the intact virus particle.
The findings suggest, that the synthesis of an “early protein” is necessary prior to viral RNA syn­
thesis, that the RNA and the protein of the s-antigen are made simultaneously at the same site, and
that the s-antigen acts as a template for the synthesis of the hemagglutinin-protein.
Frühere Untersuchungen über die Vermehrung
des Virus der Klassischen Geflügelpest (KP) hatten
ergeben, daß die Untereinheiten dieses Virus nach­
einander und an verschiedenen Stellen der Wirtszelle
in Erscheinung treten (Zusammenfassung s. S c h ä ­
f e r 1) . Das s-Antigen, der eigentliche Ribonucleinsäure-Träger des Virus, läßt sich ungefähr 3 Stdn.
p.i. erstmals im Zellkern feststellen, während das
H äm agglutinin, ein Kohlenhydrat-Proteinkomplex,
etwa 1 Stde. später nachzuweisen ist und ausschließ­
lich im Cytoplasma gefunden wird2. Von der 4. Stde.
p.i. an wird auch in zunehmendem Maße s-Antigen
im Cytoplasma gefunden. Bei der Infektion von
L-Zellen allerdings, die kein oder nur wenig infek­
tiöses Virus produzieren (abortiver Vermehrungs­
zyklus) , scheint das s-Antigen den Kern nicht zu ver­
lassen, obwohl auch hier H äm agglutinin im Cyto­
plasma nachzuweisen ist 3. A uf Grund dieses Befun­
des kann man annehmen, daß die unmittelbare A n­
wesenheit von s-Antigen im Cytoplasma für die
* Folgende Abkürzungen wurden verwendet: g-Antigen =
Innenkomponente des Virus = Ribonucleoproteid; s-Anti­
gen = dasselbe Material in freier Form in der Zelle;
HA = Hämagglutination; p.i. = post infectionem; FPA
= p-Fluorphenylalanin;
PA = Phenylalanin;
AP =
Aminopterin; RNS = Ribonucleinsäure; DNS = Desoxyribonucleinsäure; RNase = Ribonuclease C = Cytidinmonophosphat (CMP) ; U = Uridinmonophosphat (UMP).
Fertigstellung des Hämagglutinins nicht erforderlich
ist. Einen weiteren Hinweis, daß die Synthesen der
beiden Untereinheiten zwei getrennte Vorgänge
sind, erbrachten Z im m e r m a n n und S c h ä f e r 4 mit
Hilfe von p-Fluorphenylalanin, mit dem sie die Syn­
these von s-Antigen von der des Hämagglutinins
abtrennen konnten.
Gewisse Phasen des Infektionsprozesses, die nicht
oder nur wenig genau mit biologischen Testen ver­
folgt werden können, wurden mit Hilfe der IsotopenTechnik angegangen. So konnte W e c k e r 5 nachweisen, daß die Virus-RNS de novo synthetisiert wird,
während die Phosphorlipoide des Virus von der
Zelle übernommen werden. Außerdem zeigten W e k k e r und S c h ä f e r 6 mit 32P-markierten Virusteilchen,
daß die Zelle einen Mechanismus besitzt, mit dessen
Hilfe das g-Antigen bei der Infektion in Freiheit ge­
setzt wird.
Bei den hier zu besprechenden Untersuchungen
standen folgende Fragen im Vordergrund:
1
2
3
4
5
6
W . S c häfer , in: Virus Growth and Variation (eds. A . I saacs
and B. W . L acey ) University Press, Cambridge 1959,
pp. 61.
P. M. B r e ite n f e ld u . W . S c h ä fe r , Virology 4 , 328 [1957].
R. M. F r a n k lin u . P. M. B r e ite n f e ld , Virology 8, 293
[1959],
T h . Zimmermann u . W . S c h ä fe r , Virology 1 1 , 676 [I960].
E. W e ck e r, Z . Naturforschg. 1 2 b, 208 [1957].
E. W e c k e r u . W\ S c h ä fe r , Z . Naturforschg. 1 2 b. 483
[1957],
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C. SCHOLTISSEK UND R. ROTT
664
1. Welche Vorgänge laufen bei der Induktion der
s-Antigen-Synthese ab; d. h., was geschieht in der
ersten Stde. nach der Infektion?
2. Wie wird die Hämagglutinin-Synthese durch
das genetische Material induziert? Hier war vor
allem zu untersuchen, ob eine Überträger-RNS, die
nicht identisch mit der Virus-RNS oder der RN S der
Zelle ist, diese Rolle übernimmt, oder ob das Hämagglutinin-Protein vielleicht am s-Antigen syntheti­
siert wird und u. U. erst später und an einem ande­
ren Ort seine antigene Spezifität erhält.
Für die Behandlung dieser Fragen ist die Unter­
suchung des RNS- und Proteinstoffwechsels der infi­
zierten Zelle unter verschiedenen Bedingungen er­
forderlich. Eine Arbeit über den RNS-StoffWechsel
bis zu 3 Stdn. p.i. ist bereits erschienen7. Darin
sind auch die wichtigsten bei dieser Arbeit angewen­
deten Methoden beschrieben. Erwähnt sei nur, daß
auch bei den hier zu behandelnden Untersuchungen
zur Charakterisierung der RN S das OligonucleotidMuster bestimmt wurde. Aus der Verschiebung der
einzelnen Oligonucleotid-Verhältnisse bei den infi­
zierten Zellen läßt sich direkt die Menge an VirusRNS im Gemisch mit neusynthetisierter Zell-RNS
errechnen.
Material und Methoden
Im folgenden werden nur die Materialien und Metho­
den beschrieben, welche von den in der vorhergehenden
Arbeit 7 benutzten abweichen.
1. p -F 1u o r p h e n y 1a 1a n i n , P h e n y l a l a n i n
und A m i n o p t e r i n
Die chemisch reinen d -, L-Verbindungen von FPA
und PA sowie das AP wurden durch die California
Corporation for Biochemical Research, Los Angeles,
Californien, bezogen.
2. G e w e b e k u l t u r e n
Im allgemeinen wurden Gewebekulturen aus 10 Tage
alten Hühnerembryonen mit einer Zellzahl von 0,5 bis
1 • 10" in Petrischalen von 9 cm Durchmesser verwendet 7.
3. R e i n i g u n g
des V i r u s
Das Virus wurde durch Adsorption-Elution an bzw.
von Hühnererythrozyten und anschließendes Zentrifu­
gieren bei pi (1. c. 9) 7,5 gereinigt 8.
In Vorversuchen hatte sich ergeben, daß Virusparti­
kel, die aus Gewebekulturmedien gewonnen werden,
von den Erythrozyten schlechter eluieren als solche aus
7 C. S c h o l t i s s e k
[1961].
u.
R .R o tt,
Z. Naturforschg. 16 b. 109
HA-Einheiten/ml
Stdn.
Allan­
tois-Fl.
Kulturüberstände
Zellen
128
256
128
0
0
0
0
0
2
0
0
0
0
0
2
0
0
128
16
—
Ausgangsfl.
Nach
Adsorption
ohne R D E
ohne R D E
ohne R D E
ohne R D E
ohne R D E
m it R D E
—
0,5
1,5
3
6
19
3
4
8
32
128
32
Tab. 1. Elution von Viruspartikeln aus Allantoisflüssigkeit,
Kulturüberständen und homogenisierten Zellen, nach Adsorp­
tion an Hühnererythrocyten. Je 12 ml der Ausgangslösungen
wurden mit 3 ml gepackten Erythrocyten 30 Min. in der Kälte
gehalten, danach zentrifugiert und die Erythrocyten 3-mal
mit NaCl-Phosphatpuffer gewaschen. Elution bei 37 °C in
NaCl-Phosphatpuffer. Nach den angegebenen Zeiten wurden
die Ansätze zentrifugiert, in den Uberständen der HA-Titer
bestimmt und die Rüdestände erneut mit 12 ml inkubiert. Bei
einem Zeitwert wurden 5 E/ml RDE zugefügt.
Zellhomogenaten (ohne RDE) oder Allantoisflüssigkeit
infizierter Hühnerembryonen (mit RDE) (s. Tab. 1).
In den Hauptversuchen wurden daher die Bedingun­
gen zur Elution durch Verwendung einer geringeren
Menge an Erythrozyten (1 ml gepackte Erythrozyten pro
4000 HA-Einheiten) und einer höheren RDE-Konzentration (10 Einheiten/ml) günstiger gestaltet. Die Elutions­
zeit betrug 5 Stdn. (37 °C). Die Isolierung der Virus­
partikel aus den Gewebekulturen konnte trotzdem nicht
ohne Verlust durchgeführt werden. Aus diesem Grunde
können auch immer nur Werte aus einem Versuchsansatz
miteinander verglichen werden.
4. V e r s u c h e
mi t
p-Fluorphenylalanin
Bei den Versuchen mit FPA wurden in Anlehnung
an die Untersuchungen von Z i m m e r m a n n und S c h ä f e r 4
270 y/m 1 dieser Verbindung entweder unmittelbar nach
der Infektion oder 2 Stdn. p.i. zu den Kulturen gegeben.
In den 14C-Leucin-Experimenten wurde der Block
5 Stdn. p.i. durch Absaugen des Mediums und Zugabe
von frischem Medium mit 600 y/ml PA und 12C-Leucin
aufgehoben.
Als Gewebekulturen wurden bei den Untersuchungen
mit FPA einschichtige Lagen embryonaler Hühnerzel­
len mit einer Zellzahl von 2 —4-10" pro Kultur ver­
wendet (nähere Angaben s. 1. c. 4).
5. G e w i n n u n g d e r r a d i o a k t i v e n
Virusspaltprodukte
Nach der Infektion bzw. 2 Stdn. p.i. wurde den K ul­
turen 0,3 bis 0,5 mMol 14C-Leucin mit einer spezifischen
Aktivität von 6,24 mC/mMol zugesetzt. Der Einbau der
8 W.
Z il l ig ,
W.
S chäfer
u.
S. U llmann ,
Z.
Naturforschg.
10 b, 199 [1955].
9 P.
G ie b l e r ,
Z. Naturforschg. 13 b. 238 [1958].
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SYNTHESE VON RNS UND PROTEIN
radioaktiven Aminosäure wurde gestoppt durch Absau­
gen des Mediums und Zugabe von neuem Medium mit
einem etwa 300-fachen Überschuß an 12C-Leucin.
22 Stdn. p.i. wurden die Viruspartikel aus dem Über­
stand der Kulturen nach Zugabe von nicht-radioaktivem
Viruskonzentrat (Endkonzentration 8000 HA-Einheiten/ml) gereinigt und mit Äther gespalten. Nach Zen­
trifugieren des Spaltansatzes bei einem p.i. von 7,5 zur
Abtrennung von eventuell noch nicht gespaltenem Virus,
wurde das Hämagglutinin durch Adsorption an Ery­
throzyten vom g-Antigen abgetrennt und dann durch
Elution von den Erythrozyten gewonnen 10.
Als Kontrollen verwendeten wir Kulturen, die eine
entsprechende Zeit in 14C-leucin-haltigem Medium ge­
halten und erst nach Auswechseln des Mediums gegen
12C-Leucin-Medium infiziert wurden. Das Virus wurde
hier in analoger Weise wie beim Hauptversuch auf­
gearbeitet.
6. B e s t i m m u n g
der R a d i o a k t i v i t ä t
i n d e n 14C -m a r k i e r t e n P r o t e i n e n
Die radioaktiven Proteine wurden aus den Lösungen
durch Zugabe von 60-proz. HC104 (Endkonzentration
0,4-rc.) ausgefällt und 2-mal mit 6-proz. Trichloressigsäure gewaschen. Die Niederschläge wurden in geringer
Menge konzentrierter Ameisensäure gelöst, auf Alumi­
niumplättchen gegeben und getrocknet. Die Auszählung
der Proben erfolgte in einem Methandurchflußzählrohr
FH 407 der Firma Frieseke u. Höpfner, ErlangenBruck.
7. B e s t i m m u n g
in
der
der R a d i o a k t i v i t ä t
Gesamt-RNS
Die Radioaktivität in der Gesamt-RNS wurde immer
aus der Summe der Radioaktivität der Oligonucleotide
errechnet; es hatte sich nämlich gezeigt, daß bei der
Bestimmung der Radioaktivität in der Zell-RNS bis­
weilen erhebliche Fehler durch Adsorption von an­
organischen 32P hervorgerufen werden. Das bei der
Verdauung mit RNase anfallende „Core“ wurde nicht
berücksichtigt.
E r w ä g u n g e n zur A u s w e r t u n g
Versuchsergebnisse
der
Wie schon einleitend erwähnt, erfolgt die Charak­
terisierung und Berechnung der Virus-RNS im Ge­
misch mit zelleigener RNS auf Grund der Verschie­
bung des Oligonucleotid-Musters. Bei den Versu­
chen zur Ermittlung von Virus-RNS in infizierten
Zellen zu späten Zeitpunkten p.i. fielen die Oligonucleotid-Verhältnisse der RN S durchweg sehr nied­
rig aus, so daß ein Vergleich mit der RN S aus ge­
reinigtem Virus zunächst nicht möglich war. Erst als
10
11
W. S c h ä fe r u . W. Z i llig , Z. Naturforschg. 9 b, 779 [19541.
L. I. H e c h t, P. C. Zamecnik, M. L. Stephenson u . J. F.
S cott, J. biol. Chemistry 233, 954 [1958].
665
wir die C-Werte um einen bestimmten Betrag an­
hoben, der in Tab. 1 als Prozent des ursprünglich
gemessenen Wertes angegeben ist, konnten wir fest­
stellen, daß auch in diesen Fällen sich die Oligonucleotid-Muster in Richtung auf das Muster der
reinen Virus-RNS verschieben, wie es bereits bei
dem 3 Stdn. p.i. aufgearbeiteten Material festgestellt
w u rd e7. Der Korrekturbetrag wurde empirisch er­
mittelt. Der Wert für die C-Fraktion wurde so
bestimmt, daß sich nach Erhöhung dieser Fraktion
aus der Verschiebung der verschiedenen C/Oligonucleotid-Verhältnisse immer der gleiche Gehalt an
Virus-RNS ergab. Von der Verwendung einer ande­
ren Nucleotid-Fraktion als Bezugs-Nucleotid wurde
Abstand genommen, um die vorliegenden Ergeb­
nisse mit früheren Untersuchungen 7 vergleichen zu
können. E in entsprechender Korrekturfaktor mußte
auch bei RN S aus normalen Zellen eingeführt wer­
den, wenn diese längere Zeit ( > 5 Stdn.) in M in i­
malmedium gehalten wurden.
Die Ursache für das Absinken des C-Wertes mit
zunehmender Zeit scheint darin zu liegen, daß der
Einbau von :52P gerade in diese Fraktion durch die
Infektion oder auch durch längeres Kultivieren der
Zellen im M inim alm edium gestört wird. Wurden,
wie bei den FPArVersuchen, dichtere Zellschichten
verwendet, so war das Absinken der Radioaktivität
in der C-Fraktion stark reduziert. Das beobachtete
Verhalten kann auf folgende Weise erklärt werden:
Bei der Protein-Synthese spielt eine lösliche RNS
im Cytoplasma eine wichtige Rolle, die am Ende die
Gruppe — C — C — A-Aminosäure enthält11. Diese
Endgruppe unterliegt einem wesentlich höheren
Stoffwechsel in vivo als die Restmolekel12. Bei
RNase-Verdauung tritt die Radioaktivität nach M ar­
kierung dieser Endgruppe in der C-Fraktion a u f 12.
Die notwendige Erhöhung der C-Fraktion in der
R N S der infizierten Zellen läßt die Vermutung zu.
daß gerade dieser Endstoffwechsel durch die Infek­
tion besonders stark betroffen wird. Bei den Zeit­
werten, bei denen der Korrekturfaktor angewendet
werden mußte, fanden wir auch eine Schädigung des
allgemeinen RNS- und Protein-Stoffwechsels. In
Übereinstimmung damit fanden S a l z m a n n und M it­
arbb. 13 bei der Infektion von HeLa-Zellen mit PolioVirus eine Schädigung des RNS- und Protein-Stoff-
12 C.
S c h o l t i s s e k , Biochem. Z. 331, 365 [1959]; 332, 458
[I960].
13 N. P. S a l z m a n , R. Z. L o c k a r t u . E. D. S e b r i n g , Virology 9,
224 [1959].
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C. SCHOLTISSEK UND R. ROTT
6 66
Wechsels, wobei wieder speziell die C-Fraktion (A b­
bau mit A lkali) besonders stark betroffen war. Der
gleiche Effekt wurde erzielt, wenn eine essentielle
Aminosäure aus dem Kulturmedium weggelassen
wurde.
Ergebnisse
1 . R N S -S t o f f w e c h s e 1 d e r i n f i z i e r t e n
Zellen
Bei den Untersuchungen über den Gesamt-RNSStoffwechsel wurde der Einbau von 32P in die ZellRN S zu verschiedenen Zeiten nach der Infektion mit
Hilfe eines Puls-Experimentes verfolgt und mit dem
Einbau in die RN S nicht-infizierter Zellen verglichen.
Abb. 1 gibt die Ergebnisse wieder. Daraus geht her­
vor, daß der radioaktive Einbau in die RN S der infi­
zierten Zellen zunächst bis zur 3. Stde. p.i. ansteigt,
später aber auf etwa 50% des Einbaus nicht-infizierter Zellen abfällt.
In der vorangegangenen M itteilung 7 wurde be­
reits gezeigt, daß der Anstieg der Radioaktivität
in der RN S der infizierten Zellen bis zur 3. Stde.
p.i. auf das Auftreten von Virus-RNS zurückzufüh­
ren ist. Der spätere Abfall des Einbaus kann nicht
durch vorzeitiges Ablösen von Zellen erklärt werden.
Der Zellrasen bleibt bis zum Abschluß des Versuchs
ohne Lücken. Außerdem war die Menge des Zell­
materials aus den überstehenden Medien, die sich in
der Zentrifuge bei 2000 g abschleudern ließ, zu
jeder Zeit p.i. dieselbe und vernachlässigbar gering.
2 —5 Stdn.
C/X
X
-
u
AC
GC
(GA) C
AAU +
AU?
GU
Erhöhg. d. C-Frak­
tion in % d. ur­
sprünglichen
Wertes
Abb. 1. Veränderung des RNS-StoffWechsels mit zunehmen­
der Zeit p.i. in Gewebekulturen embryonaler Hühnerzellen,
die mit KP-Virus infiziert wurden. Versuchsbedingungen s.
Tab. 2. Der Prozentsatz der Radioaktivität in der gesamten
Zell-RNS wurde aus der Summe der gemessenen Oligonucleo­
tide errechnet. Die Punkte geben den Prozentsatz der Radio­
aktivität in der RNS der infizierten Zellen im Vergleich zu
nicht-infizierten Kontrollzellen am Ende der 32P-Aufgabe wie­
der. Die zugehörigen Linien bezeichnen die Verweilzeit des
32P auf den Kulturen. N = Radioaktivität in infizierten
Zellen; N0 = Radioaktivität in nicht-infizierten Zellen.
Es ist allerdings nicht ausgeschlossen, daß zu späten
Zeiten p.i. das eingesetzte 32P durch nicht-radioaktive
P-Verbindungen aus Abbauprodukten von Zellkom­
ponenten z. T. verdünnt wird.
Unser besonderes Interesse galt der Frage, ob zu
der Zeit, zu der das Häm agglutinin erstmals fest­
stellbar ist, eine weitere R N S (Überträger-RNS)
7 —9 Stdn.
5 - 7 Stdn.
nicht
infiz.
infiz.
nicht
infiz.
1,36
3,06
1,81
2,38
1,27
2,82
1,95
2,49
1,51
3,20
1,54
2,85
1,39
2.80
2,34
2,07
2,71
2,62
2,16
3,74
0
5
20
infiz.
nicht
infiz.
Virus
infiz.
RNS
1,43
2,69
0,86
1,53
3,17
1.42
3,04
3,44
2,60
2,08
3,75
2,17
2,79
2,24
1,98
3,08
3,49
3.32
1,40
1.66
3,28
40
20
1,68
45
0
Tab. 2. Synthese von virusspezifischer RNS zu späten Zeitpunkten post infectionem. Je Wert wurden 10 Kulturen infiziert bzw.
mit normaler Eiflüssigkeit behandelt. Zwischen den oben angegebenen Zeiten wurden 0,12 mC 32P pro Kultur aufgegeben und
danach aus den Zellen die RNS aufgearbeitet7. Gewinnung und Bezeichnung der Oligonucleotide s. 1. c. 7. Die Zahlen geben
das Verhältnis C/Oligonucleotid wieder. Der empirische Korrekturfaktor für die C-Fraktion ist in der untersten Zahlenreihe
angegeben.
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667
SYNTHESE VON RNS UND PROTEIN
auftritt. Sie müßte sich durch Änderung im Oligonucleotid-Muster der neugebildeten und daher
32P-markierten RNS zu erkennen geben. Aus Tab. 2
geht hervor, daß das Oligonucleotid-Muster der
RNS aus infizierten Zellen nicht nur — wie in der
vorhergehenden Mitteilung gezeigt wurde — bis zur
3. Stde. p.i., sondern auch darüber hinaus immer
zwischen dem der normalen Zell-RNS und dem der
Yirus-RNS liegt. Es sind also keinerlei Anzeichen
dafür vorhanden, daß eine zusätzliche, als Überträger-RNS fungierende Nucleinsäure auftritt.
Errechnet man aus den erhaltenen Verschiebun­
gen in den C/U-Verhältnissen den prozentualen
Anteil der virusspezifischen RNS im Gemisch mit
neugebildeter, zelleigener RNS, so erhält man die
in Abb. 2 aufgetragene Kinetik der Virus-RNS-Synthese. Danach besitzt auch die Syntheserate der
Virus-RNS 3 Stdn. p.i. ein Maximum.
der Hauptteil der radioaktiven RN S in der Kern­
fraktion gehalten werden ( 86 % maximal im Ver­
gleich zu 50% in früheren Versuchen), ein Rest
von virusspezifischer RN S fand sich aber immer
noch in der Cytoplasma-Fraktion (etwa 10% der
Gesamt-RNS aus der Cytoplasma-Fraktion).
Weiterhin wurde untersucht, ob für die Vermeh­
rung des KP-Virus eine DNS-Synthese erforderlich
ist.
Die Versuche wurden ähnlich wie die von S i m o n an­
gegebenen 15 durchgeführt. Aminopterin, welches die
Synthese von Thymin und damit die DNS-Synthese ver­
hindert, wurde in Konzentrationen von 10 y bis 1 mg/ml
zu bestimmten Zeiten vor bzw. nach der Infektion den
Kulturen zugesetzt und die Vermehrung des Virus mit
Hilfe der HA-Reaktion verfolgt. Um Thymin bzw. Thy­
midin aus den Kulturen weitgehend zu entfernen, wur­
den diese 7 Stdn. vor der Infektion mit Minimalmedium 7
2-mal gewaschen und dann in diesem Medium weiter­
gezüchtet. Das zur Infektion benützte Virus wurde durch
Zentrifugieren gereinigt und in NaCl-Phosphatpuffer
P H 7,2 aufgenommen.
AP-Aufgabe
7 Stdn.
vor Infekt.
AP-Menge (y/ml)
Virus-Ausbeute
HA-Einheiten
300
512
512
10
2 Stdn.
vor Infekt.
100
300
800
100
Stdn. p.i.
Abb. 2. Anteil der virusspezifischen RNS in Prozent an der
gesamten neu gebildeten RNS in infizierten Kulturen embryo­
naler Hühnerzellen in Abhängigkeit von der Zeit. Versuchs­
bedingungen wie Abb. 1. Die Werte wurden aus der Abwei­
chung des C/U-Verhältnisses von nicht-infizierten Kontrollzellen in Richtung auf die reine Virus-RNS errechnet.
0 Stdn.
300
1000
Ko
Der Ort der Synthese der Virus-RNS in der Zelle
(3 Stdn. p.i.) ließ sich ebenso wie in den vorher­
gehenden Untersuchungen auch jetzt nicht mit
Sicherheit ermitteln. Um das Austreten von RN S
aus den Zellkernen zu verhindern, wurde während
des Homogenisierens der Zellen in SaccharoseLösung Phosphatpuffer bzw. CaCl 2 in verschiedenen
Konzentrationen zugegeben 14. Dadurch konnte zwar
14 C.
S choltissek u. V. R. P otter , Z. Naturforschg. 15 b, 453
[I960].
15 E. H. S im on , Virology 13, 105 [1961].
-
512
512
512
512
512
512
512
512
512
512
256
256
512
512
512
512
Tab. 3. Einfluß von Aminopterin auf die Vermehrung des
KP-Virus in Gewebekulturzellen. Die Gewebekulturen wur­
den in Minimalmedium gezüchtet und erhielten zu den in der
Tab. angegebenen Zeiten bzw. mit der Infektion AP in ver­
schiedenen Konzentrationen. Die Zellen wurden mit einem
gereinigten Viruspräparat infiziert und die hämagglutinie­
rende Aktivität 16 Stdn. p.i. in den Ansätzen (Zellen und
Kulturmedien) bestimmt.
W ie Tab. 3 zeigt, läßt sich die Vermehrung des
KP-Virus durch AP nicht beeinflussen.
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C. SCHOLTISSEK UND R. ROTT
6 6 8
2. P r o t e i n s t o f f w e c h s e l
in fizie rten Zellen
der
Das Problem der Beeinflussung des Gesamt-Proteinstoßwechsels durch die Infektion haben wir bei
den hier zu beschreibenden Untersuchungen nur ge­
streift und auf eine genaue Analyse der Kinetik ver­
zichtet. Es wurde lediglich festgestellt, daß der 14CLeucin-Einbau bei infizierten Zellen im Vergleich
zu nichtinfizierten Kulturen im Verlauf von 24 Stdn.
p.i. um etwa 45% gehemmt wird ( 4C-Leucin-Auf­
gabe von 0 — 24 Stdn. p .i.).
Genauer studiert wurde der Beginn der Markie­
rung der Virus-Untereinheiten mit 14C-Leucin.
14C-Leucin wurde unmittelbar nach der Infektion auf
die Kulturen gegeben und der Einbau des Isotops
durch Zufügen von 12C-Leucin in 300-fachem Uberschuß
zu verschiedenen Zeiten p.i. gestoppt. Die im 12C-leucinhaltigen Medium ausgereiften Viruspartikel wurden
22 Stdn. p.i. aus den Überständen isoliert, mit Äther
zerlegt und in den Untereinheiten die Radioaktivität be­
stimmt.
In einem Vorversuch hatten wir festgestellt, daß
der Einbau von 14C-Leucin in die Zellproteine ohne
merkliche Verzögerung gleich nach Zugabe des Iso­
tops beginnt und daß die oben angegebene Menge
an 12C-Leucin ausreicht, um den Einbau des Isotops
umgehend abzustoppen (s. Abb. 3).
In einem ersten Hauptversuch wurde gefunden,
daß bei Zugabe von 14C-Leucin bis 1 Stde. p.i. weder
Abb. 4. Einbau von 14C-Leucin in die Untereinheiten des
KP-Virus in vivo. Für jeden Wert wurden 10 Kulturen infi­
ziert. Je Kultur wurden 0,3 /^Mol 14C-Leucin zugefügt und die
Kulturflüssigkeit nach den angegebenen Zeiten mit einem
12C-Medium ausgetauscht. Die Viruspartikel wurden 20 Stdn.
p.i. aus den Kulturüberständen aufgearbeitet.
das g-Antigen noch das H äm agglutinin signifikant
markiert werden. W ie die Ergebnisse eines weiteren
Versuches zeigten (Abb. 4 ), tritt erstmals eine M ar­
kierung des Hämagglutinins sowie des g-Antigens
auf, wenn 2 Stdn. p.i. der Einbau der 14C-Aminosäuren abgestoppt wird. Das Verhältnis der Radio­
aktivität im g-Antigen zu der im Hämagglutinin
änderte sich nicht mehr wesentlich, wenn während
der Virusvermehrung über 20 Stdn. 14C-Leucin an­
geboten wurde.
Die Frage war nun, inwieweit die erhaltenen
Werte durch mit geschleppte Zell-Proteine beeinflußt
werden. Um das zu prüfen, wurden Kontrollexperimente angesetzt, bei denen Zellen vor der Infektion
eine entsprechende Zeit in einem 14C-Leucin-Medium
gezüchtet und erst danach in Gegenwart von 12C-Leucin infiziert wurden. Verglichen mit Ansätzen, in
denen das 14C-Leucin eine analoge Zeit nach der In ­
fektion zugesetzt war, betrug hier die Radioaktivität
des s-Antigens 10 — 15%, die des Hämagglutinins un­
gefähr 20 Prozent.
Abb. 3. Einbau von 14C-Leucin in die Proteine embryonaler
Hühnerzellen und Abstoppen des Einbaus durch Ausverdün­
nen mit 12C-Leucin. Je Wert wurden 4 Kulturen verwendet.
Es wurden 0,005 /^Mol 14C-Leucin und 0,24 /^Mol 12C-Leucin
je Kultur aufgegeben. 3 Stdn. danach wurde das Isotop mit
einem 250-fachen Überschuß an 12C-Leucin verdünnt.
16 Die folgenden Versuchsergebnisse sind teilweise bereits
veröffentlicht: C. S choltissek
191, 1023 [1961].
u.
R. R
ott,
Nature [London],
3. R N S - u n d P r o t e i n -S t o f f w e c h s e 1
u n t e r p - F l u o r p h e n y l a l a n i n 16
Nach den bereits zitierten Untersuchungen von
und S c h ä f e r 4 läßt sich die Vermeh­
rung des KP-Virus in einzelne Phasen zerlegen,
wenn man zum infizierten System FPA zusetzt. W ird
FPA direkt nach der Infektion von embryonalen
Hühnerzellen mit KP-Virus den Kulturen zugefügt,
Z
im m e r m a n n
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SYNTHESE VON RNS UND PROTEIN
so lassen sich zu keinem Zeitpunkt p.i. virusspezifi­
sche Untereinheiten durch die üblichen biologischen
Verfahren nachweisen. Erfolgt die Zugabe erst
2 Stdn. p.i., so wird s-Antigen gebildet, eine Zunahme
der hämagglutinierenden und infektiösen Einheiten
aber nicht beobachtet.
Zur Ergänzung dieser Experimente wurde zu­
nächst einmal untersucht, wie FP A den allgemeinen
RNS- und Protein-Stoffwechsel der verwendeten Zel­
len beeinflußt.
Hierzu erhielten 14 nicht-infizierte Kulturen (2 bis
4 -IO7 Zellen/Kultur) 270 7/ml FPA und 2 Stdn. später
je 0,14 mC 32P ; einer entsprechenden Zahl von Kontrollkulturen wurde kein FPA zugefügt. 4 Stdn. nach
der FPA-Zugabe wurden die Kulturen aufgearbeitet
und die Radioaktivität in der Gesamt-RNS bestimmt.
In der RNS der FPA-Kulturen wurden 45 747
Im p./M in., in der RNS der Kontrollkulturen 45 073
Im p./M in. gemessen. Demnach wird der RNS-Stoffwechsel normaler Zellen durch FPA nicht beeinflußt.
Der Einfluß von FP A auf den Protein-Stoffwechsel wurde mit Hilfe von Einbau-Versuchen mit 14CLeucin in die Zellproteine studiert. Hierzu wurden
der Einfachheit halber dieselben infizierten K ultu­
ren verwendet, von denen später das 14C-markierte
Virus gewonnen wurde. FPA und 14C-Leucin wur­
den 2 Stdn. p.i., 12C-Leucin und PA 5 Stdn. p.i. ge­
geben. Als Kontrollen dienten entsprechend m ar­
kierte Kulturen, denen kein FPA angeboten wurde.
Die Radioaktivität in den Zellproteinen der FPAKulturen lag in einem Experiment 10% über der
der Kontrollkulturen, in einem anderen Experiment
10 % unter dieser. Die Versuchsresultate ergaben
demnach, daß auch der Proteinstoffwechsel unter
unseren Bedingungen durch FP A nicht gehemmt
wird.
Waren die Zellschichten jedoch in den Kulturen
nur halb so dicht wie bei den oben beschriebenen
Experimenten, so stellten wir eine Abnahme des
14C-Einbaues unter FPA bis zu 50% fest. Der FPABlock ließ sich hierbei durch P A auch nur unvoll­
kommen aufheben, d. h. die Virusausbeute betrug in
den FPA-behandelten Kulturen nur etwa 10% der
nicht-behandelten Kulturen. Bei Verwendung dich­
terer Zellschichten wurden in den Kulturen, die von
2 bis 5 Stdn. p.i. dem FPA ausgesetzt waren, durch­
schnittlich aber mindestens 50% der hämagglutinie­
renden Partikel der nicht-behandelten Kulturen ge­
funden (Tab. 4).
Um den Einfluß von FPA auf die Synthese der
Virus-RNS zu prüfen, wurden Zellen mit einem FPA-
669
Virus-Ausbeute
im Medium
(HA-Einheiten)
Experi­
ment
g-Antigen
von
1
FPA 0
FPA 2
Vir
10000
2
FPA 0
F PA 2
Vir
208
2315
32
32
64
ö
FPA 2
Vir
429
5500
128
256
Imp./Min.
753
750
211
128
128
256
Tab. 4. Einbau von 14C-Leucin in das g-Antigen des KPVirus. Einfluß von FPA auf die Verwendungsmöglichkeit des
g-Antigens für die Virus-Synthese. Für jeden Wert wurden
10 Kulturen infiziert. Beim FPA 0-Wert wurden 270 7 /ml
FPA sofort nach der Infektion zugeführt, beim FPA 2-Wert
erst 2 Stdn. post infectionem. Die Vir-Proben erhielten kein
FPA. Die Aufgabe von 0,5 ^Mol 14C-Leucin/Kultur geschah
2 Stdn. post infectionem. 5 Stdn. p.i. wurde das Medium ab­
gesaugt und frisches Medium aufgegeben, das 600 7/ml
Phenylalanin und 12C-Leucin in 300-fachem Uberschuß ent­
hielt. Die Virus-Partikel wurden 22 Stdn. p.i. aus den KulturÜberständen geerntet, aufgearbeitet und ihr g-Antigen
isoliert.
Block unmittelbar nach der Infektion (FPA 0) bzw.
2 Stdn. p.i. (FP A 2) mit solchen verglichen, die
kein FP A erhielten. Der Zeitpunkt der 32P-Aufgabe
variierte von Experiment zu Experiment.
W ie Tab. 5 zeigt, unterscheidet sich die RN S infi­
zierter Zellen, bei denen der FPA-Block unmittelbar
nach der Infektion gesetzt wurde, niemals von der
nicht-infizierter Zellen. W urde FP A jedoch 2 Stdn.
p.i. zugesetzt, so war die Synthese der Virus-RNS
nicht mehr behindert. Es konte immer, gleichgültig
wann 32P zugegeben wurde, eine klare Verschiebung
des Oligonucleotid-Musters in Richtung auf das der
Virus-RNS beobachtet werden. Danach wird unter
den hier geprüften Bedingungen das serologisch er­
faßbare Protein (s-Antigen) nur dann gebildet,
wenn auch Virus-RNS produziert wird. Außerdem
zeigen diese Resultate, daß die Virus-RNS-Synthese
erst erfolgt, nachdem eine für die Virusvermehrung
notwendige FPA-sensitive Phase durchlaufen wurde.
W eiterhin war zu klären, ob die virusspezifische
RNS, die unter FPA synthetisiert wurde (Block
2 Stdn. p.i.) an das Protein des s-Antigens gebunden
wird.
Die Versuchsanordnung war dieselbe wie in 1. c .7
beschrieben. Nach Zerschlagen der infizierten Zellen im
Bühler-Homogenisator wurden die Zelltrümmer durch
Zentrifugieren entfernt und das im Überstand enthal­
tene s-Antigen m it spezifischem Antiserum ausgefällt.
Darauf wurde die R N S in den Zelltrümmern, dem
Überstand und im ausgefällten s-Antigen untersucht.
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C. SCHOLTISSEK UND R. ROTT
670
Exper.
Zeit der
Markierung
Stdn. p.i.
FPA O
u
1
2
2-5
AC
GC
U
4-6
FPA 2
Virus7
Kein FPA
C/X
AC
GC
U
Kontr.
Vir.
Kontr.
Vir.
Kontr.
Vir.
RNS
1,24
2,97
1,83
1,22
1,24
3,01
1,83
1,10
0,86
2,62
1,96
1,23
2,96
1,84
1,08
2,99
1,85
2,68
2,04
2,60
2,08
1,44
3,29
1,81
1,44
3,31
1,89
1,43
3,47
1,87
1,28
2,98
1,99
1,48
3,34
1,84
1,28
0.86
1,18
2,90
1,80
1,17
2,92
1,92
2,66
2,60
2,08
1,87
0,86
3
1- 3
AC
GC
U
1,66
4
4-6
AC
GC
3,33
1,82
2,60
2,08
1,70
3,75
1,89
1,51
2,96
1,90
1,50
0,86
2,88
2,60
2,08
1,82
Tab. 5. Wirkung von FPA auf die Synthese virusspezifischer RNS. Je Wert wurden 5 Kulturen (24 Stdn. alt) verwendet. Zu
einer Gruppe wurden 270 y/ml FPA sofort nach der Infektion bzw. nach Behandlung mit normaler Allantoisflüssigkeit aufgege­
ben (FPA 0) ; bei der nächsten Gruppe wurde das FPA erst 2 Stdn. p.i. zu den Kulturen zugefügt (FPA 2). Bei der dritten
Gruppe wurde das FPA fortgelassen. Zwisdien den angegebenen Zeiten p.i. wurden 0,15 mC 32P pro Kultur zugefügt und
danach die RNS aus den gesamten Zellen aufgearbeitet. Weitere Angaben s. Tab. 2.
RNS aus den Überständen
C/X
nicht infiz.
infiziert
g-Antigen
entfernt
RNS des
ausge­
fällten
g-Äntigens
RNS
aus
Virus7
0,86
X =
u
1,25
1,33
0,93
AC
2,96
3,00
2,58
2,60
GC
1,68
1,68
2,02
2,08
Tab. 6 . Ausfällen des s-Antigens aus Homogenaten infizierter
Zellen. Zu je 10 Kulturen, die wie in Tab. 5 infiziert bzw. mit
normaler Eiflüssigkeit behandelt worden waren, wurden
2 Stdn. p.i. 270 y/ml FPA und 0,2 mC 32P/Kultur aufgegeben.
4 Stdn. p.i. wurden die Zellen gewaschen, in NaCl-Phosphat­
puffer pH 7,2 im Bühler-Homogenisator homogenisiert und
nach einmaligem Einfrieren und Auftauen zentrifugiert. Zu
den Überständen wurde s-Antigen-Konzentrat und Antiserum
gegen s-Antigen zugefügt. Weitere Aufarbeitung s. 1. c. 7.
Die Menge der an die Zelltrümmer gebundenen
Virus-RNS änderte sich mit fortschreitender Zeit.
Tab. 7 gibt über die Mengenverhältnisse der VirusRN S in den Zelltrümmern in Abhängigkeit von der
Zeit p.i. Aufschluß. Daraus geht hervor, daß die
32P-Aufgabe von . . . bis . . . Stdn. p.i.
0 bis 3
m it FPA
ohne FPA
0%
2 bis 4
2 bis 7
5 bis 7
6 bis 8
O O
\0\0
O^O''
Aus den Überständen wurde die Virus-RNS je­
weils nahezu quantitativ ausgefällt. Die Ergebnisse
eines Versuches, bei dem 32P 2 Stdn. p.i. zugegeben
wurde, sind in Tab. 6 zusammengestellt. In Überein­
stimmung mit den Resultaten der vorhergehenden
Mitteilung 7 zeigt dieses Ergebnis, daß die nicht an
Zelltrümmer gebundene Virus-RNS praktisch nicht in
freier Form vorliegt, sondern offensichtlich bei oder
unmittelbar nach ihrer Synthese mit dem s-AntigenProtein verbunden wird. Zu späten Zeitpunkten nach
der Infektion sind quantitative Aussagen schwierig
zu machen, da ein Teil der Virus-RNS an die Zell­
trümmer gebunden wird.
26%
33%
55%
53%
Tab. 7. Anteil der virusspezifischen RNS in den Zelltrüm­
mern in Abhängigkeit von der Zeit der Zugabe von 32P. Ver­
suchsbedingungen wie Tab. 6 . FPA-Zugabe 2 Stdn.
post infectionem.
Bindung des s-Antigens an die Zelltrümmer kein
typischer FPA-Effekt ist, sondern auch ohne diese
Verbindung mit einer kleinen Verschiebung auftritt.
Ob die in den Zelltrümmern enthaltene virusspezifi­
sche R N S ebenfalls an s-Antigen-Protein gebunden
ist, ließ sich nicht entscheiden.
Betrachtet man dieses Ergebnis, so läßt sich auch
erklären, weshalb unter F P A im Komplementbindungstest ein Abknicken der s-Antigen-Kurve fest­
gestellt wird, während die Versuche mit fluoreszie­
renden Antikörpern eine stetige Zunahme des
s-Antigens vermuten lassen (vgl. I . e . 4). Für den
Komplementbindungstest wurden immer die Uber­
stände der zertrümmerten Zellen verwendet.
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SYNTHESE VON RNS UND PROTEIN
Es ist bekannt, daß unter dem Einfluß von einigen
Aminosäure-Analogen, z. B. FPA , Enzymproteine
gebildet werden, die keine oder nur eine vermin­
derte Enzymaktivität besitzen 17. Aus diesem Grunde
wurde untersucht, ob das unter FPA synthetisierte
671
Beim KP-Virus werden die neugebildeten Virus­
partikel über längere Zeit von der Wirtszelle konti­
nuierlich ausgeschieden. Aus diesem Grunde sind
sprunghafte Stoffwechselveränderungen bis zur Zer­
störung der Zellen innerhalb der geprüften Zeit
kaum zu erwarten. In Übereinstimmung m it dieser
Erwartung nim m t der Gesamt-RNS-Stoffwechsel erst
nach der 3. Stde. p.i. allmählich ab (s. Abb. 1). Der
Anstieg des 32P-Einbaus bis zur 3. Stde. p.i. läßt sich
am einfachsten dadurch erklären, daß sich zu diesem
Zeitpunkt die Synthese der Virus-RNS auf dem
Höhepunkt befindet (vgl. Abb. 2 ). F rü h e r 7 wurde
bereits darauf hingewiesen, daß die Bildung der
Virus-RNS eine zusätzliche Leistung der Zelle ist.
Die in Abb. 2 wiedergegebene Kurve über die
Syntheserate der Virus-RNS zeigt eine auffallende
Ähnlichkeit mit der Kurve, die von M ü l l e r und M it­
arbb. 18 beim Einbau von 14C-Leucin in das s-Antigen in vitro gewonnen wurde. Die Ähnlichkeit in
Lage und Form der Kurven zusammen mit der Tat­
sache, daß die Virus-RNS sofort nach ihrer Synthese
weitgehend an das s-Antigen gebunden is t7, unter­
stützt die Anschauung, daß die Synthese der VirusR N S gleichzeitig m it und am gleichen Ort wie die
der Protein-Komponente des s-Antigens erfolgt.
Die Suche nach einer Überträger-RNS, die die
Hämagglutinin-Synthese im Cytoplasma induzieren
könnte, blieb, wie Tab. 2 zeigt, auch zu späten Zeit­
punkten p.i. ohne Erfolg. Eine Möglichkeit wäre,
daß eine solche R N S nur in sehr geringer Menge
gebildet wird; in diesem Fall sollte man aber an­
nehmen, daß sie analog einer in Rattenleber 12,14
und in Bakterien 19,20 gefundenen RNS-Fraktion
einen hohen Stoffwechsel besitzt. Eine solche RN S
würde stark mit 32P markiert sein und müßte mit
der hier verwendeten Methode erfaßt werden.
Vielleicht ist eine Überträger-RNS nicht erfor­
derlich, weil die Synthese beider Virus-Proteine
(s-Antigen und H äm agglutinin) an der Virus-RNS
erfolgt. Darauf deutet die Feststellung hin, daß
beide etwa gleichzeitig produziert werden.
Das H äm agglutinin läßt sich vermutlich deshalb
später als das s-Antigen m it H ilfe biologischer Me­
thoden in der Zelle feststellen, weil es die für die
biologischen Aktivitäten maßgebenden Strukturen
erst im weiteren Verlauf des Vermehrungsprozesses
gewinnt. W omöglich ist für diesen Schritt die A n­
wesenheit des genetischen Materials nicht mehr er­
forderlich. Die Studien über die Beeinflussung der
Synthese der Virus-RNS durch FPA geben einen
Hinweis auf die Frage, was in der 1 . Stde. p.i. in der
Zelle vor sich geht. Da sich die Virus-RNS-Synthese
vor der 2 . Stde. p.i. durch F P A hemmen läßt, muß
während dieser Zeit ein Protein synthetisiert wer­
den, das für die laufende Reproduktion des geneti­
schen Materials, der Virus-RNS, notwendig ist. Man
17 G. N.
20 F.
s-Antigen für die Bildung von Virus-Partikeln ver­
wendet wird.
Die Versuche wurden so durchgeführt, daß wir den
infizierten Zellen direkt nach der Infektion bzw. 2 Stdn.
p.i. FPA anboten. 14C-Leucin wurde in jedem Fall
2 Stdn. p.i. zugegeben. Der Einbau des Isotops und
der FPA-Block wurden 5 Stdn. p.i. beendet und die
Viruspartikel 22 Stdn. p.i. aus den Kulturmedien iso­
liert. Die Bildung des s-Antigens wurde mit Hilfe der
Komplementbindungs-Reaktion kontrolliert.
W ie bereits oben erwähnt, war, wenn FP A unm it­
telbar nach der Infektion zugegeben wurde, serolo­
gisch kein s-Antigen nachzuweisen. Erfolgte die Zu­
gabe von F P A dagegen 2 Stdn. p.i. so wurde dieses
in der üblichen Menge gebildet.
W ie Tab. 4 zeigt, hatte die zeitlich verschiedene
Zugabe des FP A dagegen keinen Einfluß auf die
Radioaktivität des aus den Virusteilchen isolierten
g-Antigens. In beiden Fällen überstieg sie niemals
15% der Radioaktivität des ohne FPA produzierten
g-Antigens; dabei wurde berücksichtigt, daß die
Virusausbeute in den mit FP A behandelten Zellen
immer nur 50% der nicht-behandelten Zellen betrug.
Die Befunde lassen den Schluß zu, daß das unter
F P A synthetisierte s-Antigen nicht zur Bildung
neuer Viruspartikel verwendet wird.
Diskussion
C ohen u . R. M u n ie r, Biochim. biophysica Acta [Am­
sterdam] 31, 347 [1959].
18 G. C. M u e l l e r , S. v. Z ah n- U llm ann u . W. S c h ä fe r , J . biol.
Chemistry 235, 660 [I960].
18 S. B r e n n e r , F. Jak o b u . M . M eselson , Nature [London]
190, 576 [1961].
G ro s, H . H i a t t , W . G ilb e r t , C. G . K u r la n d , R . W . Risebrough u . J. D. W a ts o n , Nature [London] 190, 581 [1961].
21 R . M u n ie r u . G . N. C ohen, Biochim. biophysica Acta [Am­
sterdam] 31, 378 [1959].
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672
C. SCHOLTISSEK UND R. ROTT
weiß, daß FPA an Stelle von P A in das Protein ein­
gebaut wird 21. Wenn das erwähnte, für die Vermeh­
rung wichtige Protein nun eine falsche Aminosäure
enthält, ist es nicht mehr funktionstüchtig. Ein ent­
sprechendes Protein wurde auch bei der Phagenver­
mehrung diskutiert 22-24 und hier als „early pro­
tein“ bezeichnet.
Da die RN S des KP-Virus keine abnormalen
Basen enthält und demnach alle Enzyme für die
RNS-Synthese schon in der nichtinfizierten Zelle
vorhanden sind, könnte die Funktion des hier ver­
muteten „early protein“ in der Stabilisierung der
genetischen Inform ation des infizierenden Partikels
liegen. Man könnte z. B. dabei an die Synthese einer
komplementären DNS denken, die zusammen mit
dem „early protein“ eine stabile Matrize für die
weitere Virus-RNS-Synthese ergibt. Diese Möglich­
keit läßt sich jedoch weitgehend ausschließen, da
die Virusvermehrung durch Hemmung der DNSSynthese mit Aminopterin nicht beeinflußt werden
kann.
Ein Vermehrungsmodell, bei dem eine VirusDoppelstrang-RNS eine Rolle spielt, kann von vorn­
herein fallen gelassen werden, da die Basenverhält­
nisse der K P -R N S 8 und die der ihm verwandten
Influenza-Viren2o einen Doppelstrang ausschließen.
Schließlich ist in Betracht zu ziehen, daß das
„early protein“ eine zur Virus-RNS komplementäre
RNS stabilisiert, die als Matrize fortwährend in
Funktion ist. Für das Vorhandensein einer solchen
stabilen Matrize spricht die Feststellung, daß von
2 Stdn. p.i. ab die s-Antigen-Synthese durch FPA
nicht mehr beeinflußt werden kann. Die Matrize
übernimmt offenbar eine Funktion, die derjenigen
der DNS in normalen Zellen entspricht. Da in der
ruhenden Zelle ein analoges Matrizensystem bereits
vorhanden ist, wird deren RNS- und Protein-Syn­
these durch FPA auch nicht gehemmt. A n sich ge­
stattet unsere Charakterisierungs-Methode eine der­
artige komplementäre RN S von der Virus-RNS zu
unterscheiden. Da man nur eine geringe Menge von
ihr erwarten kann und sie am Stoffwechsel nicht teil­
nimmt. ist es nicht verwunderlich, daß sie dem Nach­
weis entgeht.
22 J.
T omizawa u. S. S unakaw a , J. gen. Physiol. 39, 553
[1956],
23 G. S. S tent, in: Advances in Virus Research V (eds. K. M.
S mith and M. A. L a uffer ) Acad. Press, New York 1958,
pp. 95.
Bei der Diskussion des „early protein“ war unter­
stellt worden, daß unter FPA ein funktionsuntüchti­
ges Protein synthetisiert wird. In Tab. 4 ist der
Nachweis erbracht worden, daß ein in Gegenwart
von FPA hergestelltes Virusprotein zwar serologisch
noch nachweisbar ist, in das Viruspartikel aber nicht
eingebaut wird. Das mit FPA versehene s-Antigen
wird offensichtlich als Baustein für die Virussynthese
verworfen.
Kürzlich beschrieben W e c k e r und S c h o n n e 26 die
W irkung von FP A auf die Synthese von infektiöser
R N S bei der Vermehrung des Pferdeencephalomyelitis-Virus (W E E ). Sie kamen zu dem Schluß, daß
eine Proteinsynthese vor Beginn der Virus-RNSSynthese nicht notwendig sei, da sich die Synthese
von infektiöser RNS durch F P A zu jeder Zeit nach
der Infektion abbrechen ließ; danach liegt bei die­
sem Virus eventuell ein anderer Vermehrungs­
mechanismus vor. Man muß aber auch m it der
Möglichkeit rechnen, daß hier zwar Virus-RNS un­
ter FPA gebildet, durch die von den Autoren ver­
wendeten Methoden aber nicht erfaßt wird. Es
könnte z. B. durch ein falsches Protein der Schutz
der RN S vor abbauenden Enzymen verlorengehen
und die Nucleinsäure dadurch ihre Infektiosität ein­
büßen 27. Eine nur wenig abgebaute RNS würde mit
der von uns angewendeten Methode jedoch erfaßt
werden.
Eine weitere Differenz betrifft den Einbau von
14C-Aminosäuren in das Zellprotein unter FPA .
W ährend wir keine Beeinflussung feststellen konn­
ten, fanden W e c k e r und S c h o n n e eine solche in
ihrem Experiment; dazu ist zu bemerken, daß un­
sere Konzentration an FPA weniger als halb so hoch
war als die von ihnen verwendete. Bei weniger dich­
ten Zellschichten fanden auch wir eine Abnahme der
Einbaurate mit der Zeit.
Unsere Befunde stehen mit folgendem Bild von
der Vermehrung des KP-Virus im Einklang:
W ährend der Infektion wird das g-Antigen der
Viruspartikel in Freiheit gesetzt6 und an dessen
RN S eine komplementäre RN S synthetisiert. Sie
wird mit Hilfe eines neugebildeten Proteins („early
protein“ ) stabilisiert, das mit den bisher verfüg-
24 L. V.
C ra w fo rd ,
Biochim. biophysica Acta [Amsterdam]
28. 208 [1958].
25 G . L. A d a , B. T. P e r r y , J. gen. Microbiol. 14. 623 [1956].
26 E. W e c k e r u . E. Schonne, Proc. nat. Acad. Sei. USA 47,
278 [1961].
G ie re r. Z. Naturforschg. 13 b. 485 [1958].
27 A.
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SÄUREHYDROLYSE VON RIBONUCLEINSÄURE UND DESOXYRIBONUCLEINSÄURE
673
baren, virusspezifischen, biologischen Testen nicht
erfaßt werden kann. Spätestens 2 Stdn. p.i. ist die
Synthese dieses hypothetischen Matrizen-Komplexes
abgeschlossen. Nunmehr beginnt die gleichzeitige
Synthese von Virus-RNS und s-Antigen-Protein im
Zellkern 4. A n diesem Ribonucleoproteid wird sofort
das Protein des Hämagglutinins synthetisiert (vgl.
auch Anm. 28), das allerdings erst später im Cyto­
plasma 4 seine für die biologische Aktivität erforder-
liehe Struktur erhält. Der Zusammenbau der bei­
den Untereinheiten zum infektiösen Viruspartikel
erfolgt in unmittelbarer Nähe der Zellmembran 29.
28 L.
29 G.
H o yle ,
J. of Hyg. 50. 229 [1952].
Herrn Professor Dr. W. S c h ä f e r danken wir für die
Unterstützung und Förderung der Arbeit, Fräulein
D. K u n e r t , Herrn O. H a r z e r und Herrn W. K r a u s für
ihre wertvolle Mithilfe. Die Arbeit wurde mit Mitteln
der D e u t s c h e n F o r s c h u n g s g e m e i n s c h a f t
durchgeführt.
H otz
u. W.
S chäfer ,
Z. Naturforsdig. 10 b, 1 [1955].
Säurehydrolyse von Ribonucleinsäure und Desoxyribonucleinsäure
Von W .
P
ollm ann
und G.
S chram m
Aus dem, Max-Planck-Institut für Virusforschung, Tübingen
(Z. Naturforsdig. 16 b, 673— 678 [1961] ; eingegangen am 28. J u li 1961)
A method for the potentiometric titration of secondary phosphate groups in nucleic acids is de­
scribed. Ribonucleic acids of yeast and of microsomes contain 5 —6% secondary phosphate groups
which cannot be removed by dialysis. The potentiometric method was applied to study several enzy­
matic hydrolyses and the non-enzymatic hydrolysis between pn 2.4 —1.8. The rate of hydrolysis for
the purines and for the phosphate groups is approximately proportional to the H®-concentration. The
constants of hydrolysis for ribonucleic acid and for deoxyribonucleic acid were determined. In DNA
the depurinisation is 650 times faster than in RNA.
In den Nucleinsäuren kommen zwei Arten von
Bindungen vor, die in saurer Lösung leicht hydroly­
siert werden: 1. die glykosidische Bindung zwischen
den Zuckerresten und den Purinen und 2. die Phosphorsäurediester-Bindung zwischen den einzelnen
Zuckerresten. Die Stabilität der glykosidischen B in­
dung ist abhängig von den benachbarten Substituen­
ten, die Spaltung erfolgt bei den Purinen bedeutend
leichter als bei den Pyrim idinen und ist auch von
Purin zu Purin etwas verschieden. Die Gründe hier­
für wurden kürzlich in einer Arbeit von M i c h e e l 1
aufgezeigt. Die Beständigkeit der Glykosid-Bindung
ist aber auch von der Art des beteiligten Zuckers
abhängig, denn bei der DNS (Desoxyribonuclein­
säure) erfolgt die Purinabspaltung viel leichter als
bei der RN S (Ribonucleinsäure), so daß aus der
DNS Purinreste quantitativ abgespalten werden kön­
nen, ohne daß hierbei die hochmolekulare Struktur
völlig zerstört wird. Diese Hydrolysenprodukte wur­
den von C h a r g a f f als A purinsäuren2 bezeich­
net. Von F r e e s e 3 wurde gezeigt, daß die Entfernung
bestimmter Basen aus der DNS zu Mutationen fü h ­
1 F . M ic h ee l , A. H essing ,
2 C h . T am m , M . E. H odes
Chem. Ber. 94, 1814 [1961].
u . E. C h argaff , J. biol. Chemistry
ren kann, da bei der nachfolgenden Vermehrung
diese Fehlstellen durch andere Basen wieder auf­
gefüllt werden. A uf der anderen Seite geht aus U n­
tersuchungen an verschiedenen isolierten Nuclein­
säuren hervor, daß die Hydrolyse der Phosphat­
brücken zu einer Inaktivierung führt. Es ist daher
wichtig, genaue Unterlagen dafür zu besitzen, inwie­
weit eine Spaltung der glykosidischen Bindungen zu
den Purinen ohne Kettenabbau möglich ist. Die
Möglichkeit zur Herstellung von Apurinsäuren hängt
von dem Verhältnis der beiden Reaktionskonstanten
ab. In der vorliegenden Arbeit wurden daher die
Hydrolysen-Geschwindigkeit der Phosphorsäurediester-Gruppen zu den sekundären Phosphaten und
die Hydrolysen-Geschwindigkeit der glykosidischen
Bindungen zu den Purinen bei verschiedenen N u ­
cleinsäuren quantitativ bestimmt. Zur Messung der
ersten Reaktion arbeiteten wir ein potentiometrisches Titrationsverfahren aus. Die Menge der ab­
gespaltenen Purinreste wurde nach bereits bekann­
ten Verfahren durch Chromatographie und anschlie­
ßende Extinktionsmessung bestimmt.
3 E.
B autz
u.
[1961] ; E.
E. F r ee se , Proc. nat. Acad.
F r ee s e , Brookhaven Sympos.
195, 49 [1952].
Unauthenticated
Download Date | 5/11/16 7:16 PM
Sei. USA 47, 540
12, 63 [1959].
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