„Alles ist Zahl“ (Pythagoras) Zahlenlehre 1 1. Termin, Wien 2014 © Mag.a Dagmar Kerschbaumer Themen ! Beweise (Beweisverfahren), Natürliche Zahlen (N), Ganze Zahlen (Z) ! Teilbarkeit, Primzahlen, ggT, kgV ! Euklidischer Algorithmus ! Diophantische Gleichungen ! Kongruenzen Leistungsnachweis ! ! ! ! ! Anwesenheitspflicht (immanenter Prüfungscharakter) Vorbereitung und Präsentation eigene Beiträge selbstständig Probleme lösen und diskutieren aktive Teilnahme im Seminar schriftliche Prüfung am Ende des Semesters (gem. mit der Gruppe von Prof. Mag. Kerschbaumer; Mitte Jänner 2015; Dauer: 1 Ue) Bildungsziele ! mit den zahlentheoretischen Grundlagen der Schulmathematik vertraut sein ! angemessene Nutzung der mathematischen Fachsprache ! erworbene Kenntnisse zur Lösung von Problemstellungen einsetzen Literatur Basisliteratur: ! Bartholomé, Andreas, Rung, Josef, Kern, Hans: Zahlentheorie für Einsteiger. Eine Einführung für Schüler, Lehrer, Studierende und andere Interessierte (7., aktualisierte Auflage, Wiesbaden 2010). Weiterführende Literatur (für Interessierte): ! Reiss, Kristina, Schmieder, Gerald: Basiswissen Zahlentheorie. Eine Einführung in Zahlen und Zahlenbereiche (3. Auflage, Berlin Heidelberg 2014). Literatur (zum mathematischen Arbeiten allg.): ! Schichl, Hermann, Steinbauer Roland: Einführung in das mathematische Arbeiten (2., überarbeitete Auflage, Berlin Heidelberg 2012). „Zahlenspielerei“ Zahlenlehre 1 „Zahlentrick“, Anleitung: ! a … dreiziffrige Zahl (bestehend aus verschiedenen Ziffern; führende 0 ist erlaubt) ! b … wird durch „Umdrehen“ gebildet ! c … sei die Differenz von a und b ! d … wird wieder durch „Umdrehen“ gebildet ! c + d … gesuchte Summe Zahlenlehre 1 Beweis: a … dreiziffrige Zahl mit der Zifferndarstellung xyz, wobei x,y,z є {0,1,2,…,9} und verschieden a = 100x + 10y + z b = 100z + 10y + x → c = 99 · l x – z l → c + d = 99 · 11 = 1089 Zahlenlehre 1 Primfaktorenzerlegen: 1089 = 3²·11² = 9·11² = 99·11 Sei k є {1,2,…,9} → k-fache von 99: ! Hunderterziffer wächst stets um 1 ! Einerziffer vermindert sich um 1 → c + d = 99·k + 99·(11 – k) = = 99· (k + 11 – k) = = 99·11 = 1089 Zahlenbegriff, Entwicklung Zahlenlehre 1 Einige Gedanken zur Genesis der natürlichen Zahlen: ! Was sind Zahlen? ! Vom menschlichen Intellekt zum Zählen ersonnen? ! Die natürlichen Zahlen spielten schon in der Weltanschauung der Pythagoräer eine große Rolle, daher beschäftigten sich die Pythagoräer mit zahlentheoretischen Fragen (Eigenschaften der natürlichen Zahlen). ! „Alles ist Zahl“ (Pythagoras, um 550 v. Chr.;umstritten, ob diese Erkenntnis schon der pythagoreischen Periode oder der platonischen Periode zuzuordnen ist) Zahlenlehre 1 Entstehung der Zahlentheorie: ! „Die natürlichen Zahlen hat Gott gemacht, alles übrige ist Menschenwerk.“ (Leopold Kronecker, 1823 – 1891, dt. Mathematiker) ! Die Entstehung der Zahlentheorie im heutigen Sinn geht auf die Barockzeit und den Franzosen Pierre de Fermat (um 1630) zurück, wobei Leonhard Euler (1707 – 1783) diese durch wichtige Resultate bereichert hat. ! Als Vorläufer in der Antike ist Diophantos von Alexandria (um 250 n. Chr.) anzusehen, der als bedeutender Zahlentheoretiker in Erscheinung tritt. Zahlenlehre 1 ! Diophantos von Alexandria (250 n. Chr.) beschäftigte sich u. a. mit dem Lösen von „unbestimmten“ Gleichungen, d. h. Gleichungen, die freie Parameter enthalten, wobei als Lösungen ausschließlich positive rationale Zahlen zugelassen wurden. Unsere heutigen „diophantischen Gleichungen“ sind von ähnlicher Beschaffenheit. ! Die Methoden des Diophantos sind wahrscheinlich einer Tradition algebraischer Methoden zugehörig, die aus der babylonischen Algebra (Babylonier, 2500 v. Chr. – 100 v. Chr.) entsprangen und sich auch in der Algebra der Araber fortgesetzt. Zahlenlehre 1 ! Richard Dedekind schreibt in seiner Abhandlung (1887): „Die Zahlen sind freie Schöpfungen des menschlichen Geistes, sie dienen als ein Mittel, um die Verschiedenheit der Dinge leichter und schärfer aufzufassen. Durch den rein logischen Aufbau der Zahlen-Wissenschaft und durch das in ihr gewonnene stetige Zahlen-Reich sind wir erst in den Stand gesetzt, unsere Vorstellungen von Raum und Zeit genauer zu untersuchen, indem wir dieselben auf dieses in unserem Geiste geschaffene Zahlen-Reich beziehen. Verfolgt man genau, was wir beim Zählen der Menge oder Anzahl von Dingen tun, so wird man auf die Betrachtung der Fähigkeit des Geistes geführt, Dinge auf Dinge zu beziehen, einem Ding ein Ding entsprechen zu lassen, oder ein Ding durch ein Ding abzubilden, ohne welche Fähigkeit überhaupt kein Denken möglich ist …“ Zahlenlehre 1 ! Ursprung der Zahlen kann als Streifzug durch die Geistesgeschichte der Menschheit aufgefasst werden. ! Bei den Sumerern und Ägyptern war der Zahlenbegriff schon hoch entwickelt (um 3000 v. Chr.) und man findet bereits ganze Zahlen, Bruchzahlen und sehr große Zahlen. ! zurück zur Frage „Was sind Zahlen?“ ! Bis ins 19. Jahrhundert wurde der Begriff „Zahl“ in intuitiver Weise verwendet. Erst das Zeitalter der Axiomatisierung ab Mitte des 19. Jahrhunderts setzte sich mit den grundlagentheoretischen Fragen der Zahlen auseinander. „Die Mathematik ist die Königin der Wissenschaft, und die Zahlentheorie ist die Königin der Mathematik.“ (Carl Friedrich Gauß, 1777-1855, Göttingen) Axiome Zahlenlehre 1 Axiome ! sind unbeweisbare Sätze bzw. Grundannahmen (d.h. das sind gewisse Grundaussagen) ! Ein Axiom ist ein Grundsatz einer Theorie, der innerhalb des Systems nicht begründet wird. ! Peano-Axiome ! diese Axiome sind sozusagen „Spielregeln“ im Umgang mit den natürlichen Zahlen ! D.h. alles, was über N und die Elemente von N behauptet wird, muss sich aus diesen Axiomen unter Anwendung der logischen Schlussregeln herleiten lassen. Natürliche Zahlen, N Zahlenlehre 1 Peano-Axiome: ! lt. Lit. zumeist 5 Peano-Axiome ! Das 1. Axiom wird oft nicht genannt, da das erste Axiom keine Aussage über die Struktur der Menge der natürlichen Zahlen liefert, sondern nur ein Name für eine bestimmte „ausgezeichnete natürliche Zahl“ festgelegt wird. Zudem kommt es nicht auf den Namen „1“ dieses ausgezeichneten Elements an. ! Die folgenden 4 Axiome haben eine andere Qualität. Zahlenlehre 1 Peano-Axiome: (1) 1 ist eine natürliche Zahl. (2) Jedem n є N ist genau ein n‘ (der Nachfolger) zugeordnet. (3) Es gibt ein a є N , das für kein n є N Nachfolger ist. (andere Formulierung: „1 ist kein Nachfolger“) (4) Sind n, m є N verschieden, so sind auch die Nachfolger n‘, m‘ verschieden. (d.h. jede natürliche Zahl ist Nachfolger höchstens einer natürlichen Zahl) (5) Ist M eine Teilmenge von N mit a є M und enthält M zu jedem Element auch dessen Nachfolger, so gilt M = N. Sind diese Axiome erfüllt, so heißt N die Menge der natürlichen Zahlen. Alle Eigenschaften der natürlichen Zahlen müssen sich entsprechend aus den Axiomen herleiten lassen. Beweise Zahlenlehre 1 Beweise bilden die Grundlage des „mathematischen Gebäudes“: ! Eine Aussage hat erst Relevanz, wenn die Herleitung (der Beweis) gelungen ist. ! Diese Aussage ist dann in der auf den Axiomen gegründeten Theorie wahr. ! Diese Aussage ist kein Erfahrungssatz mehr, hat mehr als empirische Bedeutung und ist in einen logisch konsistenten Rahmen eingebunden. ! Gilt eine Aussage A als bewiesen und kann man eine weitere Aussage B logisch aus A ableiten, so gilt auch B als bewiesen. Sätze, Bezeichnungen Zahlenlehre 1 ! Bewiesene Aussagen nennt man Sätze oder Theoreme. ! Um die Wichtigkeit zu unterstreichen werden auch Bezeichnungen wie Hauptsatz oder Fundamentalsatz verwendet. ! Proposition (lat. Aussage): manchmal an Stelle vom Begriff Satz verwendet (zumeist etwas weniger Wichtig als ein Satz oder Theorem). ! Lemma (Hilfssatz, Schlüsselgedanke), Korollar (oft triviale Folgerung) … Beweisende: ! w.z.z.w ! qed. (quod erat demonstrandum) ! " Verwendete Literatur Zahlenlehre 1 Fachliteratur: Bartholomé, Andreas, Rung, Josef, Kern, Hans: Zahlentheorie für Einsteiger. Eine Einführung für Schüler, Lehrer, Studierende und andere Interessierte (7., aktualisierte Auflage, Wiesbaden 2010). Kaiser, Hans, Nöbauer, Wilfried: Geschichte der Mathematik (3. Auflage, München, Wien 2002). Reiss, Kristina, Schmieder, Gerald: Basiswissen Zahlentheorie. Eine Einführung in Zahlen und Zahlenbereiche (3. Auflage, Berlin Heidelberg 2014). Schichl, Hermann, Steinbauer Roland: Einführung in das mathematische Arbeiten (2., überarbeitete Auflage, Berlin Heidelberg 2012). Schulbücher: Götz, Stefan, Reichel, Hans-Christian (Hrsg.), Müller, Robert, Hanisch, Günter: Mathematik 5 (Wien 2010).