Bildnachweis: J. Lippmann-Pipke Ewiges Sie mögen es extrem heiß, kalt und gerne auch giftig. Sie leben tief unter der Erde und versunken im Meeresgrund. Sie sind die ältesten Lebewesen der Welt. Mikroben faszinieren die Forscher zunehmend. 6 . 2010 Energie der Natur . Mikroorganismen Leben Bildnachweis: J. Lippmann-Pipke Auf der Suche nach dem Ursprung des Lebens: Johanna Lippmann-Pipke und ihre Kollegen untersuchen in der südafrikanischen Tautona-Mine den Lebensraum von Mikroben. Dr. Johanna Lippmann-Pipke, 41 Jahre, ist Physikerin und leitet am Forschungszentrum Dresden-Rossendorf, Forschungsstelle Leipzig, die Abteilung Reaktiver Transport. Mikroorganismen, auch Mikroben genannt, sind in der Regel Einzeller und mikroskopisch kleine Lebewesen. Für Bakterien etwa ist ein Mensch so groß wie für den Menschen die gesamte Erde. Zu den Kleinstlebewesen zählen neben den Bak- 7 . 2010 Links: Mit ihrem Kollegen Duane Moser entnimmt Johanna Lippmann-Pipke 2,8 Kilometer unter der Erdoberfläche Wasserproben. Oben: Um an das uralte Wasser zu kommen, setzen die Forscher Bohrlöcher und vermessen sie. Bildnachweis: J. Lippmann-Pipke terien auch Mikro-Algen, Hefe-Pilze und Pantoffeltierchen. Was Dr. Johanna Lippmann-Pipke vom Forschungszentrum Dresden-Rossendorf an den Mikroben besonders reizt, ist der direkte Blick zurück in die Erdgeschichte, in die Zeit, in der alles Leben auf der Erde begann. Mehr Infos aus der Tiefe Über die geheimnisvolle Welt der Mikroben (mit einem Bakterien-Quiz für Kinder) informiert die sehr anschauliche Internetseite www.mikrobiologischer-garten.de Ein spannendes Buch zum Thema: Thomas Gold, Biosphäre der heißen Tiefe, ISBN 3-98073780-2, 24,95 Euro. 8 . 2010 Die Parallelgesellschaft Vor vermutlich 3,8 Milliarden Jahren besiedelten Mikroben als die ersten Organismen überhaupt unseren Planeten. In der tiefen Biosphäre, also in der Erdkruste mehrere Kilometer unter der Erdoberfläche oder unter dem Meeresgrund, finden die Forscher heute ihre Nachkommen und gewinnen ganz neue Erkenntnisse darüber, wie unser Leben entstand. Dr. Johanna Lippmann-Pipke ist, auf der Jagd nach den Urzellern seit zehn Jahren mehrmals für mehrere Wochen mit einem Team von Wissenschaftlern in südafrikanische Goldminen eingefahren. Zum Beispiel in die Tautona-Mine in Carletonville südwestlich von Johannesburg. Das Bergwerk reicht mittlerweile 3,9 Kilometer in die Tiefe – Weltrekord! Energie der Natur . Mikroorganismen Bakterien und andere Mikroben stellen mit vermutlich 70 Prozent den Löwenanteil an lebender Materie, der Biomasse. In Petrischalen werden in einem gelförmigen Nährmedium Bakterien gezüchtet und untersucht. Dort beträgt die Temperatur des Gesteins 50 Grad Celsius. „Wir finden dort unten Wesen wie von einem fremden Planeten. Sie existieren völlig autark unter extrem lebensfeindlichen Umweltbedingungen.“ Fürs Überleben brauchen die Mikroben weder Licht noch Sauerstoff. Energiekünstler aus der Tiefe Für ihren Stoffwechsel benutzen die UrLebewesen winzige Wassertröpfchen im Gestein, radioaktive Strahlung und Sulfat. Die Strahlen lösen aus dem Wasser Wasserstoff heraus, die Hauptenergiequelle der Einzeller. Im internationalen Team ist Johanna Lippmann-Pipke für die Altersbestimmung der Kluftwässer in den tiefen Minen zuständig: „Das Wasser, in dem diese Mikroben leben, hatte seit mindestens 15 bis 20 Millionen Jahren keinen Kontakt mehr mit der oberirdischen Welt.“ So finden die Forscher Bedingungen vor wie auf der Erde vor vielen Millionen Jahren. Manche von ihnen vermuten sogar, dass solches Leben auch auf anderen Planeten existieren könnte. Bakterielle Putzkolonnen Mikroben verputzen einfach alles, manche von ihnen haben einen regelrechten Heißhunger auf Pestizide oder Erdöl. Ein Cocktail von ihnen ist deswegen derzeit auch im Golf von Mexiko im Einsatz, um die Ölkatastrophe mit zu bekämpfen. Auch für die Sanierung verseuchter Böden stehen die Kleinstlebewesen bereit. Wissenschaftler nutzen sie zudem für die Biotechnologie. Mit ihren Organismen lassen sich chemische Produkte wie Waschmittel verbessern und ganz neue Medikamente herstellen. Wagemutiger Reisender Ein in Südafrikas Minen tief unten entdecktes Bakterium hört auf den schönen Namen Desulforudis audax viator. Der lateinische Zusatz audax viator entstammt dem Roman von Jules Verne „Die Reise zum Mittelpunkt der Erde“ und heißt wagemutiger Reisender. Das komplette Zitat scheint wie auf die Mikroben gemünzt: „Steig hinab, wagemutiger Reisender, und du wirst zum Mittelpunkt der Erde gelangen!“ Bakterien haben häufig eine Stäbchenform wie hier oder eine Kugelform (siehe oben). 9 . 2010