2.3 Gekrümmte Oberflächen R Jede Fläche im 3 besitzt eine zweidimensionale Parameterdarstellung, so dass die Punkte der Fläche durch ~r (u1 , u2 ) = x(u1 , u2 )êx + y (u1 , u2 )êy + z(u1 , u2 )êz beschrieben werden. Beispiel: Die Fläche, die durch die Funktion z(x, y ) = x 2 + y 2 beschrieben wird, hat die Parameterdarstellung x**2*y**2 10000 7500 2 2 ~r (u1 , u2 ) = xêx + y êy + (x + y )êz , 10 5000 5 2500 0 -10 0 -5 x d.h. x = u1 und y = u2 Die Nordhalbkugel hat in kartesischen Koordinaten die Parameterdarstellung q ~r (u1 , u2 ) = u1 êx +u2 êy + 1 − u12 − u22 êz . 0 y -5 5 -10 sqrt(1-x**2 -y**2) 1 0.8 0.6 0.4 0.2 0 -1 1 0.5 0 -0.5 0 x y -0.5 0.5 -1 sin(u)*cos(v), sin(u)*sin(v), cos(u) In Polardarstellung kennen wir aber auch ~r (ϑ, ϕ) = sin ϑ cos ϕêx +sin ϑ sin ϕêy +cos ϑêz . 1 0.8 0.6 0.4 0.2 0 -1 1 0.5 0 -0.5 0 x -0.5 0.5 -1 Die Parameter u1 und u2 definieren ein zweidimensionales krummliniges Koordinatensystem. Die Parameter u1 und u2 bezeichnet man als die Koordinaten dieses Koordinatensystems. Koordinatenlinien sind diejenigen Linien auf der Fläche, entlang y derer sich nur eine Koordinate ändert, ~ru1 = ~r (u1 , u2 = const) ~ru2 = ~r (u1 = const, u2 ) In den obigen Abbildungen sind dies die Gitterlinien, mit deren Hilfe die Oberflächen dargestellt wurden. Die infinitesimalen Verschiebungsvektoren entlang der Koordinatenlinien d~ri = ∂~r dui ∂ui (i = 1, 2) bezeichnen wir als Tangentialvektor an die Fläche. (Beachte, dass sich entlang der jeweiligen Koordinatenlinien die jeweils andere Koordinate konstant bleibt, d.h. du2 = 0 entlang ~ru1 .) Die lokalen Basisvektoren des Koordinatensystems sind die tangentialen Einheitsvektoren an die Koordinatenlinien, die sich in dem betrachteten Punkt schneiden, ∂~r ∂~r 1 êi = mit hi = (i = 1, 2). ∂ui hi ∂ui Ein beliebiger Punkt der Fläche hat dann die Koordinatendarstellung ~r = u1 ê1 + u2 ê2 . Beachte, dass die Basisvektoren im Allgemeinen nicht senkrecht aufeinander stehen. Die obige Begriffsbildung lässt sich ohne Weiteres auf dreidimensionale krummlinige Koordinatensysteme verallgemeinern. Die Basisvektoren bilden ein lokales, orthogonales Rechtssystem, wenn êi × êj = êk für (i, j, k) zyklisch an jedem Punkt erfüllt ist. Beachte: Die lokalen Basisvektoren eines krummlinigen Koordinatensystems bilden einen affinien Vektorraum. Das bedeutet, dass die Basisvektoren von Raumpunkt zu Raumpunkt ihre Richtung ändern. Sie hängen also selbst wiederum von den Koordinaten ab. Bei der Differentiation oder Integration von Ausdrücken in krummlinigen Koordinaten muss man daher darauf achten, die Änderung der Koordinatenvektoren mit zu berücksichtigen! Beispiele: u*cos(v), u*sin(v), 0 ebene Polarkoordinaten drρ drϕ drϕ -1 drρ 1 0.5 0 -0.5 0 x -0.5 0.5 -1 ~r (ρ, ϕ) = ρ cos ϕêx + ρ sin ϕêy ∂~r dρ = [cos ϕêx + sin ϕêy ] dρ ∂ρ ∂~r dϕ = [−r sin ϕêx + r cos ϕêy ] dϕ d~rϕ = ∂ϕ ⇒d~rρ = ⇒ hρ = 1 und hϕ = r ⇒ êρ = cos ϕêx + sin ϕêy êϕ = − sin ϕêx + cos ϕêy Zylinderkoordinaten y ergeben sich aus ebenen Polarkoordinaten durch Hinzunahme der z-Achse ~r (ρ, ϕ, z) = ρ cos ϕêx + ρ sin ϕêy + zêz Zylinderkoordinaten bilden eacroin lokales Rechtssystem mit êρ × êϕ = êz . Kugelkoordinaten (r+dr) sin ϑ d l1= dr er d l 2 = r dϑ eϑ d l 3 ~ r sinϑ dϕ eϕ ϑ ϕ ~r (ρ, ϑ, ϕ) = ρ [sin ϑ cos ϕêx + sin ϑ sin ϕêy + cos ϕêz ] ∂~r dρ = [sin ϑ cos ϕêx + sin ϑ sin ϕêy + cos ϑêz ] dρ ∂ρ ∂~r dϑ = ρ [cos ϑ cos ϕêx + cos ϑ sin ϕêy − sin ϑêz ] dϑ d~rϑ = ∂ϑ ∂~r d~rϕ = dϕ = ρ [− sin ϑ sin ϕêx + sin ϑ cos ϕêy + 0êz ] dϕ ∂ϕ ⇒d~rρ = ⇒ hρ = 1, hϑ = ρ und hϕ = ρ sin ϑ ⇒êr = sin ϑ cos ϕêx + sin ϑ sin ϕêy + cos ϑêz êϑ = cos ϑ cos ϕêx + cos ϑ sin ϕêy − sin ϑêz êϕ = − sin ϕêx + cos ϕêy Die beiden Tangentialvektoren eines zweidimensionalen Koordinatensystems spannen das Flächenelement d~f = d~r1 × d~r2 = ∂ r~1 ∂~r2 × du1 du2 ∂u1 ∂u2 auf. Der Betrag von d~f gibt den Flächeninhalt des infinitesimalen Flächenelements an. Seine Richtung ist senkrecht zu diesem Flächenelement, d.h. d~f ~n = |d~f | bezeichnet den Normalen-Einheitsvektor auf dem Flächenelement. Flächenintegrale über gekrümmte Flächen ergeben sich damit zu Z Z Z ∂~r ∂~ r du1 du2 . × hdA = h(u1 , u2 ) ∂u1 ∂u2 A A Beispiel: Flächenelement der Kugel Wir wählen Kugelkoordinaten. Dann sind die Koordinaten u1 und u2 gegeben durch u1 = ϑ und u2 = ϕ (r = R = const). Die Kugeloberfläche ist parametrisiert durch ~r (ϑ, ϕ) = R~er (ϑ, ϕ). Nach obiger Vorschrift wird das Flächenelement auf der Kugeloberfläche durch d~f = d~rϑ × d~rϕ = hϑ êϑ × hϕ êϕ = Rêϑ × R sin ϑêϕ = R 2 sin ϑêr gebildet. D.h. die Flächennormale zeigt an jedem Punkt der Kugel radial nach aussen. Ein in der Physik häufig auftretendes Problem ist die Frage nach dem Fluss eines Vektorfeldes durch eine vorgegebene Fläche. Beispiele hierfür sind die pro Zeiteinheit durch eine Öffnung austretende Wassermenge, die Gasmenge, die durch eine poröse Oberfläche eines Behälters strömt oder auch der Fluss eines elektrischen Feldes durch eine vorgegebene Oberfläche, den Sie in der Experimentalphysik-Vorlesung bereits kennengelernt haben. Die pro Zeiteinheit durch die Öffnung austretende Flüssigkeitsmenge ergibt sich als das Flüssigkeitsvolumen, welches in der Zeit ∆t die zur Strömung senkrechte Fläche (df cos ϑ) passiert. ⇒ ∆V = |~v |df cos ϑ∆t = ~v · d~f ∆t. ∆V ⇒ = ~v · d~f (“Kontinuitätsgleichung”) ∆t Für ein allgemeines Vektorfeld ~v (~r ) definiert man daher den Fluss durch eine Fläche A als Z ~v · d~f . Φ= A Beispiele aus dem Elektromagnetismus: Z magnetischer Fluss Φ= ~ · d~f B I Gauß’sches Gesetz: Qin = ε0 ΦE = ε0 ~ · d~f , E wobei Qin die von einem Volume V eingeschlossene Ladung bezeichnet und sich das Flächenintegral über die geschlossene Oberfläche des Volumens erstreckt. Betrachten wir noch einmal das Beispiel, das in der Experimentalphysik-Vorlesung behandelt wurde, und berechnen wir den Fluss des elektrischen Feldes, das von einer Punktladung erzeugt wird, durch eine Kugeloberfläche. Das Feld der Punktladung beträgt ~ (~r ) = E 1 Q êr . 4πε0 r 2 Der Fluss des elektrischen Feldes durch eine Kugeloberfläche vom Radius R, in deren Ursprung die Ladung sitzt, beträgt I ~ · d~f ΦE = E Kugeloberfläche I Q 1 êr · R 2 sin ϑ dϑ dϕêϕ = 2 Kugeloberfläche 4πε0 R Z π Z 2π R2 Q dϑ dϕ 2 sin ϑ = 4πε0 0 R 0 Z 1 Q = 2π d(− cos ϑ) 4πε0 −1 Q = ε0 Mit Hilfe geeigneter krummliniger Koordinaten können wir auch Volumenintegrale oft leichter berechnen. In einem dreidimensionalen Koordinatensystem ist das Volumenelement gegeben durch das Spatprodukt der infinitesimalen Tangentialvektoren dV = (d~r1 × d~r2 ) · d~r3 . Das Volumenelement der Kugel berechnet sich damit zu dVKugei = (d~r ×d~rϑ )·d~rϕ = hr hϑ hϕ dr dϑ dϕ (êr ×êϑ )·êϕ = r 2 sin ϑdr dϑ dϕ. Analog gilt für das Volumenelement in Zylinderkoordinaten dVZylinder = (d~rρ × d~rϕ ) · d~rz = dρ ρdϕdz(êρ × êϕ ) · êz = ρdρdϕdz. Damit kann man das Volumen eines Zylinders der Höhe H mit Radius R berechnen als Z R Z H Z R Z 2π Z ρdρ = π R 2 H. dϕ dz ρ = H 2π dρ V = dV = Zylinder 0 0 0 0