Herstellung und Untersuchung von Hydrogelen als Biofilm

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Gerhard-Mercator-Universität - Gesamthochschule Duisburg
Fachbereich 6 ( Chemie - Geographie )
Herstellung und Untersuchung von
Hydrogelen als Biofilm-Modelle
Diplomarbeit II
zur Erlangung des akademischen Grades eines
Diplom-Chemikers
vorgelegt von
Martin Strathmann
aus Gelsenkirchen
Bearbeitungszeit: vom 08.12.1998 bis 07.06.1999
Betreuer:
Prof. Dr. Hans-Curt Flemming
Fachgebiet:
Aquatische Mikrobiologie
ERKLÄRUNG:
Hiermit erkläre ich, daß ich die Arbeit selbständig verfaßt habe. Die verwendeten Quellen sowie
die verwendeten Hilfsmittel sind vollständig angegeben.
Duisburg, den 07.06.1999
__________________________
Unterschrift
ii
Vorwort
Ich danke Herrn Prof. Dr. Hans-Curt Flemming für die Ausgabe des interessanten Themas für
meine Diplomarbeit, für die freundliche Aufnahme in seiner Arbeitsgruppe und für die
Ermöglichung der Durchführung der Arbeiten im Fachgebiet Aquatische Mikrobiologie an der
Gerhard-Mercator-Universität Duisburg.
Mein besonderer Dank gilt Dipl.-Biol. Thomas Griebe für die Betreuung der Arbeit. Er stand mir
immer mit zahlreichen Ratschlägen und tatkräftiger Unterstützung zur Seite.
Ebenfalls möchte ich mich bei Dr. Jost Wingender bedanken, der mir mit seinem fachlichen
Wissen und seiner Diskussionsbereitschaft weiterhelfen konnte.
Christiane Seibert, der guten Seele des Sekretariats, möchte ich dafür danken, daß sie stets alle
Verwaltungsaufgaben bereitwillig erledigt hat und immer mit einem netten Wort für
Aufmunterung sorgte.
Bedanken möchte ich mich auch bei Astrid Dannehl und Alexander Rode, mit denen mir das
Arbeiten im Labor viel Freude bereitete.
Den Mitarbeitern des Fachgebietes „Angewandte Physikalische Chemie“, insbesondere
Herrn Prof. Dr. W. Borchard und Frau Eva Selic, danke ich für die Unterstützung bei den
Quellungsversuchen.
Der Firma E. Merck, Darmstadt sei für die großzügige Bereitstellung der benötigten Agarose
gedankt.
iii
Inhaltsverzeichnis
Inhaltsverzeichnis
ZUSAMMENFASSUNG ...................................................................................................................................1
1
EINLEITUNG....................................................................................................................................................2
1.1 BIOFILME .........................................................................................................................................................2
1.1.1
Biofilme als mikrobielle Lebensform .....................................................................................................2
1.1.2
Die Biofilmentwicklung .........................................................................................................................3
1.1.3
Zusammensetzung von Biofilmen...........................................................................................................5
1.1.4
Struktur von Biofilmen...........................................................................................................................6
1.2 POLYMERNETZWERKE, GELE UND HYDROGELE ..............................................................................................6
1.2.1
Was ist ein Netzwerk?............................................................................................................................7
1.2.2
Was ist ein Gel?.....................................................................................................................................8
1.3 THEORETISCHE VORÜBERLEGUNGEN...............................................................................................................9
1.3.1
Auswahl des Polymers zur Gelbildung ..................................................................................................9
1.3.2
Agarose..................................................................................................................................................9
1.3.3
Einflußfaktoren bei der Herstellung von Agarose-Beads ....................................................................11
1.4 ZIEL DER ARBEIT ...........................................................................................................................................13
1.5 HERANGEHENSWEISE .....................................................................................................................................14
2
MATERIAL UND METHODEN ...................................................................................................................16
2.1 AUSGANGSVERBINDUNGEN ...........................................................................................................................16
2.2 BAKTERIENSTÄMME ......................................................................................................................................17
2.3 KENNDATEN DER ANALYSENSYSTEME ..........................................................................................................18
2.3.1
Konfokales Laser-Raster-Mikroskop ...................................................................................................18
2.3.2
Fluoreszenz-Mikroskop .......................................................................................................................18
2.3.3
Stereomikroskop ..................................................................................................................................18
2.3.4
sonstige Geräte ....................................................................................................................................18
2.4 HERSTELLUNG VON AGAROSE-BEADS ...........................................................................................................19
2.4.1
Herstellung superporöser Agarose-Beads...........................................................................................19
2.4.2
Herstellung homogener Agarose-Beads ..............................................................................................20
2.4.3
Herstellung kompakter, superporöser Agarose-Körper ......................................................................20
2.5 PRÄPARATIONEN FÜR MIKROSKOPISCHE UNTERSUCHUNGEN ........................................................................20
2.5.1
Stereomikroskopische Untersuchungen...............................................................................................20
2.5.2
CLSM-Untersuchungen .......................................................................................................................21
2.6 CHARAKTERISIERUNG DER AGAROSE-BEADS ................................................................................................22
2.6.1
Bead-Durchmesser ..............................................................................................................................22
2.6.2
Superporen-Durchmesser ....................................................................................................................22
2.6.3
Superporen-Anteil................................................................................................................................23
2.6.4
Bestimmung des Löslichkeitsverhaltens...............................................................................................23
2.6.5
Bestimmung des Quellungsverhaltens .................................................................................................24
2.7 AGAROSE-BEADS MIT EINGEBETTETEN MIKROORGANISMEN ........................................................................25
2.7.1
Vorbereitung der Bakteriensuspension................................................................................................25
2.7.2
Einbettung von Mikroorganismen in Agarose-Beads ..........................................................................26
2.7.3
Bestimmung von Position und physiologischem Zustand der Bakterien .............................................26
2.7.4
Kultivierung von Bakterien in Agarose-Beads ....................................................................................28
2.8 HERSTELLUNG VON BEAD-SCHICHTEN ..........................................................................................................28
2.8.1
Fixierung der Agarose-Beads..............................................................................................................28
2.8.2
Bestimmung der dreidimensionalen Struktur der Bead-Schichten ......................................................29
2.9 BIOZIDEINWIRKUNG.......................................................................................................................................29
2.9.1
Natriumhypochlorit .............................................................................................................................29
2.9.2
Quantifizierung der inaktivierten und überlebenden Zellen ................................................................30
2.10 STATISTISCHE AUSWERTUNG.........................................................................................................................30
iv
Inhaltsverzeichnis
3
ERGEBNISSE..................................................................................................................................................31
3.1 HOMOGENE AGAROSE-BEADS .......................................................................................................................31
3.1.1
Variation der Rührgeschwindigkeit .....................................................................................................32
3.1.2
Variation der Agarose-Konzentration .................................................................................................33
3.1.3
Löslichkeitsverhalten der homogenen Beads.......................................................................................35
3.2 SUPERPORÖSE AGAROSE-BEADS ...................................................................................................................36
3.2.1
Porenstruktur der Beads......................................................................................................................36
3.2.2
Variation des Bead-Durchmessers ......................................................................................................38
3.2.3
Variation der Porosität........................................................................................................................39
3.2.4
Löslichkeitsverhalten der porösen Beads ............................................................................................40
3.3 QUELLUNGSVERHALTEN DER AGAROSE-BEADS ............................................................................................41
3.4 HERSTELLUNG VON SCHICHTEN AUS AGAROSE-BEADS .................................................................................43
3.5 HERSTELLUNG SUPERPORÖSER AGAROSE-KÖRPER .......................................................................................44
3.6 EINBETTUNG VON BAKTERIEN IN BEADS .......................................................................................................46
3.6.1
Überprüfung der Vitalität der Bakterien im Verlauf der Bead-Herstellung ........................................46
3.6.2
Agarose-Beads mit immobilisierten Bakterien ....................................................................................47
3.6.3
Kultivierung von Bakterien in Agarose-Beads ....................................................................................48
3.7 SCHUTZWIRKUNG DER EINBETTUNG ..............................................................................................................50
4
DISKUSSION...................................................................................................................................................53
4.1 HERSTELLUNG UND CHARAKTERISIERUNG VON AGAROSE-BEADS ................................................................53
4.1.1
Bead-Herstellung.................................................................................................................................53
4.1.2
Löslichkeits- und Quellungsverhalten .................................................................................................54
4.2 EINBETTUNG, KULTIVIERUNG UND UNTERSUCHUNG VON BAKTERIEN IN AGAROSE-BEADS .........................55
4.2.1
Immobilisierung von Bakterien in Agarose-Beads ..............................................................................55
4.2.2
Vermehrung von immobilisierten Bakterien in Agarose-Beads...........................................................56
4.3 SCHUTZWIRKUNG DER EINBETTUNG ..............................................................................................................58
4.4 BEWERTUNG DER ENTWICKELTEN BIOFILM-MODELLE ..................................................................................60
4.4.1
Agarose-Beads.....................................................................................................................................60
4.4.2
Bead-Schichten und Agarose-Körper ..................................................................................................60
4.4.3
Einbettung von Mikroorganismen .......................................................................................................61
4.4.4
Gesamtbeurteilung...............................................................................................................................61
4.5 AUSBLICK ......................................................................................................................................................62
5
LITERATURVERZEICHNIS........................................................................................................................63
v
Abkürzungen
Abkürzungen
AO
CLSM
CTC
CTF
DPD
EPS
NB
PBS
PI
PIA
Acridinorange
Confocal Laser Scanning Microscopy (konfokale Laser-Raster-Mikroskopie)
5-Cyano-2,3-ditolyl-tetrazoliumchlorid
CTC Formazan
N,N-Diethyl-1,4-phenylendiaminsulfat
extrazelluläre polymere Substanz
Nutrient Broth
Phosphatgepufferte Kochsalzlösung (phosphate buffered saline)
Propidiumiodid
Pseudomonas-Isolierungs-Agar
Symbole
d
mx
n
P
s
Durchmesser
arithmetischer Mittelwert der Größe x
Anzahl der Meßwerte
statistische Sicherheit (in %)
Standardabweichung
vi
Zusammenfassung
Zusammenfassung
Die vorliegende Arbeit befaßt sich mit einem neuen Konzept für ein Biofilm-Modell auf der
Basis eines Hydrogels sowie dessen Herstellung und Untersuchung. Dieses soll dazu dienen,
ausgewählte Aspekte der Biofilm-Forschung gezielt zu simulieren und zu bearbeiten.
Dabei ist es das Ziel, die natürlichen Eigenschaften eines Biofilmes auf einfache Weise
möglichst genau und gut reproduzierbar zu simulieren. Für physiko-chemische Versuche ist
hierbei die Modellierung der typischen Poren- und Kanalstruktur von Biofilmen wichtig. Für
weitergehende Untersuchungen ist zusätzlich die Einbettung von lebenden Mikroorganismen in
steuerbarer Zelldichte und deren Kultivierung notwendig.
Es wird eine Methode zur Herstellung von homogenen und porösen Agarose-Beads (bead (engl.)
= Perle) sowie von porösen Agarose-Körpern vorgestellt. Mit dieser Methode konnten homogene
Beads im Durchmesserbereich von ca. 100 bis 500 µm hergestellt werden. Poröse Beads konnten
mit einem mittleren Bead-Durchmesser von etwa 260 µm und mit Poren von 10 bis 80 µm
Durchmesser (im Mittel 28 µm) erhalten werden. Anhand dieser Technik werden die Variationsmöglichkeiten der Reaktionsparameter und die damit verbundenen Auswirkungen auf das
Produkt aufgezeigt. Die Charakterisierung der Agarose-Beads erfolgte mit dem Lichtmikroskop.
Die Porenstrukturen wurden mit Hilfe der konfokalen Laser-Raster-Mikroskopie aufgeklärt.
Zur Simulation verschiedener Bakterienpopulationen wurde ein Verfahren zur Einbettung von
Bakterienzellen in die Agarose-Matrix entwickelt. Eine Immobilisierung war in homogenen und
porösen Beads sowie in porösen Agarose-Körpern möglich. Im Vergleich zu allgemein aus der
Biotechnologie bekannten Immobilisierungsmethoden ist es im Rahmen der vorliegenden Arbeit
erstmals gelungen, Mikroorganismen in eine poröse Gelmatrix einzubetten.
Die Aufklärung der dabei erhaltenen Zellverteilung wurde mit Hilfe der Laser-RasterMikroskopie durchgeführt. Außerdem wurde der physiologische Zustand der immobilisierten
Bakterien untersucht und daraus Rückschlüsse auf eventuelle Schädigungen im Verlauf der
Herstellung gezogen. Es ergab sich, das ca. 35 % der immobilisierten P. aeruginosa-Zellen,
vermutlich durch die nötige Reaktionstemperatur von 47 °C, geschädigt waren.
Das Wachstumsverhalten der eingebetteten Bakterien wurde untersucht. Es war möglich, die
Bakterien in den Beads bis hin zur Ausbildung von Mikrokolonien zu vermehren. Es zeigte sich
dabei, daß es bei den homogenen Beads zu einer Substratlimitierung im Inneren der Beads
kommt und eine Zellvermehrung nur nahe der Bead-Oberfläche stattfand. Die porösen Beads
zeigten ein homogenes Auftreten der Zellvermehrung über den Bead-Querschnitt, welche
vermutlich auf eine gleichmäßigere Nährstoffversorgung durch den konvektiven Transport in
den Poren zurückzuführen ist.
Zur Untersuchung der Schutzwirkung der künstlichen Gelmatrix auf die eingebetteten Bakterien
in Anlehnung an die Schutzwirkung der natürlichen Schleimmatrix wurde die desinfizierende
Wirkung eines Biozids auf die eingeschlossenen Organismen im Vergleich zur Zellsuspension
untersucht. Beim Einwirken von Natriumhypochlorit (0.5 mg/l, 30 min) konnte eine Zunahme
der membrangeschädigten Zellen um etwa eine log-Stufe beobachtet werden. Im Falle der
immobilisierten Zellen fiel die Schädigung innerhalb der ersten 20 Minuten dabei signifikant
geringer aus. Dies entspricht den Beobachtungen an Mikroorganismen in natürlichen Biofilmen,
wo eine Schutzwirkung der Gelmatrix gegenüber Bioziden bekannt und bereits eingehend
untersucht ist.
Ein reproduzierbares Biofilm-Modell mit variabler Steuerung der Porenstruktur und einer
Möglichkeit zur gezielten Einbettung von Bakterien wurde entwickelt.
1
1 Einleitung
1 Einleitung
1.1 Biofilme
1.1.1 Biofilme als mikrobielle Lebensform
Biofilme bestehen aus Mikroorganismen, welche sich an einer Grenzfläche anheften. Alle
Oberflächen, biologische (z.B. Pflanzen und Tiere) sowie abiotische (z.B. Metall, Mineralien,
Kunststoffe und Glas), können durch Bakterien besiedelt werden, sobald ausreichend
Feuchtigkeit vorhanden ist. Die Mikroorganismen in Biofilmen sind in einer selbst produzierten
organischen Matrix eingebunden. Diese Matrix, aus stark hydratisierten extrazellulären
polymeren Substanzen (EPS), kann darüber hinaus auch anorganische Partikel einschließen oder
organische Substanzen sorbieren. Mikrobielle Biofilme sind ubiquitär (Costerton et al., 1987;
Flemming, 1991). Es ist inzwischen allgemein akzeptiert, daß die meisten Mikroorganismen in
aquatischen Systemen, Sedimenten und Böden immobilisiert an Oberflächen existieren und dort
mikrobielle Biofilme bilden (Flemming, 1994). Costerton et al. (1995) definieren einen Biofilm
als eine in eine Matrix eingehüllte bakterielle Population, die entweder an eine Grenzschicht
oder aneinander angeheftet ist. Hierin sind auch mikrobielle Flocken o.ä. eingeschlossen.
Im Biofilm zu leben, scheint für Mikroorganismen in vielen Bereichen ökologische Vorteile
gegenüber der planktonischen Lebensweise zu bieten, bei der sie sich als Einzelzellen in
Suspension befinden. Einige dieser Vorteile sind in der folgenden Übersicht zusammengestellt:
• Akkumulation von Nährstoffen (Fletcher, 1991), besonders in oligotropher Umgebung von
Bedeutung (Marshall, 1985)
• Akkumulation von Stoffwechselprodukten, welche von anderen Spezies
genutzt werden können
• Schutz vor - Bioziden
- Salzbelastungen
- pH-Extremen
- hydraulischer Belastung
• Ausbildung von Mikrokonsortien:
- Symbiose verschiedener Arten (z.B. bei Nitrifikanten)
- Nutzung schwer abbaubarer Substrate durch Zusammenarbeit verschiedener
Spezies (Costerton und Boivin, 1991)
- Schaffung ökologischer Nischen (z.B. anaerobe Bereiche unter aerobem
Oberflächenbiofilm)
• Gentransfer
Es sind jedoch auch einige Nachteile mit der sessilen Lebensweise im Biofilm verbunden. So
können einzelne Organismen etwa in Bereiche eines Biofilms gelangen, in dem ungünstige
Überlebensbedingungen herrschen. Es ist z.B. möglich, daß aerobe Mikroorganismen durch
weitere Zunahme der Besiedelung an der Biofilmoberfläche in einen anaeroben Bereich an der
Basis des Biofilms geraten.
2
1 Einleitung
1.1.2 Die Biofilmentwicklung
Für die Entstehung von Biofilmen sind folgende Voraussetzungen notwendig:
• Existenz einer Grenzfläche
• Vorhandensein von Wasser (Feuchtigkeit)
• Anwesenheit von Mikroorganismen
• Angebot von Nährstoffen
Sind alle diese Faktoren gegeben, so ist die Ausbildung eines Biofilms möglich. Trotz der
Komplexität der verschiedenen Wechselwirkungen bei seiner Entstehung, lassen sich generell
drei verschiedene Phasen bei diesem Prozeß unterscheiden. Eine graphische Darstellung dieser
Stadien ist in Abbildung 1 (nach Characklis, 1990) wiedergegeben.
Abbildung 1: Phasen der Biofilmentwicklung (nach Characklis, 1990)
1.1.2.1 Induktionsphase
Der erste Schritt bei der Ausbildung eines mikrobiellen Bewuchses ist der sogenannte
„conditioning film“. Dieser ist Ergebnis der Adsorption von Makromolekülen (z.B. Huminstoffe,
Polysaccharide oder Proteine) und hydrophoben Molekülen aus der wäßrigen Phase an die
Grenzfläche (Marshall, 1984, 1992). Dieser Film beeinflußt die Ladung der Oberfläche und die
freie Energie der Grenzschicht. Die Zelloberfläche von Mikroorganismen tritt mit diesem
„conditioning film“ in Wechselwirkung. Die adsorbierten Stoffe können als Nährstoffe
verwendet werden und fördern die Adhäsion von Bakterien, in einigen Fällen können sie auch
aufwuchshemmend wirken (Pringle und Fletcher, 1986).
Es folgt die Primäradhäsion von Mikroorganismen. Der Transport von Mikroorganismen an die
Oberfläche erfolgt in turbulent durchströmten wäßrigen Systemen bis an die laminare
Grenzschicht durch Konvektion. Bis an die Grenzfläche gelangen die Bakterien dann durch
verschiedene Mechanismen, wie etwa Diffusion, Brown’sche Molekularbewegung,
elektrostatische Anziehung, Chemotaxis oder Mikrowirbel (Characklis et al., 1990).
3
1 Einleitung
ZoBell (1943) vermutete bereits, daß zwei Schritte an der Primäradhäsion beteiligt sind.
Zunächst eine reversible Anheftung an die Oberfläche, die dann bei längerer Aufenthaltszeit von
einer irreversiblen Immobilisierung gefolgt wird. Im Zustand der reversiblen Anheftung wird
noch Brown’sche Molekularbewegung der Mikroorganismen beobachtet und sie können leicht
wieder von der Oberfläche abgelöst werden. Bei der irreversiblen Adhäsion sind die Organismen
fest auf der Oberfläche immobilisiert, bilden extrazelluläre polymere Substanzen und beginnen
zu wachsen.
Die Dauer der Induktionsphase wird in entscheidender Weise durch die Oberflächenrauhigkeit,
die „biologische Affinität“ der Oberfläche, die auftretenden Scherkräfte und dem Zustand der
Mikroorganismen beeinflußt. Sie kann zwischen einigen Stunden in stark belasteten Systemen
und bis zu Jahren in stark oligotrophen Systemen betragen.
1.1.2.2 Wachstumsphase
Nach der irreversiblen Adhäsion der Zellen an die Grenzfläche beruht die Akkumulation des
Biofilms auf zwei Faktoren: zum einem dem Wachstum der Primärbesiedler und zum anderen
der Anheftung weiterer Mikroorganismen (Marshall, 1984). Für die Adsorption von Zellen oder
abiotischen Partikeln aus der flüssigen Phase sind jetzt nicht mehr die Oberflächeneigenschaften
der Grenzfläche ausschlaggebend, da die Oberfläche der bereits bestehenden Besiedlung die
Eigenschaften der ursprünglichen Grenzfläche maskiert.
Die Akkumulation des Biofilms wird während der Wachstumsphase hauptsächlich durch das
Wachstum und die Ausbildung von Mikrokolonien, insbesondere Mikrokonsortien, bestimmt.
Daher ist besonders die Nährstoffversorgung in dieser Phase ein limitierender Faktor
(Characklis, 1990). Sie wird in entscheidender Weise durch Transportprozesse in der
Schleimmatrix beeinflußt.
1.1.2.3 Plateauphase
Die Plateauphase bezeichnet das Erreichen eines Gleichgewichtszustandes in der Biofilmentwicklung. In dieser Phase halten sich Zuwachs- und Ablösevorgänge die Waage. Das
bedeutet, die durch Wachstum oder Adhäsion hinzukommende Menge Biomasse wird durch
stoßweise Ablösung von Biofilm-Fetzen („sloughing off”) (Rittmann, 1989) oder durch
kontinuierlichen Abtrag von Zellen (Erosion) wieder entfernt.
Für das Einstellen der Gleichgewichtsdicke des Biofilms sind hierbei in erster Linie das
Zellwachstum und die Scherkräfte im System verantwortlich. Bei einem hohen Nährstoffangebot
und entsprechend hoher Wachstumsrate kann sich in einem System mit geringen Scherkräften
ein Dicker und rauher Biofilm bilden. In Systemen mit hohen Scherkräften und somit hohen
Abrasionsraten bilden sich dünnere aber dafür dichtere und relativ glatte Biofilme aus
(Characklis et al., 1990).
Für die Dicke eines Biofilms kann darüber hinaus die Anwesenheit von höheren Organismen
(z.B. Protozoen) von Bedeutung sein. Sie können durch Abweiden („grazing“) des Biofilms sein
Wachstum begrenzen und seine Oberflächenbeschaffenheit beeinflussen.
4
1 Einleitung
1.1.3 Zusammensetzung von Biofilmen
Im allgemeinen können die Komponenten eines Biofilms wie folgt unterteilt werden:
• Wasser
• extrazelluläre polymere Substanzen (EPS) („Schleim“)
• Mikroorganismen
• sorbierte Substanzen
• eingelagerte Partikel
Der größte Anteil eines Biofilms besteht aus Wasser. Der Wassergehalt kann zwischen 50 und
98 % variieren. Der organische Anteil der Biofilmmasse besteht wiederum zum größten Teil aus
den extrazellulären polymeren Substanzen (zwischen 60 und 98% der Trockenmasse)
(Christensen und Characklis, 1990; Wingender et al., 1999). In diese EPS-Gelmatrix sind die
Mikroorganismen und abiotische Partikel eingebettet und immobilisiert.
Die EPS sind organische Polymere und bestehen hauptsächlich aus Polysacchariden (Sutherland,
1984), enthalten aber auch deutliche Anteile an Proteinen, Glycoproteinen, Lipiden und
Nucleinsäuren (Schaule et al., 1993a; Costerton und Irvin, 1981). Im Unterschied zu den
Verhältnissen bei mikrobiellen Kapseln handelt es sich bei der EPS-Matrix in Biofilmen um
Zellausscheidungen, die nicht fest an die Zelloberfläche gebunden sind. In der Regel produzieren
Bakterienstämme spezifische EPS (Christensen und Characklis, 1990). Diese enthalten
Polysaccharide aus Wiederholungseinheiten von einfachen Zuckern wie Glucose, Galactose,
Mannose, Rhamnose, sowie Glucuron- und Galacturonsäure (Sutherland, 1984). Es ist aber auch
die Produktion von unspezifischer EPS möglich, die häufig z.B. aus einfachen
Homopolysacchariden (Dextran, Curdlan) oder Heteropolysacchariden (Alginat o. ä.) besteht.
Die EPS-Matrix prägt in entscheidender Weise die Eigenschaften des Biofilms. Sie verleiht im
z.B. die Eigenschaften eines Molekularsiebs, einer Diffusionsbarriere, eines Ionenaustauschers
und eines Sorbens (Geesey, 1982; Flemming, 1995b; Flemming et al., 1996).
Die hohe Bedeutung der EPS für einen Biofilm läßt sich aus der folgenden Zusammenstellung
erkennen. Es ist eine Übersicht über die Prozesse und Eigenschaften gegeben, die durch EPS
beeinflußt werden:
• Bildung einer Gelmatrix - immobilisiert und fixiert Mikroorganismen zueinander
- heftet den Biofilm auf die Grenzfläche
- bildet eine Diffusionsbarriere
• Bindung von Ionen durch geladene Gruppen
• Anheftung und Einbettung von Partikeln aus der flüssigen Phase
• Bindung von Wasser (bis zu 98%)
• Zehrung von oxidierenden Substanzen (z.B. Biozide)
• geben die mechanische Stabilität
• verursachen die viskoelastischen Eigenschaften
• erzeugen hydrophile Oberflächen
5
1 Einleitung
1.1.4 Struktur von Biofilmen
Frühere Überlegungen über den strukturellen Aufbau von Biofilmen basierten auf der
Vorstellung, daß Bakterien in eine flächige, kompakte Matrix aus EPS eingebettet sind (Center
for Biofilm Engineering, 1994). Dieses Modell konnte aber viele experimentell beobachtete
Phänomene nicht erklären. Erst durch neuere, zerstörungsfreie Meßmethoden, wie z.B. die
Konfokale Laser Scanning Mikroskopie (CLSM), konnten genauere Erkenntnisse über die
Struktur von natürlichen Biofilmen gewonnen werden. Bei früheren Untersuchungen, z.B. bei
elektronenmikroskopischen Techniken, mußten Biofilme dehydratisiert werden, wodurch es
nicht möglich war, Rückschlüsse auf die dreidimensionale Struktur im hydratisierten Zustand zu
ziehen.
Mit der CLSM-Technik erzielte Ergebnisse führten zu dem in Abbildung 2 gezeigten
schematischen Strukturbild, welches als besondere Eigenschaften von natürlichen Biofilmen eine
ausgedehnte Kanalstruktur und große Inhomogenitäten der Matrix erkennen läßt (Costerton et
al., 1994).
Abbildung 2: Aus CLSM Daten gewonnene Strukturvorstellung eines Biofilms (nach Costerton et al., 1994)
Natürliche Biofilme mit diesen komplexen Strukturen sind jedoch nicht einfach zu handhaben
und nicht auf einfache Weise reproduzierbar anzuzüchten. Zur Aufklärung von einigen
Einzelaspekten wäre es daher wünschenswert, ein Modellsystem zu haben, mit dem Biofilme
simuliert werden können.
1.2 Polymernetzwerke, Gele und Hydrogele
Es wurde bereits im Vorhergehenden darauf eingegangen, daß die EPS von Biofilmen zu einem
großen Teil aus Polysacchariden und anderen Polymeren besteht und bis zu 98 % Wasser
enthalten kann. Für ein Biofilm-Modell erscheint es daher sinnvoll, ein Polymer-Hydrogel als
Basiskomponente einzusetzen. Im Folgenden sind einige Grundlagen über die Netzwerk- und
Gelbildung zusammengestellt.
6
1 Einleitung
1.2.1 Was ist ein Netzwerk?
Im Bereich der Polymerchemie spricht man von Netzwerken bei Systemen von zwei- oder
dreidimensionalen makromolekularen Ketten, welche untereinander über Knotenpunkte
verknüpft sind. Die Begriffe „polymeres Netzwerk“ und „vernetzte Polymere“ werden oft
synonym verwendet. „Polymeres Netzwerk“ wird jedoch für Produkte aus der StufenwachstumsPolymerisation von multifunktionellen Monomeren bevorzugt und „vernetzte Polymere“ für
solche Systeme, die durch nachträgliche Vernetzung vorgeformter Polymerketten entstehen.
Prinzipiell können alle chemischen oder physikalischen Bindungen vernetzend wirken, wobei
nach der Art der Bindung zwischen chemisch bzw. physikalisch vernetzten Polymeren
unterschieden wird.
Die mechanischen Eigenschaften eines Netzwerks werden nur wenig von der Natur der
Bindungen bestimmt. Sie werden hauptsächlich durch die Zahl und die Verteilung der
Knotenpunkte pro Volumeneinheit des Netzwerks, den sogenannten Vernetzungsgrad, bestimmt.
Die rheologischen und thermischen Eigenschaften eines Netzwerks werden hingegen auch von
der Natur der Bindungen beeinflußt.
• Chemisch vernetzte Polymere:
Netzwerke dieser Art entstehen bei chemischen Reaktionen, wie z. B. radikalische
Polymerisation oder Kondensationspolymerisation, durch die Ausbildung von kovalenten
Bindungen.
Kennzeichen chemisch verknüpfter Netzwerke ist ihre Stabilität gegenüber Lösemitteln und
Temperatur, weshalb sie auch als "irreversible" Netzwerke bezeichnet werden. Bei erhöhten
Temperaturen zeigen solche Netzwerke häufiger das Verhalten weicher aber elastischer
Feststoffe als das viskoser Flüssigkeiten (Ferry, 1970). Hierfür ist vulkanisierter Kautschuk das
bekannteste Beispiel. Bei der EPS von Biofilmen sind hingegen keine kovalenten Bindungen am
Zusammenhalt der EPS-Matrix beteiligt (Flemming, 1996).
• Physikalisch vernetzte Polymere:
Bei den über physikalische Bindungen verknüpften Netzwerken handelt es sich im allgemeinen
um sogenannte thermoreversible Gele. In Abhängigkeit von der Temperatur oder auch der
Menge zugefügtem Lösemittel erfolgt bei diesen Polymer/Lösemittel-Systemen ein reversibler
Gel-Sol-Übergang (Stockmayer, 1944). Beispiele für physikalische Bindungen, die zu einer
Vernetzung führen, sind in Abbildung 3 dargestellt.
Abbildung 3: Darstellung der Bildung eines Netzwerkes durch a) Verschlaufungen, b) kristalline Bereiche und
c) Ausbildung von glasigen Bereichen. (nach Rehage, 1977)
7
1 Einleitung
Prinzipiell können durch die folgenden Möglichkeiten physikalische Netzwerke entstehen:
1. Mechanische Verschlaufung oder Verhakung der Polymerketten untereinander (Rehage,
1977). Hierbei können die Ketten mit der Zeit voneinander abrutschen und es handelt sich
daher um ein nicht permanentes Netzwerk.
2. Partielle Bildung von Doppelhelices aus zwei Einzelsträngen. Bekanntes Beispiel hierfür ist
das System Gelatine/Wasser, bei dem eine thermoreversible Vernetzung durch Ausbildung
von Doppelhelices erfolgt (Cox, 1976).
3. Ausbildung von kristallinen Bereichen (Rehage und Halboth, 1968).
4. Amorphe Domänen bzw. glasartige Erstarrung von Teilbereichen in Blockcopolymeren
(Rehage, 1977; Rehage und Borchard, 1973).
5. Wechselwirkungen zwischen den makromolekularen Ketten, wie z. B. Wasserstoffbrückenbindungen, van der Waals Kräfte und Coulomb-Wechselwirkungen. Diese sind auch für die
Netzwerkbildung in der EPS verantwortlich (Flemming, 1996)
Diese Möglichkeiten für physikalische Netzwerkverknüpfungen bringen im Gegensatz zu
kovalenten Bindungen (≈200 kJ·mol-1) nur eine verhältnismäßig kleine Bindungsenergie
(≈20 kJ·mol-1) mit sich. Durch die hohe Vernetzungsdichte, z.B. bei Wasserstoffbrückenbindungen in Doppelhelices, werden jedoch ähnlich hohe Brutto-Bindungsstärken wie bei
kovalenten Bindungen erreicht.
1.2.2 Was ist ein Gel?
Als Gele bezeichnet man allgemein disperse Systeme aus mindestens zwei Komponenten, die
zumeist aus einem festen, kolloid zerteilen Stoff mit langen oder stark verzweigten Teilchen
(z.B. ein chemisch oder physikalisch verknüpftes Polymernetzwerk) und einer Flüssigkeit als
Dispersionsmittel bestehen. Meistens handelt es sich bei der Flüssigkeit um Wasser. In diesem
Fall wird dann von einem Hydrogel gesprochen. In dem Dispersions- bzw. Quellungsmittel
quellen die Polymernetzwerke bis zu einem Gleichgewichtsvolumen auf.
Durch die Natur der Verknüpfungspunkte, die in einem Netzwerk vorliegen, wird
unterschiedliches Quellverhalten der Gele beobachtet:
Bei physikalisch verknüpften Netzwerken wird im allgemeinen ein Gel-Sol-Übergang gefunden.
In Abhängigkeit von der Temperatur und/oder der Quellmittelmenge bildet das Polymer ein Gel,
kann aber auch ohne Zerstörung der einzelnen Polymerketten in den Solzustand gebracht
werden. Das Polymer/Quellmittel-System bildet dann eine Lösung. Dieser Vorgang ist
reversibel, weshalb diese Gele auch als thermoreversible Gele bezeichnet werden (Stockmayer,
1944).
Bei chemisch verknüpften Netzwerken hingegen, ist ein Gel-Sol-Übergang lediglich unter
irreversiblem Abbau der Netzwerkstruktur zu erreichen. Das Netzwerk ist nur bis zu einem
bestimmten Grad in der Lage Quellmittel aufzunehmen, dem sogenannten Sättigungs- oder
Gleichgewichtsquellungsgrad. Kennzeichen für den Gelzustand eines chemisch verknüpften
Netzwerks ist die Beibehaltung der äußeren Form des Netzwerks sowie die Eigenschaft der
Gummielastizität.
Physikalisch betrachtet besitzt ein Gel sowohl elastische als auch viskose Eigenschaften, das
heißt es ist viskoelastisch (Rehage, 1977).
8
1 Einleitung
1.3
Theoretische Vorüberlegungen
Aus der Biotechnologie sind mehrere Verfahren zur Herstellung von Polymer-Beads bekannt
(Gustavsson und Larsson, 1996; Mosbach und Nilsson, 1987; Ekman und Lindahl, 1989; Cook
et al., 1991; Weaver, 1981). Im Folgenden soll eine Übersicht der Auswahlkriterien und
Einflußfaktoren bei der Bead-Herstellung gegeben werden.
1.3.1 Auswahl des Polymers zur Gelbildung
Die Auswahl der verwendeten Gelsubstanz zur Modellierung der EPS-Matrix von Biofilmen
erfolgt nach verschiedenen Gesichtspunkten. Zum einen sollen die Eigenschaften der natürlichen
EPS-Substanzen möglichst gut wiedergegeben werden. Außerdem muß die Herstellung der
Beads mit den genannten Eigenschaften einfach und kostengünstig möglich sein. Die
Anforderungen, die im einzelnen an das Polymermaterial gestellt werden, sind von Leenen
(1996) zusammengefaßt worden und in Tabelle 1 angegeben.
Tabelle 1: Auswahlkriterien für das Material zur Immobilisierung von Bakterien (nach Leenen, 1996)
Auswahlkriterium
Löslichkeit in Wasser
Abbaubarkeit
mechanische Stabilität
Netzwerkbildung
Diffusionmöglichkeit für
niedermolekulare
Wachstum von Bakterien
Immobilisationsverfahren
Toxizität
Kosten
gewünschte Eigenschaft
gering
gering
hoch
Ionenbindung und Wasserstoffbrückenbindung
hoch
möglich
einfach, im Labor durchführbar
nicht toxisch
gering
Natürliche Gele entsprechen den gestellten Anforderungen eher als synthetische Gele, da diese
die in Tabelle 1 zusammengestellten Anforderungen besser erfüllen. Zu den natürlichen
Gelbildnern gehören z. B. Xanthan, Agarose und Alginat. Die von Leenen (1996) genannten
Auswahlkriterien und gewünschten Eigenschaften werden mit Agarose weitgehend erfüllt.
1.3.2 Agarose
Agarose ist ein gelierfähiges Polysaccharid, welches aus Meeresalgen der Klasse Rhodophyceae
gewonnen wird. Die chemische Struktur besteht idealisiert aus sich abwechselnd wiederholenden
Einheiten von β-1,3-verknüpfter D-Galaktopyranose und α-1,4-verknüpfter 3,6-Anhydro-LGalaktopyranose (Römpp, 1995). Diese Agarobiose-Basiseinheit bildet Polymerketten mit einer
durchschnittlichen Molekularmasse von 120.000 Dalton, entsprechend etwa 400 AgarobioseEinheiten. In Abbildung 4 ist die Struktur der Agarobiose-Einheit dargestellt.
9
1 Einleitung
O
HO
CH2OH
HO
O
O
O
O
OH
n
Abbildung 4: Agarobiose-Einheit
Einige Vorzüge von Agarose haben Cook et al. (1991) in ihrer Arbeit über die Einbettung von
biologischem Material in Agarose-Beads zusammengefaßt:
1. Agarose benötigt keine Polymerisationsreaktion wie z.B. Polyacrylamid. Es entfällt somit die
Zugabe von Polymerisationsreagenzien, die unter Umständen auf Bakterien toxisch wirken.
2. Agarose benötigt im Gegensatz zu anderen Gelmedien wie z.B. Alginat oder Carrageenan,
nicht die Anwesenheit von Kationen für die Gelbildung. Die Abwesenheit dieser Kationen
vereinfacht Untersuchungen z.B. mit spektroskopischen Methoden.
3. Die durch diese Kationen, insbesondere Calcium hervorgerufenen Beeinflussungen der
Zellfunktionen werden bei Agarose vermieden.
Erste Überlegungen für den Mechanismus der Gelbildung von Agarose wurde von Rees (1969,
1972) angestellt und später von Arnott et al. (1974) experimentell überprüft. Beteiligt ist ein
Wechsel von einer zufälligen Knäulstruktur zu Bereichen mit einer Doppelhelix-Struktur zu
Beginn der Gelbildung. Im weiteren Fortschritt bilden sich dann Bündel von parallel
angeordneten Doppelhelices. Die dabei im Agarose-Gel entstehenden Diffusionsporen, haben
abhängig von der Konzentration und dem Vernetzungsgrad der Agarose, eine Größe von
typischer Weise 100 bis 300 nm (Griess, 1989).
Einer der wichtigsten Faktoren für die erfolgreiche Verwendung von Agarose als Gelbildner, ist
das Erreichen von hohen Gelstärken schon bei niedrigen Agarose-Konzentrationen (1-6%). Die
Gelstärke ist definiert als die Kraft, ausgedrückt in g/cm², die nötig ist, um ein Gel mit einer
definierten Konzentration durch Druck zu zerstören.
Die Energie, die nötig ist um ein Agarose-Gel aufzuschmelzen nimmt mit steigender AgaroseKonzentration zu (steigende Schmelztemperatur). Die Temperatur bei dem sich ein
aufgeschmolzenes Agarose-Gels wieder verfestigt (Geltemperatur), nimmt ebenfalls mit
steigender Gelkonzentration zu.
Das Agarose-Polysaccharid enthält in Abhängigkeit von seiner Herkunft einen unterschiedlichen
Anteil an Methylgruppen. Das Ausmaß dieser natürlichen Methylierung ist direkt proportional
zur Geltemperatur (FMC, 1988). Unerwarteterweise haben synthetisch methylierte Agarosen
niedrigere statt höhere Geltemperaturen und die Geltemperatur ist umgekehrt proportional zum
Grad der synthetischen Methylierung. Außerdem sind die Agarobiose-Einheiten teilweise mit
neutralen oder geladenen Gruppen, wie z.B. Sulfat, Methyl oder Pyruvat, an C-6 substituiert. Die
Charakteristik der gesamten Agarose-Struktur, wie etwa die Flexibilität der Glykosidbindungen,
die Abfolge der Grundbausteine und das Auftreten von Substituenten, bestimmt weitestgehend
die physikalischen Eigenschaften des Agarose-Gels, insbesondere die Gel- und
Schmelztemperatur, sowie die Gelstärke (FMC, 1988). Durch gezielte Auswahl des
Grundmaterials können diese Eigenschaften bestimmt und auf die Anforderungen an das spätere
Gel abgestimmt werden.
10
1 Einleitung
1.3.3
Einflußfaktoren bei der Herstellung von Agarose-Beads
1.3.3.1 Welches Ausgangsmaterial ist für die Herstellung von Beads und die Einbettung von
Partikeln (Bakterien) geeignet?
Bei der verwendeten Agarose ist darauf zu achten, daß diese eine möglichst niedrige GelTemperatur besitzt. Dies ermöglicht, daß die Agarose-Lösung noch bei relativ niedrigen
Temperaturen flüssig bleibt und somit auch wärmeempfindliche Bakterien zugegeben und
immobilisiert werden können. Hierbei muß allerdings berücksichtigt werden, daß mit einer
niedrigen Gel- und Schmelztemperatur ebenfalls eine niedrige Gelstabilität einhergeht.
1.3.3.2 Welchen Einfluß hat die Konzentration von Agarose auf die Porosität und Stabilität des
Gels?
In der Literatur werden zur Einbettung von Bakterien in Agarose Konzentrationen im Bereich
von 0.5 bis 6 % w/v Agarose in Wasser verwendet (Gustavsson und Larsson, 1996; Mosbach
und Nilsson, 1987; Ekman und Lindahl, 1989; Cook et al., 1991; Weaver, 1981). Bei Verfahren,
die nach der Emulsionstechnik arbeiten, finden Agarose-Lösungen von 5 bis 6 % w/v
Verwendung. Methoden mit Sprüh- und Tropftechniken werden mit niedrigeren Konzentrationen
(0.5 bis 3 % w/v) durchgeführt.
Bei der in dieser Arbeit angewendeten Emulsionstechnik ist es sinnvoll, die AgaroseKonzentration ebenfalls in einen Bereich von 1 bis 2 % zu senken, da dies eher den typischen
EPS-Konzentrationen in natürlichen Biofilmen entspricht (Flemming, 1995a).
1.3.3.3 Welches Lösemittel ist als äußere Phase für die Emulsion bei der Herstellung von
Beads geeignet?
Zur Ausbildung der Beads wird die wäßrige Agarose-Lösung in eine äußere Phase eingetragen
und durch Rühren dispergiert. Bei der Auswahl der zu verwendenden äußeren Phase ist zu
beachten, daß diese Substanz leicht zu handhaben, leicht von den Beads abzutrennen, für die
immobilisierten Bakterien unschädlich und biologisch nicht abbaubar ist.
Häufig werden hierfür Öle wie z.B. Paraffinöl, Siliconöl, Sojabohnen-Öl oder andere Speiseöle
verwendet. Diese haben jedoch den Nachteil, daß sie zum Teil biologisch angreifbar sind. Das
Abtrennen des Öls von den Beads ist eine weitere Schwierigkeit. Hierbei ist häufig nach dem
Dekantieren oder Sieben eine weitere Reinigung der Beads nötig.
Gustavsson und Larsson (1996) verwenden bei ihren Versuchen Cyclohexan als äußere Phase.
Durch den hohen Dampfdruck des Cyclohexans können nach dem Abtrennen der Beads
enthaltene Cyclohexan-Reste durch einfaches Verdunsten entfernt werden. Allerdings ist durch
den hohen Dampfdruck und das höhere Gefahrenpotential der apparative Aufwand bei der
Herstellung der Emulsion höher. Zudem ist vorher die Verträglichkeit der immobilisierten
Bakterien mit Cyclohexan zu überprüfen.
Eine weitere Möglichkeit ist die Verwendung einer wäßrigen Polyethylenglycol-Lösung als
äußere Phase. Dies hätte den Vorteil, daß auf ein organisches Lösemittel verzichtet werden
könnte. Beispiele dieser Art werden von Ekman und Lindahl (1989) für Alginat, Stärke,
Carrageenan, Dextran, Pectin und Fibrin beschrieben.
11
1 Einleitung
Bei der Abwägung der Vor- und Nachteile der genannten Alternativen erscheint die Verwendung
von Cyclohexan als äußerer Phase am geeignetsten. Dieses Verfahren stellt einen guten
Kompromiß zwischen einer einfachen Durchführung und guten Abtrennbarkeit der Beads
einerseits und einem erhöhten apparativen Aufwand andererseits dar. Die Verwendung von Öl
würde einen erheblichen Reinigungsaufwand erfordern. Die Methode unter Verwendung von
Polyethylenglycol-Lösung ist hingegen erheblich Aufwendiger.
1.3.3.4 Welchen Einfluß hat die Immobilisationstechnik auf das Überleben der Bakterien in den
Beads?
Da lebende Mikroorganismen immobilisiert werden sollen ist zu untersuchen, in welchem
Ausmaß die verwendeten Chemikalien bei der Bead-Herstellung und die nötigen
Reaktionsbedingungen die Vitalität der eingeschlossenen Mikroorganismen beeinflussen. Zur
Überprüfung ist es z.B. möglich, die Bakterien in den Beads in Abhängigkeit von ihrem
physiologischem Zustand durch bestimmte Färbetechniken kenntlich zu machen, zu
differenzieren und diese mikroskopisch zu erfassen (z.B. mit dem CLSM). Im Vorfeld kann die
toxische Wirkung der Chemikalien auf Bakterien z.B. mit Hilfe des Leuchtbakterientests
überprüft werden. Hierbei ist auch zu berücksichtigen, daß die eingebetteten Bakterien durch die
umgebende Gelmatrix gegen die Einwirkung von toxischen Substanzen geschützt werden.
1.3.3.5 Müssen Emulgatoren und/oder Stabilisatoren eingesetzt werden?
Fast alle Emulsions-Techniken unter Verwendung von Ölen kommen ohne Emulgatoren oder
andere Zusätze aus. Bei der von Gustavsson und Larsson (1996) angewandten Methode in
Cyclohexan werden jedoch Tween 80 (Polyoxyethylen-sorbitanmonooleat) und Span 85
(Ethylenglycol-dimethacrylat) eingesetzt. Die am Emulgierprozeß beteiligten Vorgänge sind in
der Abbildung 5 in Form eines Schemas chronologisch dargestellt.
Abbildung 5: Vorgänge beim Emulgierprozeß (nach Schubert und Armbruster, 1989)
12
1 Einleitung
Häufig ist es bei Emulsionen notwendig, Stabilisatoren in Form von festen Partikeln (z.B.
Kaolin) zuzusetzen, um eine Zusammenlagerung der dispergierten Tröpfchen zu verhindern und
so die gewünschte Tröpfchengröße zu erzielen.
Feine Feststoffpartikel, die sich an der Grenzfläche zwischen der öligen und wäßrigen Phase
anlagern, können eine Tropfenkoaleszenz verhindern (Schubert und Armbruster, 1989).
Voraussetzung hierfür ist eine nicht vollständige Benetzbarkeit der Partikel durch die innere
Phase.
Es könnte aber sinnvoll sein, diese Feststoffpartikel auch zuzugeben, wenn sie für die
Stabilisierung der Emulsion nicht unbedingt nötig sind. Sie lagern sich auf der Oberfläche der
Beads an und könnten so z. B. die Modellfunktion für absorbierte Korrosionsprodukte bilden.
1.4
Ziel der Arbeit
In den letzten Jahren hat die Erforschung von Biofilmen in vielen Bereichen der Wissenschaft
und Technik stark an Bedeutung gewonnen (Flemming, 1994; Meyer-Reil, 1996). Besonders
von Interesse sind hierbei die Aufklärung der Struktur von Biofilmen, die Untersuchung von
Transportprozessen im Biofilm und die Charakterisierung der immobilisierten Mikroorganismen.
Die Verwendung von natürlichen Biofilmen ist aus praktischen Gründen nur bedingt geeignet, da
diese häufig nicht in den benötigten Mengen und nicht einheitlich genug zur Verfügung stehen.
Das Anzüchten von Biofilmen auf Trägermaterialien in speziellen Reaktoren im Labor ist sehr
schwierig und zeitaufwendig.
Es ist daher der Wunsch entstanden, künstliche Modell-Biofilme mit bestimmbaren
Eigenschaften und guter Reproduzierbarkeit herzustellen, an denen grundlegende
Untersuchungen durchgeführt werden können.
Einfache Modelle bedienten sich bislang flächig aufgebrachter Polysaccharid-Filme, welche die
EPS-Matrix darstellten, in die die gewünschten Mikroorganismen eingebettet wurden. Dieses
Modell ist aber für viele Untersuchungen unzulänglich, da die natürliche Poren- und
Kanalstruktur (Costerton et al., 1994) mit ihren typischen Auswirkungen auf das
Diffusionsverhalten und den Stofftransport im Biofilm nicht wiedergegeben wird. Wesentliche
Aspekte von natürlichen Biofilmen, wie z.B. die Aufnahme von Nährstoffen und Partikeln über
diese Kanäle und Poren sowie die physikalischen Eigenschaften dieser unregelmäßigen
Oberflächen, können mit solchen Modellen nicht simuliert werden.
Ziel der Arbeit ist daher die Herstellung von Modell-Biofilmen, welche den charakteristischen
Eigenschaften von natürlichen Biofilmen möglichst genau entsprechen, aber im Labor mit
geringem Aufwand, möglichst variablen Eigenschaften und einer hohen Reproduzierbarkeit
herstellbar sind. Im Rahmen dieser Diplomarbeit wurden Hydrogele mit eingebetteten Bakterien
hergestellt und es wurde daran untersucht, inwieweit hiermit die gewünschten Kriterien erfüllt
werden können.
Folgende Anforderungen wurden dabei an das Modellsystem gestellt:
•
•
•
•
•
optisch transparent (für die Mikroskopie)
Poren und Kanäle (>10 µm)
Einbettung von Bakterien und anderen Partikeln möglich
als Film mit definierter Dicke auftragbar
reproduzierbar
13
1 Einleitung
1.5 Herangehensweise
Die nachträgliche Erzeugung von Poren und Kanälen in der gewünschten Größe (> 5 µm) in
einem flächigen Hydrogel ist nicht mit vertretbarem Aufwand möglich. Das Erzeugen von Poren
in dieser Größe ist auf chemischem Wege nicht realisierbar. Mechanisch eingebrachte Kanäle
verheilen aufgrund der Fließeigenschaften des Hydrogels wieder in kurzer Zeit.
Eine Lösungsmöglichkeit liegt in der Verwendung von Schichten aus Hydrogel-Kugeln (Beads)
mit immobilisierten Partikeln und Bakterien. Der schematische Aufbau eines solchen Gel-Beads
ist in Abbildung 6 dargestellt. Hierbei werden Hydrogel-Beads im Größenbereich von 50 bis 500
µm, wie in Abbildung 7 skizziert, als Mono- oder Multilayer auf eine Oberfläche aufgebracht.
Die bei der zu erwartenden dichtesten Kugelpackung der Beads entstehenden Zwischenräume
(Zwickel) simulieren die Kanalstruktur des Biofilms näherungsweise. Durch Variation des
Beaddurchmessers kann auf die Größe der Kanäle Einfluß genommen werden. Darüber hinaus
ist eine Diffusion in das Polymernetzwerk der Gel-Beads möglich.
Bead (Polysaccharid-Gel)
immobilisierte Bakterien (lebend)
50-500 µm
Abbildung 6: Gel-Bead mit eingebetteten Bakterien
Oberfläche (transparent)
Oberfläche (transparent)
Abbildung 7: Monolayer (links) und Multilayer mit definierter Dicke (rechts) aus Gel-Beads mit Bakterien
14
1 Einleitung
Eine weitere Verbesserung dieses Biofilm-Modells ist durch die Herstellung und Verwendung
der in Abbildung 8 dargestellten „superporösen“ Hydrogel-Beads denkbar.
Agarose mit
Diffusionsporen
Kanal
Immobilisierte
Bakterien
Abbildung 8: Schematische Darstellung von immobilisierten Bakterien in Agarose-Beads mit "superporösen"
Kanalstrukturen
Hierbei lassen sich neben den Zwickel-Kanälen durch eine Emulsionstechnik mit Phasenumkehr
weitere Kanalstrukturen im Größenbereich von etwa 10 bis 50 µm direkt in die Beads (100 - 500
µm) einbringen.
Im weiteren Verlauf dieser Arbeit werden diese künstlich erzeugten, polymerfreien
Kanalstrukturen im Größenbereich von 10 bis 50 µm auch als „Superporen“ bzw. die damit
hergestellten Agarose-Beads als „superporös“ bezeichnet. Die im Polymernetzwerk des AgaroseGels intrinsisch vorhandenen Poren im Größenbereich von 100 bis 300 nm werden zur
Abgrenzung davon „Diffusionsporen“ genannt.
15
2 Material und Methoden
2 Material und Methoden
2.1 Ausgangsverbindungen
Tabelle 2: verwendete Chemikalien
Substanzname
Hersteller
Formel
Best.-Nr.
Agarose (mittlere Elektroendoosmose) Merck
Für die Elektrophorese
116801
Cyclohexan, zur Synthese
Merck
822268
C6H12
Merck
Ethanol 96% reinst DAB
C2H6O
100971
Glycerin wasserfrei, z. A.
Fluka
1,2,3-Propantriol
49770
C3H8O3
Merck
Kaliumdihydrogen104873
phosphat, z.A.
KH2PO4
Katalase aus Rinderleber
Sigma
C-40
Mowiol 40-88
Aldrich
(Polyvinylalkohol)
32,459-0
Natriumchlorid, z.A.
Baker
NaCl
0278
Merck
di-Natriumhydrogen106580
phosphat-Dihydrat, z.A.
Na2HPO4·2H2O
Natriumhypochlorit-Lsg. Riedel-de Haën
NaClO
13440
Natriumthiosulfat wasserfrei Merck
Na2S2O3
106512
Span 85, zur Synthese
Merck
C60H108O8
840124
TRIZMA
Sigma
Tris[hydroxymethyl]aminometha T-3253
FW
Dichte Smp.
[g/mol] [g/cm³] [°C]
- 60-90
Gefahren- R-Sätze
symbol
Sdp.
[°C]
S-Sätze
-
-
-
-
84.16
0.78
6.5
80.7
F
11
9-16-33
46.07
0.79
-117
78
F
11
7-16
92.10
1.262
-
-
-
-
-
136.09
2.34
253
-
-
-
-
-
-
-
-
-
-
-
ca.
127000
58.44
-
-
-
-
-
-
2.16
800
1461
-
36/37/38
26-36
177.99
2.1
95
-
-
-
-
74.44
1.25
-
-
C
31-34
28-45-50.1
158.11
-
-
-
-
-
-
957.68
0.95
-
> 100
-
-
-
157.6
-
-
-
-
36/37/38
26-36
Merck
822187
-
1.08
-
-
-
-
-
Wasserstoffperoxid (30%) Merck
108597
H 2O 2
34.01
1.11
-26
107
C
34
3-2636/3739-45
nhydrochlorid
C4H11NO3·HCl
Tween 80, zur Synthese
Polyoxyethylensorbitanmonoolea
t
Tabelle 3: verwendete Lösungen
Bezeichnung
isotonische
Kochsalzlösung
Phosphatgepufferte
Kochsalzlösung
(PBS), pH 7.54
Tris-HCl-Puffer, pH 8.5
Zusammensetzung:
NaCl
NaCl
KH2PO4
Na2HPO4 · 2 H2O
C4H11NO3·HCl
8.2 g
9.0 g
0.27 g
1.43 g
31.5 g
auf 1000 ml deionisiertes Wasser
auf 1000 ml deionisiertes Wasser
auf 1000 ml deionisiertes Wasser
16
2 Material und Methoden
Tabelle 4: verwendete Farbstoffe
Substanzname
Formel
Acridinorange
CTC (5-Cyano-2,3-ditolyltetrazoliumchlorid)
C16H15N5Cl
Kongorot
C32H22N6Na2O6S2
LIVE/DEAD® BacLight™
Bacterial Viability Kit
• Propidiumiodid
• SYTO 9
Malachitgrün-Oxalat
C48H50N4O4 · 2 C2H2O4
Methylblau
C37H27N3Na2O9S3
Orange G Certistain
C16H10N2Na2O7S2
Propidiumiodid 95-98% TLC
C27H34N4I2
Hersteller
Best.-Nr.
Merck
114281
Polysciences
Europe
19292
Merck
101340
Molecular
Probes
L-7012
Merck
15942
Merck
116316
Merck
115925
Sigma
P4170
FW
Dichte Smp. Sdp. Gefahren- R-Sätze
symbol
[g/mol] [g/cm³] [°C]
[°C]
438.09
-
S-Sätze
-
311.8
-
-
-
-
-
-
696.68
-
-
-
-
-
25
-
-
-
-
-
-
-
927.02
-
159
-
Xn
21/22
24/25
799.8
-
-
-
-
-
-
452.37
-
-
-
-
-
-
668.4
-
-
-
Xn
46-36/37/38 45-2636/37/39-22
Tabelle 5: verwendete Nährmedien
Bezeichnung
Pseudomonas-Isolierungs-Agar (PIA)
Yeast Extract
Nutrient Broth-Medium (NB)
Hersteller
Best.-Nr.
Difco
0927-17-1
Difco
0127-17-9
Difco
0003-17-8
enthaltene Komponenten
Bacto Peptone
MgCl2
K2SO4
Irgasan
Bacto Agar
Hefeextrakt
Bacto Beef Extract
Bacto Peptone
Menge auf 1000 ml
deionisiertes Wasser
20 g
1,4 g
10 g
25 mg
13,6 g
16 g
3g
5g
2.2 Bakterienstämme
Tabelle 6: verwendete Bakterienstämme
Stamm
Pseudomonas aeruginosa SG81R1
Phänotyp
spontane, nichtmukoide
Revertante, abgeleitet vom
Stamm SG81
Herkunft
Referenz
Grobe et al., 1994
Stammsammlung
Uni-Duisburg,
Aquatische Mikrobiologie
17
2 Material und Methoden
2.3 Kenndaten der Analysensysteme
2.3.1 Konfokales Laser-Raster-Mikroskop
- Konfokales Laser Scanning Modul LSM 510 der Firma Carl Zeiss Jena
- gekoppelt an ein inverses Mikroskop „Axiovert 100 M BP“, Zeiss
- Argon-Laser: 458, 488, 514 nm (25mW)
- Helium-Neon-Laser: 543 nm (1mW) und Helium-Neon-Laser: 633 nm (5mW)
- Objektive:
Plan-Neofluar 10x / 0.30, Plan-Neofluar 20x / 0.50,
Plan-Neofluar 40x / 1.30 Öl, C-Apochromat 40x / 1.20 W. Korr.,
Plan-Apochromat 63x /1.40 Öl DIC
- Zeiss LSM 510 Software Release 2.02
- Steuerrechner:
SIEMENS SCENIC PRO M7
2.3.2 Fluoreszenz-Mikroskop
Laborlux S, Fa. Leitz
- Objektive:
- Okular
- Photo-Okular
PL Fluotar 10x / 0.30; 25x / 0.60; 40x / 0.70; 100x / 1.32 Öl
2x Periplan 10x/18, 1x Strichplatte 10x10 Felder (100 µm bei 10x)
Periplan 10x/18
2.3.3 Stereomikroskop
Leica MZ 6, Fa. Leica
- Objektiv:
- Okular
- Photo-Okular
- Photoeinrichtung
verstellbar von 0.63x bis 4.0x
10x/21B
10x
Leica MPS 60 mit Einstellfernrohr 1%
2.3.4 sonstige Geräte
- Magnetrühr-/Heizplatte
- Rührwerk:
- UV/VIS-Photometer:
- Chlor-Photometer-Kit:
- Thermostateinheit:
- Wasserbad:
- Wasserbad-Rundschüttler:
- Zentrifuge:
IKA RCT basic mit Temperatursensor IKA ETS-D4
IKA RW 20 DZM.n
Milton Roy Company, Spectronic 601
und Shimadzu UV-1202
SWAN Chematest 20
HAAKE Thermostat DC-1 mit Kühlbad K20
GFL 1013, Gesellschaft für Labor-Technik mbH
GFL 1092, Gesellschaft für Labor-Technik mbH
Heraeus Biofuge fresco
(Weitere laborübliche Kleingeräte sind hier nicht aufgeführt.)
18
2 Material und Methoden
2.4 Herstellung von Agarose-Beads
2.4.1 Herstellung superporöser Agarose-Beads
In einem auf 98 °C temperierten Wasserbad wird Agarose-Pulver (0.5 bis 3.0 g) in 50 ml
deionisiertem Wasser vollständig gelöst, in ein auf 60 °C thermostatisiertes Reaktionsgefäß
überführt und eine ebenfalls auf 60 °C vorgewärmte Lösung von 1.5 ml Tween 80 in 25 ml
Cyclohexan unter Rühren (1000 U·min-1) zugegeben. Es bildet sich eine viskose, weiße Öl-inWasser Emulsion. Anschließend wird eine auf 60 °C temperierte Lösung von 8.0 ml Span 85 in
200 ml Cyclohexan unter Rühren (500 U·min-1) unter Ausbildung einer Wasser-in-Öl Emulsion
zugegeben. Nach 10 Minuten wird die Thermostat-Einheit des Reaktionsgefäßes auf 20 °C
eingestellt und so der Reaktionsansatz unter die Geltemperatur der Agarose abgekühlt. Das
Reaktionsgemisch wird entnommen und der Cyclohexanüberstand dekantiert. Die
zurückbleibenden Agarose-Beads werden viermal mit je 500 ml deionisiertem Wasser
gewaschen und durch Dekantieren abgetrennt. Die Verfahrensschritte zur Darstellung von
superporösen Agarose-Beads sind in Abbildung 9 dargestellt.
Die ca. 98 °C heiße Agarose-Lösung wird in
den Reaktor gegeben und auf 60 °C
temperiert.
Das Cyclohexan mit Tween 80 wird
zugegeben. Es bildet sich eine Emulsion von
Cyclohexan-Tröpfchen in der AgaroseLösung.
Das Cyclohexan mit Span 85 wird
zugegeben. Es bildet sich eine Emulsion von
Agarose-Tropfen in Cyclohexan. Die
Tropfen der Agarose-Lösung enthalten
weiterhin die Cyclohexan-Tröpfchen aus
dem vorherigen Schritt welche langsam
herauswandern und so die Kanäle
ausformen.
Abbildung 9: Phasen bei der Herstellung von superporösen Agarose-Beads
19
2 Material und Methoden
2.4.2
Herstellung homogener Agarose-Beads
In einem auf 98 °C temperierten Wasserbad wird Agarose-Pulver (0.5 bis 6.0 g) in 100 ml
deionisiertem Wasser vollständig gelöst, in ein auf 60 °C thermostatisiertes Reaktionsgefäß
überführt und eine ebenfalls auf 60 °C vorgewärmte Lösung von 8.0 ml Span 85 in 200 ml
Cyclohexan unter Rühren (500 U·min-1) unter Ausbildung einer Wasser-in-Öl Emulsion
zugegeben. Nach etwa 10 Minuten wird die Thermostat-Einheit des Reaktionsgefäßes auf 20 °C
eingestellt und so der Reaktionsansatz unter die Geltemperatur der Agarose abgekühlt. Das
Reaktionsgemisch wird entnommen und der Cyclohexanüberstand dekantiert. Die
zurückbleibenden Agarose-Beads werden viermal mit je 500 ml deionisiertem Wasser
gewaschen und durch Dekantieren abgetrennt.
2.4.3 Herstellung kompakter, superporöser Agarose-Körper
In einem auf 98 °C temperierten Wasserbad wird Agarose-Pulver (0.5 bis 3.0 g) in 100 ml
deionisiertem Wasser gelöst. Nach vollständiger Auflösung der Agarose wird diese Lösung in
ein auf 60 °C thermostatisiertes Reaktionsgefäß überführt und eine ebenfalls auf 60 °C
vorgewärmte Lösung von 1.5 ml Tween 80 in 25 ml Cyclohexan unter Rühren (1000 U·min-1)
zugegeben. Es bildet sich eine viskose, weiße Öl-in-Wasser Emulsion. Diese Emulsion wird in
einen auf 60 °C vorgewärmten Glasbehälter (z.B. eine Glas-Petrischale) gegeben und durch
Abkühlen unter die Geltemperatur verfestigt. Auf diese Weise wird ein kompakter AgaroseKörper mit einer Superporen-Struktur erhalten. Die in diesen Superporen befindliche organische
Phase kann durch ausgiebiges Waschen in reichlich deionisiertem Wasser entfernt werden.
2.5 Präparationen für mikroskopische Untersuchungen
Für die mikroskopischen Untersuchungen der Agarose-Beads und -Schichten, insbesondere mit
dem CLSM, erfolgten Färbungen mit fluoreszierenden und nichtfluoreszierenden Farbstoffen.
2.5.1 Stereomikroskopische Untersuchungen
Zur besseren Visualisierung und Kontrastierung der Agarose-Matrix im Lichtmikroskop wurden
Färbungen mit Orange G, Methylblau, und Acridinorange durchgeführt. Hierzu wurden die zu
untersuchenden Proben in einer 1 %-igen Lösung (w/v) des jeweiligen Farbstoffes in
deionisiertem Wasser 15 Minuten gefärbt und anschließend dreimal mit reichlich deionisiertem
Wasser gewaschen. Die Proben wurden ohne weitere Vorbehandlungen auf Objektträger
aufgebracht und direkt mit einem Stereomikroskop betrachtet. Die Bilddokumentation erfolgte
mit Hilfe einer Leica Photoeinrichtung.
20
2 Material und Methoden
2.5.2 CLSM-Untersuchungen
Für die Aufnahme der Agarose-Strukturen mit dem CLSM erfolgten Färbungen mit
Acridinorange (AO), Propidiumiodid (PI) und Kongorot.
2.5.2.1 Acridinorange-Färbung
Zur Färbung der Agarose-Beads mit AO werden ca. 0.5 g Bead-Material in einem EppendorfReaktionsgefäß mit 1.0 ml einer Lösung von 10 mg/l AO in deionisiertem Wasser versetzt, eine
Minute geschüttelt, 5 Minuten bei 10000 g abzentrifugiert und der Überstand abdekantiert. Es
werden 2.0 ml deionisiertes Wasser zugegeben, eine Minute geschüttelt und ebenfalls
abzentrifugiert und dekantiert. Die so präparierten Beads wurden wie unter 2.5.2.4 beschrieben
eingebettet und anschließend untersucht.
2.5.2.2 Propidiumiodid-Färbung
Es wird eine Lösung von 10 mg/l PI in deionisiertem Wasser verwendet. Die Färbeprozedur
gleicht der von AO (2.5.2.1). Es wird jedoch zweimal mit deionisiertem Wasser gewaschen.
2.5.2.3 Kongorot-Färbung
Die Färbung mit Kongorot erfolgt mit einer 1 %-igen Lösung (w/v) von Kongorot in
deionisiertem Wasser. Die Färbeprozedur gleicht der von AO (2.5.2.1). Es wird jedoch zweimal
mit deionisiertem Wasser gewaschen.
2.5.2.4 Einbettung der Proben
Die Proben für die Konfokalmikroskopie werden zum Schutz gegen Austrocknung und zur
Konservierung der Präparate in ein Einbettungsmedium eingeschlossen. Hierfür kommt das
Fluoreszenz-Einschlußmittel Mowiol 40-88 (ein Polyvinylalkohol) zum Einsatz, welches wie im
Folgenden beschrieben, vorbereitet wird.
Es wird eine Mischung von 2.4 g Mowiol, 6.0 g Glycerin und 6.0 g deionisiertem Wasser
hergestellt und für 2 h bei Raumtemperatur stehengelassen. Anschließend werden 12.0 ml einer
0.2 molaren Lösung von Tris[hydroxymethyl]aminomethanhydrochlorid (pH 8.5) zugegeben,
10 min bei 50 °C inkubiert und 15 min bei 5000 g zentrifugiert. Der klare, honigartige Überstand
wird aliquotiert und bei –20 °C aufbewahrt. Zur Verwendung wird ein Aliquot aufgetaut und
zum baldmöglichsten Verbrauch bei 4 °C gelagert. Eingeschlossene Präparate sind bei 4 °C im
Dunkeln haltbar.
21
2 Material und Methoden
2.6 Charakterisierung der Agarose-Beads
2.6.1 Bead-Durchmesser
Mit Hilfe der Lichtmikroskopie lassen sich der Durchmesser und die Form der einzelnen Beads
bestimmen. Hiermit läßt sich auf einfache Weise feststellen, ob man mit dem angewendeten
Verfahren in der Lage ist, reproduzierbar kugelförmige Beads in einem steuerbaren, möglichst
engen Größenbereich herzustellen.
Hierzu wird eine repräsentative Teilmenge der bei einem Versuch hergestellten Agarose-Beads
mit einem Mikroskop unter Verwendung einer Strichplatte vermessen sowie die Form der Beads
qualitativ bestimmt.
Für den Durchmesser wird ein Durchschnittswert, Maximal-, Minimalwert und Standardabweichung berechnet. Es erfolgt darüber hinaus eine grafische Analyse der Häufigkeitsverteilungen sowie eine Überprüfung der Normalverteilung mit dem Statistikprogramm SPSS.
2.6.2 Superporen-Durchmesser
Mit dem konfokalen Laser-Scanning-Mikroskop werden konfokale Bildschnitte durch angefärbte
Agarose-Beads aufgenommen und die Größe der erkennbaren Kanalstrukturen mit der
Bildverarbeitungssoftware vermessen.
Hierzu wird eine Probe der Agarose-Beads wie unter 2.5.2 gefärbt und eingebettet. Das Präparat
wird bei 200-facher Vergrößerung mit dem CLSM betrachtet. Die für die jeweiligen
Fluoreszenzfarbstoffe verwendeten Anregungs- und Detektionswellenlängen sowie die
Filtereinstellungen sind in Tabelle 7 zusammengestellt.
Darüber hinaus ist es möglich einen Stapel von Bildschnitten durch ein Bead aufzunehmen
(z-stack) und mit Hilfe der LSM-Software eine dreidimensionale Rekonstruktion des Beads zu
berechnen. Hierbei lassen sich die Oberfläche der Beads, sowie die Kanaleingänge betrachten.
Tabelle 7: Verwendete CLSM-Einstellungen zur Bestimmung der Porengrößen
Farbstoff
Ex.,max
[nm]
Acridinorange
Kongorot
Propidiumiodid
490
500
480
Em.,ma
x
[nm]
525
500
Anregung
[nm]
Filter
543
543
488
LP 530
LP 530
BP 505-530
22
2 Material und Methoden
2.6.3 Superporen-Anteil
Der Superporen-Anteil der porösen Agarose-Beads wird durch die im ersten Schritt zu der
Agarose-Lösung zugegebenen Menge an organischer Phase bestimmt.
Zur experimentellen Bestimmung des Porenanteils in den Beads werden bei den in Abschnitt
2.6.2 mit dem CLSM aufgenommenen Bildschnitten die Flächenverhältnisse von AgaroseMaterial und Porenraum bestimmt. Dies erfolgt durch Ausmessen der Flächen der AgaroseMatrix und der Kanäle mit der Bildverarbeitungssoftware. In Abbildung 10 bis Abbildung 12 ist
die Vorgehensweise zur Bestimmung der Flächenanteile schematisch dargestellt. Die
zugehörigen Flächen werden von der LSM-Software automatisch angegeben. Hieraus ergibt sich
der Porenanteil in den hergestellten superporösen Agarose-Beads, welcher idealer Weise nicht
von dem anfangs eingesetzten Verhältnis der Cyclohexan-Phase zur Agarose-Lösung abweichen
sollte.
Abbildung 10: Bildschnitt durch ein Abbildung 11: Fläche des Agarose- Abbildung 12: Fläche des Porenporöses
AgaroseMaterials zum Ausraumes zum AusBead, (CLSM-Aufmessen markiert.
messen
markiert.
nahme, gefärbt mit
Kongorot)
2.6.4 Bestimmung des Löslichkeitsverhaltens
Zur Überprüfung der Beständigkeit der Gel-Beads soll das Löslichkeitsverhalten der Beads
gegenüber der wäßrigen Phase getestet werden.
Ein Aliquot der Gel-Beads (ca. 2.0 g) wird in 100 ml deionisiertem Wasser in einem
Erlenmeyerkolben bei 130 Umdrehungen auf einem Schütteltisch geschüttelt. In regelmäßigen
Abständen wird eine Probe der Beads entnommen, der Durchmesser und die Größenverteilung
ermittelt (wie unter 2.6.1).
Durch das Aufnehmen einer Zeitreihe lassen sich Veränderungen des Bead-Durchmessers und
der Größenverteilung erkennen und so Rückschlüsse auf das Auflösungsverhalten der AgaroseBeads ziehen.
23
2 Material und Methoden
2.6.5 Bestimmung des Quellungsverhaltens
Für die Bestimmung der Volumenquellungsgrade wurde eine von Selic (1999) entwickelte
Quellungsapparatur verwendet, welche die Online-Messung von Volumenquellungsgraden in
Abhängigkeit von der Zeit ermöglicht. Der schematische Aufbau der Apparatur ist in Abbildung
13 dargestellt.
Abbildung 13: Schematische Darstellung der Quellungsapparatur (nach Selic, 1999)
Gemessen wird der Hub eines Stempels in einem Zylinder mit genau definierten Abmessungen,
der durch die Volumenänderung der eingeschlossenen, quellenden Substanz verursacht wird. Die
Probe befindet sich im Zylinder auf einem Metallnetz, das fest auf einer Sintermetallplatte
aufliegt. Die Sintermetallplatte ist in einer Edelstahlschale angeschraubt, über die das
Quellungsmittel seitlich hinzugegeben wird. Quillt die Probe bei Kontakt mit dem Quellmittel,
wird der Stempel aufgrund der Volumenänderung uniaxial angehoben. Das Auftreten von
Haftreibungseffekten, welches zu ruckartigen Bewegungen des Stempels führen würde, wird
durch eine leichte, oszillierende Bewegung des Stempels verhindert. Der Hub des Stempels wird
mit einem induktiven Wegaufnehmer gemessen, der über eine Analog-/Digital-Wandlerkarte mit
einem Computer verbunden ist. Die Aufnahme der Meßdaten wird online durchgeführt.
24
2 Material und Methoden
Die Waagenkonstruktion, die das Gewicht des Stempels annähernd aufhebt, garantiert eine freie
Quellung der Probe. Daher kann man davon ausgehen, daß die Beads während der Quellung ihre
annähernde Kugelform beibehalten und folglich keine Veränderung des Zwickelvolumenanteils
auftritt. Dies ist eine wesentliche Voraussetzung für die Berechnung des Volumenquellungsgrades.
Für die Ermittlung von Quellungsgraden unter Verwendung der beschriebenen Volumenquellungsapparatur werden ca. 0.1 bis 0.5 g Substanz eingewogen.
Die Probe wird gleichmäßig auf dem Metallnetz verteilt und der Stempel in den Zylinder
eingesetzt. Das Löse- bzw. Quellmittel gelangt aus einem externen Behälter, unter Ausnutzung
des „Prinzips der kommunizierenden Röhren“, in die Edelstahlschale und über die Sintermetallplatte in Kontakt mit der Probe. Die Meßdatenakquisition wird von Hand gestartet, wenn das
Quellmittelniveau die Probe erreicht hat. Der induktive Wegaufnehmer mißt mit einer zu
definierenden Frequenz die relative Position des Stempels zum Zeitpunkt t. Die relativen Höhen
des Stempels werden vom Wegaufnehmer in Form von Spannungswerten angegeben und mit
einem Hilfsprogramm in Wegstrecken umgerechnet.
In gleicher Weise läßt sich auch die Entquellung der hergestellten Gel-Beads unter einer äußeren
Belastung untersuchen. Hierbei wird das Gewicht des Stempels nicht durch die Waagenkonstruktion ausgeglichen, sondern so eingestellt, daß ein definierter Druck auf die
eingeschlossene Probe ausgeübt wird. Mit dem Wegaufnehmer wird dann die Volumenabnahme
in Abhängigkeit von der Zeit registriert.
2.7
Agarose-Beads mit eingebetteten Mikroorganismen
2.7.1 Vorbereitung der Bakteriensuspension
Es wird ein Einzelkolonie-Ausstrich von Pseudomonas aeruginosa SG81R1 auf PseudomonasIsolierungs-Agar (PIA) durchgeführt und 24 h bei 30 °C bebrütet. Der Bewuchs wird mit einem
Metallspatel abgenommen und in 2 ml einer 0.14 M NaCl-Lösung suspendiert.
Die Zellzahl der Suspension wird mit Hilfe einer Thoma-Zählkammer bestimmt. Hierfür wurden
Verdünnungen von 1:100 und 1:1000 gewählt. Die Kleinstquadrate der verwendeten ThomaZählkammer haben eine Größe von 0.05 x 0.05 mm. Die Kammertiefe beträgt 0.1 mm. Als
Kammerfaktor ergibt sich somit 4·106. Es werden jeweils fünf zufällig ausgewählte
Kleinstquadrate in vier Gesichtsfeldern ausgezählt. Die Gesamtzellzahl der Suspension (in
Zellen pro ml) ergibt sich aus dem Mittelwert der in den Feldern ausgezählten Bakterien,
multipliziert mit dem Kammerfaktor und dem Verdünnungsfaktor.
Es wird mikroskopisch überprüft, daß die Bakterien in der Suspension vereinzelt vorliegen und
keine Aggregate bilden.
25
2 Material und Methoden
2.7.2 Einbettung von Mikroorganismen in Agarose-Beads
Eine Einbettung von Bakterien wurde sowohl in homogenen als auch in porösen Agarose-Beads,
sowie in kompakten Agarose-Körpern durchgeführt.
Hierzu wird ein Teil der hergestellten Bakteriensuspension unter Rühren zu der im
Reaktionsgefäß temperierten Agarose-Lösung gegeben. Die im Einzelnen gewählten Parameter
sind in Tabelle 8 aufgeführt.
Das Zugabevolumen sollte jedoch möglichst gering gehalten werden, um eine
Temperaturabsenkung durch die Zugabe auszuschließen. Die Temperatur während des gesamten
Reaktionsverlaufes wird auf 47 °C gesenkt, um eine Schädigung der Bakterien zu minimieren.
Tabelle 8: Versuchsparameter bei der Einbettung von Bakterien
Versuch
homogene Beads
poröse Beads
poröse Agarose-Stücke
Agarose-Lösung
Bakteriensuspension
Konzentration
Menge
Zellzahl
[%]
4
4
4
[ml]
100
50
50
[Zellen/ml]
4,7·109
4,7·109
4,7·109
Zugabemenge
[µl]
500
250
250
resultierende
Zelldichte
(rechnerisch
)
[Zellen/ml]
2,3·107
2,3·107
2,3·107
Der übrige Versuchsablauf entspricht den unter 2.4.1 bis 2.4.3 gemachten Angaben. Bei allen
Reaktionsschritten wurde jedoch Anstelle des deionisierten Wassers eine isotonische
Kochsalzlösung (0.14 mol/l NaCl) verwendet um einen hydrodynamischen Schock der Bakterien
zu verhindern.
2.7.3 Bestimmung von Position und physiologischem Zustand der Bakterien
Durch das Anfärben mit verschiedenen, spezifischen Fluoreszenzfarbstoffen ist eine
Unterscheidung zwischen Bakterien, Polysaccharid, Partikeln und Kanälen/Hohlräumen
möglich. Durch spezielle Färbetechniken ist es auch möglich, die Vitalität der Mikroorganismen
bzw. den Zustand der Membran sichtbar zu machen. Dies ist z.B. mit dem kommerziell
erhältlichen LIVE/DEAD® BacLight™ Bacterial Viability Kit von Molecular Probes
(Kombination der Farbstoffe SYTO 9 und PI) durchführbar.
26
2 Material und Methoden
2.7.3.1 CTC-Färbung
Zur Fluoreszenzmarkierung der stoffwechselaktiven Zellen mit CTC werden ca. 0.5 g BeadMaterial in einem Eppendorf-Reaktionsgefäß mit 1.0 ml einer 1 mM CTC-Lösung (Schaule et
al., 1993b) in 0.14 M NaCl-Lösung versetzt, eine Minute geschüttelt und 3 h im Dunkeln bei
Raumtemperatur inkubiert. Stoffwechselaktive Zellen reduzieren das CTC gemäß der
nachstehenden Gleichung zu Formazankristallen (CTF), welche eine starke Fluoreszenz ( Ex.,max
= 450 nm, Em.,max = 630 nm) aufweisen. Das unreduzierte CTC absorbiert über 400 nm nicht
und zeigt keine Fluoreszenz.
CN
N
N
H3C
N
CN
N
H3C
H
N
N
C
N
N
CH3
CH3
Der Überstand wird bei 10000 g abzentrifugiert und dekantiert. Die so präparierten Beads
können wie unter 2.5.2.4 beschrieben eingebettet und anschließend untersucht werden. Das
Präparat wird hierzu bei 200-facher Vergrößerung mit dem CLSM betrachtet und ein konfokaler
Bildschnitt durch die Beads aufgenommen. Die Anregung erfolgt bei 488 nm mit einem ArgonLaser. Die Detektion erfolgt unter Verwendung des LP 560 Filters und des Nebenfarbteilers NFT
570.
2.7.3.2 SYTO 9/Propidiumiodid-Färbung
Das von Molecular Probes erhältliche „LIVE/DEAD® BacLight™ Bacterial Viability Kit“
ermöglicht durch eine Doppelfärbung eine Differenzierung von Bakterienzellen in Bezug auf
eine vorhandene Membranschädigung. Das Kit enthält den grün fluoreszierenden DNAbindenden Farbstoff SYTO 9 ( Ex.,max = 480 nm,
und den rot
Em.,max = 500 nm)
fluoreszierenden DNA-bindenden Farbstoff Propidiumiodid ( Ex.,max = 490 nm, Em.,max = 635
nm). Beide Farbstoffe unterscheiden sich in ihrer Membrangängigkeit. Mit SYTO 9 lassen sich
sowohl intakte Bakterien wie auch geschädigte Zellen markieren. Propidiumiodid kann jedoch
nur beim Vorliegen einer Membranschädigung in die Zelle eindringen und konkurriert dort mit
SYTO 9 um die Bindungsplätze an der Nucleinsäure (Molecular Probes, 1996; Lawrence et al.,
1997).
So ergibt sich beim Anfärben mit einer Mischung aus SYTO 9 und Propidiumiodid, daß
Bakterien mit einer intakten Zellmembran grün fluoreszieren, Bakterien mit einer geschädigten
Membran hingegen rot fluoreszieren.
Zur Doppelfärbung mit dem LIVE/DEAD® BacLight™ Bacterial Viability Kit werden gleiche
Mengen der beiden gelieferten Komponenten (A: 3.34 mM SYTO 9 in DMSO; B: 20 mM
Propidiumiodid in DMSO) gemischt und 3 µl dieser Lösung zu 1 ml Bakteriensuspension
(Molecular Probes, 1996) bzw. zu ca. 0.5 g Beads in 0.5 ml deionisiertem Wasser gegeben. Es
wird gründlich gemischt und 15 Minuten bei Raumtemperatur im Dunkeln inkubiert. Die Beads
werden abgetrennt und wie unter 2.5.2.4 beschrieben eingebettet.
Mit dem CLSM können konfokale Bildschnitte der so präparierten Beads aufgenommen werden.
Die Anregung erfolgt bei 488 nm (Argon-Laser). Die Detektion für die PropidiumiodidFluoreszenz erfolgt mit dem LP 560 Filter (NFT 570) und für die SYTO 9-Fluoreszenz mit dem
BP 505-530 Filter. Die Bildschnitte wurden unter 200-facher Vergrößerung aufgenommen.
27
2 Material und Methoden
2.7.4 Kultivierung von Bakterien in Agarose-Beads
Zur Überprüfung der Lebens- und Wachstumsfähigkeit von immobilisierten Bakterien in den
Beads sowie zur Beobachtung der Ausbildung von Mikrokolonien werden Agarose-Beads mit
eingebetteten Bakterien in eine Nährlösung gegeben und bebrütet.
Hierzu werden etwa 0.5 g Bead-Material mit immobilisierten Bakterien (P. aeruginosa) aus
2.7.2 in 3 ml Nährlösung gegeben. Als Nährmedium wurde eine Lösung von 0.2 g/l Nutrient
Broth-Medium in deionisiertem Wasser verwendet. Für eine Versuchsreihe werden z.B. fünf
dieser Proben bei 30 °C bebrütet und in regelmäßigen Zeitabständen (z.B. alle 24 h) die Beads
einer Probe entnommen und untersucht.
Es erfolgt eine Überprüfung der Beads auf sichtbare Kolonien mit dem Stereomikroskop.
Darüber hinaus werden Färbungen mit SYTO 9 und PI in Kombination (LIVE/DEAD®
BacLight™ Bacterial Viability Kit, Molecular Probes) sowie mit CTC durchgeführt und eine
anschließende Betrachtung mit dem CLSM vorgenommen (siehe Abschnitt 2.7.3).
2.8 Herstellung von Bead-Schichten
Zur Modellierung eines künstlichen Biofilms ist es notwendig, die Agarose-Beads auf einem
Träger flächig zu fixieren. Im Folgenden sind hierfür mögliche Verfahren angegeben, sowie die
angewandten Untersuchungsmethoden aufgeführt.
2.8.1 Fixierung der Agarose-Beads
Für die Fixierung der Beads auf einem Träger, z.B. einem Objektträger, wurden verschiedene
Techniken angewandt:
• Auf einen Glas-Objektträger aufgebrachte Beads wurden durch kurzes Erwärmen über einer
Bunsenbrennerflamme fixiert. Hierbei können jedoch nur einlagige Bead-Schichten hergestellt
werden. Darüber hinaus ist das Verfahren für Beads mit eingebetteten Bakterien nur bedingt
einsetzbar, da die Mikroorganismen durch die kurzzeitige Temperaturbelastung geschädigt
werden können.
• Es wurden die auf einem Glas-Objektträger aufgebrachten Beads mit einigen Tropfen einer
verdünnten Agarose Lösung fixiert. Hierzu werden 0.5 % (w/v) Agarose in deionisiertem
Wasser bei 98 °C im Wasserbad gelöst und anschließend auf 45 °C temperiert. Mit dieser
Lösung können die Agarose-Beads auf einem Träger angeheftet werden. Mit dieser Methode
wurden sowohl einlagige, wie auch mehrlagige Bead-Schichten erzeugt.
Mit diesen Methoden war es ebenfalls möglich, Filme, Schnitte oder Stücke der in Abschnitt
2.4.3 hergestellten kompakten, superporösen Agarose auf einem Träger zu fixieren.
28
2 Material und Methoden
2.8.2 Bestimmung der dreidimensionalen Struktur der Bead-Schichten
Die Struktur und räumliche Anordnung der Beads in den Schichten kann, wie bereits bei den
Einzelbeads beschrieben, mit dem Stereomikroskop betrachtet oder nach einer Färbung mit dem
CLSM untersucht werden.
Hierzu werden die fixierten Beads durch Eintauchen der Träger in die unter 2.5.1 bzw. 2.5.2
verwendeten Farbstoff-Lösungen angefärbt und durch Spülen mit deionisiertem Wasser
gewaschen.
Die Aufnahme der konfokalen Bildschnitte erfolgt bei 100-facher und 200-facher Vergrößerung
unter Anwendung der in Abschnitt 2.6.2 in Tabelle 7 angegebenen Parameter.
2.9 Biozideinwirkung
Zur Überprüfung, ob sich die Einbettung der Bakterien auf die Wirkung eines Biozids auswirkt,
wird eine vergleichende Untersuchung zwischen einer Zellsuspension und homogenen sowie
porösen Beads durchgeführt. Dabei soll insbesondere Untersucht werden, ob die Einbettung der
Zellen in die Gelmatrix eine Schutzwirkung bezüglich des Einwirkens von Bioziden hat.
2.9.1 Natriumhypochlorit
Es werden jeweils 0.5 g Bead-Material mit PBS pH 7.54 auf 1.0 ml aufgefüllt und anschließend
mit 1.0 ml Natriumhypochlorit-Lösung (1 mg/l freies Chlor in PBS pH 7.54) versetzt. Es ergibt
sich somit eine Endkonzentration von 0.5 mg/l freiem Chlor. Die verwendeten Beads besitzen
eine Zelldichte von etwa 109 Zellen/cm3. Nach verschiedenen Reaktionszeiten (1 bis 60
Minuten) bei 25 °C werden zur Inaktivierung des Chlors 100 µl Natriumthiosulfat-Lösung (100
mg/ml) zugegeben (Endkonzentration 5 mg/ml).
Alle verwendeten Lösungen wurden auf 25 °C vortemperiert
Zur Kontrolle der Chlorzehrung durch das Agarose-Material wird zusätzlich die Chlorkonzentration in einer Probe mit Agarose-Beads ohne Bakterien über den Reaktionszeitraum
quantifiziert.
Die Bestimmung der Chlorkonzentrationen erfolgte durch Messung der Absorption bei 290 nm.
Als Vergleich wird eine Bakteriensuspension von P. aeruginosa in PBS pH 7.54 ((3.5
0.2)·108 Zellen/ml) in gleicher Weise behandelt. Zur Herstellung der Zellsuspension wird eine
Kolonie von P. aeruginosa SG81R1 von der Stammplatte in 1 ml isotonischer NaCl-Lösung
suspendiert, auf Pseudomonas-Isolierungs-Agar (PIA) ausplattiert und 72 h bei 30 °C bebrütet.
Der Bewuchs wird abgenommen und in PBS pH 7.54 suspendiert. Der Zelltiter wird mit Hilfe
einer Thoma-Zählkammer bestimmt und die Suspension entsprechend auf die Endzellzahl
verdünnt. Zur Kontrolle der Chlorzehrung durch die verwendeten Lösungen und Glasgeräte wird
eine Blindprobe von 1 ml PBS pH 7.54 verwendet und auch mit 1 ml der Hypochlorit-Lösung
behandelt. Die Chlorkonzentration in dieser Probe wird zu Beginn und am Ende des
Untersuchungszeitraumes überprüft.
In einem zweiten Versuchsansatz wird die Zehrung des freien Chlors über den
Reaktionszeitraum bestimmt. Dies erfolgt an einer Zellsuspension, an porösen Agarose-Beads
29
2 Material und Methoden
mit eingebetteten Bakterien und an Agarose-Beads ohne Bakterien. Der Gehalt an freiem Chlor
wird photometrisch mittels DPD-Methode (N,N-Diethyl-1,4-phenylendiaminsulfat) bestimmt.
Dadurch wird der störende Effekt der Bakterien in der Suspension vermieden, welcher eine
Absorptionsmessung bei 290 nm behindern würde. Die Durchführung wird entsprechend dem
Vorgehen zur Untersuchung der Membranschädigung vorgenommen. Die Probenvolumina
werden jedoch auf das 5-Fache erhöht, da für die photometrisch Bestimmung 10 ml
Probenvolumen (statt 2 ml) benötigt werden.
2.9.2 Quantifizierung der inaktivierten und überlebenden Zellen
Die Bestimmung des physiologischen Zustandes der mit Bioziden behandelten Bakterien
erfolgte anhand der Erfassung der Membranschädigung der Zellen. Hierzu wurden die Zellen in
den Beads mit SYTO 9 und PI in Kombination (LIVE/DEAD® BacLight™ Bacterial Viability
Kit, Molecular Probes) angefärbt und mit dem Laser-Raster-Mikroskop untersucht. Zur
Auswertung der Inaktivierungsleistung wird der mit Propidiumiodid gefärbte Anteil an der
Gesamtzahl aller Bakterien (SYTO 9) bestimmt. Die Auswertung des Suspensionsversuches
erfolgte durch Färbung mit SYTO 9 und PI in Kombination (LIVE/DEAD® BacLight™ Bacterial
Viability Kit, Molecular Probes) in Suspension und Auszählung am Fluoreszenz-Mikroskop.
2.10 Statistische Auswertung
Zur Beurteilung der erhaltenen Ergebnisse wurde eine statistische Auswertung vorgenommen.
Zum Vergleich der berechneten Mittelwerte wurde Student’s t-Test angewendet. Dabei wird
objektiv beurteilt, ob sich zwei Mittelwerte mx1 und mx2 unter Berücksichtigung ihrer
Fehlerbreite signifikant unterscheiden.
Hierzu ist die Prüfgröße TAU gemäß der folgenden Formel zu berechnen:
TAU =
m x1 − m x 2
(n1 − 1) * s1 + (n2 − 1) * s 2
n1 + n 2 − 2
2
2
*
n1 * n 2
n1 + n2
Durch den Vergleich des berechneten Wertes für TAU mit den entsprechenden Tabellenwerten
(Kaiser und Mühlbauer, 1983) kann beurteilt werden, ob zwischen den betrachteten Mittelwerten
ein hochsignifikanter, ein signifikanter, ein wahrscheinlicher oder kein feststellbarer Unterschied
besteht.
Die Resultate dieses Tests sind Basis der Ergebnisbeurteilung und darauf folgender
Entscheidungen, deren Schärfe von der gewählten statistischen Sicherheit (P) abhängt. Im
Rahmen dieser Arbeit wurde eine statistische Sicherheit von P = 95 % gefordert.
30
3 Ergebnisse
3 Ergebnisse
3.1 Homogene Agarose-Beads
In einem Vorversuch wurde die Herstellung von homogenen Agarose-Beads nach Abschnitt
2.4.2 mit zwei unterschiedlichen Rührwerkzeugen getestet. Die Verwendung eines
Überkopfrührwerks mit Plattenrührer erwies sich als ungeeignet, da sich hiermit keine
ausreichenden Scherkräfte aufbringen ließen um eine gleichmäßige Emulgierung der AgaroseTropfen zu gewährleisten. Mit einem 4-flügeligen Flügelrührer wurden bessere Ergebnisse
erzielt. Es ließ sich in einem weiten Geschwindigkeitsbereich eine gleichmäßige
Tropfenzerteilung und eine gute Emulsionsbildung erreichen. Alle nachfolgenden Versuche
wurden daher mit dem Flügelrührer durchgeführt. Die Ergebnisse des Vorversuches sind in
Tabelle 9 dargestellt.
Tabelle 9: Vorversuch zur Auswahl des Rührwerkzeuges
Rührer
Rührgeschwindigkeit
[U·min-1]
Flügelrührer
500
Plattenrühre
500
r
md
326,1
288,6
Bead-Durchmesser (d)
[µm]
dmin
dmax
s
120
780
149,9
50
1400
228,8
n
100
100
Vertrauensbereich
(P = 95%)
± 29,7
± 45,3
In Abbildung 14 und Abbildung 15 sind die Größenverteilungen der Beads aus beiden
Experimenten graphisch dargestellt. Die eingezeichnete Kurve gibt jeweils die
Normalverteilungsfunktion wieder. Es läßt sich erkennen, daß der Durchmesser der mit dem
Plattenrührer hergestellten Beads wesentlich ungleichmäßiger ist und über einen erheblich
größeren Bereich streut.
Abbildung 14: Beadgrößenverteilung bei Herstellung
mit dem Flügelrührer (500 U·min-1)
Abbildung 15: Beadgrößenverteilung bei Herstellung
mit dem Plattenrührer (500 U·min-1)
31
3 Ergebnisse
3.1.1 Variation der Rührgeschwindigkeit
Zur Regelung des mittleren Bead-Durchmessers hat sich die bei der Herstellung verwendete
Rührgeschwindigkeit als geeignet erwiesen. Um die Abhängigkeit des mittleren Durchmessers
von der Rührgeschwindigkeit zu ermitteln, wurde in einer Versuchsreihe die Herstellung von
homogenen Beads bei unterschiedlichen Geschwindigkeiten durchgeführt. Die Durchführung
wurde entsprechend Abschnitt 2.4.2 vorgenommen. In Tabelle 10 sind die verwendeten
Rührgeschwindigkeiten sowie die Daten der damit erzeugten Beads zusammengestellt.
Tabelle 10: Bead-Durchmesser und Verteilung in Abhängigkeit von der Rührgeschwindigkeit
Rührgeschwindigkeit
[U·min-1]
400
500
700
900
1100
Bead-Durchmesser (d)
[µm]
md
s
n
162,9
100
409,9
149,9
100
326,1
64,9
100
206,5
69,1
100
159,3
59,9
100
133,8
Vertrauens
-bereich
(P = 95%)
± 32,3
± 29,7
± 12,9
± 13,7
± 11,9
t-Test
3,79
7,32
4,98
2,79
Die statistische Betrachtung (Abschnitt 2.10) dieser Ergebnisse zeigte, daß sich die Mittelwerte
des Bead-Durchmessers für die Rührgeschwindigkeiten 400 bis 1100 U·min-1 hochsignifikant
unterscheiden und die beobachteten Unterschiede nicht als zufällig angesehen werden können.
Abbildung 16 und Abbildung 17 zeigen zwei typische Aufnahmen von den dabei hergestellten
Beads.
Abbildung 16: Stereomikroskopische Aufnahme von
homogenen Agarose-Beads
(500 U·min-1)
Abbildung 17: Stereomikroskopische Aufnahme von
homogenen Agarose-Beads
(1100 U·min-1)
32
3 Ergebnisse
Trägt man die ermittelten mittleren Bead-Durchmesser gegen die verwendete Rührgeschwindigkeit auf, so ergibt sich der in Abbildung 18 graphisch dargestellte Zusammenhang.
500
450
Mittelwert des Bead-Durchmessers [µm]
400
350
300
250
200
150
100
50
0
0
200
400
600
800
1000
1200
1400
-1
Rührgeschwindigkeit [U•min ]
Abbildung 18: Abhängigkeit des Bead-Durchmessers von der Rührgeschwindigkeit
Berücksichtigt man die maximal mit dem vorhandenen Rührwerk mögliche
Rührgeschwindigkeit von 2000 U·min-1, so läßt sich durch Extrapolation des Kurvenverlaufes
der bei Beibehaltung der anderen Versuchsparameter kleinstmögliche, herstellbare BeadDurchmesser auf ca. 65 µm abschätzen. Der größtmögliche mittlere Bead-Durchmesser ist bei
400 U·min-1 nahezu erreicht. Bei geringeren Rührgeschwindigkeiten erfolgt keine genügende
Durchmischung der Phasen und es tritt eine Phasentrennung aufgrund der Tropfenkoaleszenz
(Zusammenfließen von Tropfen) ein.
3.1.2 Variation der Agarose-Konzentration
Zur Simulation von verschiedenen EPS-Konzentrationen des Modell-Biofilms läßt sich die
Konzentration der zur Bead-Herstellung eingesetzten Agarose-Lösung variieren.
Um den Einfluß der Agarose-Konzentration auf die Beschaffenheit der daraus hergestellten
Beads zu überprüfen, wurde eine Versuchsreihe mit unterschiedlichen Konzentrationen
durchgeführt. Die Herstellung der Beads wurde entsprechend der in Abschnitt 2.4.2 angegebenen
Vorschrift durchgeführt. Die Emulgierung erfolgte mit dem Flügelrührer bei 600 U·min-1. In
Tabelle 11 sind die gewählten Konzentrationen und die Daten der damit produzierten Beads
zusammengestellt.
33
3 Ergebnisse
Tabelle 11: Bead-Durchmesser und Verteilung in Abhängigkeit von der Agarose-Konzentration
AgaroseKonzentration
[% (w/v)]
0,5
1,0
2,0
3,0
4,0
Bead-Durchmesser (d)
[µm]
md
s
n
40,1
100
102,7
48,9
100
125,6
71,5
100
191,2
86,4
100
241,0
138,3
100
291,1
Vertrauens
-bereich
(P = 95%)
± 8,0
± 9,7
± 14,2
± 17,1
± 27,4
t-Test
3,62
7,57
4,44
3,07
Für die Mittelwerte der Bead-Durchmesser bei Agarose-Konzentrationen von 0.5 bis 3% konnte
ein hochsignifikanter, bzw. zwischen dem Mittelwert für 3% und 4% ein signifikanter
Unterschied nachgewiesen werden (Abschnitt 2.10).
In Abbildung 19 sind die ermittelten Wertepaare sowie die sich daraus ergebende Abhängigkeit
des mittleren Bead-Durchmessers von der Agarose-Konzentration aufgetragen.
350,0
mittlerer Bead-Durchmesser [µm]
300,0
250,0
200,0
150,0
100,0
50,0
0,0
0,0
0,5
1,0
1,5
2,0
2,5
3,0
3,5
4,0
4,5
Agarose-Konzentration [%] (w/v)
Abbildung 19: Zusammenhang zwischen Agarose-Konzentration und mittlerem Bead-Durchmesser
Es läßt sich erkennen, daß der mittlere Bead-Durchmesser erwartungsgemäß mit steigender
Agarose-Konzentration zunimmt, da mit der höheren Konzentration des Polysaccharids eine
höhere Viskosität der Lösung einhergeht und daher die Emulsionsbildung größere Scherkräfte
erfordert. Bei gleicher Rührgeschwindigkeit und somit gleichen Scherkräften führt dies
zwangsläufig zu größeren Beads.
34
3 Ergebnisse
Bei den praktischen Versuchen zur Bead-Herstellung bei unterschiedlichen Konzentrationen
wurde deutlich, daß sich Beads aus Agarose-Lösungen von ca. 0.5 bis 6% Agarose (w/v) mit der
angewendeten Methode reproduzierbar herstellen lassen. Niedrigere Konzentrationen sind,
aufgrund der damit verbundenen geringen mechanischen Stabilität des Agarose-Gels, nicht
möglich. Hinzu kommt, daß Agarose in diesen niedrigen Konzentrationen nicht mehr zur
Ausbildung einer Gelphase neigt. Agarose-Lösungen mit mehr als 6% (w/v) Agarose sind
hingegen bereits so hochviskos, daß sie sich mit den zur Verfügung stehenden Rührwerkzeugen
nicht zufriedenstellend verarbeiten lassen. Die Produktion von Agarose-Beads mit höheren
Konzentrationen erscheint in Hinblick auf das Biofilm-Modell-Konzept auch wenig sinnvoll, da
sich die EPS-Konzentrationen in natürlichen Biofilmen ebenfalls fast ausschließlich in diesem
niedrigen Konzentrationsbereich (<5%) bewegen.
3.1.3 Löslichkeitsverhalten der homogenen Beads
Zur Überprüfung der Beständigkeit des Hydrogel-Netzwerkes im wäßrigen Medium wurde das
Auflöseverhalten der Agarose-Beads mit Hilfe des in Abschnitt 2.6.4 angegebenen Versuches
untersucht. Hiermit soll sichergestellt werden, daß sich die hergestellten Beads im wäßrigen
Milieu nicht auflösen. Die ermittelten Werte sind in Tabelle 12 zusammengetragen.
Tabelle 12: Löslichkeitsverhalten der homogenen Beads
Zeit
[h]
0
0,5
24
48
120
288
Bead-Durchmesser (d)
[µm]
md
201,1
208,6
209,3
207,4
208,9
208,2
s
66,0
69,9
106,3
97,1
90,9
122,2
n
100
100
100
100
100
100
Vertrauens
-bereich
t-Test
(P = 95%)
13,1
13,9
21,1
19,3
18,0
24,2
0,78
0,06
0,13
0,11
0,05
Zwischen sämtlichen bestimmten Mittelwerten konnte bei einer statistischen Auswertung
(Abschnitt 2.10) kein signifikanter Unterschied feststellt werden. Die Unterschiede können
aufgrund des vorliegenden Datenmaterials somit als rein zufällig angesehen werden.
Dennoch zeigt sich ein leichter Anstieg des Mittelwertes innerhalb der ersten 0.5 h, welcher
wahrscheinlich auf ein Quellungs-Phänomen zurückzuführen ist. Die Meßpunkte im weiteren
chronologischen Verlauf zeigen, daß sich keine Auflösungserscheinungen nachweisen lassen.
35
3 Ergebnisse
3.2 Superporöse Agarose-Beads
Eine Verbesserung des Kugelmodells aus homogenen Agarose-Beads wurde durch die
Herstellung von porösen Agarose-Beads möglich. Diese weisen im Gegensatz zu den
homogenen Beads eine ausgedehnte Kanalstruktur auf, welche bei der Modellierung eines
künstlichen Biofilms, neben den entstehenden Zwickelräumen, zu einer weiteren Simulation
eines verzweigten Poren- und Kanalsystems in einem Biofilm beiträgt. Superporöse AgaroseBeads wurden erstmals von Gustavsson und Larsson (1996) als stationäre Phase für
chromatographische Anwendungen hergestellt. Die Nutzung solcher superporösen Strukturen
wird im Rahmen der vorliegenden Arbeit erstmals auf die Modellierung von Biofilmen
angewendet.
3.2.1 Porenstruktur der Beads
Zur Untersuchung der Superporen-Struktur der Beads wurden verschiedene Proben, teilweise
nach Anfärbung (Abschnitt 2.5.1), stereomikroskopisch betrachtet, sowie konfokale Bildschnitte
gemäß Abschnitt 2.6.2 mit dem CLSM (Abschnitt 2.5.2) erstellt.
Zwei typische Bilder, die mit dem Stereomikroskop aufgenommen wurden, sind in den
folgenden Abbildungen gezeigt:
Porenöffnungen
Abbildung 20: Stereomikroskopische Aufnahme von
porösen Agarose-Beads
(1100 / 500 U·min-1, Hellfeld)
Abbildung 21: Stereomikroskopische Aufnahme von
porösen Agarose-Beads
(1000 / 500 U·min-1, Dunkelfeld)
Auf den Bildern läßt sich die poröse Struktur der Beads erkennen. Insbesondere die
Porenöffnungen an der Bead-Oberfläche sind deutlich sichtbar. In Abbildung 20 sind zur
Verdeutlichung zwei Porenöffnungen markiert worden (rote Pfeile).
Man erkennt auch, daß es aufgrund der Kanalbildung zu Verformungen der Beads kommt, so
daß diese nicht mehr ideal rund geformt sind, sondern teilweise ovale bis längliche Formen
aufweisen.
36
3 Ergebnisse
Die Bestimmung der Superporen-Größe und des Superporen-Anteils erfolgte anhand der
erstellten konfokalen Bildschnitte. Ein Beispiele für einen solchen Bildschnitt ist in Abbildung
22 dargestellt.
Abbildung 22: Bildschnitt durch ein poröses Agarose-Bead (1000 / 500 U·min-1),
(CLSM-Aufnahme, gefärbt mit AO)
Mit Hilfe der Meßfunktion der Zeiss LSM-Software ließen sich die Porengröße sowie die Fläche
des Bead-Materials und des Porenraumes ausmessen (vergl. hierzu Abschnitt 2.6.3) und der
flächenbezogene Porenanteil berechnen. Für die untersuchten Beads ergaben sich die in Tabelle
13 zusammengestellten Werte.
Tabelle 13: Porengröße und Porenanteil in superporösen Agarose-Beads
Rührgeschw.
(Schritt 1 / 2)
[U·min-1]
1000 / 600
1000 / 500
1100 / 600
1100 / 500
Porengröße
[µm]
mx
28,4
27,9
27,6
27,0
s
15,9
14,1
14,2
13,2
Vertrauens Poren-bereich
anteil
n
100
100
100
100
(P = 95%)
± 3,16
± 2,80
± 2,82
± 2,63
[%]
34,2
29,3
36,4
31,3
t-Test
0,24
0,31
0,38
0,46
Da die statistische Überprüfung (Abschnitt 2.10) zwischen sämtlichen Mittelwerten keine
signifikanten Unterschiede erkennen ließ, ist es erlaubt, die Daten der einzelnen Meßreihen
zusammenzufassen und einen gemeinsamen Mittelwert anzugeben. Für die Porengröße und den
Porenanteil erhält man demnach die in Tabelle 14 angegebenen Mittelwerte.
37
3 Ergebnisse
Tabelle 14: gemittelte Porengröße und Porenanteil in superporösen Agarose-Beads
Porengröße
[µm]
mx
27,7
min
8,3
max
81,4
s
14,3
Vertrauens
-bereich
n
400
(P = 95%)
± 1,42
Porenanteil
[%]
mx
s
32,8
3,1
Vertrauens
-bereich
n
4
(P = 95%)
± 4,3
Wie bereits in Abschnitt 2.6.3 erwähnt, wird der Porenanteil experimentell durch die der
Agarose-Lösung zugegebenen Menge an Cyclohexan-Phase bestimmt. Das Volumenverhältnis
von Agarose-Lösung zu Cyclohexan-Phase im ersten Schritt der Emulsionsbildung betrug in den
durchgeführten Versuchen einheitlich 2:1. Daher sollte theoretisch ein Porenanteil von 33.3 %,
gemessen am gesamten Bead (Agarose-Material plus Superporen), gefunden werden. Der in
Tabelle 14 angegebene, experimentell ermittelte Wert des Porenanteils von 32.8 %, stimmt damit
sehr gut überein. Der minimal kleinere Porenanteil läßt sich dadurch erklären, daß nicht der
gesamte Anteil der suspendierten Cyclohexan-Tröpfchen zur Porenbildung beiträgt. Bei der
Ausbildung der Beads im zweiten Schritt liegt ein Teil der Cyclohexan-Einschlüsse bereits an
der Oberfläche der suspendierten Beads und vereinigt sich mit der umgebenden CyclohexanPhase.
3.2.2 Variation des Bead-Durchmessers
Eine Steuerung des Durchmessers der porösen Agarose-Beads durch die entsprechende Variation
der Rührgeschwindigkeit ließ sich nicht erreichen. Entgegen der bei homogenen Beads über
einen weiten Bereich wählbaren Rührgeschwindigkeit ist diese bei den superporösen Beads
durch das angewandte Verfahren der doppelten Emulsionsbildung weitestgehend vorgegeben.
Im zweiten Schritt der Bead-Herstellung (vergl. Abbildung 9) muß die Emulsion aus dem ersten
Schritt so zu einer Emulsion zerteilt werden, daß eine gleichmäßige Ausbildung von porösen
Beads gewährleistet ist. Eine zu hohe Rührgeschwindigkeit führt aufgrund der damit
verbundenen hohen Scherkräfte zu einer Zerstörung der in Schritt 1 gebildeten Emulsion. Die
damit erhaltene Mischung von Agarose-Lösung, Cyclohexan, Span 85 und Tween 80 wird zu
einer einzigen, unbrauchbaren Emulsion „zerrührt“. In Abbildung 23 ist eine Aufnahme dieser
Emulsion wiedergegeben, welche bei Anwendung einer Rührgeschwindigkeit von 700 U·min-1
erhalten wurde. Man erkennt deutlich, daß es weder zur Ausbildung von Beads noch zu einer
verwendbaren Superporen-Struktur kommt. Abbildung 24 zeigt poröse Beads eines gelungenen
Versuches bei einer Rührgeschwindigkeit von 500 U·min-1. Wie bei den homogenen Beads ist
auch eine Mindestgeschwindigkeit einzuhalten, um eine ausreichend homogene Zerteilung der
ersten Emulsion in Form von Beads zu erreichen. In der Praxis hat sich für das in Abschnitt 2.4.1
angegebene Verfahren ein nur sehr schmaler Bereich der möglichen Rührgeschwindigkeiten von
500 bis 600 U·min-1 ergeben.
In Tabelle 15 sind einige Daten der unter diesen Voraussetzungen hergestellten superporösen
Beads zusammengestellt. Die erhaltenen Mittelwerte des Bead-Durchmessers wiesen keinen
statistisch signifikanten Unterschied auf (Abschnitt 2.10).
38
3 Ergebnisse
Abbildung 23: Stereomikroskopische Aufnahme eines
mißglückten Versuches zur Herstellung
poröser Beads (1100 / 700 U·min-1)
Abbildung 24: Stereomikroskopische Aufnahme von
porösen Agarose-Beads
(1000 / 500 U·min-1)
Tabelle 15: Bead-Durchmesser und Verteilung von superporösen Agarose-Beads
Rührgeschw.
(Schritt 1 / 2)
[U·min-1]
1000 / 600
1000 / 500
1100 / 600
1100 / 500
Bead-Durchmesser (d)
[µm]
md
265,4
250,0
253,7
269,0
s
119,4
141,5
123,0
132,4
n
100
100
100
100
Vertrauens
-bereich
(P = 95%)
± 23,7
± 28,1
± 24,4
± 26,3
t-Test
0,83
0,85
0,68
0,98
3.2.3 Variation der Porosität
Es hat sich gezeigt, daß auch die Größe der Superporen nicht über die jeweils angewendete
Rührgeschwindigkeit gesteuert werden kann, da auch hier die Methode der doppelten
Emulsionsbildung enge Grenzen für die Variation der Rührgeschwindigkeit setzt.
Im ersten Schritt, bei der Herstellung der „Cyclohexan in Agarose“-Emulsion, muß die
Rührgeschwindigkeit mindestens so hoch gewählt werden, daß eine Verteilung von ausreichend
kleinen Cyclohexan-Tröpfchen in der Agarose-Lösung entsteht. Sind die Tropfen zu groß, tritt
im weiteren Verlauf der Herstellung eine zu frühe Tropfenkoaleszenz auf, so daß das
eingeschlossene Cyclohexan bereits vor der endgültigen Formierung der Beads im nächsten
Verfahrensschritt aus der Agarose heraustritt. Als Folge hiervon würden nahezu homogene
Beads entstehen. Wählt man die Rührgeschwindigkeit hingegen zu hoch, erhält man eine feine,
zu stabile Verteilung des Cyclohexans in der Agarose-Lösung, welche bei der Bead-Bildung
bestehen bleibt und nicht zur Ausbildung der Superporen führt. In den durchgeführten Versuchen
haben sich Rührgeschwindigkeiten von 1000 bis 1200 U·min-1 bewährt.
Es läßt sich lediglich der Porenanteil in den Beads durch die zugegebene Menge an Cyclohexan
im ersten Emulsions-Schritt beeinflussen. (siehe hierzu auch 3.2.1)
39
3 Ergebnisse
3.2.4 Löslichkeitsverhalten der porösen Beads
Zur Absicherung, daß das Hydrogel-Netzwerk der superporösen Beads im wäßrigen Medium
beständig ist und die Beads sich nicht auflösen, wurde das Löslichkeitsverhalten der AgaroseBeads gemäß Abschnitt 2.6.4 überprüft. Dabei wurden die in Tabelle 16 zusammengestellten
Ergebnisse erhalten.
Tabelle 16: Löslichkeitsverhalten der porösen Beads
Zeit
[h]
Bead-Durchmesser (d)
[µm]
Vertrauens
-bereich
t-Test
0
md
197,3
s
89,1
n
100
(P = 95%)
± 17,7
0,5
242,2
101,6
100
± 20,2
3,32
24
243,9
113,3
100
± 22,5
0,11
48
243,0
115,3
100
± 22,9
0,06
120
244,9
101,0
100
± 20,0
0,12
288
245,0
97,4
100
± 19,3
0,01
Wie schon bei den homogenen Beads (Abschnitt 3.1.3) zeigte der Bead-Durchmesser auch bei
den superporösen Agarose-Beads im Verlauf des Versuches keine signifikanten Unterschiede.
Eine Auflösung der superporösen Beads in wäßriger Phase ist somit nicht feststellbar.
Der signifikante Anstieg (Abschnitt 2.10) der mittleren Beadgröße innerhalb der ersten 30
Minuten ist, wie bereits bei den homogenen Beads, sehr wahrscheinlich auf einen
Quellungsprozeß der verwendeten und zuvor bereits einige Tage gelagerten Beads
zurückzuführen.
40
3 Ergebnisse
3.3 Quellungsverhalten der Agarose-Beads
Für die Untersuchung des Quellungsverhaltens der Agarose-Beads wurden, mit der in Abschnitt
2.6.5 vorgestellten Quellungsapparatur, Messungen des Volumenquellungsgrades in
Abhängigkeit von der Zeit vorgenommen. Mit Hilfe dieses Parameters kann beurteilt werden, in
welchem Ausmaß die Agarose-Beads in der Lage sind reversibel Wasser aus ihrem GelNetzwerk abzugeben und wieder aufzunehmen. Der Versuch zeigt auch, wie hoch das
Wasserbindungsvermögen der Beads ist und wieviel Wasser selbst bei mehrtägigem Trocknen
im Gel zurückgehalten werden kann.
Die Versuche wurden für homogene und poröse Agarose-Beads an jeweils zwei ausgewählten
Proben durchgeführt. Hierzu wurden Proben der Agarose-Beads bei 30 °C acht Tage getrocknet.
Für die Messungen wurden jeweils 0.5 g getrocknetes Bead-Material eingesetzt. Die
Datenakquisition erfolgte mit einer Meßrate von 1 Hz.
Die Daten der verwendeten Agarose-Beads sowie die erhaltenen Ergebnisse sind in Tabelle 17
zusammengestellt.
Tabelle 17: Volumenquellungsgrade von Agarose-Beads
Probe
homogene Beads (500 U·min-1)
homogene Beads (900 U·min-1)
poröse Beads (1100/600 U·min-1)
poröse Beads (1100/500 U·min-1)
mittlerer
Durchmesser
[µm]
326,1 ± 149,9
159,3 ± 69,1
253,7 ± 123,0
269,0 ± 132,4
GleichgewichtsVolumenquellungsgrad
QV,e
5,92
5,87
7,07
7,18
Das Quellungsverhalten der Agarose-Beads zeigt für alle vier untersuchten Proben qualitativ
einen vergleichbaren Verlauf über den Versuchzeitraum. Bereits nach ca. 10 Minuten ist der
Zustand der Gleichgewichtsquellung erreicht. Es wird deutlich, daß die porösen Agarose-Beads
im Vergleich zu den homogenen Agarose-Beads im Gleichgewicht einen höheren
Volumenquellungsgrad aufweisen.
Um die im Vorhergehenden gemachten Aussagen zu verifizieren, wurde für die gefundenen
Werte ein „t-Test für den Vergleich von Paardifferenzen“ durchgeführt. Die dabei berechneten
Ergebnisse und die erhaltenen Aussagen sind in Tabelle 18 zusammengestellt.
Es wird dabei bestätigt, daß zwischen den Werten des Volumenquellungsgrades für homogene
und poröse Beads ein hochsignifikanter Unterschied besteht (Abschnitt 2.10). Für die paarweise
verglichenen Werte der homogenen bzw. porösen Beads mit den Beads der gleichen Art kann
kein signifikanter Unterschied festgestellt werden. Die gefundenen Unterschiede können hier als
zufällig angesehen werden.
41
3 Ergebnisse
Tabelle 18: t-Test für die Unterschiede des Volumenquellungsgrades
Vergleich
mittlere Paardifferenz
t-Test
gefolgerter
Unterschied
mD
sD
n
homogene Beads untereinander
0,140
0,106
720
1,893
nicht signifikant
poröse Beads untereinander
0,005
0,113
720
1,304
nicht signifikant
1,220
0,235
720
139,8
hochsignifikant
1,074
0,230
720
129,2
hochsignifikant
-1
poröse Beads (1100/600 U·min )
mit homogenen Beads (500 U·min1
)
poröse Beads (1100/500 U·min-1)
mit homogenen Beads (900 U·min1
)
In Abbildung 25 sind zum Vergleich jeweils die Volumenquellungsgrade von homogenen und
porösen Agarose-Beads gegen die Zeit aufgetragen.
8,0
7,0
Volumenquellungsgrad QV(t)
6,0
5,0
4,0
3,0
poröse Beads (1100/500 U/min)
homogene Beads (900 U/min)
2,0
1,0
0
1
2
3
4
5
6
7
8
9
10
11
12
Zeit [min]
Abbildung 25: Volumenquellungsgrade ausgewählter Agarose-Beads, (Vergleich homogene / poröse Beads)
42
3 Ergebnisse
3.4 Herstellung von Schichten aus Agarose-Beads
Um eine realitätsnahe Modellierung und eine praxisgerechte Anwendbarkeit des ModellBiofilms auf Basis des Bead-Modells zu ermöglichen, ist eine Fixierung der Gel-Beads auf
einem Trägermaterial notwendig. Dadurch wird die flächige Ausbreitung eines Biofilms
nachempfunden. Die Dicke der Schichten läßt sich dabei prinzipiell einstellen (s. u.). Darüber
hinaus wird durch die entstehenden Zwickelräume das gewünschte Porensystem modelliert.
Im praktischen Versuch zeigten sich beide in Abschnitt 2.8.1 genannten Techniken als
anwendbar.
Die Fixierung einer einlagig auf einem Glas-Objektträger ausgestrichenen Bead-Schicht durch
kurzes hindurchziehen durch eine Bunsenbrennerflamme erwies sich als eine einfache und
schnell durchführbare Methode. Wie bereits erwähnt ist hierbei jedoch mit einer Schädigung
etwaig eingebetteter Mikroorganismen zu rechnen, so daß diese Vorgehensweise nur
eingeschränkt, z.B. für physikalische Untersuchungen (Rheologie, Diffusionsmessungen etc.),
nutzbar ist. Mit dieser Technik können Schichtdicken im Bereich von ca. 70 bis 450 µm erhalten
werden, was dem Bead-Durchmesser der verwendeten Beads entspricht.
Das Anheften von flächig auf einem Glas-Objektträger ausgestrichenen Agarose-Beads durch
Auftropfen einer verdünnte Agarose-Lösung ist im Gegensatz zu der vorherigen Methode für
ein- und mehrlagige Bead-Schichten einsetzbar. Es können Schichten von ca. 70 µm bis hin zu
mehreren Millimetern angefertigt werden. Außerdem ist kein beeinträchtigender Einfluß auf die
immobilisierten Bakterien zu erwarten, da die maximal auftretende Temperaturbelastung bei der
Fixierung nicht über der Temperatur bei der Bead-Herstellung liegt und darüber hinaus nur sehr
kurzzeitig auftritt.
Im Abbildung 26 ist ein konfokaler Bildschnitt durch eine Bead-Schicht dargestellt, welcher
durch Fixierung mit einer 0.5 %-igen Agarose-Lösung hergestellt wurde. Es läßt sich zwischen
den eigentlichen Beads das zur Fixierung aufgetropfte Agarose-Material erkennen, welches die
einzelnen Beads an ihren Kontaktstellen aneinander heftet (siehe Pfeile).
Abbildung 26: konfokaler Schnitt durch eine fixierte Bead-Schicht, (CLSM, gefärbt mit Kongorot)
(Pfeile: zur Fixierung aufgetropftes Agarose-Material an den Kontaktstellen)
43
3 Ergebnisse
3.5 Herstellung superporöser Agarose-Körper
Das zuvor beschriebene Biofilm-Modell aus Schichten von fixierten Agarose-Beads zeigt in der
Modellierung von flächigen Biofilmen noch einige Schwächen. So müssen die einzelnen Beads
nachträglich zu einer Schicht angeordnet und fixiert werden. Diese Fixierung stellt dabei den
wesentlichen Nachteil dieser Methode dar, da eine Hitzefixierung etwaig eingebettete
Organismen schädigen kann (vergl. hierzu Abschnitt 3.4), bzw. eine Fixierung mit AgaroseLösung im Fall von porösen Agarose-Beads einen Teil der Poren wieder verschließen kann.
Als Alternative zur Herstellung des porösen Agarose-Materials in Bead-Form wurde daher die
Modellierung von zusammenhängenden, superporösen Agarose-Körpern und -Schichten
durchgeführt. Diese superporösen Agarose-Materialien weisen bereits ein weitreichendes
Porensystem auf und können auch in größeren Dimensionen hergestellt werden.
In der vorliegenden Arbeit wurden sie in Form von beliebig dimensionierten Stücken bis in den
Zentimeterbereich oder als Film von ca. 1 mm Dicke und mehr hergestellt. Die Durchführung ist
in Abschnitt 2.4.3 beschrieben.
Im Folgenden sind Aufnahmen der hergestellten Proben zusammengestellt. Hierfür wurden
Schnitte des Materials mit einer Stärke von etwa 0.5 mm mit einem Skalpell angefertigt und
stereomikroskopisch betrachtet.
In Abbildung 27 ist ein Schnitt eines superporösen Agarose-Stücks wiedergegeben. Man erkennt
deutlich die poröse Struktur des Hydrogels. Bei den teilweise sichtbaren, rundlichen Gebilden
handelt es sich um eingeschlossene Blasen. Diese sind jedoch nicht fest in die Gelmatrix
eingebunden, sondern können durch äußeres Einwirken innerhalb des Gels bewegt werden. Dies
ist ein weiterer Hinweis auf die offenporige, flexible Struktur des Agarose-Gels.
Der in Abbildung 28 gezeigte, bei der Präparation „zerrissene“ Schnitt, bestätigt ebenfalls die
zusammenhängende aber dennoch poröse und von Kanälen durchzogene Struktur des
hergestellten Materials.
Abbildung 27: Schnitt eines porösen Agarose-Stücks
(Stereomikroskop, gefärbt mit AO,
Hellfeld)
Abbildung 28: „Zerrissener“ Schnitt eines porösen
Agarose-Stücks
(Stereomikroskop,
gefärbt mit Methylblau, Hellfeld)
44
3 Ergebnisse
Ein Beispiel für einen gegossenen, porösen Agarose-Film ist in Abbildung 29 zu sehen.
Der Film weist ebenfalls die typische Superporen-Struktur innerhalb des Hydrogel-Netzwerkes
auf. Diese erstreckt sich von der Basis des Filmes bis an die Oberfläche. Die Aufnahme- und
Beleuchtungstechnik führt dazu, daß das hervorstehende Agarose-Material an der Schnittfläche
hell erscheint und die Poren im „Schatten“ liegen. Die Poren selbst sind mit Wasser gefüllt und
zeigen nur einen geringen Kontrast. In Abbildung 29 sind einige Porenöffnungen zur
Verdeutlichung mit roten Pfeilen markiert.
Lediglich an der Oberfläche selbst ist eine dichtere, feiner strukturierte Porenmatrix zu erkennen.
Dies läßt sich auf die Vorgänge beim Herstellungsprozeß zurückführen. Während der
Formierung der Kanäle durch das Austreten der eingeschlossenen Cyclohexan-Tröpfchen bildet
sich auf dem Agarose-Film ein Überstand an Cyclohexan. Anders als bei den porösen Beads,
wird die Wanderrichtung der Tropfen hier hauptsächlich durch den Auftrieb des Cyclohexans
bestimmt. Die an der entstehenden Phasengrenzfläche, zwischen Agarose und
Cyclohexanüberstand, herrschenden Bedingungen sind vermutlich für die Veränderung der GelStruktur verantwortlich.
Abbildung 29: Querschnitt eines porösen Agarose-Films (Stereomikroskop, gefärbt mit AO, Hellfeld)
Die Pfeile markieren beispielhaft einige Porenöffnungen
45
3 Ergebnisse
3.6
Einbettung von Bakterien in Beads
Die vorhergehend beschriebenen Agarose-Beads und -Schichten simulieren näherungsweise die
EPS-Matrix eines Biofilms. Sie sind jedoch nur für bestimmte Fragestellungen, z.B. rheologische
Untersuchungen, anwendbar. Für Untersuchungen unter Einbeziehung biologischer Effekte ist es
nötig, auch die Bakterien eines Biofilms zu berücksichtigen. Das bedeutet, daß mit einer
geeigneten Methode Bakterienzellen in die Agarose-Matrix eingebettet werden müssen.
Als Ausgangsmaterial für die Immobilisierung von Bakterien in Agarose-Beads fand eine
Zellsuspension des nichtmukoiden Stammes SG81R1 von P. aeruginosa Anwendung, welche
entsprechend Abschnitt 2.7.1 vorbereitet wurde. Es wurde eine Zelldichte der Stammsuspension
von (4,7 0,5)·109 Zellen/ml ermittelt.
3.6.1 Überprüfung der Vitalität der Bakterien im Verlauf der Bead-Herstellung
Um die Auswirkung der einzelnen Reaktionseinflüsse auf die Vitalität der Bakterien zu
untersuchen, wird eine modellhafte Überprüfung anhand einer Bakteriensuspension
vergleichbarer Zelldichte durchgeführt. Dazu werden Aliquote der Bakteriensuspension (je 1 ml)
gezielt den verschiedenen Einflußfaktoren ausgesetzt und die Schädigung der Bakterien durch
Anfärbung mit SYTO 9 und PI in Kombination (LIVE/DEAD® BacLight™ Bacterial Viability
Kit, Molecular Probes) und Auswertung am CLSM quantifiziert. Für diesen Versuch wird eine
Verdünnung der Bakterien-Stammsuspension von 1:100 in 0.14 M NaCl verwendet. Dies
entspricht einer Zelldichte von 4,7·107 Zellen/ml wie sie auch in etwa bei der Einbettung von
Bakterien in Agarose-Beads erhalten wird.
Die bestimmten Werte sind in Tabelle 19 zusammengestellt. Die angegebenen Zellzahlen sind
die ausgezählten Zellen, welche sich in einem mit dem CLSM aufgenommenen Bildausschnitt
(Gesichtsfeld) befanden.
Tabelle 19: Schädigung der Bakterien in Abhängigkeit von den Bedingungen bei der Bead-Herstellung
Einwirkender
Reaktionsfaktor
Zahl der SYTO
9 gefärbten
Zellen*)
421
12
429
19
441
13
Zahl der PI
gefärbten
Zellen*)
81 4
85 6
93 4
Anteil der PI t-Test
gefärbten Zellen
unbehandelt
19,2
0,3 %
Suspendieren mit 2 ml
19,8
0,9 % 1,05
Suspendieren mit 2 ml
20,9
1,3 % 2,02
Cyclohexan und 0,1 ml Span 85
20 Minuten bei 47 °C
424
11
146 9
34,4
1,8 % 14,52
*) Zellzahlen in einem CLSM-Gesichtsfeld bei 200-facher Vergrößerung; jeweils Mittelwerte aus drei Messungen
Lediglich zwischen der mit Cyclohexan und Span 85 behandelten Probe und der
wärmebehandelten Probe konnte ein signifikanter Unterschied festgestellt werden (Abschnitt
2.10). Es zeigt sich daher, daß fast ausschließlich die Temperaturbelastung eine Schädigung der
Zellmembran hervorruft. Die Einwirkung der zur Herstellung der Beads notwendigen
Chemikalien führt hingegen nicht zu einer signifikanten Veränderung der
Membranpermeabilität.
46
3 Ergebnisse
3.6.2 Agarose-Beads mit immobilisierten Bakterien
Zur Einbettung von P. aeruginosa in das Agarose-Material wurde entsprechend den in Abschnitt
2.7.2 genannten Vorschriften vorgegangen.
Die Herstellung der Agarose-Beads in homogener und poröser Form, sowie von porösen
Agarose-Stücken ließ sich bei Zugabe der Bakteriensuspension in Bezug auf die
Emulsionsbildung ohne sichtbare Veränderungen durchführen. Es zeigten sich ebenfalls keine
Auswirkungen auf die Beadgrößenverteilung oder die Porenausbildung.
Die Beads mit immobilisierten Bakterien wurden wie in Abschnitt 2.7.3 beschrieben, mit SYTO
9 und PI in Kombination (LIVE/DEAD® BacLight™ Bacterial Viability Kit, Molecular Probes),
bzw. mit CTC angefärbt. Mit dem CLSM erfolgte eine Aufnahme von konfokalen Bildschnitten
durch die Beads, um die Verteilung und den physiologischen Zustand der Zellen zu bestimmen.
Einige typische Aufnahmen sind in Abbildung 30 und Abbildung 31 gezeigt. Die
Auszählungsergebnisse der Fluoreszenzfärbungen sind in Tabelle 20 angegeben.
Abbildung 30: P. aeruginosa SG81R1 in einem
homogenen Agarose-Bead, (CLSM,
grün: SYTO 9 / rot: PI)
Abbildung 31: P. aeruginosa SG81R1 in einem porösen
Agarose-Bead,
(CLSM, grün: SYTO 9 / rot: PI)
Tabelle 20: Zustand der Bakterien nach dem Einbettungsprozeß
Agarose- SYTO 9 gefärbte
Beads
Zellen*)
[Zellen/mm²]
PI gefärbte
Zellen*)
[Zellen/mm²]
homogen
3714
447
1247
82
Anteil der PI
gefärbten
Zellen*)
[%]
33,7
2,1
poröse
2633
398
1004
167
38,1
3,3
CTC gefärbte
Zellen*)
[Zellen/mm²]
2578
233
1780
86
Anteil der CTC
gefärbten
Zellen*)
[%]
69,4
4,6
67,6
3,1
*) jeweils Mittelwerte aus drei Messungen
47
3 Ergebnisse
Rein qualitativ konnte festgestellt werden, daß die immobilisierten Bakterien in allen Fällen
gleichmäßig über die Hydrogel-Matrix verteilt waren. Die Bakterien lagen hierbei in der Regel
als vereinzelte Zellen vor. Eine signifikant unterschiedliche Verteilung der Zellen zwischen
homogenen und porösen Beads konnte nicht festgestellt werden.
Der Anteil an Propidiumiodid gefärbten Zellen in den untersuchten Beads liegt mit 33.7 % bei
den homogenen Beads, bzw. 38.1 % bei den porösen Beads in einem ähnlichen Bereich. Es zeigt
sich hierbei eine gute Übereinstimmung mit dem durchgeführten Vorversuch, in dem die
Schädigung der Bakterien durch die einzelnen Reaktionseinflüsse untersucht wurde (Abschnitt
3.6.1). Dort wurde ein Anteil von 34.4 % an Propidiumiodid gefärbten Zellen in einer
Zellsuspension gefunden, nachdem diese für 20 Minuten auf 47 °C erwärmt wurde. Für den
Anteil stoffwechselaktiver Zellen (CTC-positiv) ergibt sich ebenfalls eine gute Übereinstimmung
(69.4 bzw. 67.6 %), die auch mit den Ergebnissen der PI-Färbung gut korreliert. Es bestätigt sich
demnach, daß die Schädigung der Bakterien bei der Einbettung durch die hierbei nötige
Reaktionstemperatur verursacht wird. Eine Modifikation des Herstellungsverfahrens ist daher
wünschenswert (vergl. hierzu 4.2.1).
3.6.3 Kultivierung von Bakterien in Agarose-Beads
Um die Kultivierbarkeit der immobilisierten Bakterien und die Art der dabei entstehenden
Zellanordnung in der Hydrogel-Matrix zu untersuchen, wurden Proben des Bead-Materials mit
eingebetteten Bakterien in ein Nährmedium gegeben und bebrütet.
Für die Kultivierung der immobilisierten Bakterien wurde ein Medium von 200 mg/l Nutrient
Broth ausgewählt. Es wurde eine Färbung mit SYTO 9 und PI in Kombination (LIVE/DEAD®
BacLight™ Bacterial Viability Kit, Molecular Probes) durchgeführt und anschließend konfokale
Bildschnitte der Agarose-Beads am CLSM aufgenommen (Abschnitt 2.7.3). Die erhaltenen
Ergebnisse sind in Tabelle 21 wiedergegeben und in Abbildung 32 graphisch aufgetragen.
Tabelle 21: Kultivierung in Nutrient Broth-Medium (200 mg/l)
Zeit
[h]
0
24
48
72
96
SYTO 9 gefärbter
Flächenanteil*)
[%]
0,37
0,76
1,68
3,69
6,25
0,083
0,076
0,251
0,935
0,890
PI gefärbter
Flächenanteil*)
[%]
0,091
0,075
0,112
0,120
0,135
0,0243
0,0056
0,0314
0,0172
0,0023
*) jeweils Mittelwerte aus drei Messungen
Bei der Auswertung der Bildschnitte wurde jeweils die Fläche des Querschnittes durch ein Bead
ausgemessen und die Fläche der darin enthaltenen angefärbten Zellen mit Hilfe der LSMSoftware bestimmt. Die Angabe der fluoreszierenden Fläche erfolgt als prozentualer Wert in
Bezug auf die Beadfläche um eine Vergleichbarkeit zu gewährleisten. Ein Auszählen der Zellen
war in diesem Versuch nicht möglich, da es hier zur Ausbildung von Zellaggregaten gekommen
ist, welche sich unter den möglichen Aufnahmebedingungen nicht in Einzelzellen differenzieren
ließen.
48
3 Ergebnisse
8,0%
PI
7,0%
SYTO 9
Flächenanteil gefärbter Zellen
6,0%
5,0%
4,0%
3,0%
2,0%
1,0%
0,0%
0
12
24
36
48
60
72
84
96
108
Zeit [h]
Abbildung 32: Zellzahlen nach Kultivierung in Nutrient Broth-Medium (200 mg/l)
In Abbildung 33 ist eine Aufnahme der SYTO 9 und Propidiumiodid gefärbten Zellen in einem
homogenen Bead nach 96 h Bebrütung bei 30 °C in Nutrient Broth-Medium (4 g/l) gezeigt.
Abbildung 34 zeigt ein in gleicher Weise aufgenommenes Bild eines porösen Beads welches
unter den selben Bedingungen bebrütet wurde.
Es wird deutlich, daß im Fall der homogenen Agarose-Beads ein Zellwachstum überwiegend im
äußeren Bereich der Beads stattfindet. Bei den porösen Beads ist hingegen ein relativ
gleichmäßiges Wachstum über die gesamte Schnittfläche zu beobachten.
Bei einer in gleicher Weise durchgeführten Bebrütung in Hefeextrakt (160 mg/l, 30 °C) über 6
Tage konnte nur eine geringe Zunahme der Gesamtzellzahl (SYTO 9) um den Faktor 2.4
festgestellt werden. Die stoffwechselaktiven Zellen (CTC-positiv) haben in dieser Zeit in
vergleichbarem Maße zugenommen (Faktor 2.2). Die Zahl der PI gefärbten Zellen blieb
konstant.
Dies läßt darauf schließen, daß es in diesem Fall aufgrund einer unzureichenden Nährstoffzufuhr
oder fehlender Stoffwechseledukte nur zu einer geringen Vermehrung der Bakterien gekommen
ist. Da die Zellzahlen der SYTO 9 und CTC gefärbten Bakterien während der Bebrütung um
etwa die gleiche Größenordnung zugenommen haben, ist nicht von einer Revitalisierung bereits
von Beginn an eingebetteter aber atmungsinaktiver Zellen auszugehen.
49
3 Ergebnisse
Abbildung 33: homogenes Bead mit P. aeruginosa nach
Kultivierung in NB-Medium
(200 mg/l, 96 h, 30 °C),
(CLSM, grün: SYTO 9 / rot: PI)
Abbildung 34: poröses Bead mit P. aeruginosa nach
Kultivierung in NB-Medium,
(200 mg/l, 96 h, 30 °C)
(CLSM, grün: SYTO 9 / rot: PI)
3.7 Schutzwirkung der Einbettung
Es ist bekannt, daß Mikroorganismen durch ihre Einbettung in der EPS-Matrix im Biofilm einen
Schutz vor toxischen Substanzen erfahren (LeChevallier et al., 1988; Grobe et al., 1994; Morton
et al., 1998). Es soll daher überprüft werden, ob das entwickelte Biofilm-Modell diese
Schutzwirkung, z.B. gegen ein Biozid, ebenfalls aufweist.
Für diesen Versuch wurde Natriumhypochlorit als Biozid ausgewählt, da es ein typisches
Desinfektionsmittel in der Praxis ist und bereits gute Kenntnisse über die Wirkung auf Bakterien
vorliegen (Wingender et al., 1998; Grobe, 1996).
Zur Untersuchung der Membranschädigung von P. aeruginosa SG81R1 durch ein Biozid
wurden wie in Abschnitt 2.9.1 beschrieben, eine Zellsuspension sowie in Agarose-Beads
immobilisierte Bakterien mit Natriumhypochlorit-Lösung behandelt.
Für die Bestimmung des Membranzustandes nach der Einwirkung wurde eine Färbung mit
SYTO 9 und PI in Kombination (LIVE/DEAD® BacLight™ Bacterial Viability Kit, Molecular
Probes) durchgeführt. Die Auswertung wurde für die Zellsuspension mit einem FluoreszenzMikroskop und für die Agarose-Beads mit dem CLSM vorgenommen. In beiden Fällen wurde
der Anteil Propidiumiodid gefärbter Zellen ermittelt. Die daraus erhaltenen Daten sind in Tabelle
22 zusammengetragen. Abbildung 35 zeigt die Zunahme membrangeschädigter Zellen im Falle
der Zellsuspension und der porösen Beads zum Vergleich in graphischer Form.
50
3 Ergebnisse
Tabelle 22: Membranschädigung durch Natriumhypochlorit (0,5 mg/l freies Chlor)
Zeit
[min]
0
0.5
2
4
6
10
20
30
1)
Zellsuspension
11,8
0,9
49,7
2,9
60,3 3,2
64,8 2,6
69,0 2,1
71,0
1,5
81,3
1,4
Anteil PI gefärbter Zellen [%]
homogene Agarose-Beads2) poröse Agarose-Beads2)
12,0
1,2
13,4
1,0
48,1
3,3
40,2
4,1
60,2
4,2
49,3
1,6
63,0
3,2
57,0
2,2
70,2
4,4
59,3
4.7
75,1
5,5
71,9
2,6
78,7
2,3
79,1
4,5
1) jeweils Mittelwerte aus 20 Messungen
2) jeweils Mittelwerte aus fünf Messungen
100
membrangeschädigte Zellen [%]
90
80
70
60
50
40
30
poröse Beads
20
Zellsuspension
10
0
0
5
10
15
Zeit [min]
20
25
30
Abbildung 35: Zunahme des Anteils membrangeschädigter Zellen nach Behandlung mit NatriumhypochloritLösung, (0.5 mg/l freies Chlor)
Aus dem Diagramm wird deutlich, daß für die untersuchten Fälle (Zellsuspension und poröse
Beads) vergleichbare Inaktivierungskinetiken gefunden werden. Ausgehend von den anfänglich
im Bereich von 11.8 bis 13.4 % liegenden Anteilen membrangeschädigter Zellen wird nach 30
Minuten in allen Fällen eine ähnliche Zunahme auf einen Anteil von 79.1 bis 81.3 % PI gefärbter
Bakterien beobachtet.
Lediglich im Bereich von 0.5 bis 20 Minuten ließ sich ein signifikant unterschiedliches
Verhalten bei der Einwirkung von Hypochlorit auf die beiden Proben erkennen (Abschnitt 2.10).
Dabei ließ sich anfänglich eine geringere Wirkung auf die eingebetteten Zellen feststellen,
welche vermutlich auf eine Schutzwirkung der Gelmatrix zurückzuführen ist (vergl. hierzu
Abschnitt 4.3).
51
3 Ergebnisse
Für die Zehrung des freien Chlors über den Reaktionszeitraum haben sich bei der
photometrischen Messung mittels DPD-Methode die in Tabelle 23 zusammengestellten Werte
ergeben. Diese sind in Abbildung 36 graphisch aufgetragen.
Tabelle 23: Zehrung des freien Chlors
Zeit
[min]
0
1
2
5
10
20
30
freies Chlor [% der Anfangskonzentration (0.5 mg/l)]
Zellsuspension
poröse Agarose-Beads
poröse Agarose-Beads
mit Bakterien
ohne Bakterien
100,0
100,0
100,0
52,9
56,1
94,4
37,9
33,8
25,8
90,3
26,5
18,2
83,3
13,2
12,1
80,6
10,3
4,6
77,8
100%
porösen Beads mit Bakterien
Zellsuspension
Agarose-Beads ohne Bakterien
Chlorkonzentration (% der Startkonzentration)
90%
80%
70%
60%
50%
40%
30%
20%
10%
0%
0
5
10
15
20
25
30
Zeit [min]
Abbildung 36: Zeitabhängigkeit der Zehrung des freien Chlors
(100% entsprechen einer Anfangskonzentration von 0.5 mg/l freiem Chlor)
Auch hier zeigt sich zwischen Bakterien in Suspension und immobilisiert in Agarose-Beads eine
gute Übereinstimmung des Chlorzehrungs-Verhaltens. Die als Vergleich vermessenen AgaroseBeads ohne Bakterien verursachen ebenfalls eine Zehrung des freien Chlors, welche aber
erheblich geringer als die durch die Bakterien hervorgerufene Zehrung ist.
52
4 Diskussion
4 Diskussion
4.1 Herstellung und Charakterisierung von Agarose-Beads
4.1.1 Bead-Herstellung
Im Rahmen der vorliegenden Arbeit konnten, wie in Abschnitt 3.1 und 3.2 gezeigt wurde,
homogene sowie superporöse Agarose-Beads reproduzierbar und in ihren Eigenschaften
steuerbar hergestellt werden.
Für die homogenen Agarose-Beads hat sich ergeben, daß der Bead-Durchmesser über die
angewendete Rührgeschwindigkeit, daher über die aufgebrachten Scherkräfte, gezielt beeinflußt
werden konnte. Mit steigender Rührgeschwindigkeit ging eine Abnahme des mittleren BeadDurchmessers einher. Dies entspricht den von Gustavsson (1998) gewonnenen Erkenntnissen,
wobei dort für den Zusammenhang zwischen Bead-Durchmesser und Rührgeschwindigkeit nur
eine entsprechende Tendenz angegeben wurde.
Im Unterschied zu Gustavsson (1998) konnte eine Steuerung des Durchmessers der superporösen
Beads und der Porengröße über die Rührgeschwindigkeit nicht erreicht werden (vergl. hierzu
Abschnitt 3.2.2). Hierzu sind evtl. Modifikationen am Reaktoraufbau, insbesondere am Rührer
nötig, um über das gesamte Reaktionsvolumen definiert gleichmäßigere Scherkräfte aufbringen
zu können.
Darüber hinaus konnten homogene Agarose-Beads mit unterschiedlichen
Konzentrationen (0.5 bis 6 % w/v) erzeugt werden (Abschnitt 3.1.2).
Agarose-
Abbildung 37 zeigt eine Aufnahme der von Gustavsson und Larsson (1996) für
chromatographische Anwendungen hergestellten Beads, welche in ihrem mikroskopischen
Erscheinungsbild deutliche Ähnlichkeiten mit den Beads aus der eigenen Arbeiten (vergl.
Abschnitt 3.2.1) aufweisen. Die quantitativen Merkmale der hergestellten porösen AgaroseBeads stimmten ebenfalls weitestgehend mit den von Gustavsson und Larsson (1996)
dargestellten Beads überein. In Tabelle 24 sind einige Werte gegenübergestellt.
Abbildung 37: Mikroskopische Aufnahme von homogenen und porösen Beads (Gustavsson und Larsson, 1996)
53
4 Diskussion
Tabelle 24: Vergleich von Eigenschaften von porösen Agarose-Beads
Eigenschaft
Bead-Durchmesser [µm]
Porengröße [µm]
Porenanteil [%]
vorliegende Arbeit
150 - 400
27,7 ± 14,3
32,8 ± 3,1
Gustavsson und
Larsson (1996)
200 - 500
~30
~40
Es wird deutlich, daß sowohl der Durchmesser der Beads als auch Durchmesser und Anteil der
Poren in der selben Größenordnung liegen. Hierbei muß jedoch beachtet werden, daß der von
Gustavsson und Larsson (1996) benutzte Reaktoraufbau nicht beschrieben wurde und durchaus
von dem in dieser Arbeit verwenden abweichen kann.
Bei der Bewertung der in Tabelle 24 zusammengestellten Daten muß außerdem berücksichtigt
werden, daß die im Rahmen dieser Arbeit ermittelten Werte für Porengröße und –Anteil unter
Zuhilfenahme eines CLSM bestimmt wurden. Dadurch war eine eingehende Betrachtung und
Vermessung der Porenstruktur auch im Inneren der Beads möglich. Gustavsson und Larsson
(1996) haben lediglich eine Betrachtung und Ausmessung am Lichtmikroskop vorgenommen.
4.1.2 Löslichkeits- und Quellungsverhalten
In Abschnitt 3.1.3 bzw. 3.2.4 wurde gezeigt, daß weder homogene noch poröse Agarose-Beads
erkennbare Auflösungserscheinungen in deionisiertem Wasser zeigen. Dies stimmt mit den Ergebnissen der Quellungsversuche überein, in denen die Volumenquellungsgrade gegen einen Gleichgewichtswert liefen und ebenfalls keine weiteren Auflösungserscheinungen festgestellt wurden.
Für die Messungen des Volumenquellungsgrades (Abschnitt 3.3) der Agarose-Beads hat sich
ergeben, daß die homogenen Beads unabhängig von ihrem mittleren Bead-Durchmesser auf den
gleichen Gleichgewichts-Volumenquellungsgrad aufquellen. Daraus läßt sich folgern, daß
sowohl bei kleinem als auch bei großem Bead-Durchmesser, auch unter Berücksichtigung der
Streubreite des Bead-Durchmessers, der Anteil des Zwickelvolumens identisch ist. Dies
entspricht auch der Erwartung, da bei angenommener „dichtester Kugelpackung“ das
entstehende Zwickelvolumen unabhängig vom Kugeldurchmesser einen konstanten Anteil hat.
Für die porösen Beads wurde ein um etwa 20 % höherer Gleichgewichts-Volumenquellungsgrad
ermittelt. Da, wie bereits zuvor angegeben, der Bead-Durchmesser keinen Einfluß auf das
Quellungsverhalten hat, muß es eine Ursache geben, die in der Anwesenheit der Poren begründet
ist. Eine sinnvolle Erklärung für den erhöhten Volumenquellungsgrad im Vergleich zu den
homogenen Beads ist, daß die Porenstruktur im getrockneten Zustand „zusammenfällt“ und erst
während des Quellungsvorganges wieder ihre ursprünglichen Ausmaße annimmt. Bei gleichem
Ausgangsvolumen an getrockneten Beads entsteht so im Fall der porösen Beads ein höheres
Endvolumen, auch wenn das Quellungsausmaß des eigentlichen Agarose-Gels vergleichbar ist,
da das Volumen der dann mit Wasser gefüllten Poren hinzukommt.
Die für die homogenen Beads ermittelten Gleichgewichts-Volumenquellungsgrade liegen im
Bereich von in der Literatur angegebenen Werten. So berichten Rochas et al. (1996), daß
entquollene (getrocknete) Agarose-Gele auf das 5-fache Volumen aufgequollen werden können
und dabei ihr ursprüngliches Volumen wiedererlangen.
54
4 Diskussion
4.2 Einbettung, Kultivierung und Untersuchung von Bakterien in Agarose-Beads
4.2.1 Immobilisierung von Bakterien in Agarose-Beads
Durch Zugabe von entsprechenden Zellsuspensionen bei der Bead-Herstellung ließen sich
homogene und poröse Agarose-Beads mit eingebetteten Bakterien auf einfache Weise herstellen.
Die Zellen lagen hierbei in der Regel vereinzelt und homogen verteilt vor.
Die Untersuchung des physiologischen Zustandes der Zellen nach der Einbettungsprozedur
wurde anhand des Anteils membrangeschädigter Zellen (quantifiziert über Färbung mit PI) und
des Anteils atmungsinaktiver Zellen (quantifiziert über Färbung mit CTC; CTC-negative Zellen)
bestimmt. Es ergab sich hierbei, daß etwa 35 % der zugegebenen Zellen, bezogen auf die
Gesamtzellzahl (quantifiziert über Färbung mit SYTO 9), geschädigt waren. Die Werte für eine
über Färbung mit SYTO 9 und PI in Kombination nachgewiesene Membranschädigung
korrelierten gut mit dem als stoffwechselinaktiv (CTC-negativ) bestimmten Bakterienanteil
(Abschnitt 3.6.2). Im Vergleich dazu, wurde bei den eingesetzten, unbehandelten Bakteriensuspensionen ein Anteil membrangeschädigter Zellen von ca. 10 % festgestellt.
Es wird vermutet, daß die deutliche Zunahme membrangeschädigter Zellen, bzw. die Abnahme
atmungsaktiver Zellen auf die Reaktionseinflüsse bei der Herstellungsprozedur zurückzuführen
ist. Als Anhaltspunkt hierfür sind die Arbeiten von Heinemeyer und Geuenich (1997) zu nennen,
in der die Temperaturabhängigkeit der Wiederfindung bei der Keimzahlbestimmung mittels
Gußplattenverfahren untersucht wurde. Einige Ergebnisse, die Heinemeyer und Geuenich (1997)
bei der Bestimmung der Koloniezahlen einer E. coli-Suspension unter Verwendung von Gußagar
verschiedener Temperaturen ermittelt haben sind in Abbildung 38 dargestellt. Es wird deutlich,
daß bereits bei Temperaturen im Bereich nahe 50 °C etwa um 20 % niedrigere
Keimnachweisraten erhalten werden. Man könnte also bezüglich der Zellschädigung bei der
Einbettung in Agarose-Beads von einer vergleichbaren Temperaturabhängigkeit ausgehen.
Abbildung 38: Nachweis von E. coli bei verschiedenen Temperaturen des Gußagars und daraus resultierender
Trendberechnung, (Heinemeyer und Geuenich, 1997)
In Übereinstimmung damit konnte mit den durchgeführten Vorversuchen (Abschnitt 3.6.1)
nachvollzogen werden, daß die Zellschädigung bei der Einbettung von P. aeruginosa-Zellen in
Beads durch die nötige Temperatur von 47 °C während der Bead-Herstellung verursacht wird.
Die Temperaturempfindlichkeit ist je nach Bakterienart unterschiedlich, so daß aus dem hier mit
P. aeruginosa durchgeführten Versuch keine allgemeinen Schlußfolgerungen gezogen werden
55
4 Diskussion
können. Es läßt sich jedoch sagen, daß es durch die Verwendung einer anderen Agarose mit
niedrigerer Geltemperatur möglich ist, die Reaktionstemperatur entsprechend zu senken und so
vermutlich die Schädigung der Bakterien zu minimieren. Über die Vor- und Nachteile der
Verwendung verschiedener Agarosesorten mit Geltemperaturen von 15 bis 40 °C zur BeadHerstellung wurde von Cook et al. (1991) berichtet. Die in der vorliegenden Arbeit verwendete
Agarose (Merck 116801) wies eine Geltemperatur von 40 °C auf und ist somit für die Einbettung
temperaturempfindlicher Mikroorganismen eher als weniger geeignet anzusehen.
4.2.2 Vermehrung von immobilisierten Bakterien in Agarose-Beads
Es wurde eine Kultivierung der in Agarose eingebetteten P. aeruginosa-Bakterien für homogene
und poröse Beads durchgeführt (Abschnitt 3.6.3). Zur Unterstützung des Wachstums wurde das
universelle Nährmedium „Nutrient Broth“ eingesetzt.
Bei der Kultivierung in NB-Medium (200 mg/l, 30 °C) war bereits nach 96 Stunden eine 17fache Zunahme der Gesamtzellzahl feststellbar. Aus der Wuchskurve wurde ungefähr eine
Verdoppelung der Zellzahl innerhalb von 24 Stunden erkennbar.
Die Auswertung der Anordnung der Mikrokolonien nach der Bebrütung ergab dabei deutlich
einen charakteristischen Unterschied zwischen den homogenen und porösen Beads. Bei den
homogenen Agarose-Beads war eine Zellvermehrung nur in den peripheren Bereichen nahe der
Bead-Oberfläche erkennbar. Die Bakterien im Bead-Inneren zeigten auch nach mehrtägiger
Bebrütung (96 h) keine merklichen Veränderungen in Bezug auf Zellwachstum oder
Zellvermehrung. Im Fall der porösen Beads war im Gegensatz dazu eine Formierung von
Mikrokolonien gleichmäßig über den gesamten Bead-Querschnitt feststellbar (vergl. hierzu
Abbildung 33 und Abbildung 34). Dies ist ein Hinweis auf eine lokale Zellteilung und
Vermehrung bis hin zur Ausbildung von Mikrokolonien.
Als Ursache hierfür ist zu vermuten, daß die Nährstoffzufuhr ins Zentrum der Beads in den
homogenen Beads durch die Diffusionslimitierung des Polymers eingeschränkt wird. Hinzu
kommt, daß die peripher angeordneten Bakterien im Diffusionsweg liegen und durch ihren
Nährstoffverbrauch um die hineindiffundierenden Nährstoffe konkurrieren. Im Fall der porösen
Beads ist dieses Verhalten nicht zu beobachten, da durch die Kanäle ein ausreichender
Nährstofftransport aufgrund des möglichen konvektiven Transportes gewährleistet zu seien
scheint. (Bezüglich des konvektiven Transportes siehe auch Abschnitt 4.3)
Untersuchungen und Berechnungen zur Diffusionslimitierung von Nährstoffen in homogenen
Beads und den daraus resultierenden Folgen auf das Wachstumsverhalten der eingebetteten
Bakterien wurden von Wijffels et al. (1995) durchgeführt. Die Ergebnisse von Wijffels et al.
(1995) bestätigen, daß es in homogenen Beads mit immobilisierten Bakterien zur Ausbildung
eines Substratgradienten kommt, welcher eine stark heterogene Verteilung der entstehenden
Mikrokolonien zur Folge hat. In Abbildung 39 sind einige der Ergebnisse von Wijffels et al.
(1995) dargestellt. Dort wurde das Wachstumsverhalten von Nitrosomonas europaea in
homogenen N-Carrageenan-Beads untersucht. Es zeigte sich ebenfalls, daß ein Wachstum der
Zellen bereits von Beginn an nur in der äußeren Schicht der Beads zu beobachten war. Mit
fortschreitender Kultivierung kam es zur Ausbildung einer stark besiedelten, relativ scharf
abgegrenzten oberflächennahen Schicht und im Inneren der Beads wurde keine Zunahme oder
gar ein Rückgang der Biomasse festgestellt.
56
4 Diskussion
Abbildung 39: Beobachtete (Punkte) und berechnete (Linien) Biomassenkonzentrations-Profile in verschiedenen
Stadien des Wachstums von immobilisierten Nitrosomonas europaea in Beads. Die Berechnungen
wurden nach dem “colony expansion model” unter Berücksichtigung von Zellaustrag erstellt.
(Wijffels et al., 1995)
Eine weitere Arbeit zur Ausbildung von Stoffgradienten in Biofilmen wurde von Wimpenny und
Kinniment (1995) durchgeführt. Sie beschreiben, in welcher Weise das Entstehen solcher
Gradienten von den Transportprozessen wie Diffusion oder konvektivem Transport in Poren
beeinflußt wird. Unter anderem wurden von Wimpenny und Kinniment (1995) die in Abbildung
40 dargestellten Werte für die Verteilung von Zellen in P. aeruginosa Biofilmen ermittelt. Auch
hier zeigt sich, daß die höchste Zelldichte nur wenig unter der Biofilmoberfläche zu finden ist
und bereits wenig darunter drastisch abfällt. Wimpenny und Kinniment (1995) führen dieses
Verhalten ebenfalls auf einen durch Diffusions-Reaktions-Wechselwirkungen (Summe der
Effekte von Diffusionslimitierung, Nährstoffverbrauch und Reaktion mit der Matrix)
entstandenen Substratgradienten zurück.
Abbildung 40: Zellverteilung über den Querschnitt eines “steady state” P. aeruginosa Biofilms,
(Wimpenny und Kinniment, 1995)
57
4 Diskussion
4.3 Schutzwirkung der Einbettung
Bei der Behandlung von P. aeruginosa SG81R1 mit Natriumhypochlorit (0.5 mg/l freies Chlor)
konnten für die Zellsuspension sowie für in homogenen und porösen Agarose-Beads
immobilisierten Zellen vergleichbare Inaktivierungskinetiken beobachtet werden. Innerhalb der
Einwirkzeit (30 Minuten) wurde dabei eine Abnahme der membranintakten Zellen um etwa eine
Zehnerpotenz festgestellt.
Aus den in Abbildung 35 dargestellten Kurvenverläufen läßt sich entnehmen, daß die in
Suspension vorliegenden Bakterien bereits nach kürzerer Einwirkdauer eine
Membranschädigung aufweisen als in Agarose-Beads immobilisierte Zellen.
Die in Agarose-Beads eingebetteten Bakterien erfahren wie die Bakterien in natürlichen
Biofilmen einen Schutz durch die umgebende Gelmatrix (Wingender et al., 1998; Morton et al.,
1998 Grobe et al., 1994) und werden, wie aufgrund der vermuteten Diffusionslimitierung im
Agarose-Gel zu erwarten, in den anfänglichen 20 Minuten erkennbar langsamer inaktiviert.
Es erscheint jedoch auf den ersten Blick widersprüchlich, daß hierbei die Bakterien in den
homogenen Beads im Vergleich zu den porösen Beads schneller geschädigt werden, obwohl hier
ein stärkerer Effekt der Diffusionshemmung zu erwarten wäre. Eine Erklärung für diesen
Widerspruch findet man, wenn man die bereits in Abschnitt 3.6.3 gewonnenen Erkenntnisse zu
Hilfe nimmt. Dort wurde gezeigt, daß sich in den homogenen Agarose-Beads die
Bakterienkolonien nach der Kultivierung fast ausschließlich an der Peripherie der Beads
befinden (vergl. Abbildung 33). Es ist zu vermuten, daß Bakterien in diesen äußeren Bereichen
bei der Behandlung mit Natriumhypochlorit schneller eine Schädigung erfahren, als es trotz des
möglichen konvektiven Transportes in den porösen Beads möglich ist.
Untersuchungen zu den Möglichkeiten von diffusivem und konvektivem Transport in
superporösen Agarose-Beads wurden bereits von Gustavsson et al. (1998) durchgeführt. Es
wurde beispielsweise der konvektive Transport von gefärbten Hefezellen durch die Superporen
in Agarose-Beads verfolgt. Eine der dabei entstandenen Aufnahmen, aus der sich eine
Wanderungsgeschwindigkeit von etwa 6 µm·s-1 entnehmen läßt, ist in Abbildung 41
wiedergegeben. Hiermit ließ sich die vorhandene Möglichkeit des konvektiven Stofftransportes
eindeutig nachweisen.
Abbildung 41: Position einer gefärbten Hefezelle während der Durchwanderung eines porösen Agarose-Beads
in Zeitabständen von einer Sekunde (Bead-Durchmesser 150 µm, Porendurchmesser 30 µm,
Hefezellen-Duchmesser 4 µm, Hefezelle gefärbt mit Anilin-Blau), (Gustavsson et al., 1998)
58
4 Diskussion
Zur Diffusion von Chlor in Modell-Biofilmen und der Reaktion mit den Komponenten wurden
Untersuchungen von Chen und Stewart (1996) durchgeführt. Es wurde untersucht, inwieweit
hineindiffundierendes Chlor durch Reaktion mit der Zellmasse (P. aeruginosa ERC1) oder der
EPS-Modellsubstanz (Agarose) reagiert und ob es dadurch zu einer Ausbildung eines Gradienten
der Chlorkonzentration kommt. Chen und Stewart (1996) haben gefunden, daß das Chlor
sowohl mit der Zellmasse als auch mit der Agarose reagiert und es so zu einer Zehrung kommt.
Die Reaktion mit der Agarose ist jedoch um zwei Größenordnungen geringer. Da die Zehrung
des Chlors durch Reaktion mit der Zellmasse ein relativ schneller Prozeß ist, kommt es so zu
einer Diffusionslimitierung. In Abbildung 42 ist ein von Chen und Stewart erstelltes Diagramm
wiedergegeben, aus dem die zeitabhängige Chlorzehrung einer Zellsuspension von P.
aeruginosa ERC1 in Abhängigkeit von der Anfangskonzentration an Biomasse zu entnehmen ist.
Abbildung 42: Kinetische Daten für die Reaktion von Chlor mit der Biomasse in P. aeruginosa ERC1-Suspensionen
Es sind verschiedenen Anfangskonzentrationen an Biomasse angegeben (Chen und Stewart, 1996)
Für die in Abschnitt 3.7 in Abbildung 36 angegebenen Werte für die Chlorzehrung durch
Bakterien in Suspension, Agarose-Beads mit eingebetteten Bakterien und Agarose-Beads ohne
Zellen läßt sich eine gute Übereinstimmung mit den von Chen und Stewart (1996) gemachten
Angaben erkennen. Daß der Effekt der Diffusionslimitierung des Chlors in den Untersuchungen
der vorliegenden Arbeit nicht beobachtet werden konnte, liegt wie bereits erwähnt vermutlich
daran, daß genau diese Limitierung bei den porösen Beads durch den möglichen konvektiven
Transport vermieden wird. Bei den homogenen Beads konnte die Beobachtung der
Diffusionslimitierung nicht gemacht werden, da die Bakterienkolonien fast ausschließlich nahe
der Oberfläche der Beads lokalisiert waren.
Darüber hinaus ist auffallend, daß selbst nach einer Einwirkzeit von 30 Minuten bei allen im
Rahmen der vorliegenden Arbeit durchgeführten Versuchen zur Desinfektionswirkung von
Natriumhypochlorit (0.5 mg/l freies Chlor) auf P. aeruginosa SG81R1 sowohl in Suspension wie
auch immobilisiert in Beads ein Anteil überlebender Bakterien von einheitlich etwa 20 % zu
beobachten war. Hierfür können unter anderem Resistenzmechanismen von P. aeruginosa
verantwortlich sein (Morton et al., 1998; Grobe, 1996; Vess et al., 1993; Seyfried und Fraser,
1980). Es ist jedoch auch möglich, daß eine weitere Desinfektion der restlichen Zellen nicht
möglich war, da die Restkonzentration an freiem Chlor aufgrund der fast vollständigen
Chlorzehrung über den Versuchszeitraum zu diesem Zeitpunkt bereits zu niedrig lag.
59
4 Diskussion
4.4 Bewertung der entwickelten Biofilm-Modelle
Es ist im Rahmen der vorliegenden Arbeit gelungen, homogene und poröse Agarose-Beads
sowie poröse Agarose-Stücke und -Filme herzustellen, P. aeruginosa-Zellen in der Gelmatrix zu
immobilisieren sowie diese Bakterien darin zu kultivieren.
Bei einer Bewertung der damit erstellten Biofilm-Modelle muß jedoch immer beachtet werden,
daß die Struktur, die Zusammensetzung und die damit verbundenen physiko-chemischen
Eigenschaften eines Biofilms sehr unterschiedlich sein können und z. B. vom Biofilmalter, den
Umweltfaktoren (z.B. Scherkräfte) und der Nährstoffsituation abhängen. Es kann folglich nicht
ein einziges Biofilm-Modell geben, mit dem alle natürlichen Biofilme beschrieben werden
können. (Eine Übersicht der verschiedenen Biofilm-Strukturmodelle ist von Wingender und
Flemming (1999) zusammengestellt worden.) Es ist daher stets zu berücksichtigen, welches
System modelliert werden soll, bzw. in wie weit das entwickelte Biofilm-Modellkonzept an die
grundlegend unterschiedlichen Strukturen angepaßt werden kann.
4.4.1 Agarose-Beads
In der vorangegangenen Diskussion wurde bereits gezeigt, daß es mit den hergestellten
homogenen Agarose-Beads möglich ist, die Verhältnisse in einem dichten konfluenten Biofilm
zu simulieren, der dem Modell von Marshall und Blainey (1991) entspricht, und die für dieses
Modell typische Ausbildung von Substratgradienten und die heterogene, „schichtenartige“
Biomasseverteilung gut wiedergibt (vergl. Abschnitt 4.2.2).
Unter Verwendung der porösen Agarose-Beads mit eingebetteten Bakterien läßt sich das von
Costerton (1994) aufgestellte „Mushroom“-Modell, welches sich u.a. durch die mit Wasser
gefüllten Kanalstrukturen auszeichnet, näherungsweise simulieren. Durch den in diesen Kanälen,
bzw. in den Superporen der Agarose-Beads, möglichen konvektiven Transport wird eine
Limitierung von Substraten etc. vermieden oder zumindest gemindert. Die in die porösen
Agarose-Beads eingebrachten Kanäle im Größenbereich von ca. 10 bis 80 µm (im Mittel 28 µm)
sind vergleichbar mit Kanalstrukturen wie sie auch in natürlichen oder in angezüchteten
Biofilmen beobachtet wurden (Costerton, 1994).
4.4.2 Bead-Schichten und Agarose-Körper
Die einzelnen Agarose-Beads geben als Modellsystem die Verhältnisse eines natürlichen
Biofilms prinzipiell näherungsweise wieder, wobei aber die typischen Eigenschaften von
flächigen Biofilmen nicht realistisch simuliert werden können. Hierbei werden einige
Phänomene von Biofilmen, wie z.B. Schichtstrukturen oder Substratgradienten, nur schematisch
durch die Verhältnisse in den Kugelschalen repräsentiert.
Um auch den makroskopischen Vorgaben eines natürlichen Biofilms, z.B. der flächigen
Besiedelung einer Oberfläche, gerecht zu werden, wurde die Möglichkeit der Fixierung der
Beads auf einem Trägermaterial verwirklicht (Abschnitt 3.4). Durch diese Vorgehensweise kann
eine Oberflächenbesiedelung durch einen Biofilm simuliert werden. Die bei der Fixierung als
Bead-Schicht entstehenden Zwickelräume geben hierbei die Kanalstruktur annähernd wieder.
60
4 Diskussion
Es wurde jedoch bereits in Abschnitt 3.4 darauf eingegangen, daß die Fixierungstechniken einige
Nachteile haben. So können bei der Hitzefixierung der Beads eingebettete Zellen geschädigt
werden. Mit Hilfe der Fixierung der Beads durch das Auftropfen von verdünnter, warmer
Agarose-Lösung kann diese Schädigung zwar vermieden werden, jedoch wird bei dieser
Methode ein Teil der erzeugten Poren und der Zwickelräume durch die Agarose-Lösung
verschlossen. Darüber hinaus ist es mit dem Modell der Bead-Schichten nur möglich, BiofilmDicken zu modellieren, die mindestens dem Bead-Durchmesser entsprechen. Bei einem
Monolayer läge die Untergrenze daher bei ca. 70 µm.
Als Alternative hierzu wurde die Herstellung von porösem Agarose-Material, erstmals auch mit
eingebetteten Zellen, als Film oder in Stücken entwickelt. Dieses Agarose-Material ist mit einem
ausgedehnten Porensystem durchzogen, welches dem der superporösen Beads gleicht. Es kann
aber im Gegensatz zu den Beads direkt in Form von Schichten und Filmen erhalten werden, die
zwischen etwa 0.5 mm und 2 cm dick sind und in ihrer flächigen Ausbreitung nur von den
apparativen Möglichkeiten begrenzt sind. Die Nachteile, die bei der Fixierung von BeadSchichten auftreten, werden hierbei prinzipiell vermieden. Um Biofilme zu modellieren, deren
Dicke unter den direkt erzeugbaren 0.5 mm liegen, ist es möglich die hergestellten superporösen
Agarose-Stücke nachträglich in dünne Schichten zu zerschneiden. Hierbei wäre z.B. die
Anwendung eines Mikrotoms denkbar, mit dem Schnittdicken bis hinab in den µm-Bereich
möglich sind.
4.4.3 Einbettung von Mikroorganismen
Bakterienzellen konnten auf einfache Weise in die Agarose-Matrix eingebettet werden. Die
Zelldichte im Agarose-Material läßt sich dabei nach Wunsch variieren und so verschieden dicht
populierte Biofilme simulieren. Durch die Möglichkeit der Kultivierung der Bakterien in den
Beads läßt sich die Ausbildung von Mikrokolonien steuern und verschiedene Wachstumsphasen
nachstellen. Über die Auswahl verschiedener Nährmedien läßt sich hierbei auch der Einfluß des
Substratangebotes auf die Entwicklung der Mikroorganismen im Modell-Biofilm studieren.
Es ist aus einigen Untersuchungen bekannt, daß Bakterien in natürlichen Biofilmen z.B. in ihren
physiologischen Eigenschaften grundlegend von der planktonischen Form des gleichen Stammes
abweichen können (Goodman und Marshall, 1995; Davies et al., 1993; Wingender und
Flemming, 1999). Es ist beispielsweise von Davies et al. (1993) gezeigt worden, daß die
Produktion von Exopolysacchariden, z. B. Alginat bei P. aeruginosa, in Abhängigkeit von der
Anheftung in Biofilmen reguliert wird. Es bleibt daher fraglich, inwieweit diese
mikrobiologischen und physiologischen Besonderheiten von in Biofilmen sessil lebenden
Mikroorganismen auch für die im Modell-Biofilm eingebetteten Bakterien zutreffend sind.
4.4.4 Gesamtbeurteilung
Es stellt sich abschließend die Frage, in welchem Ausmaß das entwickelte BiofilmModellkonzept von in Agarose eingebetteten Mikroorganismen ein brauchbares Biofilm-Modell
repräsentiert. Anhand der in dieser Arbeit zusammengetragenen Ergebnisse läßt sich folgern, daß
zumindest einige physiko-chemische Eigenschaften von natürlichen Biofilmen gut modelliert
werden können. Hierbei sind insbesondere die Struktur (von homogen bis porös) und die daraus
hervorgehenden Möglichkeiten von Diffusion und Konvektion sowie das damit einhergehende
etwaige Auftreten von Diffusionshemmungen oder Substratlimitierungen zu nennen.
61
4 Diskussion
Darüber hinaus konnte anhand der durchgeführten Löslichkeitsversuche die Stabilität des
physikalischen Gel-Netzwerkes und mit den Quellungsversuchen das hohe Wasserbindungsvermögen der Beads nachgewiesen werden, wie es auch aus Untersuchungen an realen
Biofilmen bekannt ist (Ophir und Gutnick, 1994). Die Einwirkung von Natriumhypochlorit hat
darüber hinaus gezeigt, daß auch die Schutzwirkung der EPS auf Bakterien in natürlichen
Biofilmen gegenüber der Einwirkung von toxischen Substanzen durch das Modell
näherungsweise simuliert wird.
4.5 Ausblick
Wie bereits in der vorausgegangenen Diskussion an einigen Stellen erwähnt wurde, läßt sich an
vielen Stellen des im Rahmen dieser Arbeit neu vorgestellten Biofilm-Modells mit weiteren
Forschungsarbeiten ansetzen.
Einige für die Fortführung der Entwicklung dieses Biofilm-Modells in Hinblick auf eine
Optimierung und bessere Charakterisierung als sinnvoll erachtete Versuche sind im folgenden
zusammengestellt:
• Die Verwendung einer anderen Agarose mit niedrigerer Geltemperatur für die Einbettung der
Bakterien wäre zur Minimierung der Zellschädigung zu überprüfen.
• Es wäre zu überprüfen, ob sich durch eine Veränderung der Herstellungsprozedur der porösen
Beads eine steuerbare Variation der Porengröße erreichen ließe. Hierbei ist insbesondere der
Einfluß der Rührapparatur und der Emulgatoren zu untersuchen.
• Die Ergebnisse der Untersuchungen zum physiologischen Zustandes der Bakterien mittels
LIVE/DEAD® BacLight™ Bacterial Viability Kit (Molecular Probes) könnten mit
unabhängigen Methoden überprüft werden.
• Es könnte die Immobilisierung anderer Organismen, die Einbettung anderer Substanzen (z.B.
Korrosionsprodukte) oder die Zugabe weiterer EPS-typischer Komponenten (z.B. Proteine)
durchgeführt und deren Einflüsse auf die Bakterien und auf die physiko-chemischen
Eigenschaften des Gel-Netzwerkes untersucht werden.
• Eine geeignete Möglichkeit zur exakten Steuerung der Schichtdicken bei der Herstellung von
Bead-Schichten und porösen Agarose-Filmen wäre zu entwickeln.
• Weitergehende Untersuchungen zur Rheologie der Agarose-Materialien wären denkbar.
• Darüber hinaus ist die Durchführung praxisnaher Versuche (z.B. Desinfektion) im Vergleich zu
realen Biofilmen zur Validierung des Biofilm-Modells möglich.
Abschießend kann gesagt werden, daß mit dem aufgezeigten Konzept eine gute Grundlage für
die Modellierung von Biofilmen geschaffen wurde. Es steht ein Methode zur Verfügung, mit der
reproduzierbar und auf einfache Weise Modell-Biofilme mit steuerbaren Eigenschaften
hergestellt werden können. Es besteht somit die Möglichkeit, mit relativ geringen Zeit- und
Arbeitsaufwand eine definierte Probensubstanz für eine Vielzahl von Untersuchungsmethoden
bereitzustellen, was für bestimmte Fragestellungen eine gute Alternative zur Anzüchtung von
Biofilmen in speziellen Reaktoren darstellt.
Darüber hinaus stellt insbesondere die Einbettung von Bakterien in poröse Agarose-Beads eine
neue Entwicklung dar, die neben der Verwendung als Biofilm-Modell auch für
biotechnologische Anwendungen von Bedeutung seien kann.
62
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