Prävention der Adipositas - CME

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Modul 03: Prävention der Adipositas
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CME-Modul
Prävention der Adipositas
Vorbemerkungen …………………………………………………………….…….…………. 02
Maßnahmen der Adipositas-Prävention (I)…………………..………..……..……………. 03
Maßnahmen der Adipositas-Prävention (II)……………………..………………….….……08
Funktionen und Wirkungen der Nahrungsbestandteile (I) ……………………….…….... 13
Funktionen und Wirkungen der Nahrungsbestandteile (II) ……………………….…….... 18
Literatur….…………………………………………………….…………….….…………....... 22
Impressum……….…………………………………………….…………………….………… 23
Abstract
Übergewicht und Adipositas sind bereits epidemisch verbreitet. Die Erfolge der Therapie
einer bestehenden Adipositas sind begrenzt. Aufgrund des hohen Gesundheitsrisikos sowie
der erheblichen Folgekosten der Adipositas kommt Präventionsmaßnahmen eine große
Bedeutung zu.
Inhalte dieses Lernmoduls sind:

Maßnahmen der Adipositasprävention – Steigerung der körperlichen Aktivität,
Verhaltensprävention, Verhältnisprävention, ausgewogene Mischkost

Funktionen und Wirkungen der Nahrungsbestandteile – Kohlenhydrate, Fette,
Eiweiße, Vitamine, Mineralstoffe und Spurenelemente, Ballaststoffe
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Modul 03: Prävention der Adipositas
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Vorbemerkungen
Wer übergewichtig oder adipös ist, läuft Gefahr, sein Leben zu verkürzen [1]. Das
Mortalitätsrisiko Adipöser nimmt allerdings im höheren Alter ab. Senioren sollten nicht mehr
mit Gewichtsreduktionsprogrammen – gleich welcher Art – traktiert werden. Im Gegenteil:
Bei Erkrankungen im Alter ist es besser, ein wenig „zuzulegen“ zu haben.
Umso wichtiger ist es, Präventivmaßnahmen so früh wie möglich, d. h. im Kindes- und
Jugendalter, zu beginnen. Dafür gibt es eine Reihe von Gründen [2]:

Übergewicht und Adipositas sind epidemisch.

Die Erfolge der Therapie einer bereits bestehenden Adipositas sind begrenzt.

Früh manifeste Adipositas stellt ein nachhaltiges Gesundheitsrisiko dar.

Die Folgekosten der Adipositas sind erheblich.
Ergänzend zum letztgenannten Punkt können wir sagen: Je länger und ausgeprägter die
Adipositas besteht, umso schwieriger und teurer ist später die Therapie.
2
Modul 03: Prävention der Adipositas
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Maßnahmen der Adipositas-Prävention (I)
Die Adipositas-Prävention stützt sich auf unterschiedliche Maßnahmen. Dies sind vor allem:

Steigerung der körperlichen Aktivität,

Verhaltensprävention,

Verhältnisprävention sowie

Ausgewogene Mischkost entsprechend den Verzehrsempfehlungen der Deutschen
Gesellschaft für Ernährung (DGE) bzw. des Österreichischen Akademischen
Instituts für Ernährungsmedizin (ÖAIE)
Es handelt sich hierbei nicht um rivalisierende, sondern vielmehr um sich gegenseitig
ergänzende Maßnahmen im Sinne einer „konzertierten Aktion“.
Steigerung der körperlichen Aktivität
Vogel fliegt, Fisch schwimmt, Mensch läuft. Das galt für 70.000 bis 80.000 Generationen
und zuletzt vielleicht noch für unsere Urgroßeltern. Wir aber sitzen heute – beim Fliegen,
Schwimmen, Laufen und Fahren. Das macht viele von uns dick und krank. Das
Losungswort für die Problemlösung heißt deshalb: Im Schweiße deines Angesichts sollst du
dein Fett verbrennen!
Der Normalgewichtige besteht zu 35 % (Frauen) bis 40 % (Männer) aus Skelettmuskulatur.
Muskelarbeit löst eine „innere Resonanz“ aus. Der Muskel agiert, die inneren Organe
reagieren darauf.
Besonders deutlich wird diese Aussage beim metabolischen Syndrom: Mit einer
Steigerung der körperlichen Aktivität als wichtigste Maßnahme können wir schon nach
einigen Tagen einen Teil der Insulinresistenz „wegtrainieren“ (Tabelle 1).
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Modul 03: Prävention der Adipositas
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Tabelle 1: Effekte eines regelmäßigen Ausdauertrainings
Zuckerstoffwechsel
Senkung der Insulinresistenz und Hyperinsulinämie,
Verbesserung der Glucosetoleranz
Fettstoffwechsel
Senkung der Triglycerid- und LDL-Cholesterinspiegel,
Steigerung des HDL-Cholesterins
Energiebilanz
Steigerung von Grundumsatz und Thermogenese
Herz-Kreislauf
Abnahme von Blutdruck und Herzfrequenz, Verbesserung der
Herzökonomie
Blutgerinnung
Zunahme der Fibrinolyse, Abnahme des Serum-Fibrinogens
Bewegungsapparat
Verbesserung von Ausdauer, Kraft, Flexibilität und
Koordination
Psyche / Lebensstil
Steigerung von Lebensfreude, Selbstwertgefühl und
Wohlbefinden, Abnahme depressiver Stimmungen,
verbessertes Gesundheitsbewusstsein
Welche Sportart?
Soll man nun Kraft- oder Ausdauersport betreiben? Die beste Antwort lautet: Kraft- und
Ausdauersport, beides jedoch moderat dosiert. „Höchstleistungen“ im anaeroben Bereich
sind kontraproduktiv. Der Organismus würde dabei auf die leicht zugängliche Energie in
Form von Kohlenhydraten zurückgreifen. Die Fettdepots würden somit nicht verringert.
Zur Orientierung, ob man sich noch im aeroben Bereich befindet, gilt folgende Faustregel:
Bei allen sportlichen Betätigungen (Wandern, Walking, Radfahren, Schwimmen etc.) muss
sich der Betreffende noch mit einem Partner unterhalten können.
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Modul 03: Prävention der Adipositas
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Kraftsport
Der Kraftsport dient der Zunahme der Muskelmasse – zu Lasten der Fettdepots. Jedes
Kilo Muskelmasse zusätzlich dient der Fettverbrennung – sowohl in Ruhe als auch im
Schlaf! Ideal wäre es, 3 x pro Woche ein ca. 30 Minuten dauerndes Krafttraining zu
absolvieren. Schon nach 10 Wochen zeigen sich folgende Effekte:

Zunahme der Muskelmasse/Abnahme der Fettdepots,

günstige Einflüsse auf die Blutlipide (das HDL wird gesteigert, das LDL gesenkt),

Verbesserung des Glucose-Metabolismus (Senkung des Plasma-Insulinspiegels,
Erhöhung der Anzahl der Insulinrezeptoren und der Insulinwirkung in der
Muskulatur).
Ausdauersport
Es gilt als unwahrscheinlich, dass unsere frühen Vorfahren übergewichtig waren oder das
Metabolische Syndrom hatten. Als Jäger und Sammler lebten sie von Fleisch, Fett
(Knochenmark) und komplexen Kohlenhydraten. Um satt zu werden, bedurfte es eines
hohen körperlichen Aufwandes. Noch heute ist es bei Naturvölkern zu beobachten: Bei der
Nahrungssuche bzw. Jagd sowie bei Kampf oder Flucht werden 15 km und mehr pro Tag
zurückgelegt. Sie leben – wie unsere Vorfahren über drei Millionen Jahre – nach dem Motto:
„Bewegung garantiert, Essen vielleicht“.
Schon ein kleiner Teil dieser Bewegungsaktivität im Sinne des Ausdauersports würde heute
ausreichen, das Metabolische Syndrom und dessen Folgekrankheiten entscheidend
günstig zu beeinflussen. Doch leider heißt das Motto unserer Wohlstandsgesellschaft der
letzten 50 Jahre: „Essen garantiert, Bewegung vielleicht“.
„Fatburner“
Das optimale Fatburner-Programm für normal Trainierende ist strammes Gehen. Hierbei ist
der Anteil der Fettverbrennung 60 bis 70 % des Gesamtenergieverbrauches.
Tabelle 2 zeigt den Kalorienverbrauch durch verschiedene Arten sich zu bewegen.
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Modul 03: Prävention der Adipositas
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Tabelle 2: Kalorienverbrauch durch Bewegung (bei einem Körpergewicht von 80 kg
und einer Dauer von 15 Minuten)
Tätigkeit
Kalorienverbrauch
Bügeln
40 kcal
Spazieren gehen
70 kcal
Putzen
80 kcal
Gymnastik
110 kcal
Joggen langsam (8 km/Stunde)
160 kcal
Joggen schnell (12 km/Stunde)
250 kcal
Rad fahren langsam
120 kcal
(15 km/Stunde)
Rad fahren schnell
200 kcal
(25 km/Stunde)
Schwimmen langsam
155 kcal
Schwimmen schnell
200 kcal
Walking
130 kcal
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Modul 03: Prävention der Adipositas
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Es sollte nicht unerwähnt bleiben: Unser Körper verbraucht nicht nur Kalorien durch
Fettverbrennung während der körperlichen Aktivität; mit einer Stunde Ausdauersport wird
der Grundumsatz in der Folgezeit über viele Stunden erhöht!
Und noch ein Hinweis: Ohne körperliche Aktivität besteht während einer kalorienreduzierten
Diät die Gefahr, dass neben dem Fett auch vermehrt Muskelmasse verloren geht!
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Modul 03: Prävention der Adipositas
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Maßnahmen der Adipositas-Prävention (II)
Verhaltensprävention
Häufig bestimmen Gewohnheiten das Essverhalten, die schon in der Kindheit gelernt
wurden – z. B.:

Essen als Belohnung für bestimmte „Leistungen“,

Essen gegen den Frust,

Essen aus Langeweile,

Essen als Ersatz für Zuwendung usw.
Diese Gewohnheiten müssen enttarnt und analysiert werden, bevor sie in andere,
gesündere Verhaltensweisen umgewandelt werden können.
Präventive Maßnahmen im Sinne der Erziehung und Aufklärung müssten möglichst früh im
Leben, und zwar in der Familie, in Kindergärten und Schulen, durchgeführt werden. Hier
liegt auch die Schwierigkeit: Die Prävalenz von Übergewicht bei Kindern und Jugendlichen
ist abhängig vom Sozialstatus der Eltern bzw. vom Herkunftsland der Eltern [4]. Das heißt,
die Häufigkeit von Übergewicht bei Kindern aus Familien mit niedrigem Sozialstatus oder
aus ferneren Ländern ist viel höher als bei Kindern aus Familien mit hohem Sozialstatus
oder aus mitteleuropäischen Familien.
Konkrete Schritte der Verhaltensprävention
Ohne Verhaltensänderung ist ein langfristiger Gewichtsverlust nicht möglich. Das gilt
sowohl für Kinder und Jugendliche als auch für Erwachsene. Verhaltensänderungen sind
aber im Regelfall nur schwer umsetzbar. Sie erfordern zugleich viel Zeit, Geduld und
positive Verstärker. Je nach Lage des Falls bedarf es der Einschaltung kompetenter
Fachleute (z. B. Psychologen).
Die wichtigsten Schritte der Primär- und Sekundärprävention der Adipositas sind:

die Selbstbeobachtung des Essverhaltens (z. B. mit einem Ernährungs-Tagebuch,
um die Auslöser des vermehrten Essens zu identifizieren),

Analyse falscher Ernährungsgewohnheiten (z. B. Vermeiden von
„Nebenbei-Essen“),
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Modul 03: Prävention der Adipositas
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
Einüben eines positiven Essverhaltens (z. B. in Gesellschaft und in Ruhe essen,
langsam kauen, optisch ansprechende Zubereitung etc.),

konstruktiver Umgang mit Rückschlägen,

Verstärkung der erreichten Verhaltensänderung (zur Stabilisierung des neuen
Essverhaltens).
Verhältnisprävention
Von der Verhaltensprävention muss die Verhältnisprävention unterschieden werden. Die
Verhaltensprävention zielt auf die individuelle Veränderung eines
gesundheitsgefährdenden Lebensstils.
Bei der Verhältnisprävention geht es dagegen um Maßnahmen der Verminderung /
Beseitigung von Gesundheitsrisiken in den Umwelt- und Lebensbedingungen.
Beispiele für Maßnahmen der Verhältnisprävention im Zusammenhang mit der Adipositas
sind [4]:

Öffnen der Schulsportanlagen auch außerhalb der regulären Schulzeit,

großzügiges Bewegungsprogramm im Rahmen der Ganztagsbetreuung in Schulen,

bessere Sicherheit der Umgebung (Gehwege, Radwege, Schulwege),

mehr Platz für Bewegung und Sport / Grünanlagen bei der Städteplanung.
Umsetzung von Verzehrsempfehlungen
So wie die Normalgewichtigen sollten auch Adipöse sich vollwertig mit einer
ausgewogenen Mischkost ernähren. Übergewichtige müssen jedoch eine Reduzierung
der Gesamtkalorienzahl hinnehmen. Die Ernährungspyramide (Abb. 1) für eine vollwertige
gesunde Ernährung nach der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE) berücksichtigt
den Gehalt an Nährstoffen wie

Vitaminen,

Spurenelementen,

essenziellen Aminosäuren,

essenziellen Fettsäuren sowie

die benötigten Trinkmengen (bezogen auf ihre Zufuhr durch Nahrungsmittel).
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Modul 03: Prävention der Adipositas
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Abbildung 1: Ernährungspyramide nach DGE
Im Folgenden sind die 10 Regeln der DGE wiedergegeben:
1. Vielseitig essen
2. Reichlich Getreideprodukte und Kartoffeln
3. Obst und Gemüse (nimm „5 am Tag“)
4. Täglich Milch und Milchprodukte; ein- bis zweimal in der Woche Fisch; Fleisch,
Wurstwaren sowie Eier in Maßen
5. Wenig Fett und fettreiche Lebensmittel
6. Zucker und Salz in Maßen
7. Reichlich Flüssigkeit
8. Schmackhaft und schonend zubereiten
9. Nehmen Sie sich Zeit, genießen Sie Ihr Essen
10. Achten Sie auf Ihr Gewicht und bleiben Sie in Bewegung
Das Österreichische Akademische Institiut für Ernährungsmedizin (ÖAIE) erarbeitete
gemeinsam mit der Abteilung Ernährungsmedizin und Prävention der Universität Wien "10
Gebote für die Gesundheit" sowie die "GESUND LEBEN" - Pyramide Österreichs® (Abb.
2). Hier wird die körperliche Aktivität in die Empfehlungen einbezogen.
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Modul 03: Prävention der Adipositas
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Abbildung 2: "GESUND LEBEN"-Pyramide Österreichs®
Die "10 Gebote für die Gesundheit" stellen wir Ihnen als PDF-Dokument zur Verfügung:
PDF-Dokument herunterladen
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Modul 03: Prävention der Adipositas
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Merksätze:

Maßnahmen der Adipositasprävention sollten im Kindes-/Jugendalter durchgeführt
werden.

Die Adipositasprävention besteht aus vier sich ergänzenden Maßnahmen: Steigerung
der körperlichen Aktivität, Verhaltensprävention, Verhältnisprävention und
ausgewogene Mischkost entsprechend den Verzehrsempfehlungen der DGE bzw.
des ÖAIE.

Mit körperlicher Aktivität (Kraft- und Ausdauersport) lässt sich ein Teil der
Insulinresistenz „wegtrainieren“.

Die Häufigkeit von Übergewicht ist hoch bei Kindern aus Familien mit niedrigem
Sozialstatus oder aus eingewanderten Familien.

Adipöse sollten sich – ebenso wie Normalgewichtige – vollwertig mit einer
ausgewogenen Mischkost ernähren.
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Modul 03: Prävention der Adipositas
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Funktionen und Wirkungen der Nahrungsbestandteile (I)
Im Folgemodul (Modul 04) werden wir uns mit den verschiedenen Maßnahmen der
Gewichtsreduktion auseinandersetzen – so auch mit den Diäten. Welche Methode der
Gewichtsreduktion auch gewählt wird, eine Aussage hat dauerhaft Bestand: Gleichgültig,
ob ein Normalgewicht, ein Übergewicht oder eine Adipositas vorliegt, die Ernährung sollte
immer ausgewogen sein. Jede Einseitigkeit (extreme Bevorzugung oder Weglassen
bestimmter Nahrungsbestandteile) führt in die Sackgasse! Deshalb werden im Folgenden
noch einmal kurz Funktionen und Wirkungen der Kohlenhydrate, Fette, Eiweiße, Vitamine,
Spurenelemente, Mineral- und Ballaststoffe dargestellt.
Kohlenhydrate
Kohlenhydrate sind die Basis der täglichen Ernährung. Wir unterscheiden verdauliche und
unverdauliche Kohlenhydrate. Letztere sind kalorienfreie Ballaststoffe.
Kohlenhydrate sind einerseits Energielieferanten. Zum anderen sind sie Bausteine für die
Synthese lebenswichtiger Strukturen (z. B. Glykoproteine, Nukleotide, Bindegewebe etc.).
Mindestens 50 % oder mehr des Energiebedarfes sollten durch Kohlenhydrate gedeckt
werden. Als Faustregel gilt: 5 g Kohlenhydrate/kg KG/Tag.
In Lebensmitteln liegen Kohlenhydrate in komplexer oder einfacher Form vor. Komplexe
Kohlenhydrate werden Polysaccharide genannt. Sie stellen die Speicherkohlenhydrate
vieler Pflanzen (Getreide/Kartoffeln) dar. Polysaccharide decken den Hauptanteil des
Kohlenhydratbedarfs beim Menschen.
Monosaccharide/Disaccharide
Bausteine aller Kohlenhydrate sind die Monosaccharide

Glucose,

Fructose,

Galactose.
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Modul 03: Prävention der Adipositas
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Häufig vertretene Disaccharide sind

Rohrzucker (Saccharose) und

Milchzucker (Lactose).
1 g Kohlenhydrate enthält im Durchschnitt 4,1 Kilokalorien (kcal) bzw. 17 Kilojoule (kJ).
Komplexe Kohlenhydrate werden im Verdauungstrakt in ihre Zuckerbausteine zerlegt und
resorbiert. Der Blutzuckerspiegel bleibt dabei relativ stabil.
Dagegen sind gerade für den Übergewichtigen Haushaltszucker, Trauben- und
Fruchtzucker ungünstig. Sie werden schon kurz nach der Aufnahme im oberen
Verdauungstrakt resorbiert. Dadurch steigt der Blutzuckerspiegel sofort an, wodurch als
Gegenregulation eine entsprechend hohe Insulinausschüttung folgt. Dadurch wird eine
schnellere Glucoseaufnahme in die Zielzellen erreicht – mit schnellem Absinken des
Blutzuckerspiegels und konsekutiver Stimulation des Hungergefühls.
Insulin ist das stärkste Hormon für die Steigerung der Lipogenese (und damit der
Gewichtszunahme) und Hemmung der Lipolyse (Behinderung der Gewichtsreduktion).
Günstige und ungünstige Kohlenhydrate
Der Verzehr unterschiedlicher kohlenhydrathaltiger Lebensmittel (komplexe
Kohlenhydrate/Monosaccharide bzw. Disaccharide) hat einen unterschiedlich starken
Einfluss auf den postprandialen Glucoseanstieg im Blut.
Die folgende Tabelle gibt Empfehlungen für Kohlenhydratverzehr bei Übergewichtigen an
(die natürlich auch für den Normalgewichtigen gültig sind):
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Modul 03: Prävention der Adipositas
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Tabelle 3: Günstige und ungünstige Kohlenhydrate
„günstige“ Kohlenhydrate
„ungünstige“ Kohlenhydrate
Frisches Gemüse
Weißbrot, helle Brötchen
Frisches Obst
Weißmehl (Typ 405)
Vollkornprodukte
Weißmehlnudeln
(Brot, Mehl, Flocken, Nudeln)
Geschälter Reis
Vollkornreis
Kuchen, Torten, Kekse
Mischbrot
Speiseeis
Kleie
Süßigkeiten
Kartoffeln
Fette
Ohne Fettverzehr ist ein Leben nicht möglich. Fette haben eine Reihe lebenswichtiger
Funktionen [5]:

Energieträger und einziger Langzeit-Energiespeicher des Menschen,

Träger von essenziellen Fettsäuren und fettlöslichen Vitaminen,

Zellmembranbestandteil,

Geschmacksträger u. v. a. m.
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Modul 03: Prävention der Adipositas
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Nach der Empfehlung der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE) sollten bis maximal
30 % der täglichen Energie in Form von Fett zugeführt werden. Bei einer normokalorischen
Kost beträgt somit die Fettmenge etwa 60 bis 80 g (das sind etwa 6 bis 8 Esslöffel Öl oder
Speisefett pro Tag). Tatsächlich liegt der Fettverzehr in Mitteleuropa bei etwa 150 g pro
Tag. Adipöse Personen verzehren sogar bis 250 g Fett und mehr.
1 g Fett enthält 9 kcal = 38 kJ.
Fett ist nicht gleich Fett
75 % und mehr der Fettzufuhr erfolgt in Form von Triglyceriden. In ihnen ist Glycerin mit
drei Fettsäuren verestert. Die Fettsäuren wiederum können je nach Zahl der
Doppelbindungen im Molekül

einfach ungesättigt,

mehrfach ungesättigt oder

gesättigt sein.
Ungesättigte Fettsäuren enthalten im Molekül Doppelbindungen: Einfach ungesättigte
verfügen über eine Doppelbindung. Mehrfach ungesättigte Fettsäuren haben dagegen
mehrere Doppelbindungen. Ihnen allen „fehlen“ auf Grund dieser Doppelbindungen einige
Wasserstoffatome. Daher die Bezeichnung ungesättigt.
Gesättigte Fettsäuren können bei übermäßigem Verzehr das Lipidprofil des Menschen
verschlechtern. Damit erhöhen sie das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Gesättigte
Fettsäuren sind in tierischen, aber auch in bestimmten pflanzlichen Lebensmitteln
(Kokosfett, gehärtete Stangenfette usw.) enthalten.
Günstig sind einfach ungesättigte Fettsäuren. Sie sind relativ unempfindlich gegen
Oxydation und können den Cholesterinspiegel im Blut positiv beeinflussen.
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Modul 03: Prävention der Adipositas
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Omega-3- / Omega-6-Fettsäuren
Mehrfach ungesättigte Fettsäuren sind essenziell, d. h. der Körper kann sie nicht selber
herstellen. Je nach Lage der Doppelbindung im Molekül unterscheidet man Omega-3- und
Omega-6-Fettsäuren. Wichtigste Vertreter sind:

für Omega-3-Fettsäuren die Alpha-Linolensäure, Eicosapentaensäure und
Docosahexaensäure und

für Omega-6-Fettsäuren die Linolsäure.
Für den menschlichen Organismus sind insbesondere die Omega-3-Fettsäuren wertvoll.
Sie kommen vor allem in fetten Kaltwasserfischen (Lachs, Makrele, Hering usw.) vor. Sie
haben entzündungshemmende Wirkungen, verbessern die Fließeigenschaften des Blutes
und haben präventive Wirkungen hinsichtlich Gefäßerkrankungen.
Merksätze:

Komplexe Kohlenhydrate heißen Polysaccharide.

Monosaccharide sind Glucose, Fruktose und Galaktose. Disaccharide sind z. B.
Rohrzucker (Saccharose) und Milchzucker (Lactose).

Mono- und Disaccharide sind für den Adipösen ungünstig. Dem schnellen/starken
postprandialen Blutzuckeranstieg folgt eine hohe Insulinausschüttung. Insulin ist das
stärkste Hormon für die Steigerung der Lipogenese.

Triglyzeride bestehen aus Glyzerin und (drei) Fettsäuren. Diese können einfach
ungesättigt, mehrfach ungesättigt oder gesättigt sein.

Gesättigte Fettsäuren im Übermaß verschlechtern das Lipidprofil des Menschen.
Günstig sind dagegen insbesondere die einfach ungesättigten Fettsäuren.

Von den mehrfach ungesättigten Fettsäuren sind besonders die Omega-3-Fettsäuren
Alpha-Linolensäure, Eicosapentaensäure und Docosahexaensäure wertvoll.
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Modul 03: Prävention der Adipositas
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Funktionen und Wirkungen der Nahrungsbestandteile (II)
Eiweiß
Eiweiße (Proteine) sind Polymere von Aminosäuren. Sie haben vielerlei Funktionen [5],
z. B. als

Enzyme,

Membranbestandteile,

Transportmoleküle,

Hormone, andere Botenstoffe und Mediatoren,

Blutgerinnungsfaktoren usw.
Durchschnittlich werden 15 % des täglichen Energiebedarfes durch Eiweiße gedeckt. 1 g
Eiweiß hat 4,1 kcal = 17 kJ.
Heute teilt man nicht mehr in essenzielle und nicht-essenzielle Aminosäuren, sondern
vielmehr in unentbehrliche und entbehrliche Aminosäuren ein. Im individuellen
Krankheitsfall müssen die unentbehrlichen Aminosäuren exogen verabreicht werden. Zu
diesen unentbehrlichen Aminosäuren gehören:

Histidin (z. B. für die Hämoglobinsynthese, beim chronischen Nierenversagen),

Tyrosin (bei Leberzirrhose, für Frühgeborene usw.),

Cystein (z. B. bei Leberzirrhose),

Serin (z. B. bei Hämodialyse),

Arginin (z. B. Sepsis, Operation),

Glutamin (z. B. bei Verbrennungen, Operationen etc.).
Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung empfiehlt die tägliche Zufuhr von etwa 0,8 g
Protein pro kg Körpergewicht und Tag. Bei einem Normalgewichtigen sind das etwa 55 g
Eiweiß pro Tag für Männer und 45 g für Frauen.
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Modul 03: Prävention der Adipositas
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Biologische Wertigkeit
Tierisches Protein hat große Ähnlichkeit mit menschlichen Proteinen. Entsprechend nutzen
wir beim Fleischgenuss die für die eigene Proteinsynthese notwendigen Aminosäuren in
optimaler Menge und Relation zueinander.
Wir sprechen in diesem Zusammenhang von biologischer Wertigkeit eines Eiweißes.
Tierische Eiweiße in Ei, Fleisch, Milch usw. stehen dabei in der Rangliste der Wertigkeit vor
den pflanzlichen (Tabelle 4).
Tabelle 4: Biologische Wertigkeit der Proteine verschiedener Lebensmittel für den
Menschen
Lebensmittel
Wertigkeit
Voll-Ei
100
Rindfleisch
91
Kuhmilch
86
Hartkäse
84
Roggenmehl
76
Bohnen
73
Mais
72
Weizenmehl
57
Kartoffel plus Voll-Ei
136
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Modul 03: Prävention der Adipositas
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Vitamine
Vitamine sind essenzielle Nährstoffe. Der Mensch ist auf die exogene Zufuhr von
Vitaminen angewiesen. Nur einige wenige Vitamine können endogen gebildet werden, z. B.
das Vitamin D (in der Haut bei UV-Exposition) sowie das Vitamin K (über Darmbakterien).
Vitamine sind Bestandteile von Enzymen oder sie wirken als Co-Enzyme.
Wir unterscheiden fettlösliche und wasserlösliche Vitamine.
Zu den fettlöslichen Vitaminen gehören die Vitamine A, D, E und K sowie das Provitamin
Beta-Carotin. Zur Resorption dieser Vitamine ist Fett in der Nahrung notwendig. Ein
völliger Fettverzicht in der Nahrung würde entsprechende Mangelerscheinungen zur Folge
haben. Andererseits können die fettlöslichen Vitamine in den Fettdepots des Körpers
gespeichert werden und somit einen vorübergehenden Vitaminmangel überbrücken.
Bei den wasserlöslichen Vitaminen ist eine kontinuierliche Zufuhr sicherzustellen. Zu den
wasserlöslichen Vitaminen gehören die Vitamine B1, B2, B6, B12, C, Niacin,
Pantothensäure, Folsäure und Biotin.
Mineralstoffe und Spurenelementee
Mineralstoffe und Spurenelemente sind für den Organismus essenziell. Sie müssen
kontinuierlich zugeführt werden. Die Unterscheidung Mineralstoff/Spurenelement erfolgt
nach der Konzentration im Körper:
Mineralstoffe: ≥ 50 mg/kg KG,
Spurenelemente: < 50 mg/kg KG.
Mineralstoffe und Spurenelemente haben verschiedene Aufgaben, z. B.

als Bestandteile der Knochen und Zähne (Calcium und Phosphor),

essenziell für die Blutbildung (Eisen),

notwendig für die Wundheilung (Zink),

unverzichtbar für die Synthese der Schilddrüsenhormone (Jod),

nützlich für die Modulation des Immunsystems (Zink, Selen).
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Modul 03: Prävention der Adipositas
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Ballaststoffe
Unter Ballaststoffen versteht man nicht verwertbare Kohlenhydrate, wie z. B. Zellulose
oder Pektin sowie Lignin. Sie können im Magen-Darm-Trakt nicht abgebaut und daher
auch nicht resorbiert werden. Somit stehen sie auch nicht als Energielieferanten zur
Verfügung. Sie sind jedoch wichtig zur Anregung der Peristaltik sowie zur Regulation des
Lipidstoffwechsels (so senken sie den Cholesterinwert, indem Gallensäuren im Stuhl
gebunden und ausgeschieden werden).
Ein normalgewichtiger Mensch sollte pro Tag mindestens 30 g Ballaststoffe zuführen, und
zwar

zu 50 % in Form von Vollkornprodukten,

50 % durch Obst und Gemüse.
In Mitteleuropa ist der Ballaststoffverzehr deutlich niedriger als die Empfehlungen.
Merksätze:

Proteine bestehen aus Aminosäuren (entbehrliche und unentbehrliche).

Die DGE empfiehlt die tägliche Zufuhr von ca. 0,8 g Eiweiß pro kg KG am Tag.

Bezüglich der biologischen Wertigkeit der Proteine ist das Voll-Ei mit 100 die
Bezugsgröße für andere eiweißhaltige Lebensmittel.

Vitamine sind essenzielle Nährstoffe. Fettlösliche Vitamine sind Vit. A, D, E, K und
Beta-Carotin. Wasserlöslich sind Vit. B1, B2, B6, B12, C, Niacin, Pantothensäure,
Folsäure und Biotin.

Ballaststoffe sind nicht verwertbare Kohlenhydrate wie z. B. Zellulose, Pektin und
Lignin.

Als Mindestzufuhr von Ballaststoffen pro Tag sollten 30 g angestrebt werden.
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Modul 03: Prävention der Adipositas
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Literatur
[1] Fontaine KR, Redden DT, Wang C et al.: Years of life lost due to obesity. JAMA 2003;
289: 187-93.
[2] Leitlinien der AGA (Arbeitsgemeinschaft Adipositas im Kindes- und Jugendalter),
verabschiedet auf der Konsensus-Konferenz am 10.09.04
http://www.dge.de
[3] PHOENIX „State of the art“ – Ernährungsmedizin kompakt, Medi Didac Verlag, 2004, S.
30-31
[4] Wabitsch M: Adipositas bei Kindern und Jugendlichen. Internist 2006; 47: 130-40.
[5] Suter PM: Checkliste Ernährung, 2002, Thieme Verlag.
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Modul 03: Prävention der Adipositas
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Impressum
Herausgeber:
MEDI DIDAC GmbH
Institut und Verlag für Fortbildung im Gesundheitswesen
Friedrich-Wilhelm-Straße 160
56077 Koblenz
Tel +49 261 97 30 70-0
Fax +49 261 97 30 70-2
E-Mail: [email protected]
www.medi-didac.de
Autor:
Dr. med. Volker Flörkemeier
Facharzt für Innere Medizin
MEDI DIDAC GmbH
Friedrich-Wilhelm-Straße 160 56077
Koblenz
Wissenschaftlicher Beirat:
Univ. Doz. Dr. Stephan Kriwanek
Krankenanstalt Rudolfstiftung / Chirurgische Abteilung
Juchgasse 25
A - 1030 Wien
Prof. Dr. Rudolf Weiner
Adipositaschirurgie
Krankenhaus Sachsenhausen
Schulstraße 31
60594 Frankfurt am Main
Das Projekt CME-Adipositas wird zweckneutral unterstützt durch:
Johnson & Johnson Medical Products GmbH, Österreich
Johnson & Johnson MEDICAL GmbH, Ethicon Endo-Surgery Deutschland
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