FAKULTÄT FÜR MATHEMATIK Prof. Dr. Patrizio Neff Christian Thiel 29.10.2013 Lösungsvorschlag zu den Hausaufgaben der 3. Übung Aufgabe 1: (3+3 Punkte) a) Berechnen Sie: n Y 1− j=2 1 j . b) Zeigen Sie: Für q ∈ R \ {1} und n ∈ N gilt n X qi = i=0 1 − q n+1 . 1−q Lösung: a) Wir haben es mit einem Teleskopprodukt zu tun, denn es gilt n Y j=2 1 1− j = 1 1− 2 n−2 n−1 1 1 1 1 2 3 · = 1− · ... · 1 − = · · · ... · 3 n 2 3 4 n−1 n n und wir können fast gänzlich kürzen. Etwas formaler mit Produktzeichen und Indexverschiebung erhalten wir Qn n n Y Y 1 j−1 j=2 (j − 1) Qn 1− = = j j j=2 j j=2 j=2 Q Qn−1 n−1 j ·1 j=2 1 j=1 j = Q = Qn = . n−1 n j=2 j j=2 j · n b) Hier haben wir eine Teleskopsumme vorliegen. Wir rechnen (1 − q) n X qi = i=0 = n X qi − i=0 i=0 n X n+1 X qi − i=0 = n X q0 + qi i=1 n X qi − i=1 = q i+1 n X q i − q n+1 i=1 1 − q n+1 . Ein beidseitiges Dividieren durch 1 − q (ungleich Null für q 6= 1) liefert die zu zeigende Gleichung. Aufgabe 2: (3+3 Punkte) a) Bestimmen Sie die kleinste natürliche Zahl N , so dass 2n > n4 für n ∈ N mit n ≥ N . Beweisen Sie Ihre Behauptung. b) Für jede natürliche Zahl n ist 13n+1 + 142n−1 durch 183 teilbar. 1 Lösung: a) Zunächst ein paar Vorüberlegungen: Schauen wir uns in einer Tabelle für die ersten natürlichen Zahlen an, ob die Aussage gilt: n 1 2 3 4 5 6 7 2n 2 4 8 16 32 64 128 n4 1 16 81 256 625 1296 2401 2n > n4 w f f f f f f, so suggeriert uns diese, dass die Aussage lediglich für n = 1 wahr ist. Die einfachen Abschätzungen für n = 40 240 = (24 )10 > 1010 404 = 44 · 104 < 104 · 104 = 108 zeigen, es gibt große n, für welche die Aussage gilt. Welchen Induktionsanfang finden wir? Schauen wir uns zunächst einmal den Induktionsschluss an, setzten somit 2n > n4 für ein n voraus, so erhalten wir 2n+1 = IV 2 · 2n > 2 · n4 . Können wir jetzt noch 2 · n4 > (n + 1)4 zeigen, ist der Induktionsschluss geglückt. Für n = 1 kann diese letzte Ungleichung allein schon deshalb nicht gelten, da die Aussage für n = 1 gilt und nach dem Prinzip der vollständigen Induktion dann gelten würde, dass sie für n ≥ 1 gilt, aber wir wissen ja, dass sie z.B. für n = 6 nicht gilt. Also ist der Schritt von n abhängig kann nur für gewisse n glücken. Schauen wir uns folgende Tabelle an: n 1 2 3 4 5 6 n4 1 16 81 256 625 1296 2n4 2 36 162 512 1250 2592 (n + 1)4 16 81 256 625 1296 2401 , so vermuten wir, dass n ≥ 6 die Bedingung ist. Glückt uns dies, gilt dann die Aussage für alle n ≥ 6? Nein, wir beweisen so nur, dass falls die Aussage für ein n mit n ≥ 6 gilt, dass sie dann auch für n + 1 gilt. Sie muss ja nicht für n gelten. Aber können wir den Schritt für n ≥ 6 beweisen und finden einen Induktionsanfang größergleich 6, dann gilt die Aussage ab diesem Induktionsanfang, weil ja ab dort der Schritt gilt. Wo suchen 4 wir den kleinstmöglichen Induktionsanfang N ? Wir wissen 216 = 24·4 = 24 = 164 , für n = 16 gilt die Aussage nicht, ein kleinstes N ist somit größer als 16. Nun zum Beweis: Beweis per vollständiger Induktion von 2n > n4 über alle natürlichen Zahlen n ≥ 17: Induktionsanfang n = 17: 4 Wir wissen 216 = 24·4 = 24 = 164 . Somit folgt 174 = (16 + 1)4 = 164 + 4 · 163 + 6 · 162 + 4 · 16 + 1 < 164 + 4 · 163 + 6 · 163 + 4 · 163 + 1 · 163 = 164 + 15 · 163 < 164 + 16 · 163 = 2 · 164 = 2 · 216 = 217 , und die Aussage gilt für n = 17. Induktionsvoraussetzung: Sei n ≥ 6 gegeben. Die Aussage 2n > n4 ist wahr. 2 Induktionsschritt n → n + 1: Unter der Gültigkeit der Induktionsvoraussetzung, also der Gültigkeit der Aussage für ein beliebiges aber festes n zeigen wir nun die Gültigkeit der Aussage für n + 1. Es gilt 2n+1 = 2 · 2n IV > 2 · n4 = n4 + n4 (2) ≥ n4 + 6n3 = n4 + 4n3 + 2n3 (2) ≥ n4 + 4n3 + 2 · 6n2 = n4 + 4n3 + 6n2 + 6n2 (2) ≥ n4 + 4n3 + 6n2 + 6 · 6n = n4 + 4n3 + 6n2 + 4n + 32n (2) ≥ n4 + 4n3 + 6n2 + 4n + 32 · 6 ≥ n4 + 4n3 + 6n2 + 4n + 1 = (n + 1)4 . Bei (2) wird jeweils n ≥ 6 ausgenutzt. Nach dem Prinzip der vollständigen Induktion gilt die Aussage somit für n ≥ 17. Somit ist 17 die kleinste natürliche Zahl N für die gilt: ∀n ≥ N : 2n > n4 . Zudem gilt die Aussage für n = 1 und für n ∈ {2, . . . , 16} nicht. b) Beweis per vollständiger Induktion über alle natürlichen Zahlen n: Induktionsanfang n = 1: 131+1 + 142·1−1 = 169 + 14 = 183 X Induktionsvoraussetzung: Sei n ∈ N gegeben. 13n+1 + 142n−1 ist durch 183 teilbar. Das bedeutet: Zu n gibt es ein sn ∈ N mit 13n+1 + 142n−1 = 183 · sn . Induktionsschritt n → n + 1: Unter der Gültigkeit der Induktionsvoraussetzung, also der Gültigkeit der Aussage für ein beliebiges aber festes n zeigen wir nun die Gültigkeit der Aussage für n + 1. Es gilt 13(n+1)+1) + 142(n+1)−1 = 13 · 13n+1 + 142 · 142n−1 = 13 · 13n+1 + (13 + 183) · 142n−1 = 13 · (13n+1 + 142n−1 ) + 183 · 142n−1 = 13 · 183 · sn + 183 · 142n−1 = 183 · sn+1 mit sn+1 := 13 · sn + 142n−1 ∈ N. Somit ist auch 13(n+1)+1) + 142(n+1)−1 durch 183 teilbar. Aufgabe 3: (6 Punkte) Gegeben seien nichtleere Mengen A, B, C und Funktionen f : A → B und g : B → C. Zeigen Sie: i) Ist g ◦ f surjektiv, dann ist g surjektiv. ii) Ist g ◦ f injektiv, dann ist f injektiv. iii) Sind g, f bijektiv, dann ist g ◦ f bijektiv. Beweisen Sie jeweils durch ein Gegenbeispiel, dass die Umkehrung der Aussagen im Allgemeinen nicht gilt. Lösung: i) Zu zeigen ist, dass zu jedem c ∈ C ein b ∈ B existiert, so dass g(b) = c gilt. Sei also c ∈ C vorgegeben. Da g ◦ f : A → C surjektiv ist, existiert ein a ∈ A mit c = (g ◦ f )(a). Für b = f (a) ∈ B gilt dann g(b) = g(f (a))) = (g ◦ f )(a) = c . 3 ii) Zu zeigen ist, dass a1 = a2 für alle a1 , a2 ∈ A mit f (a1 ) = f (a2 ) gilt. Sei also f (a1 ) = f (a2 ). Dann ist selbstverständlich auch g(f (a1 )) = g(f (a2 )). Die Funktion g ◦ f : A → C ist injektiv, also folgt aus (g ◦ f )(a1 ) = g(f (a1 )) = g(f (a2 )) = (g ◦ f )(a2 ) direkt a1 = a2 . iii) Seien f, g injektiv. Für a1 , a2 ∈ A mit (g ◦ f )(a1 ) = (g ◦ f )(a2 ) gilt dann g(f (a1 )) = g(f (a2 )) g injektiv =⇒ f (a1 ) = f (a2 ) f injektiv =⇒ a1 = a2 , also ist g ◦ f injektiv. Seien f, g surjektiv. Für c ∈ C existiert dann ein b ∈ B mit g(b) = c . Für b ∈ B wiederum existiert a ∈ A mit f (a) = b . Somit gilt (g ◦ f )(a) = g(f (a)) = g(b) = c. Also ist (g ◦ f ) surjektiv. Seien nun f, g bijektiv. Dann sind f, g injektiv und surjektiv, also ist nach dem oben gezeigten g ◦ f injektiv und surjektiv, also bijektiv. Gegenbeispiele: zu i) Wähle A = B = C = R≥0 und f (x) = x + 1 sowie g(x) = x. Dann ist g : R≥0 → R≥0 surjektiv, aber g ◦ f : R≥0 → R≥0 , (g ◦ f )(x) = x + 1 ist nicht surjektiv. zu ii) Wähle A = B = C = R und f (x) = x sowie g(x) = x2 . Dann ist f : R → R injektiv, aber g ◦ f : R → R , (g ◦ f )(x) = x2 ist nicht injektiv. zu iii) Wähle A = C = R≥0 , B = R und f (x) = x sowie g(x) = x2 . Dann ist f : R≥0 → R nicht surjektiv und g : R → R≥0 nicht injektiv, aber g ◦ f : R≥0 → R≥0 , (g ◦ f )(x) = x2 ist bijektiv. Aufgabe 4: (6 Punkte) Sei k ∈ N. Beweisen Sie: Es existiert ein N ∈ N, so dass k n < n! für alle n ∈ N mit n ≥ N gilt. Gilt die Aussage auch für alle k ∈ R≥0 ? Lösung: Für gegebenes k ∈ N setze N := 2 k 2 , dann gilt N ! = 1 · 2 · . . . · k 2 · (k 2 + 1) · . . . · (k 2 + k 2 ) > 1 · 2 · . . . · k 2 · |k 2 · .{z . . · k }2 k2 -mal 2 k2 > (k ) =k 2k2 = kN Sei also n = N , dann gilt n! > k n . Gelte nun n! > k n für n ≥ 2k 2 , dann ist (n + 1)! = (n + 1)n! > (n + 1)k n > k · k n = k n+1 und nach dem Prinzip der vollständigen Induktion gilt k n < n! für alle n ≥ N := 2k 2 . Ist nun k ∈ R≥0 , so ist nach Definition der Gaußklammer [k] die größte ganze Zahl, die kleiner gleich k ist, wegen k ≥ 0 ist [k] sogar eine natürliche Zahl. Damit ist [k] + 1 größer als k und eine natürliche Zahl, deshalb gibt es sowohl ein N mit ([k] + 1)n < n! für alle n ≥ N , als auch ist k n < ([k] + 1)n . Zusammen folgt die Aussage. An dieser Stelle noch ein durch die Lösung einer Studentin angeregter alternativer Beweis: Zunächst wollen zeigen, dass n+1 1 1+ ≤ 4 für alle n ∈ N n (1) gilt. Dazu eine Hilfsrechnung: 1 n+1 n n+2 1 n+1 1+ 1+ = n+1 n+1 n n+2 n+2 n+1 4 1 = n+1 n n+1 n n+2 n+1 · !n+2 n+2 = n · n+1 (n + 1)2 n(n + 2) n · n+1 = n2 + 2n + 1 n2 + 2n n+2 n+2 n 1 · 1+ n+1 n(n + 2) n 1 · 1 + (n + 2) · n+1 n(n + 2) n+1 n · = 1, n+1 n = (∗) ≥ = wobei wir in (*) die Bernoulli-Ungleichung anwenden. Somit gilt 1 1+ n+1 n+2 n+1 1 ≤ 1+ . n (2) 1+1 n+1 1 1 Für n = 1 ist nun 1 + ≤ 4. Gilt nun 1 + ≤ 4 für ein beliebiges aber festes n ∈ N, so ist 1 n 1+ 1 n+1 n+2 (2) ≤ 1+ 1 n n+1 ≤4 und nach dem Prinzip der vollständigen Induktion folgt (1). Mit Präsenzaufgabe 3b) und dem Umstand, dass 1 ≤ 1 + k1 für alle k ∈ N gilt, können wir nun schließen: nn n! 3b) = n−1 Y 1+ k=1 1 k k ≤ n−1 Y 1+ k=1 1 k k+1 (1) ≤ n−1 Y 4 = 4n−1 , k=1 also n! ≥ nn 4n−1 > nn 4n = n n 4 n≥4k ≥ kn . Das heißt, wählen wir N := 4k, so gilt für alle n ≥ N auch n! > k n , also das zu Zeigende. 5