Nicola Oswald, Prof. Dr. Jörn Steuding Institut für Mathematik, Universität Würzburg 14. Mai 2014 Einführung in die Zahlentheorie — 6. Übung Aufgabe 1 (3+ 3×1 + 4 Punkte). Es sei p > 2 eine Primzahl. (i) Bestimme sämtliche Primitivwurzeln modulo 23 ohne Einsatz einer elektronischen Rechenhilfe. (ii) Beweise oder widerlege: (a) Mit g1 und g2 ist auch g1 + g2 eine Primitivwurzel modulo p; (b) Mit g ist auch g −1 eine Primitivwurzel modulo p; (c) Sei g eine Primitivwurzel modulo p. Dann ist {g 4n : n ∈ Z} eine Untergruppe von (Z/pZ)∗ . (iii) Beweise, die Existenz einer Primitivwurzel modulo pk für jedes natürliche k ≥ 2. Aufgabe 2 (3+5+2 Punkte). Es sei p eine Primzahl. (i) Zeige (a + b)p ≡ ap + bp mod p für beliebige a, b mod p. (ii) Beweise, dass n genau dann eine Primzahl ist, wenn für beliebige b mod n (X + b)n ≡ X n + bn mod n. Vorsicht: Dies ist als Kongruenz von Polynomen in X aufzufassen! (iii) Ist 1729 eine Primzahl? Benutze den Satz von Miller-Rabin oder (ii). 1 Aufgabe 3 (1+2+3+4 Punkte). Ein Bruch der Form m mit einem m ∈ N heißt Stammbruch. 18 (i) Finde eine Darstellung von 19 als eine Summe von höchstens vier Stammbrüchen. (ii) Das folgende Verfahren liefert eine Darstellung einer beliebigen positiven rationalen Zahl a a b als Summe von wenigen Stammbrüchen: Gegeben ein gekürzter Bruch b > 0, suche den größten Stammbruch n1 < ab (also das kleinste natürliche n > ab ) und bilde c a 1 = − ; d b n dann ersetze ab durch dc und beginne von vorne. Beweise, dass dieses Verfahren abbricht und schätze ab, wie viele Stammbrüche zur Darstellung von ab maximal benötigt werden. (iii) Die bislang unbewiesene Vermutung von Erdös & Straus von 1948 besagt, dass für jedes n ≥ 4 die Zahl n4 als Summe von drei Stammbrüchen geschrieben werden kann. Zeige, dass für Zahlen n mit einem Primfaktor p ≡ 3 mod 4 natürliche Zahlen a, b existieren, so dass 4 1 1 = + . n a b (iv) Beweise: Zu m ∈ N ist die Anzahl der Lösungen (x, y) ∈ N2 der Gleichung 1 1 1 = + m x y gleich der Anzahl der Teiler von m2 . Alle Bearbeitungen sind ausreichend zu begründen. Verwendet werden dürfen lediglich Ergebnisse, die bereits in der Vorlesung oder auf vorangegangenen Übungsblättern dieser Veranstaltung behandelt wurden. Für die Klausurzulassung sind fünfzig Prozent der Punkte der Übungsblätter hinreichend. Abgabe der Übungsblätter ist am Mittwoch, 28. Mai, vor Vorlesungsbeginn. Viel Spaß! 2 Lösungsskizze ÜA 1: (i) Die erste Hälfte des Zyklus von 5 mod 3 berechnet sich als 51 ≡ 5, 52 ≡ 2, 53 ≡ 10, 54 ≡ 4, 55 ≡ −3, 56 ≡ 8, 57 ≡ −6, 58 ≡ −7, 59 ≡ 11, 510 ≡ 9, 511 ≡ −1 mod 23, womit bereits klar ist, dass 5 eine Primitivwurzel modulo 23 ist; die weiteren der insgesamt 4 = ϕ(ϕ(23)) Primitvwurzeln berechnen sich als die Potenzen 5k mod 23 mit zu ϕ(23) = 22 teilerfremden k, also 53 ≡ 10, 55 ≡ −3, 57 ≡ −6, 59 ≡ 11, 513 ≡ −2, 515 ≡ −4, 517 ≡ −8, 519 ≡ 7, 521 ≡ −9 mod 23. Hierbei berechet sich 5k+11 als kongruent 5k · 511 ≡ −5k mod 23 aus dem bereits Berechneten. (ii) Aussage (a) ist falsch, denn mittels (i) liefert 5 + (−2) = 3 mod 23 ein Gegenbeispiel. Aussage (b) ist wahr, denn mit {g, g 2 , . . . , g p−1 } = (Z/pZ)∗ gilt auch {g −1 , . . . , g −n } = {(g −1 )n , . . . , g −(p−1) } = (Z/pZ)∗ (denn g −n ≡ 1 impliziert 1 = (gg −1 )n = g n g −n ≡ g n mod p). Aussage (c) ist wahr; hier sind entsprechend die Gruppenaxiome zu verifizieren. Exemplarisch die Abgeschlossenheit der Menge bzgl. der Multiplikation: Mit g 4m und g 4n gilt g 4m · g 4n = g 4(m+n) . (iii) Sei g eine Primitivwurzel mod p. Ist g p−1 ≡ 1 mod p2 , so ist (g + p)p−1 ≡ g p−1 + (p − 1)g p−2 p ≡ 1 + ap mod p2 mit a := (p − 1)g p−2 6≡ 0 mod p. Da mit g auch g + p Primitivwurzel modulo p ist, dz̈rfen wir annehmen, dass g eine Primitivwurzel modulo p mit g p−1 ≡ 1 + ap mod p2 für ein a 6≡ 0 mod p ist. Es folgt k−2 (g p−1 )p k−2 ≡ (1 + ap)p ≡ 1 + apk−1 mod pk k−2 per Induktion; insbesondere gilt also (g p−1 )p 6≡ 1 mod pk . Für alle anderen Teiler d von (p−1)pk−1 = pk (1− p1 ) = ϕ(pk ) gilt aber erst recht g d 6≡ 1 mod pk . Also ist o(g, pk ) = ϕ(pk ), und g ist somit Primitivwurzel modulo pk . Lösungsskizze ÜA 2: Nach dem binomischen Lehrsatz gilt p X p k p−k p a b ; (a + b) = k k=0 hierin ist jeder der Binomialkoeffizienten ( kp ) mit einem k, welches den Ungleichungen 1 ≤ k < p genügt durch p teilbar. Diese Teilbarkeitseigenschaft ergibt sich aus der Definition der bekanntlich ganzzahligen Binomialkoeffizienten p p p! = bzw. p! = k!(p − k)! ; k!(p − k)! k k die Primzahl p geht in p! auf, also auch in dem Produkt rechts, aber im Falle 1 ≤ k < p sicher nicht in den Faktoren k! und (p − k)!. Also folgt nunmehr (a + b)p ≡ ( p0 )a0 bp + ( pp )ap b0 = b + a mod p. Dies beweist (i). Zum Nachweis von (ii) Ist n prim, so ergibt sich die Kongruenz wie in (i) aus der binomischen Reihe. Ist n nicht prim, also n = pk m mit einem zu p teilerfremden m, so ist der Koeffizient von X p in X + 1)n gleich n(n − 1) · . . . · (n − p + 1) n . = 1· 2 ·... ·p p Unter den p aufeinanderfolgenden Faktoren des Zählers ist genau einer durch p teilbar, nämlich n = pk m, und selbiges gilt für den Nenner. Mit Kürzen folgt ( np ) = pk−1 m′ für ein zu p teilerfremdes m′ . Also verschwindet dieser Binomialkoeffizient nicht modulo pk und erst recht nicht modulo n. (iii): Die Zahl 1729 ist nicht prim, wie sich etwa mit Satz 7.2 zeigt: Wegen 1729−1 = 26 ·33 ist s = 6 und d = 27; es gelten 227 ≡ 645, 22·27 ≡ 1065, 23·27 ≡ 512, 24·27 ≡ 1, 25·27 ≡ 645, 26·27 ≡ 1065 mod 1729. Lösungsskizze ÜA 3: Wir beginnen mit dem Nachweis von (ii): Das Verfahren bricht tatsächlich ab, weil die Folge der Zähler a der Brüche ab bzw. dc eine streng monoton fallende Folge natürlicher Zahlen bildet, also letztlich a = c = 1 kommt; hierzu berechnen wir dc als 3 an−b n und beobachten, dass der Zähler an − b < a ist (denn dies ist äquivalent zu n − 1 < ab , was nach Konstruktion gilt). Also bricht das Verfahren nach maximal a − 1 Schritten ab. Tatsächlich ist es besser zu fordern, dass n so gewählt wird, dass n1 ≤ ab gilt (der Unterschied in der Argumentation ist aber marginal.Diesen Algorithmus zur Auffindung einer Darstellung als Summe von Stammbrüchen ist Beispiel einer Spezies von Algorithmen, die unter dem Namen greedy-Algorithmus bekannt ist (von engl. greedy für ’gierig’). 18 18 und 19 = 12 + 2·18−19 = (i) Wir benutzen das ’greedy-Verfahren’ aus (ii): Es ist 21 < 19 19·2 1 17 17 18 + . Fährt man nun mit anstelle fort, ergibt sich schließlich 2 38 38 19 18 1 1 1 1 = + + + . 19 2 3 9 342 (iii) Für Primzahlen der Form p = 4k + 3 gilt 4 1 1 = + mp m(k + 1) mp(k + 1) mit beliebigem m ∈ N, wie eine kleine Rechnung zeigt. Insbesondere gilt dann für solche n = mp die Erdös-Straus-Vermutung. (iv): Es bezeichne d(m) die Anzahl der Teiler von m. Die Gleichung lässt sich äquivalent umformen zu m2 = (m − x)(m − y). (1) Für m = 1 ergibt sich eine eindeutige Lösung x = y = 2 in Übereinstimmung mit d(1) = 1. Für m ≥ 2 sei m = pν11 · . . . · pνkk die eindeutige Primfaktorzerlegung mit paarweise verschiedenen Primzahlen pj und Exponenten νj ∈ N. Wegen x, y > n besteht mit (1) eine Bijektion zwischen den Lösungen (x, y) ∈ N2 und den Faktoren von n2 . Dies genügt bereits; falls man aber noch weiter rechnen möchte: Die Anzahl der Lösungen der Ausgangsgleichung ist identisch mit k k Y Y 2ν 1 k d(pj j ) = d p2ν · . . . · p2ν = d(m2 ); (2νj + 1) = 1 k j=1 j=1 hierbei haben wir die offensichtliche Eigenschaft d(pν ) = ν + 1 benutzt, sowie die Multiplikativitätseigenschaft d(mn) = d(m)d(n) für teilerfremde m, n, welche sich folgendermaßen herleiten lässt: Zu jedem d | mn existieren eindeutig bestimmte teilerfremde dm und dn mit dm | m und dn | n, also X X X X X 1 = d(m)d(n). 1 1= 1= d(mn) = d|mn dm |m dn |n dm |m dn |n