Anorganische Chemie im Kontext 1.1 Aluminiumhydroxid als Mittel gegen Sodbrennen 1 Materialgebundene Aufgabe Arbeitsmaterial: Thema: Aluminiumhydroxid als Mittel gegen Sodbrennen 36 % schwacher Schließmuskel erhöhter Druck im Bauchraum Erschlaffung des Schließmuskels durch verschiedene Stoffe erhöhte Magensäureproduktion Abb. 1: Rückfluss aus dem Magen in die Speiseröhre Nahezu die Hälfte der deutschen Bevölkerung leidet regelmäßig unter Sodbrennen. Dabei kommt es aus verschiedenen Gründen zu einem Rückfluss des Magensaftes in die Speiseröhre (Abb. 1). Im Gegensatz zum Magen ist die Speiseröhre nicht durch eine Schleimhaut gegen die Magensäure (Salzsäure, c ≈ 0,1 mol/L) geschützt, so dass sie von ihr angegriffen wird. Aluminiumhydroxid ist der häufigste Bestandteil in verschiedenen „Antazida“, also Medikamenten wie Aludrox®, welche den pH-Wert der aufsteigenden Magensäure anheben sollen. Aluminiumhydroxid bildet in wässriger Lösung pH-abhängig verschiedenartige Komplexe mit Wasser-Molekülen (Abb. 2). Gibt man zu einer Aludrox®-Aufschlämmung etwas Salzsäure-Lösung (c = 0,1 mol/L), so beobachtet man zunächst ein Abfallen des pH-Wertes auf 2. In den darauf folgenden fünf Minuten steigt der Wert jedoch kontinuierlich auf etwa 3,5 an und bleibt dann konstant. Dieser Vorgang wiederholt sich bei erneuter Zugabe der Salzsäure-Lösung. Dass der pH-Wert des Magensaftes nicht über 3,5 bis 4 ansteigt, ist ein großer Vorteil von Aluminiumhydroxid gegenüber anderen Antazida-Inhaltsstoffen. Ein saurer pH-Wert ist einerseits nötig, um eindringende Bakterien abzutöten, und stellt andererseits ein optimales Milieu für die Verdauungsenzyme im Magen dar. 2 Anorganische Chemie im Kontext 1.1 Aluminiumhydroxid als Mittel gegen Sodbrennen Materialgebundene Aufgabe Arbeitsmaterial (Fortsetzung): [Al(H2O)6]3+ Hexaaqua-Komplex (gut wasserlöslich) pH 0 [Al(OH)3(H2O)3] Aluminiumhydroxid (kaum wasserlöslich) pH 7 [Al(OH)4(H2O)2]– Tetrahydroxo-Komplex (gut wasserlöslich) pH 14 Abb. 2: Aluminiumhydroxid bei verschiedenen pH-Werten Aufgaben: a) Erklären Sie die im Material beschriebene Beobachtung bei der Zugabe von verdünnter Salzsäure zu einer Aludrox®-Aufschlämmung! b) Der beschriebene Vorgang lässt sich nicht beliebig oft wiederholen. Berechnen Sie, welche Menge der Salzsäure (c = 0,1 mol/L) man zur Aufschlämmung einer Aludrox®-Tablette (enthält 320 g Al(OH)3) geben kann, bevor die puffernde Wirkung nachlässt! c) Vergleichen Sie das Reaktionsverhalten von Aluminiumhydroxid bei Zugabe einer sauren Lösung mit dem einer Pufferlösung (z. B. Essigsäure-Acetat-Puffer)! Anorganische Chemie im Kontext L 1.1 Aluminiumhydroxid als Mittel gegen Sodbrennen 3 Materialgebundene Aufgabe Lernvoraussetzungen: Löslichkeit von Salzen, Grundlagen der Säure-Base-Chemie, Puffergleichgewichte (z. B. Essigsäure-Acetat-Puffer), (Mat.-Nr. 3.33 bis 3.35 aus Band 3). Lösungserwartungen: zu a) In einer wässrigen Aufschlämmung liegt Aluminiumhydroxid in einem schlecht löslichen Komplex vor. Demzufolge ist auch die Konzentration an freien HydroxidIonen gering. Erst wenn der pH-Wert unter eine gewisse Schwelle absinkt, löst sich das Salz und es kann zu einer Neutralisationsreaktion kommen. Dieser Zusammenhang wird im beschriebenen Versuch deutlich: Bei einem pHWert von 2 geht ein Teil des Aluminiumhydroxids in den löslichen HexaaquaKomplex über, wobei die frei werdenden Hydroxid-Ionen mit den Oxonium-Ionen der sauren Lösung reagieren. Diese Neutralisationsreaktion kommt jedoch zum Erliegen, wenn der pH-Wert auf 3,5 angestiegen ist. Hier liegt offenbar der erwähnte Schwellenwert, oberhalb dem keine weiteren Hydroxid-Ionen aus dem Salz freigesetzt werden. zu b) Aus den Atommassen der beteiligten Elemente (ein PSE sollte bei der Bearbeitung der Aufgabe zur Verfügung stehen) errechnet sich eine molare Masse von M (Al(OH)3) = 78 g/mol. Eine Tablette enthält demnach n (Al(OH)3) = 0,0041 mol bzw. n (OH–) = 0,0123 mol. Damit lassen sich 123 mL Salzsäure-Lösung (c = 0,1 mol/L) neutralisieren. zu c) Der zentrale Unterschied zwischen einer Pufferlösung im engeren Sinne und einer Aluminiumhydroxid-Aufschlämmung liegt darin, dass es sich im ersten Fall um das Protolysegleichgewicht zwischen einer schwachen Säure und deren korrespondierender Base handelt, im zweiten Fall hingegen um das pH-abhängige Lösungsgleichgewicht zwischen einem Feststoff und seiner wässrigen Lösung. In ihrer Wirkung unterscheiden sich beide hingegen nur wenig: In beiden Fällen wird bei Zugabe einer sauren Lösung der pH-Wert so lange konstant gehalten, bis die puffernde Substanz aufgebraucht ist. Literatur: M. Rossow, J. Freienberg, A. Flint: Aludrox®-Löslichkeit, Amphoterie und Pufferwirkung am Beispiel eines Antazidums. PdN-ChiS 50 (2001) H. 7, S. 45 bis 47.