86 Bd. 315 (1959) Untersuchungen zur Biosynthese der Proteine, II1 ] Über die Verteilung der aminosäureaktivierenden Enzyme in Zellfraktionen aus Homogenaten von Escherichia coli B. Von D. J. McCorquodale und W. Zillig Aus dem Max-Planck-Institut für Biochemie, München (Der Schriftleitung zugegangen am 9. Januar 1959) Wir haben kürzlich die Isolierung und Fraktionierung zweier zellfreier Systeme aus Escherichia coli B. beschrieben, die den Einbau radioaktiv markierter Aminosäuren in Proteine katalysieren1'2. Sowohl eine aus größeren Partikeln bestehende Fraktion (Debris) als auch eine Ribonucleoproteid-Partikel-Fraktion (RNP*) bauen in Gegenwart von löslichen Polyribonucleotiden relativ geringen Molekulargewichtes und Adenosintriphosphat (ATP) als Cofaktor Aminosäuren in Proteine ein. Im Falle des RNP-Systems ist darüber hinaus noch der Zusatz einer aus DNS- und RNP-freiem Überstand (14-Stdn.-Überstand) durch isoelektrische Fällung bei £> 4,4 gewonnenen löslichen Proteinfraktion ( &-Fraktion) erforderlich. Es war daher zu prüfen, ob die von Hoagland 3 zuerst beschriebenen und mit der Proteinbiosynthese in Verbindung gebrachten aminosäureaktivierenden Enzyme auch an diesem Einbau beteiligt sind und wie sie sich über die Fraktionen der Einbausysteme verteilen. Methoden E. coli B. wurde wie früher beschrieben1 gezüchtet und homogenisiert. Das Homogenat wurde durch differentielle Zentrifugation in die Desbris-Fraktion, die in 10 Min. bei 20000 U/Min, im Rotor R 30 der Spinco-Zentrifuge, Modell L, sedimentiert, in die RNP-Partikel, die im Rotor R 40 bei 40000 U/Min, in 5 Stdn. sedimentieren, und in einen DNS- und RNP-freien 14-Stdn.-40000-U/Min.-Überstand zerlegt. Dieser Überstand wurde durch Elektrophorese nach Tiselius in eine nucleotidfreie Proteinfraktion (Albuminspektrum im UV) und eine RNS- : Fraktion aufgetrennt. Die RNP-Partikel wurden in magnesiumhaJtigem PhospJmtpuffer1 suspendiert und nochmals 5 Stdn. bei 30000 U/Min. (R 30) sedimentiert. Das Sediment * Es werden folgende Abkürzungen verwendet: RNS = Ribonucleinsäure, RNP 1= Ribonucleoproteid, DNS = Desoxyribonucleinsäure, PP = Pyrophosphat. L Mitteü.: D. Schachtschabel u. W. Zillig, diese Z. 314, 262 [1959]. 2 D. Schachtschabel u. W. Zillig, IV. Internat. Kongr. f. Biochemie Wien, L—6. Sept. 1958, S. 76, Pergamon Press, London 1958; W. Zillig u. D. J. McCorquodale, ebenda, S. 76. 3 M. B. Hoagland, E. B. Keller u, P. C, Zamecnik, J. biol. Chemistry 218, 345 [1956]. Unauthenticated Download Date | 5/11/16 7:40 [ Bd. 315 (1959) Zur Biosynthese der Proteine, II 87 wurde durch Fällung mit Ammoniumsulfat zwischen 30 und 50% Sättigung von begleitendem löslichem Protein befreit. Die Partikel bleiben dabei hinsichtlich ihrer physikalischen Eigenschaften und in ihrer Fähigkeit, markierte Aminosäuren 'in ihr Protein einzubauen, unbeeinflußt. Die Debris-Fraktion, der 14-Stdn.-Überstand, das elektrophoretisch präparierte micleotidfreie Protein und die RNP-Fraktion wurden wie in der Legende zur Tabelle angegeben inkubiert. Die Reaktion wurde durch Zusatz von Trichloressigsäure abgebrochen und das ATP-[32P] nach Crane und Lipmann 4 in der Modifikation von De Moss und Novelli 5 isoliert. Die auf Phosphatgehalt analysierten6 salzsauren Hydrolysate wurden auf Aluminiumplättchen, die mit einem säurefesten Überzug (Araldit) versehen worden waren, aufgebracht und im SC-16Gasflow-counter der Fa. Tracerlab gezählt. Der statistische Fehler betrug dabei nicht mehr als 5%. In der Berechnung wurde angenommen, daß je 2 Mol Orthophosphat im Hydrolysat einem Mol ATP entsprechen. Orthophosphat-[32P] wurde von der Kernreaktor-Bauund Betriebsgesellschaft mbH, Karlsruhe, bezogen, Pyrophosphat-[32P] daraus nach McCorquo7 dale und Mueller dargestellt; ATP wurde von Waldhof, Mannheim, die Aminosäuren wurden von der Hoffmann-La Roche-AG, Basel, bezogen. Protein wurde nach L o wry et al.8 bestimmt. Ergebnisse Enzyme, die den aminosäureabhängigen Austausch von 32P zwischen ATP und 32PP katalysieren, sind in allen getesteten Fraktionen außer der RNP-Fraktion in signifikanten Mengen enthalten (Tabelle). Da der 14-Stdn.-Überstand dem von De Moss und Novelli 5 untersuchten .-co^-Extrakt entspricht, war zu erwarten, daß die von diesen Autoren in ihrer Präpäration nachgewiesene Gruppe von austauschkatalysierenden Aminosäuren auch im 14-Stdn.-Überstand aktiv sei. Die Übereinstimmung ist in der Tat weitgehend. Abweichend von De Moss und Novelli finden wir jedoch im Überstand auch serin- und threoninabhängigen, jedoch keinen von Phenylalanin katalysierten Austausch. Die lösliche, mucleotidfreie Proteinfraktion, die aus dem Überstand durch elektrophor^tische Abtrennung der Nucleinsäuren dargestellt wurde, sollte die gleiche Gruppe aminosäureaktivierender Enzyme enthalten wie der Überstand selbst. Wir finden jedoch, daß in dieser Präparation nur 6 der im Überstand aktiven 10 Aminosäuren den Austausch katalysieren. Die aktivierenden Enzyme für Serin, Isoleucin, Threonin und Methionin sind im Verlauf der Operation entweder inaktiviert oder entfernt worden. Die sehr niedrige Austauschkapazität der RNP-Fraktion ist nicht signifikant. Die Debrisfraktion enthält aktivierende Enzyme für sämtliche 21 normalerweise in Proteinen gefundenen Aminosäuren. 4 5 R. K. Grane u. F. Lipmann, J. biol. Chemistry 201, 235 [1953]. J. A. De Moss u. G. D. Novelli, Biochim. biophysica Acta [Amsterdam] 22, 496 [1956]. C. H. Fiske u. Y. Subbarow, J. biol. Chemistry 66, 375 [1925]. 7 D. J. McCorquodale u. G. C. Mueller, J. biol. Chemistry 232, 31 [1958]. 8 0. L. Lowry, N. J. Rosebrough, A. L. Farr u. R. J. Randall, J. biol. Chemistry 193, 265 [1951]. Unauthenticated Download Date | 5/11/16 7:40 D. J. McCorquodale und W. Zillig, Bd. 315 (1959) Verteilung aminos ureaktivierender Enzyme in Fraktionen aus Homogenaten von E. coli B. 0,5 ml Enzym, entsprechend 5 rng Debris-Protein, l mg 14-Stdn.- berstand oder 0,55mg nucleotidfreier berstand, wurde mit 5μΜο1 ATP, 2μΜο1 32PP (42800 Imp./Min./μΜοΙ in den Experimenten mit Debris und nucleotidfreiem berstand, 320000 Imp./Min./μΜοΙ bei den Inkubationen mit 14-Stdn.- berstand und RNPPartikeln), 4 μΜο! MgCl2, 25 //Mol Phosphat, gepuffert auf ρπβ,δ, und δ μΜο! der einzehien L-Aminos uren in einem Vol. von 1,0 ml 15 Min. bei 37° in Luftatmosph re inkubiert. Werte, die signifikant h her sind als die Kontrolle, sind fettgedruckt. ΡΓέiparate πιμΜο 1 32PP in ATIYmg Protein in ] 5 Min. Nucleotidfreie 14-Stdn.Fraktion aus RNPDebris berstand 14-Stdn.- ber- Partikel stand Kontrollen : ohne Aminos ure . . . . ohne ATP ohne Enzym Asparagins ure Glycin Cystein Hydroxyprolin Glutamin Arscinin Asparagin Serin Phenylalanin Prolin . Histidin Glutamins ure Lysin Tryptophan Tyrosin Leucin Isoleucin Threonin Valiii . . . Alanin Methionin . . . . 19 15 2 55 0 0 35 5 0 10 0 0 25 25 26 26 27 27 28 28 30 31 31 40 46 47 49 57 58 60 63 63 225 54 54 143 56 54 54 56 77 54 54 63 56 56 129 86 76 133 100 126 54 125 34 34 43 34 35 35 35 34 34 34 58 34 34 169 51 124 34 36 81 36 34 10 11 11 9 9 10 11 11 10 9 10 9 11 9 11 11 11 9 9 10 11 l g Bakterien (Trockengewicht) liefert etwa 560 mg Debris-Fraktion, 200mg 14-Stdn.- berstand und 237mg RNP-Partikel. Ein betr chtlicher Anteil der gesamten aminos ureaktivierenden Enzyme ist demnach an Partikel gebunden. Zahl und Art der aminos ureaktivierenden Enzyme, die man in einer gegebenen Pr paration findet, scheinen von der Festigkeit ihrer Bindung an Partikel und von der gew hlten Extraktionsprozedur, die labile Enzyme inaktivieren kann, abzuh ngen. Unauthenticated Download Date | 5/11/16 7:40 Bd. 315 (1959) Zur Biosynthese der Proteine, II 89 Diskussion Die Ergebnisse zeigen, daß aminosäureaktivierende Enzyme in Homogenaten von E. coli sowohl in löslicher als auch in partikelgebundener Form vorliegen. Die in Gegenwart von RNS und ATP zum Einbau von Aminosäuren in Protein befähigte Debris-Fraktion enthält aktivierende Enzyme für alle 21 normalerweise im Protein gefundenen Aminosäuren. Dies erklärt den Befund, daß der Zusatz der löslichen, aminosäureaktivierende Enzyme enthaltenden Fraktion für den Einbau im Debris-System nicht notwendig ist1. Im RNP-System ist außer dem Zusatz von löslicher RNS (L-RNS) die Gegenwart löslichen Proteins (#>H4-Fraktion, 14-Stdn.-Überstand oder nucleotidfreies Protein daraus) für den Einbau von Aminosäure ins Protein erforderlich. Die Aktivität des Über stand s im Einbausystem ist proportional seinem Gehalt an aktivierendem Enzym, Diese Befunde machen den absoluten Bedarf an aminosäureaktivierenden Enzymen in beiden Einbausystemen wahrscheinlich. Herrn Prof. Dr. A. Butenandt danken wir sehr für wohlwollende Förderung der Arbeit. Der eine von uns (McC.) dankt für ein großzügiges Stipendium der American Cancer Society. Zusammenfassung Die Fähigkeit verschiedener Fraktionen aus Homogenaten von E. coli B., den aminosäureabhängigen Austausch zwischen 32PP und ATP zu katalysieren, wurde bestimmt. Amülosäureaktivierende Enzyme wurden in signifikanter Menge in der Debris-Fraktion, dem 14-Stdn.Überstand und der daraus durch elektrophoretische Abtrennung der Nucleotide gewonnenen nucleotidfreien Proteinfraktion, nicht hingegen in der Ribonucleoprot3id-Fraktion, nachgewiesen. Die Debris-Fraktion enthält aktivierende Enzyme für sämtliche normalerweise in Proteinen gefundenen 21 Aminosäuren, der 14-Stdn.-Überstand nur eine Gruppe davon. Summary The ability of various fractions from homogenates of E. coli B. to catalyze an amino acid-dependent 32PP-ATP exchange was tested. Amino acid-activating enzymes were found in substantial quantities in the debris fraction, the 14 hr.-105,000 g supernatant, and tlie protein electrophoretically isolated from the 14' hr.-105,000 g supernatant. The ribonucleoprotein particles exhibited a low level of activity which was considered to be due to contamination with soluble amino acidactivating enzymes. Amino acid-activating enzymes corresponding to all 21 amino acids commonly found in nature were detected in the debris fraction. Unauthenticated Download Date | 5/11/16 7:40