Ausgabe vom Montag, 30. Juni 2008 <<< zurück zur Artikelübersicht <<< Gesundheit Stört Alkohol zum Essen am Abend den Schlaf? Kurzantwort Alkohol ist ein schlechter Schlafkumpan. Man wird zwar müde davon und schläft leicht ein. Nach einigen Stunden aber stören die Abbauprodukte des Alkohols den Schlaf nachhaltig. Die Verdauung setzt sofort ein. Bei einem leichten Essen ist der Magen nach zwei Stunden wieder vollständig entleert. Ein leichtes Essen am Abend ohne Alkohol belastet die Verdauungsorgane wenig, sodass sie den Schlaf nicht stören, meint Dr. med. Werner Karrer, Chefarzt, Executive MBA HSG, Luzerner Höhenklinik Montana, Crans-Montana. Wenn ich um zirka 19 Uhr etwas Leichtes esse und auch Wein dazu geniesse, erwache ich regelmässig gegen 3 Uhr und kann dann bis zu zwei Stunden nicht mehr einschlafen. Könnte der Alkohol daran schuld sein? Wann beginnt die Verarbeitung des Gegessenen? Kann die Verdauung den Schlaf stören? M.B. in R. Ihre Schilderung ist wie aus dem Lehrbuch. Alkohol, auch nur in kleinen Mengen, stösst den Schlaf an, wie man im Fachjargon sagt. Mit einem Schlummerbecher oder einem Glas Wein vor dem Schlafengehen glauben viele, die besten Voraussetzungen für einen guten Schlaf geschaffen zu haben. Das ist aber nicht so. Viele Menschen schlafen zwar mit einer kleinen Menge Alkohol besser ein. Der Alkohol ist jedoch ein schlechter Schlafkumpan. Man wird zwar müde davon und schläft leicht ein. Nach einigen Stunden aber stören die Abbauprodukte des Alkohols den Schlaf nachhaltig. Die so genannte Schlafarchitektur, die regelmässige Abfolge der Schlafstadien (oberflächlicher Schlaf, Tiefschlaf, Traumschlaf) wird nachhaltig gestört. Empfindliche Menschen erwachen und können, da die Müdigkeit nach einigen Stunden Schlaf nicht mehr so erdrückend ist, kaum wieder einschlafen. Ähnlich steht es mit dem Koffein, das Körper und Kreislauf anregt und im Kaffee, Schwarztee, aber auch in vielen Süssgetränken und Energy-Drinks enthalten ist. Auch Koffein stört den Schlaf bei empfindlichen Menschen, allerdings auf andere Weise als der Alkohol: Nach Kaffeegenuss ist oft das Einschlafen schon gar nicht möglich. Der Kaffeetrinker erlebt also zu Beginn der Nacht das Gleiche, was dem Alkoholtrinker in der Nachtmitte widerfährt. Die Verdauung setzt sofort ein Nach einem Essen setzt die Verdauung sofort ein. Die Nahrung wird im Mund zerkleinert und im sauren Milieu des Magens in ihre Bestandteile zersetzt. Der Zwölffingerdarm mit den Verdauungssäften der Bauchspeicheldrüse und die Galle aus der Leber verdauen die Nahrung weiter. Die einzelnen Bestandteile werden dann im etwa zwei Meter langen Dünndarm sukzessive ins Blut aufgenommen und über den Blutkreislauf in alle Organe, auch in die Leber, transportiert. In der Leber wird ein Grossteil der Aufbaustoffe für den Körper gebildet, und aufgenommene Schadstoffe werden abgebaut. Leichtes und schweres Essen Bei leichtem Essen ist der Magen bereits nach zwei Stunden völlig entleert und die Verdauung geht im Dünndarm weiter. Dort stört die leichte Kost das Befinden nicht. Bei schwerem Essen hingegen kann die Verdauung mehrere Stunden dauern und somit auch den Schlaf stören. Man sagt dann, dass das Essen einem «aufliegt». Das bedeutet nichts anderes, als dass die verzögerte Verdauung Magen, Darm und Leber auf Trab hält. Dies kann wegen Völlegefühl und reger Darmtätigkeit zu Schlafproblemen führen. Verzicht auf Alkohol am Abend Ein leichtes Essen am Abend ohne Alkohol ist also das beste Schlafmittel. Die Verdauungsorgane sind nicht so stark belastet, dass sie den Schlaf stören könnten, aber die Nahrung enthält trotzdem genügend Energie und Zucker für die Nacht, um kein Hungergefühl aufkommen zu lassen. Der Verzicht auf Alkohol am Abend verbessert die Schlafqualität. Dr. med. Werner Karrer, Crans-Montana