Grundbegriffe der Mengenlehre und der Logik

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ANALYSIS 1
Kapitel 1:
Grundbegrie der Mengenlehre und der Logik
MAB.01012UB MAT.101UB
Vorlesung im WS 2017/18
Günter LETTL
Institut für Mathematik und wissenschaftliches Rechnen
Karl-Franzens-Universität Graz
1.1 Naive Mengenlehre
Denition einer Menge nach Georg Cantor (1845 1918):
,,Eine Menge
M
ist eine Zusammenfassung bestimmter,
wohlunterschiedener Objekte unserer Anschauung oder unseres
Denkens (welche die Elemente von
M
genannt werden) zu einem
Ganzen.
Ist
M
a ein Objekt, so gilt
a ∈ M (,,a ist Element von M , ,,a liegt in M )
a∈
/ M (,,a ist kein Element von M , ,,a gehört nicht
eine Menge und
entweder
oder
zu
M ).
Relationen zwischen Mengen:
M
und
N
seien beliebige Mengen.
Gleichheit:
M=N
M
und
N
heiÿen gleich genau dann, wenn sie
dieselben Elemente enthalten.
Negation: Ungleichheit:
Teilmenge:
M⊂N
M 6= N
M
M
und
N
sind nicht gleich.
ist eine Teilmenge von
enthalten) genau dann, wenn jedes Element von
gehört. (andere Notationen:
Echte Teilmenge:
genau dann, wenn
M 6⊂ N
M 6⊆ N )
keine Teilmenge:
Notation:
M$N
M⊂N
N (ist in N
M auch zu N
M ⊆ N, M j N)
M
und
M
ist eine echte Teilmenge von
M 6= N
N
erfüllt sind.
ist keine Teilmenge von
N.
(andere
Operationen mit Mengen:
M
und
N
seien beliebige Mengen.
Der Durchschnitt von
M
und
N, M ∩ N,
ist die Menge, die aus
genau jenen Elementen besteht, die sowohl zu
M
als auch zu
N
gehören.
Die Mengen
M
elementfremd,
N heiÿen (zueinander)
wenn M ∩ N = {} gilt.
und
Die Vereinigung von
M
und
N, M ∪ N,
disjunkt oder
ist die Menge, die aus
genau jenen Objekten besteht, die Elemente von
M
oder von
N
(oder von beiden) sind.
Die Dierenz von
Elemente von
M,
M
und
welche
N , M \ N , ist die Menge
nicht zu N gehören.
derjeniger
Das (kartesische) Produkt (oder die Produktmenge) von
M ×N
welche
besitzt als Elemente genau alle geordneten Paare
a∈M
und
b∈N
gilt.
M × N = {(a, b) | a ∈ M
und
b ∈ N} .
M und N ,
(a, b), für
Denition (1)
Es sei
M
eine Menge.
a) Enthält M
kein Element, so heiÿt
Schreibweise:
M = {} = ∅.
M
,,die leere Menge.
b) Die Menge aller Teilmengen von M ,
P(M) = {A | A ⊂ M} ,
heiÿt die Potenzmenge von
M.
Satz (1)
a)
Es gibt nur eine leere Menge.
b)
Für jede Menge
M
gilt:
∅ ⊂ M.
Denition (1)
Es sei
M
eine Menge.
a) Enthält M
kein Element, so heiÿt
Schreibweise:
M = {} = ∅.
M
,,die leere Menge.
b) Die Menge aller Teilmengen von M ,
P(M) = {A | A ⊂ M} ,
heiÿt die Potenzmenge von
M.
Satz (1)
a)
Es gibt nur eine leere Menge.
b)
Für jede Menge
M
gilt:
∅ ⊂ M.
1.2 Aussagenlogik und Beweise
Eine (mathematische oder logische) Aussage ist entweder wahr
oder falsch.
Eine (mathematische oder logische) Aussageform (oder Prädikat)
enthält eine (oder mehrere) freie Variablen (= Unbestimmte).
Durch Einsetzen konkreter Werte für die Variablen entsteht aus
einer Aussageform eine Aussage, die dann entweder wahr oder
falsch ist.
Operationen mit Aussagen (= logische Verknüpfungen):
Für das Folgende seien
Negation:
¬A
(,,nicht
A
und
A,
B
,,non
(irgendwelche) Aussagen.
A)
ist die Aussage, die genau dann wahr ist, wenn
A
falsch ist.
A∧B
Konjunktion:
(,,A und
B )
ist die Aussage, die genau dann wahr ist, wenn sowohl
B
A
als auch
wahr sind.
Disjunktion:
A∨B
(,,A oder
B )
ist die Aussage, die genau dann wahr ist, wenn
A
wahr ist oder
B
wahr ist (oder beide).
A ⇒ B (,,aus A folgt B , ,,A impliziert B , ,,B ist
A, ,,A ist hinreichend für B )
Aussage, die genau dann wahr ist, wenn A falsch ist oder B
Implikation:
notwendig für
ist die
wahr ist.
Äquivalenz:
A⇔B
(,,A und
gilt genau dann, wenn
für
B
B
sind (logisch) gleichwertig , ,,A
gilt , ,,A ist notwendig und hinreichend
B )
ist die Aussage, die genau dann wahr ist, wenn
beide wahr oder beide falsch sind.
A
und
B
entweder
Logische Quantoren:
Es seien
M
eine Menge und
beliebige Elemente
x ∈M
A(x)
eine Aussageform, die für
(für ,,die Unbestimmte
∀x ∈ M : A(x) ist wahr genau
x ∈ M die Aussage A wahr ist.
Die Aussage
Elemente
∃x ∈ M : A(x)
x ∈ M gibt, für das
Die Aussage
Element
x )
formuliert ist.
dann, wenn für alle
ist wahr genau dann, wenn es ein
die Aussage
A
wahr ist.
Denition (2) (Mengenrelationen und -operationen mit
logischen Symbolen)
Es seien
M
und
N
beliebige Mengen. Wir denieren:
def
a) (M ⊂ N) ⇐⇒
∀x ∈ M: x ∈ N
def
(M = N) ⇐⇒ (∀x ∈ M: x ∈ N) ∧ (∀x ∈ N: x ∈ M) ⇔
⇔ (M ⊂ N) ∧ (N ⊂ M)
b) M ∩ N = {x | x ∈ M ∧ x ∈ N}
M ∪ N = {x | x ∈ M ∨ x ∈ N}
M \ N = {x ∈ M | x ∈
/ N}
Denition (2) (Fortsetzung)
c) Es sei I
eine nichtleere Menge, und für jedes
i ∈I
sei
Mi
eine
Menge.
Dann heiÿt
\
Mi = {x | ∀i ∈ I : x ∈ Mi }
i∈I
die Durchschnittsmenge der Familie von Mengen
[
(Mi )i∈I ,
Mi = {x | ∃i ∈ I : x ∈ Mi }
i∈I
die Vereinigungsmenge der Familie von Mengen
(Mi )i∈I .
und
Satz (2) (Rechenregeln für Mengenoperationen)
Für (beliebige) Mengen
A, B
und
C
gelten die folgenden Aussagen:
Kommutativgesetze:
A∪B =B ∪A
A∩B =B ∩A
Assoziativgesetze:
A ∪ (B ∪ C ) = (A ∪ B) ∪ C
A ∩ (B ∩ C ) = (A ∩ B) ∩ C
Distributivgesetze:
A ∪ (B ∩ C ) = (A ∪ B) ∩ (A ∪ C )
A ∩ (B ∪ C ) = (A ∩ B) ∪ (A ∩ C )
De Morgan'sche Regeln:
A \ (B ∪ C ) = (A \ B) ∩ (A \ C )
A \ (B ∩ C ) = (A \ B) ∪ (A \ C )
Denition (3)
Eine Menge
M
M heiÿt endlich, wenn es ein n ∈ N0
n (verschiedene) Elemente.
gibt, sodass gilt:
hat genau
Wir schreiben dann
#M = n
und nennen
(oder Kardinalität, Mächtigkeit) von
M nicht
#M = ∞).
Ist die Menge
schreiben
n
die Elementanzahl
M.
endlich, so heiÿt
M
unendlich (und wir
1.3 Vollständige Induktion und Rekursion
Prinzip der vollständigen Induktion:
Es sei
n0 ∈ Z
n∈N
sei eine Aussage
wahre
A(n0 )
und
∀n ∈ N : A(n) ⇒ A(n + 1)
Aussagen, so gilt A(n) für alle n ∈ N .
(I1)
(I2)
eine ganze Zahl und
Bemerkung: Statt
(I2')
A(n)
N = {n ∈ Z | n ≥ n0 }.
Für jedes
formuliert. Sind
(I2) ist auch folgende Variante erlaubt:
∀n ∈ N : (A(n0 ) ∧ A(n0 + 1) ∧ . . . ∧ A(n)) ⇒ A(n + 1).
Satz (3) (Minimumprinzip)
A von N0 besitzt ein Minimum
(= kleinstes Element; d. h. ∃ m ∈ A, sodass ∀a ∈ A : m ≤ a;
Schreibweise: m = min(A)).
Jede nicht leere Teilmenge
Rekursive Denition
(= Konstruktion durch vollständige
Induktion):
Es sei
n0 ∈ Z
tischen Begri
(R1)
(R2)
E(n0 )
N = {n ∈ Z | n ≥ n0 }. Um einen mathemaE(n) für alle n ∈ N zu denieren, genügt es:
und
zu denieren
∀n ∈ N: E(n + 1)
und
mit Hilfe von
E(n)
zu denieren
[bzw.
(R2')
∀n ∈ N: E(n + 1)
mit Hilfe von
E(n), E(n − 1), . . . , E(n0 )
zu denieren].
Satz (4)
Für
n∈N
ist die Anzahl aller möglichen Anordnungen
( = ,,Permutationen) von
n
verschiedenen Objekten
n!
Denition (4)
Für
n, k ∈ N0
wird der Binomialkoezient
n
k , sprich ,,n über
deniert durch:

n!

n
k! (n − k)!
=

k
falls 0
0
Oensichtlich gilt für 0
≤ k ≤ n:
falls
n
k
=
≤k ≤n
.
n<k
n
n−k .
Satz (5)
n, k ∈ N0 gilt:
k n−i +1
Q
n
n(n − 1)(n − 2) . . . (n − k + 1)
i)
=
=
k
i
k!
i=1
n+1
n
n
n
ii)
und
k+1 = k+1 + k
k ∈ N0
Für
iii) Eine endliche Menge
Teilmengen mit
k
M
mit
Elementen.
n
Elementen besitzt genau
n
k
k ,
Denition (4)
Für
n, k ∈ N0
wird der Binomialkoezient
n
k , sprich ,,n über
deniert durch:

n!

n
k! (n − k)!
=

k
falls 0
0
Oensichtlich gilt für 0
≤ k ≤ n:
falls
n
k
=
≤k ≤n
.
n<k
n
n−k .
Satz (5)
n, k ∈ N0 gilt:
k n−i +1
Q
n
n(n − 1)(n − 2) . . . (n − k + 1)
i)
=
=
k
i
k!
i=1
n+1
n
n
n
ii)
und
k+1 = k+1 + k
k ∈ N0
Für
iii) Eine endliche Menge
Teilmengen mit
k
M
mit
Elementen.
n
Elementen besitzt genau
n
k
k ,
Satz (6) (Binomischer Lehrsatz)
n ∈ N gilt:
n X
n n−i i
n
(a + b) =
a b =
i
i=0
n−1
n
= an + n1 an−1 b + n2 an−2 b 2 + . . . + n−
ab
+ bn .
1
Für (beliebige) Zahlen
a, b
und
Korollar
a)
Für
b)
Ist
n ∈ N0
M
gilt:
n
P
n
= 2n .
i=0 i
eine endliche Menge mit
#M = n ∈ N0 ,
n
#P(M) = 2 .
so gilt:
Satz (6) (Binomischer Lehrsatz)
n ∈ N gilt:
n X
n n−i i
n
(a + b) =
a b =
i
i=0
n−1
n
= an + n1 an−1 b + n2 an−2 b 2 + . . . + n−
ab
+ bn .
1
Für (beliebige) Zahlen
a, b
und
Korollar
a)
Für
b)
Ist
n ∈ N0
M
gilt:
n
P
n
= 2n .
i=0 i
eine endliche Menge mit
#M = n ∈ N0 ,
n
#P(M) = 2 .
so gilt:
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