Sonderdruck aus Ausgabe 2014 – 20-21 vom 12. Mai 2014 Potenzielle Cloud-Anwender fürchten ­vor allem Performance-Probleme Wer seine Applikationen in die Cloud gibt, braucht ein hohes Maß an Vertrauen in den Provider, denn transparente und an den Geschäftszielen orientierte Service- Level-Agreements sind derzeit Mangel­ ware. Deshalb fürchten viele IT-Manager Performance-Probleme, die sich nicht kurzfristig lösen lassen. A lle reden über Sicherheitsprobleme, kaum jemand über Performance – zumindest, wenn es um die Nutzung von Cloud-Services geht. Wie eine Studie des Marktforschungsunternehmens Research in Action GmbH mit Sitz in Hartenfels belegt, sehen sich ITProfis aber ebenso stark von Server-Aus- Von Karin Quack, leitende Redakteurin fällen und Durchsatzschwächen bedroht wie von den häufig zitierten Datenlecks. Fast vier Fünftel vermissen handfeste ­Garantien in den Provider-Verträgen. Diese Aussagen beruhen auf einer internationalen Befragung von 740 leitenden IT-Mitar­beitern, die aus dem Dezember Cloud-SLAs nach Maßgabe der Business-Ziele Diese Kriterien würden IT-Manager gern messbar machen Welche Metriken sollten aus Ihrer Sicht Bestandteil der mit Cloud-Service-Anbietern vereinbarten SLAs sein? So fragte Research in Action die 740 Teilnehmer der Studie. Dabei musste sich jeder für das ihm wichtigste Kriterium entscheiden. Antwortzeiten/Qualität des Service aus Endanwendersicht 25 Verfügbarkeit auf Basis eines kontinuierlichen Monitorings 23 SLA-Reporting in Echtzeit Fehlerrate in Transaktionen Tatsächliche Kosten gegenüber Budget 15 Benchmark 12 Kapazitätsplanung 9 8 Verfügbarkeit auf Basis regelmäßigen Monitorings 4 Angaben in Prozent; Quelle: Research in Action/Compuware 3 Weiß nicht 1 2 Sonderdruck 2014 – 20-21 vergangenen Jahres datiert. Auftraggeber war das auf Application- Performance-­ Monitoring spezialisierte Softwareunternehmen Compuware APM; ­Research in Action beteuert aber die Unabhängigkeit der Umfrage. SLAs für die Kunden, nicht für Provider Dass das Anwendungs-Hosting in der Cloud Vorteile hat, wollen weder Research in Action noch Compuware bestreiten. Aber je mehr Kunden sich die Services ­eines Anbieters teilten, desto schwieriger werde es, Durchsatz und Verfügbarkeit in einem für die Kunden akzeptablen ­Bereich zu halten, geben sie zu bedenken. Dabei sei es für Unternehmen nicht immer einfach, sich einen Überblick über die Infrastruktur des Cloud-Providers und ihre eventuellen Beschränkungen zu verschaffen. Auftretende Probleme erkenne Ein paar Empfehlungen der Studienautoren D Bestehen Sie auf flexiblen SLAs, die auf Ihren Geschäftszielen beruhen – und nicht auf den Berichtsanforderungen des Cloud-Providers. Bestimmen Sie selbst, wie Sie im Fall eines Serviceproblems benachrichtigt werden wollen. ­Legen Sie fest, welche Reaktionszeiten und Eskalationsmöglichkeiten in ­dieser Situation greifen. D Betrachten Sie den oder die Cloud-Provider als verlängerten Arm Ihres ITTeams – mit entsprechenden Vorgaben und Zielsetzungen. Ziehen Sie den Anbieter für n ­ egative Auswirkungen eines mangelhaften Service zur Verantwortung. D Fordern Sie, so weit möglich, Einsicht in die Cloud-Infrastruktur, damit Sie Engpässe identifizieren und die Ressourcenauslastung verfolgen können, statt auf monatliche B ­ erichte zu warten. Formulieren Sie die SLAs so, dass der Anbieter verpflichtet ist, ­dominante Co-Nutzer zu identifizieren und nötigenfalls zu verlagern. D Stellen Sie sicher, dass auch der Cloud-Provider Zugang zu Ihren Ende-zu-­ Ende-Daten hat. Nur so hat er eine Chance, zu reagieren. Und Sie vermeiden Konfliktsituationen mit gegenseitigen Schuldzuweisungen. D Beschäftigen Sie sich mit Tools für das Anwendungs-Performance-Management der nächsten Generation, die auch IaaS- und PaaS-Umgebungen überwachen können. er meist erst dann, wenn sie am Ende auch seine eigenen Kunden und/oder Endnutzer beeinträchtigten. Der Umfrage zufolge sind es vor allem die mangelhaften Service-Level-Agreements (SLA), die den IT-Managern Kopfzerbrechen bereiten. Denn die in der Cloud verwendeten SLAs sind in den allermeisten Fällen allein vom Anbieter formuliert, also auch aus seiner Perspektive gestaltet. Sie beziehen sich deswegen gern auf Daten wie durchschnittliche Host-, Disk- oder Netzverfügbarkeit. Damit vermitteln sie, wie die Autoren der Studie meinen, „ein falsches Gefühl der Sicherheit“. Kunden stochern oft im Nebel Viele IT-Manager haben diese Crux längst erkannt. Wer seine Anwendungen in die Cloud gibt, hat wie jedes andere Unternehmen ein vitales Interesse daran, seine Geschäftsrisiken zu verringern. Aber rein infrastrukturbezogene und auf Durchschnittswerten basierende SLAs sagen nichts darüber aus, wie sich eine Downtime oder schleppende Performance auf das tatsächliche Business auswirken – beispielsweise im Jahresendgeschäft oder zu anderen Zeiten saisonaler Spitzenlasten. Offenbar vermissen 79 Prozent der Umfrageteilnehmer handfeste, nachweisbare und auf die tatsächlichen Geschäftsziele bezogene Leistungsbeschreibungen in den Cloud-Verträgen. Grundsätzlich ändere daran auch ein Premium-Service nichts, wie ihn einige Cloud-Provider gegen Aufpreis anbieten, sagen die Studienautoren. Die in der Cloud gebräuchlichen SLAs, falls überhaupt vorhanden, sind nach Ansicht der Befragten zu einfach gestrickt. Darin würden die mit dem Umzug der ­Anwendungen in die Cloud verbundenen 2014 – 20-21 Sonderdruck Risiken kaum angesprochen, das bemängeln auch Research in Action und Compuware. Der Anreiz für die Provider, ihren Kunden mehr Einblick in ihrer Infrastrukturen und mögliche Risiken zu gewähren, sei offenbar überschaubar. Schweigen Provider die Probleme tot? 73 Prozent der Studienteilnehmer äußerten im Zusammenhang der Umfrage sogar die Überzeugung, dass die Anbieter von Dienstleistungen wie Platform as a Service (PaaS) und Infrastructure as a Service (IaaS) zumindest einen Teil der immer mal wieder auftretenden Performance-Probleme unter den Tisch kehrten, anstatt sie zu anzugehen. Und damit kommen sie augenscheinlich auch durch, solange in den Verträgen keine Informationspflicht gegenüber den Kunden verankert ist. Etwa 60 Prozent der befragten IT-Manager wollen auch nicht so recht glauben, dass die Aufteilung der Cloud-Ressourcen, insbesondere der Disk-IOs, unter verschiedenen Anwendern ohne negative Folgen für den Durchsatz der eigenen Anwendungen bleibe. Dazu Michael Masterson, Director für Cloud-Lösungen bei Compuware APM: „Unverfängliche Metriken, die sich auf die reine Uptime konzentrieren, e­ rfassen keine altbekannten Faktoren wie zum Beispiel laute Nachbarn“, sprich: allzu dominante Co-Nutzer der Cloud-Ressourcen. Von den negativen Folgen betroffen seien vor allem herkömmliche Unternehmens­ anwendungen, die nicht „horizontal skalieren“, also nicht auf andere Netzknoten umgeleitet werden könnten. Knapp zwei Drittel der Umfrageteilnehmer sehen denn auch dringenden Bedarf für aussagekräftige und feingranulare SLA-Metriken als Voraussetzung dafür, dass sie ihre geschäftskritischen Applikationen guten Gewissens der Cloud anvertrauen können. Schließlich wollen sie ­ihren Mitarbeitern und Kunden auch künftig eine hochwertige „End-User-Experience“ zur Verfügung stellen, denn die ist in Zeiten selbstbewusster User und wechselbereiter Klientel mehr als nur ein Wohlfühlfaktor. Auf die Frage, welches Kriterium sie vorzugsweise in solchen Metriken abgebildet sähen, antworteten 25 Prozent – und damit die größte Gruppe der IT-Manager: „Antwortzeiten aus Sicht der Endanwender und Qualität jeder e­ inzelnen Inter­ aktion“. Fast ebenso viele Studienteilnehmer (rund 23 Prozent) wollen am liebsten Messzahlen für die „Verfügbarkeit auf der Basis eines kontinuierlichen Monitorings“ in die SLAs aufnehmen. Und 15 Prozent fordern vom Anbieter ein „SLA-Reporting in Echtzeit“. Weitere häufig genannte Kriterien sind die Fehlerrate in Bezug auf die Transaktionen (zwölf Prozent) und die tatsächlichen gegenüber den budgetierten Kosten (neun Prozent). Immerhin acht Prozent der Befragten ­wollen auch Benchmarks in die SLAs integriert wissen. Das heißt, sie würden gern Vergleiche mit Unternehmen aus derselben Branche, in derselben Größenordnung oder in einer vergleichbaren Situa­ tion anstellen. Mangelnde Offenheit Befürchten Sie , dass die IaaSund PaaS-Anbieter PerformanceProbleme vor Ihnen und anderen Kunden verschweigen – obwohl sie direkte Auswirkungen auf die Performance der Anwendungen haben? 2 25 Angaben in Prozent ja nein Untaugliche SLAs Sind Sie der Ansicht, dass die gängigen SLAs bezüglich der Verfügbarkeit von Cloud-Services zu allgemein formuliert sind, also die wirklichen Risiken für Ihre Geschäftsziele gar nicht adressieren können? 2 19 Angaben in Prozent 79 Was die Cloud-Nutzer messen wollen „Kunden, die auf die Cloud setzen, müssen für eine detaillierte SLA-Absicherung sorgen und auf eine schnelle Lösung im Problemfall drängen“, rät Masterson. weiß nicht Quelle: Research in Action/Compuware Intransparenz erschwert Troubleshooting Drei Viertel der Befragten (75 Prozent) fürchten vor allem, die Kontrolle über ihre Anwendungen zu verlieren, wenn sie diese in die Cloud verlagern. Diese Befürchtung ist nach Ansicht von Compuware 73 Ja nein weiß nicht Quelle: Research in Action/Compuware 3 4 Sonderdruck 2014 – 20-21 Dominante Co-Nutzer Befürchten Sie, dass andere Nutzer derselben Cloud Ihnen schwierig aufzuteilende Ressourcen wie Disk-IOs streitig machen und damit Ihre Performance beeinträchtigen könnten? 5 Angaben in Prozent 35 60 Ja nein weiß nicht Quelle: Research in Action/Compuware auch nicht unbegründet – vor allem, weil viele der bislang on Premise eingesetzten Tools für die Anwendungsoptimierung in der Cloud nicht wirksam seien. Eine vollständige Optimierung des Anwendungsbetriebs werde in der Cloud unwahrscheinlicher, der Return on Investment (RoI) durch die Auslagerung schwieriger zu erreichen. Die durch die Cloud-Nutzung meist eingeschränkte Sicht auf die von ihnen genutzte Infrastruktur ist nach Ansicht vieler IT-Manager mit bislang unbekannten Risiken und letztlich auch Kosten verbunden. Etwaige Probleme zu beheben werde auf diese Weise, so sagen 62 Prozent der Befragten, komplizierter als in einer selbst betriebenen Umgebung. „Sobald sie die Kontrolle an die CloudProvider übergeben, verlieren die IT-Abteilungen die Möglichkeit zur Problemlösung und Feinabstimmung von IT-Services“, bestätigt Thomas Mendel, Geschäftsführer von Research in Action. Im Klartext: Es werde nicht nur schwieriger, die Performance für die Endnutzer zu verbessern, sondern auch, ein effektives Troubleshooting zu betreiben. Diese Beeinträchtigung könne sich auf das Geschäftsergebnis auswirken, so Mendels Überzeugung: „Unternehmen, die stetig mit neuen IT-Herausforderungen und Risiken konfrontiert sind, können es sich nicht leisten, durch Schuldzuweisungen bei der Fehlersuche Zeit zu verschwenden.“ Das „wahre Potenzial aus dem Wechsel in die Cloud“ erschließe sich erst dann, wenn die Kooperation mit dem Provider funktioniere, wenn also der Kunde in der Lage sei, mit ihm gemeinsam die Ursache eines Problems rasch zu ermitteln und zu beseitigen. Der Cloud-Nutzer muss kooperieren Nach Ansicht der Studienautoren muss und darf der Kunde nicht tolerieren, dass der Umstieg in die Cloud „ungebremste Risiken“ mit sich bringe: „Wenn Unternehmen für einen Service zahlen, sollte dieser Service auch garantiert ihre Bedürfnisse erfüllen“, so die Ansicht von Research in Action. Zu diesem Zweck müssten aber auch die IT-Bereiche der Kundenunternehmen bereit sein, einen Teil ihrer Ressourcen darauf zu verwenden, mit dem Provider zusammenzuarbeiten. Schließlich sollte der eine Chance haben nachzuvollziehen, wie er die Cloud-Infrastruktur anpassen muss, damit sie den Ansprüchen des jeweiligen Nutzers genügt. k Sonderdruck aus COMPUTERWOCHE 2014 – 20-21 vom 12. Mai 2014 für Compuware GmbH Gutenbergstraße 8 Telefon: +49 6102 83 39 0 63263 Neu-Isenburg E-Mail: [email protected]