Folgen und Reihen Folgen Eine Zahlenfolge a ist eine Funktion, deren Definitionsbereich eine Menge natürlicher Zahlen ist und deren Wertebereich aus reellen Zahlen, den Gliedern der Zahlenfolge, besteht. Folgen Bemerkung Funktion: Zuordnung, Abbildung, formal: Menge von geordneten Paaren, rechtsseitig eindeutig Neben Zahlenfolgen gibt es Folgen von Vektoren, Matrizen, Funktionen, Folgen von Folgen . . . Bezeichnung bei Folgen abweichend von Funktionen, nicht f (n), sondern meist fn . Die Folge heißt dann f , es ist auch zulässig (fn )∞ n=1 . Arithmetische Folge Geometrische Folge Glieder unterscheiden sich um konstante Differenz d rekursive Bildungsvorschrift: an+1 = an + d explizite Bildungsvorschrift: an+1 = a1 + nd Folge fallend für d <0 konstant für d = 0 wachsend für d > 0 Glieder unterscheiden sich um konstanten Quotienten q rekursive Bildungsvorschrift: an+1 = an q explizite Bildungsvorschrift: an+1 = a1 q n Bei a1 > 0 Example (einige Schaltjahre) a=(2004, 2008, 2012, 2016, 2020, Bemerkung: 2024, . . . ) Example (Halbierung) g=(1, Folgen können endlich oder unendlich sein. Arithmetisch vs geometrisch Folge alternierend für q < 0 fallend für 0<q<1 konstant für q=1 wachsend für q > 1 Vielfalt 1/2, 1/4, 1/8, 1/16, . . . ) Fibonacci–Zahlen n=∞ Eine rekursive Zahlenfolge (an )n=n wird durch Anfangsglieder 1 und eine Vorschrift, wie man aus Vorgängern Nachfolger bestimmt, definiert. Beispiel 1 – Fakultäten p0 = 1, pn = n · pn−1 , n = 1, 2, 3 . . . Beispiel 2 – Sparplan k0 = 1000, kn = 1.08kn−1 + 600, n = 1, 2, 3 . . . 18 Beispiel 3 – Fibonacci-Zahlen f0 = 0, f1 = 1, fn+1 = fn + fn−1 , n = 1, 2, 3 . . . Gewöhnlich zieht man eine explizite Darstellung vor. Lösung der Differenzengleichung Die charakteristische Gleichung hat 2 Lösungen: √ 1± 5 z1/2 = 2 Damit erfüllen alle Folgen der Form fn = cz1n + dz2n die Rekursionsvorschrift. Sofern die Formel zur Berechnung des Nachfolgers linear ist und die Koeffizienten konstant sind, ist dies bei Abhängigkeit vom aktuellen oder vom aktuellen und vom letzten Glied problemlos möglich. Wir zeigen dies am Beispiel der Fibonacci–Zahlen. Wir setzen an: fn = z n , setzen in die Rekursionsformel ein und vereinfachen. Wir erhalten die charakteristische Gleichung z2 − z − 1 = 0 . Dies ist das typische Vorgehen bei linearen Differenzengleichungen. Explizite Darstellung Man findet leicht heraus, dass mit den Koeffizienten √ √ 5 5 c= d =− 5 5 die Anfangsbedingungen erfüllt werden. Somit ist die explizite Darstellung der Fibonacci–Zahlen: √ √ !n √ √ !n 5 1+ 5 5 1− 5 fn = − 5 2 5 2 Nach demselben Prinzip geht man bei allen linearen Differenzengleichungen vor. Hierbei gilt: Ordnung der charakteristischen Gleichung = Rekursionstiefe Graphische Darstellung Konvergenz von Folgen Grenzwert limn→∞ an = g Eine Zahlenfolge konvergiert gegen den Grenzwert g, wenn es zu jedem vorgegebenen > 0 ein n0 ∈ N gibt, so dass für alle n ≥ n0 gilt: |g − an | < . 20 40 15 20 10 0 5 0 2 4 6 8 2 4 6 8 10 Nullfolge: limn→∞ an = 0 –20 Die Abbildungen zeigen die ersten 11 Fibonacci–Zahlen. In der rechten Graphik werden beide Summanden einzeln geplottet, der zweite 50-fach überhöht. Grenzwertsätze Falls limn→∞ an = a und limn→∞ bn = b, so gilt: limn→∞ (an ± bn ) = a ± b limn→∞ (an bn ) = ab (bn 6= 0; b 6= 0) limn→∞ abnn = ba spezielle Grenzwerte: limn→∞ n1 = 0 √ limn→∞ n n = 1 n limn→∞ an! = 0 limn→∞ (1 + n1 )n = e 1 n limn→∞ (1 + n−1 ) =e p n limn→∞ (1 + n ) = ep für |a| < 1 =0 n =1 für a = 1 limn→∞ a divergent für |a| > 1 Reihen Reihen Konvergenzkriterien von Reihen sn = a1 + a2 + . . . + an = Pn i=1 ai s = a1 + a2 + . . . + an + . . . = Geometrische Reihe s = - nte Partialsumme P∞ i=1 ai P∞ n=1 a1 q n−1 = limn→∞ sn = a1 1−q konvergiert für |q| < 1. Für q < −1 und q > 1 ist sie divergent. Arithmetische Reihe s = divergiert für alle d 6= 0. P∞ n=1 [a + (n − 1)d] Reihen mit positiven Gliedern Hauptkriterium: Konvergenz genau dann, wenn P Partialsummenfolge ni=1 ai nach oben beschränkt. Definition Majorante ist Reihe, deren Glieder nicht kleiner als die Glieder der untersuchten Reihe sind. Minorante ist Reihe, deren Glieder nicht größer als die der untersuchten Reihe sind. Chauchy: Für alle > 0 existiert ein n0 (), so dass |sm − sn | = |an+1 + an+2 + . . . + am | < für m > n ≥ n0 (). Notwendiges Konvergenzkriterium: Glieder der Reihe bilden eine Nullfolge. Alternierende Reihen s = P∞ n−1 |a | n n=1 (−1) Leibniz: Eine alternierende Reihe ist konvergent, wenn limn→∞ |an | = 0 und |an | monoton fallend ist, d.h.: ∀n ∈ N |an | ≥ |an+1 | . Dann gilt auch: |s − sn | ≤ |an+1 | Vergleichskriterien Harmonische Reihe Verallgemeinerungen 1 + 1/2 + 1/3 + 1/4 + 1/5 + · · · = ∞ X 1 n=1 n Bemerkung: Das allgemeine Glied hn der harmonischen Reihe ist das harmonische Mittel seiner direkten Nachbarn, analog bei der arithmetischen und geometrischen Folge wie Reihe. Bemerkung: Die alternierende harmonischen Reihe konvergiert nach Leibnitz. Bemerkung: Verallgemeinerungen Bemerkung: Die harmonischen Reihe ist divergent, obwohl hn gegen Null strebt. Durch Summation von Sequenzen jeweils bis zur nächsten Zweierpotenz erhält man jeweils Beiträge von mehr als 1/2. (Cauchy-Kontraktion) Vergleichskriterien divergieren sonst. ∞ P n=1 1 nα konvergieren für α > 1 und Absolute Konvergenz Definition Majorantenkriterium: Konvergenz, P∞ 1 falls eine konvergente Majorante existiert, z.B. n=1 n2 . Minorantenkriterium: P∞ 1 Divergenz, falls divergente Minorante existiert, z.B. n=1 n . a limn→∞ an+1 n Quotientenkriterium: Falls = q, so konvergiert die Reihe für q < 1 und divergiert für q > 1. Keine Aussage über Konvergenz und Divergenz im Fall q = 1 möglich. √ Wurzelkriterium: limn→∞ n an = q, so konvergiert die Reihe für q < 1 und divergiert für q > 1. Keine Aussage über Konvergenz und Divergenz im Fall q = 1 möglich. P∞ Eine Reihe n=n0 bn heißt absolut konvergent, wenn die Reihe P∞ n=n0 |bn | konvergiert. Bemerkung: Bei absolut konvergenten Reihen spielt die Reihenfolge der Terme keine Rolle. Man kann etwa alle positiven und alle negativen Terme separat aufaddieren und dann die Bilanz bilden. Ist die Summe der Beträge nicht endlich, kann durch Umsortieren jeder Wert als Grenzwert der Partialsummenfolge erzeugt werden. Bemerkung: Konvergenz der Reihe der Beträge kann auch bei komplexwertigen Reihen als Kriterium für die Konvergenz genutzt werden. Potenzreihen Häufig treten Potenzreihen auf: f (x) = ∞ X Zahlenbereiche cn x n . n=n0 Das allgemeine Glied hängt von einer Variablen x ab. Potenzreihen konvergieren für alle x, deren Betrag kleiner ist als ihr Konvergenzradius r , sofern dieser existiert: p r = lim 1/ n |cn | . n→∞ Beispiel: P n Es ist s(x) = ∞ n=0 x = 1/(1 − x) der Wert der geometrischen Reihe, der für x zwischen −1 und +1 existiert. bekannt: Bereich Bezeichnung natürliche Zahlen ganze Zahlen rationale Zahlen reelle Zahlen Es gilt: Beispiele 0, 1, . . . 0, -1, 1, -2, 2 . . . 7/13, 1.8 π, e N Z Q R N⊂Z⊂Q⊂R (ohne die Grenzen) Bemerkung: cn Wenn der Grenzwert r = lim cn+1 existiert, so ist er gleich n→∞ dem Konvergenzradius. Komplexe Zahlen Paare reeller Zahlen: C 3 z = (x, y ) = x + yi (1, 0) = 1 (0, 1) = i - imaginäre Einheit z̄ Rechenregeln: (x1 + y1 i) + (x2 + y2 i) = x1 + x2 + (y1 + y2 )i (x1 + y1 i) − (x2 + y2 i) = x1 − x2 + (y1 − y2 )i (x1 + y1 i) · (x2 + y2 i) = x1 x2 − y1 y2 + (x1 y2 + x2 y1 )i : (x2 + y2 i) = 1 x − yi = 2 x + yi x + y2 i 2 = −1 Wir bezeichnen: x = Re(z) – Realteil von z y = Im(z) – Imaginärteil von z (x1 + y1 i) Insbesondere: x2 y1 − x1 y2 x1 x2 + y1 y2 + i 2 2 x2 + y2 x22 + y22 = x + yi := |z| = |x + yi| := x − yi − p x2 + y2 − konjugiert komplexe Zahl Betrag Trigonometrische Darstellung Exponentielle Darstellung ∀z = x + yi ∈ C ∃ϕ = arg(z) ∈ R : Neben der kartesischen oder algebraischen Darstellung einer komplexen Zahl z ∈ C z = |z|(cos(ϕ) + i sin(ϕ)) Additionstheoreme z = x + yi sin(ϕ1 + ϕ2 ) = sin(ϕ1 ) cos(ϕ2 ) + sin(ϕ2 ) cos(ϕ1 ) cos(ϕ1 + ϕ2 ) = cos(ϕ1 ) cos(ϕ2 ) − sin(ϕ1 ) sin(ϕ2 ) ⇒ arg(z1 · z2 ) = arg(z1 ) + arg(z2 ) n arg(z ) = n arg(z) n∈N und der trigonometrischen z = |z|(cos(ϕ) + i sin(ϕ)) gibt es dank der komplexen Exponentialfunktion auch noch die Exponentialdarstellung z = |z|eiϕ . → Vorschrift zum Radizieren. exp, sin, cos . . . – Reihenentwicklung (siehe Differentialrechnung) n-te komplexe Wurzel Sei zp= x + iy = r (cos ϕ + i sin ϕ), r = x 2 + y 2 , ϕ = arg(z). Dann gilt mit wkn = z √ ϕ + 2k π ϕ + 2k π n + i sin wk = r cos n n für alle k = 0 . . . n − 1. Damit existieren insbesondere je zwei (rein imaginäre) Quadratwurzeln aus negativen reellen Zahlen. complex.mw Somit wird im Komplexen jede quadratische Gleichung lösbar. Mehr noch: jede Polynomgleichung n-ten Grades hat n (nicht notwendig verschiedene) komplexe Lösungen: C ist algebraisch abgeschlossen. Beispiel x 2 + 2x + 2 = 0 hat die Lösungen: x1,2 = −1 ± i. Dabei gilt (nach Vieta): x 2 + 2x + 2 = (x + 1 + i)(x + 1 − i) Eine quadratische Gleichung Realteil p(x) = x 2 − 18x + 130 = 0 450 400 Aus der Lösungsformel folgt: √ √ x1/2 = 9 ± 81 − 130 = 9 ± −49 = 9 ± 7i 350 500 300 400 300 Re p(x) 250 200 Die obige Gleichung ist nicht lösbar – die Parabel ist nach oben geöffnet, und der Scheitelpunkt hat eine positive Ordinate. Die Lösung hat in diesem Fall die Abszisse des Scheitelpunktes als Realteil: Re x1/2 = argmin {p(x) x ∈ R} Der Imaginärteil ergibt sich als ± Wurzel aus der Ordinate: q Im x1/2 = ± min p(x) ∈ R 200 100 150 10 0 100 5 −100 −10 50 0 −10 −5 0 5 10 15 0 −5 0 −5 5 20 10 15 20 −10 Im x Re x In der linken Abbildung sehen wir den Realteil der quadratischen Funktion p(x) (linke Seite der quadratischen Gleichung von der letzten Folie) eingeschränkt auf rein reelle Argumente x. Rechts sehen wir den Realteil von p(x) als Funktion von Real- und Imaginärteil von x. x∈R Imaginärteil Aufgaben 10 8 300 4 200 2 Im x 100 Im p(x) Existiert √ √ √ lim n n+1− n−1 , 6 400 k →∞ und wenn ja, berechnen Sie den Wert. 0 0 −2 −100 −4 −200 Geben Sie eine explizite Formel für das allgemeine Glied an: 10 −300 −400 −10 5 −6 0 −5 0 −8 −5 5 10 Re x 15 20 −10 Im x −10 −10 −5 0 5 Re x 10 15 20 Links sehen wir den Imaginärteil von p(x) als Funktion von Real- und Imaginärteil von x. Rechts sind die Nulllinien von Realteil (blau) und Imaginärteil in der x-Ebene dargestellt. Ihre Schnittpunkte sind die Lösungen von p(x) = 0 in der komplexen Zahlenebene. a0 = 1 , a1 = 2 an+1 = 3an − an−1 + 2 Arbeitsblattausschnitt