Bericht zur Mathematischen Zulassungsprüfung im Oktober 2014 Heinz-Willi Goelden, Wolfgang Lauf, Martin Pohl Am 10. Oktober 2014 fand die Mathematische Zulassungsprüfung statt. Die Prüfung bestand aus einer 90-minütigen Klausur, in der 6 Aufgaben gestellt wurden. Um die Klausur zu bestehen, mussten mindestens 36 von 90 möglichen Punkten erzielt werden. Von den 12 Teilnehmerinnen und Teilnehmern haben 5 Teilnehmer die Prüfung bestanden. Zugelassen waren ein Taschenrechner, eine mathematische Formelsammlung sowie entsprechende Literatur. Aufgabe 1 (14 Punkte) Für natürliche Zahlen n ∈ N seien die Mengen n o l Mn := 1 − 21k − n3 | k, l ∈ N0 gegeben. (a) Bestimmen Sie die Zahlen n ∈ N, für die die Menge Mn beschränkt ist. Begründen Sie Ihre Antwort. (b) Berechnen Sie für die n aus (a) das Supremum von Mn und das Infimum von Mn . Lösung: (a) Für n = 1 und n = 2 lim 1 − 21k = 1 und ist M nicht beschränkt, denn in diesem Fall gilt 3 l n − → ∞ für l → ∞. n k→∞ Für n ≥ 3 ist Mn beschränkt, da − n3 ≤ 1 ist. (b) Da für alle k ∈ N0 die Ungleichung 1 − 21k ≥ 0 gilt, folgt: l 3 1 − sup Mn = sup 1 − k · sup = 1 und 2 n l gerade k∈N0 l∈N0 l 1 3 3 inf Mn = sup 1 − k · inf − =− l ungerade 2 n n k∈N0 l∈N0 1 Aufgabe 2 (8 Punkte) Für welche Zahlen a ∈ R gilt die Gleichung lim x→0 a (cos(ax) − 1) = 4? x2 Lösung: Zweifache Anwendung der Regeln von l’Hospital liefert: a cos(ax) − 1 −a2 sin(ax) lim = lim = x→0 x→0 x2 2x −a3 cos(ax) a3 lim = − = 4 ⇐⇒ a3 = −8 x→0 2 2 Damit gilt die angegebene Gleichung nur für a = −2. 2 Aufgabe 3 (11 Punkte) Es seien die Funktionen f1 : [0, 3] → R, x 7→ f1 (x) = − 12 (x − 2)2 + 2 und f2 : [0, 3] → R, x 7→ f2 (x) = x gegeben. (a) Skizzieren Sie die Graphen der Funktionen f1 und f2 sowie die Menge Ω = (x, y) ∈ R2 | x ∈ [0, 3], min{f1 (x), f2 (x)} ≤ y ≤ max{f1 (x), f2 (x)} . (b) Berechnen Sie den Flächeninhalt von Ω. Lösung: (a) Die Funktionsgraphen und die Menge Ω sind in folgender Skizze dargestellt. (b) Es gilt: 1 f1 (x) = f2 (x) ⇔ − (x − 2)2 + 2 = x ⇔ x(x − 2) = 0 ⇔ x = 0 oder x = 2 2 Damit folgt für den Flächeninhalt von Ω Z2 F (Ω) = f1 (x) − f2 (x) dx + 0 Z2 Z3 2 1 − x2 + 2x − x dx + 2 0 Z2 0 f2 (x) − f1 (x) dx = Z3 1 x − − x2 + 2x dx = 2 2 1 − x2 + x dx + 2 Z3 2 2 3 1 2 x3 x2 x3 x2 4 x − x dx = − + + − = 2 6 2 6 2 3 0 3 2 Aufgabe 4 (20 Punkte) Untersuchen Sie, ob die folgenden Aussagen richtig oder falsch sind. Begründen Sie Ihre Entscheidung mit einer hinreichenden Herleitung oder einem geeigneten Gegenbeispiel. 2 (a) Die Funktion f : R → R, (x, y) 7→ f (x, y) = x2R+y 2 √ 1 + cos t dt ist im xy R2 total differenzierbar. (b) Gegeben sei die Funktion f : R2 → R, (x, y) 7→ f (x, y) = x + y. Dann gilt für die Richtungsableitung von f die Ungleichung −1 ≤ ∂f ∂v (x, y) ≤ 1 für alle (x, y) ∈ R2 und alle Richtungsvektoren v ∈ R2 mit kvk = 1. (c) Die Funktion f : [0, 1] × [0, 1] → R sei über [0, 1] × [0, 1] integrierbar. Dann gilt für alle x, y ∈ [0, 1] die Gleichung Z1 Zx Z1 Zy f (x, y) dy dx = f (x, y) dx dy. 0 0 0 0 (d) Sind die Funktionen f, g: R → R stetig, alle a, b, c, d ∈ R sodgilt für Zb Zd Zb Z f (x) · g(y) dy dx = f (x) dx · g(y) dy . a c a c Lösung: (a) Die Aussage ist richtig. Da der Integrand stetig ist und die Integrationsgrenzen stetig partiell nach x und y differenzierbare Funktionen sind, ist nach dem Hauptsatz der Differential- und Integralrechnung die Funktion f stetig partiell differenzierbar. Daraus folgt die totale Differenzierbarkeit von f . (b) Die Aussage ist falsch. Für den Gradienten von f gilt ∇f (x, y) = 11 . Für alle (x, y) ∈ R2 hat die Richtungsableitung in die Richtung v = √12 11 √ den Wert ∂f 2 > 1. ∂v (x, y) = ( (c) Die Aussage ist falsch. Die Funktion f mit f (x, y) = 2, 0 ≤ y ≤ x ≤ 1 −2, 0 ≤ x < y ≤ 1 ist integrierbar, da sie mit Ausnahme der Nullmenge {(x, x) | 0 ≤ x ≤ 1} stetig ist. Für diese Funktion ist Z1 Zx Z1 Zy f (x, y) dy dx = 1 und f (x, y) dx dy = −1 0 0 0 0 (d) Die Aussage ist richtig. Durch Ausklammern d erhältman: d Zb Zd Zb Z Zb Z f (x)·g(y) dy dx = f (x)· g(y) dy dx = f (x) dx· g(y) dy . a c a c 4 a c Aufgabe 5 (21 Punkte) Es sei ein Vektor w ∈ Rn , w 6= 0, n ≥ 2, gegeben. Betrachten Sie die Matrix A := w · wT . Dabei bezeichnet wT den transponierten Vektor von w. (a) Welchen Rang und welche Determinante besitzt A? (b) Zeigen Sie, dass 0 Eigenwert von A ist. (c) Bestimmen Sie den zu dem Eigenwert 0 gehörenden Eigenraum von A an. Lösung: Es gilt mit wT = (w1 . . . wn ): w1 · w T .. A = w · wT = ∈ Mn (R) . wn · w T (a) Da einerseits jede Zeile von A ein Vielfaches von wT ist und andererseits wegen w 6= 0 die Matrix A auch eine Nichtnullzeile besitzt, d.h. wj ·wT 6= 0 für ein j ∈ {1, . . . , n}, muss rg A = 1 sein. Weil n ≥ 2 und rg A = 1, hat A nicht den vollen Rang, so dass det A = 0. (b) Die Eigenwerte von A sind genau die Nullstellen des charakteristischen Polynoms det(A − λE) (E Einheitsmatrix). Nach (a) gilt: 0 = det A = det(A − 0 · E). Also ist 0 Eigenwert von A. (c) Es gilt für den Eigenraum von A zum Eigenwert 0, Eig(0): v ∈ Eig(0) ⇔ Av = 0 w1 · wT · v .. ⇔ =0 . T wn · w · v ⇔ < w, v > = 0 wegen w 6= 0 . Also ist Eig(0) der (n − 1) - dimensionale Orthogonalraum zu w: Eig(0) = { v ∈ Rn | < w, v > = 0} . 5 Aufgabe 6 (16 Punkte) Eine lineare Abbildung ϕ : R3 → R3 heißt Spiegelung, wenn sie ϕ2 = idR3 erfüllt, wobei idR3 die identische Abbildung auf R3 bezeichnet. Bzgl. der Standardbasis E := {e1 , e2 , e3 } des R3 sei nun eine konkrete lineare Abbildung ϕ durch die folgende darstellende Matrix gegeben: −5 8 6 A = −3 5 3 . 0 0 1 (a) Zeigen Sie, dass ϕ eine Spiegelung ist. (b) Bestimmen Sie eine Basis B1 von Kern (ϕ − idR3 ) sowie eine Basis B2 von Kern (ϕ + idR3 ). (c) Zeigen Sie, dass B := B1 ∪ B2 eine Basis von R3 ist. Lösung: (a) Da −5 A2 = −3 0 −5 8 6 5 3 · −3 0 0 1 8 6 1 5 3 = 0 0 1 0 0 1 0 0 0 = E 1 gilt, ist ϕ eine Spiegelung. (b) Zu lösen ist das lineare Gleichungssystem (A − E)x = 0. Elementare Zeilenumformungen liefern −6 8 6 −3 4 3 −3 4 3 ∼ 0 0 0 0 0 0 0 0 0 und damit die Lösungsgesamtheit: 1 4 x = λ1 3 + λ2 0 , λ1,2 ∈ R. 0 1 Also ist B1 := (4 3 0)T , (1 0 1)T eine Basis von Kern (ϕ − idR3 ). Analog ist das lineare Gleichungssytem Elementare Zeilenumformungen liefern −4 8 6 −2 4 −3 6 3 ∼ −1 2 0 0 2 0 0 (A + E)x = 0 zu lösen. 3 1 1 ∼ 0 1 0 −2 0 0 0 1 0 und damit die Lösungsgesamtheit: 2 x = λ 1 , λ ∈ R. 0 Also ist B2 := (2 1 0)T eine Basis von Kern (ϕ + idR3 ). 6 (c) Erste Möglichkeit: Die beiden Basen B1,2 sind Basen von zwei Eigenräumen zu den verschiedenen Eigenwerten ±1. Damit besteht B = B1 ∪ B2 aus drei linear unabhängigen Vektoren, die somit eine Basis des R3 bilden. Zweite Möglichkeit: Wegen 4 det 3 0 1 0 1 2 4 1 = − det 3 0 2 = 2 6= 0 1 besteht B = B1 ∪ B2 aus drei linear unabhängigen Vektoren, die somit eine Basis des R3 bilden. 7