A. Hoffmann B. Marx W. Vogt Mathematik für Ingenieure Lineare Algebra, Analysis – Theorie und Numerik 1. Auflage ein Imprint von Pearson Education München • Boston • San Francisco • Harlow, England Don Mills, Ontario • Sysney • Mexico City Madrid • Amsterdam Algebra, Ordnung und Toplogie der reellen Zahlen Induktion 3.2 Algebraische Strukturen bei den Zahlen 3.3 Ordnungsstrukturen bei den Zahlen 3.4 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 47 . . . . . 49 Verträglichkeit zwischen Algebra und Ordnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 50 3.5 Toplogie der Zahlen 52 3.6 Darstellung von Zahlen im Computer . 3.7 Elemente der Kombinatorik 3.8 Aufgaben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3 46 . . . . 60 . . . . . . . . . . . . 63 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 68 ÜBERBLICK 3.1 3 ALGEBRA, ORDNUNG UND TOPLOGIE DER REELLEN ZAHLEN In diesem Abschnitt betrachten wir die aus der Schule bekannten Zahlbereiche, die natürlichen Zahlen N = {1, 2, 3, …} , N 0 = N ∪{0}, die ganzen Zahlen Z = {…, −3, −2, −1, 0, 1, 2, 3, …} , die rationalen Zahlen Q = x | x = m , m ∈ Z , n ∈ N und die reellen n Zahlen R , indem wir ihnen innewohnende allgemeine Gesetzmäßigkeiten und Strukturen in den Vordergrund stellen. Es ist nicht Sinn und Zweck dieses Abschnittes die Existenz dieser Zahlbereiche als Mengen zu zeigen oder das elementare Rechnen mit diesen Zahlen, wie Potenzgesetze, Arbeiten mit Gleichungen, Ungleichungen etc. bis ins einzelne zu verfolgen. Das erste verfehlt den Zweck dieses Buches und das zweite ist hinreichend gut bekannter Schulstoff und kann zur Wiederholung in geeigneten Büchern nachgelesen werden [67, S. 42 - 105], [17, 34 - 44, 49 - 59]. 3.1 Induktion Die natürlichen Zahlen entstanden historisch auf natürliche Art und Weise (daher der Name für diese Zahlen) durch das Zählen von Objekten, Dingen, Personen, Tieren etc. Es war ein Verdienst der axiomatischen Mengenlehre den Mengencharakter von N = {1, 2, 3, …} nachzuweisen. Peano (1858–1932) entwickelte Anfang des 20. Jahrhunderts ein Axiomensystem, welches die natürlichen Zahlen eineindeutig charakterisiert ([17, S. 33]). Aus den Peanoaxiomen folgt unmittelbar das wichtige Beweisprinzip der vollständigen Induktion. Satz 3.1 Vollständige Induktion Sei p (n) eine Aussagenform in Abhängigkeit von n ∈ N . Dann gilt ⇒ ∀n ≥ n0 : p (n) p (n0 ) ∧ ∀n ≥ n0 : p (n) ⇒ p (n + 1) Wenn wir also zeigen wollen, dass die Aussage p (n) für alle natürlichen Zahlen n ≥ n0 wahr ist, dann ist Folgendes zu tun.: a) Induktionsanfang: Es ist zu zeigen, p (n0 ) ist wahr. b) Induktionsschluss : Es ist zu zeigen, ∀n ≥ n0 : p (n) ⇒ p (n + 1) ist wahr. Bemerkung 3.2 Für die n < n0 hat man, sofern es gelingt, die Gültigkeit von p (n) einzeln zu beweisen. Deshalb ist man stets bemüht, die Zahl n0 so klein wie möglich zu wählen. Auch wenn der Induktionsschluss für n ≥ n1 mit n1 ≤ n0 funktioniert, ist die Wahrheit von p (n) nur für alle n ≥ n0 gezeigt worden. Beispiel 3.3 Wir untersuchen, für welche n ∈ N die Ungleichung n3 < 2n richtig ist. Wir stellen die Richtigkeit der Aussage für n = 1 fest. Im Induktionsschluss haben wir jetzt zu zeigen, dass aus der angenommenen Richtigkeit von n3 < 2n die Richtigkeit von 46 3.2. Algebraische Strukturen bei den Zahlen (n + 1)3 < 2n+1 für alle n ≥ n0 folgt. Das mögliche n0 ergibt sich aus den Beweisschritten. Es gilt (n + 1)3 = n3 + 3n2 + 3n + 1. Erst für n ≥ 5 folgt, 3n + 1 < n2 und 4n2 < n3 und hieraus unter Berücksichtigung der als richtig angenommenen Induktionsvoraussetzung n3 < 2n die Schlusskette (n + 1)3 < n3 + 3n2 + n2 < 2n3 < 2 2n = 2n + 1 . Also ist der Induktionsschluss p (n) ⇒ p (n + 1) für alle n ≥ 5 richtig. Jedoch der Induktionsanfang wurde mit n = 1 gemacht. Dieser Induktionsanfang zählt nun nicht mehr. Wir müssen für irgendein n ≥ 5 einen neuen Induktionsanfang finden. Wir entnehmen aus der Wertetabelle n 1 2 3 4 5 6 7 8 9 n3 10 1 8 27 64 125 216 343 512 729 1000 , 2n 2 4 8 16 32 64 128 256 512 1024 dass die Aussage n3 < 2n erst wieder für n = 10 ≥ 5 richtig ist. Damit haben wir gezeigt, dass die obige Ungleichung für alle n ≥ 10 und für n = 1 richtig ist. 3.2 Algebraische Strukturen bei den Zahlen Die bekannte Addition und Multiplikation von natürlichen Zahlen kann aus den Peano-Axiomen über die Nachfolgerbeziehung definiert werden. Wir wollen dies hier nicht weiter vertiefen (s. Z. B. [17, S. 33 ]). Damit wird [N , +, ·] zu einer Algebra mit zusätzlichen nützlichen Eigenschaften. Leider ist der Bereich der natürlichen Zahlen zu eingeschränkt. Bereits die einfachen algebraischen Gleichungen m+x =n (3.1) und mx = n (3.2) haben bei gegebenem m, n ∈ N nicht immer eine Lösung x ∈ N . So haben 7 + x = 4 die Lösung x = −4 ∈ Z \ N und 3x = 2 die Lösung x = 23 = 2 · 3−1 ∈ Q \ N . Damit erwies es sich als notwendig, den Zahlbereich der natürlichen Zahlen zu erweitern. Die Forderung der universellen Lösbarkeit für die Gleichung (3.1) führte zu den ganzen Zahlen Z (1. Zahlbereichserweiterung) und die zusätzliche universelle Lösbarkeit der Gleichung (3.2) führte zu den rationalen Zahlen Q (2. Zahlbereichserweiterung). Wir wissen bereits, dass die Zahlen mit der Addition oder der Multiplikation oder mit beiden Operationen eine so genannte einfache algebraische Struktur bilden, die wir Algebra genannt haben. Besitzen solche Algebren zusätzliche Eigenschaften wie z. B. die Assoziativität der Operation, Kommutativität der Operation, Distributivität bei 2 Operationen, die Existenz eines neutralen Elementes in Bezug auf die Operation (Null bei der Addition und Eins bei der Multiplikation), die Existenz von inversen Elementen (−a, a−1 ) in Bezug auf die Operation usw., dann erhalten diese Algebren je nach den erfüllten Eigenschaften neue Strukturnamen wie Halbgruppe (kurz: HG), Gruppe, Ring und Körper. 47 3 ALGEBRA, ORDNUNG UND TOPLOGIE DER REELLEN ZAHLEN Definition 3.4 Halbgruppe, Gruppe Eine Algebra (M, ∗) 1 heißt Halbgruppe, wenn sie in Bezug auf die Operation ∗ dem Assoziativgesetz genügt. Sie wird kommutative Halbgruppe genannt, wenn die Operation ∗ zusätzlich kommutativ ist. 2 heißt Gruppe, wenn sie in Bezug auf die Operation ∗ dem Assoziativgesetz genügt, ein neutrales Element e und zu jedem a ∈ M ein bezüglich ∗ inverses Element a besitzt mit a ∗ a = e. Sie wird abelsche Gruppe genannt, wenn die Operation ∗ zusätzlich kommutativ ist. Definition 3.5 Ring, Körper Eine Algebra (M, +, ·) 1 heißt Ring, wenn (M, +) eine abelsche Gruppe und (M, ·) eine Halbgruppe sind, sowie das Distributivgesetz a (b + c) = ab + ac gilt. Die Elemente l = 0 und r = 0 heißen Nullteiler genau dann, wenn l·r =0. Ein Ring heißt nullteilerfrei ( oderIntegritätsbereich), wenn für alle a, b ∈ M gilt ab = 0 2 ⇒ a=0∨b=0. heißt Körper , wenn (M, +) und (M \ {0} , ·) abelsche Gruppen sind und das Distributivgesetz a (b + c) = ab + ac gilt. In der Tabelle 3.2 kann über die Einrahmung noch einmal abgelesen werden, welche Eigenschaften (Axiome) die jeweilige Struktur definieren. Die Kreuze unter N , Z , Q zeigen, welche Axiome für die bekannten Zahlbereiche erfüllt sind und M0 := M \ {0}. Aus den Gruppenaxiomen erhalten wir nach kurzer Rechnung [51], dass sowohl das neutrale Element, 0 bei der additiven und 1 beider multiplikativen Gruppe, als auch die inversen Elemente, −a bei der additiven Gruppe und a−1 bei der multiplikativen Gruppe, eindeutig bestimmt sind. Beide inversen Elemente definieren auf den Algebren die bekannten Operationen Subtraktion : Division : 48 a − b := a + (−b) a a/b = a : b = := a · b−1 b 3.3. Ordnungsstrukturen bei den Zahlen durch die Anwendung des inversen Elementes zu b auf a. Wir erhalten aus den Körperaxiomen für jedes Körperelement die Eigenschaften a·0=0 (−1) a = −a . Der Ring der ganzen Zahlen und jeder Körper ist nullteilerfrei. Diese Tatsache nutzen wir stets bei dem Schluss , dass ein Produkt von Zahlen genau dann Null ist, wenn mindestens einer der Faktoren Null ist. 3.3 Ordnungsstrukturen bei den Zahlen Über die Addition werden gemäß n < m : ⇐⇒ ∃r ∈ N : n + r = m n ≤ m : ⇐⇒ n<m∨n=m in den natürlichen und ganzen Zahlen die uns bekannten Ordnungen < und ≤ definiert (analog > und ≥ ), mit denen Zahlen der Größe nach verglichen werden können. Weil jede natürliche Zahl mit jeder anderen natürlichen Zahl verglichen werden kann, können die natürlichen Zahlen auf einem Zahlenstrahl wie auf einer Perlenkette der Größe nach angeordnet werden. Diese Ordnungen n < m, n ≤ m bei den ganzen Zahlen übertragen sich auf die rationalen Zahlen und stimmen mit der auf den ganzen Zahlen überein, wenn wir für positive rationale Zahlen a c < : ⇐⇒ b d ad < bc und für negative rationale Zahlen −α < −β : ⇐⇒ β<α festlegen. 49 3 ALGEBRA, ORDNUNG UND TOPLOGIE DER REELLEN ZAHLEN N , Z und Q sind bezüglich „ ≤ “ halbgeordnet, d. h. sie genügen den folgenden drei Gesetzen (Axiomen) der Halbordnung Satz 3.6 ∀a : Reflexivität: Antisymmetrie: Transitivität: ∀a, b : ∀a, b, c : a≤a (a ≤ b) ∧ (b ≤ a) (a ≤ b) ∧ (b ≤ c) ⇒ a=b ⇒ a ≤ c. Sie sind zusätzlich sogar total (= linear) geordnet, d. h. alle Elemente sind untereinander vergleichbar und bilden eine Kette, in Formeln ∀a, b : (a ≤ b) ∨ (b ≤ a) . Bezüglich <, >, und = gilt für beliebige Zahlen a, b aus dem jeweiligen Bereich entweder a < boder a = boder a > b . Zu zwei positiven rationalen Zahlen a < b gibt es immer eine natürliche Zahl n, mit an > b (3.3) Die Formel (3.3) besagt, dass der Zahlenstrahl nicht beschränkt (s. Definition 3.24) ist. Man sagt auch, die rationalen Zahlen sind archimedisch geordnet. Wenn eine Menge M bezüglich einer Relation „≺“ halbgeordnet ist, d. h. der Reflexivität, Antisymmetrie und Transitivität genügt, schreiben wir kurz (M, ≺). 3.4 Verträglichkeit zwischen Algebra und Ordnung Beim Umformen von Gleichungen benutzen wir die bekannten Regeln (= Verträglichkeit der Gleichheit mit den algebraischen Rechenoperationen) a=b ⇐⇒ a+c =b+c sowie für c = 0 a=b ⇐⇒ ac = bc . Analoge etwas kompliziertere Regeln gibt es für die Umformung von Ungleichungen (= Verträglichkeit der Ordnung der Zahlen mit den algebraischen Rechenoperationen). 50 3.4. Verträglichkeit zwischen Algebra und Ordnung Seien a, b, c ∈ Q . Dann gilt (in den Formeln kann ≺ entweder zeilenweise durch ≤ oder zeilenweise durch < ersetzt werden) Satz 3.7 a≺b ⇐⇒ a+c ≺b+c ⇐⇒ −b ≺ −a für a, b = 0 a≺b ⇐⇒ b−1 ≺ a−1 und für c > 0 a≺b ⇐⇒ ac ≺ bc . Es ist möglich auf anderen Mengen ebenfalls Ordnungen zu definieren, die nur einen Teil der oben aufgeführten Gesetze erfüllen. Wir geben dazu einige wichtige Beispiele. Häufig verzichtet man auf die Totalität, d. h. auf die Vergleichbarkeit aller Elemente untereinander, um in komplizierteren Mengen brauchbare Ordnungsstrukturen zu erhalten. Beispiel 3.8 1 P Wir betrachten die Menge A = {1, 2, 3} und ihre Potenzmenge (A) = {∅, {1} , {2} , {3} , {1, 2} , {1, 3} , {2, 3} , {1, 2, 3}}. Wir definieren für Elemente a, b ∈ (A) die folgende Teilmengenordnung „Menge a kleiner oder gleich als Menge b“ : ⇐⇒ P a⊂b, P erhalten wir eine Halbordnung ( (A) , ⊂), aber keine totale Ordnung. Die Menge {∅, {1} , {1, 2} , {1, 2, 3}} bildet wegen ∅ ⊂ {1} ⊂ {1, 2} ⊂ {1, 2, 3} zwar eine total geordnete Teilmenge, eine so genannte Kette von (A), aber die Elemente {1} , {2} sind in Bezug auf die angegebene Ordnung nicht vergleichbar, denn {1} " {2} und {2} " {1}. Die Ordnung ist mit den Mengenoperationen ∩, ∪,\ und mit der Komplementbildung nur im folgenden Sinne verträglich (nicht überall gelten Äquivalenzen) P a⊂b a⊂b 2 ⇒ ⇒ a∩c⊂b∩c a⊂b a∪c⊂b∪c a⊂b ⇒ ⇐⇒ a\c ⊂b\c b ⊂ a . Betrachten wir M := Q × Q mit der koordinatenweisen Ordnung bei Tupeln (a, b) ≤ (c, d) : ⇐⇒ a≤c∧b≤d , so erhalten wir eine Halbordnung, aber ebenfalls keine totale Ordnung. Z. B. die Tupel (1, 2) und (2, 1) sind miteinander nicht vergleichbar. Eine Kette bildet z. B. 51 3 ALGEBRA, ORDNUNG UND TOPLOGIE DER REELLEN ZAHLEN die (m, n) ∈ N × N | n = m2 , denn (1, 1) ≤ (2, 4) ≤ (3, 9) ≤ … ≤ Teilmenge m, m2 ≤ … . Die koordinatenweise Ordnung genügt auch gewissen Verträglichkeitsbedingungen in Bezug auf algebraische Operationen für α, β ∈ Q (a, b) ≤ (c, d) ⇐⇒ (a + α, b + β) ≤ (c + α, d + β) (a, b) ≤ (c, d) ⇐⇒ (−c, −d) ≤ (−a, −b) für a, b, c, d = 0 (a, b) ≤ (c, d) ⇐⇒ c−1 , d−1 ≤ a−1 , b−1 und für α, β > 0 (a, b) ≤ (c, d) ⇐⇒ (aα, bβ) ≤ (cα, dβ) . Wir nutzen dies beim Rechnen mit Systemen von Ungleichungen. 3 Die lexikografische Ordnung von Tupeln in {1, 2, 3} × {1, 2, 3} (a, b) (c, d) : ⇐⇒ (a < c) ∨ (a = c ∧ b ≤ d) ist eine totale Ordnung. Wir können sogar alle Elemente der Reihe nach anordnen (1, 1) (1, 2) (1, 3) (2, 1) (2, 2) (2, 3) (3, 1) (3, 2) (3, 3) . 3.5 Toplogie der Zahlen Definition 3.9 Betrag Durch die Auszeichnung des Nullelementes 0 ist der Abstand einer Zahl a zum Nullpunkt, dem so genannten Betrag der Zahl a, symbolisch |a|, folgendermaßen definiert a für a ≥ 0 , |a| := −a für a < 0 . Offensichtlich gilt |a| ≥ 0 für alle a ∈ Q . Satz 3.10 Der Betrag einer Zahl genügt den so genannten Normaxiomen für alle a, b, c, λ ∈ Q , λ ≥ 0 Definitheit: positive Homogenität: Subadditivität: 52 |a| = 0 ⇐⇒ a=0 λ |a| = |λa| a + b ≤ |a| + b . 3.5. Toplogie der Zahlen Wir sagen auch, die rationalen Zahlen bilden einen normierten Raum (s. Definition 13.1) und schreiben dafür kurz (Q , | · |). Der Abstand1 d (a, b) zwischen zwei Zahlen a, b ergibt sich damit zu d (a, b) := a − b . Folgerung 3.11 Der Abstand d genügt den folgenden Metrikaxiomen Definitheit: Symmetrie: Dreicksungleichung: d (a, b) = 0 ⇐⇒ a = b d (a, b) = d (b, a) d (a, c) ≤ d (a, b) + d (b, c) Wir sagen auch, die rationalen Zahlen bilden einen metrischen Raum (s. Defini√ tion 12.3) und schreiben dafür kurz (Q , d). In Kapitel 1.5 haben wir gezeigt, dass 2 keine rationale Zahl ist. Analoges stellen wir fest für alle Wurzeln aus Zahlen, die z. B. nicht das Quadrat einer natürlichen Zahl sind. Wir können diese Zahlen über den Satz des Pythagoras auf dem Zahlenstrahl geometrisch konstruieren (s. Abbildung 3.1). Abbildung 3.1: Konstruktion von √ √ √ 2, 5, …, n2 + 1 Beispiel 3.12 Aus dem Rechnen mit Ungleichungen folgt für positive rationale Zahlen a, b, dass a < b zu a2 < b2 äquivalent ist. Die Konstruktion 1,42 = 1,412 = 1,4142 1,96 < 2 < 2,0164 = 1,422 1,9881 < 2 < 2,002225 = 1,4152 = 1,999396 < 2 < 2,00081025 = 1,41452 1,41422 = 1,99996164 < 2 < 2,00024449 = 1,41432 √ lässt sich mit etwas Geschick beliebig verfeinern und somit 2 auf die gewünschte Genauigkeit berechnen. MAPLE TSa , MATLAB oder jeder Taschenrechner liefern uns z. B. auf 15 (oder mehr) Stellen genau die Dezimalzahl √ 2 = 1,414213562373095… 1 Der Buchstabe d kommt vom englischen Wort „distance“. 53 3 ALGEBRA, ORDNUNG UND TOPLOGIE DER REELLEN ZAHLEN Also schachteln die zugehörigen Folgen (an )n ∈ N und (bn )n ∈ N rationaler Zahlen mit a1 = = 1,4142, 1,4, a2 = 1,41, a3 = 1,414, a4 √ √ … und b1 = 1,42, b2 = 1,415, b3 = 1,4145, b = 1,4143, … die Zahl 2 ein. 2 ∈ an , bn für jede natürliche Zahl n. Es 4 gilt ∅ = an + 1 , bn + 1 ⊂ an , bn . Die Folgen (an )n ∈ N und (bn )n ∈ N bewegen sich beliebig nahe aufeinander zu, ohne sich zu erreichen. Im auf dem Zahlenstrahl√ aber nicht in Q vorhandenen Grenzpunkt beider Folgen liegt die neue irrationale Zahl, die wir mit 2 bezeichnen. Definition 3.13 Intervallschachtelung Eine Folge von Intervallen alle n ∈ N an , bn n ∈ N heißt Intervallschachtelung, wenn für an < an + 1 < bn + 1 < bn gilt und lim (bn − an ) = 0 . n→∞ Satz 3.14 Jede Intervallschachtelung von rationalen Zahlen definiert genau ein Element der Zahlengeraden. Definition 3.15 Die durch Intervallschachtelung entstehenden nicht rationalen Zahlen werden irrationale Zahlen genannt. Die Vereinigungsmenge der irrationalen und rationalen Zahlen nennen wir reelle Zahlen und bezeichnen sie mit dem Symbol R . Für die irrationalen Zahlen wird kein extra Symbol verwendet. Über den Intervallschachtelungsprozess lassen sich nicht nur die Addition, die Multiplikation und die Ordnungsbeziehungen und der Betrag einer Zahl von den rationalen Zahlen auf die reellen Zahlen übertragen, sondern alle damit im Zusammenhang stehenden Gesetzmäßigkeiten. Wir fassen diese im folgenden Satz zusammen. Satz 3.16 1 54 (R , +, ·) ist ein Körper. 3.5. Toplogie der Zahlen 2 (R , ≤) ist total und archimedisch geordnet. 3 Es gelten die Verträglichkeitsbedingungen von Satz 3.7 für die reellen Zahlen. 4 Der Betrag (Abstand) reeller Zahlen erfüllt die Normaxiome (Metrikaxiome). Das wesentliche Neue zu den rationalen Zahlen charakterisiert der folgende Satz. Satz 3.17 Jede Intervallschachtelung an , bn n ∈ N von reellen Zahlen liefert genau eine reelle Zahl c. Es gilt lim an = lim bn = c . n→∞ n→∞ Innerhalb der rationalen Zahlen gilt limn → ∞ an = limn → ∞ bn = c nur dann, wenn die Intervallschachtelung die rationale Zahl c liefert. Im Falle einer irrationalen Zahl c sind die Folgen der Intervallschachtelung innerhalb der rationalen Zahlen nicht konvergent. Die reellen Zahlen bilden die ganze Zahlengerade. Tragen wir nur die rationalen Zahlen auf, so bleiben als Lücken die irrationalen Zahlen übrig. Die in den beiden letzten Sätzen angegebenen Eigenschaften charakterisieren die reellen Zahlen vollständig. Gibt man sie als Axiome vor, so werden sie nur von den reellen Zahlen erfüllt. Definition 3.18 Sei (K , +, ·) ein Körper. Eine Teilmenge M von K heißt Teilkörper (Unterkörper) von K , wenn (M , +, ·) in Bezug auf die gleichen Operationen wieder ein Körper ist. K heißt auch Oberkörper von M . Satz 3.19 aus a, b ∈ M Sei [K , +, ·] ein Körper und M ⊂ K . [M , +, ·] ist ein Körper genau dann, wenn die Operationen +, · aus M nicht herausführen, d. h. folgt a + b ∈ M und a · b ∈ M . Folgerung 3.20 Die reellen Zahlen bilden einen Oberkörper des Körpers der rationalen Zahlen. 55 3 ALGEBRA, ORDNUNG UND TOPLOGIE DER REELLEN ZAHLEN Die Anordnung der rationalen und irrationalen Zahlen zueinander ist geometrisch (auch für uns) nicht nachvollziehbar. Die folgenden Eigenschaften charakterisieren die damit im Zusammenhang stehenden Phänomene, die eine mögliche geometrische Vorstellung darüber so erschweren. Zwischen je zwei verschiedenen rationalen Zahlen liegen wieder davon verschiedene rationale und irrationale Zahlen. Zwischen je zwei verschiedenen irrationalen Zahlen liegen wieder davon verschiedenene rationale und irrationale Zahlen. Satz 3.21 Bemerkung 3.22 1 Es gibt kein Intervall (a, b), a < b, ohne rationale Zahlen. Würden wir also jede rationale Zahl a mit dem gleich langen Intervall (a − ε, a + ε), ε > 0, überdecken, dann erhalten wir durch die Vereinigung dieser Intervalle bei festem ε alle reellen Zahlen, egal wie klein wir vor der Überdeckung ε > 0 wählen. In diesem Sinne liegen die rationalen Zahlen dicht auf der Zahlengeraden oder wie man auch sagt dicht in R . Wir schreiben symbolisch2 Q =R . Das Gleiche gilt auch für die irrationalen Zahlen. Sie liegen ebenfalls dicht in R , d. h. = R. R \Q 2 Wählen wir aber bei jeder rationalen Zahl aus dem Intervall [0, 1] eine geeignete andere Intervalllänge, und lassen diese dabei noch in Abhängigkeit von ε geschickt gegen Null gehen, so geht der Inhalt (die Länge, das Maß) der Vereinigung der Mengen, die die rationalen Zahlen überdeckt, gegen Null, wenn wir die Länge eines Intervalls a, b wie üblich mit b − a definieren. In diesem Sinne können wir sagen, dass die rationalen Zahlen innerhalb der reellen Zahlen eine sehr dünne Menge bilden.3 Wir geben jetzt ein Beispiel für eine von ε abhängigen „geschickten“ Überdeckung. Es gibt eine Abbildung der natürlichen Zahlen auf die rationalen Zahlen im Intervall [0, 1] z. B. a1 = 0; a2 = 1; a3 = 1/2; a4 = 1/3, a5 = 2/3; a6 = 1/4, a7 = 3/4; … . Wir erhöhen sukzessive Zähler und Nenner , Zähler immer kleiner als der Nenner, und streichen ungekürzte Brüche heraus. Jetzt betrachten wir für beliebiges ε > 0 die Überdeckung ak − 2−k ε, ak + 2−k ε der rationalen Zahl ak . Dann folgt für festes ε > 0 Q ∩ [0, 1] ⊂ ∞ ak − 2−k ε, ak + 2−k ε =: Aε . k=1 1 Der folgende Querstrich (s. Definition 14.1) kennzeichnet den Abschluss einer Menge und hat mit der Negation in der Logik oder mit dem konjugiert Komplexen nichts zu tun. In der Regel ist aus dem Kontext immer klar, welche konkrete Bedeutung der Querstrich von Fall zu Fall hat. 1 In der Maßtheorie wird so gezeigt, dass die rationalen Zahlen auf dem Intervall [0, 1] das (Lebesgue-)Maß Null haben. 56 3.5. Toplogie der Zahlen Natürlich werden sich viele dieser Intervalle überlappen. Der Inhalt der Menge Aε kann damit durch den Grenzwert der Aufsummierung der Intervalllängen nur nach oben abgeschätzt werden. Es ergibt sich mit der Formel für die endliche geometrische Reihe lim ε n→∞ n 1 − 2−n = 2ε . n → ∞ 1 − 2−1 2−k + 1 = ε lim k=1 Folglich kann der Inhalt der rationalen Zahlen im Intervall [0, 1] für jedes ε > 0 die Zahl 2ε nicht überschreiten, d. h. er kann nur Null sein, da ε > 0 beliebig ist. In der Maßtheorie schlussfolgert man hieraus, dass die irrationalen Zahlen im Intervall [0, 1] als Komplement der rationalen Zahlen das (Lebesgue-)Maß aller reellen Zahlen im Intervall, nämlich 1, haben. 3 Rechnerisch beherrschen wir von den reellen Zahlen eigentlich nur die dünne Menge der rationalen Zahlen. Auf dem Computer haben wir sogar nur endlich viele rationale Zahlen mit endlicher Stellenlänge. Wegen der Eigenschaft des Dichtliegens genügen uns aber diese rationalen Zahlen, um im Bedarfsfall die benötigte reelle Zahl im Rahmen der geforderten Genauigkeit durch eine rationale Zahl zu approximieren. In der Schule haben wir π häufig durch die beiden eigentlich sehr ungenauen rationalen Approximationen 3,14 < π < 22 7 = 3. 14285 7 ersetzt. Eine bis auf 7 Stellen genaue bessere Approximation wäre der Kettenbruch π ≈ 3 + 1 1 = 355 113 = 7+ 16 3,14159292… 4 Es gibt algebraisch irrationale und transzendent irrationale Zahlen. Zu den algebraisch irrationalen Zahlen gehören alle reellen Nullstellen von Polynomgleichungen mit ganzzahligen Koeffizienten, sofern sie nicht rational sind, unter ihnen alle irrationalen n-ten Wurzeln aus rationalen Zahlen. Die restlichen irrationalen Zahlen sind transzendent irrational. Nur wenigen transzendent irrationalen Zahlen wurde ein besonderes Symbol zugeordnet wie z. B. Name Zahl Pi Eulerzahl Eulersche Konstante 5 15-stellige Approximation π = 3,141592653589793… e = 2,718281828459045… C = 0,577215664901532… Jede reelle Zahl wird durch eine rationale Intervallschachtelung eindeutig festgelegt und wir können diese reelle Zahl durch die Schachtelung identifizieren. Genau genommen gibt es aber zu jeder reellen Zahl unendlich viele solcher Intervallschachtelungen rationaler Zahlen. Werfen wir alle diese Schachtelungen zur gleichen reellen Zahl in einen „Topf“, so kann man diesem Topf den Namen der reellen Zahl geben und zieht bei Bedarf aus diesem Topf eine geeignete Intervallschachtelung oder eine zugehörige rationale Approximation heraus. Dies ist die einzige Möglichkeit mit transzendent irrationalen Zahlen explizit numerisch zu rechnen, sofern nicht funktionale Beziehungen, wie z. B. sin π = 0 oder sin π2 = 1 in der Trigonometrie, ausgenutzt werden können. Der Abstandsbegriff spielt eine entscheidende Rolle bei der Entwicklung tragender Begriffe und bei der Ableitung wichtiger Aussagen in der Analysis wie z. B. Stetigkeit von Funktionen, Entwicklung von Funktionen in Reihen, Differenzierbarkeit und Integration von Funktionen. 57 3 ALGEBRA, ORDNUNG UND TOPLOGIE DER REELLEN ZAHLEN Definition 3.23 In Analogie zu geometrischen Vorstellungen im Anschauungsraum benutzen wir dort den Begriff einer abstrakten (offenen) Kugel K (x0 ; r) (allgemein s. 12.5) als die Menge, deren Punkte von einem festgewählten Punkt x0 , dem Mittelpunkt der Kugel, einen Abstand haben, der einen vorgegebenen Wert r, den Radius der Kugel, nicht erreicht. Natürlich hängt die Gestalt der Kugel wesentlich von der gewählten Abstandsdefinition und von der Trägermenge ab, in der die Kugel liegen soll. In R reduziert sich die (offene) Kugel auf das offene Intervall mit dem Mittelpunkt x0 und dem Durchmesser 2r K (x0 ; r) := {x ∈ R | |x − x0 | < r} = (x0 − r, x0 + r) . Für bestimmte Betrachtungen benötigen wir auch die Kugel einschließlich der Sphäre, die abgeschlossene Kugel, K [x0 ; r ] := {x ∈ R | |x − x0 | ≤ r} = [x0 − r, x0 + r ] . Sie reduziert sich in R ebenfalls auf das entsprechende abgeschlossene Intervall. Die Sphäre S (x0 ; r) := {x ∈ R | |x − x0 | = r} = {x0 − r, x0 + r} besteht nur aus den beiden Intervallrandpunkten x0 ± r. Innerhalb der reellen Zahlen können damit die gleichen „Kugeln“ einerseits über den Abstand und andererseits über die Ordnung (vgl. die Intervalldefinition über die Ordnung) erzeugt werden. Insofern sind die Topologie und die Anordnung bei den reellen Zahlen miteinander verträglich. Diese Verträglichkeit kommt auch darin zum Ausdruck, dass bei Grenzprozessen in R , die über die Topologie realisiert werden, die Ordnungsbeziehungen im Wesentlichen erhalten bleiben (s. Satz 12.20). Definition 3.24 Obere und untere Schranke a ∈ M ⊂ R heißt eine untere (obere) Schranke von M genau dann, wenn a ≤ b (a ≥ b) für jedes b ∈ M gilt. Besitzt M eine untere (obere) Schranke so heißt M nach unten (oben) beschränkt. Eine nach oben und nach unten beschränkte Menge reeller Zahlen heißt beschränkt. Beispiel 3.25 √ √ Sei M = 2, 3 ∩ Q . Dann sind −1000,1,4, 1,41, 1,414 untere√ Schranken und 1,72, 1,75, 2, 2000 obere √ Schranken von M. Die größte untere Schranke ist 2 und die kleinste obere Schranke ist 3. Offensichtlich gehören sie nicht zur Menge M. Für diese besonderen Schranken sind eigene Bezeichnungen üblich. 58 3.5. Toplogie der Zahlen Definition 3.26 Obere und untere Grenze, Supremum, Infimum Eine untere Schranke g (obere Schranke h) von M ⊂ R heißt untere (obere) Grenze von M genau dann, wenn a ≤ g (a ≥ h) gilt für jede untere (obere) Schranke a von M. Die untere Grenze heißt Infimum und die obere Grenze heißt Supremum in Formeln g = inf M und h = sup M. Gilt darüber hinaus g ∈ M (h ∈ M), dann ist g das Minimum (h das Maximum) der Menge M in Formeln g = min M (h = max M). Für nach unten (oben) unbeschränkte Mengen setzen wir inf M = −∞ (sup M = +∞). Weiter setzen wir definitionsgemäß fest inf ∅ = +∞ und sup ∅ = −∞, was sich später als zweckmäßig erweisen wird. Beispiel 3.27 √ √ √ inf 2, 3 ∩ Q = 2 , √ √ √ 2, 3 ∩ Q = 3 , sup √ √ √ min 2, 3 = 2 , √ √ √ max 2, 3 = 3 . Die Lückenlosigkeit der reellen Zahlengeraden kann also auch in Bezug auf die in den beiden Definitionen benutzte natürliche Ordnung ≤ und ≥ festgestellt werden. Die folgende Aussage ist gleichwertig mit dem Intervallschachtelungsaxiom. Satz 3.28 Existenz von Infimum (Supremum) Jede nichtleere beschränkte Teilmenge M der reellen Zahlen besitzt ein Infimum und ein Supremum innerhalb der reellen Zahlen. Satz 3.29 Approximation des Infimums (Supremums) Sei M ⊂ R eine nach unten (oben) beschränkte Menge. Dann gilt (s. Abbildung 3.2 links) ∀ε > 0 ∃iε ∈ M : iε − ε < inf M ∀ε > 0 ∃sε ∈ M : sε + ε > sup M . (3.4) Bemerkung 3.30 Betrachten wir die koordinatenweise Ordnung (oder auch andere Ordnungen) im R n , dann können obere und untere Schranken, sowie obere und untere Grenzen genauso eingeführt werden. Auch hier gilt, dass jede nach unten (oben) beschränkte 59 3 ALGEBRA, ORDNUNG UND TOPLOGIE DER REELLEN ZAHLEN Menge ein Infimum ( Supremum) im R n besitzt. Allerdings ist Vorsicht geboten. Die Aussage (3.4) gilt bei koordinatenweiser Ordnung (n ≥ 2) nicht mehr (s. Abbildung 3.2 rechts). Betrachten wir z. B. die Kreisscheibe B um den Nullpunkt (0, 0) mit dem Radius 1 im R 2 . Als kleinste obere Schranke ergibt sich der Punkt (1, 1) und als größte untere Schranke der Punkt (−1, −1), denn für beliebiges ε > 0 sind die Punkte (1 − ε, 1) , (1, 1 − ε) keine oberen Schranken mehr. Man sieht √ leicht (1 − ε, 1) (1, 0) ∈ B. Der Punkt (1, 1) hat aber den kleinsten Abstand 2 − 1 > 0 von der Kreisscheibe B. Damit kann (3.4) nicht gelten. Der Begriff Supremum und Infimum ist daher für die koordinatenweise Ordnung bei Extremwertberechnungen weniger geeignet. Es müssen andere Vergleichskriterien benutzt werden (s. z. B. unter Vektoroptimierung, Kompromissmenge, effiziente Menge in [30, S. 17]). 3.6 Darstellung von Zahlen im Computer Auf einem digitalen Rechner sind wir nur in der Lage endlich viele Zahlen darzustellen. Wir benötigen für die meisten Berechnungen reelle Zahlen zwischen zwei vorgegeben unteren und oberen Schranken und zwar mit einem gewissen relativen Abstand voneinander. Diese Unvollständigkeit der numerischen „Zahlengeraden“ birgt prinzipielle unbehebbare Schwierigkeiten, die bei numerischen Berechnungen unbedingt beachtet werden sollten, um unsinnige Ergebnisse bzw. unsinnige Algorithmen zu vermeiden. Die meisten Programmiersprachen gestatten unter anderen die folgenden beiden wichtigen Zahlentypen. Integer: Hierunter verstehen wir die ganzen Zahlen zwischen zwei vorgegebenen Schranken. Bei ihrer Benutzung treten intern keine Rundungsfehler auf. Addition, Multiplikation und Subtraktion werden innerhalb der Schranken exakt ausgeführt, jedoch bei Überschreitung der Schranken beginnt der Rechner wieder von vorn zu zählen (Modulo - Rechnung). Ganzzahlige Division mit Rest ist meist programmtechnisch erklärt und ebenfalls exakt ausführbar. floating point: Es sind Dezimalzahlen mit einer festgelegten Anzahl von Stellen Abbildung 3.2: Supremum in R (links) und im R2 (rechts) 60 3.6. Darstellung von Zahlen im Computer insgesamt. Die Schreibweise erfolgt oft exponentiell −3,287539653 · 10−16 . Die Anzahl der Stellen vor dem Dezimalpunkt und nach dem Dezimalpunkt (Mantisse) kann mindestens bei der Ausgabe programmtechnisch geregelt werden. Der Zehnerexponent ist nach oben (overflow bei Überschreitung) und nach unten (underflow bei Unterschreitung) beschränkt. Die konkrete programmtechnische Darstellung variiert mit den Programmiersprachen. In MATLAB finden wir für die obige Zahl die Darstellung −3,287539653e − 16 TSb MATLAB verwendet bei seinen Berechnungen stets fünfzehn geltende Ziffern, d. h. genau genommen hat die eben beschriebenen Zahl intern in floating point Notation die Gestalt −3,28753965300000e − 16 TSb und in fixed point Notation (auf dem Bildschirm oder Ausdruck) die Gestalt −0,0000000000000003287539653 Wie viel der fünfzehn Stellen und ob die Zahlen in floting point Notation oder fixed point Notation ausgegeben werden, kann meist programmtechnisch reguliert werden. Sei x die zu betrachtende reelle Zahl und x̂ die nächste zugehörige floating pointZahl auf dem Rechner. Dann gilt x = x̂ + ∆x . ∆x nennen wir den absoluten Fehler und ∆x/x den relativen Fehler bei der Darstellung der gewählten Zahl auf dem Rechner. Hierbei haben wir zu beachten, dass Zahlen intern auf dem Rechner bzgl. der Basen 2 und 16 dargestellt werden. Damit ist selbst die Zahl 0,1 nicht exakt auf dem Rechner darstellbar. Diese Darstellungsproblematik wird im Folgenden nicht berücksichtigt. Sei r die kleinste und R die größte auf dem Rechner darstellbare floating point-Zahl, dann nennen wir εmac := maxr≤|x|≤R ∆x x die relative Maschinengenauigkeit. Sie lässt sich auch als größte Zahl ε mit der Eigenschaft 1 + ε = ε im Sinne der Rechnerarithmetik ermitteln. Bei MATLAB ist εmac = 2,2204e − 016. TSb Wir erläutern nur an einem Beispiel die prinzipielle Fehlerproblematik beim Rechnen mit floating point-Zahlen. Hierzu nehmen wir jetzt an, dass unser Rechner nur mit 4 geltenden Dezimalziffern rechnen kann. Mit gl (x) = x̂ bezeichnen wir in diesem Beispiel die entstehende Gleitpunktzahl aus der exakten Zahl x. 61 3 ALGEBRA, ORDNUNG UND TOPLOGIE DER REELLEN ZAHLEN Beispiel 3.31 1 Die Zahlen 1,000 und 1,000999999999 werden vom Rechner jetzt als gleich betrachtet, d. h. gl (1,000) = gl (1,000999999999) = 1,000 . Damit haben wir bereits bei schlechter Rundung (Abschneiden der Zahl) bei der Eingabe einen relativen Fehler von maximal 1 · 10−3 und bei üblicher Rundung von maximal 0,5 · 10−3 . 2 Die Addition von großen und kleinen positiven Zahlen ist kritisch, denn gl (1,000+ 0,0001) = 1,000. Das Assoziativgesetz gilt nicht mehr uneingeschränkt, denn 1,000 = gl gl (1,000 + 0,0009) + 0,0001 = gl (1,000 + 0,0001) = gl 1,000 + gl (0,0009 + 0,0001) = gl (1,000 + 0,001) = 1,001 Damit sind bei der Addition erst die kleinen Zahlen aufzusummieren, um Stellenauslöschungen zu vermeiden. 3 Bei der Subtraktion großer nahezu gleicher Zahlen ergeben sich große relative Fehler beim Ergebnis. Rechner : gl (1,00192 − 1,00000) = 0,0010 = x̂ exakt : 1,00192 − 1,00000 = 0,00192 = x 0,00092 ∆x = ≈ 48% x 0,00192 ∆x 0,00092 = = 92% x̂ 0,0010 Es tritt ein dramatischer Verlust von geltenden Ziffern ein. Bei Multiplikation und Division treten solche Auslöschungseffekte nicht auf. Daher sollten Auslöschungseffekte in Algorithmen prinzipiell vermieden werden, wenn es möglich ist. Die folgende bekannte Berechnung der Nullstellen einer quadratischen Gleichung illustriert solche Möglichkeit. Wir betrachten die quadratische Gleichung x 2 − 2,000x + 0,001 = 0 Die Lösungsformel ergibt mit dem Rechner √ x̂1 / 2 = gl 1,000 ± gl 1 − 0,001 = gl (1,000 ± 0,9995) x̂1 = 1,999 x̂2 = 0,001 62 (3.5) 3.7. Elemente der Kombinatorik Obwohl x1 einen relativen Fehler von etwa 0,01% hat, hat x̂2 wegen der Stellenauslöschung einen relativen Fehler von fast 100%. Verwenden wir aber für x2 den Vietaschen Wurzelsatz, so folgt das Ergebnis 0,001 0,001 = 5 .003 × 10−4 , x̂2 = = gl x̂1 1,999 welches jetzt nur noch einen relativen Fehler von etwa 0,05% hat. Der eventuelle Fehler der Ausgangsdaten von 0,05% hat sich im ersten Fall bei dem Ergebnis des „Algorithmus: Lösungsformel“ für x2 auf 100% vergrößert. Beim zweiten Algorithmus mit der Formel von Vieta ist er nur 0,05%. Wir sagen deshalb auch, dass der erste Algorithmus ein schlecht und der zweite Algorithmus ein gut konditionierter Algorithmus zur Bestimmung der Nullstellen ist. Später werden wir den Begriff der Kondition noch genau definieren. 4 Oft hilft es bereits, genug Reservedezimalstellen für die Rechnung zur Verfügung zu haben. Bei obigem Beispiel folgt mit 15 Stellen bei der Berechnung √ x1 = 1,000 + 1 − 0,001 = 1,999499874937461… √ x2 = 1,000 − 1 − 0,001 = 0,000500125 06253 9… Der Verlust von 4 Stellen ist hier verkraftbar. Leider ist dies nicht immer möglich, z. B. wenn hier in der quadratischen Gleichung (3.5) das absolute Glied 0,001 durch 1,0 · 10−15 ersetzt wird. In dem Fall muß auch bei MATLAB der gut konditionierte Algorithmus eingesetzt werden, um kein unsinniges Ergebnis zu erhalten. Daher ist eine vorherige numerische Untersuchung auch des theoretisch an sich klaren Problems und eine anschließende sorgfältige Programmierung erforderlich, um solche „Schmutzeffekte“ zu vermeiden. 3.7 Elemente der Kombinatorik Seien im Folgenden [K , +, ·] ein Körper, der den Körper der rationalen Zahlen enthält und ak , bk ∈ K für k ∈ N . Definition 3.32 Summenzeichen (induktiv) Seien m, n ∈ N . Dann definieren wir die Summe der Zahlen am , am + 1 , …, an gemäß für n < m , n 0 ak := am für n = m , n−1 k=m a + a für n > m . n k k=m 63 3 ALGEBRA, ORDNUNG UND TOPLOGIE DER REELLEN ZAHLEN Produktzeichen Definition 3.33 (induktiv) Seien m, n ∈ am + 1 , …, an gemäß N. Dann definieren wir das Produkt der Zahlen am , 1 am ak := n−1 ak an k=m k=m n für n<m, für n=m, für n>m. insbesondere schreiben wir n! := n k k=1 und nennen dieses Produkt „ n-Fakultät “. Es ergibt sich unmittelbar definitionsgemäß 0! = 1. Das Setzen der 0 bei der Summe und der 1 bei dem Produkt, wenn der Indexbereich leer ist, erweist sich bei vielen Formeln als sinnvoll und spart eine Reihe von Fallunterscheidungen. Für das Summenzeichen und das Produktzeichen gelten die folgenden Regeln. Bei ak , bk > 0 ist der Zusammenhang zwischen den beiden folgenden Sätzen durch das Logarithmengesetz ln n ak = k=m n ln ak k=m gegeben. Satz 3.34 Seien m ≤ r ≤ n und ak , bk , α, β ∈ gilt Splitting n k = m ak = r k = m ak Unabhängigkeit vom Laufindex n k = m ak = n s = m as Linearität partielle Summation 64 K + n k =r +1 ak n k = m ak + β n k = m bk − bk −1 = an bn − am bm−1 − n−1 k =m ak n k = m (αak n k =m ak bk für k = m, m + 1, …, n. Dann + βbk ) = α − ak −1 bk 3.7. Elemente der Kombinatorik K Seien m ≤ r ≤ n und ak , bk , α, β ∈ gilt Satz 3.35 n k = m ak Splitting n Unabhängigkeit k = m ak vom Laufindex n Potenzgesetz k=m ak , bk ≥ 0 = = für k = m, m + 1, …, n. Dann r k = m ak n k = r+1 ak n s = m as α n β n (ak )α (bk )β = k = m ak k = m bk Bei der Berechnung von Binompotenzen (a + b)n treten bei denPotenzen der einzeln , k = 0, 1, 2, …, n, nen Summanden gewisse Faktoren, die Binomialkoeffizienten k auf. Diese lassen sich aus dem so genannten Pascalschen Dreieck ermitteln. In der folgenden Tabelle notieren wir die Koeffizienten für n = 0, 1, 2, …, 6. n 0 1 1 1 2 1 3 1 4 1 5 6 1 2 3 4 5 1 6 1 3 6 10 15 1 1 4 10 20 1 5 15 1 6 1 Z. B. erhalten wir (nachrechnen, a0 = b0 := 1) (a + b)5 = 1a5 b0 + 5a4 b1 + 10a3 b2 + 10a2 b3 + 5a1 b4 + 1a0 b5 = 50 a5 b0 + 51 a4 b1 + 52 a3 b2 + 53 a2 b3 + 54 a1 b4 + 55 a0 b5 = 5 5 k a5−k bk . k=0 Definition 3.36 Binomialkoeffizient Für z ∈ K und k ∈ N 0 definieren wir den Binomialkoeffizienten durch z 1 für k = 0 := k z(z−1)···(z−k+1) für k = 1, 2, … k! 65 3 ALGEBRA, ORDNUNG UND TOPLOGIE DER REELLEN ZAHLEN Folgerung 3.37 Für z ∈ N 0 folgt z 0 = k z! für z < k für k = 1, 2, … (z−k)! k! Bemerkung 3.38 Man überlegt sich leicht, dass bei z ∈ N der Binomialkoeffizient kz =: Ckn die Anzahl der Möglichkeiten ist, aus z Kugeln in einer Urne, k verschiedene Kugeln herauszunehmen (Ckn :=Kombination von k Elementen aus n). Z. B. wenn Spiele. bei n Mannschaften jeder gegen jeden spielt, dann gibt es n2 = n(n−1) 2 Es sind nämlich bei n Mannschaften alle Möglichkeiten zu wählen, 2 verschiedene Mannschaften herauszugreifen, die gegeneinander spielen können. In der Kombinatorik gibt es noch andere Koeffizienten bei denen auch Wiederholungen auftreten können. Diese spielen bei uns im Weiteren keine Rolle. Satz 3.39 Additionstheorem, Symmetrie Für k, n ∈ N , n ≥ k gilt n+1 n n k+1 = k + k+1 n n k = n−k Bei der Berechnung von Binompotenzen geben die Binomialkoeffizienten gerade die Vielfachheit an, mit der die einzelnen Potenzen nach dem Ausmultiplizieren auftreten. Satz 3.40 (a + b)n = Binomischer Satz Seien a, b ∈ K , n ∈ N dann gilt n n k a5−k bk k=0 Wir ergänzen die aus der Schule bereits bekannten Formeln für Summen von Potenzen durch eine allgemeine rekursive Bildungsvorschrift. 66 3.7. Elemente der Kombinatorik Satz 3.41 Potenzsummen Sei Snm := n m k=1 k dann gelten die folgenden Summenformeln n (n + 1) (2n + 1) , Sn0 = n, Sn2 = 6 2 Sn1 = n+1 , Sn3 = n+1 , 2 2 m−1 m+1 j 1 m m+1 Sn = −1− Sn . (n + 1) j m+1 j=0 Die aus der Kombinatorik zitierten Sätze lassen sich durch vollständige Induktion beweisen. Die Bildung von Mitteln spielen in der Technik und Wirtschaft eine große Rolle. Im Folgenden stellen wir eine Reihe von Mittelbildungen zusammen und geben gleichzeitig Beziehungen zwischen Ihnen an. Definition 3.42 Seien ak > 0, k = 1, 2, …, n. Wir definieren die folgenden Mittel geometrisches Mittel: Mittel der Ordnung m: Gn := Mn(m) n k = 1 ak 1 n mink = 1, 2, …, n {ak } für m = −∞ 1 1 n m m := für − ∞ < m < ∞ k = 1 (ak ) n maxk = 1, 2, …, n {ak } für m = +∞ Bekannt sind die Spezialfälle, das arithmetische Mittel An = Mn(1) , das harmonische (−1) und das quadratische Mittel Qn = Mn(2) . Letzteres findet insbesonMittel Hn = Mm dere in der Stochastik Anwendung. Das arithmetische Mittel wird auch für beliebige ak ∈ R genutzt. Je größer (bzw. kleiner) der Index m ist, desto mehr Einfluss auf den Mittelwert haben große (bzw. kleine) ak . Folgende Ungleichungen gelten für die definierten Mittel. Satz 3.43 Seien ak , k = 1, 2, …, n > 0. i) Wenn α < β ist, dann gilt Mn(α) ≤ Mn(β) ii) Wenn α < 0 < β ist, dann gilt Mn(α) ≤ Gn ≤ Mn(β) . Die Gleichheit gilt genau dann, wenn a1 = · · · = an . 67 3 ALGEBRA, ORDNUNG UND TOPLOGIE DER REELLEN ZAHLEN Z U S A M M E N F A S S U N G Die Zahlen bilden eine Algebra mit den Operationen Addition und Multiplikation sowie eine total geordnete Menge bezüglich der Ordnung a ≤ b. Darüber hinaus bilden die ganzen Zahlen Z einen nullteilerfreien Ring (= Integritätsbereich). Die rationalen Zahlen Q sind ein Unterkörper des Körpers der reellen Zahlen R . Intervallschachtelungen innerhalb der rationalen Zahlen liefern auf dem Zahlenstrahl auch Zahlen, die nicht zu Q gehören. Sie heißen irrationale Zahlen. Die rationalen und irrationalen Zahlen bilden in ihrer Vereinigung die reellen Zahlen R und können auf dem Zahlenstrahl angeordnet werden. Die rationalen Zahlen sind mit den natürlichen Zahlen in Bezug auf ihre Anzahl vergleichbar. Es gibt eine eineindeutige (= umkehrbar eindeutige) Abbildung der natürlichen Zahlen auf die rationalen Zahlen. Die rationalen Zahlen sind im Vergleich zu den irrationalen Zahlen eine „dünne“ Menge. In der Numerik benutzen wir bei konkreten Berechnungen im Wesentlichen nur eine endliche Teilmenge der rationalen Zahlen. Sie reicht aus, um die gewünschten Ergebnisse mit der erforderlichen Genauigkeit zu berechnen. Bei der numerischen Addition und Subtraktion von Zahlen müssen wir auf Stellenauslöschung achten. Zwischen den algebraischen Eigenschaften, Ordnungseigenschaften und den topologischen Eigenschaften gibt es Verträglichkeitsbedingungen, die sich in den bekannten Rechenregeln beim Rechnen mit Zahlen widerspiegeln, wie die Stetigkeit der Operationen, das Rechnen mit Ungleichungen, Erhaltung der „≤“ Ungleichungen bei Grenzwerten, die Existenz des Supremums und Infimums in jeder beschränkten Menge der reellen Zahlen und der beliebig genauen Approximation des Supremums und Infimums über einer Menge durch Elemente dieser Menge. Die reellen Zahlen sind die einzige Menge bei der diese Eigenschaften alle so gut miteinander kommunizieren. In anderen Mengen sind viele dieser Eigenschaften durch geeignete Begriffsbildungen ebenfalls erzeugbar, aber das gemeinsame Zusammenspiel ist in der Regel nicht mehr gegeben. Die im Abschnitt 3.7 definierte Fakultät n!, die Binomialkoeffizienten nk und den binomischen Satz (a + b)n = nk = 0 nk a5 − k bk werden wir insbesondere in Teil III und IV sehr häufig benutzen. Z 3.8 68 U S A M M E N F A S S U N G Aufgaben 1 Zeigen Sie in einer Gruppe [M, ∗], dass das neutrale Element e und das zu a inverse Element a eindeutig bestimmt sind und dass auch a ∗ e = a sowie a ∗ a = e gelten. 2 Wir betrachten die Menge G3 = {0, 1, 2} und definieren in ihr eine Addition ⊕ durch die folgende Tabelle 3.8. Aufgaben ⊕ 0 1-1 1 2 0 0 1 2 1 1 2 0 2 2 0 1 Zeigen Sie, dass (G3 , ⊕) eine kommutative Gruppe ist. Überlegen Sie sich, dass sich die definierte Addition ergibt, wenn man die Zahlen in G3 wie üblich addiert und danach den Rest bei der Division durch 3 als Ergebnis aufschreibt. [ Daher wird diese Gruppe auch additive Restklassengruppe der Zahl 3 genannt. Durch mehrfache Addition des Elementes 1 können alle Elemente der Gruppe G3 erzeugt werden ( 1 ⊕ 1 = 2, 1 ⊕ 1 ⊕ 1 = 0 ). Man sagt, dass G eine zyklische Gruppe der Ordnung 3 mit dem erzeugenden Element 1 ist. ] 3 a Zeigen Sie, dass die Menge K5 = {0, 1, 2, 3, 4} in Bezug auf die Restklassenaddition und -multiplikation gemäß ā ⊕ b̄ := a + b , ā " b̄ := a · b , einen Körper (K5 , ⊕, ") bildet, wobei +, · die übliche Addition und Multiplikation bei natürlichen Zahlen bezeichne sowie ā der Rest von a bei der Division durch 5 sei. b Wenn p eine Primzahl ist, erhalten wir analog den Primzahlkörper Kp in Bezug auf die Restklassenaddition und -multiplikation. Ist p keine Primzahl, so ist Kp nur ein kommutativer Ring mit Einselement. Suchen Sie in K6 von 0 verschiedene Elemente, die kein Inverses in Bezug auf die Multiplikation besitzen. 4 Sei (M, +, ·) ein Ring mit Einselement e und Nullelement 0. Wir bezeichnen das zu a bezüglich der Addition + inverse Element mit −a. Zeigen Sie ∀a ∈ M : a · 0 = 0 · a = 0 ∀a ∈ M : −a = (−e) · a 5 Beweisen Sie das Gesetz der korrespondierenden Addition bei Brüchen. Seien b ≥ a > 0, d ≥ c > 0 und f ≤ g. Dann gilt c a ≤ b d ⇒ a+f c+g ≤ . b+f d+g 6 Kann man dieses Gesetz auch ohne die Positivitätsforderung aufrechterhalten ? Zeigen Sie mit vollständiger Induktion nk = 1 (1 + ak ) ≥ 1 + nk = 1 ak für ak ≥ −1 und ak aj ≥ 0 für alle k, j = 1, 2, …, n und leiten Sie daraus die Bernoullische Ungleichung (1 + a)n ≥ 1 + na für a ≥ −1 ab. 7 Bestimmen Sie alle Lösungen der folgenden Ungleichungen/Ungleichungssysteme a |2x + 1| ≥ |x − 1| + 1 , x ∈ R , b |x| + y ≤ 1 und max |x| , y ≥ 0.5 , x, y ∈ R , c |1 − |2 − |x||| ≥ 1 , x ∈ R , d x 2 − 9 / |x − 5| ≥ 2 , x ∈ R . 69 3 ALGEBRA, ORDNUNG UND TOPLOGIE DER REELLEN ZAHLEN 8 Zeigen Sie, n n k = 2n k=0 9 Beweisen Sie mit vollständiger Induktion den Binomischen Satz. 10 Berechnen Sie eine explizite Formel für 70 n 5 k=1 k .