Vorstellung einiger Axiomssysteme

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Proseminar Konstruktive Mengenlehre
Priv.-Doz. Dr. Peter Schuster
Dr. Klaus Thiel (PhD)
Wintersemester 2004
Alexander Mathis
17.10.2004
Vorstellung einiger Axiomssysteme
Inhaltsverzeichnis
1 Prinzipien axiomatisch deduktiver Theorien
2
2 Sprache der Mengenlehre
4
3 Klassische Mengenlehre ZF
7
4 Intuitionistische Mengenlehre IZF
14
5 Konstruktive Mengenlehre CZF
17
1
1
Prinzipien axiomatisch deduktiver Theorien
Eine axiomatisch deduktive Theorie ist gekennzeichnet durch eine Menge von Sätzen
die sich aus einem Fundament von Grundannahmen (den Axiomen) durch logisches
Schließen (Deduktion) gewinnen lässt. Viele mathematischen Disziplinen werden heute
so formuliert. So wird beispielsweise die Theorie der Analysis aus den Eigenschaften
der reellen Zahlen hergeleitet, welche in den folgenden Axiomengruppen niedergelegt
sind,
• Körperaxiome
• Ordnungsaxiome
• Vollständigkeitsaxiom
Die beweisbaren Sätze werden dabei häufig informell, d.h. ohne explizite Logik bewiesen. Zum Beweis vieler Sätze der Analysis reichen diese Axiome alleine jedoch noch
nicht aus. Dies will ich an einem Beispiel zeigen.
Satz 1.1: Eine Funktion f : R → R ist genau dann im Punkt x0 ∈ R folgenstetig
wenn sie in diesem Punkt δ-stetig 2 ist.
1
Beweis: Hier soll nur die Richtung ’⇒’ bewiesen werden:
Sei f folgenstetig und nicht δ-stetig, dann gibt es ein 0 , so dass ∀δ > 0 gilt
|x − x0 | < δ und |f (x) − f (x0 )| > 0 .
Wir konstruieren eine Folge: wähle zu jedem i ∈ N ein x mit |x − x0 | < 1/(i + 1)
und bezeichne es mit xi . Per Definition konvergiert diese Folge (xi )i∈N gegen x0 ,
die dazugehörige Bildfolge (f (xi ))i∈N jedoch nicht gegen f (x0 ) was im Widerspruch zur folgenstetigkeit steht.
Somit muss f auch δ-stetig sein.
In dem Beweis kommt der Ausdruck ’man wähle zu jedem...’ vor, dabei wird auf ein
fundamentales (Meta-)mathematisches Prinzip nämlich das Auswahlaxiom3 referiert,
welches von Zermelo ein ’logisches Prinzip’ genannt wurde, das sich auf kein einfacheres zurückführen ließe und in der mathematischen Deduktion überall unbedenklich
angewandt werden würde. 4
1
Dabei bedeutet folgenstetig: Für alle Folgen (xn )n∈N ∈ N × R gilt, wenn xn → x0 konvergiert so
konvergiert stets auch f (xn ) → f (x0 )
2
δ-Stetig bedeutet, ∀ > 0 ∃δ > 0 so, dass aus |x − x0 | < δ stets folgt |f (x) − f (x0 )| < .
3
Man sollte zugestehen, dass das Auswahlaxiom viel subtiler eingreift als hier suggeriert wird
4
Tatsächlich ist der hier skizzierte Satz in die bewiesene Richtung mit der Zermelo Fraenkelschen
Mengenlehre ohne Auswahlaxiom (AC) nicht beweisbar. Es gibt nämlich mengentheoretische Modelle
für ZF ohne AC, welche eine unendliche Menge von reellen Zahlen ohne eine abzählbare Teilmenge
enthalten. In diesem Modell gibt es eine Funktion f : R → R und eine reelle Zahl a dermaßen, dass f in
a nicht stetig ist, aber für alle Folgen (xn )n∈N mit dem Grenzwert a gilt, dass limn→∞ f (xn ) = f (a)’.
Damit kann Satz 1.1 nicht in ZF ohne AC bewiesen werden können. Genaueres siehe Jechs Buch über
das Auswahlaxiom [4] Seite 141ff
2
Offenbar handelt es sich dabei um ein Prinzip, welches unseren Vorstellungen über
Mengen zugrunde liegt. Durch eine axiomatische Formulierung unseres Mengenbegriffs,
d.h. durch ein Explizitmachen unserer Vorstellung über Mengen, könnten nun bestehende Axiomensysteme z.B. das der Analysis oder der Topologie um diese mengentheoretischen Axiome erweitert werden und dann daraus die jeweiligen Theorien ohne Hinzunahme von weiteren Prinzipien aus diesem erweiterten Axiomenssystemen entfaltet
werden. Man hat damit die Möglichkeit weitestgehend abgeschlossene Axiomenssysteme zu formulieren.
Das Studium unseres Mengenbegriffs ist auch insofern interessant, als die ersten Axiomatisierungen tatsächlich widerspruchsvoll waren.
Ferner kann die Mengenlehre einen allgemeinen Rahmen zur Diskussion von Grundlagenfragen bieten, da weite Teile der Mathematik in ihr formulierbar sind.
Außerdem könnte in manchen Situationen entschieden werden, was für Prinzipien zum
Beweisen von gewissen Aussage notwendig sind bzw. ob die anerkannten reichen.
Diesen knappen Einleitungsteil möchte ich mit einer Aussage von Harro Häuser schließen, der die axiomatisch deduktive Methode die ’ehrlichste Methode, die je ersonnen
wurde’ nennt.
3
2
Sprache der Mengenlehre
Die Mengenlehre verwendet eine elementare Sprache erster Stufe mit Identität (PL1I)
als ihre Syntax. In der Mengenlehre wird der extensionale Standpunkt eingenommen,
d.h. zwei Mengen werden als gleich betrachtet, wenn sie die gleichen Elemente enthalten, d.h. dieselbe Extension besitzen. Damit sind Mengen rein durch ihre Elemente
charakterisiert.
Dieser Standpunkt bringt den Vorteil mit sich, dass man Mengen - sprachlich - nur mit
dem Elementsymbol ∈ und dem Gleichheitszeichen = behandeln kann.
2.1
Definition der mengentheoretischen Sprache
Bei der Definition der mengentheoretischen Sprache wird rekursiv vorgegangen:
Es werden abzählbar viele Variablen v0 , v1 , v2 , v4 , .... verwendet. 5
Damit ergeben sich mit Hilfe der Prädikate ’∈’ und ’=’ die einfachsten Ausdrücke der
Sprache:
Sind vi , vj Variablen so sind vi ∈ vj und vi = vj Ausdrücke, die so genannten atomaren Ausdrücke.
Basierend auf diesen atomaren Ausdrücken werden nun die zusammengesetzten Ausdrücke definiert, dies sind Ausdrücke die durch folgende Bildungsprozesse entstehen:
• Ist φ ein Ausdruck, so ist auch seine Negation ¬(φ) ein Ausdruck.
• Sind φ und ψ Ausdrücke, so ist auch die Disjunktion (φ ∨ ψ) ein Ausdruck.
• Sind φ und ψ Ausdrücke, so ist auch die Konjunktion (φ ∧ ψ) ein Ausdruck.
• Sind φ und ψ Ausdrücke, so ist auch die Implikation (φ → ψ) ein Ausdruck.
• Ist φ ein Ausdruck und ist x eine Variable, so ist auch die Generalisierung ∀x(φ)
ein Ausdruck.
• Ist φ ein Ausdruck und ist x eine Variable, so ist auch die Partikularisierung
∃x(φ) ein Ausdruck.
Mit den bisherigen Zeichen definiert man noch die Äquivalenz:
φ ↔ ψ :⇔ ((φ → ψ) ∧ (φ ← ψ))
Ferner schreiben wir statt ¬(x ∈ y) bzw. ¬(x = y) einfach x 6∈ y bzw. x 6= y.
Alle Zeichenketten, die nicht durch die angegebenen Bildungsprozesse entstanden sind,
sind keine Ausdrücke unserer mengentheoretischen Sprache. Basierend auf dieser bisherigen Sprache können Abkürzungen gemacht und Konventionen vereinbart werden.
5
Unabhängig davon werden wie auch sonst überall in der Mathematik die üblichen lateinischen
Kleinbuchstaben x, y, z, .. verwendet.
4
Man sollte aber nicht vergessen, dass diese jederzeit eliminiert werden können und wir
uns somit immer 6 in der gerade definierten Sprache bewegen.
Von den logischen Zeichen ¬, ∨, ∧, →, ↔, ∃ und ∀, werden ¬, ∨, ∧, → und ↔ Junktoren und ∃ und ∀ Quantoren genannt.
Üblicherweise vereinbart man noch, um sich gewisse Klammern zu sparen ohne den
Informationsgehalt einer Formel zu verändern, dass gewisse Zeichen stärker binden als
andere. In der folgenden Kette bindet jedes Zeichen stärker als alle die rechts von ihm
stehen: ¬, ∧, ∨, →, ↔.
Eine Variable kommt in einer Formel frei vor, wenn sie nicht in dem Wirkungsbereich
eines Quantors steht. Hier soll ein Beispiel als Erklärung fungieren:
φ := ∃u ∀x(x ∈ y → ∃y y ∈ z)
In der Formel φ, sind die unterstrichenen Variablen gebunden, jene die nicht unterstrichen sind, sind frei. Das erste u ist gebunden, da es die Variable des Quantors darstellt,
selbiges gilt für das erste x. In der Klammer (nach dem ∀x) sind also alle x durch diesen
Quantor gebunden, dementsprechend ist das zweite x gebunden etc.
Die in einem Ausdruck frei vorkommenden Variablen spielen die Rolle von Parametern.
In dem Ausdruck θ(x1 , ...., xn ) kommen höchstens die Variablen x1 , ..., xn frei vor.
Abschließend noch zwei Beispiele für Formalisierungen:
Um ’es gibt höchstens ein x für das ψ(x, y) gilt’ wiederzugeben:
∃≤1 x ψ(x, y) :⇔ ∀x∀y∀z(ψ(x, y) ∧ ψ(z, y) → x = z)
und für ’es gibt genau ein x mit ψ(x, y)’:
∃=1 ψ(x, y) :⇔ ∃x(ψ(x, y) ∧ ∀z(ψ(z, y) → z = x))
Es handelt sich bei der Sprache der Mengenlehre, um eine Prädikatenlogische Sprache erster Stufe mit Identitätssymbol, die als einziges nichtlogisches Zeichen das zweistelligen Relationssymbol 2 (x, y) 7 enthält. Durch die Einbettung der Mengenlehre in
die Prädikatenlogik kann zur Notation nicht nur deren Syntax verwendet werden, sondern auch die Konzepte des Beweises, der Herleitung, der Semantik etc. übertragen
sich.
Die Deduktion der mengentheoretischen Theoreme aus den Axiomen lässt sich also nun
so beschreiben:
Jeder Satz, der entweder ein Axiom ist oder durch logische Folgerung mithilfe prädikatenlogischer Mittel aus Axiomen hergeleitet wurde, ist ein Theorem.8
6
zumindest objektsprachlich
Hierbei handelt es sich einfach um das Elementschaftszeichen, in der Logik werden Relationen
üblicherweise Präfix φ(x, y) anstatt Suffix x φ y notiert, ferner gibt man oberhalb des Zeichens die
Stelligkeit an.
8
Zur Einführung in diese Konzepte und in prädikatenlogische Beweismittel sei hier auf die ’Einfühung
in die Mathematische Logik’ von Ebbinghaus, Flum und Thomas [2] verwiesen
7
5
2.2
Prädikate
Die Eigenschaft eine Teilmenge zu sein, kann in der mengentheoretischen Sprache etwa
so wiedergegeben werden: ϕt (x, y) :⇔ ∀z(z ∈ x → z ∈ y)
Allgemeiner versteht man unter einer Beziehung, die durch einen Ausdruck in der Sprache beschrieben werden kann, ein Prädikat. Beispielsweise stellt die Teilmengenbeziehung ein zweistelliges Prädikat dar.
Definition 2.2.1: Jeder Ausdruck ϕ(x1 , ...., xn ) 9 definiert ein n-stelliges Prädikat,
dass genau dann auf die Mengen (x1 , ...., xn ) zutrifft wenn ϕ(x1 , ...., xn ) gilt, also
wahr ist.
Beispiele für einstellige Beziehungen wären:
¬∃y y ∈ z ... ’z ist eine leere Menge’ oder
∃y y ∈ z ... ’z ist eine bewohnte Menge’.
Für Prädikate werden zur leichteren Lesbarkeit Prädikatensymbole eingeführt, z.B. für
die Teilmengenbeziehung x ⊂ y :⇔ ϕt (x, y).
Besonders wichtig hervorzuheben ist, dass wir wenn wir später axiomatisch Vorgehen,
nur jene Informationen über Eigenschaften zur Verfügung haben, die wir in dem zugrundeliegenden Axiomensystem beweisen können. Das heißt, dass unsere Kenntnis
über Prädikate von der Stärke des Axiomensystems abhängt.
2.3
Operationen
Eine Abbildung, die durch einen Ausdruck definiert wird und die jedem Objekt im
Universum eine Menge zuordnet, nennen wir Operation.
Definition 2.3.1: Sei φ(x, y) ein Ausdruck, dann steht ’φ(x, y) ist funktional’ für den
Ausdruck ∀x ∃=1 y φ(x, y). Ist φ funktional, so handelt es sich um eine Abbildung,
die jedem x das y mit φ(x, y) zuordnet.
9
hierbei kommen die Mengen x1 , ...xn frei in dem Ausdruck vor
6
3
Klassische Mengenlehre ZF
In der Folge soll eine typische Variante der klassisch Zermelo-Fraenkelschen-Mengenlehre
ZF 0 vorgestellt werden. Dabei wird auf das ’Constructive Set Theory’ - Script [1] Bezug
genommen; als Quelle diente aber vornehmlich das Buch ’Einführung in die Mengenlehre’ von Ebbinghaus [3]. Wir verwenden die mengentheoretische Sprache, wie sie im
vorhergehenden Kapitel eingeführt wurde, und zur Deduktion klassische Logik, die hier
aber informell angewendet werden wird.
3.1
Existenzaxiom
Das erste Axiom soll sicherstellen, dass es eine Menge im Universum gibt, d.h. dass das
Universum nicht leer ist.
∃x x = x
(EX)
3.2
Extensionalitätsaxiom
Dieses Axiom formalisiert den extensionalen Standpunkt.
∀x ∀y(∀z (z ∈ x ↔ z ∈ y) ↔ x = y)
(EXT)
d.h. umfangleiche Mengen sind gleich.
Da das Universum nur aus Mengen besteht und dementsprechend auch die Urelemente
Mengen seien sollten folgt, dass diese Urelemente keine Mengen enthalten - also leer
sind. Das Extensionalitätsaxiom impliziert nun aber, dass alle diese ’leeren Mengen’
gleich sind, es also nur ein Urelement gibt. Dies bringt den Mengentheoretiker in eine
besondere Situation, es müssen für mathematische Objekte wie z.B. Zahlen, Funktionen, Relationen, etc. , denen man naiv die Möglichkeit Mengen zu sein abspricht,
adäquate mengentheoretische Definitionen gefunden werden. Diese Vorgehensweise des
Reduktionismus von mathematischen Objekten auf Mengen wird, rückblickend auf den
deutschen Mathematiker Richard Dedekind, ’Dedekinds Programm’ genannt. Auch in
diesem Seminar werden wir basierend auf Mengen adäquat Begriffe wie Zahlentupel,
Relationen, Funktionen, die natürlichen Zahlen, etc. definieren.
Mit dem EXT kann ein bekannter Satz bewiesen werden:
Satz 3.2.1: Wenn x ⊂ y und y ⊂ x, dann folgt x = y
Dieser Satz wird verwendet um die Gleichheit von Mengen zu zeigen.
3.3
Aussonderungsschema
Definition 3.3.1: Eine Eigenschaft E wird definit genannt, wenn die Eigenschaft E
genau dann auf eine Menge z zutrifft, wenn es Mengen x1 , ..., xn und einen Ausn
druck φ(z, x) gibt, der genau dann auf z zutrifft, wenn E für z gilt, d.h. die
definiten Eigenschaften sind genau die unter Parametern definierbaren einstelligen Prädikate.
7
Das Schema der Aussonderungsaxiome lautet nun für alle definiten Ausdrücke
φ(z, x1 , .., xn ) und zu allen Mengen x1 , .., xn 10 für alle Mengen x gibt es eine Menn
ge y die genau die Elemente aus x enhält für die φ(z, x) gilt. 11 Bzw. in der Sprache
der Mengenlehre:
n
Für alle Ausdrücke φ(z, x) gilt:
n
n
∀ x ∀x∃y∀z(z ∈ y ↔ z ∈ x ∧ φ(z, x))
(AUS)
Genügt nun y der Bedingung
n
∀z(z ∈ y ↔ z ∈ x ∧ φ(z, x))
so kann man, weil y mit dem Extentsionalitätsaxiom eindeutig bestimmt ist, folgende
Schreibweise einführen:
n
y = {z ∈ x|φ(z, x)}
Das Aussonderungsschema ist das Analogon zum Cantorschen Komprehensionsschema
aus welchem die Russelsche Antinomie hergeleitet wurde. Das Komprehensionsschema
lautet:
∀E ∃ME ME = {x|x ist Menge und für x gilt E}12
Zu diesem Axiom ist AUS in einer Hinsicht anders, so kann mit dem Aussonderungsschema nur die Existenz von Mengen gesichert werden, welche Teilmengen einer schon
vorgegebenen Menge sind und die Elemente der Teilmengen müssen sich mit gewissen
definiten Eigenschaften charakterisieren lassen können.
Nun sollen einige Folgerungen aus dem bisherigen Axiomensystem gezogen werden:
Zuerst soll gezeigt werden, dass der analoge Schluss, welcher aus dem Komprehensionsschema zur Russelschen Antinomie führt, nicht mehr möglich ist. Sei also x eine nach
EX existierende Menge. Wir bilden mit dem definiten Ausdruck z 6∈ z vermittelt AUS
die Menge
y = {z ∈ x|z 6∈ z}
Falls y ∈ y, so ist nach der Definition dieser Menge y 6∈ y,
Falls y 6∈ y, so gilt y 6∈ x oder y ∈ y.
Um einen Widerspruch zu vermeiden schließen wir also y 6∈ x und erhalten daraus die
Information, dass es keine Menge gibt, die alle anderen Mengen enthält.
n
10
diese Parametermengen werden im folgenden mit x bezeichnet
11
Hierzu eine kurze Anmerkung. Eine Sprache erster Stufe kann nur über Variablen, d.h. in unserem
Fall Mengen, quantifizieren. Insofern ist die Formel ’für alle Ausdrücke..’ einfach so zu verstehen, dass
dieses Axiom für alle Ausdrücke φ gilt, also für unendlich viele Ausdrücke. Deshalb wird dieses ’Axiom’
Schema der Axiome gennannt, denn tatsächlich handelt es sich dabei um unendlich viele Axiome.
Daraus folgt nun, dass das Axiomensystem ZF unendlich viele Axiome enthält. Man kann allerdings
zeigen, dass adäquate Theorien (in der PL1) auch nicht mit ’weniger’ Axiomen auskommen können.
12
E repräsentiert eine Eigenschaft, ME die Menge auf deren Elemente die Eigenschaft E zutrifft.
8
∀x{z ∈ x|z 6∈ z} 6∈ x Es gibt also keine Allmenge.
Mit den bisherigen Axiomen kann man beweisen, dass es eine leere Menge gibt, also
ist das Prädikat ψ(z) := ¬∃y y ∈ z funktional. Zum Beweis: Sei x eine nach EX
existierende Menge, wir bilden mit dem definiten Ausdruck z 6= z vermittelt dem
Aussonderungsschema die Menge
y = {z ∈ x|z 6= z}
Sie ist leer und nach EXT eindeutig bestimmt, wir erhalten also, dass ψ-Funktional ist
und können die leere Menge definieren:
∅ = {z|z 6= z}
Mit den bisherigen Axiomen lassen sich zu beliebigen Mengen endliche Schnitte, Komplemente und beliebige Schnitte definieren13 . Die Existenz der Paarmenge zu zwei Mengen kann aber noch nicht gesichert werden. Hierzu eine knappe Beweisführung: Angenommen man könnte das Paarmengenaxiom aus den Axiomen EX, EXT und AUS
beweisen, so müsste für alle Modelle (Universen), welche diese drei Axiome erfüllen,
gelten, dass diese auch PAAR 14 erfüllen. Wenn man nun ein Modell angibt, das EX,
EXT und AUS erfüllt nicht aber PAAR, so folgt wegen der Vollständigkeit der Prädikatenlogik, dass diese drei Axiome das Paarmengenaxiom nicht beweisen. Damit wäre
bewiesen, dass das Paarmengenaxiom eine echte Erweiterung des Axiomensystems darstellt.
Wir definieren also ein Gegenmodell: A := { ∅, {∅}, {{∅}} }. EX ist trivialerweise erfüllt,
da A 6= ∅. Offenbar gilt auch EXT 15 . Mit dem Aussonderungschema kann nur die Existenz von Teilmengen gesichert werden, die aber alle bereits in A liegen. Nun sichert das
Paarmengenaxiom etwa die Existenz der Menge: { ∅, {∅} }, diese ist aber kein Element
von A, also erfüllt die Menge A das Paarmengenaxiom nicht. Mit dem angegebenen Gegenmodell folgt, dass das Paarmengenaxiom unabhängig von den bisherigen Axiomen
ist. 16
3.4
Paarmengenaxiom
Dieses Axiom sichert, dass es zu zwei Mengen eine Menge gibt, die genau diese beiden
Mengen als Elemente enthält. Es wird also eine natürliche Operation auf dem Mengenuniversum gesichert.
∀a ∀b ∃c∀y (y = a ∨ y = b → y ∈ c)
(PAAR)
13
Dazu muss man einfach geeignete definite Ausdrücke finden, die Existenz dieser Operationen wird
dann vom Aussonderungsschema impliziert, siehe auch [3]
14
Paarmengenaxiom, Definition siehe nächste Seite.
15
Hierbei sollen die Zeichen 0 =0 und 0 ∈0 intuitiv interpretiert werden
16
Solche Unabhängigkeitsbeweise könnten auch für andere Axiome geführt werden. Allerdings ist dies
hier nicht notwendig und es sei etwa auf [3] verwiesen.
9
Mit dem Aussonderungsaxiom folgt, dass c genau die Elemente a und b enthält und
damit nach EXT eindeutig bestimmt ist. Man schreibt:
c = {a, b}
3.5
Vereinigungsaxiom
Dieses Axiom stellt eine echte Erweiterung des Paarmengenaxioms dar, es sichert, zu
einer Familie von Mengen X, die Existenz einer Menge, welche die Elemente der Elemente von X enthält.
S
∀X ∃z ∀x ∀y (x ∈ X ∧ y ∈ x → y ∈ z)
( -Ax)
Mit einer Anwendung es Aussonderungschemas und mit dem Extensionalitätsaxiom
kann man dies verschärfen zu:
[
X = {z ∈ y | ∃x(x ∈ X ∧ z ∈ x)}
S
Offensichtlich ist ∅ = ∅;
3.6
Potenzmengenaxiom
Mit dem Aussonderungsschema lässt sich die Existenz von Mengen gewisser Teilmengen
einer Menge beweisen - doch wie sieht es mit der Menge aller Teilmengen, der sogenannten Potenzmenge, aus? Es ließe sich wieder mit einem geeigneten Gegenmodell zeigen,
dass die Existenz dieser Menge mit den bisherigen Axiomen noch nicht gesichert ist.
Wir erweitern also das bisherige Axiomensystem um:
∀x ∃z ∀y (y ⊂ x → y ∈ z)
(POT)
mit dem Aussonderungsschema erhält man daraus:
z = P ot(x) = {y | y ⊂ x}
Da für alle Mengen ∅ ⊂ x und x ⊂ x gilt, folgt ∅, x ∈ P ot(x) ∀x. Insbesondere gilt, für
die leere Menge:
P ot(∅) = {∅}
Allgemein erhält man die Einermenge einer Menge (alternativ ließe sich dies auch mit
dem Paarmengenaxiom bewerkstelligen) durch:
{x} = {z ∈ P ot(x)|z = x}
Je mehr Axiome man vorgibt, desto weiter /starrer wird der Mengenbegriff festgelegt, gerade das Potenzmengenaxiom nimmt hier eine besondere Rolle wahr. Einerseits
ist für Mengen wie die der natürlichen Zahlen oder das Kontinuum nicht klar, was die
Potenzmenge davon sein soll, andererseits legt dieses Axiom, indem es die Teilmengen jeder Menge im Universum wieder zu einer Menge formt, eine Struktur des Mengenuniversums fest - diese Festlegung wird Imprädikativität des Potenzmengenaxioms
genannt.
10
3.7
Unendlichkeitsaxiom
Mit den bisherigen Axiomen können wir die Existenz von einigen Mengen beweisen. So
ist uns etwa die Reihe
∅, {∅}, {{∅}}, ...
bekannt. Man kann später - mit dem Fundierungsaxiom - zeigen, dass diese Mengen
voneinander verschieden sind. Es lässt sich nun Fragen, ob auch die Menge, welche die
gesamte Reihe enthält Teil unseres Universums ist:
{∅, {∅}, {{∅}}, ...}
Doch dabei muss klar sein, dass dabei ein weiter Schritt vollzogen wird, der mit den bisherigen Axiomen noch nicht nachvollzogen werden kann. Dabei wird von einer potentiell
beliebig lang fortsetzbaren Reihe zu einer aktual - im naiven Sinne - unendlichen Menge
übergegangen. Die Existenz dieser Menge lässt sich mit den bisherigen Axiomen noch
nicht beweisen. Also erweitern wir das Axiomensystem um das Unendlichkeitsaxiom
oder kurz um INF:
∃a(∃x ∈ a ∧ ∀y(y ∈ a → ∃z(z ∈ a ∧ y ∈ z)))
∃a(∅ ∈ a ∧ ∀y(y ∈ a → ∃z(z ∈ a ∧ y ∈ z)))
(INF)
Die erste Version steht in dem Skript [1], ich möchte aber eine stärkere Version (die
darunter stehende) fordern. Das Axiom besagt es gibt eine Menge, die ein Element bzw.
die leere Menge enthält und für alle Elemente in der Menge folgt es gibt eine Menge in
der diese Elemente Elemente sind.
Man kann sich diese hier geforderte Menge gerade wie obige Menge der Reihe vorstellen.
Definition 3.7.1: Eine Menge w wird induktiv genannt, falls
∅ ∈ w ∧ ∀z(z ∈ w → ∃x(x ∈ w ∧ z ∈ x))
INF besagt also gerade, dass es eine induktive Menge gibt, diese sei mit w0 bezeichnet,
wir können also den Schnitt über alle induktiven Mengen bilden - er ist nicht leer - und
somit definieren:
ω := {z ∈ w0 | ∀w(w induktiv → z ∈ w}
Satz 3.7.1: ω ist ein induktive Menge und Teilmenge aller induktiven Mengen.
Beweis: Die leere Menge ist Element aller induktiven Mengen, also ∅ ∈ ω. Sei
z ∈ ω, dann ist z ∈ w ∀w w induktiv ⇒ {z} ∈ w ∀w w induktiv ⇒ {z} ∈ ω.
Das Unendlichkeitsaxiom sichert die Existenz einer unendlichen Mengen, bringt damit aber alle Probleme des Transfiniten mit sich, mildernd mag hier einwirken, dass
die Menge ω, deren Existenz mit INF gesichert ist, später die Rolle der Menge der
natürlichen Zahlen übernimmt.
11
3.8
Schema der Ersetzungsaxiome
Skolem und Fraenkel bemerkten 1922 unabhängig voneinander, dass man mit den bisherigen Axiomen die Existenz der Menge {ω, P ot(ω), P ot(P ot(ω)), ...} 17 nicht beweisen
kann und formulierten deshalb ein weiteres Schema,
n
für alle φ(x, y, x) gilt:
n
n
n
∀ x (∀x ∃=1 y φ(x, y, x) → ∀u ∃v ∀x ∀y(x ∈ u ∧ φ(x, y, x)) → y ∈ v))
(ERS)
D.h. zu allen Ausdrücken und Parametermengen, wenn es zu allen Mengen x genau ein
n
y mit φ(x, y, x) gibt (also φ funktional ist), so gibt es zu jeder Menge u, eine Menge v
die für alle Elemente x ∈ u alle y in sich versammelt auf die φ zutrifft. Man kann jetzt
mit dem Aussonderungsaxiom, fordern, dass v genau aus diesen y besteht, es gilt also:
n
n
n
∀ x (∀x ∃=1 y φ(x, y, x) → ∀u ∃v v = {y | ∃x(x ∈ u ∧ φ(x, y, x)})
Wir können also die durch die Parameter x1 , ..., xn definierbare funktionale Funktion F
n
für ∀x∃=1 yφ(x, y, x) einsetzen und erhalten, dann in besonders suggestiver Schreibweise:
∀u ∃v v = {F (x) | x ∈ u}
Hierzu zwei knappe Beispiele: wir betrachten die Funktion F1 : x 7→ {x}, dann
ergibt das Ersetzungsschema:
∀u ∃v v = {{x} | x ∈ u}
oder die Funktion F2 : x 7→ x ∩ w für ein festes w:
∀u ∃v v = {x ∩ w | x ∈ u}
3.9
Fundierungsaxiom
Bisher wurde einem Aspekt unseres Mengenbegriffs noch nicht genügend Aufmerksamkeit gewidmet. So erwarten wir natürlich, dass unser Mengenuniversum keine Menge
enthält, die Element von sich selbst ist x ∈ x. Wir wollen aber auch keine Mengen x
und y mit x ∈ y ∧ y ∈ x. Ganz allgemein wollen wir keine endlichen ∈ - Zyklen der
Form
x0 ∈ x1 ∈ .... ∈ xn ∈ x0
Die bisherigen Axiome schließen Universen, welche solche Pathologien enthalten noch
nicht aus. Wir formulieren also das Fundierungsaxiom um sicherzustellen, dass das
Universum hierarchisch gegliedert ist und solche Anomalien nicht enthält.
∀X(X 6= ∅ → ∃x(x ∈ X ∧ ¬∃y(y ∈ X ∧ y ∈ x)))
17
Genaueres hierzu lässt sich in [3] finden.
12
(Fund)
∀X(X 6= ∅ → ∃x(x ∈ X ∧ x ∩ X = ∅))
In allen nichtleeren Mengen X gibt es ein kleinstes Element x, dermaßen, dass es keine
Menge in X gibt die wiederum Element von x ist. Die untere Version ist eine interessante
äquvalente Formulierung von FUND.
Um zu sehen wie das Fundierungsaxiom seiner Rolle gerecht wird beweisen wir damit
folgenden Satz:
Satz 3.9.1: (Schema) ¬∃x0 , ..., xn mit x0 ∈ x1 ∈ .... ∈ xn ∈ x0 .
Beweis: Sei n = 0, zu zeigen ∀x x 6∈ x
Sei also x gegeben, nach dem Fundierungsaxiom enthält {x} ein -minimales
Element, dies kann aber nur x sein. Es gilt also x ∩ {x} = ∅ beziehungsweise
x 6∈ x.
Für n > 0, Seien x0 , ..., xn mit x0 ∈ ... ∈ xn gegeben. Angenommen es gibt
ein -minimales Element in {x0 , ..., xn }. Sei dies ohne Einschränkung x0 , d.h.
x0 ∈ x1 ∈ .... ∈ xn ∈ x0 , dann folgt allerdings, dass {x0 , ..., xn } ∩ x0 6= ∅, denn
xn ∈ ({x0 , ..., xn } ∩ x0 ), was im Widerspruch zum Fundierungsaxiom steht.
Das Fundierungsaxiom nimmt also tatsächlich seine Rolle, das Universum hierarchisch
zu gliedern, wahr.
Damit haben wir eine typische Form der Zermelo Fraenkelschen Mengenlehre ohne
Auswahlaxiom vorgestellt.
ZF = EX, EXT, AU S, P AAR, ∪Ax, P OT, IN F, ERS, F U N D
mit:
EX Existenzaxiom,
EXT Extensionalitätsaxiom,
AUS Aussonderungsschema,
PAAR Paarmengenaxiom,
∪Ax Vereinigungsaxiom,
POT Potenzmengenaxiom,
INF Unendlichkeitsaxiom
ERS Ersetzungsschema
FUND Fundierungsaxiom
13
4
Intuitionistische Mengenlehre IZF
Hier wird nun eine intuitioinistische Version der Zermelo Fraenkelschen Mengenlehre
vorgestellt. Dabei werden basierend auf dem klassischen Axiomenssystem ZF welches
im vorhergehenden Kapitel eingeführt wurde, folgende Änderungen durchgeführt:
• es wird Intuitionistische Logik verwendet
• statt dem Schema der Ersetzungsaxiome wird das Collectionscheme verwendet
• statt dem Fundierungsaxiom wird Setinduction verwendet.
4.1
Intuitionistische Logik
Der Intuitionismus ist hauptsächlich als Ausprägung einer Form der mathematischen
Grundlagenforschung zu Anfang des letzten Jahrhunderts entstanden, genauer als Kritik an gewissen ’klassisch’ gültigen logisch-mathematischen Beweisverfahren. Diese Kritik, wie sie vor allem von L.E.J. Brouwer ausgeübt wurde, betraf in erster Linie nicht
die ’klassischen Tautologien’ per se, sondern zunächst metalogische Prinzipien wie das
Prinzip der Wahrheitsdefinitheit, das ’tertium non datur’. Jeder Aussagesatz ist entweder falsch oder wahr. Interpretiert man die Annahme des TND 18 so, dass man von
einer gewissen Aussage A ermitteln kann, ob A wahr ist oder ob A falsch ist, so kann
diese Disjunktion für manche Sätze nicht entschieden werden - es gibt unentscheidbare Sätze wie etwa das Halting Problem. Das Tertium non Datur gilt damit in der
IL (Intuitionistische Logik) nicht, es gibt aber noch eine Reihe von weiteren klassisch
gültigen Tautologien die intuitionistisch ungültig sind. Nun sollen eine Reihe davon
angeführt werden und kurz einige Argumente zu ihrer Gültigkeit oder Ungültigkeit
gegeben werden.
• 6`IL A ∨ ¬A, d.h. die Aussage A ∨ ¬A gilt intuitionstisch nicht.
• `
6 IL ¬¬A ⊃ A,19
A heißt´, dass man die Wahrheit von A beweisen kann, dementsprechend ¬A,
dass man die Falschheit von A beweisen kann, gilt nun ¬¬A, d.h. man kann
widerlegen, dass A falsch ist, so folgt wegen der Indefinitheit der Wahrheit noch
nicht, dass A gilt.
• `IL A ⊃ ¬¬A,
wenn man A bewiesen hat, dann kann man defacto widerlegen,
dass A falsch ist.
• `IL (A ⊃ B) ⊃ (¬B ⊃ ¬A),
kann man aus der Annahme A B beweisen und gilt B nicht so muss auch A falsch
sein.
18
19
Tertium non datur
⊃ wird hier statt → verwendet.
14
• 6`IL (¬A ⊃ ¬B) ⊃ (B ⊃ A),
wenn man aus der Falschheit von A die Falschheit von B herleiten kann, und
wenn B wahr ist so kann man lediglich schließen dass A nicht falsch ist, man hat
damit aber keinen Beweis für A.
• `IL (A ⊃ ¬A) ⊃ ¬A,
wenn aus der Wahrheit von A die Falschheit dieser Aussage folgt, so ist A defacto
falsch.
• 6`IL (¬A ⊃ A) ⊃ A,
wenn aus der Falschheit von A folgt, dass A wahr ist so stellt dies kein Beweis
für A dar.
Ein weiterer Unterschied besteht in der Auffassung des Existenzquantors, klassisch gelten folgende Äquivalenzen:
∀x¬P (x) ⇔ ¬∃xP (x)
¬∀x¬P (x) ⇔ ∃xP (x)
davon gilt intuitionistisch nur:
∀x¬P (x) ⇔IL ¬∃xP (x)
¬∀x¬P (x) ⇐IL ∃xP (x)
4.2
Collection Scheme
n
Für alle Formeln φ(x, y, x) gilt:
n
n
n
∀ x (∀x ∈ a ∃y φ(x, y, x) → ∃b ∀x ∈ a ∃y ∈ b φ(x, y, x))
(Coll)
n
Für alle Parametermengen x gilt, wenn es für alle Mengen in a Mengen y gibt, die
den Ausdruck φ erfüllen, dann gibt es eine Menge b die genau jene Mengen y in sich
versammelt (enthält).
Zu dem Ersetzungsschema ergeben sich folgende Unterschiede, einerseits ist das Collection Scheme prädikativ 20 gegeben. Andererseits muss φ beim ERS funktional sein,
während es beim Collection Scheme einfach nur (mindestens) ein y mit der Eigenschaft
φ zu jedem x geben muss. Daher erklärt sich auch das Consequens 21 der beiden Axiome, beim ERS wird jedes y in die Menge aufgenommen zudem es ein x gibt während
beim Collection Scheme einfach die y (möglicherweise mehrere) zu jedem x für die φ
gilt gesammelt werden.
20
Die Mengen x laufen also nur die Elemente einer schon vorgegebenen Menge a durch. Vergleiche
damit den Unterschied zwischen dem Aussonderungsschema und dem Komprehensionsschema.
21
Bei einer Implikation A → B versteht man unter dem Term A das Antecedens und unter B das
Consequens der Implikation.
15
4.3
Set Induction Scheme
n
Für alle Formeln φ(x, x) gilt:
n
n
n
n
∀ x (∀a(∀x ∈ a φ(x, x) → φ(a, x)) → ∀a φ(a, x))
(Ind)
Für alle Parametermengen, für alle Mengen a gilt: Wenn aus der Tatsache, dass für alle
Elemente von a der Ausdruck φ gilt folgt, dass er für a gilt, dann impliziert das, dass
φ für alle Mengen a gilt.
Hier springt die Ähnlichkeit zum Fundierungsaxiom nicht besonders ins Auge allerdings,
kann man daraus den Satz 3.9.1 zeigen, der aus dem Fundierungsaxiom bewiesen wurde. Dieser Satz zeigte, dass aus dem Fundierungsaxiom bewiesen werden kann, dass es
keine endliche -Kette geben kann.
Die Idee für den Beweis des Satzes mit dem Set Induction Scheme ist einfach die,
dass man für den Ausdruck φ mit der freien Menge x und den Parametermengen
x1 , x2 , x3 , .. , xn für jedes n ∈ N einfach folgenden Ausdruck einsetzt:
¬∃x1 , ...xn mit x1 ∈ ... ∈ xn ∈ x ∈ x1
Damit folgt der Satz unmittelbar. Mit dem Fundierungsaxiom ist, dieser Satz mithilfe
der intuitionistischen Logik nicht beweisbar. Dies liegt daran, dass Satz 3.9.1. äquivalent
ist zum Set Induction Scheme und dass das Set Induction Scheme die Kontraposition
vom Fundierungsaxiom ist, also insbesondere aus diesem intuitionistisch nicht beweisbar ist.
16
5
Konstruktive Mengenlehre CZF
Nun werden zwei verschiedene konstruktive Mengenlehren vorgestellt. Die erste CZF0
erhält man ausgehend von IZF durch die folgenden Veränderungen:
5.1
Konstruktive Mengenlehre, CZF0
• Statt dem Collection Scheme wird wieder das Ersetzungsschema verwendet, allerdings wird das Ersetzungsschema mit dem ∪-Axiom zusammengeführt und
deshalb auch hinkünftig mit dem Union-Replacement Scheme bezeichnet.
• Das Potenzmengenaxiom entfällt.
• Statt dem Set Induction Scheme wird das Mathematical Induction Scheme verwendet.
• Man verwendet das Restricted Separation Scheme statt dem Aussonderungsschema.
• Schließlich wird statt dem Unendlichkeitsaxiom, das Strong Infinityaxiom gefordert.
5.1.1
Union-Replacement-Scheme
Dabei handelt es sich um eine Zusammenführung des Ersetzungs- und des Vereinin
gungsaxiom. Für alle Ausdrücke φ(x, y, x) gilt:
n
n
n
x)))
∀ x ∀a(∀x ∈ a ∃b ∀y(y ∈ b ↔ φ(x, y, x)) → ∃b ∀y(y ∈ b ↔ ∃x(x ∈ a ∧ φ(x, y,
S
( -Rep)
Also für alle Ausdrücke, für alle Parametermengen, wenn es zu jeder Menge x eine
Menge b gibt, die alle Mengen y enthält auf die φ zutrifft, dann gibt es eine Menge b
so, dass zu jedem Element von b ein x in a existiert mit φ.
5.1.2
Restricted Separation
n
Für alle restricted Formulae (eingeschränkte Ausdrücke) φ(z, x) gilt:
n
n
∀ x ∀x∃y∀z(z ∈ y ↔ z ∈ x ∧ φ(z, x))
(RSep)
Dieses Axiom entspricht genau dem klassischen Aussonderungsaxiom, allerdings
wird an die Ausdrücke neben der Definitheit noch der Anspruch, dass sie ’restricted’
sein sollen, gestellt. Eine Formel heißt ’restricted’ wenn alle Quantoren ’restricted’ sind.
D.h. in der Formel dürfen All- und Existenzquantoren nur über schon vorgegebenen
Mengen laufen - die Ausdrücke müssen also prädikativ sein. 22
22
Sie haben damit die Form ∀x ∈ a bzw. ∃x ∈ a im Gegensatz zu ∀x
∃x ∈ 0 U niversum0 .
17
∈
0
U niversum0 bzw.
5.1.3
Strong Infinity
Hierzu führen wir zuerst einige Prädikate ein:
• T rans(a) :⇔ ∀y∀z(y ∈ a ∧ z ∈ y → z ∈ a),
d.h. Wenn für alle Elemente einer Menge gilt, dass die Elemente der Elemente
Elemente der Menge sind, dann ist diese Menge transitiv.
• Empty(y) :⇔ ∀z(z ∈ y →⊥)
eine Menge ist genau dann leer, wenn die Annahme sie enthalte ein Element falsch
ist.
• Succ(z, y) :⇔ ∀u(u ∈ y ↔ u = z ∨ u ∈ z)
y ist genau dann der Nachfolger von z, wenn alle Elemente aus z und z in y liegen.
Besonders suggestiv lautet das Nachfolgerprädikat unter Verwendung von EXT
also
Succ(z, y) :⇔ y = z ∪ {z}
• N at(x) :⇔ ∃a(T rans(a) ∧ x ∈ a ∧ ∀y(y ∈ a → Empty(y) ∨ ∃zSucc(z, y)),
d.h. x ist genau dann eine natürliche Zahl / Menge, wenn es eine transitive Menge,
in der x liegt, gibt und für alle Elemente dieser transitiven Menge gilt, dass sie
entweder leer sind oder einen Vorgänger besitzen der in der transitiven Menge
liegt.
Mit diesen Prädikaten kann man nun das Strong Infinityaxiom einfach formulieren:
∃b ∀x (x ∈ b ↔ N at(x))
(S-Inf)
Es gibt also eine Menge, die alle natürlichen Zahlen/Mengen enthält. Es wird also
gerade die Existenz der Menge
{∅, {∅, {∅}}, ...}
gefordert, welche auch als die Menge der von Neumann Zahlen bekannt ist. 23 Später,
d.h. in dem Vortrag über natürliche Zahlen, werden die natürlichen Zahlen mit den von
Neumann Zahlen identifiziert.
23
Zwei häufige Definitionsweisen der natürlichen Zahlen in der Mengenlehre sind die von Neumann
und die Zermelo Zahlen. Bei den Von Neumann Zahlen gilt 0 = ∅ und man definiert rekursiv z + =
{z, {z}} = z ∪ {z} und für die Zermelo Zahlen gilt ebenfalls 0 = ∅ und man definiert rekursiv z + = {z}.
Beiläufig gesprochen wurde die letztere Variante im ZF Teil dieses Scripts beim Unendlichkeitsaxiom
verwendet.
18
5.1.4
Mathematical Induction
n
Für alle Ausdrücke φ(x, x) gilt:
n
n
n
∀ x (∃y(Empty(y) ∧ φ(y, x)) ∧ ∀x(φ(x, x) →
n
n
∃y (φ(y, x) ∧ Succ(x, y))) → ∀x(N at(x) → φ(x, x)))
(M-Ind)
Für alle Ausdrücke für alle Parametermengen, wenn ein Ausdruck auf eine leere Menge
zutrifft und wenn für alle Mengen auf die der Ausdruck zutrifft, folgt, dass sie einen
Nachfolger haben auf den der Ausdruck ebenfalls zutrifft, dann trifft die Eigenschaft
auf alle natürlichen Mengen zu.
Hier wird also bei dem Induktionsaxiom schon auf die Erscheinungsform der transfiniten Mengen in CZF abgezielt.
Damit haben wir alle CZF0 -Axiome formuliert, es bleibt noch zu zeigen, dass das
Union-Replacement-Scheme wirklich das Ersetzungsschema und das Vereinigungsaxiom
zusammenführt.
Satz 5.1.1: Wenn das Extensionalitäts und das Paarmengenaxiom gilt, ist das UnionReplacement-Axiom äquivalent zu dem Vereinigungsaxiom und dem Schema der
Ersetzungsaxiome.
Beweis:
0 ⇒0 Es gelte das Union-Replacement-axiom, um zu zeigen dass die beiden Axiome
gelten, wird aus dem Antecedens das Consequens hergeleitet. Wir nehmen also
das Antecends des Ersetzungschemas an. Es gelte ∀x ∈ a ∃!y φ(x, y) 24 Wir
können dieses eindeutig bestimmte y mit dem Paarmengenaxiom zum Singleton
{y} machen und erhalten somit
∀x ∈ a∃b∀y(y ∈ b ↔ φ(x, y))
Dies ist aber gerade das Antecedens des Union-Replacementaxioms und dieses
impliziert also:
∃b ∀y ∈ b ∃x ∈ a φ(x, y)
Dabei handelt es sich um das Consequens des Ersetzungsaxioms womit ERS auch
bewiesen ist. Das Vereinigungsaxiom beweist man ganz analog: für den Ausdruck
φ(x, y) setzt man als Instanz y ∈ x einfach ein.
0 ⇐0 Es gelte das Ersetzungs- und das Vereinigungsaxiom. Wir nehmen das Antecedens des Union-Replacenmentschemes an, es gelte also
∀x ∈ a ∃b ∀y (y ∈ b ↔ φ(x, y))
24
ohne Einschränkung können wir die Parametermengen weglassen
19
Diese Menge ist mit EXT eindeutig bestimmt:
∀x ∈ a ∃!z ∀y (y ∈ z ↔ φ(x, y))
wir können deshalb mit dem Ersetzungsaxiom folgende Menge bilden:
{z|∃x ∈ a∀y(y ∈ z ↔ φ(x, y))}
Darauf das Vereinigungsaxiom angewandt impliziert:
{y|∃x ∈ aφ(x, y)}
Dies ist aber nichts anderes als das Consequens des Union-Replaxementaxioms,
womit dieses bewiesen ist.
Das System CZF0 besteht aus den drei Axiomen Extensionalitätsaxiom, Paarmengenaxiom und Strong Infinity und den drei Schemata Restricted Separation, Union
Replacement und Mathematical Induction.
5.2
Constructive Zermelo Fraenkel, CZF
Diese zweite Version einer konstruktiven Zermelo Fraenkelschen Mengenlehre beinhaltet
ein Axiom, um zu beweisen, dass zu jeder Menge eine Menge gewisser Teilmengen
existiert. Dies soll dem Umstand eines fehlenden Potenzmengenaxioms entgegenwirken.
Die Veränderungen zu CZF0 sind:
• Das Set Induction Scheme wird wieder statt dem Mathematical Induction Scheme
verwendet
• Hinzu kommt das Strong Collection Scheme und das Union Axiom statt dem
Union Replacement Scheme
• Hinzu kommt das Subset Collection Scheme
• Statt dem Strong Inifinity Axiom wird das Unendlichkeitsaxiom verwendet
Bei der formulierung der beiden neuen Axiome wird rege von der Abkürzung B(x ∈
a, y ∈ b) φ gebrauch gemacht, welche für
∀x ∈ a ∃y ∈ b φ ∧ ∀y ∈ b ∃x ∈ a φ
steht.
20
5.2.1
Strong Collection
n
Für alle Ausdrücke φ(x, y, x) gilt:
n
n
n
∀ x ∀a(∀x ∈ a ∃y θ(x, y, x) → ∃b B(x ∈ a, y ∈ b) θ(x, y, x)))
(S-Col)
D.h. für alle Ausdrücke für alle Parametermengen für alle Mengen a, wenn für alle Elemente der Menge a gilt, dass es eine Menge gibt welche den Ausdruck θ erfüllt, dann
gibt es eine Menge b die für alle Elemente von a die bezüglich θ zugehörigen y enthält
und für die ferner gilt, es gibt eine Element in a.
Dieses Axiom ist weitestgehend analog zu dem Collection Scheme, durch die rückbezügliche Klausel ∀x ∈ a∃y ∈ b θ wird die Menge, welche mit dem Strong Collection
Scheme erzeugt wird, aber schon einer gewissen Aussonderung unterzogen.
5.2.2
Subset Collection
Dieses Axiom, welches ein konstruktiver Ersatz für das Potenzmengenaxiom sein soll
lautet:
∀a∀b∃c∀u(∀x ∈ a ∃y ∈ b θ(x, y, u) → ∃z ∈ c B(x ∈ a, y ∈ z) θ(x, y, u))
(SubColl)
Die Menge a fungiert als ’Beschränkungsmenge’ des Ausdrucks θ, die Menge u als
Parametermenge. Das Axiom lässt sich in einer (vagen) Weise folgendermaßen beschreiben, zu jeder Menge b existiert eine Menge c, welche gewisse Teilmengen von b enthält.
Damit eine Teilmenge von b in c auftritt, muss der definite Ausdruck θ für irgendwelche
Parametermengen u und x ∈ a auf sie zutreffen.
Seien a, b, u gegeben, ferner gelte ∀x ∈ a ∃y ∈ b θ
25
dann gilt
∃zu 26 ∈ c (∀x ∈ a ∃y ∈ zu θ ∧ ∀y ∈ zu ∃x ∈ a θ)
=⇒ zu ⊂ b, damit:
{zu |∀x ∈ a∃y ∈ zu θ ∧ ∀y ∈ zu ∃x ∈ a θ} ⊂ c ⊂ P ot(b)
Mit einer Anwendung des Aussonderungsschemas erhält man:
c = {zu |∀x ∈ a∃y ∈ zu θ ∧ ∀y ∈ zu ∃x ∈ a θ}
Was zeigt, dass zu einer Menge b eine Menge von gewissen Teilmengen c definiert wird.
25
26
wir schreiben jetzt θ für θ(x, y, u)
Der Indizes u soll die Abhängigkeit von der Parametermenge kennzeichnen
21
Literatur
[1] Aczel P, Rathjen M, Notes on constructive set theory,
Institut Mittag Leffler, 2001
[2] Ebbinghaus, Flum, Thomas, Einführung in die mathematische Logik,
B.I.-Wissenschaftsverlag 1996, 4.Auflage
[3] Ebbinghaus Heinz-Dieter, Einführung in die Mengenlehre,
B.I.-Wissenschaftsverlag 1992, 4.Auflage
[4] T. J. Jech, About the Axiom of Choice,
Handbook of Mathematical Logic, North-Holland Amsterdam 1977
22
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