Seite 1 Regulierte Expression eines Tumorsuppressors als molekularer „immune escape“ Mechanismus des Nierenzellkarzinoms H. Kammerer, R. Riesenberg, J. Schleypen, C. Weiler, W. Zimmermann Urologische Klinik und Poliklinik, Labor für Tumorimmunologie, Klinikum der Universität München - Großhadern In epithelialen Tumoren (z.B. Kolon-, Lungen-, und Prostatakarzinom) wird häufig ein Verlust der Expression des Zelladhäsionsmoleküls CEACAM1 (carcinoembryonic antigen-related cell adhesion molecule) beobachtet. Man vermutete deshalb, dass CEACAM1 ein Tumorsuppressorgen darstellt. Und in der Tat konnte gezeigt werden, dass die Wiederherstellung der CEACAM1-Expression in Tumorzelllinien zu deren Differenzierung führen kann und deren okogenes Potential in Maus- und Rattentumormodellen unterdrückt wird. Andererseits wurde beobachtet, dass eine de novo-Expression von CEACAM1 in immunogenen Melanomen mit einem deutlich schlechteren Prognose der Patienten einhergeht. Diese widersprüchlichen Beobachtungen können durch eine zweite Funktion des CEACAM1 erklärt werden. CEACAM1 wird auch von aktivierten T Zellen und natürlichen Killerzellen (NK Zellen) exprimiert und übt in diesen Zellen eine inhibitorische Funktion aus. Das bedeutet, dass die homophile Interaktion von auf Tumorzellen exprimiertem CEACAM1 mit CEACAM1 auf aktivierten T und NK Zellen zur Inhibition deren zytotoxischen Funktion führt. Im Melanom scheint der „immunsupprimierenden“ Funktion des CEACAM1 eine höhere Bedeutung zu zukommen als der tumorsuppressor Funktion. Wir haben deshalb die CEACAM1 Expression in einem weiteren immunogenen Tumor, dem Nierenzellkarzinom, untersucht. In der gesunden Niere wurde CEACAM1 auf Epithelzellen der proximalen Tubuli, von denen 95% der Nierentumore ausgehen, und auf Endothelzellen der Nierengefäße gefunden. Im Gegensatz dazu konnte in 35 klarzelligen, 5 papillären und 4 chromophoben Nierenzellkarzinomen keinerlei CEACAM1-Expression nachgewiesen werden. Ebenso zeigten verschiedene Nierenzellkarzinomzelllinen keine oder nur eine marginale CEACAM1-Expression, d.h. es kommt zu einer kompletten Herunterregulation des Tumorsuppressors im Nierenzellkazinom. Der Verlust von CEACAM1 ist jedoch reversible und kann durch Gabe von Interferon α; (IFNα;), aufgehoben werden; wird INF∝; wieder entzogen wird ! die CEACAM1-Expression von den Nierenzellkarzinomzellen wieder eingestellt. Da IFNα; von T und NK Zellen nach der Antigenerkennung als eines der ersten Zytokine freigesetzt wird, muss man davon ausgehen, dass dieser Mechanismus auch lokal in vivo zu einer transienten CEACAM1-Expression der Nierenzellkarzinomzellen führt. In dieser Situation kann CEACAM1 seine immunsupprimierende Funktion entfalten