Ehrenfeucht-Fraı̈ssé-Spiele über Spuren Martin Horsch 14. Juni 2006 Vortragsinhalt • Ehrenfeucht-Fraı̈ssé-Spiel mit n Runden und k Marken • Lokale Temporallogik über Mazurkiewicz-Spuren (LocTL) • LocTL und die Logik erster Stufe mit zwei Variablen (FO2 ) • Logik erster Stufe mit begrenzter Alternierungstiefe • Vergleich: zwei Variablen vs. begrenzte Alternierungstiefe Ein Abhängigkeitsalphabet (Σ, D) besteht aus einem endlichen Alphabet Σ und einer reflexiven Abhängigkeitsrelation D über Σ. Man kann (Σ, D) als Abhängigkeitsgraph darstellen: b c a d f e Eine Mazurkiewicz-Spur für (Σ, D) ist ein Tupel t = (V(t), Λ, →, <) mit der Knotenmenge V(t) und der Beschriftung Λ : V(t) → Σ. Die Abhängigkeitsrelation (· → ·) über V(t) ist azyklisch mit u→v oder v→u ⇐⇒ Λ(u) D Λ(v) und u 6= v für alle Knoten u, v ∈ V(t). Die Ordnungsrelation (· < ·) ist die transitive Hülle (· → ·)|Σ| der Abhängigkeitsrelation. graphische Darstellung von Spuren Bei einer Spur werden wir entweder (· → ·) oder (· < ·) darstellen. e a a b e d a b c Abhängigkeitsstruktur d a b b c Partialordnung (Hasse-Diagramm) Wir schreiben t = a1a2a3 · · · für Linearisierungen der Beschriftung von t mit ai ∈ Σ. Diese Spur ist abacbed = aebacbd = eabcadb. Die Menge aller Spuren für (Σ, D) bezeichnen wir als R[Σ, D]. In der Logik erster Stufe (FO) über Spuren können elementare Variablen xi mit Knoten belegt werden, aber nicht mit Mengen von Knoten. Eine Formel mit der Menge freier Variablen X wertet man über Paaren der Art (t, Ξ) mit Belegungen Ξ : X → V(t) aus. Wir verwenden: • boolesche Verknüpfungen und die Quantoren ∃ und ∀ • einstellige Beschriftungsprädikate λa für a ∈ Σ • das zweistellige Prädikat → in FO[→], der Logik erster Stufe über Spuren als Abhängigkeitsstrukturen • das zweistellige Prädikat < in FO[<], der Logik erster Stufe über Spuren als Partialordnungen Ein Abhängigkeitsalphabet (Σ, D) sei gegeben. Die geschlossene Formel erster Stufe ϕ erzeugt die Sprache L(ϕ) = {t ∈ R[Σ, D] | t |= ϕ}. Quantortiefe logischer Formeln Die Quantortiefe ergibt sich induktiv nach folgender Regel: qt(⊤) ∀a ∈ Σ ∀n ∈ N : ∀ i, j ∈ N : qt(λa(xn)) qt(xi → xj) qt(¬ ϕ) qt( (ϕ ∨ ψ) ) qt(∃xn ϕ) ∀n ∈ N : = = = = = = 0 0 qt(xi < xj) = 0 qt(ϕ) max(qt(ϕ), qt(ψ)) 1 + qt(ϕ) R[Σ,D] bezeichnen wir die endliche Menge aller Sprachen, [<] ⊆ 2 Mit FOn k die durch Formeln mit k Variablen und der Quantortiefe n erzeugt werden. Analog: FOn k [→]. EF-Spiel mit k Marken und n Runden n [→]) wird von Spoiler und [<] (analog FO Das EF-Spiel für FOn k k Duplicator auf zwei Spuren t0, t1 ∈ R[Σ, D] gespielt. Pro Spur gibt jeweils eine mit x1, x2, . . . und xk beschriftete Marke. Anfangs befinden sich alle Marken außerhalb. Ablauf einer Runde: 1.) Spoiler wählt eine Seite ζ ∈ {0, 1}. Er setzt eine beliebige Marke auf einen Knoten von tζ. 2.) Duplicator setzt die gleich beschriftete Marke auf einen Knoten von t1−ζ. Der Spielstand ist ein Paar von Belegungen (Ξ0, Ξ1). Duplicator gewinnt gdw. nach allen k Runden ein 1 ≤ i ≤ k die beiden Belegungen bzgl. der Prädikate < und λa mit a ∈ Σ isomorph sind. Lemma (Immerman & Kozen). Seien t0, t1 ∈ R[Σ, D] Spuren. Die folgenden Aussagen sind gleichbedeutend: 1. Es gibt eine geschlossene Formel ϕ mit k Variablen und in der Logik erster Stufe über Partialordnungen, sodass gilt: t0 |= ϕ, t1 6|= ϕ und qt(ϕ) = n 2. Spoiler besitzt eine Gewinnstrategie im EF-Spiel für FOn k [<] auf den Spuren t0 und t1, er gewinnt also mit k Marken innerhalb von n Runden. Beweis: Induktion über n. Analog: Formeln mit dem Prädikat (· → ·) EF-Spiel mit zwei Marken und zwei Runden a a b b b c a a c c d c e e c c d Spoiler besitzt eine Gewinnstrategie. Nur die linke Spur erfüllt die Formel ∃x (λd ∧ ¬∃y (λa ∧ x < y)). b b b d a a d lokale Temporallogik Formeln der lokalen Temporallogik für Spuren (LocTL) werden über einzelnen Knoten ausgewertet. Sei t ∈ R[Σ, D] eine Spur und v ∈ V(t) ein Knoten. Mit a ∈ Σ gilt (t, v) |= λa ⇐⇒ Λ(v) = a Einige ihrer Operatoren sind next-future, yesterday-past und parallel: (t, v) |= XF ϕ (t, v) |= YP ϕ (t, v) |= PAR ϕ ∃v ′ > v : (t, v ′ ) |= ϕ ∃v ′ < v : (t, v ′ ) |= ϕ ∃v ′ k v : (t, v ′) |= ϕ ⇐⇒ ⇐⇒ ⇐⇒ Dabei ist k die Parallelitätsrelation: ∀u, v ∈ V(t) : ukv ⇐⇒ ¬ (u = v ∨ u < v ∨ u > v) tiefenbeschränkte Fragmente von LocTL Sei Op ∈ {XF, YP, PAR}, dann definieren wir ∀t ∈ R[Σ, D] : t |= Op ϕ ⇐⇒ ∃v ∈ V(t) : (t, v) |= ϕ für eine temporallogische Formel ϕ. Die Auswertung einer Formel beginnt außerhalb der Spur, mit dem äußersten Operator springt man hinein. Die von ϕ erzeugte Sprache ist L(ϕ) = {t ∈ R[Σ, D] | t |= ϕ}. Die Operatortiefe einer temporallogischen Formel ist die maximale Anzahl miteinander verschachtelter Operatoren. Die endliche Menge aller Sprachen, die mit XF, YP und PAR bei einer Operatortiefe von n ∈ N oder weniger erzeugt werden können, ist LocTLn[XF, YP, PAR]. Im EF-Spiel für LocTL[XF, YP, PAR] auf den Spuren t0 und t1 gibt es eine Marke pro Spur. Anfangs liegen die Marken außerhalb. In jeder Runde wählt Spoiler eine Seite ζ ∈ {0, 1}. Angenommen, die Marken liegen auf v0 ∈ V(t0) und v1 ∈ V(t1). Dann kann Spoiler zwischen den folgenden Spielzügen wählen: XF: ′ > v1−ζ. Spoiler zieht auf vζ′ > vζ. Duplicator zieht auf v1−ζ YP: ′ < v1−ζ. Spoiler zieht auf vζ′ < vζ. Duplicator zieht auf v1−ζ ′ k v1−ζ. PAR: Spoiler zieht auf vζ′ k vζ. Duplicator zieht auf v1−ζ Wenn die Marken außerhalb liegen, ziehen beide Spieler auf beliebige Knoten. Spoiler gewinnt, sobald die Marken auf verschieden beschrifteten Knoten liegen. Lemma. Spoiler besitzt eine Gewinnstrategie für n Runden gdw. t0 und t1 in LocTLn[XF, YP, PAR] unterscheidbar sind. n Satz. Für alle n ∈ N ist FOn 2 [<] = LocTL [XF, YP, PAR]. Beweis (Äquivalenz der Spiele). • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • temporal erster Stufe Satz. Es gilt FO2[→] = LocTL[XF, YP]. Beweis (Äquivalenz der Spiele). e b a c a c d f d f b e b e a c d a f u→v c d temporal (Es gilt: e b f erster Stufe oder v→u ⇐⇒ Λ(u) D Λ(v) und u 6= v) Formeln mit begrenzter Alternierungstiefe Die Formelmenge ΦΣ,<(0, 0) besteht aus den Formeln der Logik erster Stufe über Partialordnungen ohne gebundene Variablen. Für k, n ≥ 1 liegt ϕ mit den freien Variablen x1, . . . , xl genau dann in ΦΣ,<(k, n), wenn es die Form ϕ = _ (∃xl+1 · · · ∃xl+mi ¬ ψi) 1≤i ≤j mit mi ≤ n und ψi ∈ ΦΣ,<(k − 1, n − mi) für alle 1 ≤ i ≤ j hat. Wir bezeichnen k als die Alternierungstiefe (∃, ∀, ∃, . . . ) der Formeln. Σn k [<] Σk[<] = = {L(ϕ) | ϕ ∈ ΦΣ,<(k, n)} [ Σn k [<] n∈N ∆k[<] = Σk[<] ∩ CoΣk[<] = Σk[<] ∩ Πk [<] EF-Spiel mit k Seitenwechseln und n Marken Spoiler und Duplicator spielen auf zwei Spuren t0, t1 ∈ R[Σ, D]. Ein Spielstand hat die Form (Ξ0, Ξ1, ζ) mit ζ ∈ {0, 1} und Belegungen Ξ0 und Ξ1 der Variablen x1, . . . xm mit m ≤ n. Ablauf einer Runde: 1.) Spoiler nimmt sich l ≤ n − m Marken, die mit xm+1 , . . . , xm+l beschriftet sind. Er verteilt sie auf Knoten von tζ. 2.) Duplicator setzt genauso beschriftete Marken auf t1−ζ. So entstehen die erweiterten Belegungen Ξ0′ und Ξ1′ . Seitenwechsel: der neue Spielstand ist (Ξ0′ , Ξ1′ , 1 − ζ). Es werden k Runden gespielt. Duplicator gewinnt, wenn die Belegungen am Ende isomorph sind. Genau dann, wenn ausgehend vom Spielstand (Ξ0, Ξ1, 0) bei k verbleibenden Runden Duplicator eine Gewinnstrategie besitzt, schreiben wir t0 , Ξ 0 n k t1 , Ξ 1 (Ξ1 dupliziert Ξ0). Lemma. Die Behauptung ∀ϕ ∈ ΦΣ,<(k, n) : t0, Ξ0 |= ϕ ⇒ t1, Ξ1 ist genau dann erfüllt, wenn t0, Ξ0 n k t1, Ξ1 gilt. Beweis (Induktion über k). Ist ε die leere Belegung, dann hat Duplicator auf den Spuren t0 und t1 genau dann eine Gewinnstrategie ausgehend von (ε, ε, 0), wenn t1 mindestens die gleichen Eigenschaften aus Σn k [<] erfüllt wie t0. Wir nennen dieses Spiel deshalb das EF-Spiel für Σn k [<]. zwei Variablen vs. begrenzte Alternierungstiefe Über Wörtern gilt FO2[<] = ∆2[<] = DA (Tesson & Thérien). Über Spuren als Abhängigkeitsstrukturen gilt FO2[→] = ∆2[→] = DA (Kufleitner). Behauptung. Sei k > 1. Dann sind FO2[<] und ∆k[<] über Spuren unvergleichbar. Lemma. Es gibt ein Abhängigkeitsalphabet (Σ, D) mit ∀n ∈ N : Σ31[<] \ LocTLn[XF, YP, PAR] 6= ∅. Beweis (EF-Spiele für diese Fragmente). Durch a−b−c−d−e−f−a ist ein zyklisches Abhängigkeitsalphabet gegeben, außerdem sei der Separator von allen Zeichen abhängig. # Sei q = acbedf, und p bestehe aus 2n + 1 Blöcken der Art: ... a ... c e b d f ... c d e f Betrachten wir die folgenden Spuren: # # # # s = ( p)n q( p)n und a b # # t = ( p)2n+1 ... Lemma. Sei k ≥ 1. Es gibt ein Abhängigkeitsalphabet (Σ, D), sodass ein L ∈ LocTLk[PAR] mit der Eigenschaft L ∈ / Σn k [<] für alle n ∈ N existiert. Beweis (EF-Spiele für diese Fragmente). a2 b2 b3 a1 a3 b5 b4 a5 a4 Aufbau eines Abhängigkeitsalphabets: am mit m ≥ 1 ist unabhängig von allen ai und bi mit i < m. bm mit m > 1 ist abhängig von allen ai und bi mit i ≤ m. Sei l ≥ (n + 1)k. Betrachten wir die Spuren Υ1,l = a1, Θ1,l = ε und (bjajΥj−1,l)l · bjajΘj−1,l · (bjajΥj−1,l)l Θj,l = (bjajΥj−1,l)l für alle i > 1. Induktiv gilt Υj,l = Θk,l n k Υk,l . Man kann diese Spuren aber mit einer von l unabhängigen Formel unterscheiden, die k PAR-Operatoren enthält. Beispiel: a1 a2 = a1 a2 b3 a2 a2 a2 a1 b2 b2 b2 b3 a3 a1 b2 b2 b2 b2 Υ3,1 a1 a2 b3 a3 a3 a2 zwei Variablen vs. begrenzte Alternierungstiefe Sei k > 1. Nach Definition ist CoΣk−1 [<] eine Teilmenge von Σk[<]. Folglich ist Σk−1[<] eine Teilmenge von Πk[<] = CoΣk[<] und es gilt Σk−1 [<] ⊆ Σk[<] ∩ Πk[<] = ∆k[<]. Es gibt Abhängigkeitsalphabete (Σ, D) mit folgenden Eigenschaften für alle n ∈ N: Σ31[<] ⊂ ∆k[<] LocTLk[PAR] ⊂ FO2[<] 6⊆ 6⊆ n FOn 2 [<] = LocTL [XF, YP, PAR] ∆k[<] ⊂ Σn k [<] Also sind FO2[<] und ∆k[<] über Spuren unvergleichbar.