14 REISE Ausgabe 18 / 2. September 2011 Gesundheit und mehr... N USA Südstaaten: Schlachten, Sklaverei und große Gefühle A Auch manchem Touristen ist jetzt peinlich, dass er sich eben noch in der Pracht der Plantage gesonnt hat. ls sich im April dieses Jahres im Hafen von Charleston bärtige Männer in blauen und grauen Uniformen versammelten, trafen sie sich als Freunde. 150 Jahre zuvor wurden ihre Vorfahren an diesem Ort zu erbitterten Feinden, die sich mit Musketen, Kanonen und Bajonetten gegenseitig umzubringen versuchten – obwohl sie aus demselben Land kamen. Solche Hütten finden sich auch in Atlanta, der Metropole der Südstaaten. Im History Center, vom Stadtzentrum leicht mit dem Bus zu erreichen, wurde eine ganze Plantage hinter dem Museum nachgebaut. Kinder lernen, wie Baumwolle damals angepflanzt wurde, wie sie verarbeitet wurde – und von wem: „Wir wollen die ganze Geschichte des Südens zeigen. Und das heißt nun mal auch das dunkle Kapitel der Sklaverei“, sagt Führerin Joanna Arrieta. Das Museum selbst gehört ganz dem Krieg. Musketen und Säbel sind zu sehen, Trommeln und Fahnen. Am 12. April 1861 begann mit der Beschießung von Fort Sumter der Amerikanische Bürgerkrieg, der blutigste Krieg in der Geschichte der USA. Heute gedenkt das Land mit Laiendarstellern in Uniform dem Gemetzel von damals. Aber der Süden der USA hat eineinhalb Jahrhunderte nach der Sezession einiges mehr zu bieten. Charleston hat seine Glanzzeiten hinter sich. In den 100 Jahren vor dem Bürgerkrieg war es ein kulturelles, politisches und vor allem wirtschaftliches Zentrum der USA. Prächtige Häuser zeigen sich noch heute dem Spaziergänger, und an der Promenade am Atlantik ist noch etwas zu spüren vom Glanz des alten Südens. Vom großen Hafen an der Mündung der Flüsse Ashley und Cooper wurde Baumwolle in die ganze Welt verschifft – hier kamen aber auch Sklaven in die USA. Das Old Slave Mart Museum erinnert an ihr bitteres Los. Aber von Charleston ging auch der Krieg aus, der zur Abschaffung der Sklaverei führte. 34 Stunden feuerten die Konföderierten auf die Festung im Hafen, letztlich gaben die Unionssoldaten auf. Das einzige Todesopfer: ein Pferd. Erst beim anschließenden Salutschießen für die US-Fahne starben zwei Serienstar Boone Hall: Die Villa wurde durch die US-Fernsehserie „Fackeln im Sturm“ berühmt und gilt als eines der meistfotografierten Gebäude in den Südstaaten. Foto: dpa Soldaten, als ihre Kanone zu früh losging. Es waren die ersten Opfer des Bürgerkrieges. „Das ist für viele heiliger Boden hier, und ich finde auch, dass jeder Amerikaner mal hier gewesen sein sollte“, sagt Rick Hatcher. Der Historiker trägt die grüne Uniform der Parkranger, Fort Sumter ist heute ein Nationalpark. Dieser Boden habe die USA geprägt: „Hier hat alles angefangen. Das Ende der Sklaverei, die Ausprägung der heutigen USA, unsere militärische Tradition, die heutigen Orden, die ersten Erkennungsmarken – alles hat hier angefangen.“ Eine gute halbe Stunde haben die Touristen, bis die Fähre wieder von der Insel zum Fest- land zurück tuckert. Genug Zeit für die dicken Backsteinmauern und die paar Schrifttafeln, für die gewaltigen Kanonen und die kleine Ausstellung. Man sollte bei Sonne reisen – dann ist der Blick auf Charleston besonders schön. Die Ziegel für das Fort kamen von Boone Hall ein paar Meilen nordöstlich. Das Anwesen sei die „meistfotografierte Plantage Amerikas“, so die Eigenwerbung. Wer die lange Allee entlanggefahren ist, erkennt in dem Haus vielleicht einen alten Bekannten: In der Fernsehserie „Fackeln im Sturm“ war Boone Hall als Mont Royal das Haus von Orry Main alias Patrick Swayze. „Wir bauen immer noch Baumwolle an“, sagt Rick Benthall von den Betreibern. 250 000 Besucher kommen in jedem Jahr, denen das Haus und die Erinnerung an die Serie 18 Dollar Eintritt wert sind. Auch die Führerin in ihrer historischen Tracht geht auf die Serie ein, als sie durch die Pracht des Herrenhauses führt. Die Sklavenquartiere im Schatten der Allee sind hingegen an Armseligkeit kaum zu überbieten. Es sind kleine Holzschuppen mit nur einem Raum, in dem eine ganze Großfamilie lebte. Schulklassen werden oft hier durchgeführt und die meisten Kinder werden ganz still, die schwarzen wie die weißen. Die meisten deutschen Touristen haben allerdings ein anderes Ziel in Atlanta. Das Margaret-Mitchell-Haus steht mitten in der Innenstadt. Das unscheinbare Holzhaus ist der Frau gewidmet, die mit nur einem Buch Weltruhm erlangte. Nach einem Reitunfall schrieb sie, immer nur ein Kapitel, von hinten nach vorn. Das Ergebnis ging als Buch und als Film in die Geschichte ein: „Vom Winde verweht“. „Sie gehen auf den Originalfliesen von 1919“ sagt die Fremdenführerin und zeigt das Zimmer, in dem der Roman entstand. „Im ersten Entwurf hieß Scarlett noch Pansey“, sagt die Führerin lächelnd. „Ich glaube, wir sind alle froh, dass sie das noch einmal überarbeitet hat.“ Das Manuskript des Films liegt auch im Museum. „Immer wieder stehen hier Touristen und spielen den Film nach, manche mit Tränen in den Augen.“ Chris Melzer Hier begann der Bürgerkrieg: In Fort Sumter zielen noch die alten Kanonen aus dem Uniformen, Waffen und Fahnen beider Seiten: Das Museum im History Center von 19. Jahrhundert aufs Meer hinaus. Foto: dpa Atlanta widmet sich ganz dem Bürgerkrieg. Foto: dpa