Mathematik für Informatiker II Kapitel 1 Grundlagen (Wiederholungen)

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Mathematik für Informatiker II
Karl-Heinz Indlekofer
Universität Paderborn
Sommersemester 2003
Kapitel 1
Grundlagen (Wiederholungen)
1. Logische Symbole
1
1.1 Junktoren. Die Sprache der Mathematik unterscheidet
sich von der Umgangssprache durch ihre begriffliche
Präzision.
Die genaue Festlegung eines mathematischen Begriffs
wird Definition genannt.
Jede sinnvolle Anordnung von Worten, die entweder wahr
oder falsch ist, ist eine Aussage, und eine wahre
mathematische Aussage wird als Satz bezeichnet.
Beispiele für Aussagen sind:
-Die Summe der Quadrate von 3 und 4 ist das Quadrat von 5.
-Alle Vögel können fliegen.
-Es gibt Leben auf dem Mars.
Die erste ist wahr, die zweite falsch, und der Wahrheitsgehalt
der dritten ist derzeit unbekannt.
3
Weitere Begriffe:
- Beweis
- logische Schlüsse
- Axiome
- mathematische Logik
- Aussagenlogik
Der Wahrheitsgehalt der zusammengesetzten Aussagen
nicht p
¬p
(Negation)
p und q
p∧q
(Konjunktion)
p oder q
p∨q
(Disjunktion)
wenn p, dann q
p⇒q
(Implikation)
p genau dann, wenn q
p⇔q
(Äquivalenz)
soll allein von den Wahrheitswerten wahr (w), falsch (f) der
Komponenten p und q abhängen und nicht von deren
spezifischem Inhalt.
4
2
Definition 1.1 Die Junktoren ¬, ∧, ∨, ⇒, ⇔ sind erklärt
durch die Wahrheitstafeln:
p
¬p
w
f
f
w
p
q
w
w
f
f
w
f
w
f
p∧q p∨q p⇒q p⇔q
w
f
f
f
w
w
w
f
w
f
w
w
w
f
f
w
5
Definition 1.2. Ausdrücke P, Q heißen logisch äquivalent, in
Zeichen: P äq Q, wenn P, Q bei jeder Belegung der
auftretenden Aussagevariablen mit Wahrheitswerten jeweils
denselben Wahrheitswert aufweisen.
6
3
Satz 1.1 (Negationstechnik).
a) ¬ (¬ p)
äq
p
b) ¬ (p ∧ q)
äq
(¬ p) ∨ (¬ q)
c) ¬ (p ∨ q)
äq
(¬ p) ∧ (¬ q)
d) ¬ (p ⇒ q) äq
e) ¬ (p ⇔ q) äq
Satz 1.2 (Beweistechnik).
a) p ⇔ q
äq
b) p ⇒ q
äq
p ∧ (¬ q)
(¬ p) ⇔ q
(p ⇒ q) ∧ (q ⇒ p)
(¬ p) ∨ q
c) p ⇒ q
äq
(¬ q) ⇒ (¬ p)
d) p ⇒ q
äq
p ∧ (¬ q) ⇒ r ∧ (¬ r)
Satz 1.2 c) beinhaltet das sog. Kontrapositionsprinzip, d) das sog.
Prinzip des indirekten Beweises (Erzeugung eines Widerspruches, da
der Ausdruck r ∧ (¬ r) stets den Wahrheitswert f hat).
7
1.2. Quantoren. Es bedeute E(x), dass das Objekt x die Eigenschaft
E besitzt. Wir verabreden die Kürzel:
∧ E (x) : alle x haben die Eigenschaft E
∨ E (x) : es gibt ein x mit der Eigenschaft E
(Generalisator)
x
(Partikularisator)
x
Anstelle von ∧ E ( x) und ∨ E ( x) sind auch
x
x
∀ x: E(x) bzw. ∃ x : E ( x ) üblich.
Satz 1.3 (Negationstechnik).
∧ E ( x)
b) ¬ ∨ E ( x )
a) ¬
x
x
äq
äq
∨ ¬E ( x),
∧ ¬E ( x).
x
x
8
4
1.3 Mengen. Sind zwei Mengen gleich, so haben sie
dieselben Elemente, so dass die Beziehung
besteht.
∧( x ∈ M ⇔ x ∈ N ) ⇔ M = N
x
Einfache Rechenregeln sind zum Beispiel
( L ∪ M ) ∪ N = L ∪ ( M ∪ N ),
( L ∩ M ) ∩ N = L ∩ ( M ∩ N );
M ∪N = N ∪M,
M ∩ N = N ∩ M;
M ∪ (M ∩ N ) = M ,
M ∩ (M ∪ N) = M;
L ∪ ( M ∩ N ) = ( L ∪ M ) ∩ ( L ∪ N ), L ∩ ( M ∪ N ) = ( L ∩ M ) ∪ ( L ∩ N ).
Dies sind die Assoziativ-, die Kommutativ-, die Absorptions- bzw.
die Distributivgesetze.
9
Sind die Elemente einer Menge S selbst Mengen, so nennt
man S auch eine Mengenfamilie oder ein Mengensystem.
Die Vereinigung der Familie S
{
S = x:
∨(M ∈ S ∧ x ∈ M )}
M
besteht aus den Elementen, die zu wenigstens einem Mitglied
von S gehören.
Der Durchschnitt der Familie S ≠
φ
{ ∧(M ∈ S ⇒ x ∈ M )}
S = x:
M
besteht aus den Elementen, die allen Mitgliedern von S
angehören.
10
5
2. Induktion
2.1. Das Induktionsprinzip.
Es sei E eine für alle natürlichen Zahlen definierte
Eigenschaft. Aus
(2.1) E(1)
(Induktionsbeginn),
und
( E (n) ⇒ E (n + 1)) (Induktionsschluss)
(2.2) n∧
∈N
folgt dann
(2.3)
E ( n).
∧
n∈N
12
6
2.2 Anwendungen. Bezeichnungen:
Z Mengen der ganzen Zahlen 0, 1, -1, 2, -2,...,
N0 Menge der nichtnegativen ganzen Zahlen 0, 1, 2,...,
N Menge der natürlichen Zahlen 1, 2, 3,...,
Q Menge der rationalen Zahlen m mit m ∈ Z und n ∈ N,
R Menge der reellen Zahlen. n
13
Definition 2.1. Es seine m, n ∈ Z mit m ≤ n und
a k ∈ R für jedes k ∈ Z mit m ≤ k ≤ n.
Man setze für m ≤ n
n
∑ ak = am + am+1 + ... + an ,
k =m
n
∏a
k =m
k
= am am +1...an
und für n < m
n
∑ ak = 0 (leere Summe),
k =m
n
∏a
k
= 1 (leeres Produkt )
k =m
Sind l , m, n ∈ Z mit l ≤ m ≤ n, so gilt offenbar
m
∑ ak +
k =l
n
∑
k = m +1
n
ak = ∑ ak ,
k =l
n
∑ ak =
k =m
n −1
∑a
k = m −1
k +1
= ...,
analog für Produkte.
14
7
n
Beispiel 2.1. Für alle n ∈ N gilt ∑ k =
k =1
n(n + 1)
.
2
Der Nachweis wird durch Induktion nach n geführt.
1
Induktionsbeginn : ∑ k = 1 = 1(12+1) .
k =1
Induktionsschluss : Es sei n ∈ N beliebig, aber fest.
n
Wenn schon ∑ k =
k =1
n ( n +1)
2
besteht, so folgt
n( n + 1)
( n + 1)(n + 2)
 n 
k
=
+ ( n + 1) =
.
 ∑ k  + (n + 1) =
∑
2
2
k =1
 k =1 
Das Induktionsprinzip liefert die Behauptung.
n +1
15
Definition 2.2. Für n ∈ N 0 ist n! ( n - Fakultät ) erklärt durch
n
0!= 1, n!= ∏ k (n ∈ N).
k =1
Satz 2.1. Für n ∈ N ist n! die Anzahl aller Möglichkeiten,
n Elemente auf n verschiedene Plätze zu verteilen (Anzahl
der Permutationen von n Elementen).
Beweis. Der Beweis wird durch Induktion nach n geführt.
 n
Definition 2.3. Die Binomialkoeffizienten   sind für
k
n, k ∈ N 0 erklärt durch
 n  k n − i + 1 n(n − 1)...(n − k + 1)
  = ∏
.
=
i
k!
 k  i =1
16
8
Folgerung 2.1. Die Binomialkoeffizienten haben die
Eigenschaften:
n
 n  n
a) k > n ⇔   = 0,   =   = 1,
k
 0  n
n
 
 n 
n!
 ( Symmetrie)
b) 0 ≤ k ≤ n ⇒   =
= 
 k  k!( n − k )!  n − k 
 n   n − 1  n − 1
 + 

c) 1 ≤ k ≤ n ⇒   = 
( Additionstheorem)
 k   k − 1  k 
d) Darstellung der Binomialkoeffizienten im Pascalschen Dreieck
1
1
1
1
1 4
1
2
3
6
1
3
4
1
1
usw.
Das Pascalsche Dreieck hat seinen Namen von Blaise Pascal (1623-1662).
17
Satz 2.2. Die Anzahl der k-elementigen Teilmengen einer
 n
n-elementigen Menge ist   .
k
 n
Folgerung 2.2. Für n, k ∈ N 0 gilt   ∈ N 0 , und für
k
 n
0 ≤ k ≤ n gilt   ∈ N.
k 
18
9
Satz 2.3 (Binomisch er Satz). Für a, b ∈ R und n ∈ N 0 gilt
n
n
( a + b) n = ∑  a n − k b k .
k =0  k 
Beweis. Der Beweis wird durch Induktion nach n erbracht.
Für n = 0, n = 1 trifft die Behauptung zu.
Ist sie wahr für ein beliebiges, aber festes n ∈ N, so folgt
 n
k =0  k 
n
 n
k =0  k 
n
 n  n +1−k k
a
b
k =1  k − 1
n +1
(a + b)n +1 = (a + b)∑  a n − k b k = ∑  a n +1−k b k + ∑ 
n  n
   n   n +1- k k
  a
= a n +1 + ∑    + 
b + b n +1
−
k
k
1
k =1    

n +1 n + 1


a n +1− k b k .
= ∑ 
k =0  k 
19
Beispiel 2.2. Für n = 4 liefert Satz 2.3 mit dem Pascalschen Dreieck
(a + b) 4 = a 4 + 4a 3b + 6a 2b 2 + 4ab 3 + b 4 .
Folgerung 2.3. Es gelten:
n
a)
 n
∑  k  = 2
k =0
 
n
( n ∈ N 0 ),
{
n
1 für n = 0
 n
b) ∑ (−1) k   =
0 für n ∈ N,
k =0
k 
c) Für g ≥ 2 und n ∈ N 0 besteht n < g n .
Beweis. Die Behauptungen folgen aus dem binomischen Satz.
Speziell gilt im Fall c)
n
n
 n
v
g n = ((g − 1 ) + 1 )n = ∑   (g − 1 ) ≥ ∑1 = n + 1 > n.
v =0  v 
v =0
20
10
Satz 2.4 (geometrische Summenformel).
Es seien q ∈ R, n ∈ N0. Dann gilt
n
v=0
n +1
{
∑ qv =
1− q n +1
1− q
für q = 1
sonst.
Beweis. Induktion nach n oder direktes Nachrechnen.
21
2.3. Das Prinzip der kleinsten Zahl.
Prinzip der kleinsten Zahl (Wohlordnungsprinzip). Jede
nicht-leere Teilmenge von N besitzt ein kleinstes Element.
Eine nützliche Anwendung gibt der folgende
Satz 2.5 (Division mit Rest). Zu a,b ∈ N gibt es eindeutig
bestimmte Zahlen q,r ∈ N0 mit a = qb + r und 0 ≤ r < b.
Folgerung 2.4 (g-adische Zahldarstellung). Es sei 1 g ∈ N.
Zu jeder natürlichen Zahl n gibt es eindeutig bestimmte
Zahlen k ∈ N0, ai ∈ N0 mit ai < g für i = 0,1,…,k und ak
0
derart, dass gilt
k
n = ∑ ai g i .
i =0
22
11
Bemerkung 2.1. Folgerung 2.4 sichert Existenz und
Eindeutigkeit der g-adischen Zahldarstellung ab. Die Zahl g
heißt ihre Basis, die Zahlen 0, 1, … , g-1 heißen ihre Ziffern.
Gebräuchlich sind die dezimale (dekadische) Darstellung mit
g = 10 und die binäre (dyadische) Darstellung mit g = 2.
Beispiel 2.3. Gesucht ist die triadische Darstellung (g = 3) von
n = 200. Sukzessive Division mit Rest ergibt
200 = 66 · 3 + 2
66 = 22 · 3 + 0
22 = 7 · 3 + 1
7= 2·3+1
2= 0·3+2
Das Ergebnis lautet
21102 (= 2 · 34 + 1 · 33 + 1 · 32 + 0 · 31 + 2 · 30).
23
3. Der reelle Zahlkörper
12
3.1 Gesetze der Addition und Multiplikation. Addition und
Multiplikation reeller Zahlen sind Verknüpfungen auf der Menge
R der reellen Zahlen, also Abbildungen
+ : R × R→R, (x,y) x+y bzw. · : R × R→R, (x,y) x·y
mit den folgenden Eigenschaften.
Axiome der Addition.
∧ x + ( y + z ) = ( x + y) + z
(A2) ∧ x + y = y + x
(A3) ∨ ∧ x + 0 = x
(A4) ∧ ∨ x + ( − x) = 0
(A1)
(Assoziativgesetz)
x , y , z∈R
(Kommutativgesetz)
x , y∈R
0∈R x∈R
x∈R − x∈R
(Existenz der Null)
(Existenz des Negativen)
25
Axiome der Multiplikation.
(A5)
x ⋅ ( y ⋅ z) = ( x ⋅ y) ⋅ z
∧
(A6) ∧ x ⋅ y = y ⋅ x
(A7) ∨ ∧ x ⋅1 = x
(A8) ∧ ∨ x ⋅ = 1
x , y , z∈R
x , y∈R
1∈R ,1≠ 0 x∈R
x∈R,x ≠ 0 1x ∈R
1
x
( Assoziativgesetz ),
( Kommutativgesetz ),
( Existenz der Eins),
( Existenz des Reziproken).
Axiom der Distributivität.
(A9)
x ⋅ ( y + z ) = ( x ⋅ y) + ( x ⋅ z )
∧
x , y , z∈R
( Distributivgesetz).
Definition 3.1. Eine Menge zusammen mit zwei
Verknüpfungen +, · , die den Axiomen (A1) bis (A9)
genügen, heißt Körper.
26
13
Folgerung 3.1. Die nachstehenden Rechenregeln gelten in
beliebigen Körpern:
a) 0,1 sind eindeutig bestimmt.
b) Die Gleichung a + x = b sowie a · x = b, letztere mit a ≠ 0, sind
eindeutig lösbar, nämlich durch x = b – a = b + (-a) bzw. durch
x = ba = b ⋅ a −1 = b ⋅ 1a
c) Negatives und Reziprokes sind jeweils eindeutig bestimmt.
d) -(-a) = a, a ≠ 0 ⇒ (a-1)-1 = a.
e) -(a+b) = -a-b, a,b ≠ 0 ⇒ (a · b)-1 = a-1 · b-1.
f) (a+b) · c = (a · c) + (b · c), a · 0 = 0.
g) a · b = 0 ⇒ a = 0 ∨ b = 0.
h) (-a) · b = -(a · b), speziell (-1) · b = -b, (-a) · (-b) = a · b.
27
Definition 3.2. Es sei n ∈ N, x ∈ R. Die Potenzen von x sind
erklärt durch
n
x n = ∏ x, x 0 = 1, x −n = ( x −1 ) n für x ≠ 0.
v =1
Folgerung 3.2. Es seinen x,y ∈ R und m,n ∈ N0 bzw. m,n ∈ Z,
falls noch xy ≠ 0 besteht. Dann gelten die Potenzrechenregeln
xnxm = xn+m, (xn)m = xnm, xnyn = (xy)n.
Bemerkung 3.1. Im allgemeinen gilt xmn ≠ (xm)n.
Beispiel 3.1. Die Rechenbereiche (Q,+, · ) und (R,+, · )
sind Körper; (Z,+, · ) ist nicht Körper. Der kleinste Körper
ist (Z2,+, · ) mit Z2 = {0,1} und 0 + 0 = 1 + 1 = 0,
0 + 1 = 1 + 0 = 1 sowie 0 · 0 = 0 · 1 = 1 · 0 = 0, 1 · 1 = 1.
28
14
3.2. Anordnungseigenschaften.
Anordnungsxiome. Gewisse x  R sind als positiv
ausgezeichnet, in Zeichen x > 0, und es gelten
(A10) Jedes x  R genügt genau einer der Beziehungen
x > 0, x = 0, -x > 0,
( x > 0 ∧ y > 0 ⇒ x + y > 0 ∧ x ⋅ y > 0).
(A11)
∧
x , y∈R
Die in Axiom (A10) beschriebene Eigenschaft wird als
Trichotomie bezeichnet. Axiom (A11) drückt die
Verträglichkeit von > mit den Operationen auf R aus.
Definition 3.3. Es seien x, y  R . Wir verabreden
x > y ⇔ y < x ⇔ x − y > 0,
x ≥ y ⇔ y ≤ x ⇔ x > y ∨ x = y.
29
Folgerung 3.3. Anordnungseigenschaften sind:
(a) x < y ∧ y < z ⇒ x < z,
(b) x < y ⇒ x + z < y + z ,
(c) x < y ∧ z > 0 ⇒ xz < yz,
(d ) x < y ∧ x′ < y′ ⇒ x + x′ < y + y′,
(e) 0 ≤ x < y ∧ 0 ≤ x′ < y′ ⇒ xx′ < yy′,
( f ) x < y ∧ z < 0 ⇒ xz > yz,
( g ) x ≠ 0 ⇒ x 2 > 0, speziell 1 > 0,
1 1
(h) 0 < x < y ⇒ 0 < < .
y x
30
15
Beweis. Die Ungleichungen werden der Reihe nach
verifiziert, z.B.:
(e) Die Behauptung folgt mittels Axiom (A11) aus
yy′ − xx′ = y ( y′ − x′) + ( y − x) x′
und den Voraussetzungen.
(g) Axiom (A10) liefert entweder x > 0 oder –x > 0, und
mittels Axiom (A11) entsteht x2 > 0 bzw. (-x)2 > 0
Die Behauptung kommt dann aus x2 = (-x)2 gemäß
Folgerung 3.1 (h).
31
Definition 3.4. Ein Körper K, in dem gewisse Elemente als
positiv ausgezeichnet sind derart, dass die Anordnungsaxiome
(A10), (A11) gelten, heißt ein angeordneter Körper. Sein
Positivbereich ist die Menge
K + := {x ∈ K : x positiv}.
Q und R bilden angeordnete Körper. Der Körper ( Z 2 ,+,⋅) lässt
sich nicht anordnen.
32
16
Die folgende Ungleichung ist nach Jakob
Bernoulli (1654-1705) benannt.
Satz 3.1 (Bernoullische Ungleichung). Es
sei -1 ≤ x ∈ R und
n ∈ N. Dann gilt : (1 + x)n ≥ 1 + nx .
Das Gleichheitszeichen steht genau für x =
0 oder n = 1.
Beweis. Induktion nach n (für x ≥ 0 ist die
Behauptung trivial).
33
Definition 3.5. Der Absolutbetrag von x ∈ R ist erklärt durch
x für x ≥ 0
-x für x < 0.
{
| x|=
Geometrisch bedeutet |x| den Abstand des Punktes x vom
Nullpunkt 0.
34
17
Satz 3.2. Der Absolutbetrag besitzt die Eigenschaften
a) |x| ≥ 0, |x| = 0 ⇔ x = 0
(positive Definitheit),
b) |xy| = |x| |y|
(Multiplikativität),
c) |x + y| ≤ |x| + |y|
(Dreiecksungleichung).
Beweis. Positive Definitheit und Multiplikativität des Betrages
sind offensichtlich. Aus ± x ≤ |x| zusammen mit Folgerung 3.3
(d) kommt ±(x + y) ≤ |x| + |y|. Definition 3.5 liefert daraus die
Dreiecksungleichung |x + y| ≤ |x| + |y|.
Folgerung 3.4. Aus Satz 3.2 folgt
a) | x1 ⋅ ⋅ xr | = | x1 | ⋅⋅ | xr |, | x1 + + xr | ≤ | x1 | + + | xr |,
b) y ≠ 0 ⇒
x | x|
=
,
y | y|
c) || x | − | y || ≤ | x ± y | ≤ | x | + | y | .
35
Definition 3.6. Es sei (K, +, ·) ein angeordneter Körper, 1∈ K
das Einselement. K heißt archimedisch angeordnet, wenn gilt
∧ ∨ ∑1 > x.
n
x∈K + n∈N
v =1
n
Für K = R hat man ∑1 = n ⋅1 = n, und das nach
v =1
Archimedes (287? - 212 v.Chr.) benannte nächste Axiom
leuchtet unmittelbar ein.
Archimedisches Axiom. Der Körper R
ist archimedisch angeordnet:
(A12)
∧ ∨ n > x.
x∈R + n∈N
36
18
Folgerung 3.5. Das Archimedische Axiom liefert
die Ungleichungen
1
a)
< ε,
ε ∈R + n∈N n
b)
a n > b,
∧∨
∧ ∧∨
c) ∧ ∧ ∨ c
a∈R, a >1 b∈R + n∈N
c∈R, 0< c <1 ε ∈R + n∈N
n
< ε.
37
Satz 3.3.
∧ ∨∧ a
v
a∈R , a >1 n∈N v ≥ n
> v.
Beweis. Für v ≥ 2 und x = a − 1 > 0 gilt
v
v
v
a v = (1 + x) v = ∑  x ρ >   x 2 = v ⋅ v − 1 (a − 1) 2 .
2
ρ =0  ρ 
 2
Infolge (A12) existiert ein n ∈ N mit n >
2
+ 1,
( a − 1) 2
und für v ≥ n besteht dann
v −1
(a − 1) 2 > 1,
2
also a v > v, wie behauptet.
38
19
3.3. Vollständigkeit.
Definition 3.7. Es sei M⊆R nicht leer und s∈R. Wir nennen
a) s obere [untere] Schranke von M, wenn x ≤ s [x ≥ s] für
alle x ∈ M gilt,
b) M nach oben [unten] beschränkt, wenn es eine obere
[untere] Schranke von M gibt,
c) M beschränkt, wenn M nach oben und unten beschränkt
ist,
d) s kleinstes [größtes] Element von M, wenn s untere [obere]
Schranke von M mit s ∈ M ist,
e) s Supremum [Infimum] von M, in Zeichen s = sup M
[inf M], wenn s kleinste obere [größte untere] Schranke
von M ist.
39
Vollständigkeitsaxiom. Jede nicht-leere, nach oben
beschränkte Teilmenge von R besitzt ein Supremum in R:
∧ (M ≠ φ ∧ M nach oben beschränkt
⇒ ∨ s = sup M ).
(A13)
M ⊆R
s∈R
Definition 3.8. Es sei n ∈ N, a ∈ R + , m ∈ Z. Man nennt
n
a = sup{x ∈ R : x n < a}
die n-te Wurzel aus a und setzt a m n = n a m .
40
20
3.4. Elementare Ungleichungen
Definition 3.9. Es sei n ∈ N. Die Zahl 1n (a1 + + an ) heißt
arithmetisches Mittel von a1 , , an ∈ R, und die Zahl
n
a1 ⋅ ⋅ an heißt geometrisches Mittel von a1,, an ∈ R + .
Satz 3.4 (Ungleichung zwischen arithmetischem und
geometrischem Mittel). Es sei α das arithmetische und γ
das geometrische Mittel der Zahlen a1,...,an ∈ R+. Dann
gilt α ≥ γ. Das Gleichheitszeichen steht genau für
a1 = ... = an.
Satz 3.5 (Cauchy - Schwarze Ungleichu ng). Es seien a v ,bv ∈ R
für v = 1,...,n. Dann g ilt
2
n
n
 n

 ∑ av bv  ≤ ∑ av2 ⋅ ∑ bv2 ,
v =1
v =1
 v =1

und Gleich heit beste ht darin g enau dann, wenn es e in t ∈ R gibt
41
mit a v = tbv für alle v oder b v = ta v für alle v.
Beweis. Wenn es ein t ∈ R mit bν = taν für ν = 1,...,n oder
aν = tbν für ν = 1,...,n gibt, so gilt die Cauchy-Schwarzsche
Ungleichung, und zwar mit Gleichheit. Das ist evident.
Andernfalls gilt ∑ bν2 > 0 (sonst wäre bν = taν für ν = 1,...,n
mit t = 0), und für jedes t ∈ R besteht
0 < ∑ (aν − tbν ) = t 2 ∑ bν2 − 2t ∑ aν bν + ∑ aν2
2
(sonst wäre aν = tbν für ν = 1,..., n mit einem t ∈ R ).
Mit den Abkürzungen
∑ aν bν ,
p=
∑ bν
2
∑ aν ,
q=
∑ bν
2
2
(
f (t ) = t 2 − 2 pt + q
)
folgt 0 < f (t ) = (t − p ) + q − p 2 für jedes t ∈ R.
2
Speziell für t = p kommt p 2 < q, und das entspricht der
Restbehauptung.
42
21
Ergänzungen.
Seien X und Y Mengen.
R ⊂ X × Y heißt Relation zwischen den Mengen X und Y.

V(R) :=  x ∈  :

∨ ( x, y) ∈ y Vorbereich von R.
y∈
Zu x ∈ }OyP sei y ( x) := {y ∈ € : ( x, y ) ∈ y}.

N(R) :=  y ∈ € :

∨ ( x, y) ∈ y Nachbereich von R.
x∈
Zu y ∈ uOyP sei y ( y ) := {x ∈  : ( x, y ) ∈ y}.
43
Definition. Die Relation R heißt linkseindeutig, falls gilt
∧ Jy
( y ) = 1,
y∈
d.h. ( x1 , y ) ∧ ( x2 , y ) ∈ R ⇒ x1 = x2 .
Definition. Die Relation R heißt rechtseindeutig, falls gilt
∧ Jy
( x) = 1,
x∈
d.h. ( x, y1 ) ∧ ( x, y2 ) ∈ R ⇒ y1 = y2 .
Definition. Eine Abbildung von der Menge X in die Menge Y
ist eine rechtseindeutige Relation R zwischen X und Y mit
V(R) = X.
44
22
Bemerkungen.
f a  → € " f ist eine Abbildung von X nach Y"
Statt ( x, y ) ∈ f schreibt man y = f ( x) bzw. x y bzw. x f ( x).
X : Definitionsbereich, N(R) : Bildbereich.
Definition en.
• f : X → Y heißt surjektiv, falls der Bildbereich gleich Y ist.
• f : X → Y heißt injektiv, falls die Relation f linkseindeutig ist.
• f : X → Y heißt bijektiv, falls f injektiv und surjektiv ist.
Bemerkungen.
1. f ist injektiv ⇔
∧ f (x ) = f (x ) ⇒ x = x .
x 1 , x2 ∈X
1
2
1
2
2. Sei f : X → Y bijektiv ⇒ die Relation
f −1 := {( y, x ) : y = f ( x)}⊂ Y × X
ist rechtseindeutig und der Vorbereich von f -1 ist gleich Y
⇒ f -1 ist die Umkehrabbildung von f und y = f ( x) ⇔ x = f −1 ( y ).
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Definition. Man nennt I ⊂ R ein Intervall, falls gilt:
∧ ∧ ( x ≤ r ≤ y ⇒ r ∈ I)
x , y∈I r∈R
Beispiel. I = φ , I = {a}, I = [a, b],
I = (a,b ), I = [a,b), I = (a,b],
(-∞,a ] = {x : x ≤ a} etc.
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