Haben Sie gut geschlafen? - Nicht erholsamer Schlaf - Barbara Stein 16.7.09 Phänomenologie des Schlafes • 5 Schlafphasen Wach: Wachanteil (< 5%) NREM1: Dösen, Übergang zwischen Wachen/Schlaf (ca. 5%) NREM2: stabiler Schlaf (45-55%) NREM3: Tiefschlaf (15-25%) REM: Traumschlaf, aktiver Schlaf (20-25%) • 4-7 Schlafzyklen/Nacht von 70-110 Min Dauer Dabei: NREM3 nimmt ab, REM zu • • Schlafdauer: m=7,5 h (r: 4-12 h) Beurteilung der Schlafqualität in Nacht und Befinden am Tag (Leistungsvermögen, psychosoz. Veränderungen) Schlafstörungen: ein Begriff – 80 Diagnosen 1. 2. 3. 4. 5. 6. Primäre und komorbide Insomnien Schlafbezogene Atmungsstörungen (Apnoe) Hypersomnien (z. B. Narkolepsie) Zirkadiane Schlaf-Wach-Rhythmusstörungen Parasomnien (z. B. Pacor Nocturnus) Schlafbezogene Bewegungsstörungen (Restless-legs-Syndrom) Primäre und komorbide Insomnie 1. Ein-/Durchschlafprobleme: erhöhte Einschlaflatenz, verlängerte nächtliche Wachphasen, erhöhtes Arrousal; Tief- und REM Verminderung; veränderte Schlafzyklik, Tagesmüdigkeit, Konzentrationsstörungen, Störung der Tagesbefindlichkeit 2. Primäre I: min. 1 Monat, keine körperliche/psych. Komorbidität, nicht Substanzbedingt; Punktprävalenz 3% 3. Komorbide I: im Rahmen psychischer (Psychosen, affektive Störungen, Angststörungen, Alkoholismus), neurologischer (u.a. degenerative zerebrale Erkr, M. Parkinson, Epilepsie), internistischer (COPD, kard. Ischämien, Upept Ulkus) Erkrankungen; 30% der Bevölkerung; 80% aller Insomnien 4. Folge: reduzierte LQ, eingeschränkte psychosoziale Funktionsfähigkeit; erhöhtes Risiko für psych./körperliche Erkrankungen; erhöhte Mortalität Schlafbezogene Atmungsstörungen 1. Symptomatik: krankhaftes Schnarchen, nächtliche Atempausen (> 10 sec), unerholsamer Schlaf, Tagesschläfrigkeit, Ein-/Durchschlafprobleme: erhöhte Einschlaflatenz, verlängerte nächtliche Wachphasen, erhöhtes Arrousal; Tief- und REM Verminderung; veränderte Schlafzyklik, Tagesmüdigkeit, Konzentrationsstörungen, Störung der Tagesbefindlichkeit 2. Obstruktives Schlafapnoesyndrom, Prävalenz 2- 4 % (M>W); (Adipositas, Hypertonie, Kieferanatomie) 3. Folge: reduzierte LQ, eingeschränkte psychosoziale Funktionsfähigkeit; berufliche Probleme, erhöhtes Risiko für Depression, Hypertonie, KHK, Apoplex; psych./körperliche Erkrankungen; Unfallrisiko Weitere Schlafstörungen 1. Hypersomnien (z. B. Narkolepsie): exzessive Einschlafneigung am Tag, Kataplexie (Verlust des Haltemuskeltonus), gestörter Nachtschlaf, automatisches Verhalten, Aufmerksamkeitsstörungen, Halluzinationen beim Schlaf/Wachübergang; Gewichtszunahme; Selten!! 2. Schlafbezogene Bewegungsstörungen (z.b. Restlesslegs-Syndrom, Bruxismus): Mißempfindungen in Beine, Armen, Bewegungsdrang in Ruhephase, verbessert sich durch Bewegung 3. Parasomnien: nächtliche Verhaltensauffälligkeiten, 15% bei Kindern, 1% Erwachsene; z.B.Somnabulismus, Pavor Nocturnus, 4. Zirkadiane Schlaf-Wach-Störungen: biologischer Rhythmus wird durch äußere (Schicht/Jetlag) oder zentralwirksame Schädigungen (Demenz) gestört Schlafspezifische Anamnese 1 Symptomatik in der Nacht • Habituelle Zubettgeh- und Aufstehzeiten • Kognitionen, Emotionen, Verhalten vor dem Zubettgehen, in der Nacht, nach dem Aufstehen: Gehen Sie gerne in´s Bett? • Subjektive Einschlafdauer, Aufwachhäufigkeit, Wachliegedauer • Subjektive erlebte Qualität der Schlafphasen Symptomatik am Tag • Leistungsfähigkeit, Vigilanz, Stimmung, Lebensqualität • Tagesstruktur • Müdigkeit vs. Schäfrigkeit am Tage Schlafspezifische Anamnese 2 Anamnese des Störungsverlauf • Dauer der Beschwerden • Schlafverhalten vor Störung: Kurz/Langschläfer; Abend/Morgenmensch; • Störungsentwicklung: schleichend, plötzlich, phasenweise, kontinuierlich • Auslösende Faktoren (psych./körperliche Erkrankungen, Lifeevents, Chron. Überlastung) • Bisherige Behandlungsversuche/Bewältigungsstrategien • Medikamenten-/Suchtmittelanamnese . Schlafspezifische Anamnese 3 Schlafspezifische Symptome • Schlafbezogene Atmungsstörungen (insb. Obstruktive Schlafapnoe) : Schnarchen? Erhöhte Tagesschläfrigkeit? Ausgeprägte Tagesbeeinträchtigung? Komorbid häufig: Adipositas, Hypertonie • Schlafbezogene Bewegungsstörungen: Mißempfindungen in Armen/Beinen abends in Ruhe, Bewegungsdrang, zerwühltes Bett; • Parasomnien: nächtliche Verhaltensausfälligkeiten, Hochschrecken, Albträume, Schreien, Schlafwandeln usw Diagnostik: Fragebögen Epworth Sleepiness Scale (ESS): Kurzfragebogen zur Erfassung der Tagesschläfrigkeit, 8 Items Pittsburgh Schlafqualitätsindex (PSQI): Fragebogen zur Erfassung der Schlafqualität (retrospektiv 4 Wo), 18 Items: Häufigkeit schlafstörender Ereignisse, Schlafqualität, Schlafverhalten, Schlafmedikationen, Tagesmüdigkeit Münchner Parasomnie-Screening (MUPS): Screeninginstrument zur Erfassung der Lebenszeitprävalenz und Häufigkeit von Parasomnien und nächtlichen Verhaltensweisen (21 Merkmale, Erwachsene) www.charite.de/dgsm Diagnostik: Tagebücher www.charite.de/dgsm Diagnostik: Apparative Diagnostik Somnologische Abklärung indiziert bei • • • • organisch bedingten Schlafstörungen (Apnoe, Narkolepsie) Ausgeprägten internistisch/neurologischen Erkrankungen (z.B. Asthma, Reflux, Demenz, COPD) Hypersonmie unklarer Genese Chronische, therapieresistente Insomnien Schlaflabor: u.a. amb/stationäre Polysomnografie Information /QS: DGSM www.charite.de/dgsm Primäre Insomnie: Teufelskreismodell Aktivierung / Hyperarousal Emotional Kognitiv Physiologisch Motorisch Schlafbehindernde Kognitionen Ärger über Schlaflosigkeit, Monitoring: trying too hard Grübeln über Konsequenzen Unrealistische Erwartungen Missattributionen, selektive Aufmerksamkeit Dysfunktionale Schlafgewohnheiten Lange Bettzeiten Unregelmäßiger Insomnie Schlaf-wach-Rhythmus Tagschlaf Schlafinkompatible Verhaltens weisen Konsequenzen Müdigkeit, Erschöpfung Stimmungsbeeinträchtigung Einbußen: Leistung, Konzentration Reduzierte Lebensqualität Primäre Insomnie: Psychotherapie 1. 2. 3. 4. 5. 6. Psychoedukation /Schlafhygiene: Information über Natur des Schlafes / schlafdienliche Verhaltensweisen Stimuluskontrolle: Etablierung eines regelmäßigen SchlafWach-Rhythmus, Anleitungen zur Unterlassung schlafinkompatibler Verhaltensweisen Schlaf-RestriktionsTherapie: Reduktion der Bettzeit, um Schlafdruck aufzu bauen und nächtliche wachphasen zu minimieren Entspannungstechniken Paradoxe Interventionen: Umgehung des Trying too hard Phänomens Kognitive Therapie: dysfunktionale Einstellungen / Attributionen Schlafmythen 1. Der Schlaf vor Mitternacht ist der beste Schlaf 2. Morgenstund hat Gold im Mund 3. Nächtliches Erwachen ist der Beleg von Schlafstörungen 4. Man muß mind. 8 Stunden schlafen, um fit zu sein 5. Regelmäßiger Schlaf ist lebenswichtig: Schlafstörungen sind lebensbedrohlich 6. Wer nachts nicht schläft, kann tagsüber nichts leisten 7. Schlaf jetzt, damit du morgen fit bist 8. Vor-schlafen Regeln für den gesunden Schlaf 1. Keine koffeinhaltigen Getränke 4-6 Std vor dem Schlafengehen 2. Alkohol vermeiden und keinesfalls als Schlafmittel einsetzen 3. Keine schweren Mahlzeiten am Abend 4. Beende sportliche /geistige Aktivität 3 h vor dem Zubettgehen 5. Sorge im Schlafzimmer für angenehme Atmosphäre, vermeide Geräusche, Licht und hohe Temperaturen 6. Nutze das Bett nur zum Schlafen und zum Sex, nicht zum lesen, grübeln, fernsehen, essen 7. Schaffe ein persönliches Einschlafritual 8. Schaue nachts nicht auf den Wecker 9. Regelmäßige Bettzeiten, auch am Wochenende 10. Halte keinen Tagschlaf Primäre Insomnie: Psychotherapie 1. 2. 3. 4. 5. 6. Psychoedukation /Schlafhygiene: Information über Natur des Schlafes / schlafdienliche Verhaltensweisen Stimuluskontrolle: Etablierung eines regelmäßigen SchlafWach-Rhythmus, Anleitungen zur Unterlassung schlafinkompatibler Verhaltensweisen Schlaf-RestriktionsTherapie: Reduktion der Bettzeit, um Schlafdruck aufzubauen und nächtliche Wachphasen zu minimieren Entspannungstechniken Paradoxe Interventionen: Umgehung des Trying too hard Phänomens Kognitive Therapie: dysfunktionale Einstellungen / Attributionen Klinischer Algorithmus: „Nicht erholsamer Schlaf“ Aus: „Nicht erholsamer Schlaf“ S2 Leitlinie der DGSM, 2005 Fazit • • • • • • • • Zumindest passagere Schlafstörungen: 70 % Bei psychische Störungen: Insomnien häufig Patienten berichten häufig von Schlafstörungen – reagieren wir darauf? Und wenn ja, wie? Risiko der Unterschätzung insb. Apnoesymdrome Schlafkiller: Trying too hard Schlafkiller: Mythen und individuelle Glaubenssätze Therapie: Symptomorientiert: PT & medikamentös Interdisziplinäres Arbeitsfeld: Fachgesellschaften, Journals, Weiterbildungsgängen, Leitlinien, Qualitätskriterien etc.