35 6. markt und preis

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6. Markt und Preis
Was ist der Markt und wie funktioniert er? Wie geschieht am Markt die
Abstimmung von Angebot und Nachfrage? Wie bilden sich die Preise
am Markt? Wie hängen die Preise verschiedener Güter voneinander ab?
Wie wirkt sich der Wettbewerb auf den Markt aus und wie schließen
sich Unternehmen zusammen?
Diese und ähnliche Fragen werden in diesem Kapitel behandelt.
6.1 Markt und Marktformen
Den Begriffen Markt, Marktwirtschaft und Marktpreis liegt die altertümliche Vorstel­lung von einem
Markt zugrunde, wie er sich auch heute noch an
vielen Orten, vor allem in Form eines Wochenmarkts,
er­halten hat, auf dem die Käufer mit Händ­lern
und Produzenten zusammentreffen und den Preis
aushandeln.
In der Volkswirtschaftslehre wird als Markt jedes
Zusammentreffen von Käufern und Verkäufern
bezeichnet, wobei keineswegs die persönliche
Anwesenheit von Anbie­tern und Nachfragern
erforderlich ist, da man heute über eine Vielfalt
von Kommunikationsmöglichkeiten verfügt. Der
Markt soll eine Information über Preise, Käufer- und
Verkäuferwünsche bieten.
Ein Markt kann also als Zusammentref­fen von
Angebot und Nachfrage angese­hen werden. Er
könnte als „clearing-Stel­le“ bezeichnet werden.
Nachfrager (Haus­halte) geben an, welche Menge
eines Guts sie zu einem bestimmten Preis er­werben
wollen, Anbieter (Unternehmen) wiederum geben
an, welche Menge sie bereitstellen. Man kann also
den Markt als Informationsprozess bezeichnen. In
diesem Prozess äußern die Marktparteien, was sie
zu kaufen oder zu verkaufen wün­schen.
MARKTFORMEN
Monopol
ein Anbieter
Monopol
ein Nachfrager
Oligopol
mehrere Nachfrager
Polypol
viele Nachfrager
Oligopol
mehrere Anbieter
Monopol
ein Nachfrager
Oligopol
mehrere Nachfrager
Polypol
viele Nachfrager
Polypol
viele Anbieter
Monopol
ein Nachfrager
Oligopol
mehrere Nachfrager
Polypol
viele Nachfrager
Man kann den Markt auch mit einer Auk­tion (Versteigerung) vergleichen. Ein Ver­steigerer bietet ein Gut an und
ruft den Preis aus. Wollen mehrere Personen die­ses Gut erwerben, wird der Preis steigen.
Das wirtschaftliche Geschehen spielt sich auf zahllosen Märkten ab, die alle mehr oder weniger eng miteinander verbunden sind. Besonders enge Beziehungen entstehen auf Märkten für gleichartige Güter, z. B. Agrar­
markt, Baumwollmarkt, Automobilmarkt. Unter dieser Vielzahl von Märkten gibt es natürlich Interdependenzen (gegenseitige Abhängigkeiten).
Eine besonders wichtige Form des Gütermarkts ist die Börse. Sie ist eine staatlich genehmigte Form eines
regelmäßig stattfindenden Markts für Güter, die selbst gar nicht zur Stelle sein müssen, die aber nach Art und
Menge allgemein bekannt und austauschbar sind. Dies ist leicht möglich bei Geldsorten und verbrieften Forderungen in ausländischer Währung (Devisenbörse)
und bei Wertpapieren (Effektenbörse). Es können
BeschafZahl der
Zahl der
aber auch börsengängige Waren, z. B. Baum­wolle,
fenheit des
Anbieter
Nachfrager
Zucker, Weizen, an der Produktenbörse gehandelt
Marktes
werden.
Markt und Preis
35
ein Nachfrager
wenige Nachfrager
viele Nachfrager
Marktformen (wirtschaftliche Grundtatbestände)
ein Anbieter
wenige Anbieter
zweiseitiges Monopol
Nachfragemonopol mit
oligopolistischem Angebot
Angebotsmonopol mit
zweiseitiges Oligopol
oligopolistischer Nachfrage
Monopol
Oligopol
viele Anbieter
Nachfragemonopol
Nachfrageoligopol
Polypol
Die Marktform kennzeichnet die Struktur von Angebot und Nachfrage. Es ändert sich der Preis eines Produktes, je nachdem, ob nur ein Anbieter am Markt vorhanden ist oder ob es viele sind. Die Marktformen haben
also wesentlichen Einfluss auf die Bildung des Preises. Je nachdem, wie viele Anbieter oder Nachfrager am
Markt auftreten, unterscheidet man:
 Vollständige Konkurrenz (Polypol) ist eigentlich ein Gedankenmodell und wird in der Praxis nur sehr
selten erfüllt.
– 1 Gut = 1 Qualität (Homogenität der Güter), d. h. bei einem Gut mit beispielsweise 3 Qualitätsgruppen
spricht man von drei verschiedenen Märkten
– freie (polypolistische) Konkurrenz
– vollständiger Informationsaustausch zwischen allen Teilnehmern (Markttransparenz)
– keine räumliche Ausdehnung, d. h. keine Transportaufwendungen (Punktmarkt)
 Von einem Monopol spricht man, wenn auf dem Markt nur ein Anbieter (Angebotsmonopol) oder nur
ein Nachfrager (Nachfragemonopol) auftritt. Monopole können auf natürliche Weise, z. B. durch eine
Erfindung oder durch Verträge mehrerer miteinander im Wettbewerb stehender Firmen, die sich zu einem
gemeinsamen Vorgehen entschließen (Kartelle), ent­stehen.
 Von einem Oligopol spricht man, wenn wenige starke Anbieter oder Nachfrager das Marktgeschehen
maßgebend beeinflussen.
6.2 Preisbildung bei vollkommener Konkurrenz
Angebot und Nachfrage
Unter Angebot ist nicht nur die zum Ver­kauf angebotene Warenmenge, sondern auch die Bereitschaft, sie
zu bestimmten Preisen zu verkaufen, zu verstehen.
Ent­sprechend lässt sich die Nachfrage als Bereitschaft
definieren, bestimmte Mengen eines Gu­ts zu bestimmten
Preisen zu kaufen. Der allgemein bekannte Satz „An­gebot
und Nachfrage bestimmen den Preis“ enthält nur die
halbe Wahrheit. Es gilt auch umgekehrt, dass die Preise
der Güter Angebot und Nachfrage beeinflussen.
Preis
A
B
C
D
E
Zu jedem Preis gehört eine bestimmte Menge von Waren, die gerade
zu diesem Preis nachgefragt wird. Dies wird durch die nebenstehende
„Nachfragefunktion“ ver­deutlicht. Je höher der Preis, desto gerin­ger die
Nachfrage.
Ebenso wie eine Nachfragefunktion gibt es auch eine „Angebotsfunk­
tion“, die das Verhältnis zwischen den Preisen und den Mengen, zu denen
die Verkäufer bereit sind zu verkaufen, verdeutlicht. Je höher der Marktpreis, desto größer das Angebot und umgekehrt.
Bringt man Nachfrage- und Angebots­funktion in einer Tabelle in Verbindung, so zeigt sich, dass die Preise steigen, solange die Nachfrage größer
ist als das Angebot und umgekehrt. Diese Tendenz wirkt so lange, bis der
Preis erreicht ist, bei dem sich Angebot und Nachfrage entsprechen: der so
genannte Gleichgewichtspreis.
5
4
3
2
1
Die Nachfrage-Kurve
Je höher der Preis, desto geringer die
Nachfrage
y
5
Preis
A
4
n
B
3
C
2
D
1
0
36
Nachfragemenge
9
10
12
15
20
E
Menge
0
5
10
15
20
Volkswirtschaftslehre
x
Preis
A
B
C
D
E
Angebotsmenge
18
16
12
7
0
5
4
3
2
1
Preis
A (A´)
B (B´)
C
D (D´)
E (E´)
Nachfrage- Angebotsmenge
menge
9
18
10
16
12
12
15
7
20
0
5
4
3
2
1
Preiswirkung
fallend
fallend
neutral
steigend
steigend
Bei der grafischen Darstellung liegt der Gleichgewichtspreis im Schnittpunkt der Nachfrage- mit der Angebotskurve.
Die Gleichgewichtskurve
Im Schnittpunkt C fragen die Nachfrager
die gleiche Menge nach, die von den
Anbietern angeboten wird.
y Preis
5
a
n
Die Angebotskurve
Je höher der Preis, desto höher das
Angebot
y
5
Preis
a'
4
3
C
2
0
4
B'
3
1
A'
2
D'
a
1
E'
Menge
0
C
5
10
15
20
x
0
Menge
0
5
10
15
20
x
Die praktische Erfahrung bestätigt die anhand der Tabellen und grafischen Darstellungen gewonnene Erkenntnis, dass bei vollkommener Konkurrenz der Marktpreis für gleichartige und gleichwertige Güter einem Gleichgewicht zustrebt, d. h., dass sich nach den Schwankungen einer Anpassungsperiode stets ein einheitlicher
Preis einspielt. Man spricht daher mit Recht von einem Preismechanismus.
6.3 Preiselastizitäten
Das Funktionieren des Preismechanismus hängt auch davon ab, wie stark und rasch Käufer und Verkäufer auf
Preisänderungen reagieren. Man bezeichnet dies als die „Preiselastizität der Nachfrage“.
Beispiel:
Wird der Preis für Fernreisen um 15 % erhöht und geht die mengenmäßige Nachfrage um mehr als 15 %, z. B.
um 21 % zurück, spricht man von einer elastischen Nachfrage.
Geht die Nachfrage um weniger als 15 %, z. B. nur um 9 % zurück, handelt es sich um eine unelastische Nachfrage.
Rechnerisch spricht man von einer elastischen Nachfrage, wenn das Ergebnis der nachfolgenden Formel größer
als 1 ist und von einer unelastischen Nachfrage, wenn es kleiner als 1 ist.
Mengenänderung in Prozent
Preiselastizität (e) =
Preisänderung in Prozent
In unserem Beispiel:
21 % : 15 % = 1,4 (elastische Nachfrage)
9 % : 15 % = 0,6 (unelastische Nachfrage)
Markt und Preis
37
In der Regel gilt, dass die Preiselastizität der Nachfrage bei lebenswichtigen Konsumgütern gering und bei
Luxusgütern hoch ist, d. h., der Marktmechanismus funktioniert bei lebenswichtigen Gütern nicht so gut.
Beispiele:
Geringe Elastizität z. B. bei Grundnahrungsmitteln, Salz, Medikamenten.
Hohe Elastizität z. B. bei Flachbildschirmen, DVD-Rekordern.
Die Nachfrage nach einem Gut wird jedoch auch durch die Preisentwicklung bei anderen Gütern beeinflusst.
Man spricht von der „Kreuzpreiselastizität“: Die Kreuzpreiselastizität gibt an, wie sich die Nachfrage eines
Guts verhält, wenn sich der Preis eines anderen Guts ändert.
Beispiel:
Senkt Coca-Cola die Marktpreise um 10 %, könnte die mengenmäßige Nachfrage nach Pepsi-Cola sinken.
Erhöht eine Automarke die Preise, könnte die Nachfrage nach einer anderen Automarke mit ähnlichen Produkten steigen, wenn diese die Preise nicht erhöht.
Man sagt, Coca-Cola und Pepsi-Cola sind „substitutive Güter“ (Substitutionsgüter), d. h., sie könnten einander ersetzen.
Die Preise bestimmter Güter haben auch Einfluss auf die Nachfrage bei Komplementärgütern. Das sind Güter,
die einander gegenseitig ergänzen, wie z. B. Golfschläger – Golfball, DVD-Player – DVDs. Wenn der Preis eines
Gutes steigt, wird die Nachfrage nach dem Komplementärgut sinken.
Beispiel:
Die Preise für alle Pkws steigen durch eine staatliche Steuererhöhung um 20 %. Die Nachfrage für Autozubehör wird zurückgehen.
6.4 Interdependenz der Preise Interdependenz der Preise bedeutet die Abhängigkeit der Preise voneinander. So ist es z. B. nicht möglich,
gleiche oder ähnliche Güter auf einem einige Kilometer entfernten Markt zu völlig anderen Preisen anzubieten. Die Anbieter nehmen die Transportkosten ohne weiteres auf sich, um ihre Güter auf dem Markt mit den
höheren Preisen verkaufen zu können. Auf diese Weise steigt dort das Angebot, sodass der Preis sinkt. Weiters
bedeutet Interdependenz der Preise, dass die Preise einzelner Güter von den Preisen anderer oder sogar aller
anderen Güter abhängig sind.
Beispiel:
Beschließt z. B. jemand, ein Auto zu kaufen, so hängt dieser Entschluss nicht allein vom Autopreis ab, sondern
wird auch von den Preisen aller anderen Güter, die er zum Leben benötigt, beein­flusst. Nur wenn all diese
Preise niedrig genug sind, wird er in der Lage sein, den Autokauf zu tätigen. Steigt nun aber die Miete für seine
Wohnung erheblich, so wird dieser Käufer möglicher­weise gezwungen sein, auf das Auto zu verzichten. Daher
drängt in diesem Fall die Erhöhung von Wohnungsmieten die Nachfrage nach Autos zurück und beeinflusst
deren Preis.
Ein Käufer, der ein bestimmtes Gut nachfragt, entzieht damit anderen Gütern einen Teil seiner Kaufkraft.
Volkswirtschaftlich gesehen wird die vorhandene Kaufkraft aber nicht erhöht oder verringert, sondern nur
verlagert. Durch die Verlagerung der Kaufkraft treten dann natürlich wiederum Preisveränderungen ein.
6.5 Markt und Wettbewerb
Wettbewerb ist die Grundlage jeder marktwirtschaftlichen Ordnung. Er verlangt Disziplin des Unternehmers
am Markt, begrenzt die Gewinne, testet die Leistungsfähigkeit der Unterneh­mer, bedeutet aber auch einen
gewissen Schutz für den Konsumenten. Durch den Wettbe­werb wird die unternehmerische Freiheit, Eigenständigkeit und Entfaltung gefördert.
38
Volkswirtschaftslehre
Die Vorzüge des Wettbewerbs liegen vor allem darin:
 Antrieb zu größeren wirtschaftlichen und technischen
Leistungen.
 Die Leistungsstärksten und Mächtigsten können sich
am Markt behaupten (dies hat natürlich auch negative
Auswirkungen).
 Die wirtschaftliche Macht ist auf viele Unternehmen
aufgeteilt; es findet eine gegenseitige Kontrolle statt.
 Die Produktionsfaktoren kommen äußerst wirksam zum
Einsatz; die Anpassung an eine Nachfrageänderung ist
flexibel.
 Das Warenangebot wird nach den Wünschen der Konsumenten gesteuert; es gibt daher für den Konsumenten
die größte Möglichkeit zur individuellen Bedürfnisbefriedigung.
 Die Einkommen werden nach der wirtschaftlichen Leistung der Markteilnehmer verteilt; da­mit kann Ausbeutung und Willkür einer Marktmacht verhindert werden.
Da es, wie bereits erwähnt wurde, den vollkommenen Markt nicht gibt, weiß man heute, dass auch ein
vollkommen freier Wettbewerb nicht möglich ist. Am so genannten „unvollkommenen Markt“, den wir in
der Praxis antreffen, gibt es Preisunterschiede (häufig bei gleichartigen oder sogar bei gleichen Gütern). Man
findet natürlich auch Präferenzen, Absprachen usw. Der in der Praxis funktionierende Wettbewerb führt zu
ständigen Aktionen und Reaktionen der Marktteilnehmer. Dadurch entsteht ein andauernder dynamischer
Prozess – es kommt zu In­novationen, Werbefeldzügen, Nachfrageänderungen.
Man weiß heute, dass es in einer marktwirtschaftlichen Ordnung notwendig ist, Regeln im Rahmen des Marktwettbewerbs aufzustellen, um einen vernünftigen, funktionierenden Wettbewerb zu erhalten. Diese Regeln
und Kontrollen werden meist vom Staat eingeführt und überwacht. In Öster­reich sind z. B. Kartelle (bis auf
wenige Ausnahmen) verboten. Auch unlauterer Wettbewerb ist gesetzlich verboten.
6.6 Unternehmenszusammenschlüsse, Konzentrationen und Kartelle
Immer wieder liest man im Wirtschaftsteil der Zeitungen, dass ein Unternehmen ein anderes aufgekauft hat
oder dass zwischen den Unternehmen kapitalmäßige Verflechtungen stattgefun­den haben. Viele Gründe können dafür maßgebend sein:
 Senkung der Kosten: Durch gemeinsamen Einkauf von
Waren oder Materialien können güns­tigere Preise bei den
Lieferanten erzielt werden. In der Produktion können
durch größere Stückzahlen günstigere Stückkosten
erzielt werden, d. h., dass eine Einheit zu niedrigeren
Kosten hergestellt werden kann. Im Verkauf können z. B.
durch gleichartige Ausstattung von Filialen Rationalisierungseffekte erzielt werden.
 Vereinheitlichung des Erzeugungsprogramms.
 Ausschaltung der Konkurrenz, z. B. durch gemeinsame
und einheitlich festgelegte Preise.
 Gemeinsame Forschungs- und Entwicklungsarbeit: So
sind z. B. im Bereich der Mikroelekt­ronik die Entwicklungskosten so hoch, dass sie von kleineren Unternehmen nicht mehr alleine aufgebracht werden können.
 Bessere Erschließung und Bearbeitung der Absatz­
märkte.
 Größere Serien lassen sich wirtschaftlich nicht mehr in
Kleinserien (in Kleinbetrieben) herstel­len. Z. B. kann man
Autos oder Computerbauteile zu vernünftigen Kosten
nur in großen Mengen und daher nur in Großbetrieben
herstellen.
 Ausnützung steuerlicher Vorteile, insbesondere bei
international tätigen Unternehmen.
 Gemeinsame Durchführung eines Projekts, das klar
umschrieben und zeitlich begrenzt ist, wie z. B. in der
Bauwirtschaft.
 Risikostreuung durch Einbeziehung verschiedener Branchen.
Von einem horizontalen Zusammenschluss spricht man, wenn es sich um Unternehmen der gleichen Wirtschaftsstufe (z. B. Großhändler) mit gleichartigen Produkten (z. B. Alteisen) han­delt.
Ein vertikaler Zusammenschluss ist gegeben, wenn es sich um Unternehmen verschiede­ner Wirtschaftsstufen (z. B. Erzeuger und Einzelhändler) derselben Branche (z. B. Textilien) handelt.
Bei verschiedenen Stufen verschiedenartiger Unternehmen spricht man von diagona­lem Zusammenschluss.
Die Formen der Zusammenschlüsse reichen von loser, zeitlich begrenzter Zusammenarbeit bis zur vollkommenen Aufgabe der rechtlichen und wirtschaftlichen Selbst­ständigkeit.
Markt und Preis
39
Um Konkurrenz zu vermeiden, kann es auch zu Absprachen kommen. Werden diese in vertraglicher Form
getroffen, spricht man von Kartellen. Diese können betreffen:

Preise (Preiskartelle)

Produktionsmengen (Quotenkartelle, z. B. der Erdöl fördernden Länder – OPEC)

Liefergebiete (Gebietskartelle)

Lieferkonditionen (Konditionskartelle, z. B. Mediaprint)

Betriebliche Rationalisierungen (Rationalisierungskartelle)
Da derartige Kartelle den freien Wettbewerb beschränken, unterliegen sie strengen gesetzlichen Vorschriften.
In der EU sind Kartelle verboten, seit 2006 auch in Österreich.
Werden derartige Absprachen getroffen und nicht gemeldet, spricht man von so genannten „Frühstücks­kar­
tellen“. Sie lesen in den Zeitungen immer wieder, dass große Unternehmen wie Banken oder Autoproduzenten
wegen derartiger geheimer Absprachen hohe Geldbußen zahlen müssen.
6.7 Wettbewerbspolitik in der EU

Kartelle: Verboten sind alle Absprachen zwischen rivalisierenden Unternehmen, die zu Wettbewerbsbeschränkungen führen, wie beispielsweise Preisfestsetzungen und Marktaufteilungen. Gestattet sind
Kartellvereinbarungen nur dann, wenn sie spürbare objektive Vorteile für Ver­braucher oder Abnehmer
bringen.
 Marktbeherrschende Stellung: Missbraucht ein Großunternehmen seine Stellung, um beispielsweise
überhöhte Preise zu verlangen oder unangemessene Geschäftsbedingungen zu diktie­ren, ist dies mit dem
Gemeinschaftsrecht unvereinbar. Nicht die marktbeherrschende Stellung entscheidet, sondern deren
missbräuchliche Verwendung.

Unternehmenszusammenschlüsse und Übernahmen: Unzulässig sind Unternehmenszusammen­
schlüsse, die eine marktbeherrschende Stellung unter erheblicher Behinderung des Wettbewerbs
begründen oder verstärken. Die EU-Kommission hat das Recht, potentiell wettbewerbsbeschränkende
Fusionen und Übernahmen zu kontrollieren und gegebenenfalls zu ver­bieten.

Staatliche Beihilfen: Die EU sieht ein Verbot von staatlichen Beihilfen vor, sofern diese den Wettbewerb
verfälschen und den Handel zwischen den Mitgliedstaaten beeinträchtigen.
Die Überprüfung der Beihilfen erfolgt mittels zentralisierter Beihilfenaufsicht. Die Kommission überprüft
fortlaufend in Zusammenarbeit mit den Mitgliedstaaten die bestehenden Bei­hilferegelungen auf ihre Vereinbarkeit mit den oben genannten Kriterien. Neue Beihilfen oder Umgestaltungen bereits bestehender Subven­
tionen müssen an die Kommission gemeldet werden, jedoch nur, wenn sie innerhalb von drei Jahren den
Betrag von 50.000 € (sog. „de minimis“-Klausel) übersteigen.
Deckt die Kommission wettbewerbswidriges Verhalten auf, besteht die Möglichkeit, den betreffenden Unternehmen Geldbußen bis zu 10 % ihres Gesamtumsatzes aufzuerlegen. Un­ternehmen, die mit einer Kommis­
sionsentscheidung nicht einverstanden sind, können beim Europäischen Gerichtshof klagen.
6.8 Der Verbraucherpreisindex
Um das Kaufverhalten der Konsumenten zu untersuchen und damit auch die Entwicklung des Preisniveaus
zu beobachten, hat man in fast allen Wirtschaftsordnungen den Verbraucherpreis­index eingeführt. Er dient
neben der Berechnung des Volkseinkommens auch als „Wohlstandsbarometer“ einer Volkswirtschaft.

Der Verbraucherpreisindex ist ein Maßstab für die Entwicklung des Preisniveaus auf Konsumentenstufe.
Von einem Basisjahr ausgehend, dessen durchschnittliches Preisniveau mit 100 angegeben wird, gibt der
jeweilige (monatliche) Indexwert an, um wie viel Prozentpunkte sich die Preise im Durchschnitt gegenüber
dem Basisjahr verändert haben. Der zuletzt in Öster­reich erstellte Verbraucherpreisindex aus dem Jahr
2005 bringt zum Ausdruck, dass der Preisdurchschnitt des Jahres 2005 gleich 100 gesetzt wird.

Der Verbraucherpreisindex erhält alle fünf Jahre einen neuen Warenkorb und eine neue Gewichtung
(= prozentueller Anteil der Indexpositionen). Unter „Warenkorb“ versteht man alle in die Preiserhebungen
einbezogenen Wa­ren und Dienstleistungen. Der Warenkorb repräsentiert das Verbraucherverhalten der
gesam­ten Bevölkerung. Da den Verbrauchern in Österreich, wie in allen modernen Industriestaaten, tausende Güter zur Verfügung stehen, ist die Auswahl der repräsentativsten Waren und Dienstleistungen die
wichtigste Grundlage für einen möglichst objektiven Index.
40
Volkswirtschaftslehre
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